Die Zukunftsperspektiven der deutschen Industrie

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I
Zukunftsperspektiven
der deutschen Industrie
Grundsatzpapier
erarbeitet vom
DIHT-Ausschuss für
Industrie und Forschung
II
Zukunftsperspektiven
der deutschen Industrie
Grundsatzpapier
erarbeitet vom
DIHT-Ausschuss für
Industrie und Forschung
Copyright: DIHT . Deutscher Industrie- und Handelstag, Bonn . Berlin
III
Herausgeber
© Deutscher Industrie- und Handelstag · DIHT
Redaktion: Dr. Kurt Fleckenstein, Dr. Stephan Wimmers
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Stand
Dezember 2000
I
INHALT
Vorwort ................................................................................................. III
1. Einleitung........................................................................................... 1
2. Gesamtwirtschaftliche Bedeutung und Struktur der Industrie ...... 6
3. Strukturelle und zukunftsweisende Entwicklungen in der
Industrie........................................................................................... 10
3.1. Zusätzliches Ertragspotenzial durch Dienstleistungen .............................. 10
3.2. Chancen der Globalisierung werden ausgenutzt ...................................... 12
3.3. Strategien bei veränderten Präferenzen – Kostensenkung und
Innovationen ............................................................................................. 13
3.4. Automatisierte Fertigung – erhöhte Produktivität, Effizienz und
Konkurrenzfähigkeit .................................................................................. 14
3.5. Innovativer Strukturwandel in den Konzernen........................................... 16
3.6. Synergieeffekte durch Konzentrationsprozesse ........................................ 17
3.7. Bedarf an Beschäftigten mit neuen Qualifikationen steigt ......................... 19
3.8. Strukturwandel und industrielle Neugründungen ...................................... 20
3.9. Technologieführerschaft durch Forschung und Entwicklung ..................... 22
3.10. E-Commerce-Anwendungen in der Industrie – Die Verbindung der Old
Economy mit der New Economy ............................................................... 23
4. Bewertung des Standorts Deutschland aus Sicht der
Industrieunternehmen .................................................................... 27
5. Industriepolitik ................................................................................ 28
6. Zwischenergebnis: heutige Bedeutung der Industrie .................. 29
II
7. Die Zukunft der Industrie in Deutschland...................................... 31
7.1. Grundlagen der Prognose ......................................................................... 31
7.2. Deutsche Wirtschaft verfügt über komparative Vorteile bei der
Produktion von Industriegütern ................................................................. 33
7.3. Produktionsrahmenbedingungen werden die Zukunft der Industrie
entscheidend beeinflussen........................................................................ 34
7.4. Defizite staatlicher Rahmenbedingungen ................................................. 36
8. Handlungsempfehlungen ............................................................... 40
8.1. Allgemeine Rahmenbedingungen ............................................................. 40
8.2. Beseitigung des Fachkräftemangels ......................................................... 43
8.2.1. Forderungen an die Bildungspolitik ................................................. 43
8.2.2. Leitlinien für eine bedarfsorientierte Einwanderungsgesetzgebung 44
ANHANG .............................................................................................. 45
Betrachtung ausgewählter Branchen ................................................ 45
A.1. Automobilindustrie .................................................................................... 45
A.2. Bauindustrie .............................................................................................. 48
A.3. Chemische Industrie ................................................................................. 51
A.4. Die Eisen-, Blech- und Metallverarbeitende Industrie ............................... 53
A.5. Elektro-, Computer- und Softwareindustrie ............................................... 54
A.6. Energieversorgungsindustrie .................................................................... 56
A.7. Ernährungsindustrie .................................................................................. 58
A.8. Feinmechanische und optische Industrie .................................................. 60
A.9. Kunststoffverarbeitende Industrie ............................................................. 61
A.10. Luft- und Raumfahrtindustrie..................................................................... 62
A.11. Maschinen- und Anlagenbau .................................................................... 64
A.12. Pharmazeutische Industrie........................................................................ 67
A.13. Schiffbau ................................................................................................... 69
A.14. Textil- und Bekleidungsindustrie ............................................................... 70
Literatur ............................................................................................... 72
III
Vorwort
Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um die Zukunft der Old Economy
verfolgt der DIHT-Ausschuss für Industrie und Forschung mit dem vorliegenden Papier
die Zielsetzung, die gegenwärtige und zukünftige, qualitative und quantitative
Bedeutung der Industrie für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und den Wohlstand
in Deutschland aufzuzeigen. Durch die Analyse von Wertschöpfungsprozessen lassen
sich im Zeitablauf die vielfältigen Veränderungen innerhalb der Industrie, die
Verflechtungen zwischen den Industriesektoren und die Verbindungen zwischen
Industrie- und Dienstleistungsbereich darstellen. Insofern ist eine Betrachtungsweise,
die von einem Gegensatz zwischen New und Old Economy ausgeht, realitätsfern und
überholt.
Auch das immer wieder prognostizierte Ende der industriellen Produktion ist nicht zu
befürchten. Die aktuellen Entwicklungen (Outsourcing, Unternehmenskäufe, Fusionen
etc.) in der Industrie zeigen, dass die beobachtbaren Veränderungen Ausdruck einer
effizienten, stärker marktorientierten und arbeitsteiligen Neustrukturierung der
Wirtschaft sind.
Die Wirtschaftspolitik ist aufgefordert, den Strukturwandel durch verlässliche und
unternehmerfreundliche Rahmen- und Standortbedingungen zu flankieren. Der DIHTAusschuss für Industrie und Forschung hat das Grundsatzpapier eingehend beraten
und in der letzten Sitzung der Legislaturperiode 1997 – 2000 am 12. Dezember 2000
in Frankfurt verabschiedet.
Zu den Adressaten, an die sich dieses Papier richtet, gehören vor allem Unternehmer
und Manager, die Politik und die Öffentlichkeit, aber auch die IHK-Organisation selbst.
Allen Mitgliedern des Ausschusses, der Geschäftsführung sowie den Mitarbeitern aus
dem DIHT und den Industrie- und Handelskammern, die an dem vorliegenden Papier
mitgewirkt haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Dr. Frank Niethammer
Vizepräsident des DIHT,
Vorsitzender des DIHT-Ausschusses für Industrie und Foschung
1
1. Einleitung
Der in der jüngsten Vergangenheit boomenden New Economy wird trotz neuerdings
abgeschwächter Wachstumsraten nach wie vor große Aufmerksamkeit
entgegengebracht.
Steigende
Aktienkurse,
beachtliche
Umsatzzuwächse,
Gewinnsteigerungen und überdurchschnittlich zunehmende Beschäftigungszahlen bei
den Internet- und sonstigen IT-Firmen haben die Hoffnung auf höhere Einkommen und
zusätzliche Arbeitsplätze in den Industrieländern geweckt. Zugleich wird immer wieder
das Ende der Old Economy, d.h. auch der Industrie und damit der
Industriegesellschaft prophezeit. Nach Auffassung zahlreicher Wissenschaftler,
Politiker und Teilen der Wirtschaft selbst entsteht in Deutschland eine
Dienstleistungsgesellschaft, etliche sprechen auch von einer Informations- und
Wissensgesellschaft. Das würde bedeuten, dass eine Gesellschaft, die ihren
materiellen Wohlstand bislang der Produktion und einer erfolgreichen, weltweiten
Vermarktung von Industriegütern zu verdanken hat, in Zukunft den Absatz von
Dienstleistungen und die Verfügbarkeit von Informationen und Wissen zu ihrer
primären Entwicklungsgrundlage machen wird. Diese Perspektive lässt sich durch
verschiedene statistische Belege durchaus unterfüttern.
Bedeutungsrückgang der Industrie in der Statistik
Betrachtet man die Anteile des Industrie- und des Dienstleistungssektors an der
Gesamtheit der Erwerbstätigen, so ist festzustellen, dass der Anteil der Industrie
von ehemals fast 50 Prozent in den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts
auf heute knapp 35 Prozent gesunken und derjenige des Dienstleistungssektors im
gleichen Zeitraum von unter 40 auf mittlerweile gut 65 Prozent angewachsen ist
(Grömling/Lichtblau/Weber 1998, S. 42). Ein noch deutlicherer Trend zeigt sich bei
der Zahl der Unternehmen. So sind von den im Jahre 1970 existierenden 123.000
Industrieunternehmen heute noch etwa 84.000 übrig geblieben, während die Zahl der
Dienstleistungsunternehmen allein in den neunziger Jahren von gut 2 Mio. auf etwa
3,2 Mio. angestiegen ist (Hauser/Wimmers 1999). Schließlich ist der Teil der
nominalen Wertschöpfung, der auf die Industrie entfällt, von über 40 Prozent im
Jahre 1970 auf heute etwa 28% gesunken und im Dienstleistungssektor von gut 45
auf über 60 Prozent angestiegen (Grömling/Lichtblau/Weber 1998, S. 12, 60).
Der Wandel wird aber nicht nur bei den volkswirtschaftlichen Gesamtdaten sichtbar,
sondern auch in den Industrieunternehmen selbst. So verwandeln sich
alteingesessene, klassische Industrieunternehmen ganz oder teilweise in Dienstleister.
Darüber hinaus bieten Industrieunternehmen zunehmend produktbegleitende
Dienstleistungen als Ergänzung zu ihren Produkten an.
Wandel von Industrieunternehmen zu Dienstleistern
Beispiele liefern der Röhrenhersteller Mannesmann AG, der durch seine Betätigung
im Telekommunikationssektor zum Dienstleister wurde, und der Automobilkonzern
Daimler Benz AG, der 1990 sein Tochterunternehmen debis AG gründete, das
weltweit Finanz- und IT-Dienstleistungen anbietet. Der Trend zu produktbegleitenden
Dienstleistungen ist vor allem im Maschinenbau zu erkennen. Immerhin liegt der
Anteil am Umsatz, den Maschinenbauunternehmen mit produktbegleitenden
2
Dienstleistungen erzielen, bei 20 Prozent.
Dieser Wandel wird von Teilen der Öffentlichkeit mit Sorge registriert und häufig als
Bedrohung für gesamtwirtschaftliches Wachstum und Arbeitsplatzentwicklung
empfunden. Eine empirische Überprüfung zeigt, dass die Wertschöpfung, die die
Industrie zusammen mit anderen Sektoren im Vorleistungsverbund erwirtschaftet, in
den letzten 20 Jahren nahezu unverändert geblieben ist. Von einer DeIndustrialisierung kann insofern keine Rede sein. Auch die These vom Ende der
Arbeit, welche die hohe Arbeitslosigkeit in Europa als Folge der Globalisierung und
des arbeitssparenden technischen Fortschritts sieht, übergeht die Realität. In allen
OECD-Ländern sind seit 1980 insgesamt mehr als 75 Mio. – meist im
Dienstleistungssektor - neue Arbeitsplätze entstanden, das entspricht einem Zuwachs
von mehr als 20%. Dass innerhalb Europas der Zuwachs an Arbeitsplätzen nur bei 7%
lag, kann nicht dem Strukturwandel angelastet werden. Die Gründe liegen eher bei der
Qualität der nationalen Standortfaktoren. Die Höhe der Beschäftigung ist vor allem
eine Frage der Rahmenbedingungen. (Grömling/Lichtblau/Weber 1998, S. 406 f.)
Die Angst vor dem Verlust der vertrauten und bewährten industriellen Tradition
verschließt zuweilen den Blick auf die Chancen, die ein solcher Wandel mit sich bringt.
Die Globalisierung schafft beispielsweise durch die Erschließung neuer Märkte weitere
Exportmöglichkeiten
für
die
Industrieländer
und
damit
wiederum
Beschäftigungswachstum. Natürlich bringt die veränderte Welt für die Industrie neue
Herausforderungen und Anpassungen. Doch liegt in der Notwendigkeit, neue
innovative Produkte zu entwickeln, gerade die Chance, hochproduktive,
einkommensstarke und wettbewerbsfähige Arbeitsfelder zu erschließen.
Unstrittig ist, dass der Dienstleistungsbereich auch weiterhin eine steigende
Bedeutung in der modernen Volkswirtschaft erhält. Mit dieser Ausweitung ist jedoch
keinesfalls eine komplette Verdrängung der Industrie verbunden. Vielmehr werden
beide Sektoren auch künftig nebeneinander bestehen, bzw. sie werden sehr eng
zusammenwirken und stark miteinander verflochten sein. In diesem Geflecht wird die
Bedeutung der Industrie unterschätzt, denn sie erbringt wesentliche Vorleistungen, die
direkt oder indirekt anderen Sektoren zugute kommen.
So wird etwa in den Entwicklungszentren der Industrie ein wichtiger Beitrag zu
Forschung und Entwicklung geleistet. Diese Forschungsanstrengungen kommen nicht
nur der Industrie sondern auch den Dienstleistern zugute: 50% der neu entwickelten
Technologiegüter
werden
im
Dienstleistungsbereich
eingesetzt.
Der
Technologieverbund ist eines von mehreren Beziehungsgeflechten, die zeigen, dass
beide Bereiche voneinander profitieren (Grömling/Lichtblau/Weber 1998, S. 411).
Von herausragender Bedeutung ist die Position der Industrie auch im Bereich des
Exports. In allen Industrieländern liegt hier eine Domäne des Verarbeitenden
Gewerbes. In Deutschland liegt der Anteil des Verarbeitenden Gewerbes an den
gesamten Exporten seit 1970 bei etwa 90%. Eine von Exporten maßgeblich
abhängige Volkswirtschaft wie Deutschland kann auf die Industrie nicht verzichten.
Durch die Exporte wie auch die Direktinvestitionen wird gleichzeitig die Verflechtung
der Weltmärkte gefördert. Über die Entstehung neuer Märkte erweitern sich die
Chancen für Beschäftigung und zusätzliche Einkommen.
3
Die industrielle Basis bestimmt zunehmend auch die Vorleistungsverflechtungen. Über
sie wachsen Industrie und Dienstleistungen immer stärker zu einem „kombinierten
Sektor“ zusammen. In Deutschland, den USA und Japan kauft das verarbeitende
Gewerbe mehr Vorleistungen in anderen Dienstleistungssektoren ein, als es selbst
dorthin liefert. Damit ist und bleibt die Industrie ein wichtiger Absatzmarkt für andere
Sektoren. Auf diese Weise trägt das verarbeitende Gewerbe in Deutschland zu jeder
dritten DM Wertschöpfung bei. Der Industrie kommt damit eine wichtige
Drehscheibenfunktion zu. Innerhalb des Vorleistungsverbundes werden sich die
Gewichte allerdings in Richtung auf eine stärkere Tertiarisierung verschieben.
Andererseits steht fest, dass auch Dienstleister nur mit einer international
wettbewerbsfähigen Industrie überleben können (Grömling/Lichtblau/Weber 1998, S.
415).
Zu den Herausforderungen, die von der Industrie zu bewältigen sind, gehören
allerdings auch die Auswirkungen der Globalisierung. Die weltweite Verflechtung der
Volkswirtschaften hat dazu geführt, dass z.T. nach außen abgeschottete nationale
Kapital-, Güter- und Dienstleistungsmärkte geöffnet wurden. Viele Unternehmen
werden auf Konkurrenzmärkten nicht mehr nur mit einem nationalen, sondern einem
weltweiten Produktangebot konfrontiert. Gleiches gilt für die Güternachfrage.
Globalisierung der Weltwirtschaft
Belege für die zunehmende Verflechtung der Weltwirtschaft liefert die Entwicklung
des (Welt-)Bruttoinlandproduktes, der Exporte (und Importe) und der
Direktinvestitionen. Alle drei Größen wachsen seit Mitte der achtziger Jahre in
verstärktem Maße an. Besonders deutlich wird dies jedoch beim gegenseitigen
Handel mit Industriewaren. Der Auslandsumsatz der deutschen Industrie ist
kontinuierlich angestiegen. Sein Anteil in Prozent des Gesamtumsatzes der Industrie
ist zwischen 1996 und 1999 von 29,5% auf 34,2% angewachsen. (IW Köln 2000a,
69) Die prozentuale Zunahme der Inlandsversorgung durch Industriegüterimporte
liegt sogar in einigen Industrieländern zwischen 1980 und 1994 im zweistelligen
Bereich. Auch in Deutschland, Frankreich und den USA haben die Importe moderat
zugelegt (Grömling/Lichtblau/Weber 1998, S. 26).
Damit stehen viele deutsche Industrieunternehmen seit Mitte der achtziger Jahre auf
den Inlands- und Auslandsmärkten einer wettbewerbsfähigen ausländischen
Konkurrenz gegenüber. Dieser waren sie infolge ihrer im internationalen Vergleich
hohen Produktionskosten und Defizite im Servicebereich z.T. nicht gewachsen und so
kam es zu Marktanteilsverlusten. Etliche Industrieunternehmen gerieten dadurch Mitte
der 90er Jahre in ernsthafte Schwierigkeiten. Die Beschäftigung musste reduziert, die
Fertigung teilweise eingestellt und häufig auch Konkurs angemeldet werden. Andere
haben versucht, ihre Wettbewerbsfähigkeit durch Verlagerung ihrer Betriebsstätten in
das kostengünstigere, vor allem osteuropäische Ausland zu erhöhen, die
internationalen Zukunftsmärkte Asiens zu bedienen und ihre Struktur an die neuen
Bedingungen (Konzentration auf die Kernkompetenz) anzupassen.
4
Strukturkrise der deutschen Industrie zur Mitte der neunziger Jahre
Für die Strukturkrise gibt es eine ganze Reihe von Belegen. So ist der
Weltmarktanteil ( des für alle Länder gebildeten Verhältnisses der jeweils aus
Deutschland bezogenen Importe zu den jeweiligen Gesamtimporten) Deutschlands
von ehemals fast 14% auf heute gut 10% gesunken (DIHT 2000a, S. III u. S. 24).
Besonders bedrohlich daran ist, dass der Anteil auf den wachstumsstärksten Märkten
gesunken, auf den wachstumsschwachen jedoch zugenommen hat. Eine der
möglichen Reaktionen auf die Krise, etwa Verlagerungen der Produktion in das
Ausland, lässt sich z. B. an der Zunahme der deutschen Einfuhren nach passiver
Lohnveredelung aus den Ländern Osteuropas ablesen. Diese stiegen von 60,7 Mio.
DM im Jahre 1989 auf 66,1 Mio. DM im Jahre 1994 an (Fieten/Friedrich/Lageman
1997, S. 93 ff.). Ein weiteres Indiz ist die Steigerung der Direktinvestitionen
deutscher Unternehmen in Osteuropa, die von 103 Mio. DM (1989) auf 4,2 Mrd. DM
(1995) angewachsen sind.
Der Wettbewerbsdruck entsteht aber nicht nur auf der Seite der Absatzmärkte,
sondern auch durch die Veränderung der Kapitalmärkte. Da die Anlagemärkte heute
stark miteinander vernetzt sind und durch die IuK-Technologien Informationen und
Transaktionen sofort verfügbar sind bzw. ausgeführt werden können, sind
Beteiligungskapitalgeber heute in der Lage, ihr Kapital zu den besten Renditen
anzulegen. Das führt im Allgemeinen dazu, dass Unternehmen um knappe finanzielle
Ressourcen konkurrieren. Nur wer den Anteilseignern angemessene Gewinne, d.h.
einen attraktiven Shareholder Value, bietet, erhält das notwendige Kapital.
Eine weitere Herausforderung, die deutsche Industrieunternehmen zu bewältigen
haben, ist die Veränderung der Verbrauchergewohnheiten in Deutschland und
Westeuropa. Die Nachfrage nach industriell gefertigten Massengütern – bedingt durch
das im Allgemeinen hohe Wohlstandsniveau - stagniert, während sich individuelle
Produktangebote oft in Verbindung mit produktbezogenen Dienstleistungen einer
zunehmenden Beliebtheit erfreuen. Auch diese Entwicklung hat einige
Industrieunternehmen zur Aufgabe ihrer Produktion gezwungen. Andere passen ihre
Produkte durch entsprechende Innovationen an die Konsumtrends an.
Betrachtet man die aufgeführten Trends „Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft“,
„Globalisierung“ und „Präferenzänderungen“, könnte man den Eindruck gewinnen,
dass die Zukunftsperspektiven der deutschen Industrie nicht gerade positiv sind. Ziel
des vorliegenden Papiers ist es, die beobachteten Entwicklungen eingehender und im
Zusammenhang zu betrachten und zu bewerten, wo sich im Einzelnen etwa die
folgenden Fragen stellen:
Fragen zur Zukunft der deutschen Industrie
Bleibt Deutschland auch zukünftig Industriestandort? In welchem Umfang werden
in Zukunft Menschen in der Industrie eine Beschäftigung finden? Werden
zunehmend Industrieunternehmen den Standort Deutschland verlassen? Führen
Megafusionen zu einer Senkung der Zahl der Industrieunternehmen? Hält die
jüngste Konzentrationswelle weiter an? Mutieren Industrieunternehmen zu
Dienstleistern? Welche Rolle spielen Industrieunternehmen für die Tertiarisierung?
Finden die Unternehmen geeignete Rahmenbedingungen vor? Können und sollten
5
wirtschaftspolitische Maßnahmen ergriffen werden?
6
2. Gesamtwirtschaftliche Bedeutung und Struktur der Industrie
Deutschland zählt nach wie vor zu den wichtigsten Industrieländern. Deutsche
Industrieunternehmen
leisten
einen
erheblichen
Teil
der
weltweiten
Industriegüterproduktion. Auch in Deutschland selbst ist die Bedeutung des Sektors
hinsichtlich Umsatz, Beschäftigung und Wertschöpfung immer noch erheblich.
Dennoch ist festzustellen, dass die Anteile an der Beschäftigung und der
Bruttowertschöpfung seit Anfang der neunziger Jahre zurückgegangen sind, während
der Umsatz nahezu gleich geblieben ist.
Stellung der Industrie in der Gesamtwirtschaft
Die Industrieunternehmen erzielten 1998 einen Umsatz in Höhe von 2.619 Mrd. DM
(35,4% des gesamten gewerblichen Umsatzes), beschäftigten 6,0 Mio.
Arbeitnehmer (16,5% aller Erwerbstätigen) und trugen mit einem Anteil von 30,4%
maßgeblich zur Bruttowertschöpfung des Unternehmenssektors in Deutschland
bei. Der Anteil am Gesamtumsatz hat sich seit 1992 nicht verändert (2.244 Mrd.;
35,5%). Die Beschäftigung ist hingegen gesunken (1991: 8,8 Mio.; 23,3%). Ebenfalls
rückläufig war die Bruttowertschöpfung (1991: 36,3%).
Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen
Ebenfalls zurückgegangen ist die Zahl der Industrieunternehmen - auf heute rund
84.000. Betroffen ist dabei vor allem der Bereich der Bauindustrie. Demgegenüber ist
die Zahl der Industrieunternehmen in den übrigen Teilsegmenten (Bergbau, Energieund Wasserversorgung und Verarbeitendes Gewerbe) seither, abgesehen von
konjunkturellen Schwankungen, seit 1970 beinahe unverändert geblieben.
Industrieunternehmen in der Statistik des Produzierenden Gewerbes
Statistisch betrachtet, setzt sich die Industrie aus den Teilsegmenten Bergbau und
Gewinnung von Steinen und Erden, Verarbeitendes Gewerbe, Energie- und
Wasserversorgung und Baugewerbe zusammen. Da die aufgeführten Segmente
jedoch sowohl die Angaben der Industrie- als auch der Handwerksunternehmen
enthalten, würde eine undifferenzierte Betrachtung zu einer Überschätzung der Zahl
der Unternehmen des industriellen Sektors führen. Um dies zu vermeiden, bildet man
für jedes Segment das nachstehende Aggregat:
Zahl der Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten
- Zahl der Handwerksunternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten
+ Zahl der industriellen Kleinunternehmen mit 1 – 19 Beschäftigten
-------------------------------------------------------------------------------------------= Zahl der Industrieunternehmen
Anschließend bildet man die Summe aus den Aggregaten. Ergebnis der Schätzung
ist, dass es im Jahre 1999 etwa 84.000 Industrieunternehmen gab, wobei der
weitaus größte Teil auf das Segment Verarbeitendes Gewerbe entfällt (ca. 72.000).
Quelle: Statistisches Bundesamt; Hauser/Wimmers 1999; eigene Berechnungen
7
Die aufgeführten Trends werden dennoch nicht in einer Bedeutungslosigkeit der
Industrie enden, sondern sie sind ein Resultat der zunehmend arbeitsteilig
organisierten Wirtschaft wie eine nähere Betrachtung des Produktions- und
Vermarktungsprozesses eines Industriegutes deutlich werden läßt. Um ein
Industriegut zu produzieren und zu vermarkten, ist eine Vielzahl unterschiedlicher
Tätigkeiten erforderlich. Beginnend mit der Bedarfserkennung wird ein ganzer
Wertschöpfungsprozess inklusive Beschaffung, Forschung, Entwicklung, Fertigung,
Lagerung, Transport, Distribution und schließlich Kundenbetreuung in Gang gesetzt.
Herstellung und Vermarktung eines Industriegutes erfordern Produktions- und
Dienstleistungstätigkeiten
Im Jahre 1995 waren nur 28,1 Prozent aller Beschäftigten im Verarbeitenden
Gewerbe in der Herstellung tätig, während alle Übrigen dienstleistende Aufgaben
(Maschinen einstellen / warten, Reparieren, Handel treiben, Büroarbeiten, Planen /
Forschen, Leiten, Ausbilden / Informieren) ausführten (Grömling/Lichtblau/Weber
1998, S. 81).
Selbstverständlich können die meisten Elemente dieses Prozesses innerhalb eines
Industrieunternehmens integriert sein, was in den zurückliegenden Jahrzehnten der
industriellen Produktion sicherlich der Fall war. Heute haben viele ursprünglich voll
integrierte Industrieunternehmen dienstleistende Tätigkeiten auf selbständige
Unternehmen verlagert. Durch dieses Outsourcing sinken zwangsläufig die
Beschäftigung und die Wertschöpfung des Industrieunternehmens auf das
betriebsnotwendige Minimum.
In die Herstellung und Vermarktung von Industriegütern fließen zunehmend
extern erbrachte Dienstleistungen ein
Der größte Nachfrager von Vorleistungen ist nach wie vor die Industrie. So fragen
die Versorgungswirtschaft, das Verarbeitende Gewerbe und die Bauwirtschaft über
fünfzig Prozent aller Vorleistungen nach. (Auch an den gesamten Lieferungen von
Vorleistungen ist die Industrie mit rund fünfzig Prozent beteiligt. Bildet man
entsprechende Salden, so bezog die Industrie (ohne Baugewerbe) im Jahre 1996
aus dem Dienstleistungssektor einen Überschuss an Vorleistungen in Höhe von
278,1 Mrd. DM netto, der noch im Jahre 1990 bei 180,7 Mrd. DM lag. Die Zunahme
ist zum größten Teil auf die Lieferungen der sogenannten übrigen Dienste
(insbesondere unternehmensnahe Dienstleister) zurückzuführen. Dieser
Dienstleistungsbereich erzielte 1996 gut 40 Prozent seiner gesamten Umsätze durch
die Zusammenarbeit mit Industrieunternehmen. (Grömling/Lichtblau/Weber 1998, S.
88, 94)
Insbesondere bei den sogenannten neuen unternehmensnahen Dienstleistern (IT,
Multimedia, Technische Beratung, Personalvermittlung, Marketing, Logistik etc.) zählt
die Industrie zu den Hauptabnehmern (76,6%). Outsourcing und Auslagerung
verursachte in den neunziger Jahren eine immer noch anhaltende Gründungswelle
solcher Unternehmen in Verbindung mit außerordentlichen Umsatz- und
Beschäftigungszuwächsen. (Wimmers/Hauser/Paffenholz 1999, S. 24, S. 40 ff. u.
8
86 ff.)
Nach Hochrechnungen sind in Hamburg während der neunziger Jahre rund 7000
Dienstleistungsarbeitsplätze (5% des Ausgangsbestandes) mit immerhin 4% der
industriellen Bruttowertschöpfung von Betrieben des verarbeitenden Gewerbes
ausgelagert und die entsprechenden Leistungen von Betrieben anderer
Wirtschaftszweige – unternehmensorientierte Dienstleistungen, Verkehr und Energie
– übernommen worden. In diesem Umfang ist das Wachstum dieser
Wirtschaftszweige lediglich ein statistischer Reflex einer veränderten
intersektoralen Arbeitsteilung. An den Tätigkeiten selbst wie an deren
Zugehörigkeit zu Leistungen des verarbeitenden Gewerbes hat sich grundsätzlich
nichts verändert (DIW 2000c, S. 665, 668).
Gleichwohl stellt aber die industrielle Fertigung ein konstitutives Element der
Erstellung von Sachgütern dar, ohne die ein Angebot an produktbezogenen
Dienstleistungen keinen Sinn ergeben würde. Die Industrie übt also, auch in
Deutschland, eine Art Basisfunktion für die Erstellung von Sachgütern aus. Somit
lässt sich festhalten: Solange Konsumenten Sachgüter nachfragen, ist ein Ende der
industriellen Fertigung nicht in Sicht.
Eine für die deutsche Industrie folgenreiche Entwicklung könnte sich aber aus der
theoretischen Möglichkeit ergeben, dass im Zuge der internationalen Arbeitsteilung in
einem Land ausschließlich Industrieunternehmen ansässig sein könnten und in einem
anderen lediglich Dienstleistungsunternehmen. Immerhin besteht durch die
Verfügbarkeit der heutigen Informations-, Kommunikations- und Transportsysteme
keine unbedingte Notwendigkeit mehr, alle produktionsrelevanten Unternehmen am
gleichen Ort anzusiedeln. Wenn Produktionsfaktoren wie Informationen, Humankapital
und Rohstoffe weltweit kostengünstig verfügbar sind, entscheiden sich industrielle
Investoren für die Standorte mit den attraktivsten Rahmenbedingungen.
Langfristig kann Deutschland also nur dann ein Industriestandort bleiben, wenn im
Wettbewerb mit anderen Regionen und Ländern hinreichend günstige Konditionen
geboten werden.
Ein besonderes Kennzeichen der deutschen Industrie ist ihre heterogene Struktur mit
32 verschiedenen Wirtschaftszweigen (Branchen). Die zugehörigen Unternehmen
stellen nahezu alle Produkte her, die in einer entwickelten Volkswirtschaft benötigt
und nachgefragt werden. Dennoch hat sich die deutsche Industrie im Zuge der
internationalen Arbeitsteilung spezialisiert. Bei den Investitionsgütern übersteigt die
Ausfuhr (1997: 193 Mrd. DM) die Einfuhr (1997: 87 Mrd. DM) deutlich, wobei dies
besonders auf Straßenfahrzeuge, elektrotechnische Investitionsgüter, Maschinenbauund Stahlerzeugnisse zutrifft (Statistisches Bundesamt 1998). Bei Büromaschinen,
d.h. Computer u. ä. überwiegt jedoch die Einfuhr. Auch Verbrauchsgüter werden eher
ein- (1997: 147 Mrd. DM) als ausgeführt (1997: 130 Mrd. DM) (Statistisches
Bundesamt 1998). Beispiele dafür sind Möbel und Bekleidung. Allerdings gibt es auch
hier Ausnahmen wie die Chemische Industrie, die mehr Verbrauchsgüter ex- als
importiert.
9
Einteilung der Industrie in Wirtschaftszweige
Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden
Kohlenbergbau, Torfgewinnung
Gewinnung von Erdöl und Erdgas, Erbringung verbundener Dienstleistungen
Bergbau auf Uran- und Thoriumerze
Erzbergbau
Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau
Verarbeitendes Gewerbe
Ernährungsgewerbe
Tabakverarbeitung
Textilgewerbe
Bekleidungsgewerbe
Ledergewerbe
Holzgewerbe (ohne H. v. Möbeln)
Papiergewerbe
Verlags-, Druckgewerbe, Vervielfältigung
Kokerei, Mineralölverarbeitung, H. v. Brutstoffen
Chemische Industrie
H. v. Gummi- und Kunststoffwaren
Glasgewerbe, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden
Metallerzeugung und –bearbeitung
H. v. Metallerzeugnissen
Maschinenbau
H. v. Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und –einrichtungen
H. v. Geräten der Elektrizitätserzeugung, -verteilung u. ä.
Rundfunk-, Fernseh- und Nachrichtentechnik
Medizin-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Optik
H. v. Kraftwagen und Kraftwagenteilen
Sonstiger Fahrzeugbau
H. v. Möbeln, Schmuck, Musikinstrumenten, Sportgeräten usw.
Recycling
Energie- und Wasserversorgung
Elektrizitätsversorgung
Gasversorgung
Fernwärmeversorgung
Wasserversorgung
Baugewerbe*
Vorbereitende Baustellenarbeiten, Hoch- und Tiefbau
* Der Bereich Bauinstallation wurde nicht berücksichtigt, da hier fast
Handwerksunternehmen tätig sind.
Quelle: Statistisches Bundesamt
ausschließlich
Die in der Einleitung erwähnten Trends „Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft“,
„Globalisierung“
und
„Präferenzänderungen“
haben
in
den
einzelnen
Wirtschaftsbereichen sowohl unterschiedliche als auch ähnliche Entwicklungen
ausgelöst. So hatte sich die pharmazeutische Industrie mit einem durch die
Gentechnik ausgelösten Paradigmenwechsel auseinanderzusetzen, der auch die
Ausrichtung der Unternehmen vollkommen verändert hat. Das Beispiel des
Chemieunternehmens Hoechst AG zeigt, dass der vormals auch im traditionellen
Chemiebereich tätige Konzern zukünftig unter dem Namen Aventis (zusammen mit
der Rhône Poulenc AG) vor allem den Life Science Markt bedienen wird (Aventis
1999). Bestimmender Faktor war jedoch nicht nur die Neuorientierung in der
10
Pharmaforschung, sondern auch die Suche nach ertragreicheren Geschäftsfeldern als
Reaktion auf den Shareholder-Value-Trend.
Auch in der Automobilindustrie spielt der Shareholder-Value eine herausragende
Rolle. Hier dominierte jedoch neben der Suche nach ertragreicheren Feldern die
völlige Neustrukturierung der Produktion. Endprodukthersteller wie die VW AG haben
ganze Teile ihrer Fertigung auf Systemlieferanten verlagert, die ihrerseits auf
Teilelieferanten zurückgreifen (Fieten/Friedrich/Lageman 1997, S. 40 ff.). Die
vorherrschende Devise in den neunziger Jahren war die Konzentration auf die
Kernkompetenzen und damit eine Optimierung der Wertschöpfungskette.
Um einige solcher allgemeinen Gesetzmäßigkeiten oder Aussagen ableiten zu
können, die sich auf alle Industriezweige übertragen lassen, wurde eine
branchenbezogene Betrachtung der Industrie vorgenommen. Sie findet sich im
Anhang der vorliegenden Studie.1 Es liegt auf der Hand, dass eine vollständige
Analyse aller Industriezweige den Rahmen dieses Grundsatzpapiers sprengen würde.
Deshalb wird eine Auswahl in der Weise getroffen, dass ein möglichst breites
Spektrum der deutschen Industrie abgedeckt wird. Berücksichtigt werden traditionelle
und neue Industriezweige, solche mit geringer und hoher Auslandsorientierung,
Konjunktursensitivität oder Betroffenheit von den erwähnten Trends.
3. Strukturelle und zukunftsweisende Entwicklungen in der Industrie
3.1. Zusätzliches Ertragspotenzial durch Dienstleistungen
Die meisten Industrieunternehmen haben mittlerweile erkannt, dass dienstleistende
Tätigkeiten wertschöpfend sind. Industrieprodukte lassen sich ohne Dienstleistungen
wie z. B. Transport, Logistik oder FuE nicht fertigen. Diesbezüglich konzentrieren sich
die Industrieunternehmen auf eine Optimierung bei der Eigenerstellung bzw. beim
externen Bezug.
Kostensenkung durch Optimierung von Dienstleistungen
Schätzungen zufolge liegt das Kostensenkungspotenzial allein bei Logistikleistungen
zwischen Industrie und Handel bei 15% bis 20% der Gesamtkosten.
Versuchsprojekte der Ernährungsindustrie haben hervorgebracht, dass sich
gefahrene Wege durch Bündelung von Lieferungen um bis zu 30% reduzieren
lassen.
Quelle: BVE 2000a, S. 93
Zweitens spielen die sogenannten produktbegleitenden Dienstleistungen für den
Absatz eine herausragende Rolle. Die Kunden erwarten nicht nur die Bereitstellung
eines Sachgutes, sondern immer häufiger zusätzliche Leistungen wie Beratung,
Finanzierung, Inbetriebnahme und Wartung „aus einer Hand“.
1
In die Branchenbetrachtungen fließen teilweise Informationen aus den Statements ein, die einige
Mitglieder des DIHT-Ausschusses Industrie und Forschung abgegeben haben.
11
Produktbegleitende Dienstleistungen werden wichtiger
Der Anteil produktbegleitender Dienstleistungen (Engineering, Softwareentwicklung,
Wartung und Schulung) am Gesamtumsatz von Maschinenbauunternehmen liegt
durchschnittlich zwischen 10% und 15%. Die größte Zahlungsbereitschaft der
Kunden
besteht
für
technische
Verfügbarkeitsgarantien,
erweiterte
Gewährleistungen, Montage und Inbetriebnahme sowie für 24h-Ersatzteildienste.
Daneben werden Online-Verknüpfungen, Produktionsoptimierungen, Hotline-Dienste,
Wartung und Inspektion sowie Recyclingdienste verlangt.
Konzerne stellen diese Dienstleistungen überwiegend durch externe, gelegentlich
durch
Auslagerung
entstandene
Tochterunternehmen
bereit.
Die
Dienstleistungsableger beliefern zum einen die übrigen Konzernunternehmen und zum
anderen weitere Kunden. Gelegentlich wird, wenn das Dienstleistungsunternehmen
überlebensfähig geworden ist, eine Herauslösung aus dem Konzern angestrebt.
Dienstleistungstochterunternehmen von DaimlerChrysler
1. DaimlerChrysler Services (debis) AG (Financial Services, IT Services , debis
Leasing)
2. Mercedes-Benz Finanz GmbH (Fahrzeugfinanzierungen)
3. Mercedes-Benz Leasing GmbH (Fahrzeugbezogene Leasingverträge)
4.
debis
Finanz
Service
GmbH
(Customer
Service
Center
und
Versicherungsangebote)
5. Mercedes-Benz Charterway GmbH (Fuhrpark- und Transportberatung
(Nutzfahrzeuge))
6. debis Car Fleet Management GmbH (Flottenmanagement (PKW))
Quelle: DaimlerChrysler 2000
Kleine und mittlere Unternehmen bieten Serviceleistungen noch überwiegend selbst
an. Aber auch bei ihnen setzt sich zunehmend die Zusammenarbeit mit Dienstleistungspartnern durch, ohne dass dies für den Kunden erkennbar wird.
Mittelständischer Spezialmaschinenhersteller USM
- Uebach Spezial Maschinen
Die Tätigkeitsfelder des mittelständischen Spezialmaschinenherstellers USM erstrecken sich von Investitionsplanung, Projektstudien und Machbarkeitsanalysen über
die konkrete Durchführung von Investitionsvorhaben im Spezialmaschinenbau und
Sonderprojekten. USM projektiert, entwickelt, fertigt und liefert ständig
Sonderlösungen in den Produktbereichen Metallverpackungen, Edelstahl-KEGBierfässer, Radiatoren, Prüfstände im Automobilbereich, Logistische Anlagen und
Transportketten. Weiterhin liefert USM ein neuartiges Verladesystem zur
automatisierten Be- und Entladung von LKWs und Trailer unter Verwendung des
Rolaload-Systems von Rolamat. Aufgrund der USM-Firmenstruktur kann von der
Planung über die Projektierung bis hin zur Ausführung und Inbetriebnahme die
komplette Leistung angeboten werden.
Quelle: USM 2000
12
3.2. Chancen der Globalisierung werden ausgenutzt
Wie eingangs erwähnt, bringt der internationale Wettbewerb für die deutsche Industrie
einige Veränderungen, die sie zu scharfen Anpassungsmaßnahmen zwingen und sie
vor neue Herausforderungen stellen. Ausländische Anbieter drängen mit Macht auf die
angestammten Märkte der Industrieunternehmen. Dabei hilft ihnen vielfach ihre
wesentlich günstigere Kostenposition infolge niedriger Steuern und geringerer Löhne.
Importkonkurrenz am Beispiel Südostasiens
Seit 1980 ist der Anteil der Importe aus Südostasien am deutschen Inlandsmarkt um
1,3 Prozentpunkte gestiegen und machte 1996 2,4% des Inlandsangebotes aus. Die
größten Anteile am deutschen Inlandsmarkt entfielen auf Taiwan, Südkorea,
Hongkong und Singapur (zusammen 1%), gefolgt von China mit (0,7%) und
Thailand, Malaysia, den Philippinen, Indonesien und Vietnam (zusammen 0,6%).
Indiens Marktanteil in Deutschland betrug 0,2%. Die südostasiatischen Anbieter sind
auf den Export arbeitsintensiver Industriegüter (ca 7%) spezialisiert, während sie
bei ressourcenintensiven Gütern und Massengütern (unter 1%) nur schwach
vertreten sind. Bei den arbeitsintensiven Gütern lag der Schwerpunkt auf Bekleidung
und Lederwaren, deren Marktanteile in Deutschland mittlerweile bei knapp 20%
liegen. Darüber hinaus waren die südostasiatischen Anbieter stark vertreten bei
Computern und Büromaschinen (ca. 18%), Nachrichtentechnik (ca. 6%) und
Feinmechanik (ca. 9%). In Einzelfällen handelt es sich um qualitativ hochwertige
Produkte (Computer aus Korea), überwiegend jedoch um Güter mit geringer Qualität
bzw. solche, bei denen die arbeitsintensive Endmontage in Südostasien
stattgefunden hat.
Quelle: DIW 2000a, S.188 f.
Die Abnehmer von Industriegütern betreiben inzwischen „global sourcing“, so dass
eine beträchtliche Zahl von deutschen Produzenten die Kosten drastisch senken oder
im schlimmsten Fall die Produktion einstellen muss, so wie es Mitte der 90er Jahre im
Zulieferbereich der Automobilherstellung geschehen ist.
Global Sourcing
Industrieunternehmen wie z. B. die Porsche AG haben Global Sourcing-Bereiche
eingerichtet. Die Firma schreibt Einkäufe inzwischen weltweit aus, um die Kompetenz
des gesamten Lieferantenmarktes ausschöpfen zu können. Des Weiteren bieten
zahlreiche Dienstleister global sourcing als Serviceleistung an.
Quelle: Porsche AG 2000
Das Überleben vieler Industrieunternehmen wird deshalb ganz entscheidend davon
abhängig sein, ob es gelingt, Kostensenkungspotenziale zu nutzen. Rationalisierung
und Produktionsverlagerung in das Ausland werden also insbesondere in
Zulieferindustrien weiter voranschreiten.
13
Andererseits bietet die Globalisierung durch die steigende Nachfrage in den
aufstrebenden Wirtschaftsregionen auch Chancen. Obwohl auch hier, z. B. durch die
Krise in Ostasien, gelegentlich Rückschläge hingenommen werden müssen, besteht in
diesen Wirtschaftsräumen ein ungeheures Potenzial an ungesättigtem Bedarf. Die
Deckung dieses Bedarfs stellt auch für deutsche Industrieunternehmen eine
Herausforderung dar, die sie annehmen können. Hierbei verfügen sie über die Vorteile
qualitativ hochwertiger Produkte und intensiven technischen Know-hows, andererseits
besteht der Nachteil einer ungünstigen Kostenposition gegenüber ausländischen
Mitbewerbern.
3.3. Strategien bei veränderten Präferenzen – Kostensenkung und
Innovationen
Deutschland sowie viele westeuropäische Staaten sind zum einen durch einen hohen
Prozentsatz von Verbrauchern gekennzeichnet, deren Grundbedürfnisse im
Wesentlichen gedeckt sind. In der Folge fragen sie traditionelle Industriegüter
prinzipiell dann nach, wenn Ersatz oder Erneuerung anstehen. Dementsprechend sind
diese Märkte durch ein geringes Wachstum, gelegentlich auch durch Stagnation oder
Schrumpfung des Volumens, gekennzeichnet. Industrieunternehmen, die auf solchen
Märkten operieren, sind einem enormen Preiswettbewerb ausgesetzt, dem sie nur
durch drastische Kostensenkungen begegnen können. Da dies nicht allen
Unternehmen gelingt, sind Konzentrationsprozesse durch Übernahmen und
Insolvenzen zu beobachten.
Veränderung der Nachfragepräferenzen
Seit Beginn des Jahrhunderts ist der Anteil an den Gesamtausgaben der privaten
Haushalte für Nahrungs- und Genussmittel (1900: 46,7%; 1997: 18,9%) und
Bekleidung (1900: 13,0%; 1997: 6,8%) kontinuierlich gesunken. Ungefähr gleich
geblieben ist der Ausgabenanteil für Möbel und Hausrat (1900: 8,3%; 1997: 8,6%),
wobei dieser Anteil in den fünfziger, sechziger und siebziger Jahren infolge des
Nachholbedarfs bei gut 10% lag. Deutlich gestiegen sind hingegen die
Ausgabenanteile für Wohnung (1900: 16,2%; 1997: 24,6%), Verkehr und
Kommunikation (1900: 4,1%; 1997: 17,5%), Freizeit und Bildung (1900: 1,4%;
1997: 9,9%) und Gesundheit (1900: 3,0%; 1997: 5,9%).
Quelle: IW Köln 2000b, S. 12
Zum anderen sind die westeuropäischen Volkswirtschaften durch Konsumtrends wie
Hedonismus, Gesundheitswelle, Körperbewusstsein, Harmoniebedürfnis und vor allem
dem Bedürfnis nach Individualität geprägt. Es werden also vor allem solche Produkte
nachgefragt, die diesen Bedürfnissen entgegenkommen. Damit hängt der Erfolg der
Industriegüterproduktion maßgeblich davon ab, ob es den Herstellern gelingt, ihre
Produkte an diese Trends anzupassen, m.a.W. entsprechende Produkt- und
Leistungsinnovationen durchzuführen. Dabei kommt es nicht ausschließlich auf
technische Neuerungen an, sondern auch darauf, die Kunden intensiv zu beraten und
zu betreuen, also ein Bündel aus nutzenstiftenden Sach- und Dienstleistungen
anzubieten.
14
Produkt- und Leistungsinnovationen bieten Marktchancen
Die gesamten geplanten Innovationsaufwendungen der Industrie lagen 1999 bei
etwa 110 Mrd. DM (das entspricht im Durchschnitt ca. 4,5% des Umsatzes) und
haben damit noch nicht ganz den Stand von fast 120 Mrd. DM vor dem Beginn der
Rezession 1992 erreicht. Fast zwei Drittel aller Industrieunternehmen führten 1998
Innovationen durch. Drei von fünf Unternehmen haben neue Produkte eingeführt,
mehr als die Hälfte hat Prozessinnovationen durchgeführt und drei von zehn
Unternehmen warteten mit Marktneuheiten auf. Damit ist der Anteil der Innovatoren
unter den Industrieunternehmen heute deutlich höher als in der Rezessionsphase
1993 und 1994 (BMBF 2000a, S. 18 f.).
Die forschungsintensiven Industrien haben sich von der zurückliegenden
Rezession schneller erholt als die nicht-forschungsintensiven Bereiche. Erstere
haben bereits 1998 das Produktionsniveau von 1991 wieder erreicht und
erwarteten für das Jahr 1999 eine Ausweitung um 1% bzw. für das Jahr 2000 einen
Zuwachs von 3% - 5%, während die nicht-forschungsintensiven Industrien für 1999
zunächst eine Schrumpfung um 0,5% und erst für das Jahr 2000 einen Zuwachs von
2,5% – 3% prognostizierten (BMBF 2000a, S. 23 f.).
Gute Beispiele für Produktinnovationen, die an die Konsumtrends angepasst sind,
liefert der Fahrzeugmarkt. Während früher die reine Fortbewegungsmöglichkeit im
Mittelpunkt des Interesses stand, spielt heute die Sicherheit der Insassen eine
herausragende Rolle. Automobilhersteller wie die Porsche AG haben deshalb Bauteile
aus Stahl mit hoher Festigkeit entwickelt, die im Falle von Kollisionen dafür sorgen,
dass die Fahrgastzelle nicht oder nur in geringem Maße deformiert wird (StahlInformationszentrum 2000, S.12 f.).
3.4. Automatisierte Fertigung – erhöhte Produktivität, Effizienz und
Konkurrenzfähigkeit
Deutschland ist im internationalen Vergleich ein Hochlohnland. Dadurch ist die
lohnintensive Fertigung von Industriegütern mit hohen Kosten verbunden. Bei
gleichzeitig nach unten starren Löhnen besteht die Gefahr, dass Unternehmen zur
Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit diesem Kostendruck auszuweichen versuchen,
indem sie in das kostengünstigere Ausland abwandern. Tatsächlich haben deutsche
Industrieunternehmen in den letzten zwanzig Jahren von dieser Möglichkeit mit mehr
oder weniger großem Erfolg Gebrauch gemacht. Teile der lohnintensiven Fertigung
wurden in die Länder und Regionen verlagert, in denen manuelle fertigungsbezogene
Tätigkeiten verhältnismäßig gering entlohnt werden.
Der Kostennachteil Westdeutschlands hat sich zwar gegenüber 1996 um 15
Prozentpunkte verringert, aber ein Vergleich internationaler Arbeitskosten für 1999
zeigt, dass Westdeutschland nach wie vor die höchsten Arbeitskosten aufweist
(Schröder 2000, S. 77).
15
Internationaler Vergleich der Arbeitskosten in der
Verarbeitenden Industrie 1999 in DM *
P
G
R
E
IR
L
I
N
C
A
O
st
D
F
G
B
X
A
U
S
A
LU
J
N
L
FI
N
S
B
C
H
N
D
K
D
W
es
t
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
*Je geleisteter Arbeitsstunde, weibliche und männliche Arbeiter
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln
Eine weitere Möglichkeit den hohen Arbeitskosten in Deutschland auszuweichen wird
in der Substitution von lohnintensiver durch eine kapitalintensive Fertigung gesehen,
also in der Durchführung von Automation. Dabei werden einzelne manuelle
Produktionsschritte sukzessive von Maschinen und Robotern übernommen. Auch die
Steuerung der Anlagen lässt sich weitgehend auf elektronischem Wege durchführen.
Diese Form der Fertigung existiert bereits in vielen deutschen Industrieunternehmen.
Dabei bieten vor allem Prüf-, Kontroll- und Steuerungstätigkeiten sowie die Nutzung
der Informations- und Kommunikationstechnologie weitere Möglichkeiten, menschliche
Arbeit zu ersetzen. In diesen Bereichen besteht zur Zeit und auch in absehbarer
Zukunft ein hohes Potenzial an Rationalisierungsmöglichkeiten.
Investitionen der Industrieunternehmen
Die Industrie hat im Jahre 1999 insgesamt gut 87 Mrd. DM investiert, wobei der
Hauptteil auf die Ausrüstungsinvestitionen entfiel (88%). In der Betrachtung der
vergangenen zehn Jahre waren die Aufträge für Ausrüstungsinvestitionen von 1991
bis 1994 stark rückläufig und stiegen seitdem wieder an. Allerdings wurde das
Niveau von 1991 noch nicht wieder erreicht. Die Investitionen dienten in den letzten
fünf Jahren bei drei von fünf Unternehmen der Einführung neuer
Produktionsmethoden. Noch im Jahre 1990 plante der größte Teil der
Unternehmen Kapazitätserweiterungen (ca. 50%). Für jeweils etwa 25% der
Unternehmen war Rationalisierung bzw. Ersatzbeschaffung das entscheidende
Investitionsmotiv. Mitte der 90er Jahre verschoben sich diese Anteile. Nur noch etwa
30% der Unternehmen planten Kapazitätserweiterungen, fast 40% beabsichtigten
Rationalisierungsmaßnahmen und etwa 30% ersetzten die vorhandene Ausrüstung.
Mittlerweile
planen
wieder
fünfzig
Prozent
der
Unternehmen
eine
Kapazitätserweiterung. Jedes vierte Unternehmen plant Rationalisierungs- bzw.
Ersatzbeschaffungsmaßnahmen.
Auslösender
Faktor
für
die
Rationalisierungsmaßnahmen war und ist im Regelfall die Höhe der Lohn- und
Gehaltskosten.
Quelle: Weichselberger 2000, S. 26 ff.
16
Sowohl die automatisierte Fertigung als auch die Produktion der Anlagen wird von
deutschen Unternehmen i. d. R. nicht im kostengünstigen Ausland, sondern in
hochentwickelten Ländern wie z.B. Deutschland betrieben. Hierfür gibt es
verschiedene Gründe. Erstens finden die Endprodukthersteller und ihre Zulieferer die
Hersteller der Maschinen und Anlagen in Deutschland vor. Die Inbetriebnahme und
die Steuerung der Anlagen erfordert die räumliche Nähe des Herstellers zum Kunden.
Zwar gibt es bereits Online- bzw. Ferndiagnosemöglichkeiten, doch die Komplexität
des technischen Betriebs erfordert die Anwesenheit sowohl von Beratern als auch
Technikern, die im Notfall sofort und „rund um die Uhr“ in kürzester Zeit an Ort und
Stelle, d.h. beim Kunden präsent sind. Folglich wäre eine Verlagerung der
automatisierten Fertigung in das Ausland nur möglich, wenn der Anlagenhersteller
diesen Weg mit beschreitet.
Industrie setzt zunehmend Roboter ein
1999 sind in Deutschland 10.550 Roboter neu in Betrieb genommen worden, so dass
mittlerweile eine Gesamtzahl von 96.000 Robotern installiert worden ist. Durch
technische Errungenschaften in den Bereichen Sensorik, Bildverarbeitung und
Aktuatorik übernehmen sie ständig mehr Aufgaben, für die vormals menschliche
Arbeitskraft erforderlich war. Der Stundenpreis eines Roboters liegt heute bei etwa
15 – 30 DM, der eines Arbeiters bei 80 DM. In der Branche Robotik und Automation
sind 22.000 Mitarbeiter beschäftigt, insgesamt wird ein Umsatz von 9,5 Mrd. DM
(1990 3,6 Mrd. DM) erzielt.
Quelle: FAZ vom 22.3.00, o.V.
Zweitens werden für die Entwicklung, Konstruktion, Inbetriebnahme und Wartung der
Anlagen sowie die Beratung des Kunden hochqualifizierte Ingenieure und Techniker
benötigt. Diese finden die Anlagenhersteller in Deutschland in ausreichender Qualität
vor. Vor allem ihre Fähigkeiten zum systematischen und zielorientierten Denken und
Handeln zeichnen die in Deutschland ausgebildeten Fachkräfte aus.2
Drittens werden in der Fabrikautomation überwiegend hochtechnisierte Produkte
gefertigt. Hierfür werden wiederum Zulieferprodukte mit hoher Qualität benötigt, die, so
bestätigen es die Unternehmen, zum Teil ausschließlich in Deutschland bzw. anderen
Industrieländern produziert werden. Kleine Serien in Verbindung mit hohen
Transportkosten lassen die Unternehmen in solchen Fällen von einer
Auslandsfertigung absehen. Bei im technischen Sinne verhältnismäßig einfachen
Produkten, die in hoher Stückzahl hergestellt werden, sind ausländische
Produktionsstätten eher angebracht.
3.5. Innovativer Strukturwandel in den Konzernen
Es gibt in der Industrie unzweifelhaft traditionelle bzw. „reife“ Bereiche, in denen der
technische Fortschritt nur noch langsam voranschreitet, Gewinne und Renditen
aufgrund des Wettbewerbsdrucks auf ein Minimum geschrumpft sind und in denen
infolge nur noch langsam wachsender Marktvolumina ein immer noch andauernder
2
Dennoch bestehen aufgrund von Personalmangel und aus Kostengründen Tendenzen, vor allem
Konstruktionsarbeiten und die Umsetzung kreativer Ingenieurideen in funktionstüchtige Maschinen und
Anlagen in das benachbarte Ausland zu verlagern.
17
Konzentrationsprozess zur Bildung verhältnismäßig großer Unternehmenseinheiten
geführt hat. Ein Beispiel für eine solche Branche ist die Stahlbranche. Die in diesen
Bereichen tätigen Großkonzerne nehmen die stagnierenden oder rückläufigen
Aufträge wahr und versuchen, neue, zukunftsträchtige Geschäftsfelder zu besetzen.
Dies zeigt sich z. B. daran, dass alteingesessene Stahl- oder Metallkonzerne in
Telekommunikationsnetze und Hochtechnologiefelder investiert haben und die
traditionellen Industriebereiche teilweise ausgliedern.
Strukturwandel in den Traditionskonzernen
Der traditionsreiche ThyssenKrupp-Konzern arbeitet heute nicht mehr überwiegend
im Bereich Stahlerzeugung, sondern bietet Aufzüge, Produktionssysteme,
Komponenten, Service-Dienstleistungen und Engineering an. Die Preussag hat sich
innerhalb von zehn Jahren aus dem Anlagen- und Schiffbau sowie der Stahl- und
Metall-erzeugung zurückgezogen und einen Touristikbereich aufgebaut.
Quelle: ThyssenKrupp 2000; BMWI 2000
3.6. Synergieeffekte durch Konzentrationsprozesse
Fusionen und Übernahmen beherrschen seit einiger Zeit die Nachrichten und
Pressemeldungen. Internationale Automobilhersteller, nationale und internationale
Energieproduzenten, Stahlunternehmen und Chemiekonzerne fusionieren zu weltweit
agierenden multinationalen Unternehmen. Sie produzieren weltweit und setzen ihre
Produkte global ab. Für diese Entwicklungen, an denen auch deutsche Firmen
beteiligt sind, gibt es unterschiedliche Ursachen:

Bei etlichen Industrieprodukten, z. B. Fahrzeugen, besteht eine Unterauslastung
der weltweiten Kapazitäten. Dementsprechend sind die betroffenen Unternehmen
an der Erschließung neuer Märkte für den Absatz ihrer Produkte interessiert.
Allianzen versetzen sie in die Lage, den Zugang zu diesen Märkten zu erlangen.
Gegebenenfalls dringen sie in diese Märkte auch durch den Erwerb von Teilen der
dort ansässigen Unternehmen ein.

Ein weiteres Motiv ist die Besetzung von Marktsegmenten, die die Unternehmen
bislang nicht oder nur in geringem Umfang bedienen. Anstatt selbst enorme Investitionen für den Aufbau eigener Kapazitäten zu tätigen, nutzt man hierbei die
Erfahrungen und das Know-how des Partners bzw. des Beteiligungsunternehmens.

Des Weiteren ist der FuE-Aufwand, den die Unternehmen in technologisch weit
fortgeschrittenen Märkten betreiben müssen um weitere Innovationen zu erzielen,
außergewöhnlich hoch. Durch eine Zusammenlegung der Ressourcen lassen sich
vielfältige Skalen- und Verbundvorteile realisieren (z. B. Plattformengineering). Der
Zweck der Fusion ist damit letztlich eine Senkung der Produktionskosten.

Durch gemeinsames Auftreten auf den Faktormärkten lassen sich zudem
Synergieeffekte erzielen. Die Abnahmemengen für bestimmte Rohstoffe,
Zulieferprodukte, Maschinen und Anlagen vergrößern sich und somit können
Rabatte sowie günstige Lieferbedingungen verhandelt werden.
18

Politische Entscheidungen bestimmen heute maßgeblich über Marktöffnungen,
Ausfuhrmöglichkeiten und Investitionsvorhaben. Internationale Konzerne sind
insofern in vielfältiger Weise von politischen Entscheidungen abhängig. Durch das
Erreichen einer bestimmten Unternehmensgröße ergibt sich für die Unternehmen
auch die Möglichkeit, einen stärkeren Einfluss auf politische Prozesse auszuüben.
Nicht
nur,
dass
bei
der
Unterhaltung
von
Lobbyvertretungen
Kostendegressionseffekte realisiert werden können, sondern es wird auch die
Wahrnehmung des Unternehmens von Seiten der Politik wird gesteigert.
Kenndaten der 20 größten, in Deutschland produzierenden Industrieunternehmen
Unternehmen
DaimlerChrysler AG
Volkswagen
AG
Siemens AG
Branche
Automobil, Luftund Raumfahrt,
Dienstleistungen
Automobilindustrie
Umsatz Auslands- Beschäfti JÜ 1999
Großaktionär/ Eigentümer
1999
Anteil
gte
(Mio. DM)
(Mio. DM)
1999
1999
(in%)
293.345
81,1
466.938
11.238,0 Deutsche Bank (rd.12%), Emirat Kuwait
(rd. 7%)
147.013
67,8
306.275
1.651,0
Land Niedersachsen (18,64%)
134.134
73,0
443.000
3.648,0
Siemens Vermögensverwaltung (6,48%)
Veba AG
Elektronik u.
Elektrotechnik
Mischkonzern
103.473
49,3
131.602
5.218,0
RWE AG
Energie
75.133
27,6
155.576
2.247,2
BMW AG
Automobil,
Motorräder
67.284
73,2
114.952
-4.864,0
Thyssen-Krupp Investitionsgüter,
AG
Werkstoffe,
Autmobilzulieferun
g, Dienstleistung
63.325
63,0
184.770
538,0
BASF AG
Chemie
57.644
74,0
104.628
2.419,4
Robert Bosch
GmbH
Bayer AG
Elektrotechnik
54.579
66,0
194.889
900,0
Chemie, Pharma
53.433
70,0
120.400
3.947,0
Mannesmann
AG
Viag AG
Telekommunikatio
n
Energie,
Telekommunikatio
n, Chemie,
Verpackung,
Aluminium
Touristik, Logistik,
Industrie
45.502
53,8
130.860
972,0
Vodafone Air Touch (99%)
38.113
56,0
81.809
497,0
32.273
76,0
79.142
676,0
Adam Opel AG Automobilindustrie
32.000
55,7
42.317
-81,0
Audi AG
29.624
54,0
45.800
412,0
Freistaat Bayern (15,1%), Bayerische
Hypo- und Vereinsbank AG, München
(10,1%), HI-Vermögensverwaltung
(10,5%), Allianz (5,9%), VEBA AG,
Düsseldorf 10,0%, Streubesitz: 48,4%
West LB über GEV Gesellschaft für
Energie- und Versorgungswerte mbH (über
25%)
General Motors Corporation, Detroit/USA
(100%)
Volkswagen AG (99,01%)
RWE-DEA AG Mineralöl/
Petrochemie
RAG AG,
Bergbau,
Essen
Technologie
26.700
22,7
10.117
462,0
RWE AG, Essen (100%)
26.698
24,7
101.770
330,6
MAN AG
25.927
67,5
66.838
725,0
VEBA AG (37,1%), BGE
Beteiligungsgesellschaft für
Energieunternehmen mbH (100% VEW
AG), mittelbar über Société Nouvelle
Sidéchar (30,2%), Thyssen Stahl AG
(12,7%), Montan-Verwaltungsgesellschaft
mbH (davon Krupp Hoesch Stahl AG 79% /
VEBA AG 21%) (10%),
Verwaltungsgesellschaft RAG-Beteiligung
mbH (10%)
Regina-Verwaltungsgesellschaft mbH,
München, (Allianz-Holding, AllianzLebensversicherung AG, Commerzbank
AG, Münchener
Rückversicherungsgesellschaft je 25%) zu
Preussag AG
Automobil
Maschinenbau,
Nutzfahrzeuge,
Industrielle
Dienstleistung,
Druckmaschinen,
Allianz AG (13,32%), RW Holding AG
(12,1%)
Johanna Quandt (16,7%), Stefan Quandt
(17,4%), Susanne Klaten (12,5%),
Dresdner Bank (5%)
AKBH-Stiftung (17,36%), IFIC Holding
AG/IFIC (7,69%), TBV (7,00%), Fritz
Thyssen Stiftung (4,96%), WestLB
(1,68%), Fonds und Banken im Inland
(18,70%), Fonds und Banken im Ausland
(23,80%), Privatanleger (16,00%),
Sonstige (2,81%)
Allianz Versicherungs-AG (10,44%)
Robert Bosch Stiftung GmbH (92%)
Allianz ca. 5%, Streubesitz 95%
19
Dieselmotoren
Ford-Werke
AG
Automobil
mehr als 25%
25.894
72,0
42.087
-434,2
Ford Motor Company, Dearborn,
Mich./USA (99,8%)
Quelle: Die Welt 2000b
Zur Zeit ist noch kein eindeutiger Trend erkennbar, der darauf schließen lässt, dass
deutsche Industrieunternehmen in überdurchschnittlichem Umfang ausländische
Unternehmen aufkaufen bzw. umgekehrt vor allem aufgekauft werden. Bei Käufen und
Verkäufen
zeichnet
sich
eher
ein
Gleichgewicht
ab,
erklärbar
mit
Globalisierungstendenzen und einer auf wenige Kernkompetenzen ausgerichteten
Unternehmensstrategie.
3.7. Bedarf an Beschäftigten mit neuen Qualifikationen steigt
Die industrielle Produktion erfordert durch die gestiegene FuE- und Technikintensität
zunehmend den Einsatz höher qualifizierter Beschäftigter. Somit hat sich auch der
Anteil an höher qualifizierten Beschäftigten im Zeitablauf verändert.
Qualifikationsstruktur der Beschäftigten in der Industrie verändert sich
Der Anteil von Hochqualifizierten (Uni/FH-Absolventen) und insbesondere von
Naturwissenschaftlern und Ingenieuren an der Gesamtbeschäftigung steigt seit 1990
kontinuierlich an. 1998 lag der Anteil der Hochschulabsolventen im Verarbeitenden
Gewerbe bei 6,8%. Höher fiel dieser Proporz nur im Kredit- und
Versicherungsgewerbe (9,3%) und bei den unternehmensnahen Dienstleistungen
(15,6%) aus. Insgesamt überdurchschnittlich zeigen sich hier auch der
Maschinenbau (9,2%), der Kraftfahrzeugbau (9,0%), der Luftfahrzeugbau (20,9%),
die Elektrotechnik (14,9%), die Optik (10,9%), die Chemie (12,9%) und der EDVBereich (23,0%). Bei den Naturwissenschaftlern und Ingenieuren ist der Anteil der
Industrie mit 4,1% der Gesamtbeschäftigung insgesamt überdurchschnittlich;
Tendenz ebenfalls steigend.
Quelle: BMBF 2000a, S. VI f.
In nahezu allen Industriebereichen werden deshalb zur Zeit Fachkräfte gesucht. Dabei
ist den Angaben der Industrieunternehmen zufolge der Bedarf auf dem Arbeitsmarkt
bereits heute nicht mehr zu decken. Insbesondere IT-Fachleute, Naturwissenschaftler
und Ingenieure sind Mangelware.
Bedarf an qualifizierten Beschäftigten steigt
Als Indiz für den gestiegenen Bedarf kann die Zahl der an die Arbeitsämter
gemeldeten offenen Stellen gelten. Der Jahresdurchschnitt an gemeldeten offenen
Stellen für Ingenieure, Chemiker, Physiker und Mathematiker lag 1996 bei 5.848.
Für 1999/2000 lag dieser Durchschnitt bei 12.200. Im Jahresdurchschnitt waren 1997
durchschnittlich über 100.000 Menschen mit diesen Qualifikationen arbeitslos
gemeldet. Im Jahresdurchschnitt 1999/2000 waren es nur noch knapp 84.000.
Schätzungen zufolge fehlen allein im IT-Bereich 250.000 Experten. Dem stehen
jährlich etwa 45.000 bis 65.000 neu ausgebildete Fachkräfte gegenüber.
Quelle: Der Tagesspiegel 2000
20
Die Ursache dafür ist nicht, wie die Unternehmen selbst betonen, die Qualität der
Ausbildung, sondern die unzureichende Zahl von qualifizierten Arbeitssuchenden. Zu
den Fähigkeiten, die die Mitarbeiter neben ihrer fachlichen Qualifikation aufweisen
sollten, gehören u.a. Sprachkenntnisse, Teamfähigkeit und betriebswirtschaftliche
Kenntnisse.
3.8. Strukturwandel und industrielle Neugründungen
Die deutsche Industrie hat seit dreißig Jahren eine Netto-Abnahme der
Unternehmenszahl zu verzeichnen. In vielen Branchen haben Konkurse,
Betriebsaufgaben
und
Unternehmenszusammenschlüsse
stattgefunden.
Selbstverständlich hat es im industriellen Bereich auch Neugründungen (z. B.
Biotechnologieunternehmen wie Evotec) gegeben. Diese konnten den Rückgang der
Unternehmenszahl jedoch nicht aufhalten.
Industrielle Neugründungen und Stilllegungen
Im Verarbeitenden Gewerbe gab es 1999 insgesamt 36.997 Gewerbeanmeldungen.
Diese Gesamtzahl beinhaltet jedoch die Neuerrichtung von Zweigniederlassungen
bzw. unselbständigen Zweigstellen, sonstige Neuerrichtungen, Zuzüge aus anderen
Meldebezirken
sowie
Übernahmen.
Bereinigt
man
die
Zahl
der
Gewerbeanmeldungen um die genannten Bereiche, erhält man die Zahl der echten
Neuerrichtung von Hauptniederlassungen in Höhe von 11.636. Hierin ist neben
den Gründungen des Handwerks- und handwerksähnlichen Gewerbes die Zahl der
neuen Industrieunternehmen enthalten.
Den Gewerbeanmeldungen standen insgesamt 37.298 Gewerbeabmeldungen
gegenüber. Da Stilllegungen von Zweigniederlassungen bzw. unselbständigen
Zweigstellen, Verlagerungen (in andere Meldebezirke), teilweise und vollständige
Aufgaben (Verkauf, Verpachtung, Erbfolge) von weiter bestehenden Betrieben in
dieser Gesamtzahl enthalten sind, muss auch hier eine Bereinigung vorgenommen
werden. Die Zahl der Stilllegung von Hauptniederlassungen betrug 7.840;
enthalten sind Handwerks- und Industrieunternehmen.
Quelle: Statistisches Bundesamt 2000b
Die Neugründung von Industrieunternehmen war somit eher die Ausnahme als die
Regel. Dennoch gibt es eine Branche, in der ein nennenswertes
Gründungsgeschehen
zu
beobachten
ist.
Die
Entdeckung
biound
gentechnologischer Verfahren hat das Entstehen eines neuen Industriezweiges
ermöglicht.
Bio- und Gentechnologieunternehmen
In den Jahren 1998 und 1999 wurden rund 100 solcher Unternehmen gegründet. Die
Gesamtzahl beläuft sich damit auf etwa 280. Die Branche beschäftigt in etwa 8000
Arbeitnehmer und setzte gut 1 Mrd. DM um. Mehr als 60 Prozent des Umsatzes wird
in die Forschung investiert.
Quelle: Ernst & Young 2000
21
22
3.9. Technologieführerschaft durch Forschung und Entwicklung
Deutschland ist im internationalen Vergleich rohstoffarm, Löhne, Steuern und
Abgaben weisen ein sehr hohes Niveau auf und die Regelungsdichte ist ebenfalls sehr
hoch. Unter solchen Voraussetzungen sind wettbewerbsfähige Angebote an
Industriegütern nur unter zwei Bedingungen möglich. Die erste ist die bereits
angesprochene Automatisierung, mit der man die Kostenposition verbessert. Die
zweite betrifft die technische Ausstattung der Produkte bzw. deren Innovationsgehalt.
Mit technologisch fortgeschrittenen Produkten, die mehr Komfort, Sicherheit, höchste
Qualität oder völlig neue Eigenschaften aufweisen, kann man in Konkurrenz zu
preiswerten Massengütern treten. Industrien in hochentwickelten Ländern können auf
diese Weise ihre Vorteile in Form eines hohen technischen Wissensstandes,
ausgeprägten FuE-Aktivitäten und einer hohen Qualifikationsstruktur bei den
Beschäftigten nutzen.
Die Industrie ist auf das Angebot höherwertiger Technik spezialisiert
Industriegüter und –branchen lassen sich nach ihrer Forschungsintensität
klassifizieren, d.h. nach dem Verhältnis der FuE-Ausgaben zum Produktionswert.
Man erhält dann eine Einteilung der produzierten Güter bzw. der Branchen in
hochwertige (Spitzentechnologie), höherwertige, durchschnittliche und geringwertige.
Im internationalen Vergleich ist die deutsche Industrie auf höherwertige Güter
(Maschinen- und Fahrzeugbau, Industriechemikalien, Elektrotechnik) spezialisiert,
d.h. in diesem Bereich sind die meisten Patente angemeldet, werden die meisten
Exportüberschüsse erzielt und es fällt ein Großteil der FuE-Ressourcen darauf. Eine
ähnliche Spezialisierung weisen Frankreich, Italien und die Schweiz auf.
Spitzentechnik stellen vor allem Japan, die USA und das Vereinigte Königreich her.
Quelle: BMBF 2000a, S. 77 ff.
Um sich diese Vorteile zu erhalten, betreiben Industrieunternehmen einen erheblichen
Aufwand. In Forschungs- und Entwicklungsabteilungen entwickeln sie ständig neue
Ideen, Produkte und Anwendungen, die ihnen die Wettbewerbsvorsprünge der Zukunft
sichern. Aber auch in den Institutionen der Gemeinschaftsforschung sowie öffentlichen
Forschungseinrichtungen lassen sie Forschungsaufträge bearbeiten.
Die FuE-Aufwendungen der Industrie
Insgesamt gaben die Unternehmen im Jahre 1999 75,7 Mrd. DM für Forschung und
Entwicklung aus, davon 63,3 Mrd. DM in den Unternehmen selbst. Allein 71,6 Mrd.
DM (95%) entfielen auf das Verarbeitende Gewerbe, also den Kernbereich der
Industrie. Fast 44 Prozent dieser Aufwendungen wurden allein vom Fahrzeugbau
getragen. Knapp zwanzig Prozent entfielen auf die Chemische Industrie. Weitere 20
Prozent wurden von der Elektro-, Feinmechanischen und Optischen Industrie
aufgebracht.
Einen ähnlich hohen Beitrag leistet die Industrie in der Beschäftigung von FuEPersonal. Von den 288.000 Forschern und Technikern, die 1998 im gesamten
Wirtschaftssektor tätig waren, entfielen 268.240 auf das Verarbeitende Gewerbe.
Allein der Fahrzeugbau beschäftigte 80.900 Personen im FuE-Bereich, die Elektro-,
Feinmechanische und Optische Industrie zusammen 74.363, die Chemische
Industrie 48.970 und der Maschinenbau 38.079.
23
Quelle: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft 2000, S. 18 ff.
Die Ergebnisse der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen werden meist in
innovative Produkte, seltener in neue Verfahren umgesetzt. Dabei handelt es sich
vielfach um echte Neuentwicklungen; diese werden jedoch von den
Weiterentwicklungen bisheriger Produkte und Verfahren geringfügig übertroffen.
Wichtige technologische Entwicklungen
- Optische Technologien
Optik, Optoelektronik und Lasertechnik, auch allgemein als Optische Technologien
oder moderner als Photonik bezeichnet, haben sich bereits in den vergangenen
Jahrzehnten als Querschnitts- oder Schlüsseltechnologien etabliert. Im englischen
Sprachraum spricht man noch weiter gehend von „Enabling Technology“, um damit
zu verdeutlichen, dass diese Technologien Grundlage und Voraussetzungen für
andere technologische Entwicklungen sind. Betrachtet man Zukunftsfelder wie
Informationsund
Kommunikationstechnologie,
Gesundheitswesen
und
Biowissenschaften, Beleuchtung, Energie und Umwelt oder die industrielle Fertigung,
so stellt man fest, dass sie in erheblicher Weise von Optik und Lasertechnik
beeinflusst werden. Die Optischen Technologien werden in allen diesen Feldern zu
neuen Produkten und Verfahren führen und einen zunehmenden Einfluss auf
Technologie, Wissenschaft und Medizin bekommen (Litfin 1999; Lenkungskreis
Optische Technologien für das 21. Jahrhundert 2000, S. 1).
- System-Biotechnologie
Zur System-Biotechnologie können im Hinblick auf Produkte wie Systeme und
Technik für die Medizin oder Systeme in Kommunikation mit Biogewebe, Organe und
Organismen eine Vielzahl von Einzeldisziplinen gerechnet werden. Hierzu zählen die
Mikrosystemtechnik,Mikroelektronik, Signalverarbeitung, Sensorik/Aktorik,
Medizintechnik, Neuro-Informatik, Bioinformatik, Robotik, Biomaterialforschung,
Systembiologie sowie Wirkstofftherapiesysteme (Pohl 2000, S. 16).
3.10. E-Commerce-Anwendungen in der Industrie – Die Verbindung der
Old Economy mit der New Economy
Geschäftsprozesse werden heute zunehmend elektronisch abgewickelt. Während
Online-Bestellungen über das Internet im Konsumbereich (B2C) heute bereits
Standard sind, steht die Interaktion zwischen den Unternehmen (B2B) noch am
Anfang. Diesem Bereich werden jedoch die größten Wachstumsaussichten attestiert.
Nach Einschätzung der Boston Consulting Group werden im Jahr 2000 in Deutschland
über elektronische Marktplätze vermutlich Umsätze von bis zu 350 Mrd. DM getätigt
(ECIN 2000, S. 3). Gegenwärtig sind insbesondere die eMarketplaces von
besonderem Interesse, über die die Unternehmen einen großen Teil ihrer
Transaktionen abwickeln werden.
Im B2B-Commerce präsentieren sich die Unternehmen nicht nur als Ein- oder
Verkäufer. Ziel ist auch, eine große Zahl von Anbietern und Nachfragern miteinander
24
in Verbindung zu bringen, um die Produktionskosten zu senken. Darüber hinaus sind
Effizienzsteigerungen beabsichtigt, die durch eine bessere Zusammenarbeit über die
ganze Wertschöpfungskette hinweg realisiert werden können.
25
Formen des B2B
Die Online-Verbindungen zwischen Unternehmen werden im allgemeinen als
Marktplätze bezeichnet. Man unterscheidet hierbei verschiedene Typen des OnlineAustauschs zwischen Unternehmen. Trifft man eine Unterscheidung nach dem
Marktplatzbetreiber, so lassen sich der Third-party Exchange (eine dritte Partei 
häufig ein B2B-Start-up  besitzt und betreibt einen Marktplatz, ohne selbst als
Handelspartner aufzutreten), der Consortia-led Exchange (der Markt wird gemeinsam
von Industrieunternehmen und Technologiepartnern betrieben) und der
Privat/Proprietary Exchange (der Austausch wird von einem großen Unternehmen
organisiert) unterscheiden.
Quelle: ECIN 2000
Die elementare Veränderung durch die Informations- und Kommunikationstechnik ist,
dass dort eingespeiste Informationen, also Markt- und Firmendaten für die Teilnehmer
stets frei verfügbar sind und ohne größeren Zeitverzug ausgetauscht werden sowie
Transaktionen durchgeführt und veranlasst werden. Infolgedessen werden die Märkte
insgesamt transparenter, d.h. auch bislang von Informationen abgeschnittene
Marktteilnehmer können sich – vergleichsweise leicht - einen Überblick verschaffen.
Grundsätzlich kommt es dabei zu einer Reduzierung der Kosten für die Nutzung des
Marktmechanismus, d.h. der Transaktionskosten (Such-, (Vertrags-)Anbahnungs-,
Verhandlungs- und Anpassungskosten). Daraus folgt aber auch, dass viele
Unternehmen, die Informationsvorsprünge vermarktet haben, ihre Existenzgrundlage
verlieren. Des Weiteren sind Unternehmen gefährdet, deren Angebot nur deshalb
weiter angenommen wurde, weil den Nachfragern Informationen über
Alternativangebote nicht zur Verfügung standen. Als generelles Problem kommt hinzu,
die relevanten, aktuellen und belastbaren Informationen aus der unüberschaubaren
Datenmenge zu selektieren.
Internet - wettbewerbsrelevante Fragen für die Unternehmen
1. Welche Informationsvorsprünge des Unternehmens gehen verloren?
2. Welches firmeneigene Wissen wird frei verfügbar?
3. Welche Informationen sollen in das Netz eingespeist werden?
4. Wie sollen die verfügbaren Informationen selektiert werden?
5. Welche wettbewerbsbezogenen Veränderungen entstehen für das Unternehmen?
Als zweite, elementare Veränderung ist die Möglichkeit zu nennen, sich an
Internetportalen und Intranetzen zu beteiligen. Zu den Informations- und
Kommunikationsanwendungen kommen hier Interaktionsmöglichkeiten zwischen
Unternehmen hinzu. Das bedeutet, die organisatorischen wie technischen Abläufe im
Unternehmen und eventuell auch vor- und nachgelagerte Bereiche an die Datennetze
anzubinden.
Portale und Intranetze – das Entscheidungsproblem der Unternehmen
1. Wozu dienen Internetplattformen?
2. Wozu dienen Intranetze?
3. Soll/muss sich das Unternehmen an Internetportalen oder Intranetzen beteiligen?
4. Welche Veränderungen ergeben sich für die Supply-Chains?
26
5. Wird es zu einer weiteren Auslagerung kommen?
In der Praxis haben sich bereits zahlreiche Internetportale und Intranetze
herausgebildet. Gerade die Industrie hat damit begonnen, die Angebote der New
Economy für ihre Zwecke zu nutzen. Mehr und mehr Industrieunternehmen beteiligen
sich an Internetmarktplätzen oder gründen neue.
e-ChemLogistics als Beispiel für einen elektronischen Marktplatz
Bei e-ChemLogistics handelt es sich um einen elektronischen Logistikmarktplatz für
die chemische und chemienahe Industrie. Gegründet wurde das Portal von der
Bayer AG, der Infracor GmbH (Degussa Hüls Gruppe) und der Infraserve GmbH.
Ausschlaggebend für das Engagement der Firmen war die Tatsache, das die
Chemieunternehmen mit den in den herkömmlichen Internetmarktplätzen
angebotenen Logistikleistungen nicht zufrieden waren. Das Leistungsspektrum von
e-ChemLogistics bietet deshalb nicht nur die Möglichkeit den Einkauf und das
Angebot von Logistikleistungen elektronisch abzuwickeln bzw. zu präsentieren,
sondern auch die Abwicklung von Transporten, die Vermittlung von
Lagerdienstleistungen,
Planung
und
Betrieb
von
Distributionssystemen,
Berücksichtigung chemiespezifischer Anforderungen (z. B. Gefahrgutproblematik,
außenwirtschaftsrechtliche Beschränkungen) und logistische Zusatzleistungen (z. B.
Sendungsverfolgung, Carrier Rating, Reporting von Logistikkennzahlen). Ziel der
Teilnehmer ist es, die Beschaffung kostengünstiger zu gestalten, ihre Kapazitäten
besser auszulasten und schließlich ihre Absätze zu erhöhen. Außerdem fällt es in
Zukunft leichter, ein Matching von Logistikanbietern und –nachfragern zu erreichen.
ENX als Beispiel für ein Intranetz
Da sich bestehende (Internet-)Kommunikationsstrukturen als zu starr, zu isoliert und
insgesamt zu teuer erwiesen haben, um den wachsenden Material- und
Informationsfluß in der Automobilindustrie bewältigen zu können, hat die
Automobilindustrie (BMW, Bosch, DaimlerChrysler, Ford, Opel, Siemens,
Volkswagen und Volvo) das European Network Exchange (ENX) ins Leben
gerufen. Es handelt sich dabei um ein virtuelles privates Netzwerk (Virtual Private
Network auf IP-Basis), in dem eine universelle Kommunikation möglich ist und
Verschlüsselung, Authentifizierung und Vertraulichkeit garantiert sind.
ENX wurde in einer deutschen Pilotphase von den Automobilherstellern Audi, BMW,
DaimlerChrysler und VW im Praxiseinsatz erprobt. Seitens der Zulieferer waren
Bosch, Behr, Dräxlmaier, Freudenberg und Hella beteiligt. Die getesteten
Anwendungen sind CA-Conferencing für verteilte Produktentwicklung, Filetransfer
auf Basis von OFTP (Odette File Transfer Protocol), Web Applikationen (CAD, EDI)
unter Einsatz von Browser- und Java-Technologie mit direktem Zugriff auf Produkt-,
Bestell-, Finanzdaten über Unternehmensgrenzen hinweg. Im nächsten Schritt
werden auf ENX weitere e-Business-Module, wie digitale Signatur und
Anwendungsdienste zur Verfügung gestellt.
Quelle: ENX 2000
27
4. Bewertung des Standorts Deutschland aus Sicht der
Industrieunternehmen
Ein Industriestandort lässt sich anhand von Kriterien wie Potenziale des Zuliefer- und
Absatzmarkts, Kosten der Einsatzfaktoren, Potenziale des Arbeitsmarktes, Regelung
der Arbeitsbeziehungen, staatliche Rahmenbedingungen und Potenziale der
Infrastruktur bewerten. Nimmt man eine solche Bewertung für Deutschland vor, ergibt
sich ein differenziertes Bild.
Standortfaktor
Zuliefermarkt
Absatzmarkt
Kosten der Einsatzfaktoren
Potenziale des Arbeitsmarktes
Regelung der Arbeitsbeziehungen
staatliche Rahmenbedingungen
Potenziale der Infrastruktur
Bewertung
Rohstoffe und Vorleistungen
(insbesondere produktionsnahe
Dienstleistungen) positiv/haushaltsnahe
Dienstleistungen negativ
Investitionsgüter positiv/für Gebrauchsund Verbrauchsgüter negativ
Arbeitskosten negativ/Kapitalkosten
positiv
Ausbildung positiv/(Fach-)Arbeitskräfteangebot zu gering
Regelungen zu starr
Steuern (insb. Ökosteuern) negativ/Bürokratiebelastung negativ/Administration
negativ/Rahmenbedingungen weitgehend
verlässlich
Forschungsinfrastruktur positiv/Bildungsinfrastruktur reformbedürftig/Verkehrsinfrastruktur verbesserungsbedürftig
Das Bild, das die Industrieunternehmen von den Rahmenbedingungen in Deutschland
haben, ist wie folgt zu beschreiben. Generell bemängelt wird der unzureichend flexible
Arbeitsmarkt und das Steuersystem. Diesbezüglich hat der Standort Deutschland im
Vergleich zu anderen Ländern an Boden verloren. Als ganz besonderes Problem wird
derzeit der Mangel an ausgebildeten Fachkräften angesehen. Es fehlen vor allem
Naturwissenschaftler und Ingenieure, die die bevorstehenden Forschungs-,
Entwicklungs- und Serviceaufgaben in den Industrieunternehmen bewältigen. Dabei
wird nicht die Qualität der Hochschulausbildung in Frage gestellt, sondern die
Quantität der Absolventen. Gerade die Qualität der Absolventen stellt nach Auffassung
der Unternehmer einen Standortvorteil dar. Ein Teil der Unternehmer ist sogar der
Meinung, dass der Standort Deutschland nicht so schlecht ist, wie er häufig dargestellt
wird. Für eine weitgehend oder vollständig automatisierte Fertigung gibt es ihres
Erachtens kaum einen besseren Standort, weil man die notwendigen Ressourcen
vorfinde und die Bedingungen verlässlich seien.
28
5. Industriepolitik
Eine deutsche Industriepolitik mit einer von der Regierung bzw. der Administration
festgelegten speziellen Zielsetzung, wie dies z.B. in Frankreich und Japan zumindest
in der Vergangenheit der Fall war, existiert nicht. Versteht man unter Industriepolitik
allerdings genereller die Förderung des industriellen Sektors, so lassen sich in
Deutschland durchaus Politikansätze und – maßnahmen finden, die man dem
industriepolitischen Instrumentarium zuordnen kann. Traditionsgemäß setzt die
Bundesregierung in erster Linie auf eine rahmensetzende, den Unternehmen aller
Sektoren gleichermaßen zugute kommende Wirtschaftspolitik. Auch wenn dieser
wettbewerbs- und standortorientierte Ansatz in den letzten Jahren nicht in dem
wünschenswerten Umfang umgesetzt werden konnte, sind doch einige positive
Deregulierungsvorhaben erwähnenswert, wie z. B. die Liberalisierung des
Telekommunikationsmarktes und die Reform der deutschen Bundespost. Diese
Maßnahmen haben Bewegung in das Preisgefüge und die Serviceorientierung
gebracht und somit auch die Kostenposition der Industrieunternehmen im
internationalen Vergleich etwas verbessert. Darüber hinaus ergaben sich
Möglichkeiten, die liberalisierten Märkte mit innovativen Industrieprodukten zu
bedienen (Beispiel: Mobiltelefone).
Zweitens vergibt die Bundesregierung Subventionen, um Strukturen zu erhalten bzw.
die Konkurrenz- und Anpassungsfähigkeit von Unternehmen an veränderte
Marktbedingungen zu verbessern. Beispiele hierfür sind der Bergbau und die Werften,
wobei der überwiegende Teil der Mittel in den Steinkohlebergbau fließt.
Subventionen an die gewerbliche Wirtschaft
Von den 22,5 Mrd. DM, die im Jahre 2000 aus dem Bundeshaushalt an die
gewerbliche Wirtschaft (ohne Verkehr) in Form von Beihilfen oder
Steuervergünstigungen gezahlt werden, entfallen 8,3 Mrd. DM (36,9%) auf die
Unterstützung des deutschen Steinkohlebergbaus. 4,5 Mrd. DM (20%) betreffen die
Ausnahmeregelungen der Ökologischen Steuerreform, fast ebensoviel wird im
Rahmen der regionalen Strukturförderung gewährt. Knapp 3,9 Mrd. fließen in die
Mittelstandsförderung. 334 Mio. DM erhält der Schiffbau, 260 die Luftfahrt und 74 der
Bereich Stahl. Schließlich stehen 242 Mio. DM für die Technologieförderung bereit.
Hinzuzurechnen wären noch die Finanzhilfen und Steuervergünstigungen der Länder
und Gemeinden, die ERP-Finanzhilfen und die Marktordnungsausgaben der EU.
Quelle: Deutscher Bundestag 1999 (17. Subventionsbericht der Bundesregierung)
Drittens werden den Strukturwandel fördernde Maßnahmen durchgeführt. Von der
Unterstützung von Großprojekten wie dem geplanten Bau des A380 bis hin zur
Förderung von erneuerbaren Energien existiert eine Fülle von Maßnahmen.
Insbesondere werden aus dem Bundeshaushalt 16,2 Mrd. DM für die
Forschungsförderung ausgegeben.
29
Tabelle: Forschungsförderung in Deutschland 2000
Förderbereich
Trägerorganisationen; Umstrukturierung der Forschung im Beitrittsgebiet;
Hochschulbau und überwiegend hochschulbezogene Sonderprogramme
Großgeräte der Grundlagenforschung
Meeres- und Polarforschung; Meerestechnik
Weltraumforschung und Weltraumtechnik
Energieforschung und Energietechnologie
Umweltgerechte, nachhaltige Entwicklung
Forschung und Entwicklung im Dienste der Gesundheit
Forschung und Entwicklung zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen
Informationstechnik (einschl. Multimedia und Fertigungstechnik)
Biotechnologie
Materialforschung; physikalische und chemische Technologien
Luftfahrtforschung und Hyperschalltechnologie
Forschung und Technologie für Mobilität und Verkehr (einschl. Verkehrssicherheit)
Geowissenschaften und Rohstoffsicherung
Raumordnung und Städtebau; Bauforschung
Forschung und Entwicklung im Ernährungsbereich
Forschung und Entwicklung in der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei
Bildungsforschung
Innovation und verbesserte Rahmenbedingungen
Fachinformation
Geisteswissenschaften; Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Strukturelle / innovative (Querschnitts-)maßnahmen/ Übrige Querschnittsaktivitäten
Zivile Förderbereiche zusammen
Wehrforschung und –technik
Ausgaben insgesamt
Mio. DM
3.342,6
1.099,1
276,6
1.426,4
834,4
1.108,0
840,9
99,5
1.096,5
506,2
744,2
234,6
168,7
79,8
99,2
71,1
237,8
157,0
800,4
20,4
495,4
762,5
14.281,3
2.568,0
16.849,3
Quelle: BMBF 2000b, S. 464 ff.
Schließlich ist auf die industrierelevanten, rahmensetzenden Maßnahmen der
Europäischen Union hinzuweisen. Zu erwähnen sind etwa die Dienstleistungs- und
Niederlassungsfreiheit, die europäische Kartellpolitik sowie die Liberalisierung des
öffentlichen Auftragswesens. Hinzu kommt, dass die Europäische Kommission durch
eine restriktive Beihilfepolitik zunehmend den industriepolitischen Handlungsspielraum
der nationalen Regierungen einschränkt, wie das Beispiel der Schiffbausubventionen
zeigt. Ein besonderes Augenmerk richtet die Kommission bei ihren Zukunftsüberlegungen auf die Technologiepolitik, die sie als Teil der Industriepolitik versteht.
Mittlerweile ist das 6. Forschungsrahmenprogramm in Planung.
6. Zwischenergebnis: heutige Bedeutung der Industrie
1. Die Industrie ist durch ihren Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Beschäftigung und
Wertschöpfung nach wie vor von immenser Bedeutung für die Wirtschaft in der
Bundesrepublik Deutschland. Sie ist das wichtigste Glied in der
Wertschöpfungskette bei der Erstellung von Sachgütern. Ohne die Präsenz von
industriell gefertigten Güter ergeben viele erbrachte Dienstleistungen keinen Sinn.
Die industrielle Produktion wird deshalb ihren Stellenwert als Quelle des
Wohlstands nicht verlieren.
30
2. Die Industrie sorgt mittelbar über ihre Vorleistungsnachfrage (Outsourcing,
Auslagerung) für Unternehmensgründungen und Beschäftigungszuwächse im
Dienstleistungssektor, aber auch in der New Economy. Viele der neuen
Möglichkeiten, die die Informations- und Kommunikationstechnik bietet, finden im
industriellen Sektor Anwendung und dienen damit der Produktion von
Industriegütern. Im Übrigen rüstet die Industrie die Anwender der IuK-Technik mit
den entsprechenden Produkten aus.
3. Die abnehmende Beschäftigung und die verringerte Wertschöpfung der Industrie
sind Ausdruck einer Entwicklung hin zu einer effizienten Arbeitsteilung zwischen
Industrieunternehmen und Dienstleistern. Die Industrie trennt sich dabei von
Prozesselementen, in denen sie keine Kernkompetenz hat, und die Dienstleister
bündeln dadurch die Nachfrage und erzielen auf diese Weise Skalenerträge. Dies
führt zu einer kostengünstigeren Produktion bzw. Erstellung in beiden Sektoren.
4. Die Substitution von manueller Arbeit durch Maschinen (Automatisierung) ist vor
dem Hintergrund hoher Arbeitskosten effizient. Aber auch die Qualitätssicherung
lässt sich auf diesem Wege verbessern. Schließlich entstehen bei den Zulieferern
der Automatisierungstechnik neue, hochqualifizierte und zukunftsfähige
Arbeitsplätze.
5. Die weiter voranschreitende Globalisierung wird von den Industrieunternehmen
erkannt und bewältigt. Dabei sorgt die Importkonkurrenz für die Realisierung von
weiteren
Kostensenkungspotenzialen
und
der
in
Wachstumsregionen
aufkommende Bedarf für zusätzliche Exportchancen. Produktionsverlagerungen in
das Ausland werden weiter voranschreiten. In einigen Branchen wird es einen
Trend dahingehend geben, dass bei den Unternehmen in Deutschland die
Organisation, Steuerung, Forschung und Entwicklung und schließlich der Vertrieb
angesiedelt bleiben, während die gesamte Fertigung im Ausland stattfindet.
Entscheidend für Verlagerungen werden die Lohnkosten, die Steuern, die
Transportkosten, die Verfügbarkeit von Ressourcen und die Verlässlichkeit der
Produktionsbedingungen an den jeweiligen Standorten sein.
6. Die Nachfragepräferenzänderungen auf den heimischen Märkten motivieren die
Industrieunternehmen zu Anpassungen an neue Trends und zur Einführung von
(technologisch) innovativen Produkten.
7. Die Industrieunternehmen überprüfen ihre Wertschöpfungsketten und optimieren
ihre selbst erstellten fertigungsbezogenen Dienstleistungen, weil dort
Kostensenkungspotenziale bestehen. Durch Bündelung und organisatorische
Veränderungen werden diese Potenziale ausgeschöpft.
8. Produktbegleitende Dienstleistungen sind der Schlüssel zu einer erhöhten
Kundenorientierung und werden damit zu entscheidenden Wettbewerbsvorteilen.
Da die Kunden immer häufiger an Komplettangeboten interessiert sind, gehen die
Industrieunternehmen auf diese Wünsche ein. Die Dienstleistungen werden von
den Unternehmen selbst, zunehmend aber auch durch Tochterunternehmen oder
Kooperationspartner in Netzwerken erstellt.
9. Industrieunternehmen sind in zunehmendem Maße auf Fachkräfte angewiesen.
Um die anstehenden Veränderungen bewältigen zu können, müssen sie ihren
Bedarf schnellstmöglich decken. Ausbildung, Praktikaangebote und Kontakte zu
31
Hochschulen und Forschungseinrichtungen werden zu entscheidenden Faktoren
im Wettbewerb um den qualifizierten Nachwuchs.
10. In der Industrie wird die Konzentration zunehmen. Die anstehenden
Veränderungen erfordern einerseits vielfach das Überschreiten einer
Mindestunternehmensgröße, wenn sie als global player auftreten, d.h. den
Weltmarkt bedienen und der Importkonkurrenz trotzen müssen. Insbesondere
kleine und mittlere Unternehmen, die die kritische Masse nicht erreichen, sind
durch Aufkaufversuche von ihren Wettbewerbern bedroht. Andererseits müssen
sich Management und Struktur der Unternehmen an die Veränderungen anpassen.
Vor allem Familienunternehmen, die kurz vor der Übergabe an die nächste
Generation stehen oder dies schon bewältigt haben, werden mit
Übernahmeangeboten konfrontiert. Andererseits bleiben hochspezialisierte und
innovative mittelständische Unternehmen auch weiterhin wettbewerbsfrei, selbst
auf globalen Märkten.
7. Die Zukunft der Industrie in Deutschland
7.1. Grundlagen der Prognose
Grundlegende Erkenntnis 1: Die Verfügbarkeit von Industriegütern bildet die
Grundvoraussetzung für ein modernes Leben
Ausgangspunkt der folgenden Ausführungen ist eine grundlegende Erkenntnis. Ein
modernes Leben ist – trotz der steigenden Nachfrage nach Dienstleistungen - ohne
den Gebrauch und die Verwertung physischer Produkte undenkbar. Konsumenten
fragen die verschiedensten Sachgüter in zum Teil großen Mengen nach. Solange
sich an diesen materiellen Bedürfnissen nichts ändert, muss es industrielle
Produktion unterschiedlichster Art geben. Ihr Ende ist somit weder abzusehen noch
möglich.
Grundlegende Erkenntnis 2: Dienstleistungs- und Wissensgesellschaften sind
auf industrielle Produktion angewiesen, umgekehrt gilt dies jedoch auch. Ein
Gegensatz zwischen Old und New Economy existiert nicht.
Die industrielle Fertigung ist direkter Bestandteil aller Wertschöpfungsprozesse,
deren Ergebnis ein Sachgut ist. Darüber hinaus ist sie indirekter Bestandteil aller
Wertschöpfungsprozesse, während deren Verlauf Sachgüter eingesetzt werden
müssen, unabhängig davon, ob das Ergebnis eine Dienstleistung, ein Sachgut oder
sogar Wissen ist. Daraus folgt, dass nicht nur Industrie-, sondern auch reine
Dienstleistungs- und Wissensgesellschaften einen Bedarf an industriell gefertigten
Gütern aufweisen. Und dies sowohl zur Deckung ihrer materiellen Grundbedürfnisse,
als auch zur Erstellung ihrer Produkte.
Andererseits sind Industriegesellschaften auf Wissen und Dienstleistungen
angewiesen. Wettbewerbsfähige Industrieprodukte lassen sich nur unter
Verwendung modernsten Wissens und innovativer Dienstleistung herstellen und
vermarkten.
32
33
Grundlegende Erkenntnis 3: Die quantitativ-statistische Bedeutung der Industrie
wird weiter abnehmen; ihre qualitative Bedeutung bleibt unverändert hoch.
Geht man davon aus, dass sich die vergangenen und heute erkennbaren Trends und
Entwicklungen so fortsetzen wie bisher, wird die statistisch festzustellende
quantitative Bedeutung der Industrie in Zukunft geringer. Die Frage ist jedoch, ob
eine isolierte Betrachtung der Industrie vor dem Hintergrund ihres Stellenwerts in den
Wertschöpfungsprozessen noch sinnvoll und zeitgemäß ist. Eine Differenzierung der
Wirtschaft nach Sektoren ermöglicht zwar eine detaillierte Analyse einzelner
Teilbereiche und kann wichtige Hinweise für die Unternehmen, die Wissenschaft und
die Politik liefern. Doch suggeriert diese Betrachtungsweise, dass diese Segmente
unabhängig von anderen Wirtschaftszweigen nebeneinander existierten und darüber
hinaus auch isoliert lebensfähig seien.
Der moderne Wertschöpfungsprozess, sei das Ergebnis nun ein Industriegut, eine
Dienstleistung oder Wissen, erfordert aber den Einsatz von industriell gefertigten
Gütern und Dienstleistungen. Insofern ist der Gegensatz zwischen Industrie und
Dienstleistungen künstlich, für die Analyse der zukünftigen Perspektiven nicht
dienlich und damit unerheblich. Industrielle Produktion und Dienstleistungen sind die
zwei Seiten der gleichen Medaille.
Unerheblich ist auch, ein Unternehmen nach dem Schwerpunkt seiner Betätigung industrielle Produktion oder die Erstellung von Dienstleistungen – als Industrie- oder
Dienstleistungsunternehmen zu bezeichnen. Für die zukünftige Perspektive ist es
vielmehr wichtig, dass am Ende eines Wertschöpfungsprozesses ein Produkt steht,
das dem Kunden den Nutzen stiftet, den er sich erwünscht. Ebenfalls unerheblich ist
es, welchen Anteil die industrielle Produktion an der im Produkt enthaltenen
Wertschöpfung hat. Fehlt sie gänzlich, liegt eben kein Sachgut vor.
7.2. Deutsche Wirtschaft verfügt über komparative Vorteile bei der
Produktion von Industriegütern
Nimmt man die abgeleiteten Grunderkenntnisse als gegeben an, ist festzustellen, dass
Deutschland auf industrielle Güter weder heute, noch in Zukunft verzichten kann. Im
Gegenteil werden z. B. durch die Bedürfnisse nach Mobilität, Kommunikation und
Information weit höhere technische Ansprüche an Industrieprodukte gestellt als bisher.
Dienstleistungs- und Wissensgesellschaften können Industriegüter nicht durch
Dienstleistungen substituieren. Vielmehr besteht eine komplementäre Beziehung
zwischen Industriegütern und Dienstleistungen.
Zu fragen ist lediglich, ob die Fertigung industrieller Güter im gleichen Ausmaß weiter
in Deutschland stattfinden wird bzw. die industriellen Kerne am Standort Deutschland
eine Zukunft haben. In global miteinander verflochtenen Volkswirtschaften werden sich
zunehmend Arbeitsteilungen herausbilden.
Solche Arbeitsteilungen lassen sich im internationalen Außenhandel deutlich
erkennen. Betrachtet man z. B. die Verflechtung des Außenhandels zwischen
34
Deutschland und den Vereinigten Staaten, so fällt auf, dass Deutschland einerseits in
größerem Umfang Industriegüter in die USA exportiert und andererseits
Dienstleistungen von dort importiert. Insgesamt ist der Saldo der deutschen
Handelsbilanz bei Industriegütern seit Jahren positiv, bei Dienstleistungen dagegen
negativ.
Somit zählt Deutschland im internationalen Vergleich zu den Ländern, die sich im
Rahmen der globalen Arbeitsteilung auf Industriegüter spezialisiert haben, wobei
anspruchsvolle Waren dominieren.
Es drängt sich die Frage auf, ob Deutschland in Zukunft weniger Industriegüter
produziert und sie stattdessen einführt sowie mehr Dienstleistungen erstellt und
ausführt. Dies wird ganz wesentlich davon abhängen, ob es weiteren
Volkswirtschaften – wie es beispielsweise bei Japan und Südkorea der Fall war gelingt, vergleichbare Industriegüter wie die deutsche Wirtschaft zu produzieren.
Einfache Produkte mit geringem Innovations- und Technikgehalt werden bereits heute
von den Schwellenländern gefertigt und häufig zu konkurrenzlosen Preisen exportiert.
Daraus folgt aber noch nicht zwangsläufig, dass deutsche Unternehmen die
Weltmärkte ausschließlich mit intelligenten, höherwertigen und innovativen
Sachgütern beliefern können oder sich auf höherwertige Dienstleistungen verlegen
müssen. Es kommt vielmehr zusätzlich darauf an, ob die deutsche Wirtschaft über
einen komparativen Vorteil bei der Produktion solcher Produkte verfügt.
In einer sich dynamisch weiter entwickelnden und zunehmend durch Handel und
Direktinvestitionen verflochtenen Weltwirtschaft lässt sich dies nur unter bestimmten
Voraussetzungen vorhersagen. In den Schwellenländern und aufstrebenden
Industrienationen verändert sich die Leistungsfähigkeit dahingehend, dass auch sie
mittlerweile Effizienzvorteile im Bereich der mittleren bis höherwertigen
Technologiegüter realisieren. Und da Deutschlands Position aufgrund hoher Preise
infolge gestiegener Produktionskosten gefährdet ist, muss sich die Industrie auf die
kapitalintensive, automatisierte Produktion neuer hochwertiger Industriegüter sowie
auf komplementäre produktbegleitende und marktorientierte Dienstleistungen
ausrichten. Hier liegt die größte relative Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.
Wenn es ihr gelingt – vieles spricht dafür -, das darin liegende Potenzial
auszuschöpfen, werden in Deutschland weiterhin Industriegüter produziert, die der
Bevölkerung ein hohes Wohlstandsniveau sichern.
7.3. Produktionsrahmenbedingungen werden die Zukunft der Industrie
entscheidend beeinflussen
Das Ausschöpfen des Leistungspotenzials hängt zunächst von den Unternehmen
selbst ab. Sie müssen sich an die Marktveränderungen anpassen, da nur sie wissen,
welche Wünsche und Ansprüche ihre Kunden an die Produkte stellen. Die weiter oben
abgeleiteten allgemeinen Entwicklungstendenzen lassen deutlich erkennen, dass die
Industrieunternehmen die Anpassung entsprechend vorantreiben.
35
Die maßgeblichen unternehmerischen Voraussetzungen für eine zukunftsfähige
Industrie sind:
- Unternehmergeist
- die effiziente Organisation und Beherrschung der Wertschöpfungsprozesse
- eine optimale Arbeitsteilung zwischen den am Wertschöpfungsprozess
beteiligten Unternehmen
- die Bildung von Netzwerken und Allianzen
- der effiziente Einsatz intelligenter, produktionsnaher Dienstleistungen im
Wertschöpfungsprozess
- die Kundenorientierung durch den Einsatz produktbegleitender
Dienstleistungen
- die Nutzung des technologischen Potenzials aus Forschung und Unternehmen
- die konsequente Umsetzung von technologischen Neuerungen in marktfähige
Produkte
- die Wahrnehmung unternehmerischer Chancen auf den Weltmärkten
Der stattfindende Wandel setzt jedoch die Verfügbarkeit von produktionsrelevanten
Ressourcen voraus. Sind sie in ausreichender Menge verfügbar, können die
Industrieunternehmen ihre Produktion effizient organisieren und innovative Lösungen
adäquat umsetzen.
Die notwendigen Ressourcen für eine zukunftsfähige Industrie sind:
- ausreichend Kapital (Zugang zu den Kapitalmärkten)
- leistungsfähige Infrastrukturen (Administrations-, Informations-, Kommunikations-,
und Verkehrsnetze)
- ausreichend Personal (adäquat ausgebildet, flexibel, leistungsfähig und
leistungsbereit)
- ausreichende Produktionsmittel (Rohstoffe, Technologien, IuK-Technik, Software)
- relevantes Wissen (Forschungsergebnisse, Produktions-Know-how, Marktdaten)
- industriefreundliche Standorte (Gewerbeflächen, einfache
Genehmigungsverfahren, moderate Auflagen, Akzeptanz)
Einen entscheidenden Einfluss auf die unternehmerischen Voraussetzungen und die
Verfügbarkeit
von
Ressourcen
üben
die
vom
Staat
beeinflussbaren
Rahmenbedingungen aus. Nur wenn die Unternehmen in der Lage sind, z. B. die
Wertschöpfungsprozesse effizient zu gestalten, werden sie die notwendigen
Anpassungen vornehmen können.
36
Die notwendigen staatlichen Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige
Industrie sind:
- die Förderung des Wettbewerbs und des Freihandels
- eine anreizkompatible Steuergesetzgebung
- ein flexibilititätsgarantierendes Arbeitsrecht
- eine anreizkompatible Sozialgesetzgebung
- die adäquate Ausbildung des Humankapitals
- eine bedarfsorientierte Einwanderungspolitik
- die Bereitstellung leistungsfähiger Infrastrukturen
- die Förderung der Entstehung und Verbreitung von Forschungsergebnissen
- die Bereitstellung von Gewerbeflächen
- die Organisation einer leistungsfähigen Administration
- die Gewährleistung verlässlicher Regelungen
Sind die Rahmenbedingungen entsprechend gesetzt, ist die Verfügbarkeit der
Ressourcen gewährleistet und die unternehmerische Initiative kann sich entfalten.
Unter diesen Umständen wird der deutschen Industrie eine positive Zukunft
gewiss
sein.
Daran
wird
zwangsläufig
auch
der
produktionsnahe
Dienstleistungssektor profitieren.
7.4. Defizite staatlicher Rahmenbedingungen
- Wettbewerb und Freihandel
Deutschlands
Wirtschaft
wird
immer
noch
durch
eine
Reihe
von
Wettbewerbsbeschränkungen benachteiligt. Ein besonders plastisches Beispiel dafür
liefert der Energiemarkt. Strom und Gas werden trotz der Liberalisierung noch nicht zu
Wettbewerbspreisen an die Verbraucher geliefert. Dies führt dazu, dass deutsche
Industrieunternehmen zu höheren Energiekosten produzieren als ausländische
Wettbewerber.
Den Ministern der WTO-Mitgliedstaaten ist es bislang nicht gelungen, eine
umfassende Verhandlungsrunde einzuleiten. Die Notwendigkeit einer solchen Runde
besteht, da die WTO als einzige internationale Institution in der Lage ist, den
wachsenden weltweiten Außenwirtschaftsverkehr in allseits akzeptierte Regeln
einzubinden, die allen Beteiligten die gleichen Rechte des Marktzugangs garantieren.
- Steuergesetzgebung
Der Bundesrat hat am 14. Juli 2000 die Steuerreform verabschiedet, die
Steuerentlastungen von etwa 60 Milliarden Deutsche Mark bringt. Obwohl dadurch
insbesondere die Kapitalgesellschaften Vorteile erzielen, kann man davon ausgehen,
dass die ertragsteuerliche Durchschnittsbelastung der meisten tatsächlich Steuern
zahlenden Personenunternehmen schon nächstes Jahr trotz Gewerbesteuer mehr
37
oder weniger deutlich unter 35 Prozent liegen wird. Je mehr Steuern bisher gezahlt
werden mussten, desto größer ist die Ersparnis durch die Reform.
Große oder gewinnstarke Personenunternehmen werden jedoch besonders belastet.
Die Ungleichbehandlung der Personen- gegenüber den Kapitalgesellschaften ist
ökonomisch
zweifelhaft.
Es
macht
keinen
Unterschied,
ob
eine
Personenunternehmung oder eine Kapitalgesellschaft umstrukturieren und
Veräußerungsgewinne reinvestieren will.
- Arbeitsrecht
Das Arbeitsrecht ist als Arbeitnehmerschutzrecht konzipiert. Das hat seine Richtigkeit,
soweit ein Mindeststandard wie z. B. der Schutz vor Ausbeutung, Willkür oder
Persönlichkeitsrechtsverletzungen von Arbeitnehmern gewährleistet werden soll. Ob
dies angesichts des Fachkräftemangels in der Industrie vordringlich ist, sei
dahingestellt.
Weder unter Schutzaspekten noch als organisations- und wirtschaftsrechtliches
Ordnungsinstrument ist das Arbeitsrecht zur Zeit leistungsfähig, soweit es seine
Reaktionsfähigkeit auf Abweichungen vom Leitbild des Vollzeitarbeitnehmers mit
Lebensberuf betrifft. Die Tendenz, das Arbeitsrecht auch auf atypische, sich
wandelnde sowie Übergangssituationen anzuwenden, verkennt die Tatsache, dass es
auch außerhalb des Arbeitsrechts Schutzmechanismen bei unvollkommenen
Verträgen und folglich Ungleichgewichtslagen gibt.
Beispielhaft negativ sind die Regulierungen des vergangenen Jahres, die Neuregelung
der 630-DM-Jobs, das Gesetz zur Scheinselbständigkeit und die Rücknahme der
Reform des Kündigungsschutzes. Der beabsichtigte Schutz des Arbeitnehmers wird
damit nicht erreicht, aber die damit einhergehende Belastung der Unternehmen
verhindert eine höhere Beschäftigung. Flexiblere Beschäftigungsverhältnisse
erleichtern die Neueinstellung und sind wirksamer als viele artifizielle
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.
Eine auf Kundenorientierung und Innovationen ausgerichtete Unternehmenspolitik
erfordert Mitarbeiter, die in zeitlicher sowie räumlicher Hinsicht außerordentlich flexibel
sind. Tätigkeiten in der Produktion und produktbegleitende, aber auch
produktionsbezogene Dienstleistungen müssen vielfach „rund um die Uhr“ und jeden
Tag verfügbar sein. Da die Mitarbeiter vielfach ausgesprochene Spezialisten sind und
„ihr“ Projekt betreuen, sind sie nicht beliebig zu ersetzen. Insofern können
Sonntagsarbeitsverbote und durch Tarifverträge festgeschriebene Arbeitszeiten einen
optimalen Service stark beeinträchtigen. In Forschung und Entwicklung sind feste, eng
begrenzte Arbeitszeiten kontraproduktiv.
- Sozialgesetzgebung
Die Notwendigkeit sozialer Sicherung aller Menschen gegen Risiken von Krankheit,
Alter, Erwerbsunfähigkeit und Pflegebedürftigkeit ist in einer sozialen Marktwirtschaft
weitgehend unbestritten. Gleichwohl muss das Verhältnis zwischen Eigenvorsorge
und staatlicher Sicherung immer wieder überprüft werden. Und gerade hier zeigt sich,
dass die staatlich verordneten Sicherungssysteme u. a. durch mangelnde Anreize zur
Eigenvorsorge bei gleichbleibenden Leistungen langfristig nicht finanzierbar sind. Die
Konsequenz der Einbindung von Arbeitnehmern in gesetzlich vorgeschriebene
38
Sicherungssysteme ist eine beträchtliche Kostenbelastung der Industrieunternehmen,
zumal dann, wenn nicht nur eine Grundsicherung, sondern eine am erreichten
Lebensstandard orientierte Sicherung angestrebt wird.
- Einwanderungspolitik
Die deutsche Industrie ist aufgrund des herrschenden Mangels an Fachkräften, der
sich in absehbarer Zeit nicht durch Inländer beseitigen lässt, auf mobile und
qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen. Der geltende Anwerbestopp,
der die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte behindert, ist deshalb unzeitgemäß
und ein Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen. Insofern braucht
Deutschland wie die meisten entwickelten Volkswirtschaften eine moderne, am Bedarf
der Unternehmen ausgerichtete Einwanderungspolitik.
- Infrastrukturausstattung
Das bundesdeutsche Straßennetz wird den Anforderungen bereits seit längerem nicht
mehr gerecht. Dies belegen tägliche Stauungen, Verspätungen und Umwegverkehre.
Für die Industrieunternehmen ergibt sich daraus die Konsequenz, die
Transportbedingungen nicht mehr kalkulieren zu können. Transporte mit LKWs auf
Straßenverkehrswegen sind zur Zeit unverzichtbar, da der Straßengüterverkehr
bezüglich Flexibilität, Schnelligkeit und Pünktlichkeit besser abschneidet als die Bahnund Binnenschifffahrttransporte. Engpässe zeichnen sich zudem beim Flugverkehr ab,
denn die Kapazitäten der Flughäfen werden nicht schnell genug an die wachsende
Nachfrage angepasst.
Zudem ist die aktuelle Lage im Eisenbahnverkehr aus verkehrs- und
wettbewerbspolitischer
Sicht
unbefriedigend.
Im
höherwertigen
Schienenpersonennahverkehr konnten Newcomer bis heute nicht Fuß fassen. Im
Schienengüterverkehr besetzen NE-Bahnen allenfalls Marktnischen.
- Gewerbeflächen
In kommunalen Stadtentwicklungskonzepten werden die Belange der Unternehmen
vernachlässigt. Die Standortbedingungen vor allem für flächenintensive und emittierende Industrieunternehmen werden zunehmend schwieriger. Durch eine restriktive
Planungs- und Auflagenpolitik werden Investitionen erschwert. Überzogene
Begrünungskonzepte schränken eine flexible Grundstücksnutzung ein. In verdichteten
Gebieten schwindet die Planungs- und Investitionssicherheit. Selbst die
Vorabunterrichtung der Unternehmen wird häufig nicht mehr für nötig befunden.
- Forschung und Technologie
Die
Forschungsabteilungen
der
Unternehmen
und
die
öffentlichen
Forschungseinrichtungen
produzieren
Forschungserkenntnisse
in
kaum
überschaubarem Ausmaß. Die breite und differenzierte Forschungsinfrastruktur in
Deutschland bietet auf praktisch allen Wissens- und Technikfeldern leistungsfähige
Potenziale. Viele Ergebnisse spitzentechnologischer Forschung haben ihren Ursprung
in Deutschland (z. B. Computer, Faxtechnik).
Das größte Manko liegt vor allem darin, dass das Wissen, auch wenn man einen
Vorsprung hat, vielfach nicht genutzt werden darf bzw. die Nutzung behindert oder
39
nicht gefördert wird (Kernenergie, Gentechnik, Transrapid etc.). Insbesondere das
Beispiel Gentechnik zeigt symptomatisch, auf welchem Wege Deutschland den
Anschluss an die internationale Spitze, aber auch in der ökonomischen Nutzung
verloren hat und jetzt mühsam wieder aufholen muss.
So war zur Mitte der achtziger Jahre nicht nur die amerikanische
Biotechnologieindustrie in der Lage, Humaninsulin auf gentechnischem Wege
herzustellen, sondern auch die deutsche Höchst AG. Bis man ihr allerdings die
Produktion genehmigte, vergingen fast zehn Jahre. Im Unterschied zu den USA, wo
Genehmigungen unter Beachtung strengster Regeln und Auflagen, nicht zuletzt
aufgrund des dort geltenden Haftungsrechts, seitens der Behörden zeitig erteilt
wurden, brauchte man in Deutschland Jahre zum Erlass eines Gentechnikgesetzes,
wobei während dieses Zeitraums keine Anlagen betrieben werden durften.
Darin zeigt sich der bei Paradigmenwechseln – und darum handelt es sich bei der
Gentechnik - vollkommen hilflose deutsche Ansatz. Die Intention des
Gentechnikgesetzes ist es, die Bevölkerung vor den Risiken dieser Technik zu
schützen. Folglich war es die Aufgabe des Gesetzgebers, die Risiken zu evaluieren
und durch die Kodifizierung von Auflagen für die Betreiber der Anlagen zu vermeiden.
Hierbei zeigte sich allerdings, dass die Administration mit einer solchen Aufgabe
vollkommen überfordert war, denn das technische Know-how befand sich in den FuEAbteilungen der Unternehmen und in der Wissenschaft.
Nachdem
eine
lange
gesellschaftspolitische
und
wissenschaftliche
Auseinandersetzung stattgefunden hatte, brachte erst die Gentechniknovelle 1993 den
Durchbruch. In den USA begann dieser Prozess bereits 1975 mit der Ausarbeitung der
NIH-Richtlinien und endete 1987 mit dem Erlass von Vorschriften über die Freisetzung
von genetisch veränderten Pflanzen. Während dieses Zeitraums gab es allerdings
kein Moratorium, sondern es wurden bereits Genehmigungen erteilt.
- Fachkräftemangel
Der festzustellende Mangel an Fach- und Arbeitskräften ist nur bedingt auf die zu
geringe Zuwanderung in Deutschland zurückzuführen. Immerhin verfügt Deutschland
über eine größere Reserve an potenziellen Arbeitskräften. Abgesehen von fehlenden
Anreizen, einer Tätigkeit nachzugehen – die Gründe liegen in einer verfehlten
Sozialgesetzgebung, im Steuerrecht etc. -, ist eine der Hauptursachen die mangelnde
Anpassungsfähigkeit des deutschen Bildungssystems.
Bereits das Grundthema „Wirtschaft“ wird in Deutschland nur von einigen wenigen
Schulen ausreichend behandelt, obwohl dieses Themenfeld heute eine
Selbstverständlichkeit sein müsste. Denn nur die intensive schulische
Auseinandersetzung mit diesem Grundthema schafft die erforderlichen
Voraussetzungen dafür, dass sich ein breiter Teil der Gesellschaft auch mit den
spezifischen Bedingungen der Industrie auseinandersetzen kann. Die „Halbwertzeit“
erworbenen Wissens sinkt rapide; die Schulen bereiten jedoch auf lebenslanges
Lernen nur unzulänglich vor und motivieren selten zu eigenständigem Handeln im
Erwerbsleben.
Schein und Wirklichkeit des „deutschen“ Abiturs, das seinem Anspruch nicht mehr
gerecht wird, driften immer weiter auseinander. Junge Menschen mit dem derzeitigen
Abitur in ein Studium oder die Berufswelt zu entlassen, ist unverantwortlich. Nicht erst
40
durch die internationalen Vergleichsstudien oder Mahnungen von Unternehmen und
Professoren hat der Ruf des Abiturs gelitten.
Auch im Hochschulsektor bestehen Defizite bei der Vermittlung der fachlichen
Fähigkeiten, die für eine Tätigkeit in einem Industrieunternehmen die
Grundvoraussetzung sind. Während die Wirtschaft bei Hochschulabsolventen
zunehmend Wert auf persönlichkeitsbildende Schlüsselqualifikationen legt, unter
denen Team-, Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit, Mobilität, Kundenorientierung
und unternehmerisches Denken und Handeln an besonders exponierter Stelle stehen,
beschränken zu viele Hochschulen ihren Auftrag noch immer auf die Herausbildung
von Spezialisten.
8. Handlungsempfehlungen
8.1. Allgemeine Rahmenbedingungen
Aus dem Rückgang der Beschäftigung in der Industrie den Schluss zu ziehen, es
handele sich um einen stagnierenden Wirtschaftssektor, den man vernachlässigen
kann, ist verfehlt. Dabei wird verkannt, dass ein immer größeres Volumen an
Industrieprodukten von immer weniger Beschäftigten erstellt wird. Die Industrie hat
ihre Produktivität gesteigert. Sie ist damit dem Grundprinzip ökonomischen Denkens
gefolgt, die gegebenen Ressourcen effizient einzusetzen.
Auch gibt der Rückgang der Beschäftigung in der Industrie generell keinen Anlass zur
Sorge. Erstens gilt die Hypothese vom „Ausgehen“ der Arbeit seit langem als überholt.
Und zweitens entstehen im Dienstleistungssektor qualifizierte und zukunftsfähige
Arbeitsplätze, weil die Industrie Leistungen auslagert bzw. extern bezieht. Daraus
ergibt sich die eindeutige Erkenntnis, dass eine Vernachlässigung der Old Economy
zum Entzug der Wachstumsbasis der New Economy führt. Die Industrie liefert zum
einen die Technologien und Produkte, die in der Dienstleistungs- und
Wissensgesellschaft benötigt werden. Zum anderen sind zahlreiche Dienstleistungen,
aber auch Wissen, nur dann nutzbringend, wenn sie in der industriellen
Wertschöpfungskette eingesetzt werden können. Somit kann eine vernünftige
Standortpolitik, die allen Unternehmen zugute kommt, zu mehr Wachstum und
Beschäftigung, besonders im tertiären Sektor, führen. Eine Politik, die
Industrieunternehmen benachteiligt, wird zweifelsohne genau das Gegenteil zur Folge
haben. Deshalb sollte die Bundesregierung die folgenden Handlungsempfehlungen
umsetzen.
- Energieversorgung
Als Bestandteile eines zukunftsorientierten und nachhaltigen Energiekonzepts
sollte/sollten die Öffnung der Strommärkte fortgesetzt, die Öffnung der Gasmärkte
vorangetrieben, die Kernenergie als Zukunftsenergie weiter genutzt, die
Steinkohlebeihilfen sozial verträglich abgebaut, die wettbewerbsfähige Braunkohle
weiter genutzt, die erneuerbaren Energien unter der Voraussetzung limitierter Beihilfen
weiter ausgebaut, das Schutzgesetz für Kraft-Wärme-Kopplung abgeschafft, die
Beihilfen für erneuerbare Energien und KWK-Anlagen ausgeschrieben, die Ökosteuer
abgeschafft und die Bemühungen zur Energieeinsparung weiter vorangetrieben
werden.
41
- Steuergesetzgebung
Gefordert werden Nachbesserungen bei der Unternehmensbesteuerung. Dies gilt für
die Gleichbehandlung der Personenunternehmen mit Kapitalgesellschaften bei der
Besteuerung von Veräußerungsgewinnen, die reinvestiert werden sollen. Des
Weiteren sollte sich jeder aktive Unternehmer in seinem Unternehmen durch die
Bildung von Pensionsrückstellungen eine betriebliche Altersversorgung aufbauen
können. Für die Personenunternehmen sollte es eine noch stärkere Abflachung des
Einkommensteuertarifs in der Progressionszone und eine Absenkung des
Höchststeuersatzes in die Nähe von oder unter 40 Prozent geben.
- Arbeitsrecht
Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Arbeitsmarkt nicht mehr durch weitere
Regulierungen zu belasten, sondern endlich deutliche Impulse für mehr Flexibilität zu
setzen. Dies ist neben einer geringeren Lohnkostenbelastung für die Unternehmen
das wichtigste Kriterium für mehr wettbewerbsfähige Arbeitsplätze. Das Recht auf
Teilzeit und die Einschränkung der befristeten Beschäftigungsverhältnisse schränken
besonders die mittelständischen Industrieunternehmen in ihrer Anpassungsfähigkeit
ein und schaden ihrer Wettbewerbsfähigkeit .
Insbesondere der Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit führt in vielen kleinen und
mittleren Unternehmen zu unnötigen Verunsicherungen. So ist bislang völlig unklar, in
welchen Fällen ein Teilzeitwunsch mit Hinweis auf betriebliche Gründe wirksam
abgewiesen werden kann. Das nunmehr gesetzlich verankerte Recht auf Teilzeit stellt
deshalb nicht nur einen Eingriff in die Vertragsfreiheit dar. Es erschwert auch unnötig
die betriebliche Organisation, wenn ein Arbeitnehmer mit nur dreimonatiger
Ankündigungsfrist seine Arbeitszeit grundsätzlich beliebig reduzieren kann.
Jedoch
sind
auch
die
Unternehmen
selbst
aufgefordert,
ihre
Flexibilisierungsmöglichkeiten noch stärker zu nutzen. Besonders eine flexiblere
Arbeitszeit ist geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken.
Bislang werden überwiegend traditionelle Formen wie Jahresarbeitskonten oder
Gleitzeit mit Kernzeit genutzt. Moderne Varianten wie Lebensarbeitskonten oder
Telearbeit sind hingegen noch zu wenig verbreitet.
Auch die geplanten Änderungen im Betriebsverfassungsgesetz würden den Standort
Deutschland zusätzlich belasten: Mehr Kosten, mehr Bürokratie, aber auch weniger
Demokratie für die Beschäftigten wären die Folge. Gerade kleine und mittlere
Unternehmen würden unter den Kostensteigerungen leiden, die insbesondere mit der
Ausweitung der Freistellungsregelung für Betriebsratsmitglieder und der Vergrößerung
der Betriebsräte verbunden sind. Vor allem aber eröffnen zusätzliche
Mitbestimmungsmöglichkeiten z. B. bei Gruppenarbeit oder auch bei den Themen
Qualifizierung und Umweltschutz weitere Möglichkeiten der Einflussnahme von
Gewerkschaftsseite.
- Sozialgesetzgebung
Notwendig ist eine umfassende Reform, um die Zukunftsfähigkeit der Altersvorsorge
zu sichern. Die Beitragssätze müssen unter der 20-Prozent-Marke stabilisiert werden.
Notwendig dazu ist eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit durch späteren
Renteneintritt und früheren Berufsstart. Das Fehlen eines Konzeptes zur Verlängerung
42
der Lebensarbeitszeit insbesondere ist eine entscheidende Schwachstelle des
aktuellen Reformvorhabens. Auch das Rentenniveau muss stärker reduziert werden,
als das im Konzept der Bundesregierung vorgesehen ist. Die gesetzliche
Rentenversicherung kann künftig nur eine beitragsfinanzierte Basissicherung sein. Die
kapitalgedeckte Altersvorsorge ist durch die generelle Einführung einer
nachgelagerten Besteuerung zu stärken. Gleichzeitig sollte die Wahlfreiheit bei den
Anlageformen gewährleistet werden. Die geplanten Vorschriften sind hingegen zu
kompliziert und zu bürokratisch. Die vorgesehene Einführung von beitragsorientierten
Pensionsfonds stellt einen richtigen Schritt dar, erleichtert sie doch mittelständischen
Unternehmen den Einstieg in die betriebliche Altersversorgung. Eine parallele Reform
der Beamtenversorgung ist aus Gründen der Gleichbehandlung erforderlich – nicht
zuletzt durch einen Abschlag beim Versorgungsniveau und eine höhere
Pensionierungsgrenze.
In der Krankenversicherung sollte der Wettbewerb zwischen den Leistungsanbietern,
aber auch die individuelle Verantwortung der Versicherten gestärkt werden.
- Infrastrukturpolitik
Im Straßenverkehr sind Erneuerungs- und Ausbaumaßnahmen erforderlich, wobei
eine Finanzierung der Bundesfernstraßen über eine entfernungsabhängige Gebühr
abgelehnt wird. Im Eisenbahnverkehr sollte mehr Wettbewerb eingeführt werden.
- Forschungspolitik
Generell sind staatlich gelenkte Investitionen in Forschung abzulehnen. Mehr als ein
Impulsgeber kann der Staat zumindest bei der Zuwendung von FuE-Fördermitteln an
die Wirtschaft nicht sein. Im marktnahen Bereich muß der Staat von
wirtschaftslenkenden Finanzzuwendungen aus Steuermitteln abstinent bleiben. Hier
hat er durch Schaffung innovationsfreundlicher Rahmenbedingungen auf breiter Front
und Flankierung der Innovations- und Exportbemühungen der Wirtschaft bis hin zu
einer innovativen öffentlichen Beschaffung ein breites Betätigungsfeld, dem er sich
verstärkt widmen sollte.
Weitgehende Zurückhaltung ist bei lenkenden Instrumenten der Innovationsförderung
zu üben. Die klassische Projektförderung mit über 10.000 Einzelprojekten stößt an ihre
Grenzen, wenn der Staat die Projektziele definiert und anschließend abarbeiten lässt.
Die Fähigkeit zur flexiblen Förderung innovativer Ansätze geht dadurch verloren. Auch
ist die Effizienz der direkten Projektförderung zu hinterfragen, wenn öffentlich
geförderte Forschungsprojekte nach Auslauf der Förderphase „in der Schublade“
verschwinden. Daher sollte bereits vor der Bewilligung von Projektförderungen dem
Aspekt konsistenter Verwertungsstrategien größere Bedeutung beigemessen werden.
Neue Richtlinien wie die „NKBF’98“ tragen diesem Prinzip Rechnung. Grundsätzlich
wird ein Mix aus direkten und indirekten FuE-Fördermaßnahmen in Abhängigkeit von
der spezifischen Problemsituation als richtig angesehen.
Die Orientierung der Projektförderung an strategisch angelegten Leitprojekten ist ein
richtiger und bereits erprobter Weg der Innovationsförderung. Es wird dafür plädiert,
auch weiterhin mit begrenzten Mitteln Impulse durch Ideenwettbewerbe zu geben.
Eine Verengung der Themenfelder und Schwerpunkte auf „sozial-ökologische
Umweltforschung“ wäre dabei ein volkswirtschaftlich schädlicher Weg. Auch die starke
Orientierung auf erneuerbare Energien und Energieeinsparung (100.000-Dächer-
43
Programm) sind eher Markteinführungshilfen und dirigistische Steuerung als eine
wettbewerbskonforme Technologieförderung.
Abseits finanzieller Fördermaßnahmen muss die Politik dafür Sorge tragen, dass es
sich für deutsche wie für ausländische Investoren betriebswirtschaftlich wieder lohnt,
verstärkt in Innovationen am Standort Deutschland zu investieren. Dazu sollte die
Bundesregierung ein stärkeres Augenmerk auf die Globalisierung legen. Das
generelle FuE-Engagement deutscher Unternehmen im Ausland nimmt schneller zu
als die FuE-Kapazitäten ausländischer Unternehmen in Deutschland.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Güte eines Innovationsstandortes nicht
allein nach den FuE-Aufwendungen bemisst. Beispiele für Innovationshemmnisse sind
aus der Sicht internationaler Unternehmen die starren Arbeitszeitregelungen für
Forscher,
schleppende
Genehmigungsverfahren
für
Neuund
Erweiterungsinvestitionen in Forschung und Produktion wissensintensiver Güter, die
Gefahr der „Nachbesserung“ bei bereits genehmigten Anlagen, fehlende Infrastruktur
für bestimmte Phasen der Entwicklung, z. B. in der klinischen Forschung usw.
Die nationalen und europäischen Regulierungssysteme müssen innovationsorientiert
gestaltet werden. Alle innovationsrelevanten Rahmenbedingungen sind auf den
Prüfstand zu stellen und daraufhin auszuleuchten, ob sie Innovationen Impulse geben
oder im Wege stehen. Angesichts des globalen Wettbewerbs müssen am Standort
Deutschland durch rigorose Überprüfung und ggf. Abschaffung einschlägiger
gesetzlicher
Vorschriften
wettbewerbskonforme
Investitionsund
Innovationsbedingungen herbeigeführt werden. Neue Gesetzesvorhaben sollten
regelmäßig auf mögliche innovationshemmende Wirkungen hin überprüft und
entsprechend behandelt werden.
8.2. Beseitigung des Fachkräftemangels
Um den Fachkräftemangel der Industrie zu beseitigen bedarf es entsprechender
Maßnahmen
in
den
Bereichen
der
Bildungspolitik
und
der
Einwanderungsgesetzgebung sowie seitens der Industrieunternehmen selbst.
8.2.1. Forderungen an die Bildungspolitik
Der engeren Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Schule gehört die Zukunft. Sie
ist notwendig, viele wünschen sie und beide Seiten profitieren davon. Mittlerweile hat
sich ein partnerschaftlicher Umgang von Schule und Wirtschaft vor Ort entwickelt.
Dabei sollte sich die Wirtschaft in Zukunft dort einbringen, wo ihre Erfahrungen und
Kompetenzen am größten sind und beide Partner am meisten profitieren. Die
Schwerpunkte liegen in drei Themenbereichen:
1. „Wirtschaft im Unterricht“ durch mehr ökonomisches Wissen und eine solide ITGrundbildung. Das sind heute unerlässliche Voraussetzungen für das Verstehen und
Leben in unserer Gesellschaft.
2. „Ausbildungsreife und Studierfähigkeit“ als Eingangsvoraussetzung für die „Schulabnehmer“ in der Wirtschaft und weiterführende Schulen und Hochschulen sowie mit
persönlicher und beruflicher „Selbständigkeit“ als Perspektive. Die zentrale
44
Verantwortung der Schule als lebens- und berufsvorbereitende Instanz muss dabei
von allen Seiten akzeptiert werden.
3. „Schulorganisation“ in den Feldern Schulmanagement, Unterrichtsevaluierung und
Bildungscontrolling. Hier kann die Wirtschaft ihre Kenntnisse und Erfahrungen aus
dem gelebten Unternehmensalltag anbieten.
Notwendig sind mehr Wettbewerb, Serviceorientierung und Eigeninitiative der
Hochschulen. Die Lehrinhalte sollten um Qualifikationen erweitert werden, die
Voraussetzung für die Übernahme von Aufgaben in innovativen Industrieunternehmen
sind. Eine stärkere, auch interdisziplinäre, Kooperation von Hochschulen und
Unternehmen ist geboten. Gegebenenfalls könnten auch neue Studiengänge
konzipiert
werden,
die
z.
B.
technisch-ingenieurwissenschaftliche,
informationstechnische und informationswissenschaftliche, betriebswirtschaftliche aber
auch kulturwissenschaftliche Komponenten kombinieren. Letzteres ist, angesichts
noch fehlender Internationalität des deutschen Hochschulsektors, durch internationale
Zusammenarbeit zu forcieren. Ferner sollten international übliche und anerkannte
Studienabschlüsse,
Auslandsaufenthalte
der
Studierenden,
fremdsprachige
Vorlesungen
sowie
inund
ausländische
Unternehmenspraktika
zur
Selbstverständlichkeit werden.
8.2.2. Leitlinien für eine bedarfsorientierte Einwanderungsgesetzgebung
Da der Mangel an Arbeitskräften durch bildungspolitische Maßnahmen zur Zeit nicht
beseitigt werden kann, hat der Vorstand des DIHT acht Leitlinien für ein
Einwanderungsgesetz formuliert. Sie lauten im einzelnen:
-
Deutschland braucht ein am Bedarf von Wirtschaft und Gesellschaft orientiertes
Einwanderungsgesetz
-
Die Qualifikation von Einwanderern sollte mit Hilfe objektiver und transparenter
Kriterien bewertet werden
-
Die Einwanderungskontingente sollten kontinuierlich den Veränderungen am
Arbeitsmarkt angepasst werden
-
Ein modernes Einwanderungsgesetz bedeutet „one-stop-government“ statt
bürokratischem Hürdenlauf
-
Qualifizierte Einwanderer und ihre Familien brauchen die Perspektive eines
unbefristeten Aufenthalts
-
Bildungspolitik und Einwanderung müssen einander ergänzen
-
Studentenbleiberecht und weitere Reformen im Hochschulbereich sind notwendig
(Verkürzung der Studienzeiten, Hochschulauswahl der Bewerber, Betreuung der
Studierenden, internationales Marketing und Studiengebühren und weltweite
Kooperationen mit Partneruniversitäten)
-
Ausländerfreundlichkeit, Integrationsbereitschaft und attraktive
Rahmenbedingungen sind Kennzeichen eines attraktiven Einwanderungslandes
45
ANHANG
Betrachtung ausgewählter Branchen
A.1. Automobilindustrie
-
kurze Branchencharakteristik
Kenndaten der Automobilindustrie
Im Bereich Fahrzeugbau gab es im Jahre 1999 etwa 1280 Unternehmen. Über
720.000 Menschen haben derzeit in der Automobilindustrie ihren Arbeitsplatz, wobei
580.000 (ca. 80%) davon auf die sechs in Deutschland produzierenden
Automobilhersteller entfallen. In den vergangenen beiden Jahren sind etwa 65.000
neue
Arbeitsplätze
hinzugekommen.
Die
deutsche
Automobilindustrie
erwirtschaftete 1998 einen Umsatz von 312 Mrd. DM. Davon entfielen 70 Prozent auf
die Hersteller von Kraftwagen und deren Motoren, gut 4 Prozent auf die Hersteller
von Anhängern, Aufbauten und Containern sowie 26 Prozent auf die Kfz-Teile- und
die Zubehörindustrie. Mit 165,6 Mrd. DM erlöste die deutsche Automobilindustrie
mehr als die Hälfte ihres Umsatzes (53%) im Ausland.
Quellen: VDA 2000; Adam Opel AG 2000; Audi 2000; BMW Group 2000; DaimlerChrysler 2000; Ford
2000; Volkswagen AG 2000
Die Unternehmen der Branche stellen Kraftwagen, Motoren, Anhänger, Aufbauten,
Container, Kraftfahrzeugteile und Zubehör her. Aufgrund der niedrigen Fertigungstiefe
in der Automobilindustrie ergibt sich ein hoher und differenzierter Vorleistungsbedarf,
so dass zahlreiche andere Branchen mittelbar an der Wertschöpfung in der
Automobilproduktion partizipieren. Investitionsgüter, Material- und Teilelieferungen zur
laufenden Fertigung werden unter anderem von der chemischen Industrie, der
Textilindustrie, dem Maschinenbau, der elektrotechnischen Industrie, den Ziehereien
und Kaltwalzwerken und der Eisenschaffenden Industrie bereitgestellt. Darüber hinaus
tragen
Dienstleistungsbranchen
wie
Ingenieurbüros,
Speditionen
und
Verkehrsbetriebe zur Entstehung eines Automobils bei. Insgesamt sind rund eine
Million Menschen in den vorgelagerten Industrien für die Automobilbranche tätig.
Diesen sekundären Beschäftigungseffekt über die gesamte automobile
Wertschöpfungskette hinzugerechnet, waren im vergangenen Jahr 1,72 Millionen
Menschen in der Automobilproduktion tätig (VDA 2000).
-
aktuelle Entwicklungen
In der jüngeren Vergangenheit hat in der Branche eine Restrukturierung
stattgefunden, die zu einer Neuordnung der gesamten Prozessabläufe, d.h. zu einer
vollkommenen Umgestaltung der Wertschöpfungskette geführt hat. Die zunehmende
46
Verschlankung der Produktionsprozesse und die damit verbundene Konzentration der
Endprodukthersteller auf die Kernfertigung hat die Wertschöpfungsverteilung zwischen
Fahrzeugherstellern,
Zulieferern
und
Vorlieferanten
verändert.
Etliche
Zulieferunternehmen haben eine Entwicklung hin zum Systemlieferanten vollzogen,
andere sind zu Komponenten- oder Teilelieferanten geworden. Während z. B. ein
Großteil der Forschung und Entwicklung sowie wesentliche Schritte der Montage
zuvor noch bei den Endproduktherstellern stattfanden, fällt dieser Aufwand heute bei
den System- und Komponentenlieferanten an, die zudem kürzeste Lieferzeiten
einhalten und enorme Produkthaftungsrisiken übernehmen müssen. Da nicht alle
Lieferanten mit dieser Entwicklung Schritt halten konnten, sind von Anfang bis Mitte
der neunziger Jahre viele Unternehmen aus dem Markt ausgetreten oder waren
gezwungen, sich mit der hinsichtlich eigener Spielräume eng eingegrenzten Position
als Teilelieferant zu begnügen (VDA 2000).
Zur Zeit führt der generell verschärfte internationale Wettbewerb in Zusammenhang
mit den weltweiten Überkapazitäten zu einer Belastung der Gewinne. In Lateinamerika
kommt diese Problematik besonders zum Tragen, weil Markteinbrüche dort rückläufige
Kapazitätsauslastungen bedingen, andererseits neue Kapazitäten aufgebaut worden
sind. Dennoch gehören Lateinamerika sowie Ostasien zu den Märkten mit einem
zukünftigen hohen Wachstumspotenzial (VDA 2000).
-
Strategien der Unternehmen
Die Verschlankung der Automobilproduktion bei den Endproduktherstellern ist im
Wesentlichen vollzogen. Die Konzerne versuchen derzeit, internationale Allianzen
oder Fusionen anzustreben bzw. durchzuführen. Als Ergebnis dieses
Konzentrationsprozesses bedienen derzeit lediglich 13 vollständig unabhängige
Automobilhersteller den Weltmarkt.
Die größten Automobilkonzerne 1998
1. General Motors 8,1 Mio. Fahrzeuge 2. Ford 6,8 Mio. Fahrzeuge 3.
Toyota/Daihatsu 5,3 Mio. Fahrzeuge 4. Renault/Nissan 4,7 Mio. Fahrzeuge 5. VWKonzern 4,7 Mio. Fahrzeuge 6. DaimlerChrysler 4,5 Mio. Fahrzeuge 7. Fiat 2,7
Mio. Fahrzeuge 8. Honda 2,3 Mio. Fahrzeuge 9. Peugeot-Citroen 2,3 Mio.
Fahrzeuge 10. BMW 1,2 Mio. Fahrzeuge
Quelle: VDA 1999, S. 193
Die Zusammenschlüsse dienen zunächst der kostengünstigen Nutzung von
Verbundvorteilen im FuE-Bereich und der Vertriebskanäle. Des Weiteren sind die mit
dem Zugang zu neuen Absatzmärkten notwendigen Investitionen gemeinsam eher
tragbar. Im Übrigen hat man als welt- bzw. länderübergreifender Konzern eine
potenziell
bessere
Ausgangslage
bei
Geschäftsund
sonstigen
Vertragsverhandlungen.
Die
Systemund
Komponentenlieferanten
versuchen
derzeit
ihren
Innovationsaufwand zu finanzieren, der inzwischen bei nahezu allen
Zulieferkomponenten für jedes neue Automobilmodell anfällt. Da auch hier
Verbundvorteile gegeben sind, vereinbaren die großen Automobilzulieferer vermehrt
Kooperationen. Die Teilelieferanten, die den Weg zum Systemlieferanten nicht
47
bewältigen
konnten,
trennen
sich
von
Unter-
48
nehmensteilen, die im Zuge der früheren Diversifizierungsstratgie aufgebaut worden
waren, jedoch nicht der Kernproduktion zuzuordnen sind. Dies geschieht u.a. auch
durch eine Aufspaltung des Unternehmens in mehrere, technisch voneinander
unabhängige Einheiten. Für die System-, Komponenten- wie auch die Teilelieferanten
ist die Ausschöpfung sämtlicher Kostensenkungspotenziale unumgänglich, da der
Preis – Voraussetzung ist die Einhaltung von Mindestqualitätsstandards - inzwischen
das zentrale Verkaufsargument ist. Dies ist mithin einer der Gründe, weshalb die
Unternehmen Auslandsstandorte aufbauen. Des Weiteren beabsichtigen sie damit
eine größere Markt- und Kundennähe, zumal ihre Abnehmer im Ausland fertigen (VDA
2000).
Eine weitere Strategie ist die Erweiterung der Angebotspalette durch Dienstleistungen.
Vor allem Leistungen im FuE-Bereich lassen sich nicht nur intern verwenden, sondern
können den Kunden als eigenständige Produkte angeboten werden.
Standortprofil
Als problematisch wird vor allem die Schwäche der Inlandsnachfrage angesehen.
Die Ursachen dafür werden in erster Linie in der Steuerbelastung für
Mineralölprodukte (Ökosteuer etc.) gesucht. Kritisiert wird weiter die geplante
Verschärfung der Abschreibungsfristen, da sie mit restriktiven Auswirkungen auf
die Nachfrage gewerblich genutzter Kfz verbunden sei. Bemängelt wird auch die
vernachlässigte Straßeninfrastruktur. Alles in allem besteht jedoch ein
grundsätzliches Bekenntnis zum Standort Deutschland.
Quelle: VDA
A.2. Bauindustrie
-
kurze Branchencharakteristik
Kenndaten der Bauindustrie
In der Bauindustrie (Bauhauptgewerbe) gab es im Jahre 1999 etwa 11.800
überwiegend mittelständische Unternehmen. Im Mai 2000 waren noch gut 1 Mio.
Menschen in der Bauindustrie beschäftigt. Sowohl die Zahl der Unternehmen als
auch die Beschäftigung ist seit dreißig Jahren rückläufig. Allein im Zeitraum
Dezember 1999 bis Mai 2000 sind über 50.000 Arbeitsplätze weggefallen. Die drei
größten deutschen Bauunternehmen (Hochtief, Holzmann und Bilfinger + Berger)
beschäftigten 1998 zusammen 122.000 Arbeitnehmer. Die deutsche Bauindustrie
erwirtschaftete 1999 einen Umsatz von 206 Mrd. DM. Das Bauvolumen lag 1999 bei
526 Mrd. DM und damit um mehr als 30 Mrd. niedriger als 1996. Immerhin trägt die
gesamte Bauwirtschaft mit einem Anteil von gut zehn Prozent zum
Bruttoinlandsprodukt bei.
Quelle: Statistisches Bundesamt 2000a; Wimmers/Wolter/Fieten 1997, S. 18 ff.; DIW 2000b, S. 337;
Holzmann AG 2000; Hochtief AG 2000; Bilfinger + Berger 2000; eigene Berechnungen
49
50
Die Bauindustrie stellt Wohnungs-, Wirtschafts- und öffentliche Bauten her. Den
größten Anteil an den Bauleistungen insgesamt hat mit 55% der Wohnungsbau, wobei
der Eigenheimbau im Vordergrund steht. Der Wirtschaftsbau liegt an zweiter Stelle mit
knapp 29%, gefolgt vom öffentlichen Bau mit gerade 16% (DIW 2000b, S. 336 f.).
-
aktuelle Entwicklungen
Für das Jahr 2000 wird insgesamt mit einer geringen Abschwächung oder mit einer
Stagnation der Bauleistungen gerechnet. Infolgedessen bestehen in der Bauindustrie
Überkapazitäten, die von den Unternehmen abgebaut werden müssen. Da die
Ertragslage als angespannt zu bezeichnen ist, sind die Unternehmen daran
interessiert, alle Möglichkeiten der Rationalisierung und Kostensenkung zu nutzen.
Um dies zu bewältigen, haben sich viele, vor allem größere Bauunternehmen in
technischer Hinsicht spezialisiert und müssen, da die Abnehmer schlüsselfertige
Bauleistungen erwarten, einen Teil der Aufgaben an Nachunternehmen delegieren.
Zunehmend dringen auch west- und südeuropäische Subunternehmen in die Märkte
der deutschen Bauunternehmen (ZDB 2000).
-
Strategien der Unternehmen
Die entscheidende Maßnahme für viele Bauunternehmen wird die Reduzierung der
Fertigungstiefe sein. Eine Ausgliederung von Unternehmensteilen, in denen man keine
Wettbewerbsvorteile hat, wird unabdingbar. Gleichwohl müssen parallel Spezialisten
gefunden werden, die in diesen Bereichen Wettbewerbsvorteile aufweisen und bereit
sind, zu kooperieren, so dass die komplette Bauleistung im Verbund angeboten
werden kann. Insofern wird es in Zukunft sehr viel mehr spezialisierte Anbieter von
Bauleistungen geben. Für sie besteht allerdings die Notwendigkeit, ihre
Wettbewerbsvorteile durch (technologische) Innovationen zu sichern (Wischhof et. al.
2000, S. 110 ff.).
Als weitere Strategie steht den Bauunternehmen die Hinwendung zu den
Dienstleistungen offen. Angebote betreffen die Privatisierung öffentlicher
Dienstleistungen und Bauvorhaben, Betreibermodelle, integrierte Projektentwicklung,
Wartung, Reparatur, Facility-Management und Energie-Contracting (ZDB 2000).
Standortprofil
Befürchtet werden in erster Linie Rückgänge der öffentlichen Bauinvestitionen, da
eine Rückführung der Finanzhilfen des Bundes für die Länder und Gemeinden
erwartet wird. Die Steuerbelastung und insbesondere die Veränderungen bei den
Abschreibungsmöglichkeiten werden kritisiert, da sie Bauinvestitionen behindern.
Besonders
kritisch
werden
die
wettbewerbsverzerrenden
tariflichen
Sonderregelungen gesehen, die der Holzmann-Konzern mit der IG Bau
abgeschlossen hat.
Quelle: ZDB 2000
51
A.3. Chemische Industrie
- Kurzcharakteristik der Branche
Kenndaten der Chemischen Industrie
Derzeit gibt es in Deutschland rund 1.750 Chemieunternehmen. Insgesamt
beschäftigte die Branche 1999 knapp 478.000 Menschen. Über drei Viertel aller
deutschen Chemiebetriebe haben weniger als 300 Mitarbeiter und zählen damit zum
Mittelstand. Allerdings entfallen auf die großen Chemieunternehmen zwei Drittel der
Gesamtbeschäftigung. Fast jeder vierte Beschäftigte ist in einem der drei großen
Konzerne (Bayer AG, BASF, Aventis) tätig. 1999 erreichte der Umsatz aus
chemischer Produktion 190 Mrd. DM und lag damit 1,4 Prozent über dem Vorjahr.
Mehr als 40 Prozent der ausländischen Produktionsstätten liegen in der EU. 1996
belegte die deutsche Chemie im weltweiten Vergleich gemessen am Chemieumsatz
den Platz drei nach den USA und Japan. Die Chemieproduktion stieg 1999 um 4,4
Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die deutschen Chemieexporte sind 1999 um etwa
4,4 Prozent auf rund 127,6 Mrd. DM gestiegen. Die Chemieeinfuhren nach
Deutschland
stiegen
um
5,6
Prozent
auf
78,9
Mrd.
DM.
Der
Handelsbilanzüberschuss betrug 48,7 Mrd. DM.
Quelle: VCI 2000b, c; Aventis 2000; BASF AG 2000; Bayer AG 2000
In der Chemie unterscheidet man grundsätzlich den vorgelagerten und den
nachgelagerten Bereich. Die Unternehmen des vorgelagerten Bereichs produzieren
die anorganischen, auch petrochemischen sowie die organischen chemischen
Grundstoffe, die nahezu vollständig an die Unternehmen des nachgelagerten Bereichs
abgegeben werden. Diese verarbeiten die Stoffe weiter oder stellen direkt für den
Konsum bestimmte Produkte her (Pharma, Farben, Wasch- und Körperpflegemittel,
Kunststoffe). Ein weiteres besonderes Kennzeichen der Chemie ist die besonders
kapital- und forschungsintensive Produktion3 (Wimmers/Wolter/Fieten 1997, S. 40 f.).
-
aktuelle Entwicklungen
Für das Jahr 2000 wird eine weitere Belebung der Weltwirtschaft erwartet, die das
Exportgeschäft der Chemiefirmen positiv beeinflussen wird (VCI 2000a). Sowohl in
Westeuropa als auch in den USA, den asiatischen Schwellenländern, in Lateinamerika
und in Mittel- und Osteuropa wird die Wirtschaft kräftig wachsen und damit auch die
Nachfrage nach Chemieerzeugnissen steigen. Bei der Belebung des Inlandsgeschäfts
fallen die Erwartungen unterschiedlich aus. Während einige Chemieunternehmen
auch hier ein Wachstum prognostizieren, betrachten andere dies mit Skepsis.
Bei einem wachsenden Geschäftsvolumen wird gleichzeitig eine Stagnation der
Beschäftigung zu beobachten sein. Vor allem in Deutschland rechnet man mit einer
rückläufigen Beschäftigung, im Ausland mit einer Ausdehnung. Insbesondere
3
Rund 11,3 Mrd. DM wendete die Chemie 1997 für die Erforschung neuer Produkte auf. Zusammen mit
dem Straßenfahrzeugbau und der Elektrotechnik gehört sie damit zu den forschungsintensivsten
Industriezweigen in Deutschland. Bezogen auf den Umsatz erreichte die Forschungsquote 6,0 Prozent.
In den Bereichen Pharma und Pflanzenschutz liegt dieser Anteil bei 15 bis 20 Prozent.
52
Chemieunternehmen, die im Konsumgüterbereich tätig sind, unterliegen einem sehr
starken internationalen Wettbewerb in kleinen, eng eingegrenzten Märkten. Hinzu
kommt eine auf der Kundenseite, d.h. im Handel, stark zunehmende Konzentration.
-
Strategien der Unternehmen
Die Unternehmen konzentrieren sich auf ihre Kernkompetenzen und streben vor allem
die Technologieführerschaft bzw. die Erhaltung der technologischen Leistungsfähigkeit
an. Dies ist mit Anstrengungen in den Bereichen Investitionen, Innovationen,
Forschung und Entwicklung verbunden. Um dies zu bewältigen, werden die
Chemieunternehmen Kooperationen, u.a. mit kleineren Firmen, eingehen, Allianzen
anstreben sowie eine Vernetzung vornehmen. Eine bedeutende Voraussetzung für die
Umsetzung dieser Strategien sind die vorhandenen Human Resources, die einen ganz
wesentlichen Faktor für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und die
Innovationsfähigkeit darstellen. Da das zukünftige Angebot an qualifizierten
Hochschulabsolventen vermutlich zu gering ausfällt, sind die Unternehmen
gezwungen, auf die Studenten und Wissenschaftler zuzugehen, um sie für eine
Tätigkeit in einem Chemieunternehmen zu gewinnen bzw. Impulse für die zukünftige
Ausbildung zu geben.
Da bei den Produkten immer kürzere Lebenszyklen erwartet werden, werden die
Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen gesteigert. In diesem Umfeld ist es
geboten, die eigenen Marktanteile zu verteidigen. Vor allem kommt es darauf an, neue
Trends zu erkennen, d. h. eine „Spürnase“ dafür zu entwickeln, wo sich mittel- oder
langfristig neue Felder auftun, wobei die Voraussetzung dafür eine gute externe
Kommunikation ist. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass nach Auffassung
einiger Chemieunternehmen eine Konzentration auf die Kernkompetenzen mittelfristig
Erfolg haben kann, langfristig ist sie jedoch unzureichend. Die Unternehmen
beabsichtigen, grundsätzlich einen geringen Prozentsatz der FuE-Mittel in der
strategischen Forschung oder auch explorativen Forschung einzusetzen, ohne dabei
zwangsläufig die FuE-Intensität zu erhöhen.
Des Weiteren werden Auslandsinvestitionen getätigt, wobei das beherrschende Motiv
die inzwischen notwendige Präsenz der Firmen auf den Auslandsmärkten ist. Hinzu
kommt eine Entwicklung hin zur globalen Bündelung von Einkäufen, um
Kostensenkungspotenziale auszuschöpfen.
Standortprofil
Als nachteilig werden die bislang geltende Steuerbelastung, die hohen Lohnkosten
und die Fülle der bürokratischen Regelungen empfunden. Insbesondere die
Ökosteuer führt zu Wettbewerbsnachteilen der Chemieunternehmen. Verbessert hat
sich das Bild der Chemie in der Öffentlichkeit. Die Standortvorteile Deutschlands im
internationalen Wettbewerb liegen insbesondere in einem – noch – sehr guten
Bildungssystem, hochqualifizierten Mitarbeitern und einer sehr guten
Forschungsinfrastruktur.
Quelle: VCI 2000a
53
A.4. Die Eisen-, Blech- und Metallverarbeitende Industrie
-
Kurzcharakteristik der Branche
Kenndaten der Eisen-, Blech- und Metallverarbeitenden Industrie
Im Jahre 1998 gab es in der Eisen-, Blech- und Metallverarbeitende Industrie (EBM)
gut 2.700, überwiegend mittelständische Betriebe, die insgesamt fast 240.000
Mitarbeiter beschäftigten. Der größte Teil der Arbeitnehmer entfällt auf die
mittelgroßen Unternehmen mit 100 bis 499 Beschäftigten. Die gesamte, auf den
Mittelstand entfallende Beschäftigung umfasst rund 80% der Beschäftigung in der
Branche. Der Gesamtumsatz der Branche lag bei 55 Mrd. DM, 26% davon wurden
im Ausland erzielt. Damit ist die Branche der weltgrößte Lieferant von EBMErzeugnissen. Schwerpunkt der Exporte ist die EU mit gut 57% Anteil. Weitere
größere Anteile werden in das übrige Europa (ca. 21%) und die USA (ca. 7%)
exportiert. Die Importe von EBM-Erzeugnissen stammen überwiegend aus
Drittländern (52,3%) und nicht aus der EU. Besonders groß sind die Anteile Chinas
(7,7%) und der USA (7,4%).
Quelle: EBM 2000
Das charakteristische gemeinsame Merkmal der branchenzugehörigen Unternehmen
ist die Verarbeitung von metallischen Vormaterialien wie warm- und kaltgewalzte
Stahlerzeugnisse und NE-Metallhalbzeug wie Aluminium und Kupfer. Die
Unternehmen liefern Komponenten und Einzelteile für die Endprodukthersteller von
Kraftfahrzeugen, Maschinen, Elektroindustrie, Nahrungsmittel-, Bekleidungs- und
Chemische Industrie. Daneben statten sie das Ausbaugewerbe, die Bauindustrie und
das Handwerk mit Materialien aus. Schließlich stellen die Unternehmen zahlreiche
Gebrauchsgüter her. Den größten Anteil an der Gesamtproduktion nehmen allerdings
Zulieferprodukte (ca. 70%) ein. Auf Investitionsgüter entfallen gut 20 Prozent und auf
Gebrauchsgüter zehn Prozent der Produktion (EBM 2000).
-
aktuelle Entwicklungen
Die Branche hat in den 90er Jahren eine erhebliche Veränderung der
Unternehmenslandschaft
durchgemacht.
Betriebsaufgaben,
Konkurse
und
Übernahmen haben in den vergangenen Jahren zu einer Bereinigung der Struktur
geführt. Insbesondere der die Branche dominierende Zulieferbereich war von der (lean
production-) Entwicklung in der Automobilindustrie betroffen. Die Unternehmen
beliefern mittlerweile immer seltener den Endprodukthersteller selbst, sondern die
vorgelagerten System- und Komponentenlieferanten. Überlebt haben diese
Entwicklung einerseits Unternehmen, die eine kostengünstige Serienfertigung bei
höchsten Qualitäts- und Lieferbedingungen erreichen konnten. Outsourcing,
Kooperationen und Fusionen ermöglichten ihnen die Bewältigung dieser Schritte.
Andererseits hatten solche Unternehmen Erfolg, die sich auf Nischenprodukte oder die
Fertigung von Spezialteilen auf Abruf konzentriert haben. Mittlerweile sehen sich alle
Unternehmen der Branche mit steigenden Einstandspreisen für Rohstoffe
insbesondere bei Stahlerzeugnissen gegenüber. Da sie Preissteigerungen bei ihren
Abnehmern in den seltensten Fällen durchsetzen können, schrumpfen entsprechend
die
Gewinnspannen.
Hinzu
kommt,
dass
die
Stahlverarbeiter
54
Versorgungsschwierigkeiten haben und deshalb längere Lieferzeiten in Kauf
genommen werden müssen.
Standortprofil
Die Branche hat ganz allgemein mit der schwachen Binnennachfrage zu kämpfen.
Die derzeitige positive Stimmung ist vor allem auf die gestiegene Auslandsnachfrage
zurückzuführen. Daneben stellten die im Vergleich schlechte Kostenposition und
die geringen Renditen während der vergangenen zehn Jahre eine enorme
Belastung dar. Kritik üben die Unternehmen in erster Linie an der Sozial- und der
(bisherigen) Steuerpolitik, die den Spielraum der Wirtschaftsakteure einschränken.
Quelle: EBM 2000
A.5. Elektro-, Computer- und Softwareindustrie
-
Kurzcharakteristik der Branche
Kenndaten der Elektroindustrie
Die Zahl der Industrieunternehmen in der Elektroindustrie belief sich im Jahre 1999
auf etwa 3.150. Sie beschäftigen in Deutschland rund 860.000 Arbeitnehmer,
weltweit kommen noch einmal 300.000 hinzu. Etwa 280.000 Arbeitnehmer, also rund
ein Drittel, entfallen auf die beiden größten Unternehmen der Branche (Bosch und
Siemens). Die deutsche Elektroindustrie investiert jährlich in Deutschland etwa 12
Mrd. DM in Anlagen und Ausrüstungen. Mit über 15 Mrd. DM - rund einem Viertel
aller FuE-Aufwendungen der Privatwirtschaft - ist sie eine der forschungsintensivsten
Branchen der deutschen Wirtschaft. Der Branchenumsatz lag 1998 bei rund 255
Mrd. DM. Mehr als die Hälfte der in Deutschland hergestellten Produkte und
Leistungen der Elektroindustrie gehen in den Export, davon wiederum rund 60
Prozent nach Westeuropa. Der Direktinvestitionsbestand im Ausland liegt bei 35
Mrd. DM; pro Jahr investieren die Unternehmen etwa weitere 3 Mrd. DM.
Quelle: Bosch 2000, S. 40; Siemens AG 2000; Statistisches Bundesamt; ZVEI 2000b; eigene
Berechnungen
Die Elektroindustrie ist insgesamt sehr heterogen strukturiert. Das Produktspektrum
reicht vom elektronischen Bauteil bis zur schlüsselfertigen Fabrikanlage, vom
komfortablen Hausgerät bis zum kompletten Telekommunikationssystem, von der
speicherprogrammierbaren Steuerung bis zum modernsten elektromedizinischen
Diagnosegerät. Außerdem gehören sowohl traditionelle Industriezweige – wie z. B. die
Herstellung von Batterien oder elektrischen Lampen – als auch zukunftsträchtige
Hochtechnologiebereiche wie der Bau von elektrischen Bahnen, Computern oder
komplexen Telekommunikationsnetzen und Endgeräten (z. B. Handies) dazu (ZVEI
2000a).
-
aktuelle Entwicklungen
Bei den Technologiefeldern Elektrotechnik und Elektronik handelt es sich um
Bereiche, die stets neue Anwendungen ermöglichen. In vielen Gebrauchsgütern, in
55
den meisten technischen Produkten und in der Produktion lassen sich diese
Technologien einsetzen. In Verbindung mit dem Einsatz intelligenter Software können
in den Produkten Informationen und Wissen gespeichert werden, die als Grundlage
von Entscheidungen dienen. Dadurch können Produkte mit neuen Funktionen
ausgestattet werden, die für den Verbraucher eine Erleichterung darstellen (ZVEI
1997, S. 6).
Wie in anderen Branchen auch, wünschen die Abnehmer der Produkte der
Elektroindustrie zunehmend innovative Lösungen. Als innovativ sind dabei nicht nur
Basisinnovationen zu betrachten, sondern ebenfalls Kombinationen verschiedenster
Technologien, die die Nutzungsvielfalt elektrischer und elektrotechnischer Geräte
erhöhen. Ebenso werden produktbegleitende Dienstleistungen für den wirtschaftlichen
Erfolg immer wichtiger. Insgesamt hat diese Entwicklung die Anforderungen an die
Qualifikation des Personals in den Elektrofirmen massiv erhöht. Grundkenntnisse der
Physik und die Beherrschung der englischen Sprache gehören zu den
Voraussetzungen (ZVEI 1997, S. 7).
Ein wichtiger wachstumsstarker Zweig der Elektroindustrie ist die Telekommunikatonsindustrie. Sie schafft die Grundlagen für ganz neue Dienstleistungssegmente, z.
B. alle Arten von Internet-Dienstleistungen, die in Zukunft auch für mobile Endgeräte
nutzbar sein werden (WAP auf Handies, UMTS). Sie erfüllt den Wunsch der
Menschen nach Kommunikation von jedem Ort aus (vergleiche die hohe Zahl der
Handies in Schüler- und Studentenhänden) und beeinflusst damit grundlegend das
Kommunikationsverhalten der Menschen.
-
Strategien der Unternehmen
Generell betreiben die großen Unternehmen der Abnehmerindustrien derzeit in
verstärktem Maße ein für die mittelständischen Unternehmen folgenreiches
Outsourcing bzw. eine Reduzierung des Produktionsprogramms auf die Kernfertigung.
Für die zuliefernden Unternehmen bedeutet das, dass sie die Systemfähigkeit
erreichen müssen. Konkret sind sie dann innerhalb der Wertschöpfungskette für eine
Zulieferkomponente verantwortlich. Forschung und Entwicklung, Produktion, Montage,
Qualitätskontrolle und –sicherung sowie die Logistik sind vollständig zu gewährleisten.
Hinzu kommt die Ausrichtung des Unternehmensstandorts an den Bedürfnissen der
Abnehmer, also auch im Ausland (ZVEI 1997, S. 8).
Die Unternehmen der Branche versuchen, ausgelagerte Unternehmensteile zu
integrieren, um mit Komplettangeboten aufwarten zu können. Das bedeutet auch,
produktbegleitende Dienstleistungen in das Leistungsspektrum aufzunehmen.
Außerdem versuchen die Unternehmen, Allianzen mit Mittelständlern einzugehen, um
deren Wettbewerbsvorteile zu nutzen. Die Fertigung von Kernelementen findet zur Zeit
vielfach noch in Deutschland statt, während die Endmontage in den USA, in China und
in der Schweiz durchgeführt wird, wenn die Produkte für den globalen Markt bestimmt
sind.
Standortprofil
Als nachteilig werden die standortbedingten Kosten, darunter die Abgabenlast und
die Lohnzusatzkosten angeführt. Demgegenüber liefern vor allem das vorhandene
dichte industrielle Netzwerk, die leistungsfähigen Infrastrukturen und die gut
56
ausgebildeten Arbeitskräfte Argumente dafür, die (noch) wettbewerbsfähigen
Produktionsaktivitäten am Kernstandort Deutschland zu halten.
Quelle: ZVEI 2000a
A.6. Energieversorgungsindustrie
-
Kurzcharakteristik der Branche
Kenndaten der Energieversorgung
In der Energieversorgung waren 1996 etwa 1.720 Industrieunternehmen tätig,
wobei die meisten davon auf den Bereich Elektrizitätsversorgung (ca. 1000) und
Gasversorgung (ca. 700) entfielen. Sie beschäftigten rund 450.000 Arbeitnehmer
und erzielten einen Umsatz in Höhe von 352 Mrd. DM. Das gesamte
Energieaufkommen in Deutschland machte 1998 gut 520 Mio. Tonnen
Steinkohleeinheiten aus, wovon fast 80% importiert wurden. Andererseits wurde
weniger als zehn Prozent des Aufkommens exportiert bzw. gebunkert.
Insgesamt wurden 1998 491,9 Mio. Tonnen Steinkohleeinheiten in Deutschland
verbraucht. Davon gingen 113,8 Mio. Tonnen (23,2%) durch Umwandlung verloren,
35,2 Mio. Tonnen wurden nichtenergetisch, 19,5 Mio. Tonnen im Energiesektor
selbst und 322,9 Mio. Tonnen von Industrie (81,6), Verkehr (91,4), Gewerbe, Handel
Dienstleistungen (zus. 51,6) und den Haushalten (98,3) verbraucht.
Quelle: Schiffer 1999, S. 28 ff.
Die Energieversorger liefern Energieträger wie Stein- und Braunkohle (zus. 23,6%),
Gas (21,5%) und Mineralölprodukte (39,4%) sowie die zum Teil daraus erzeugte
Elektrizität. Nach wie vor wird der meiste Strom in Deutschland aus Kohle erzeugt.
Insgesamt entfallen 54% auf diesen Bereich. Zweiter wichtiger Energieträger für die
Stromerzeugung ist die Kernenergie mit 34%. Erdgas und Heizöl werden hingegen
kaum zu Strom umgewandelt. Ihnen kommt eine größere Bedeutung bei der
Gebäudeheizung zu. Auch regenerative Energien wie Wind- und Sonnenenergie
sowie Wasserkraft spielen nur eine untergeordnete Rolle. Dies liegt zum Teil daran,
dass sie nur zu bestimmten Zeiten verfügbar sind und die erzeugte Energie nicht
zufriedenstellend gespeichert werden kann. Sie sind bislang nicht wettbewerbsfähig.
-
aktuelle Entwicklungen
Die aktuelle Entwicklung ist durch die jüngsten gesetzlichen Veränderungen geprägt.
Maßgeblich sind das Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung
(Energiewirtschaftsgesetz - EnWG) aus dem Jahre 1998 und die in diesem Jahr in
Kraft getretenen Gesetze zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren
Energien und zur Förderung der Stromerzeugung aus kommunaler Kraft-WärmeKopplung.
Das Energiewirtschaftsgesetz hat im Strommarkt zu einer weitgehenden
Liberalisierung geführt. Im wesentlichen wurde eine Abkehr vom Prinzip der
geschlossenen Versorgungsgebiete beschlossen. Damit wurde der Bau paralleler und
zusätzlicher Versorgungsleitungen erlaubt und Durchleitungsrechte eingeräumt. Es
57
kam zu einer teilweisen Aufhebung der herrschenden Monopolstrukturen und ein
begrenzter Wettbewerb um die Stromversorgung konnte beginnen. Seit der
Liberalisierung haben die Strompreise für Tarifkunden in Deutschland im Durchschnitt um
20 Prozent nachgegeben, für Sondervertragskunden um bis zu 60 Prozent (Hartmann
2000, S. 6).
Im Gasmarkt ist die Liberalisierung noch nicht so weit vorangeschritten. Die
derzeitigen Gebühren der Netzbetreiber halten Dritte zum Teil noch von
entsprechenden Angeboten ab. Schließlich beinhaltet das Gesetz zur Förderung der
erneuerbaren Energien eine Subventionierung der Stromanbieter und verpflichtet die
Stromversorger zur Abnahme des Stroms.
Tabelle: Die größten deutschen Stromerzeuger:
Unternehmen
Stromverkauf in Mrd. kWh (1999)
RWE AG, Essen *1)3)
209
e.on Energie AG, München
**3)4)
EnBW Energie BadenWürttemberg AG, Karlsruhe 3)
VEAG Vereinigte
Energiewerke AG, Berlin
Hamburgische ElectricitätsWerke AG (HEW), Hamburg 3)
Bewag AG, Berlin 2)
196
Avacon AG, Helmstedt
14
Neckarwerke Stuttgart AG,
Stuttgart 3)
EWE AG, Oldenburg
14
envia Energie Sachsen
Brandenburg AG, Chemnitz 2)
13
55
49
21
15
13
* Summe RWE und VEW
** Summe PreussenElektra AG und Bayernwerk AG
1) RWE: Geschäftsjahr 1998/1999; VEW: Geschäftsjahr 1999
2) Geschäftsjahr 1999/2000
3) Konzern
4) einschließlich Netzverluste
Quelle: VdEW und Unternehmen
Im deutschen Steinkohlebergbau ist lediglich ein Unternehmen tätig, die Ruhrkohle AG
(RAG) mit dem Tochterunternehmen Deutsche Steinkohle AG. Es handelt sich um
einen Unternehmensbereich, der aus eigener Kraft nicht lebensfähig und zur Zeit auf
öffentliche Hilfen in Höhe von 8,3 Mrd. DM angewiesen ist. Als Ergebnis der
kohlepolitischen Vereinbarung von 1997 wurde allerdings festgelegt, dass die
öffentlichen Kohlehilfen schrittweise bis zum Jahr 2005 auf 5,3 Mrd. DM zurückgeführt
werden. Dies wird zu einer Verringerung der nationalen Kohleproduktion von 50 auf 26
Mio. Tonnen führen und von den 1997 noch tätigen 18 Bergwerken werden 2005 noch
zehn übrig bleiben. Die Belegschaft wird von heute noch 66.000 Beschäftigten auf
36.000 abgebaut werden (RAG 1999, S. 24). Im Gegensatz zu Steinkohle und Erdgas
ist die Braunkohle der einzige in Deutschland gewonnene Energieträger, der in
ausreichendem Umfang zu konkurrenzfähigen Bedingungen zur Verfügung steht.
Größtes Unternehmen ist die Tochtergesellschaft Rheinbraun AG des RWE-Konzerns
mit einer Gesamtbeschäftigung von 11.318 Personen.
58
Die RAG Aktiengesellschaft ist ein international tätiger Bergbau- und TechnologieKonzern, der 1999 mit rund 102.000 Mitarbeitern etwa 27 Mrd. DM Umsatz
erwirtschaftete. Der Konzern engagiert sich schwerpunktmäßig in den
Geschäftsfeldern Bergbau, Bergbautechnik, Handel, Kraftwirtschaft, Prozesstechnik,
Chemie, Kunststoffe und Umwelt.
Quelle: RAG 2000
Im Mineralölbereich dominierten die von unter zehn auf über 25 Dollar pro Barrel
steigenden Preise für Rohöl. Diese konnten von den Unternehmen nur zeitlich verzögert
und nicht vollständig überwälzt werden, so dass die Verarbeitungs- und
Vertriebsmargen schrumpften. Der Druck auf die Margen wird auch durch den
Preiswettbewerb an den Tankstellen erhöht. Im laufenden Jahr erwartet die
Ölwirtschaft allerdings höhere Gewinne, da der Rohölpreis und Verarbeitungsmargen
steigen. Zudem verändert sich die Ölwirtschaft seit etwa zwei Jahren, indem sich die
führenden Mineralölgesellschaften zusammenschließen (Hartmann 2000, S. 7).
-
Strategien der Unternehmen
Die Stromversorger, aber auch die Mineralölverarbeiter versuchen, sich auf ihre
Kernaktivitäten zu konzentrieren. Vor dem Hintergrund der zusammenwachsenden
Strom- und Gasmärkte wird der gezielte Ausbau der Gasaktivitäten eine wichtige Rolle
spielen. Zum Teil streben die Unternehmen an, Strom und Gas gemeinsam in
Paketlösungen anzubieten. Des Weiteren beabsichtigen die großen Unternehmen der
Branche ihren Absatz auszudehnen und führen verstärkt Kostensenkungsmaßnahmen
durch. Fusionen dienen dabei der Nutzung von Synergieeffekten (E.ON AG 2000).
Standortprofil
Die Energiepolitik der Bundesregierung wird insgesamt kritisch gesehen. Obwohl
die Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte grundsätzlich positiv gewertet wird,
bemängeln die Unternehmen, dass nicht alle EU-Länder ihre Märkte gleichermaßen
geöffnet haben. Aber auch in Deutschland gibt es noch viele Hindernisse für einen
funktionsfähigen Strom- und insbesondere Gaswettbewerb. Kritisiert wird auch die
restriktive Politik des Kartellamts bei Fusionsvorhaben. Abgelehnt werden die
Subventionen für erneuerbare Energien und kommunale Kraft-Wärme-KopplungsAnlagen, die derzeit diskutierten Erzeugungsquoten sowie die Öko-Steuer. Der
Ausstieg aus der Kernenergie wird als nicht sinnvoll angesehen.
Quelle: DIHT 2000 b-d; Hartmann 2000, S. 17
A.7. Ernährungsindustrie
-
Kurzcharakteristik der Branche
Kenndaten der Ernährungsindustrie
Die deutsche Ernährungsindustrie umfasst 6.145 Betriebe mit insgesamt 550.498
Beschäftigten. Beide Größen entwickelten sich rückläufig. Ein Ende dieser Tendenz
59
ist noch nicht abzusehen. Die Umsätze der Ernährungsindustrie lagen 1999 nach
neuesten Schätzungen bei etwa 227 Mrd. DM und damit niedriger als im Vorjahr.
Insgesamt exportierte die Branche 1999 Lebensmittel im Wert von knapp 38 Mrd.
DM.
Quelle: BVE 2000a; Gordian 2000
Die Ernährungsindustrie gehört zu den traditionellen Industriezweigen und kann
dementsprechend auf eine lange Geschichte zurückblicken. Etliche noch heute aktive
Unternehmen – z. B. Brauereien – wurden bereits im Mittelalter gegründet. Allerdings
hat sich der Charakter dieser Unternehmen im Zeitablauf stark verändert. Handelte es
sich ursprünglich um reine Handwerksbetriebe, so stieg der Mechanisierungsgrad im
Zuge der Industrialisierung an. Auch haben die Unternehmen des
Ernährungsgewerbes die Landwirtschaft als Direktlieferant von Nahrungsmitteln
weitgehend verdrängt. Die Branche besteht insgesamt aus dreißig Einzelbranchen (z.
B. Fleischverarbeitung, Milchverarbeitung, Getränkeherstellung). Charakteristisch ist
die
kapitalintensive
Fertigung,
die
lokale
Ansiedlung
aufgrund
von
Frischeerfordernissen
sowie
das
stark
binnenmarktorientierte
Angebot
(Wimmers/Wolter/Fieten 1997, S. 57 f.).
-
aktuelle Entwicklungen
Der Markt für Lebensmittel stagniert seit längerem und ist durch einen äußerst
intensiven Wettbewerb gekennzeichnet (BVE 2000a, S. 23). Dieser wirkt sich durch
die Verhandlungsmacht des stark konzentrierten Lebensmitteleinzelhandels
vollständig auf die Ernährungsindustrie aus, was vor allem einen Druck auf die
Absatzpreise und damit auf die Gewinnmargen der Produzenten auslöst. Es ist zu
erwarten, dass sich dieser Prozess fortsetzt. Ähnliche Tendenzen sind beim Absatz an
Großverbraucher festzustellen.
Eine Ausnahme von dieser Entwicklung stellt – bedingt durch demografische
Veränderungen (Zunahme von Single-Haushalten, modifizierte Essgewohnheiten etc.)
- der Markt für die sogenannte „Außer-Haus-Verpflegung“ dar. Seit 1991 ist das
Marktvolumen um 30% auf heute rund 178 Mrd. DM gestiegen, und es wird erwartet,
dass bis 2002 ein Gesamtvolumen von 200 Mrd. DM erreicht sein wird (BVE 2000a, S.
76).
Im Übrigen ist die Haltung der Verbraucher anspruchsvoller geworden. Unter den
Anforderungen an die Mahlzeiten sind eine schnelle Einnahme, ein gutes PreisLeistungs-Verhältnis, die Frische und gesundheitliche Aspekte (fettarm,
ballaststoffreich, biologisch etc.) zu nennen.
-
Strategien der Unternehmen
Die angespannte Situation auf dem Lebensmittelmarkt führt dazu, dass die
Unternehmen ihre Kernprozesse optimieren und unrentable Betriebsteile abstoßen.
Daneben streben die Unternehmen an, ihre Produktions-, Lager- und
Transportkapazitäten durch Zusammenschlüsse oder Kooperationen besser
auszuschöpfen und Synergieeffekte nutzbar zu machen (BVE 2000a, S. 23).
Die Unternehmen versuchen, stets bessere Qualität, Vielfalt und Service anzubieten
sowie auf die Bedürfnisse der Großverbraucher immer genauer einzugehen und
hoffen, dadurch kostendeckende Preise durchzusetzen. Ein Erfolg im deutschen
60
Großverbauchermarkt stellt zudem eine gute Plattform im internationalen Wettbewerb
dar. Die beschriebenen demografischen Trends treffen auf weite Teile der EU zu. In
den mittel- und osteuropäischen Ländern befindet sich der Markt für Außer-HausVerpflegung in einem strukturellen Wandel, der mit dem Wandel der
Unternehmensstrukturen einhergeht. Hier liegen vielfältige Chancen für international
ausgerichtete Lebensmittelhersteller.
Ein weiteres Feld, das von den Unternehmen erschlossen wird, ist die
Erlebnisgastronomie. Schließlich versuchen die Unternehmen, ihre Produkte mit
einem entsprechenden Zusatznutzen auszustatten. Insbesondere die Bereitstellung
weiterer Convenience-Produkte und Innovationen im Bereich Functional Food
(Sportlernahrung, Gesundheitszusätze etc.) bieten gute Absatzchancen.
Standortprofil
Kritisiert werden überzogene Einschränkungen bei der Verpackungswahl durch
starre Mehrwegquotenvorgaben, sowie die geplante Einführung eines
Zwangspfandes auf bestimmte Einwegverpackungen. Ebenso werden die Engpässe
in der Straßenverkehrsinfrastruktur bemängelt. An der Politik wird beanstandet,
dass diese nicht deutlich genug für moderne Technologien, wie Biotechnologie und
Gentechnik eintritt und dass es an klaren Linien in der Umweltpolitik mangelt.
Generell sei das Konsum- und Investitionsklima in Deutschland
verbesserungsbedürftig.
Quelle: BVE 2000b
A.8. Feinmechanische und optische Industrie
-
Kurzcharakteristik der Branche
Kenndaten der feinmechanischen und optischen Industrie
In der feinmechanischen und optischen Industrie gab es 1999 gut 205.000
Beschäftigte, wobei die Zahl seit Jahren rückläufig ist. Zugenommen hat hingegen
der Umsatz, der 1999 50 Mrd. DM erreichte. Immerhin 45% des Umsatzes wurde im
Ausland erzielt. Dieser Anteil wird künftig weiter steigen. Exportsteigerungen wurden
vor allem in der EU und in Osteuropa erzielt, während in Südostasien Rückgänge zu
verzeichnen waren.
Quelle: Verband F+O 2000
Die feinmechanische und optische Industrie setzt sich aus den Gruppen Herstellung
von optischen und photographischen Geräten (Augenoptik, Optik-/Laser- und
Labortechnik, Imaging und Phototechnik), Herstellung von Mess-, Kontroll-,
Navigationsund
anderen
Instrumenten
(Feinmechanik,
Messund
Automatisierungstechnik) und der Herstellung von medizinischen und orthopädischen
Vorrichtungen (Medizintechnik) zusammen.
-
aktuelle Entwicklungen
61
Zur Zeit ist die Ertragslage der traditionellen Unternehmen der Branche angespannt
(z.B. Brillen, Phototechnik). Dies liegt vor allem daran, dass der globale Wettbewerb
die Firmen zu erheblichen Preiszugeständnissen zwingt. Gleichzeitig haben die
Unternehmen mit rückläufigen Stückzahlen zu kämpfen. Ferner verlangen die Kunden
individuell auf sie zugeschnittene Produkte, d.h. nicht mehr nur das industrielle
Erzeugnis, sondern ebenfalls Software- und Serviceangebote. Für die traditionellen
Unternehmen ergibt sich daraus ein Paradigmenwechsel. In den Unternehmen
herrschte eine Philosophie vor, Produkte zu entwickeln, deren Funktionen das
technisch Machbare widerspiegelte, weitgehend unabhängig davon, ob der Kunde
diese Funktionen nachfragte oder nutzen konnte bzw. wollte. In Zukunft werden nur
noch die Produkte einen Abnehmer finden, die nach den Wünschen des Kunden
konstruiert sind.
Gänzlich unterschiedlich verläuft die Entwicklung der Unternehmen, die sich mit
Optischen Technologien befassen (z.B. Lasertechnik). Generell entwickeln sich die
Optischen Technologien zu Querschnitts- oder Schlüsseltechnologien, die eine
wichtige Grundlage und Voraussetzung für andere technologische Entwicklungen
darstellen. Zukunftsfelder wie Informations- und Kommunikationstechnologie,
Gesundheitswesen und Biowissenschaften, Beleuchtung, Energie und Umwelt oder
die industrielle Fertigung werden in erheblicher Weise von Optik und Lasertechnik
beeinflusst (Litfin 2000). Dementsprechend sind die in diesen Feldern tätigen Firmen
(z.B. Jenoptik, Lambdaphysik, Linos, Polytec) äußerst erfolgreich und haben
angesichts steigender Marktvolumina beste Zukunftsaussichten.
-
Strategien der Unternehmen
Die Unternehmen versuchen, ihre Kosten insbesondere im Personalbereich und in der
Fertigungstechnik zu senken. Dies führt einerseits zu einer verstärkten
Automatisierung und andererseits zu einer Verlagerung der Produktion nach
Osteuropa.
Die Kundennähe wird dadurch erhöht, dass nicht nur industrielle Erzeugnisse, sondern
auch zunehmend Software und Dienstleistungen angeboten werden. Mit letzteren
erzielen manche Unternehmen bereits bis zu vierzig Prozent ihres Umsatzes. Die
Dienstleistungen umfassen Finanzierungskonzepte, technische Hilfestellung und
Projektierung.
Standortprofil
Ein generelles Problem stellt die Höhe der Löhne dar, die nicht an den betrieblichen
Gegebenheiten orientiert ist. Des Weiteren wird die zu geringe Lohndifferenzierung
bemängelt. Nachteilig wirkt sich auch die zurückhaltende Investitionspolitik der
öffentlichen Hand im Gesundheitswesen aus. Schließlich ist die feinmechanische und
optische Industrie von der schwachen Binnennachfrage betroffen.
Quelle: Verband F+O 2000, S. 12 f.
A.9. Kunststoffverarbeitende Industrie
-
Kurzcharakteristik der Branche
62
Kenndaten der kunststoffverarbeitenden Industrie
In der Branche waren 1999 rund 280.000 Arbeitnehmer in insgesamt 2.771
Betrieben beschäftigt. Der Umsatz lag bei 73 Mrd. DM, wobei fast 27% davon im
Ausland erzielt wurden. Alle genannten Größen haben seit 1998 einen positiven
Verlauf genommen.
Quelle: GKV 2000a
Die kunststoffverarbeitende Industrie setzt sich aus den Segmenten technische Teile,
Halbzeuge, Kunststoff-Konsumwaren, Verpackung, GfK und duroplastische
Formmassen sowie Schaumkunststoffen zusammen. In der breiten Masse handelt es
sich bei den Kunststoffverarbeitern um Vorlieferanten vor allem für das Bauwesen und
die Automobilindustrie.
-
aktuelle Entwicklungen
Da der internationale Wettbewerb stärker geworden ist und die Abnehmer der
Produkte teilweise fusionieren, hat die Branche mit nachgebenden Erzeugerpreisen zu
kämpfen. Auf der anderen Seite sind die Rohstoffpreise gestiegen (im Jahr 1999 um
55% bis 80%), so dass die Erträge belastet wurden. Positiv wirken sich zur Zeit die
sinkenden Energiepreise aus (GKV 2000a, S. 3).
Die aktuelle Entwicklung wird im Wesentlichen durch den folgenden Trend bestimmt.
Die anwendungstechnischen Abteilungen bei den Kunststofferzeugern werden
reduziert, die Leistungen teilweise von Distributoren übernommen und die
kunststoffverarbeitenden Betriebe versuchen, ihre Wertschöpfungskette in der
Produktion und bei der Entwicklung zu verlängern. Außerdem übernehmen sie mehr
Projektverantwortung und werden zunehmend auch zu Dienstleistern. Das bedeutet,
dass sie die Verantwortung für die stetige Verfügbarkeit der gelieferten Maschinen und
Anlagen übernehmen, Wartungsverträge abschließen und nutzungsabhängige
Zahlungsmodelle,
Instandhaltungskonzepte,
Teleservice
sowie
Finanzierungsunterstützung anbieten (GKV 2000c, S.2).
-
Strategien der Unternehmen
Die Kunststoffverarbeiter gehen einerseits auf die Servicebedürfnisse ihrer Nachfrager
ein, indem sie produktbegleitende Dienstleistungen anbieten. Andererseits führen sie
in hohem Maße Prozess- und Produktinnovationen durch.
Standortprofil
Ganz besonders kritisch werden die neuen Abschreibungsregelungen und die
höheren Energiekosten infolge des Erneuerbare Energien-Gesetzes betrachtet.
Ferner gibt der Rückzug der Banken aus dem Firmenkundengeschäft Anlass zur
Sorge.
Quelle: GKV 2000b, S. 3 f.
A.10. Luft- und Raumfahrtindustrie
63
-
Kurzcharakteristik der Branche
Kenndaten der Luft- und Raumfahrtindustrie
Die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie beschäftigt zur Zeit etwa 68.100
Arbeitnehmer. Ausgehend von einer Gesamtbeschäftigung in Höhe von 95.000 im
Jahre 1990 nahm die Zahl der Beschäftigten bis 1997 auf rund 61.000 ab und stieg
seither wieder leicht an. Insgesamt setzt die Branche knapp 27 Mrd. DM um, davon
61% im Ausland.
Quelle: BDLI 2000a
Die Luft- und Raumfahrtindustrie besteht im Wesentlichen aus den vier
Herstellergruppen Luft- und Raumfahrtsysteme, Triebwerke, Ausrüstung und
Werkstofftechnologien und Komponenten. Die Unternehmen stellen u.a. zivile und
militärische Flugzeuge sowie Hubschrauber, Triebwerke, Raketen und wehrtechnische
Produkte her. Typisch für die Branche ist die Verbindung von Technologien
verschiedenster
Disziplinen
zu
hochkomplexen
Systemen
und
eine
überdurchschnittliche Forschungsintensität.
-
aktuelle Entwicklungen
In den letzten Jahren hat sich in der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie ein
tiefgreifender struktureller Wandel vollzogen, der vor allem einer weltweit verschärften
Konkurrenzsituation Rechnung trug (BDLI 1999). Um ihre internationale
Wettbewerbsfähigkeit in diesem schwierigen Umfeld zu sichern, haben die
Unternehmen der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie Initiativen zur nationalen
und europäischen Neuordnung der Industrie ergriffen.
Auf der nationalen Ebene sind Fusionen und die Restrukturierung der Zulieferkette zu
nennen. Am Ende der Zulieferkette stehen in der Luft- und Raumfahrtindustrie die
Systemintegratoren bzw. Endproduktlieferanten. Um diese Funktion ausüben zu
können, müssen diese in der Lage sein, alle verschiedenen technologischen Systeme
- die z. B. für den Bau eines Flugzeugs notwendig sind - zu erstellen und
zusammenzufügen (Systemfähigkeit). Eine Beherrschung aller Technologien des
Ausrüstungsbereichs ist betriebswirtschaftlich jedoch nicht sinnvoll. Besser ist es, sich
auf das Kerngeschäft, also die Prozesse, die man beherrscht, zu konzentrieren, und
die Fertigungstiefe weiter zu verringern. Dies bedeutet zwangsläufig, dass vielfältige
Arbeiten an Zulieferer aller Ebenen vergeben werden müssen.
Das Verhältnis zwischen System- und Zulieferindustrie wird sich deshalb grundlegend
in Richtung einer "Partnership Supply Chain" mit verteilten Verantwortungs- und
Risikobereichen verändern. Als Partner kommen größere Zulieferbetriebe in Frage, die
in der Lage sind, die entsprechenden finanziellen und technischen Risiken zu tragen.
Gegenleistung für die Übernahme der Verantwortung und des Risikos werden
längerfristige und engere Beziehungen mit dem Systempartner sein.
-
Strategien der Unternehmen
Um die aktuellen Entwicklungen bewältigen zu können, stehen der mittelständisch
geprägten Ausrüstungsindustrie drei Möglichkeiten zur Auswahl. Erstens können sich
Unternehmen der gleichen Produktgruppe zusammenschließen und damit
64
finanzkräftig und subsystemfähig werden. Zweitens können Geräte- bzw.
Komponentenhersteller komplementärer Produkte Kooperationen eingehen und
Produktstrategien auf der Subsystemebene gemeinsam entwickeln. Schließlich
besteht die Möglichkeit, sich als Nischenproduzent von der Entwicklung der
Zulieferkette unabhängig zu machen und spezifische Einzelkomponenten anzubieten
(BDLI 2000b, S. 3).
Die Endprodukthersteller versuchen, die europäische Luft- und Raumfahrtindustrie zu
vernetzen. Der Zusammenschluss der Airbus-Kooperationspartner zur EADS ist
letztlich eine Reaktion auf die Integration, die in der amerikanischen Luftfahrt
stattgefunden hat.
Standortprofil
Besonders kritisch wird die seit zehn Jahren rückläufige Entwicklung der Ausgaben
des Verteidigungsministeriums für wehrtechnische Aufträge gesehen, auf die z. B.
letztlich die Halbierung der Beschäftigung im Bereich Luftfahrt-Militärtechnik
zurückzuführen ist. Ebenfalls kritisiert wird der Rückgang der Förderquote in der
Luftfahrtforschung sowie des Raumfahrtbudgets. Auch der deutsche Sonderweg bei
der
Rüs-tungsexportkontrolle
gefährdet
nach
Auffassung
der
Branchenunternehmen den Standort Deutschland.
Quelle: BDLI 2000c; Die Welt 2000a
A.11. Maschinen- und Anlagenbau
-
Kurzcharakteristik der Branche
Kenndaten des Maschinenbaus
Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau umfasst nahezu 6.000, überwiegend
mittelständische Unternehmen. Insgesamt beschäftigen die Unternehmen der
Branche 927.000 Arbeitnehmer. Der Gesamtumsatz lag 1999 bei knapp 260 Mrd.
DM, wobei rund 47% im Exportgeschäft verdient wurden. Beim Maschinenbau
handelt es sich um eine sehr heterogen strukturierte Branche mit 33 verschiedenen
Fachzweigen, deren zugehörige Unternehmen über 20.000 verschiedene Produkte
herstellen.
Quelle: VDMA 2000; Wimmers/Wolter/Fieten 1997, S. 65 f.
Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit im Maschinenbau ist die Bereitstellung der
Ausrüstung (Maschinen und Anlagen) für andere Wirtschaftsbereiche. Bedeutend sind
ebenfalls Vorleistungslieferungen wie Maschinenkomponenten (z. B. Zahnräder) und
Produktbestandteile (z. B. Getriebe) sowie produktbegleitende Dienstleistungen in
Form von Beratung, Installation, Engineering und Software-Erstellung.
Als besondere Kennzeichen der Branche sind die überdurchschnittliche Personalkostenintensität, die Export- sowie die Konjunkturabhängigkeit zu nennen. So liegt der
Anteil der Personalkosten an den Gesamtkosten mit 36 Prozent etwa neun
Prozentpunkte über dem Durchschnitt der Industrie insgesamt. Zurückzuführen ist dies
65
auf die hohe Qualifikation der Beschäftigten und die hohe Fertigungstiefe. Die
Exportquote des Maschinenbaus ist mit 47% ebenfalls überdurchschnittlich hoch,
wobei der größte Teil der Exporte auf westeuropäische Länder entfällt. Eine Folge der
Konjunkturabhängigkeit ist, dass die Unternehmen positive und negative Bewegungen
schneller spüren, wovon sie ungleich stärker betroffen sind als andere Branchen
(Wimmers/Wolter/Fieten 1997, S. 66).
-
aktuelle Entwicklungen
Unter den aktuellen Entwicklungen sind drei grundlegende Tendenzen hervorzuheben.
Die Kunden der Maschinen- und Anlagenbauer fragen nicht mehr nur einzelne
Maschinen oder Anlagen nach, sondern in die Geschäfts- und Produktionsprozesse
integrierbare, maßgeschneiderte Lösungskonzepte (1). Dies erfordert eine Betreuung
von der ersten Beratung bis hin zur Ersatzbeschaffung. Vor allem aber muss der
Maschinenbauer ein komplettes Paket an produktbegleitenden Dienstleistungen
bereithalten.
Die Exportmärkte, auf denen der deutsche Maschinen- und Anlagenbau aktiv ist,
wachsen (2). Nordamerika, Lateinamerika und vereinzelt auch wieder asiatische
Regionen bieten derzeit gute Exportchancen. Der Transfer von Produktionsstätten in
die osteuropäischen Länder stagniert. Auch Konzerne, die einen Teil ihrer Fertigung
zu Beginn der neunziger Jahre nach Fernost verlagert haben, produzieren mittlerweile
wieder in Deutschland. Gelegentlich ist die Aufnahme einer Produktion im Ausland
eine Folge von Auslandsinvestitionen der Abnehmerindustrien.
Der Konzentrationsgrad in der Branche ist vergleichsweise gering, wird jedoch
allmählich durch Aufkäufe zunehmen (3). Die modernen Kommunikationsstrukturen
lösen Selektionsprozesse aus. Gleichzeitig wachsen Entwicklungs- und administrativer
Aufwand der Unternehmen zur Zeit besonders stark an. Da kleine Unternehmen
diesen Aufwand vielfach nicht leisten können, bestehen daher für sie
Übernahmegefahren.
-
Strategien der Unternehmen
Die Unternehmen des Maschinenbaus verfolgen zur Zeit drei zentrale Strategien. In
den meisten Unternehmen findet ein durch die Konzentration auf die
Kernkompetenzen bedingtes Outsourcing bzw. eine Auslagerung statt (1). Dies führt
einerseits zum externen Bezug bislang intern erstellter Leistungen, andererseits aber
auch zum Verkauf von vormals im Zuge einer Diversifikationsstrategie erworbenen
Unternehmensteilen bzw. Beteiligungen. Des Weiteren betreiben die Unternehmen
intern eine starke Dezentralisierung.
Um den Wünschen ihrer Kunden nach Gesamtlösungen entgegen kommen zu
können, konzentrieren sich die Unternehmen auf die Akquisition und bieten
wissensbasierte Dienstleistungen an (2). Ihre wichtigsten Produktionsfaktoren sind die
Informations- und Kommunikationstechnologien und das produktbezogene Know-how.
Da sich die beiden vorgenannten Strategien in gewissem Sinne widersprechen,
müssen die Unternehmen ihr Leistungsangebot zunehmend im Verbund, d.h. durch
eine Netzwerkbildung, gewährleisten (3).
Standortprofil
66
Im Maschinenbau wird der Standort Deutschland überwiegend positiv beurteilt. Nach
Auffassung der Unternehmen ist der Standort für die Serienfertigung ideal. Die für
den Maschinenbau wichtigen Produktionsvoraussetzungen wie die Verfügbarkeit von
Technologien (Informations- und Kommunikationstechnologie, Oberflächentechnik,
Mechatronik), technischer Vorprodukte und Dienstleistungen, die Ausbildung in den
Hochschulen, eine funktionstüchtige Verwaltung und der Zugang zu Ergebnissen aus
der Forschung sowie die Kooperation mit wissenschaftlichen Einrichtungen sind
gegeben. Als vorteilhaft wird ebenfalls die mittelständische Struktur der Branche
angesehen. Sie gewährleistet einerseits die notwendige Flexibilität und
Kundenorientierung, andererseits sind Wettbewerbsverzerrungen durch Macht- und
Marktkonzentrationen weitgehend ausgeschlossen.
67
Als nachteilig werden die im internationalen Vergleich durch Feiertage und
Arbeitszeitverkürzung verursachten hohen Arbeitskosten betrachtet. Insofern
entsteht den Maschinenbauunternehmen ein Kostennachteil, der allerdings bislang
durch eine hohe Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer ausgeglichen wird. Weitere
Verschlechterungen der Kostenposition könnten zu einer Verlagerung der Fertigung
in das Ausland führen. Überdies zeichnet sich ein Mangel an qualifiziertem Personal
(Ingenieurlücke) ab.
Quelle: Interviews auf der Hannovermesse; Statements des DIHT Ausschusses Industrie und
Forschung im Februar 2000; VDMA 2000
A.12. Pharmazeutische Industrie
- Kurzcharakteristik der Branche
Kenndaten der Pharmazeutischen Industrie
In der Bundesrepublik Deutschland gab es 1999 etwa 1.100 überwiegend kleine und
mittlere Arzneimittelhersteller. Rund drei Dutzend der Unternehmen sind
multinationale Konzerne, die ihre Produkte weltweit vertreiben. 1999 beschäftigte
die Branche im Durchschnitt 113.000 Mitarbeiter, wobei im Zeitraum von 1993 bis
1999 in Deutschland ein Beschäftigungsrückgang von rund 20.000 zu verzeichnen
war. Die deutschen Arzneimittelhersteller sind dem internationalen Wettbewerb
vollständig ausgesetzt, was sich u.a. daran erkennen lässt, dass ausländische, vor
allem amerikanische und schweizerische, Konzerne 54,5% des gesamten Umsatzes
der Branche in Deutschland erzielten. Dennoch weist die deutsche Handelsbilanz
einen Exportüberschuss bei Arzneimitteln auf, und deutsche Hersteller tätigen über
die Hälfte ihrer Umsätze im Ausland. Bislang ist die Konzentration in der Branche
als vergleichsweise gering zu bezeichnen. So verfügen die zehn größten Hersteller in
Westdeutschland über einen Marktanteil von lediglich 29,0% (Ostdeutschland
28,8%). Allerdings dürfte die laufende Fusionswelle in der Branche zu einer
deutlichen Zunahme des Konzentrationsgrades führen. Generell ist zu sagen, dass
das Weltmarktvolumen im Bereich Pharmazeutika stetig wächst. Die Umsätze der
Arzneimittelhersteller auf dem deutschen Markt hinken der weltweiten
Wachstumsentwicklung hinterher. Während zwischen März 1999 und Februar 2000
die weltweit führenden Pharmamärkte um durchschnittlich 10% gewachsen sind,
wies der deutsche Markt mit einem Zuwachs von 5,3% eine geringere Dynamik auf,
als die meisten europäischen Märkte.
Quelle: BPI 2000a, b
Die Pharmazie-Unternehmen stellen gen- und biotechnische sowie chemischsynthetische, pflanzliche, homöopathische und anthroposophische Arzneimittel und
Generika her. Wichtige Rahmenbedingungen der Produktion sind die durchsetzbaren
Preise, die Importentwicklung bei Fertigarzneimitteln, das Nachfrageverhalten von
Ärzten und Verbrauchern im Inland, der Aufbau von Produktionskapazitäten im
Ausland sowie die bedeutende Auslandsnachfrage (BPI 2000a).
68
-
aktuelle Entwicklungen
Die Entwicklung und Herstellung von Pharmazeutika zählt innerhalb des
Themenbereichs Gesundheit zu dem umfassenden Gebiet der Life Sciences. Life
Sciences haben in den letzten Jahren bedingt durch Forschungserkenntnisse aus der
Gen- und Biotechnologie, aber auch durch Konsumtrends (Gesundheitsbewusstsein,
Ernährungsbewusstsein etc.) an Bedeutung gewonnen. Bei Investitionen in diesem
Bereich wurden bislang hohe Renditen erzielt, die man auch weiterhin erwartet.
Veränderungen in dem Wettbewerbsumfeld, der Wissenschaft, der demografischen
Entwicklung und die weltweite Verfügbarkeit von Kapital werden das Life-ScienceGeschäft zukünftig beeinflussen.
Das Wettbewerbsumfeld ist durch die fortschreitende Globalisierung, den Übergang
von lokalen zu globalen Märkten, höheren Marktanteilen einzelner, durch Fusion
entstandener Global Player und einer Vielzahl innovativer Unternehmensgründungen
gekennzeichnet. In der Wissenschaft sind ein erleichterter Zugang zu den
Universitäten, eine erhöhte Verfügbarkeit an Akademikern, das Entstehen neuer
Disziplinen, das Auftreten neuer Technologien, der Gewinn interdisziplinärer
Erkenntnisse und eine zunehmende Geschwindigkeit des Zuwaches an Wissen zu
beobachten. Im gesellschaftlichen Umfeld eröffnen demografische Veränderungen
neue Märkte, übt die Kostendämpfung im Gesundheitswesen einen Preisdruck sowie
Nachfragerückgänge aus, entstehen Life Style-Märkte, und es erhöht sich das
Absatzpotenzial in Entwicklungsländern durch Bevölkerungszuwächse. Schließlich
bestimmt die Finanzwelt bzw. das Kapital die Politik der Unternehmen, wobei die
Innovationskraft Einfluss auf die Börsenwerte ausübt, eine Vervielfachung des
verfügbaren Risikokapitals erfolgt und die Anleger dort investieren, wo sie die
höchsten Renditen erwarten.
-
Strategien der Industrieunternehmen
Viele Industrieunternehmen haben die positive Entwicklung in den Life Sciences
erkannt und wenden sich diesem Bereich zu. Im Gegensatz zu früheren
Geschäftspolitiken, bei denen Diversifizierungstrategien im Mittelpunkt standen,
richten sich die Pharma- bzw. Life-Science-Unternehmen jetzt auf das Kerngeschäft
aus. Unter den Voraussetzungen für den zukünftigen Erfolg sind eine gute
Infrastruktur, Netzwerkbildung in Industrie und Wissenschaft, schneller Zugang zu
neuen Technologien, Flexibilität, anpassungsfähige und fortbildungswillige Mitarbeiter,
Risikokapital und -bereitschaft, Verständnis für Komplexität und Zusammenhänge
sowie die Fähigkeit, Paradigmenwechsel frühzeitig zu erkennen und zu
implementieren, zu nennen.
Standortprofil
Positiv wird bewertet, dass sich in Europa die Rahmenbedingungen für die
pharmazeutische Industrie durch die erfolgte Rechtsharmonisierung in den letzten
Jahren kontinuierlich verbessert haben. So besteht seit 1995 in der EU ein
vereinfachter Marktzugang für Arzneimittel. Kritisiert wird jedoch die Fülle der
staatlichen Reglementierungen in Deutschland, sowie der staatliche Einfluss auf
die Festlegung der Arzneimittelpreise, die sich negativ auf den Forschungsstandort
Deutschland
auswirken.
Beanstandet
werden
zudem
die
unsichere
Gesundheitspolitik, die längerfristige Planungen unmöglich mache, sowie generell
69
unklare gesetzliche Vorgaben. Insgesamt
Krankenversicherungssystems beklagt.
wird
die
Verkrustung
des
Quelle: BPI 2000a S. 51, 2000b, 2000c
A.13. Schiffbau
-
Kurzcharakteristik der Branche
Kenndaten des Schiffbaus
Im deutschen Schiffbau sind zur Zeit noch um die 100 Werften, darunter etwa 30
große Seeschiffswerften tätig. Im Laufe des Jahres 1997 hat sich die Zahl der
Beschäftigten stabilisiert und Ende 1998 bei 25.500 eingependelt. Hinzu kommen
noch etwa 6.000 Mitarbeiter bei Subunternehmen. Etwa 400 Unternehmen mit rund
70.000 Beschäftigten und einem Umsatz von 16 Mrd. DM zählen zur
Schiffbauzulieferindustrie4, wobei die Zahl der Betriebe, die regelmäßig Systeme
und Komponenten an Werften und Unternehmen der Meerestechnik liefern,
vermutlich bei mehr als 1.000 liegt.
Insgesamt erzielten die deutschen Werften 1998 Umsätze von 7,6 Mrd. DM und
hatten damit eine Einbuße von 7% zu verkraften. Der Anteil des Inlandsumsatzes am
Gesamtumsatz erhöhte sich von 52% um 9 Prozentpunkte auf rund 61%. Der
Auslands-umsatz verringerte sich entsprechend von 47% auf heute 39%. Während
aber die Inlandsumsätze tatsächlich zugenommen haben, sanken die Erlöse mit dem
Ausland um nahezu 1 Mrd. DM. Somit haben die deutschen Werften auf dem
internationalen Markt für Schiffe Anteile verloren. Weltmarktführer ist Japan (Anteil
38,0%), gefolgt von Korea (20,3%), China (6,1%) und Deutschland (5,4%). Der
jetzige Auftragsbestand lastet die Kapazitäten der deutschen Werften
durchschnittlich zwei Jahre aus.
Quelle: VSM 2000a, b
Die Schiffbauindustrie stellt Containerschiffe, Massengutschiffe, Spezialtanker, Fährund
Passagierschiffe,
Ro-Ro-Schiffe,
Marineschiffe,
Binnenschiffe
und
meerestechnische
Erzeugnisse5
her
und
führt
Reparaturen
sowie
Instandsetzungsarbeiten durch.
-
aktuelle Entwicklungen
Mittlerweile ist der durch den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit notwendig gewordene
Umstrukturierungsprozess, d.h. der Personalabbau, in den Werften weitgehend
abgeschlossen und die Produktivität enorm gesteigert worden. Es ist jedoch zu
erwarten, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen, um im Wettbewerb mit anderen
Nationen zu bestehen. So haben die internationalen Finanzhilfen und der niedrige
Won-Kurs die koreanischen Schiffbaukonzerne in die Lage versetzt, Schiffe zu
4
Sie stellt Produkte wie Navigations-, Steuerungs- und Regelungssysteme, Informations- und
Kommunikationssysteme, Antriebstechnik, Motoren, Getriebe, Decksmaschinen, Hydraulikaggregate,
Automatisierungs- und elektronische Systeme her.
5 Es handelt sich um sogenannte „Offshore“-Technik zur Exploration und Gewinnung von Öl und Gas,
Polar-, marine Umwelt- und Verkehrstechnik.
70
äußerst geringen Preisen herstellen zu können. In der Folge gingen z. B. im Jahre
1997 nahezu 50% aller Containerschiffaufträge an südkoreanische Werften. Überdies
versuchen Japan und Korea, in anspruchsvollen, bisher von europäischen Werften
dominierten Schiffbaubereichen (z. B. Fähr- und Passagierschiffe) Fuß zu fassen.
Zukünftig ist damit zu rechnen, dass mit China ein weiterer preisgünstiger Anbieter auf
den Weltmärkten operiert. Somit deutet auf dem Weltschiffbaumarkt alles auf einen
Verdrängungswettbewerb hin. Positiv ist zu beurteilen, dass die Tankertonnage zur
Zeit ins Ersatzalter kommt und daher die Auftragslage bei den deutschen Werften als
gut zu bezeichnen ist (VSM 2000a, b).
Im Marineschiffbau haben die rund zehn in diesem Marktsegment aktiven
Seeschiffswerften
nach
wie
vor
eine
unangefochtene,
marktführende
Wettbewerbsposition. Innerhalb des Binnenschiffbaus wird der größte Teil des
Umsatzes durch Reparaturen und Umbauten und nicht durch Neubauten erzielt. Hier
ist jedoch zu erwarten, dass die vorhandenen Binnenschiffe in das Ersatzzeitalter
kommen. Ähnlich wie der Marineschiffbau hat auch die Schiffbau-Zulieferindustrie
einen international hervorragenden Ruf und rangiert mit ihren Produkten hinter der
japanischen auf Platz zwei. In der Meerestechnik ist eine wachsende internationale
Nachfrage zu beobachten, weitere Impulse verspricht sich die Meerestechnik von
staatlichen Forschungsfördermaßnahmen (BMBF, EU) (VSM 2000a, b).
-
Strategien der Unternehmen
Angesichts des weltweiten Verdrängungswettbewerbes versuchen europäische und
damit auch deutsche Werften sich in Nischen zu etablieren oder zu behaupten.
Deshalb richten sie sich auf den Bau von Fähr- und Passagier-, Spezialschiffen (z. B.
Marineschiffe) und das Anbieten von meerestechnologischen Erzeugnissen aus. Des
Weiteren versuchen sie technische Innovationen (z. B. Schiffsrümpfe aus Kohlefasern)
voranzutreiben und im Hochtechnologiebereich Fuß zu fassen bzw. ihre Position zu
halten. Vielfach gehen sie diesbezüglich auch Kooperationen ein (VSM 2000a, b).
Standortprofil
Begrüßt wird die Fortführung des Wettbewerbshilfeprogramms durch Bund und
Länder, sowie die politische Unterstützung der Bundesregierung im Zusammenhang
mit den Staatsinterventionen in Korea. Kritisiert wird, dass sich die
Lohnforderungen der Gewerkschaften nicht ausreichend am globalen Wettbewerb
orientieren und daher die Beschäftigung gefährden. Negativ beurteilt wird weiter die
Unsicherheit über die Abschreibungszeiten für Schiffe.
Quelle: VSM 2000b
A.14. Textil- und Bekleidungsindustrie
- Kurzcharakteristik der Branche
Kenndaten der Textil- und Bekleidungsindustrie
In der Textilindustrie wurden im Jahre 1999 1230, in der Bekleidungsindustrie 779
71
Betriebe gezählt. Die Zahl der Beschäftigten lag im Jahre 2000 bei knapp 124.000
(Textilindustrie) bzw. 73.500 (Bekleidungsindustrie). Allein in der Textilindustrie
gingen 1999 über 5000 Arbeitsplätze verloren. Insgesamt ist die Beschäftigung in der
deutschen Textilindustrie in den letzten beiden Dekaden rückläufig (1980: ca.
300.000).
Ein Großteil der Produkte der Textilindustrieunternehmen wird an die
Bekleidungsindustrie geliefert (Anteil 45%), weitere Fertigungsbereiche sind Heimund Haus-textilien (30%) sowie „technische“ Textilien (25%), die von der
Automobilindustrie, dem Baugewerbe und der Medizintechnik benötigt werden. Der
Umsatz der Textilindustrie lag 1999 bei knapp 29,7 Mrd. DM, der Umsatz der
Bekleidungsindustrie bei 21,5 Mrd. DM. Insgesamt wurden Textil- und
Bekleidungswaren im Wert von 34,8 Mrd. DM exportiert.
Quelle: Gesamttextil 2000
-
aktuelle Entwicklungen
Wie in einigen anderen Branchen auch, stagniert die Binnennachfrage nach Textilien,
während die Nachfrage aus dem Ausland wächst. Ein besonders ausgeprägtes
Wachstum ist jedoch nur bei den technischen Textilien zu erwarten. Insgesamt ist die
Ausgangsposition der deutschen Textilindustrie als gut zu bezeichnen, zumal sie,
abgesehen vom Bereich Bekleidung, die im internationalen Vergleich höchsten
Marktanteile hält. In den Hauptabsatzmärkten der Textilindustrie in Westeuropa ist zur
Zeit allenfalls ein moderates Wachstum, teilweise eine Stagnation zu erwarten.
Wachstumsmärkte für Textilien sind u. a. Ostasien und Lateinamerika.
-
Strategien der Unternehmen
Da die Wachstumsmärkte der Zukunft nicht im Hauptabsatzgebiet der Textilindustrie,
also in Westeuropa liegen, verlagert die deutsche Textilindustrie zunehmend einen
Teil ihrer Produktion in diese Wirtschaftsräume, um die dort gegebenen Marktchancen
konsequent zu nutzen. Gleichzeitig profitieren die Unternehmen dadurch von dem dort
geringeren Kostenniveau und sichern auf diese Weise den Erhalt ihrer
Produktionsstandorte in Deutschland.
Standortprofil
Die Textilindustrie kritisiert ganz allgemein die deutschen Standortbedingungen,
wobei in dieser Branche die nationalen Faktoren zunehmend in den Hintergrund
treten und internationale Einflüsse immer wichtiger werden. Von großem Interesse ist
vor allem die internationale Handelspolitik sowie die Öffnung der Märkte und der
Abbau von Handelshemmnissen.
Quelle: Gesamttextil 1999
72
Literatur
Adam Opel AG, 2000, Geschäftsbericht, Internetseite:
http://www.opel.de/company/annual/?mode=be_lage, Stand: 02.08.2000.
Audi, 2000, Internetseite:
http://www.audi.com/java/news/stage/aktuell/ct_news34_de.html, Stand: 31.10.2000.
Aventis,1999, Innovativ, kooperativ, wettbewerbsfähig – our challenge is life, Hrsg.
Dr. Friedmar Nusch.
Aventis, 2000, Internetseite: http://www.pharma.aventis.de/, Stand: 01.08.2000.
BASF AG, 2000, Geschäftsbericht 1999 unter:
http://www.basf.de/basf/html/d/investor/gb99/mitarbeiter.htm, Stand: 01.08.2000.
Bayer AG, 2000, unter:
http://www.bayer.de/unternehmen/standorte/deutschland_de.html, Stand: 01.08.2000.
BDLI, Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie e.V., 1999,
Jahresbericht 1998/1999, unter: http://www.bdli.de/aktuell.htm, Stand: Oktober 1999.
BDLI, Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie e.V., 2000a,
Zahlen/Daten/Fakten, unter: http://www.bdli.de/statist.htm, Stand:30.10.2000.
BDLI, Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie e.V., 2000b, BDLIInitiative für den Mittelstand, unter: http://www.bdli.de/mittel.htm, Stand: 30.10.2000.
BDLI, Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie e.V., 2000c,
Exportrichtlinien gefährden deutsche Position in europäischer Verteidigungdindustrie,
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