LMU Fakultät für Physik T2p Quantenmechanik Dr. Michael Haack zuletzt erstellt am 28. Oktober 2013 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 1.1. Die Quantenmechanik im Alltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Der Welle-Teilchen-Dualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Das Doppelspaltexperiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 2 4 2. Die Schrödingergleichung 2.1. Wahrscheinlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Schrödingergleichung und statistische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 6 8 3. 1-dimensionale Anwendung 10 4. Der Formalismus der Quantenmechanik 10 5. Der Drehimpuls in der Quantenmechanik 10 6. Das Wasserstoffatom 10 7. Die Störungsrechnung 10 8. Identische Teilchen 10 9. “Philosophischer Epilog” 10 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 1. Einführung 1.1. Die Quantenmechanik im Alltag a. Transistor (im Computer etc.) b. Laser (im DVD-Player, Scanner, Drucker etc.) c. Kernspintomographie (Eiweißverteilung im Körper wird anhand des Spins der Atomkerne in Magnetfeldern ermittelt) d. Atomuhr (GPS funktioniert nur dank hoher Zeitmessgenauigkeit) e. Verständnis der Festkörperphysik und der Chemie: • Warum gibt es Leiter, Halbleiter und Nichtleiter? Nebenbemerkung zur Bandstruktur: erster wichtiger Bestandteil zum Verständnis von Festkörperphysik: Abbildung 1.1: Energiebänder zweiter wichtiger Bestandteil: Pauli-Prinzip: Elektronen können nicht alle diesselbe Energie haben Abbildung 1.2: Pauli-Prinzip • Materialeigenschaften • Periodensystem • Stabilität der Materie f. für das Verständnis der Struktur des Universums 1 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 1.2. Der Welle-Teilchen-Dualismus In der klassischen Physik gibt es eine klare Trennung zwischen Teilchen und Wellen. • Mechanik: Teilchen der Masse m: m · ~r¨ = F~ • Elektrodynamik: Maxwellgleichung im Vakuum ) Wellengleichung: @2 ~ E @t2 2 ~ =0= @ B ~ c2 E @t2 ~ c2 B, mit = 3 X @2 @x2i i=1 (1.1) Eine einfache Lösung sind ebene elektromagnetische Wellen: ~ = Re[E~0 · ei(~k·~r E mit !t) (1.2) ], 2⇡ ) |~k| ! !: Kreisfrequenz (Frequenz ⌫ = ) 2⇡ ~k: Wellenvektor (Wellenlänge Dispersionsrelation: Energiedichte: = ! = |~k| · c u= (1.3) 1 ✏0 |E~0 |2 2 (1.4) Historische Experimente, die Probleme mit dem klassischen Weltbild aufgezeigt haben, sind: • Strahlung eines schwarzen Körpers: Abbildung 1.3: Schwarzkörperstrahlung [Quelle: Wikipedia] Planck, 1900: Energiedichte der Strahlung ist quantisiert, also nicht kontinuierlich. 2 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik • photoelektrischer Effekt: Abbildung 1.4: Versuchsaufbau zum photoelektrischen Effekt [Quelle: Wikipedia] Elektronen werden herausgelöst, wenn die Frequenz des Lichts großgenug ist, unabhängig von der Intensität des Lichts. Einstein, 1905: Licht hat Teilcheneigenschaften, Photonen haben Energie und Impuls E =h·⌫ (1.5) E h⌫ h X ⇠ X X E 2 = p2 c 2 + ⇠ m2⇠ c4 ) Impuls p = = = c c (1.6) p= h (1.7) • Comptoneffekt (1923): Abbildung 1.5: Comptoneffekt 3 [Quelle: Wikipedia] Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Das Photon überträgt einen Teil seines Impulses auf das Elektron. Wegen = hp (1.7) folgt daraus, dass 0 > . Dem klassischen Verständnis nach müsste das gestreute Licht dieselbe Wellenlänge haben. • Atomspektren • Wärmekapazität bei niedrigen Temperaturen 1.3. Das Doppelspaltexperiment a) mit Kugeln: Abbildung 1.6: Doppelspalt mit Kugeln Ergebnis: (i) P12 (X) = P1 (X) + P2 (X) (ii) Kugeln treffen als Einheiten auf, Wahrscheinlichkeitsverteilung baut sich langsam auf b) mit Wasser- oder Lichtwellen: Abbildung 1.7: Doppelspalt mit Wellen Ergebnis: 4 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik (i) Interferenz findet statt. I1 (X) I2 (X) I12 (X) (nur 1. Spalt offen) (nur 2. Spalt offen) (beide Spalte offen) = |A1 (X)|2 = |A2 (X)|2 = |A1 (X) + A2 (X)|2 p = I1 (X) + I2 (X) + 2 · I1 (X)I2 (X) · cos (X) (X): Phasenverschiebung (ii) Die Verteilung ist sofort sichtbar. c) mit Elektronen. Ergebnis: (i) Elektronen kommen einzeln und lokalisiert an (wie Kugeln). (ii) nach Auftreffen sehr vieler Elektronen bildet sich eine Intensitätsverteilung wie bei Wellen. (iii) Bei Beobachtung, welchen Spalt das Elektron nimmt (Beobachtung beispielsweise durch eine Lichtquelle), verschwindet das Intereferenzmuster und es bildet sich eine Verteilung auf dem Schirm wie bei Kugeln. Interpretation • (~r, t) (komplexwertige) Wellenfunktion des Elektrons • | (~r, t)|2 dV gibt die Wahrscheinlichkeit an, das Elektron in Volumen dV bei ~r zu finden • man kann also sagen (~r, t) : | (~r, t)|2 : Wahrscheinlichkeitsamplitude Wahrscheinlichkeitsdichte ) Muster durch Interferenz von Bemerkung: (i) Experiment wurde auch durchgeführt mit • Neutronen • C60 -Fullerenmolekülen • C30 H12 F30 N2 O4 -Molekülen • Photonen (ii) Wellenphänomene relevant, wenn Abmessungen der Apparatur (z.B. Spaltbreite) mit Wellenlänge vergleichbar sind. deBroglie, 1923 : Materiewellen = hp = h 2⇡~ = p p = 2⇡ =)k (1.8) p = ~k p~ = ~~k vektoriell: (1.9) E = ~! = h⌫ mit ~ = z.B.: h 2⇡ = 1.05 · 10 34 Js (“Planck’sches Wirkungsquantum”) • Elektron, das von 100V beschleunigt wird: v = 5.9 · 106 m s , • 20g Kugel mit v = 15 m s : = 2.2 · 10 34 m 5 = 1.2 · 10 10 m = 0.12nm Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 2. Die Schrödingergleichung 2.1. Wahrscheinlichkeiten Beispiel (aus Griffiths): Raum mit 14 Personen: • 1 Person mit 14 Jahren • 1 Person mit 15 Jahren • 3 Personen mit 16 Jahren • 2 Personen mit 22 Jahren • 2 Personen mit 24 Jahren • 5 Personen mit 25 Jahren N (j): Anzahl der Personen, die j Jahre alt sind (1) Gesamtzahl der Personen im Raum: N= 1 X (2.1) N (j) = 14 j=0 (2) Wahrscheinlichkeit, bei zufälliger Wahl eine Person mit Alter j zu wählen: P(j) = 2 4 1 X N (j) N P(j) = 1 j=0 (2.2) 3 5 (2.3) (3) Wahrscheinlichstes Allter: j mit maximalem P(j), d.h. j = 25 (4) Medianwert des Alter (gleich viele Personen älter wie jünger): j = 23 (5) mittleres Alter oder Durchschnittswert der Alters: hji = 1 X jP(j) = 21 (2.4) j=0 (6) Mittelwert einer Funktion f (j) (z.B. f (j) = j 2 ): hf (j)i = 1 X f (j)P(j) (2.5) j=0 Bemerkung: (i) Niemand in der Stichprobe muss Medianwert oder Durchschnittswert wirklich haben (ii) in der Quantenmechanik heißt der Durchschnittswert auch Erwartungswert (iii) im Allgemeinen: hj 2 i = 6 hji2 6 (2.6) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Betrachte: Abbildung 2.1: Histogramme mit gleichem Median, Mittelwert, wahrscheinlichstem Wert, Gesamtzahl Beide Histogramme in Abbildung 2.1 stimmen überein in: Median, Mittelwert, wahrscheinlichster Wert, Gesamtzahl. Maß für Breite der Verteilung? Definiere j = j hji. h ji = 1 X j=0 (j hji)P(j) = (d.h. hj 2 i 2 2 hji2 ) j=0 | Betrachte daher mit : Standardabweichung Es gilt: 1 X {z =hji j=0 } ⌘ h( j)2 i = hj 2 i 1 X jP(j) | hjiP(j) = hji =hji {z P } P(j) | {z } =1 Varianz (2.8) s. Übung, (2.9) hji2 kontinuierliche Zufallsvariablen: ⇢( ): Wahrscheinlichkeitsdichte der Zufallsvariablen = p) Dann: (i) Pab = (ii) Z (2.7) hji = 0 (z.B. = x oder b d ⇢( ) Wahrscheinlichkeit, dass zwischen a und b liegt (2.10) a Z 1 d ⇢( ) = 1 (2.11) 1 (iii) h i= Z hf ( )i = Z (iv) 7 1 ⇢( ) (2.12) d f ( )⇢( ) (2.13) d 1 1 1 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik (v) 2 = h( )2 i = h 2 i h i2 (2.14) 2.2. Schrödingergleichung und statistische Interpretation i~ @ (x, t) = @t ~2 @ 2 (x, t) + V (x, t) (x, t) 2m @x2 (2.15) (zeitunabhängige) Schrödingergleichung (in 1 Dimension)), V : Potential • | (x, t)|2 = ⇢(x, t): Wahrscheinlichkeitsdichte für Position x (zur Zeit t) Rb • a dx| (x, t)|2 : Wahrscheinlichkeit, das Teilchen zur Zeit t zwischen a und b zu finden Abbildung 2.2: Teilchen wahrscheinlich in der Nähe von A und unwahrscheinlich in der Nähe von B • vor einer Messung hat Teilchen keinen bestimmten Ort 2.2 • Misst man Teilchen, z.b bei C, “kollabiert” die Wellenfunktion Abbildung 2.3: Wellenfunktion kollabiert; Teilchen bei C 8 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik ) Direkt nachfolgende Messung ergibt wieder C, s. Abb. 2.3. R1 D.h. hxi = dx x | (x, t)|2 ist Mittelwert von wiederholten Messungen an einem Ensemble von 1 identisch präparierten Teilchen, nicht der Mittelwert von wiederholten Messungen am selben Teilchen • Normierung: Z 1 ! dx| (x, t)|2 = 1 (2.16) 1 für alle t R1 R1 (i) Falls 1 dx| (x, t = 0)|2 = 1, dann gilt 1 dx| (x, t)|2 = 1 für alle t, wenn eine Lösung der Schrödingergleichung ist (s. Übung). R1 (ii) Lösungen (x, t) mit 1 dx| |2 < 1 heißen “quadratintegrabel”. Sie sind “normierbar” und entsprechen physikalisch realisierbaren Zuständen. [ (x, t) Lösung der Schrödingergleichung ) A (x, t) ebenfalls Lösung mit Konstanten A 2 C. Wähle A so, dass die Normierungsbedingung (s.o.) erfüllt ist. Dies legt nur Betrag von A fest, Phase ist unphysikalisch und daher beliebig, siehe später.] 9 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 3. 1-dimensionale Anwendung 4. Der Formalismus der Quantenmechanik 5. Der Drehimpuls in der Quantenmechanik 6. Das Wasserstoffatom 7. Die Störungsrechnung 8. Identische Teilchen 9. “Philosophischer Epilog” 10