T2p Quantenmechanik - Fakultät für Physik

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LMU Fakultät für Physik
T2p Quantenmechanik
Dr. Michael Haack
zuletzt erstellt am 8. November 2013
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
1.1. Die Quantenmechanik im Alltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2. Der Welle-Teilchen-Dualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3. Das Doppelspaltexperiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Die
2.1.
2.2.
2.3.
2.4.
2.5.
2.6.
Schrödingergleichung
Wahrscheinlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schrödingergleichung und statistische Interpretation
Schrödingergleichung plausibel gemacht . . . . . . .
Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Unschärferelation Teil 1 . . . . . . . . . . . . . . . .
Die zeitunabhängige Schrödingergleichung . . . . . .
1
1
2
4
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6
6
8
9
10
11
12
3. 1-dimensionale Anwendung
3.1. Unendlicher Potentialtopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
16
4. Der Formalismus der Quantenmechanik
19
5. Der Drehimpuls in der Quantenmechanik
19
6. Das Wasserstoffatom
19
7. Die Störungsrechnung
19
8. Identische Teilchen
19
9. “Philosophischer Epilog”
19
Seite
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Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
1. Einführung
1.1. Die Quantenmechanik im Alltag
a. Transistor (im Computer etc.)
b. Laser (im DVD-Player, Scanner, Drucker etc.)
c. Kernspintomographie (Eiweißverteilung im Körper wird anhand des Spins der Atomkerne in Magnetfeldern ermittelt)
d. Atomuhr (GPS funktioniert nur dank hoher Zeitmessgenauigkeit)
e. Verständnis der Festkörperphysik und der Chemie:
• Warum gibt es Leiter, Halbleiter und Nichtleiter?
Nebenbemerkung zur Bandstruktur:
erster wichtiger Bestandteil zum Verständnis von Festkörperphysik:
Abbildung 1.1: Energiebänder
zweiter wichtiger Bestandteil:
Pauli-Prinzip: Elektronen können nicht alle diesselbe Energie haben
Abbildung 1.2: Pauli-Prinzip
• Materialeigenschaften
• Periodensystem
• Stabilität der Materie
f. für das Verständnis der Struktur des Universums
Seite 1
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
1.2. Der Welle-Teilchen-Dualismus
In der klassischen Physik gibt es eine klare Trennung zwischen Teilchen und Wellen.
• Mechanik: Teilchen der Masse m: m · ~r¨ = F~
• Elektrodynamik: Maxwellgleichung im Vakuum
⇒ Wellengleichung:
2
∂2 ~
~ =0= ∂ B
~ − c2 ∆B,
~
E − c2 ∆E
2
∂t
∂t2
mit ∆ =
3
X
∂2
∂x2i
i=1
(1.1)
Eine einfache Lösung sind ebene elektromagnetische Wellen:
~ = Re[E~0 · ei(~k·~r−ωt) ],
E
mit
(1.2)
~k: Wellenvektor (Wellenlänge λ = 2π )
|~k|
ω
)
ω: Kreisfrequenz (Frequenz ν =
2π
Dispersionsrelation:
ω = |~k| · c
(1.3)
Energiedichte:
u=
1
0 |E~0 |2
2
(1.4)
Historische Experimente, die Probleme mit dem klassischen Weltbild aufgezeigt haben, sind:
• Strahlung eines schwarzen Körpers:
Abbildung 1.3: Schwarzkörperstrahlung
[Quelle: Wikipedia]
Planck, 1900: Energiedichte der Strahlung ist quantisiert, also nicht kontinuierlich.
Seite 2
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
• photoelektrischer Effekt:
Abbildung 1.4: Versuchsaufbau zum photoelektrischen Effekt
[Quelle: Wikipedia]
Elektronen werden herausgelöst, wenn die Frequenz des Lichts großgenug ist, unabhängig von der
Intensität des Lichts.
Einstein, 1905: Licht hat Teilcheneigenschaften, Photonen haben Energie und Impuls
E =h·ν
(1.5)
X
X
E 2 = p2 c2 + m2X
c4 ⇒ Impuls p =
p=
E
hν
h
=
=
c
c
λ
h
λ
(1.7)
• Comptoneffekt (1923):
Abbildung 1.5: Comptoneffekt
Seite 3
(1.6)
[Quelle: Wikipedia]
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
Das Photon überträgt einen Teil seines Impulses auf das Elektron. Wegen λ = hp (1.7) folgt daraus,
dass λ0 > λ. Dem klassischen Verständnis nach müsste das gestreute Licht dieselbe Wellenlänge
haben.
• Atomspektren
• Wärmekapazität bei niedrigen Temperaturen
1.3. Das Doppelspaltexperiment
a) mit Kugeln:
Abbildung 1.6: Doppelspalt mit Kugeln
Ergebnis:
(i) P12 (X) = P1 (X) + P2 (X)
(ii) Kugeln treffen als Einheiten auf, Wahrscheinlichkeitsverteilung baut sich langsam auf
b) mit Wasser- oder Lichtwellen:
Abbildung 1.7: Doppelspalt mit Wellen
Ergebnis:
Seite 4
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
(i) Interferenz findet statt.
I1 (X)
I2 (X)
I12 (X)
= |A1 (X)|2
= |A2 (X)|2
= |A1 (X) + A2 (X)|2 p
= I1 (X) + I2 (X) + 2 · I1 (X)I2 (X) · cos δ(X)
(nur 1. Spalt offen)
(nur 2. Spalt offen)
(beide Spalte offen)
δ(X): Phasenverschiebung
(ii) Die Verteilung ist sofort sichtbar.
c) mit Elektronen. Ergebnis:
(i) Elektronen kommen einzeln und lokalisiert an (wie Kugeln).
(ii) nach Auftreffen sehr vieler Elektronen bildet sich eine Intensitätsverteilung wie bei Wellen.
(iii) Bei Beobachtung, welchen Spalt das Elektron nimmt (Beobachtung beispielsweise durch eine
Lichtquelle), verschwindet das Interferenzmuster und es bildet sich eine Verteilung auf dem
Schirm wie bei Kugeln, Abbildung 1.6
Interpretation
• Ψ(~r, t) (komplexwertige) Wellenfunktion des Elektrons
• |Ψ(~r, t)|2 dV gibt die Wahrscheinlichkeit an, das Elektron in Volumen dV bei ~r zu finden
• man kann also sagen
Ψ(~r, t) :
|Ψ(~r, t)|2 :
Wahrscheinlichkeitsamplitude
Wahrscheinlichkeitsdichte
⇒ Muster durch Interferenz von Ψ
Bemerkung:
(i) Experiment wurde auch durchgeführt mit
• Neutronen
• C60 -Fullerenmolekülen
• C30 H12 F30 N2 O4 -Molekülen
• Photonen
(ii) Wellenphänomene relevant, wenn Abmessungen der Apparatur (z.B. Spaltbreite) mit Wellenlänge
vergleichbar sind.
deBroglie, 1923 : Materiewellen λ = hp
λ=
h
2π~
=
p
p
λ= 2π
k
=⇒
vektoriell:
p = ~k
p~ = ~~k
E = ~ω = hν
mit ~ =
z.B.:
h
2π
= 1.05 · 10−34 Js (“Planck’sches Wirkungsquantum”)
−10
• Elektron, das von 100V beschleunigt wird: v = 5.9 · 106 m
m = 0.12nm
s , λ = 1.2 · 10
−34
• 20g Kugel mit v = 15 m
m
s : λ = 2.2 · 10
Seite 5
(1.8)
(1.9)
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
2. Die Schrödingergleichung
2.1. Wahrscheinlichkeiten
Beispiel (aus Griffiths):
Raum mit 14 Personen:
• 1 Person mit 14 Jahren
• 1 Person mit 15 Jahren
• 3 Personen mit 16 Jahren
• 2 Personen mit 22 Jahren
• 2 Personen mit 24 Jahren
• 5 Personen mit 25 Jahren
N (j): Anzahl der Personen, die j Jahre alt sind
(1) Gesamtzahl der Personen im Raum:
N=
∞
X
N (j) = 14
(2.1)
j=0
(2) Wahrscheinlichkeit, bei zufälliger Wahl eine Person mit Alter j zu wählen:
P(j) =

∞
X

N (j)
N
(2.2)

P(j) = 1

(2.3)
j=0
(3) Wahrscheinlichstes Allter: j mit maximalem P(j), d.h. j = 25
(4) Medianwert des Alter (gleich viele Personen älter wie jünger): j = 23
(5) mittleres Alter oder Durchschnittswert der Alters:
hji =
∞
X
jP(j) = 21
(2.4)
j=0
(6) Mittelwert einer Funktion f (j) (z.B. f (j) = j 2 ):
hf (j)i =
∞
X
f (j)P(j)
(2.5)
j=0
Bemerkung:
(i) Niemand in der Stichprobe muss Medianwert oder Durchschnittswert wirklich haben
(ii) in der Quantenmechanik heißt der Durchschnittswert auch Erwartungswert
(iii) im Allgemeinen:
hj 2 i =
6 hji2
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(2.6)
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
Betrachte:
Abbildung 2.1: Histogramme mit gleichem Median, Mittelwert, wahrscheinlichstem Wert, Gesamtzahl
Beide Histogramme in Abbildung 2.1 stimmen überein in: Median, Mittelwert, wahrscheinlichster Wert,
Gesamtzahl.
Maß für Breite der Verteilung? Definiere ∆j = j − hji.
∞
X
h∆ji =
(j − hji)P(j) =
j=0
∞
X
jP(j) −
j=0
|
∞
X
hjiP(j) = hji − hji = 0
(2.7)
j=0
{z
=hji
}
|
=hji
{z
P
}
P(j)
| {z }
=1
Betrachte daher
σ 2 ≡ h(∆j)2 i
Varianz
(2.8)
s. Übung,
(2.9)
mit σ: Standardabweichung
Es gilt:
σ 2 = hj 2 i − hji2
(d.h. hj 2 i ≥ hji2 )
kontinuierliche Zufallsvariablen: ρ(λ): Wahrscheinlichkeitsdichte der Zufallsvariablen λ (z.B. λ = x oder
λ = p)
Dann:
(i)
Z
Pab =
b
dλρ(λ)
Wahrscheinlichkeit, dass λ zwischen a und b liegt
(2.10)
a
(ii)
Z
∞
dλρ(λ) = 1
(2.11)
−∞
(iii)
Z
∞
hλi =
dλλρ(λ)
(2.12)
dλf (λ)ρ(λ)
(2.13)
−∞
(iv)
Z
∞
hf (λ)i =
−∞
Seite 7
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
(v)
σ 2 = h(∆λ)2 i = hλ2 i − hλi2
(2.14)
2.2. Schrödingergleichung und statistische Interpretation
i~
∂
~2 ∂ 2
Ψ(x, t) + V (x, t)Ψ(x, t)
Ψ(x, t) = −
∂t
2m ∂x2
(2.15)
(zeitunabhängige) Schrödingergleichung (in 1 Dimension)), V : Potential
• |Ψ(x, t)|2 = ρ(x, t): Wahrscheinlichkeitsdichte für Position x (zur Zeit t)
Rb
• a dx|Ψ(x, t)|2 : Wahrscheinlichkeit, das Teilchen zur Zeit t zwischen a und b zu finden
Abbildung 2.2: Teilchen wahrscheinlich in der Nähe von A und unwahrscheinlich in der Nähe von B
• vor einer Messung hat Teilchen keinen bestimmten Ort 2.2
• Misst man Teilchen, z.b bei C, “kollabiert” die Wellenfunktion
Abbildung 2.3: Wellenfunktion kollabiert; Teilchen bei C
Seite 8
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
⇒ Direkt nachfolgende Messung ergibt wieder C, s. Abb. 2.3.
R∞
D.h. hxi = −∞ dx x |Ψ(x, t)|2 ist Mittelwert von wiederholten Messungen an einem Ensemble von
identisch präparierten Teilchen, nicht der Mittelwert von wiederholten Messungen am selben Teilchen
• Normierung:
Z
∞
!
dx|Ψ(x, t)|2 = 1
(2.16)
−∞
für alle t
R∞
R∞
(i) Falls −∞ dx|Ψ(x, t = 0)|2 = 1, dann gilt −∞ dx|Ψ(x, t)|2 = 1 für alle t, wenn Ψ eine Lösung
der Schrödingergleichung ist (s. Übung).
R∞
(ii) Lösungen Ψ(x, t) mit −∞ dx|Ψ|2 < ∞ heißen “quadratintegrabel”. Sie sind “normierbar” und
entsprechen physikalisch realisierbaren Zuständen.
[Ψ(x, t) Lösung der Schrödingergleichung ⇒ AΨ(x, t) ebenfalls Lösung mit Konstanten A ∈ C.
Wähle A so, dass die Normierungsbedingung (s.o.) erfüllt ist. Dies legt nur Betrag von A fest,
Phase ist unphysikalisch und daher beliebig, siehe später.]
2.3. Schrödingergleichung plausibel gemacht
Benutze
1) Energie-Impuls-Relation (für kräftefreies Teilchen): E =
p2
2m
2) De-Broglie-Relationen: E = ~ω, p = ~k
1) & 2) ⇒ ~ω =
~2 k 2
2m
(2.17)
Suche Gleichung, deren Lösung ebene Wellen sind, z.B.
Ψ = Ψ0 ei(kx−ωt) ,
Betrachte
∂t Ψ =
Ψ0 ∈ C konstant
(2.18)
∂
Ψ = −iωΨ0 ei(kx−ωt) = −iωΨ
∂t
(2.19)
∂x2 Ψ = −k 2 Ψ
(2.20)
Einsetzen in (2.17):
~ω =
2 2
~2
1
~
! ~ k
∂t Ψ =
=
(− ∂x2 Ψ)
−iΨ
2m
2m Ψ
~2 2
∂ Ψ
2m x
(2.22)
~2 2
∂ Ψ(x, t) + V (x, t)Ψ(x, t)
2m x
(2.23)
⇒ i~∂t Ψ = −
Mit Potential V (in Analogie zu E =
p2
2m
(2.21)
+ V ).
i~∂t Ψ(x, t) = −
zeitabhängige Schrödingergleichung
Seite 9
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
Bemerkung:
i.
i~
∂
Ψ = ĤΨ
∂t
mit Hamiltonoperator
Ĥ = −
ii. in 3 Dimensionen:
~2 2
∂ + V (x, t)
2m x
~2
i~∂t Ψ(~r, t) = ĤΨ(~r, t) = −
∆ + V (~r, t) Ψ(~r, t)
2m
(2.24)
(2.25)
(2.26)
2.4. Impuls
Z
∞
∂
dx x
|Ψ(x, t)|2
∂t
−∞
Z ∞
∂
i~
∂Ψ ∂Ψ∗
dx x
(s. Übungen) =
Ψ∗
−
Ψ
2m −∞
∂x
∂x
∂x
Z ∞
∗
i~
∂Ψ
∂Ψ
(partielle Integration) = −
dx (Ψ∗
−
Ψ)
2m −∞
∂x
∂x
Z
i~ ∞
∂Ψ
(part. Int. d. 2. Terms) = −
dx Ψ∗
m −∞
∂x
√
√
Randterme verschwinden, wenn x Ψ → 0 und x ∂x Ψ → 0 für |x| → ∞
Z ∞
dhxi
∂Ψ
⇒m
= −i~
dx Ψ∗
dt
∂x
−∞
dhxi
=
dt
(2.27)
In der Quantenmechanik gilt p = mẋ immer noch für Erwartungswerte (Beispiel für Ehrenfesttheorem, s. später), d.h.
dhxi
hpi = m
(2.28)
dt
Somit
Z ∞
hxi =
dx Ψ∗ x Ψ
(2.29)
−∞
Z
∞
dx Ψ∗
hpi =
−∞
~ ∂
i ∂x
Ψ
(2.30)
Allgemein gilt (später mehr dazu): Messgrößen werden durch Operatoren Q̂ repräsentiert (Differentialoperator beziehungsweise Multiplikationsoperator), die auf Wellenfunktionen wirken.
Es gilt:
Z
∞
dx Ψ∗ Q̂ Ψ
hQi =
−∞
Beispiel: Messgrößentabelle
Messgröße
x
Operator
x·
px
~ ∂
i ∂x
Q(x, p)
∂
Q̂(x, ~i ∂x
)
T =
p2
2m
~ = ~r × p~
L
2
2
h ∂
− 2m
∂x2
~
~r × ~i ∇
Seite 10
(2.31)
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
2.5. Unschärferelation Teil 1
Vergleiche folgende Wellen:
Abbildung 2.4: hat relativ wohldefinierte Wellenlänge, aber ist sehr ausgebreitet
Abbildung 2.5: hat nicht gut definierte Wellenlänge, aber ist gut lokalisiert
Beispiel:
Wir nehmen für das Wellenpaket zum Zeitpunkt t = 0 die folgende Form an (wobei ein a-abhängiger
Normierungsfaktor unterdrückt wurde):
a
2
Ψ(x, t = 0) ∼ e− 2 x
a
+ik0 x
,
a, k0 ∈ R .
(2.32)
2
Der Realteil und der Absolutwert (|Ψ| =∼ e− 2 x ) sind für zwei verschiedene Werte von a und für k0 = 1
in Bild 2.6 gezeigt. Offenbar ist der Ort im 1. Fall präziser bestimmt als im 2. Fall.
Abbildung 2.6: Realteil (rot, oszillierend) und Betrag (blau, einhüllend) des Wellenpaketes (2.32) für
k0 = 1 und a = 0.1 (links) bzw. a = 0.01 (rechts).
Die Wellenpakete sind Überlagerungen von Wellen mit unterschiedlichen Wellenlängen (was nach de
Broglie unterschiedlichen Impulsen entspricht gemäß p = ~k = 2π~
λ ). Konkret gilt die Fourierentwicklung
Z ∞
1
Ψ(x, t = 0) = √
dk Φ(k)eikx ,
(2.33)
2π −∞
Seite 11
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
Abbildung 2.7: Φ(k) für k0 = 1 und a = 0.1 (links) bzw. a = 0.01 (rechts).
mit der Fouriertransformierten
1
Φ(k) = √
2π
Z
∞
dx Ψ(x, t = 0)e−ikx ∼ e−
(k−k0 )2
2a
.
(2.34)
−∞
Sie ist wieder für die beiden Fälle in Bild 2.7 dargestellt (ebenfalls unnormiert). Offenbar ist der Impuls
im 2. Fall präziser bestimmt, als im 1. Fall (im Gegensatz zur Position).
Heisenberg’sche Unschärferelation (bzw. Unbestimmtheitsrelation)
σx σp ≥
~
2
(2.35)
2.6. Die zeitunabhängige Schrödingergleichung
i~
∂Ψ
~2 2
=−
∂ Ψ+VΨ
∂t
2m x
(2.36)
Häufig: V = V (x) zeitunabhängig
Dann: Lösung durch “Separation der Variablen”
Ansatz: Ψ(x, t) = ψ(x) · ϕ(t)
Bemerkung: sehr spezielle Lösungen
Aber: man kann die allgemeinste Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung aus diesen separierbaren Lösungen konstruieren.
Einsetzen des Produktansatzes in die Schrödingergleichung ergibt:
i~ψ
1
· ψϕ
⇒
dϕ
−~2 d2 ψ
=−
ϕ+V ψ ϕ
dt
2m dx2
1 dϕ(t)
~2 1 d2 ψ(x)
i~
=−
+ V (x)
ϕ(t) dt
2m ψ(x) dx2
|
{z
}
|
{z
}
hängt nur von t ab
hängt nur von x ab
⇒ beide Seiten konstant = E
Seite 12
(2.37)
(2.38)
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
(i)
dϕ
iE
=− ϕ
dt
~
(2.39)
(ii)
−
~2 d2 ψ(x)
+ V (x)ψ(x) = Eψ(x)
2m dx2
(2.40)
zeitunabhängige Schrödingergleichung
bzw.
Ĥψ = Eϕ
Bemerkung:
(i) Gleichung (2.39) hat Lösung ϕ(t) = e−
iE
~ t
(ii) Gleichung (2.40) hat nicht für beliebige Werte von E normierbare Lösungen
Einschub:
vgl. Eigenwertgleichung für Matrizen:
0 1
~v = λ~v
1 0
Normierung
z}|{
1
√
2
λ1 = +1 ⇒ ~v1 =
λ2 = −1 ⇒ ~v2 =
1
√
2
|{z}
1
1
1
−1
(2.41)
Normierung
(iii) E reell, da Eigenwerte des Hamiltonoperators reell sind (siehe später)
Warum sind separierbare Lösungen interessant?
1. Sie sind stationäre Zustände
|Ψ(x, t)|2 = Ψ∗ Ψ
E reell
=
ψ∗ e
iE
~ t
ψe−
iE
~ t
= |ψ(x)|2
Wahrscheinlichkeitsdichte zeitunabhängig, ebenso alle Erwartungswerte.
Z ∞
Z ∞
~ ∂
hQ(x, p)i =
dx Ψ∗ Q̂(x,
)Ψ =
dx ψ ∗ Q̂ψ
i ∂x
−∞
−∞
(2.42)
(2.43)
Insbesondere hxi zeitunabhängig
⇒ hpi = m
2. Sie haben wohldefinierte Energie
Z ∞
hHi =
dx ψ ∗ Ĥψ
Ĥψ=Eψ
−∞
=
Z
dhxi
=0
dt
∞
E
dx ψ ∗ ψ = E
−∞
(2.44)
Z
∞
dx |Ψ|2 = E
(2.45)
−∞
Außerdem:
Ĥ 2 ψ = Ĥ(Ĥψ) = Ĥ(Eψ) = E Ĥψ = E 2 ψ
Z ∞
Z ∞
hH 2 i =
dx ψ ∗ Ĥ 2 ψ = E 2
dx |ψ|2 = E 2
⇒
−∞
2
σH
=
−∞
2
hH 2 i − hHi2 = E − E 2 = 0
Seite 13
(2.46)
(2.47)
(2.48)
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
3. allgemeine Lösung der Schrödingergleichung ist Linearkombination von separierbaren Lösungen, z.B.
falls Menge der separierbaren Lösungen
= {Ψm (x, t) = ψn (x)e−i
En t
~
, n ∈ N}
(2.49)
Jede Linearkombination ist ebenfalls Lösung der Schrödingergleichung, d.h.
Ψ(x, t) =
∞
X
t
cn ψn (x)e−iEn ~
(2.50)
n=1
Behauptung: Jede normierbare Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung ist von der Form (2.50)
(ohne Beweis, Beispiel später).
{cn ∈ C, n ∈ N} müssen durch Anfangsbedingungen Ψ(x, t = 0) bestimmt werden.
! P∞
D.h. Ψ(x, 0) = n=1 cn ψn (x).
Bemerkung:
(i) Linearkombinationen von separierbaren Lösungen sind nicht stationär
iE1 t
iE2 t
[Z.B. Ψ(x, t) = c1 ψ1 (x)e− ~ + c2 ψ2 (x)e− ~ mit c1 , c2 ∈ R
|Ψ2 | = ... = c21 ψ12 + c22 ψ22 + c1 c2 ψ1 ψ2 · 2 cos((E1 − E2 ) ~t )
t-abhängig, falls E1 6= E2 ]
2
(ii) E ≥ Minimum von V (x), damit Ψ normierbar ist [Denn: ddxψ2 = 2m
~2 (V (x) − E)ψ
Annahme: E < Vmin ⇒ V (x) − E > 0 ⇒ ψ 00 und ψ haben immer selbes Vorzeichen
⇒ ψ ist nicht normierbar]
Abbildung 2.8: ψ ist nicht normierbar
(iii) ψ, ψ 0 stetig (für beschränktes Potential)
[ψ 00 = 2m
~2 (V (x) − E)ψ
Falls rechte Seite bei x = x0 unstetig ist ⇒ ψ 00 bei x = x0 unstetig
⇒ ψ 0 bei x = x0 stetig
⇒ ψ bei x = x0 stetig]
Beispiel:
Seite 14
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
Abbildung 2.9: Die Stammfunktion einer unstetigen Funktion ist stetig.
Seite 15
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
3. 1-dimensionale Anwendung
3.1. Unendlicher Potentialtopf
Der unendliche Potentialtopf ist ein Modell für stark gebundene Leitungselektronen eines Metalls (die
Bindung ist proportional zur Austrittsarbeit: Bindung ∼ Austrittsarbeit)
0
0≤x≤a
V (x) =
(3.1)
∞
sonst
Abbildung 3.1: unendlicher Potentialtopf
0 ≤ x ≤ a:
−
~2 d2 ψ
2mE
= Eψ(x) ⇔ ψ 00 (x) = − 2 ψ
2
2m dx
~
(3.2)
sonst ψ(x) ≡ 0.
Stetigkeit ⇒ Randbedingungen: ψ(0) = 0 und ψ(a) = 0 (vgl. Grenzwert V → ∞ des endlichen Potentialtopfes, s. später).
Allgemeine Lösung von Gleichung (3.2):
r
2mE
k 2 ~2
ψ(x) = A sin(kx) + B cos(kx) mit k =
⇒
E
=
(3.3)
~2
2m
ψ(0) = 0 ⇒ B = 0 ⇒ ψ(x) = A sin(kx)
nπ
!
ψ(a) = A sin(ka) = 0 ⇒ kn =
n = 1, 2, 3, ...
a
n = 0 ist nicht erlaubt, da sonst ψ ≡ 0 ist.
n < 0 gibt nichts Neues, da sin(−θ) = − sin(θ).
Somit: Erlaubte Energien:
~2 kn2
n2 π 2 ~2
En =
=
2m
2ma2
(3.4)
(3.5)
(3.6)
Normierte Lösung:
r
ψn (x) =
2
nπ
sin( x)
a
a
Seite 16
(3.7)
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
ψ1 : “Grundzustand”
ψn , n > 1: “angeregte Zustände”
Abbildung 3.2: ψ(x) und ρ(x) im unendlichen Potentialtopf
Bemerkung:
(i) Energie ist quantisiert, d.h. es sind nur diskrete Werte möglich
(ii) tiefster Energiewert E1 =
π 2 ~2
2ma2
> 0 (“Nullpunktsenergie”)
2
p
i = 2mhHi,
[Beachte: Für ψn gilt: hpi = 0, hp2 i = 2mEn denn hp2 i = 2mh 2m
hpi=0
d.h. wäre E1 = 0 ⇒ hp2 i = 0 ⇒ σp = 0
σx ≤a
⇒ σx σp = 0 < ~2
⇒ Widerspruch zu Heisenberg’scher Unschärferelation.]
(iii) Jeder Energiewert kommt nur 1 mal vor (keine Entartung der Energiewerte, vgl. Übung)
(iv) ψn abwechselnd gerade und ungerade bezüglich x =
a
2
(vgl. Übung)
(v) Zustände mit höherer Energie haben mehr und mehr Knoten, d.h. Nulldurchgänge
Ra
∗
(vi) ψn paarweise orthonormal bzw. 0 dx ψm
(x)ψn (x) = δmn
mit “Kronecker-Delta”
0
m 6= n
δmn =
1
m=n
(3.8)
(vii) ψn vollständig, d.h. jede quadratintegrable Funktion f (x) mit f (0) = 0 = f (a) lässt sich als Linearkombination schreiben:
r ∞
∞
nπ X
2X
f (x) =
cn ψn (x) =
cn sin
x
(3.9)
a n=1
a
n=1
Folgt aus dem Satz über die Fourierzerlegung.
Koeffizienten:
Z a
cn =
dx
0
Seite 17
ψn∗ (x)f (x)
(3.10)
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
"Z
a
dx
0
ψn∗ (x)f (x)
=
∞
X
m=1
Z
cm
a
dx
ψn∗ (x)ψm (x)
=
0
∞
X
#
cm δnm = cn
(3.11)
m=1
|x|→∞
Eigenschaft (i) gilt immer falls V (x) → ∞, dann hat man nur lokalisierte (d.h. gebundene), normierbare Zustände
(iv) gilt, falls V symmetrisch um x = a2
(ii), (v), (vi), (vii) sind sehr allgemein
q
2 ~π 2
−i n2ma
2 t
stationäre Zustände Ψm (x, t) = a2 sin( nπ
a x)e
Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung:
r
∞
nπ X
n2 ~π 2
2
Ψ(x, t) =
cn
sin
x e−i 2ma2 t
a
a
m=1
mit
r Z a
nπ 2
dx sin
cn =
x Ψ(x, 0)
a 0
a
Seite 18
(3.12)
(3.13)
Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik
4. Der Formalismus der Quantenmechanik
5. Der Drehimpuls in der Quantenmechanik
6. Das Wasserstoffatom
7. Die Störungsrechnung
8. Identische Teilchen
9. “Philosophischer Epilog”
Seite 19
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