Die Antwort auf den Klimawandel: ein nachhaltiger Investitionschub Carlo Jaeger, PIK, ECF Nachhaltige Geldanlagen 2009 11. November, Frankfurt School of Finance & Management Die Antwort auf den Klimawandel: ein nachhaltiger Investitionschub Prof. Carlo C. Jaeger Potsdam Schriftliche Unterlage zum Vortrag an der Konferenz “Nachhaltige Geldanlagen 2009, 11. November, Frankfurt School of Finance & Management”. Die Schaubilder werden so eng mit dem gesprochenen Wort verbunden sein, dass sie nicht als schriftliche Fassung geeignet sind – deshalb der folgende Text: Vor einem Jahr wies ich in meinem Beitrag zur Konferenz “Nachhaltige Geldanlagen 2008” auf die Investitionsmöglichkeiten hin, die sich ergeben, wenn in Zukunft ein erheblicher Teil der europäischen Energienachfrage durch erneuerbare Energien aus Nordafrika abgedeckt werden sollte. Inzwischen haben 12 namhafte Unternehmen gemeinsam mit der Desertec-Foundation die Desertec Industrial Initiative gegründet, die in dieser Perspektive für das kommende Jahrzehnt Investitionen von rund 400 Milliarden € ins Auge fasst. Auch in anderen Bereichen eröffnet der Nachhaltigkeitsgedanke bemerkenswerte Investitionsmöglichkeiten. Vor wenigen Tagen machte Warren Buffett Schlagzeilen, indem er mit einem Einsatz von über 30 Milliarden € eine amerikanische Eisenbahngesellschaft übernahm. Zu den Gründen für seinen Entscheid gehörte die Einschätzung, dass steigende Ölpreise den Güterverkehr von der Strasse auf die Schiene verlagern werden, und die Tatsache, dass die Transportlinien der betreffenden Gesellschaft für den Transport relativ umweltfreundlicher – weil schwefelarmer – Kohle besonders wichtig sind. Das Thema Kohle wird in Deutschland sehr kontrovers diskutiert. In Amerika, in China und einigen anderen Ländern ist jedoch Kohle so reichlich und zugleich kostengünstig abbaubar, dass in den kommenden Jahrzehnten mit dem Einsatz gewaltiger Mengen an Kohle zu rechnen ist. Wie wird sich das mit dem Problem des Klimawandels vertragen? Zunächst überhaupt nicht. Über kurz oder lang jedoch werden die wichtigsten Kohleproduzenten, allen voran die USA und China, beginnen, das Treibhausgas, das bei der Verbrennung von Kohle entsteht, einzufangen und in geologischen Formationen zu speichern. Ich sehe noch die Karten vor mir, auf denen mir Dan Schrag, einer der bedeutendsten Geologen unserer Zeit, in Harvard erklärte, wie sich das Kohlendioxid speichern lasse: Indem wir es unter küstennahen Ozeansedimenten wieder in die Erdkruste einfügen, aus der wir die fossilen Brennstoffe, diese Überreste uralter Wälder, gewinnen. Auch in der Kohletechnologie wird das Klimaproblem weltweit große Investitionsströme auslösen. Investitionen in Technologien zur Speicherung von Kohlendioxid werden noch aus einem anderen Grund für die Bewältigung des Klimaproblems entscheidend sein: Über kurz oder lang werden wir Treibhausgase aus der Atmosphere zurückholen müssen, zum Beispiel indem wir Biomasse verbrennen und das dabei entstehende Kohlendioxid einfangen und in geologischen Formationen speichern. Das Klimaproblem wird nicht durch eine einzelne Maßnahme, sondern durch eine Vielzahl von Initiativen gelöst werden. Besonders wichtig sind dabei Investitionen in Gebäude und urbane Infrastrukturen. China zum Beispiel braucht pro Einheit Sozialprodukt etwa 30 mal soviel Energie wie Japan, und das in erster Linie wegen der enormen Energieverschwendung in Wohn- und anderen Bauten. Ähnliches gilt in Rußland, wo über ein Drittel des nationalen Energieverbrauchs in höchst ineffiziente Gebäudeheizungen geht. Aber auch in Deutschland sind noch gewaltige Effizienzreserven im Gebäudesektor vorhanden. Um die entsprechenden Effizienzgewinne zu realisieren, werden allein in Deutschland Investitionen in der Größenordnung von 500 Milliarden € erforderlich sein. Das Klimaproblem ist nur ein Aspekt der Herausforderung der nachhaltigen Entwicklung, die die kommenden Jahrzehnte prägen wird. Mindestens so wichtig, und eng mit dem Klimaproblem verknüpft, wird das Management der Wassernutzung sein. Weltweit werden zum Beispiel Technologien des “precision farming” die Landwirtschaft ähnlich massiv verändern wie die Einführung von Kunstdünger und Traktor das in der Vergangenheit getan hat, aber diesmal unter ökologischem Vorzeichen. Computergesteuerte Bewässerungssysteme, neue Pflanzensorten (einschließlich Algen zur Energiegewinnung), verbesserte Ernte- und Transporttechniken werden die Produktion von Lebensmitteln für 9 Milliarden Menschen mit wachsendem Wohlstand ermöglichen – und dazu werden massive Investitionen gehören. Investitionen in nachhaltige Entwicklung werden die Kapitalmärkte der Welt nicht nur quantitativ verändern. Sie werden auch eine qualitative Veränderung bedeuten wegen der enormen Anzahl technischer Innovationen, die damit einhergehen. Es geht nicht um eine einzelne Innovation, die wie mit einem Zauberstab das Problem der Klimawandels aus der Welt schaffen würde. Weder die Kernfusion noch die Brennstoffzelle noch die Photovoltaik wird so etwas leisten. Viellmehr wird der Übergang zu einer nachhaltigen Entwicklung ein Zusammenspiel vieler, oft unscheinbarer Innovationen erfordern, ähnlich wie das Zusammenspiel vieler kleiner Fortschrittte im Containerbau, der Computertechnik und der Telekommunikation das weltweite Transportwesen revolutioniert hat. Es ist ganz unmöglich, vorauszusagen, welche Innovation sich am Markt durchsetzen wird und welche nicht. Ein nachhaltiger Investitionsschub verlangt deshalb auch neue Instrumente zur Förderung und Nutzung der entsprechenden Innovationen. Vieles wird sich im Rahmen kompetitiver Märkte entwickeln, doch manches wird neue Formen von Public-private-partnerships verlangen. Eine kleine Anregung in diese Richtung zum Schluss: Die Schwachstellen des gegenwärtigen Ratingwesens, die die Finanzkrise offenbart hat, sollten mit RatingAgenturen behoben werden, deren Unabhängigkeit die öffentliche Hand gewährleistet. Diese könnten besonders nachhaltige Finanzinstrumente zertifizieren, wobei im Unterschied zu gegenwärtigen Nachhaltigkeitsrankings auch eine empirische Überprüfung der tatsächlichen Umweltwirkung erfolgen sollte. Derart zertifizierte Instrumente wiederum könnten durch steuerliche Anreize gefördert werden. Institutionelle wie private Investoren würden darauf zweifellos sehr aufmerksam reagieren. Überblick • Nachhaltige Investitionen • Investition und Innovation • Zwei Pfade für Deutschland Investition: rund 400 Mrd.€ Buffetts Investition : über 30 Mrd.€ Investition global: über 2 Bio.€ Investition global: über 500 Mrd € Investition in D: über 300 Mrd € Investition global: über 400 Mrd € Nachhaltigkeit und Banken Nachhaltigkeit braucht Innovation Zwei Pfade für Deutschland „Weiter so“ • + 1% Wirtschaftswachstum • - 1% Emissionsreduktion • ~ 8% Arbeitslosigkeit „Nachhaltige Investitionen“ • + 3% Wirtschaftswachstum • - 3% Emissionsreduktion • ~ 4% Arbeitslosigkeit Download der Studie „Wege aus der Wachstumskrise“ www.European-Climate-Forum.net Abschlußkonferenz des BMBF-Projektes „Mainstreaming von Klimarisiken und -chancen im Finanzsektor“ 27. November, 9.00-16.30 Uhr KfW Bankengruppe, Frankfurt/Main www.climate-mainstreaming.net/ konferenzen.htm