S O N D E R T H E M A FOCUS April 2017 Antibiotika-Verbrauch im Schweinestall senken Nutztiere Sonderthema Antibiotika-Verbrauch im Schweinestall senken Fütterungsmanagement Heikle Phasen besser meistern Antibiotikaresistenzen sind heute in aller Munde und der Konsument reagiert sensibel auf dieses Thema. Dadurch ist der Einsatz von Tierarzneimittel in der Schweinehaltung unter Druck geraten. Mit verschiedenen Massnahmen ist es möglich, den Einsatz von Antibiotika auf ein absolutes Minimum zu beschränken. Lukas Grüter 68 M it dem Projekt «Strategie Antibiotikaresistenzen» (StAR) hat der Bund verschiedene Massnahmen definiert. Darin ist auch das Handlungsfeld für einen sachgemässen Einsatz von Antibiotika enthalten, welches die Tierhaltung direkt betrifft. In der Branche hat man den Trend erkannt. Projekte wie PathoPig oder Suisano unterstützen den Landwirt in der Früherkennung von Erkrankungen und bei der Auswertung von Gesundheitsdaten inklusive dem Antibiotikaeinsatz. Das Abferkeln, Absetzen und Einstallen in die Mast gelten als besondere Herausforderungen in der Schweinehaltung und ziehen oft einen vorbeugenden Antibiotikaeinsatz mit sich. Mit optimalen Massnahmen in der Fütterung können die Tiere in diesen Phasen unterstützt werden, so dass sie ein starkes Immunsystem aufbauen können. Der Griff zu Spritze und Medikamenten kann damit reduziert werden. Diese Massnahmen greifen aber nur bei einem optimalen Management. Stimmen zum Beispiel Stall- und Futterhygiene, Klima, Transport, Haltung, Aufstallungssysteme oder auch der Umgang mit den Tieren nicht, kann die Fütterung alleine die Probleme nicht lösen. Kolostrumversorgung sicherstellen Der Start ins Leben ist für jedes Tier ein entscheidender Faktor. Daher ist für das Ferkel eine rasche und optiUFA-REVUE 4 | 2017 Sonderthema Antibiotika-Verbrauch im Schweinestall senken Nutztiere Ferkel müssen früh an festes Futter gewöhnt werden. Bild: UFA male Versorgung mit Kolostralmilch entscheidend. Die Voraussetzungen dafür beginnen bereits bei der Fütterung der Muttersau in der Galtzeit. Durch eine dem Nährstoffbedarf der jeweiligen Phase entsprechenden Fütterung soll die Sau die richtige Körperkondition erreichen. Gleichzeitig wird das Wachstum der Föten gefördert. Ein Verfetten der Tiere gilt es zu verhindern. Zu fette Tiere neigen zu verlängerter Geburtsdauer, Verstopfung, Appetitlosigkeit und somit einem erhöhten Risiko von MMA. Dies wiederum führt zu einer verminderten Milchleistung und einer erhöhten Übertragung krankmachender Keime auf das Ferkel, wie zum Beispiel E. coli. Über das Abferkeln lohnt es sich, die Ration des Muttertieres mit hochwertigen Rohfasern zu ergänzen. Dadurch wird die Darmaktivität aufrechterhalten und einer Verstopfung vorgebeugt. Erwiesenermassen fördert der Einsatz von Hochenergiekonzentraten mit leichtverdaulichen Kohlenhydraten, wie zum Beispiel UFA top pig, die Produktion von Milch und die Qualität des Kolostrums. Die leichtverdaulichen Kohlenhydrate helfen, den Blutzuckerspiegel bei der Sau übers Abferkeln stabil zu halten und das Risiko einer Unterversorgung mit allen Konsequenzen zu reduzieren. Gleichzeitig erfolgt durch das Anbieten eines solchen Produktes während der Säugezeit eine Entlastung der Muttersau, was zu einem verminder- UFA-REVUE 4 | 201769 Nutztiere Sonderthema Antibiotika-Verbrauch im Schweinestall senken Enzymaktivität Enzymaktivität nach Alter 1 Lactase 2 3 4 5 Lebensalter in Wochen Amylase Lipase 6 7 Pepsin + Trypsin ten Abbau der Körperreserven führt – eine optimale Voraussetzung für den Start in den nächsten Zyklus. Autor Lukas Grüter, Leiter Technischer Dienst UFA AG, 3360 Herzogenbuchsee 70 Frühes Fresstraining für Ferkelentwicklung Durch die Zufütterung eines Prestarters werden die Ferkel in ihrer Entwicklung unterstützt. Frisch geboren produziert der Magen der Ferkel in erster Linie Lactase (laktosespaltende Enzyme) und Lipase (fettspaltendes Enzym), welche zur Verdauung der Sauenmilch nötig sind. Die Ausschüttung von Amylase (Stärkeabbau) und Pepsin und Trypsin (Proteinaufschluss) setzt erst später ein. Diese sind jedoch entscheidend für eine gute Verdauung von Ferkelfutter und sollten übers Absetzen in genügender Menge vorhanden sein. Durch frühes Fressen kann die Entwicklung körpereigener Verdauungsenzyme und die Magensäureproduktion der Ferkel angeregt werden (siehe Grafik). Die Zusammensetzung der Ferkelfutter kann diese Entwicklung mit hochwertigen Milchprodukten, expandiertem Getreide, Haferflocken und gut verdaulichen Eiweissträgern unterstützen. Durch das Angewöhnen des Ferkels an das Ergänzungsfutter wird zudem die Muttersau während der Säugezeit entlastet. Diverse Zusatzstoffe im Ferkelfutter können die sich verändernden Verdauungsvorgänge unterstützen. Die einen (zum Beispiel Milchsäurebakterien) fördern einen gesunden, stabilen Darm und stärken das Immunsystem des Ferkels. Die anderen (zum Beispiel organische Säuren) wirken gegen krankmachende Keime wie zum Beispiel Staphylokokken, Clostridien und E. coli. Der Übergang zum Absetzfutter muss fliessend sein, denn jeder Futterwechsel bringt immer einen Stressfaktor mit sich. Der Einsatz eines Absetzfutters macht sich eine Woche vor bis zwei Wochen nach dem Absetzen bezahlt. Mit einem sanften Übergang zum Aufzuchtfutter sollte damit die grösste Herausforderung im Leben der Ferkel optimal gemeistert werden können. Für die Produktion von Ferkelfutter sind die Anforderungen an die Rohwaren sehr hoch. Sie durchlaufen eine vertiefte Qualitätskontrolle und stellen erhöhte Ansprüche an die Verdaulichkeit. Die neusten Erkenntnisse in Versuchen auf UFABühl haben gezeigt, dass sich ein etwas gröberer Vermahlungsgrad positiv auf die Darmaktivität auswirkt. Dadurch werden erwünschte Bakterien im Darm gefördert und die Anfälligkeit auf Erkrankungen vermindert. In der Praxis hat sich der Einsatz von UFA 311-6, welchem diese Strategie hinterlegt ist, mehrfach bewährt. aufnahme ohne Wachstumseinbruch sichergestellt. Mit UFA 320 steht ein Futter zur Verfügung, welches kurzund mittellangkettige organische Säuren enthält. Diese fördern die erwünschten Bakterien und unterstützen das Darmzottenwachstum. In der weiteren Entwicklung hat das Tier je nach Alter veränderte Bedarfsnormen. So wächst zu Beginn das Skelett am stärksten. In der mittleren Mastphase steigt der Muskel- oder Fleischansatz am meisten und gegen Ende steht die Bildung von Fettgewebe im Vordergrund. Die Phasenfütterung ermöglicht es, die Schweine bedarfsgerecht zu versorgen. Entsprechend kann der Stoffwechsel des Tieres mit reduzierten Rohproteingehalten entlastet werden. Als zusätzlicher Nutzen können die Optimierung der Futterkosten wie auch eine verminderte Ausscheidung von Stickstoff und Phosphor angesehen werden. Wasserversorgung von Schweinen Eine ausreichende Wasserversorgung von Schweinen ist äusserst wichtig. Wasser ist unverzichtbarer Bestand- Ausgefeilte securo-Linie Die UFA securo-Linie ist die Strategie der UFA für die Reduktion von Antibiotika in der Ferkelaufzucht. Durch den Einsatz von Probiotika, Prebiotika und organischen Säuren kann das Ferkel in jeder Alterskategorie unterstützt werden. Darin umgesetzt wurde auch die neuste Erkenntnis vom Versuchsbetreib UFA Bühl betreffend der Vermahlung. UFA securo ist eine Ferkelaufzuchtstrategie für Sicherheit Absetzen: 7 – 8 kg Geburt: 1.5 kg 302 304-2 308-6 Guter Start in die Mast Voraussetzung dafür ist ein gut vorbereiteter Maststall. Eine trockene und vorgewärmte Umgebung erleichtert dem Tier einen stressfreien Start in seiner neuen Umgebung. Gut gereinigte und desinfizierte Räume senken den Druck von Krankheiten. Zum Einstallen bewährt es sich, ein Futter einzusetzen, welches schmackhaft und hochverdaulich ist. Dadurch wird eine sofortige Futter- Vekauf: 25 kg LG 311-6 teil von Körperflüssigkeiten und für die Regulation der Körpertemperatur zuständig. Ein Wassermangel wirkt sich sofort auf die Zucht- und Mastleistung aus, weil dadurch die Stoffwechselvorgänge in den Zellen und der Nährstofftransport im Blut reduziert werden. Ebenfalls entscheidend ist die Qualität des Wassers. Eine regelmässige Prüfung des Wassers bei betriebseigenen Quellen ist daher n angebracht. UFA-REVUE 4 | 2017 Sonderthema Antibiotika-Verbrauch im Schweinestall senken Nutztiere Stallhygiene Keinen Nährboden bieten Durch eine konsequente Reinigung der Ställe kann der Keim- und damit auch der Infektionsdruck klar gesenkt werden. Dies ist für die Tiergesundheit förderlich und der Antibiotika-Einsatz kann gesenkt werden. Doch worauf muss geachtet werden und wie wird korrekt gereinigt? Erich Thoma Gründliches Einweichen lohnt sich. Bild: UFA-Revue N ach gut dreimonatiger Mastdauer sind Buchten im Schweinestall durch Kot, Urin, Futterreste sowie Hautschuppen und Borsten verschmutzt. Diese Rückstände sind der perfekte Nährboden für Bakterien und Krankheitserreger, die in Schweineställen vorkommen. Wird ein Stall über einen längeren Zeitraum nicht gereinigt, vermehren sich die Erreger stark und Krankheiten können ausbrechen. Besonders wenn Jager eingestallt werden, die mit den betriebsspezifischen Erregern des Mastbetriebes noch nicht in Kontakt waren, steigt die Gefahr von Erkrankungen deutlich an. Durch gezielte Reinigung und Desinfektion können der Erregerdruck gesenkt und der Antibiotika-Verbrauch reduziert werden. Einweichen erleichtert Reinigung Der erste Schritt einer erfolgreichen Reinigung ist das Leeren des Stalles. Im Idealfall wird mit dem Rein-RausSystem gearbeitet. Ist dies nicht möglich, bietet sich ein buchtenweises Rein-Raus-System an. Bei beiden Varianten steht der Stall (zumindest teilweise) leer und kann vollständig gereinigt und desinfiziert werden. Damit das Reinigen leichter vonstatten geht, ist ein ausgiebiges Einweichen der Schmutzablagerungen notwendig. Reinigungsmittel wie beispielsweise Stalltop 409/645 beschleunigen den Prozess wesentlich und helfen mit, die Keimzahl zu reduzieren. Das Reinigungsmittel sollte Lauge und Reinigungsverstärker enthalten, damit organische Verschmutzungen wie Fette und Eiweisse von der Oberfläche gelöst werden. Anschliessend lassen sich die Rückstände mit einem Hochdruckreiniger effizient entfernen. Generell gilt: gutes Einweichen, hohe Temperaturen und Reinigungsmittel verkürzen den Zeitaufwand, erleichtern das Reinigen und erhöhen zugleich die Tiergesundheit. Nach der Reinigung werden sämtliche Oberflächen gründlich mit Wasser abgespült. Trockenen Stall desinfizieren Bevor mit der anschliessenden Desinfektion gestartet werden kann, muss der Stall abtrocknen (keine Wasserlachen), ansonsten wird das Desinfektionsmittel zu stark verdünnt und die Wirksamkeit reduziert. Weiter ist entscheidend, dass sämtliche Oberflächen und Einrichtungen sauber sind und keine Schmutzrückstände mehr aufweisen. Bei verschmutzten Stellen kann das eingesetzte Desinfektionsmittel (bspw. Stalldes 05) seine Wirkung nicht optimal entfalten. Die Desinfektionsmittel wirken auf unterschiedliche Weise. Stalldes 05 wirkt gegen Bakterien, Sporen, Schimmelpilze, Hefen und Viren in dem es die Zellhüllen zerstört und dabei die DNS des Erregers freilegt – diese wird in der Folge zerstört. Resistenzbildungen sind dabei nicht möglich. Für betriebsspezifische Empfehlungen wendet man sich am besten direkt an den Spezialisten. Nach dem Desinfizieren muss der Stall wieder vollständig abtrocknen, bevor die Tiere eingestallt werden. Die Reinigungs- und Desinfektionsmittel können über die Gülle entsorgt werden. Futter- und Wasserleitungen nicht vergessen Was bei der Reinigung nicht vergessen werden darf, sind die Futterstanden und -leitungen sowie die Wasserleitungen. In allen Bereichen können sich Biofilme bilden, auf denen sich Bakterien und Keime vermehren. Halag Chemie AG ist ein Spezialist für Biofilm-Entfernung. Eine regelmässige Reinigung und Desinfektion sind unabdingbar, besonders nach antibiotischen Behandlungen via Futter. Bei Trinkwasserleitungen empfiehlt sich eine kontinuierliche oder regelmässige Zugabe von Peressigsäure wie beispielsweise Halades 01, damit Biofilme verhindert werden können. n Autor Erich Thoma, Leiter Beratungsdienst Halag Chemie AG, 8355 Aadorf UFA-REVUE 4 | 201771 Nutztiere Sonderthema Antibiotika-Verbrauch im Schweinestall senken Klimacheck Klima im Stall – worauf muss geschaut werden? Das Klima im Schweinestall hat einen entscheidenden Einfluss auf die Tiergesundheit. Richtig programmierte Lüftungen, korrekte Temperaturen und eine regelmässige Kontrolle der Lüftungselemente sind wichtig, dass sich die Schweine wohlfühlen und weniger krankheitsanfällig sind. Alois Estermann 1 · Das Lüftungssystem muss regelmässig gereinigt werden. 2 · Hier ist die Luftfeuchtigkeit deutlich zu hoch, die Lüftung muss kontrolliert werden. 3 · Temperatursensoren sollten nicht unmittelbar neben Lampen platziert werden. 1 72 E in unzureichendes Stallklima lässt den Einsatz von Antibiotika ansteigen. Die Schweinebranche will den Antibiotikaverbrauch optimieren und dessen Einsatz dokumentieren. Die Planung und die Installation einer korrekt laufenden Lüftung bedarf viel Knowhow und Erfahrung. Die Luftführung muss von Anfang an bei der Bauoder Umbauplanung im Konzept miteingeplant werden. Die Kommunikation oder der Austausch zwischen Lüftungsfirma und Stallbauer ist dabei wichtig. Wartung nicht vergessen Moderne Stalllüftungen sind mit viel Elektronik versehen. Schon vor Jahren wurden anspruchsvolle Lüftungssysteme installiert, welche auch gewisser Wartung bedürfen. Autos oder Ölfeuerungen lässt man in gewissen Intervallen kontrollieren. Wieso tun sich Schweinehalter damit bei der Lüftung ihrer Schweineställe so schwer? Es ist nicht gemeint, dass kostspielige Unterhaltswartungen gemacht werden sollen. Lediglich die Richtigkeit der Messwerte und korrekte Ausführung der Steuerung soll überprüft werden. Staub, Dreck, Feuchtigkeit und Abnutzung können leicht eine Beeinträchtigung der Gerätschaft nach sich ziehen. Ein gutes Klima ist Bedingung für gesunde Schweine. Vor Jahren schrieb man der Klimasteuerung und den Klimageräten nicht die grosse Bedeutung zu wie heute. Der SGD trifft immer wieder Lüftungskomponenten an, welche durch ungenügende Wartung für ein schlechtes Klima verantwortlich gemacht werden können. Öffnungen sind durch Staub verschlossen. Fehlplanungen wurden gemacht, wie zu schmale Luftwege, welche den Widerstand der Luft erhöhen und somit eine Leistungseinbusse der Ventilatoren verursachen. Beispielweise sind Öffnungen der Lochkanäle infolge von Verschmutzung undurchlässig oder Abluftkamine sind voller Schmutz, so dass die Leistung des Ventilators nicht ausgeschöpft wird. Ein Praxisbeispiel zeigte, dass durch das Abwischen des Ventilators mit einem Besen ein unterbelüfteter, stickiger Stall innerhalb von Minuten zum korrekt durchlüfteten Maststall wurde. Staub vermeiden Im Schweinestall herrscht eine hohe Staubbelastung durch Futter oder Hautpartikel. Trifft Staub auf feuchte Flächen – zum Beispiel im Abluftschacht nach einem Regenschauer – oder bleiben sie in Spinnennetzen hängen, behindert dies die abströmende Luft. Im Abluftbereich verschmutzen vor allem die Innenwände der Abluftkamine sowie die Ventilatorenblätter. Je nach Verschmutzungsgrad steigt der Energiebedarf dadurch bis zu 50 Prozent an. Hersteller empfehlen eine Kontrolle der Ventilatoren bzw. die Reinigung der Ventilatorenblätter mindestens einmal jährlich vorzunehmen. Staubquellen sollten minimiert werden. Beispielsweise sollen Vorratsbehälter für Trockenfutterautomaten soweit 2 UFA-REVUE 4 | 2017 Sonderthema Antibiotika-Verbrauch im Schweinestall senken möglich verschlossen werden. Der Einsatz von Pellets oder von Nassfütterung reduziert die Staubbildung im Gegensatz zu einer Mehlfütterung. CO2-Gehalt tief halten Momentan gelten Lüftungen, welche auf einer CO 2-Steuerung basieren als die besten. Den Schweinen kann die Luftmenge zur Verfügung gestellt werden, welche notwendig ist . CO 2-Steuerungen sind nicht mehr so teuer wie vor einigen Jahren. Die meisten Ställe regulieren ihr Klima über die Steuerung der Luftmenge mittels Raumtemperatursensor. Die Schadgasbelastung kann aber trotz guter Temperatur zu hoch sein. Erhöhte CO 2-Werte machen Schweine müde und träge. Erhöhtes Ammoniak führt bei Schweinen zu geröteten Bindehäuten oder zu Husten. Sensoren monatlich kontrollieren Elektronik kann fehlerhaft sein. Deshalb gilt es den Temperatursensor, welcher für die Steuerung der Luftmenge verantwortlich ist, durch ein zweites daneben angebrachtes Thermometer zu kontrollieren. Stimmt der Temperaturwert? Ist der Sensor sauber oder sind Schmutzschichten und Dreck vorhanden, welche die Genauigkeit negativ beeinflussen. Kontrollieren Sie beispielweise monatlich, ob die Klimaparameter im Stall in Ordnung sind. Notieren Sie die Korrektheit mittels Visum und Datum in einer Tabelle. Wer weiss auswendig, wann er wo was gemes- 3 sen oder überprüft hat? Der SGD stellt fest, dass Temperatursensoren in der Praxis des öfteren an ungeeigneten Orten angebracht werden. Die Sensoren gehören nicht in die Nähe einer Lampe und auch nicht unmittelbar neben den Lufteintritt des Stalles. Der Temperatursensor sollte nicht an einer Decke oder an einem Fenster angebracht werden. Pro Meter Bodenabstand steigt die Temperatur nämlich um rund ein Grad an. Thermometer sollten so nahe wie möglich bei den Tieren angebracht werden. Durch gezieltes Beobachten des Liegeverhaltens lässt sich das Wohlbefinden der Schweine feststellen. Schweine, welche zu kalt haben, liegen in Bauchlage. Bei Saugferkeln und Jagern ist rasch eine Haufenbildung zu beobachten. Schweine, welchen die Umgebungstemperatur passt, liegen in Seitenlage nebeneinander. Aber auch zu hohe Temperaturen sind problematisch: Steigt die Temperatur auf über 23 °C, beginnen die Schweine unter Stress zu leiden. CO2 und Luftfeuchtigkeit korrelieren Die Luftfeuchtigkeit wird mit einem Hygrometer gemessen. Auch die Qualität der Luft kann mit diesem überprüft werden. Ist der Luftaustausch zu gering, steigen Schadgase wie das CO 2 an, was wiederum ein Ansteigen der Luftfeuchtigkeit nach sich zieht. Hygrometer können für wenig Geld in Fachgeschäften, im Baumarkt oder bei Grossverteilern erworben werden. Wer etwas mehr investieren möchte, kann ein digitales Hygrometer erwerben. Am Hygrometer sollen Werte zwischen 50 und 80 Prozent relative Luftfeuchtigkeit abgelesen werden. Werte unter 50 Prozent relative Luftfeuchtigkeit bedeuten eine zu trockene Luft. Als Folge davon haben Schweine ausgetrocknete Binde- und Schleimhäute und sind empfänglicher für Infektionen. Ist die Luftfeuchtigkeit über 80 Prozent, ist sie zu hoch und dadurch die Frischluftzufuhr zu klein. Durch die Tatsache, dass Fenster anlaufen oder nasse Böden schlecht abtrocknen, lässt sich eine zu hohe Luft- Nutztiere Mittels Rauchpetarden kann die Luftströmung nachvollzogen werden. feuchtigkeit auch erahnen. Hängen Sie in jeder Kammer einen Hygrometer auf – am besten neben dem Kontrollthermometer. Zugluft erkennen Vor allem Jungtiere reagieren empfindlich auf Luftzug. 20 cm/sec sollten dabei im Komfortbereich nicht überschritten werden. Oftmals benötigt es keiner grossen Technik, um Klimaparameter beurteilen zu können. Die Luftgeschwindigkeit lässt sich durch das Fallenlassen von Stroh beobachten. Oder machen Sie Ihre Hände nass. Mit feuchten Händen kann ein Luftstrom besser «erfühlt» werden. Bei Problemen genau messen Um das Stallklima objektiv zu beurteilen sind exakte Messungen mit den entsprechenden Geräten von Vorteil. Der SGD besitzt die Geräte inkl. Wärmebildkamera. Mängel werden objektiv festgehalten und dargestellt. Weiter hat der SGD die Erfahrung und die Ausbildung, um den Schweinehaltern den klimatischen Status quo seines Schweinestalles mitzuteilen. Durch Bilder, Filme und Berichte erhält der Tierbesitzer eine dokumentierte Klimamessung. Krankheiten wie Kannibalismus, Stress und Fehlverhalten sind oft durch klimatische Mängel begründet. Wenden Sie sich an Ihr SGDBüro, wenn Sie Fragen oder Probleme im Stall haben. n Autor Dr. Alois Estermann, SGD-Büro SempachZentralschweiz Bilder Alois Estermann UFA-REVUE 4 | 201773 Nutztiere Sonderthema Antibiotika-Verbrauch im Schweinestall senken Betriebsspezifische Impfstrategie Gezielt impfen statt behandeln Werden Schweine gezielt gegen Erreger geimpft, können Krankheitsausbrüche und Leistungseinbussen verhindert sowie der Antibiotika-Verbrauch gesenkt werden. Entscheidend ist, dass der Impfstoff betriebsspezifisch festgelegt wird, ansonsten ist die Wirkung unbefriedigend. Stefan Hutter D ie Forderung nach Reduktion des Antibiotikaeinsatzes in der Schweinehaltung wird uns künftig noch mehr beschäftigen. Zur Verbesserung der Tiergesundheit, aber auch für Optimierungen in Haltung, Fütterung, Management und Biosicherheit wird dabei die gezielte Überwachung unserer Schweinebetriebe in Form von tierärztlicher Bestandsbetreuung immer wichtiger. Bei der Tiergesundheit muss sich der Fokus auf den vorbeugenden Einsatz von Impfstoffen richten, der routinemässige Einsatz von antibiotischen Wirkstoffen, egal ob als Prophylaxe oder als Therapie, muss vermieden werden. Krankmachende Keime finden sich in jedem Stall, entscheidend ist, ob die körpereigene Abwehr dem Druck standhält. Mutterschutzimpfung Bei den meisten Impfungen versuchen wir direkt die Tiere zu schützen, die wir impfen (aktive Immunisierung). Jedoch dauert der Aufbau dieses Schutzmechanismus je nach Anzeige 74 Was bei jeder Impfung unbedingt beachtet werden muss Richtige Impftechnik: Je nach Impfstoff muss dieser subkutan (unter die Haut), intradermal (in die Haut), intramuskulär (in den Muskel) oder oral (ins Maul) verabreicht werden. Eine Impfung ins Fettgewebe ist unbedingt zu vermeiden. Verwenden Sie bei jeder Altersklasse Kanülen entsprechender Länge. Beachten Sie die Angaben des Herstellers und Ihres Tierarztes. Passender Impfzeitpunkt: Die Bildung von Antikörpern benötigt je nach Impfstoff einige Tage oder Wochen. Abhängig vom Krankheits­erreger muss der Impfzeitpunkt entsprechend terminiert werden. Richtiger Impfabstand: Bei den meisten Impfungen ist eine Grund­immunisierung, also zwei Impfungen in einem genau definierten Abstand nötig. Erst nach der zweiten Impfung wird eine belastbare Abwehr ausgebildet. Regelmässige Wiederholungsimpfungen in definierten Abständen sind nötig, um den Impfschutz aufrechtzuerhalten. Nur gesunde Tiere impfen: Kranke Tiere dürfen nicht geimpft werden, da jede Impfung eine zusätzliche Belastung für das Immun­system darstellt. Einen effizienten Schutz können nur gesunde Tiere aufbauen. Richtige Lagerung des Impfstoffs: Impfstoffe müssen immer im Kühlschrank gelagert werden. Kontrollieren Sie unbedingt die Temperatur im Kühlschrank! Die Aufbrauchfristen nach Herstellerangaben sind zu beachten. Impfversager bis hin zu plötzlichen Todesfällen bei falscher Lagerung sind keine Seltenheit. Nur saubere Instrumente verwenden: Mit verschmutzten Spritzen und Nadeln werden auch Krankheitserreger übertragen. Nicht selten kommt es zu Abszessen an der Einstichstelle, durch Fremdstoffe wird der Impfstoff ganz oder teilweise inaktiviert. Impfstoff einige Wochen. Neugeborene Ferkel sind deshalb darauf angewiesen, dass sie mit der ersten Muttermilch (Kolostrum) Antikörper gegen Krankheitserreger aufnehmen, damit sie geschützt sind (passive Immunisierung). Wenn Muttersauen vor der Geburt gezielt gegen im Bestand vorhandene Krankheitserreger geimpft werden, produzieren die Sauen mehr Antikörper und geben diese über das Kolostrum den Ferkeln weiter, damit diese so vor Erkrankungen in den ersten Lebenswochen geschützt sind. Eigentlich ist diese Art von Impfung eine Aufwertung des Kolostrums. Dem Ferkel werden mehr und gezielter Antikörper übers Kolostrum weitergegeUFA-REVUE 4 | 2017 Sonderthema Antibiotika-Verbrauch im Schweinestall senken ben. Eingesetzt wird die Mutterschutzimpfung gegen verschiedene Erreger, welche Erkrankungen bei den neugeborenen Ferkeln verursachen können. Beim Ferkel sind das vor allem Erreger des Neugeborenen-Durchfalls, meistens E. coli und Clostridien Typ C und Typ A , aber auch Infektionen mit Streptokokken. •Coli-Keime finden wir in jedem Darm, entscheidend für das Auftreten von Durchfall sind sogenannte Virulenzgene, welche den Erreger am Darm anheften lassen (Fimbrienantigene) oder Toxine bilden. Gegen die häufigsten Virulenzgene gibt es kommerzielle Impfstoffe, notfalls kann mit bestandsspezifischen Impfstoffen ausgeholfen werden. •Bei Clostridien-Infektionen sind ebenfalls Toxine für den Durchfall verantwortlich. Typ C äussert sich in blutigem, unstillbarem Durchfall mit einer hohen Sterblichkeit, Typ A äussert sich in Symptomen, welche einer Infektion mit E. coli ähnlich sind. Gegen Infektionen mit Clostridien sind je nach Typ verschiedene Impfstoffe erhältlich. •Oft werden auch virale Infektionen, vor allem Rota-Viren für Ferkeldurchfall verantwortlich gemacht. Nach gezielter Diagnostik steht hier die bestandsspezifische Immunisierung im Vordergrund. Kommerzielle Impfstoffe sind nicht erhältlich. • Steptokokken-Infektionen äussern sich beim Ferkel in Gelenksentzündungen, oft aber auch in plötzlichen Todesfällen durch Blutvergiftungen. Mit bestandsspezifischen Impfstoffen gegen die vorhandenen Typen von Streptococcus suis kann der Schutz verbessert werden. Geburt. Gegen später auftretende Krankheiten müssen Ferkel geimpft werden. Hohen wirtschaftlichen Schaden richten dabei vor allem Infektionen mit Circoviren (PCV2) und Lawsonien (L. intracellularis) an. • Infektionen mit Circoviren äussern sich in Kümmern, Fieber, Durchfall, vereinzelt auch in Hautveränderungen, vor allem bei Absetzern und in der Mast. Die Impfung der Saugferkel gegen PCV2 in der dritten Lebenswoche hat sich bewährt . Es stehen verschiedene Impfstoffe zur Verfügung, welche dem Ferkel per Injektion verabreicht werden. • Lawsonien verursachen bei Absetzern und in der Mast oft chronischen Durchfall und Kümmern. Eine oral zu verabreichende Schluckvakzine, die meist zum gleichen Zeitpunkt wie die Circo-Impfung gegeben wird, bietet Schutz gegen diesen Erreger. Ferkelimpfung Abwehrstoffe, die das Ferkel über die Milch von der Mutter bekommt (maternale Antikörper) verlieren ihre Wirkung einige Wochen nach der Gezielte Diagnostik ist wichtig Wirken kann jede Impfung aber nur, wenn sie gezielten Schutz gegen die im Bestand vorhandenen Krankheitserreger bringt. Ob die Erreger über Nutztiere Ferkel werden oft gegen Circoviren und Lawsonien geimpft. Bild: agrarfoto.com die Probenentnahme am lebenden Tier oder bei der Sektion von toten Tieren isoliert werden sollen, muss der Bestandstierarzt von Fall zu Fall entscheiden. Wichtig ist dabei, dass typisch erkrankte Tiere beprobt werden und nicht chronisch erkrankte Kümmerer. Je mehr Tiere untersucht werden, desto höher ist die Sicherheit, den richtigen Erreger nachzuweisen. Oft setzen sich mit der Zeit noch andere Erreger durch und eine wiederholte Beprobung kann nötig sein. Erwartungen an eine Impfung Von keiner Impfung kann man einen vollständigen Schutz vor einer Ansteckung erwarten. Ziel ist, die Auswirkungen der Infektion in Grenzen zu halten. In den meisten Fällen kann durch gezielte Impfung das Auftreten einer Krankheit verhindert und somit eine massive Verbesserung der Leistungsdaten erreicht werden. Die Impfung führt ausserdem zu einer deutlichen Verringerung der Erregerausscheidung. Damit wird der Infektionsdruck im n Betrieb entscheidend gesenkt. Autor Dr. Stefan Hutter, PigVets GmbH, 3303 Zuzwil, Praxis für Schweinebestandsbetreuung UFA-REVUE 4 | 201775