Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 14. Februar 2007 07.27 Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) Bericht und Entwurf zur 1. Beratung -2- Inhaltsverzeichnis 1. Ausgangslage 1.1 Einleitung 1.2 Parlamentarische Vorstösse 1.3 Verhältnis zur Justizreform 4 4 5 5 2. Vernehmlassungsverfahren 6 3. Überblick über die Änderungen im neuen VRPG 3.1 Instanzenzug 3.2 Parteilehre 3.3 Verfahren vor Versicherungsgericht 3.4 Beschränkung auf Verfahrensvorschriften 3.5 Verschiedene andere Anliegen 7 7 9 9 10 10 4. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen 4.1 Geltungsbereich 4.2 Grundsätze des Verwaltungsrechts 4.3 Verfahrensvorschriften 4.4 Rechtsschutz 4.4.1 Rechtsbehelfe 4.4.2 Rechtsmittel 4.4.3 Verwaltungsrechtliche Klagen 4.4.4 Wiederaufnahme 4.5 Überprüfung von Erlassen durch das Verwaltungsgericht 4.6 Vollstreckung 4.7 Schluss- und Übergangsbestimmungen 4.7.1 Verschiedene Schluss- und Übergangsbestimmungen 4.7.2 Fremdänderungen 4.7.3 Fremdaufhebungen 4.7.4 Publikation und Inkraftsetzung der Fremdänderungen und -aufhebungen 11 11 13 16 50 50 52 72 77 80 84 89 89 90 108 109 5. Weiterer Revisionsbedarf 109 6. Finanzielle und personelle Auswirkungen 109 7. Auswirkungen auf die Wirtschaft 110 8. Auswirkungen auf die Gemeinden 111 Antrag: 111 -3- Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir beehren uns, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf für eine Totalrevision des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRPG) zu unterbreiten und erstatten Ihnen dazu folgenden Bericht: Zusammenfassung Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht regeln das Zustandekommen von Entscheiden der Verwaltung und den verwaltungsrechtlichen Rechtsschutz. Im Kanton Aargau ist das Verwaltungsverfahrensrecht heute weitgehend im Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) vom 9. Juli 1968 geregelt. Dieser Erlass wird einer Totalrevision unterzogen und durch einen neuen Erlass ersetzt. Die Totalrevision des VRPG ist ein Teilprojekt der Justizreform (Entwicklungsschwerpunkt 100ES35 des Aufgaben- und Finanzplans 2007-2010). Letztere strebt die Umsetzung von Massnahmen zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung und damit zur Entlastung der Gerichte und der verwaltungsinternen Rechtspflege an. Die Totalrevision ist gleichzeitig die zeitgerechte Umsetzung der Justizreform des Bundes verbunden mit den notwendigen Anpassungen, wie sie vom Bundesgerichtsgesetz für die öffentlichrechtlichen Verfahren verlangt sind. Die Revisionsarbeiten stützen sich auch auf die durch den Grossen Rat im Zusammenhang mit der Justizreform verabschiedeten Leitsätze. Das neue Gesetz orientiert sich stark an den nach wie vor sachgerechten Elementen des heutigen VRPG, bringt aber einige gewichtige Neuerungen: Instanzenzug: Oftmals weist der Rechtsmittelweg zwei oder mehrere Beschwerdeinstanzen mit gleicher Überprüfungsbefugnis auf. Die Folge davon ist eine lange Prozessdauer ohne einen in grundsätzlicher Hinsicht verbesserten Rechtsschutz. Es drängt sich daher auf, die bestehenden Instanzenzüge zu überprüfen und gegebenenfalls zu verkürzen. Auf kantonaler Stufe sollen höchstens, aber in der Regel zwei Beschwerdeinstanzen mit der Verwaltungsrechtspflege befasst sein, wobei die zweite Rechtsmittelinstanz von Ausnahmen abgesehen keine Ermessenskontrolle hat. BV 29a: Am 1. Januar 2007 ist ein neuer Artikel in der Bundesverfassung (Art. 29a) in Kraft getreten, der jeder Person bei Rechtsstreitigkeiten grundsätzlich einen Anspruch auf Beurteilung der Streitsache durch eine richterliche Behörde gibt. Dieser neuen Vorschrift wird im neuen VRPG ebenso Rechnung getragen wie den Anforderungen, die das neue Bundesgerichtsgesetz an den kantonalen Rechtsschutz stellt. -4- Parteilehre: Die fehlende Definition der Verfahrensbeteiligten im geltenden VRPG führte zu erheblichen Schwierigkeiten und Unsicherheiten in einem Punkt, der an sich zweifelsfrei geklärt sein sollte, da mit der Parteistellung die Verfahrensrechte und -pflichten wie rechtliches Gehör, Akteneinsicht, Anspruch auf Kostenersatz, Pflicht zur Kostentragung und dergleichen verbunden sind. Das neue VRPG behebt diesen Mangel. Verfahren vor Versicherungsgericht: Das neue VRPG regelt auch das Verfahren vor Versicherungsgericht. Damit kann die inhaltlich längst nicht mehr genügende und teilweise bundesrechtswidrige Verordnung über die Rechtspflege in Sozialversicherungssachen aufgehoben werden. Beschränkung auf Verfahrensvorschriften: Das geltende VRPG beinhaltet organisationsrechtliche Bestimmungen über das Verwaltungsgericht (vgl. §§ 9-14 VRPG). Diese Bestimmungen gehören nicht ins VRPG, sondern ins Gerichtsorganisationsgesetz (GOG). Das neue Gesetz regelt das Verfahren präziser und dient dadurch sowohl den rechtsanwendenden Behörden als auch den betroffenen Privaten. 1. Ausgangslage 1.1 Einleitung Im Kanton Aargau ist das Verwaltungsverfahrensrecht zur Hauptsache im Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) vom 9. Juli 1968 geregelt. Dieser Erlass wird aus verschiedenen Gründen (vgl. unten Ziffer 3) einer Totalrevision unterzogen und durch einen neuen Erlass ersetzt. Zum Verwaltungsrecht gehören alle Rechtsnormen, welche die Tätigkeit, die Organisation und das Verfahren der Verwaltungsbehörden regeln. Die Verwaltungsbehörden sind für den Vollzug der ihnen kraft Gesetz zugewiesenen Aufgaben zuständig. Das materielle Verwaltungsrecht ergibt sich in erster Linie aus den Rechtsgrundlagen der einschlägigen Gesetze, Dekrete und Verordnungen (Baurecht, Schulrecht, Gesundheitsrecht etc.). Es regelt insbesondere die Rechtsbeziehungen des Staates zu seinen Bürgern (Rechte und Pflichten), aber auch die Funktionsweise der Institutionen der Verwaltung und ihr Verhältnis zueinander. Das materielle Verwaltungsrecht wird ergänzt durch das Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht, welche das Zustandekommen von Entscheiden der Verwaltung und den verwaltungsrechtlichen Rechtsschutz ordnen. Eine Behörde, die beispielsweise eine Bewilligung erteilt oder verweigert, verwaltungsrechtlichen Zwang anordnet oder Aufsichtspflichten wahrnimmt, hat sich an bestimmte Grundsätze und Abläufe zu halten. Diese Grundsätze und vordefinierten Abläufe gehören zum Verwaltungsverfahrensrecht. Hier geht es somit nicht um das Ergebnis eines Entscheids der Verwaltung, sondern um dessen Zustandekommen. -5- 1.2 Parlamentarische Vorstösse Im Kanton Aargau sind im Zusammenhang mit dem VRPG folgende parlamentarische Vorstösse überwiesen worden: Dr. Beat Edelmann, Zurzach, hat mit Motion vom 7. Dezember 1999 den Regierungsrat eingeladen, § 36 VRPG so abzuändern, dass den obsiegenden Gemeinwesen im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Parteientschädigung zugesprochen wird. Der Regierungsrat beantragte am 15. März 2000, die Motion abzulehnen. Der Grosse Rat überwies jedoch die Motion am 9. Mai 2000 mit 75 gegen 40 Stimmen an den Regierungsrat. Die Motion wurde im Rahmen dieser Totalrevision des VRPG einer näheren Prüfung unterzogen. Es wird auf die Ausführungen zu § 32 Abs. 4 nVRPG unter Ziffer 5 verwiesen und beantragt, die Motion als erledigt abzuschreiben. Martin Bhend, Oftringen, hat am 4. Juni 2002 eine Motion betreffend Änderung bzw. Ergänzung des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRPG) zur finanziellen Sicherstellung von Ersatzvornahmen durch die öffentliche Hand eingereicht. Der Regierungsrat hat sich mit Datum vom 25. September 2002 bereit erklärt, den erwähnten Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen. Der Motionär war mit der Umwandlung in ein Postulat einverstanden. Das Postulat wurde im Zusammenhang mit § 82 nVRPG geprüft; es wird auf die Ausführungen zu § 82 nVRPG verwiesen und beantragt, das Postulat als erledigt abzuschreiben. 1.3 Verhältnis zur Justizreform Die Justizreform (Entwicklungsschwerpunkt 100ES35 des Aufgaben- und Finanzplans 20072010) strebt die Umsetzung von Massnahmen zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung und damit zur Entlastung der Gerichte und der verwaltungsinternen Rechtspflege an. Die Verwaltungsrechtpflege ist damit auch ein Teilbereich der Justizreform. Mit den Revisionsarbeiten wurde eigens eine Teilprojektgruppe beauftragt. In dieser Teilprojektgruppe sind das Verwaltungsgericht, die Spezialverwaltungsgerichte, der Rechtsdienst des Regierungsrats, ein ehemaliger Oberrichter und Bundesrichter sowie das Departement Volkswirtschaft und Inneres vertreten. Die Teilprojektgruppe hat sich zuerst gründlich mit Fragen des Instanzenzugs und hernach mit zahlreichen anderen Revisionsanliegen in der Verwaltungsrechtspflege befasst. Schliesslich wurde auch noch ein besonderer Bereich der Verwaltungsrechtspflege, die Rechtspflege in Sozialversicherungssachen (Verfahren vor Versicherungsgericht), in die allgemeinen Arbeiten einbezogen. Die Arbeiten stützen sich massgeblich auf die nach wie vor sachgerechten Elemente des heutigen VRPG und orientieren sich an den durch den Grossen Rat im Zusammenhang mit der Justizreform verabschiedeten Leitsätzen (vgl. Botschaft Nr. 99.343 des Regierungsrats und Beschluss des Grossen Rates vom 9. Mai 2000 sowie Botschaft Nr. 03.311 des Regie- -6- rungsrats vom 29. Oktober 2003 und Beschluss des Grossen Rates vom 4. Mai 2004 zu den Leitsätzen). 2. Vernehmlassungsverfahren Im Rahmen des Anhörungsverfahrens wurden die politischen Parteien sowie die betroffenen Verbände und Organisationen zur Vernehmlassung eingeladen. Die Vernehmlassung dauerte vom 23. Januar bis zum 2. Mai 2006. Es sind über 20 Stellungnahmen eingegangen. Zu den einzelnen Themen äusserten sich die Vernehmlassungsteilnehmenden zusammenfassend wie folgt: – – – – – – – – Bis auf den Aarg. Gewerbeverband erklärten sich alle Vernehmlassungsteilnehmenden mit dem neuen Instanzenmodell einverstanden. Sämtliche Parteien sind mit der Definition der Verfahrensbeteiligten einverstanden. Ablehnung kam vom Gemeindeschreiberverband, drei Gemeinden, vom Bauverwalterverband und der Gemeindeammännervereinigung. Alle Vernehmlassungsteilnehmenden sind damit einverstanden, dass mit dem neuen VRPG auch das Verfahren vor Versicherungsgericht geregelt wird. Die Verschiebung der organisationsrechtlichen Bestimmungen vom heutigen VRPG ins Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) war unbestritten. Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden hat sich für die Regelung der Höhe des Verzugszinses im neuen VRPG ausgesprochen. Die vorgeschlagene Höhe des Verzugszinses von 4% wurde jedoch allgemein als zu niedrig erachtet, und eine grosse Mehrheit hat sich für 5% (wie im heutigen VRPG und im Obligationenrecht) ausgesprochen. Der Verzugszins wurde daher im vorliegenden Entwurf bei 5% festgesetzt (s. § 6 des Entwurfs). Sämtliche Vernehmlassungsteilnehmenden sind mit einer gesetzlichen Regelung des Vergleichs einverstanden (s. § 19 des Entwurfs). Der Vorschlag, dass auch die Verwaltungsjustizbehörden ihre Entscheide im Dispositiv zustellen dürfen, fand in der Vernehmlassung nur eine knappe Mehrheit, insbesondere die SP, der Gemeindeschreiberverband, die Gemeindeammännervereinigung und der Anwaltsverband haben sich dagegen ausgesprochen. Da diese Massnahme – jedenfalls in einzelnen Sachgebieten – zu einer Effektivitäts- und Effizienzsteigerung und damit zu einer Entlastung der Gerichte führen kann und damit im Sinn der Justizreform liegt, wurde daran festgehalten (s. § 26 des Entwurfs). Vom Aargauischen Bauverwalterverband, vom Aargauischen Gemeindeschreiberverband sowie von drei Gemeinden wurde massiv kritisiert, dass die Gemeinwesen gemäss § 30 Abs. 2 des Vernehmlassungsentwurfs neu Verfahrenskosten tragen müssen, dem Gemeinwesen aber – wie gemäss bisheriger Praxis des Verwaltungsgerichts - kein Anspruch auf Parteientschädigung zusteht (§ 31 Abs. 4 Vernehmlassungsentwurf). Angesichts des Widerstands der Gemeinden schlägt die Expertenkommission im vorliegenden Entwurf folgenden Kompromiss vor: Die Behörden müssen wie bisher grundsätzlich keine Verfahrenskosten tragen (§ 31 Abs. 2 Satz 2 neues VRPG, ausgenommen sind grobe Verfahrensfehler oder willkürliche, das heisst qualifiziert falsche Entscheide), erhalten aber wie bisher auch keine Parteientschädigung bei Obsiegen (§ 32 Abs. 4 neues VRPG). Diese Lösung rechtfertigt sich auch unter dem Gesichtspunkt, -7- – – – – dass die kantonsinterne Verrechnung des Aufwands zwar konsequent wäre, die Buchungen aber intern einen sehr hohen Aufwand verursachen würden, der sich kaum rechtfertigen lässt. Detaillierte Ausführungen dazu finden sich unter § 32 Ziff. 4 und 5. Die Anpassung der Dauer der kantonalen Rechtsmittelfristen an die Rechtsmittelfristen des Bundes fand in der Vernehmlassung einhellige Unterstützung (s. Ziffer 3.5 und § 44 der Botschaft). Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden erklärte sich mit der Aufwertung der Stellung der Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen sowie der nebenamtlichen Richter und Richterinnen im Instruktionsverfahren voll oder mindestens grundsätzlich einverstanden (s. § 47 des Entwurfs). Mit der Regelung in § 54 (Generalklausel mit Verzicht auf Enumeration der Ausnahmen im VRPG selber) war die überwiegende Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden einverstanden, dagegen ausgesprochen haben sich lediglich die SP und eine Einzelperson. § 54 wurde zufolge neuerer Erkenntnisse aus Seminarien gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf jedoch leicht abgeändert und die wichtigsten und hauptsächlichsten Ausnahmen in Abs. 2 enumeriert. Es wird auf die Ausführungen zu § 54 verwiesen. Mit Ausnahme einer Einzelperson haben alle Vernehmlassungsteilnehmenden die Möglichkeit der Überprüfung von Gesetzen durch das Verwaltungsgericht begrüsst. Der Entwurf des neuen Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRPG) wurde in der Gesamtbeurteilung von allen Parteien, den Kirchen und den meisten Verbänden als „sehr gut“ oder „gut“ bezeichnet. Nur der Aarg. Gemeindeschreiberverband, der Aarg. Bauverwalterverband und zwei Gemeinden beurteilten den Entwurf lediglich als „zufriedenstellend“, wobei viele der kritisierten Punkte in der Zwischenzeit aufgenommen und berücksichtigt werden konnten. Die wichtigsten Differenzen bezogen sich auf den Verzicht der Kostenfreiheit für das Gemeinwesen, das Festhalten am Grundsatz, dass das Gemeinwesen keinen Anspruch auf Parteientschädigung hat und die Höhe des Verzugszinses (s. oben). 3. Überblick über die Änderungen im neuen VRPG 3.1 Instanzenzug Oftmals weist der Rechtsmittelweg zwei oder mehrere Beschwerdeinstanzen mit gleicher Überprüfungsbefugnis auf. Die Folge davon ist eine lange Prozessdauer ohne einen in grundsätzlicher Hinsicht verbesserten Rechtsschutz. Es drängt sich daher auf, die bestehenden Instanzenzüge zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Dabei soll der Instanzenzug auf das Notwendige beschränkt werden, ohne dass der bisherige Rechtsschutz vermindert wird (Qualität statt Quantität). Das neue Instanzenmodell soll einfach aufgebaut sein und möglichst generell eingesetzt werden können. Weiter muss es den neuen Anforderungen von Art. 29a BV und des neuen Bundesgerichtsgesetzes, die per 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind, genügen: Danach hat jede Person bei Rechtsstreitigkeiten grundsätzlich einen Anspruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde, auch auf kantonaler Ebene. Auf kantonaler Stufe sollen höchstens, aber in der Regel zwei Beschwerdeinstanzen mit der Verwaltungsrechtspflege befasst sein. Wo es besondere Gründe gibt, wird die Weiterzugsmöglichkeit auf lediglich eine einzige Beschwerdeinstanz beschränkt. Ein ideales Instanzen- -8- modell umfasst zwei Rechtsmittelinstanzen, wobei die erste Rechtsmittelinstanz über die Ermessenskontrolle verfügt (volle Kognition) und die zweite Rechtsmittelinstanz eine unabhängige, richterliche sein soll (in der Regel ohne Ermessenskontrolle). Dies entspricht dem vom Grossen Rat am 9. Mai 2000 beschlossenen Leitsatz 7, wonach erstinstanzliche Verfügungen im Verwaltungsbereich höchstens von zwei Rechtsmittelinstanzen überprüft werden sollen (in der Regel von einer Verwaltungsinstanz und einer Gerichtsinstanz). Durch die Möglichkeit, auf 4 verschiedene Typen zurückzugreifen, erweist sich das Instanzenmodell als sehr flexibel, und es kann davon ausgegangen werden, dass für sämtliche Bereiche des öffentlichen Rechts eine geeignete Variante zur Verfügung gestellt wird: Typ 1 (Normalfall) Typ 2 Typ 3 Typ 4 Eidg. Instanzen Eidg. Instanzen Eidg. Instanzen Eidg. Instanzen Verwaltungsgericht oder Spezialverwaltungsgericht Verwaltungsgericht oder Spezialverwaltungsgericht Regierungsrat (mit Delegationsmöglichkeit) 1. Instanz (verfügende Behörde) 1. Instanz (verfügende Behörde) Verwaltungsgericht Regierungsrat Spezialverwaltungsgericht 1. Instanz (verfügende Behörde) 1. Instanz (verfügende Behörde) Typ 1 entspricht dem traditionellen Rechtsschutzmodell, wie es im Grundsatz schon dem geltenden VRPG zu Grunde liegt. Typ 2 hat sich in den letzten Jahren vermehrt durchgesetzt (Ausländerrecht, Personalrecht, Fürsorgerische Freiheitsentziehung). Typ 3 ohne gerichtlichen Rechtsschutz auf kantonaler Ebene und Typ 4 als Modell mit zwei gerichtlichen Rechtsmittelinstanzen (z.B. im Steuerrecht) gelangen nur ausnahmsweise zur Anwendung. Das neue Bundesgerichtsgesetz (BGG) verlangt im Bereich der öffentlichrechtlichen Angelegenheiten keinen doppelten (gerichtlichen) Instanzenzug, schreibt aber vor, dass die Kantone als unmittelbare Vorinstanzen des Bundesgerichts obere Gerichte einsetzen müssen (Art. 86 Abs. 2 BGG). Ein Vergleich von Typ 2 und Typ 4 zeigt, dass Spezialverwaltungsgerichte im Kanton Aargau teilweise einzige Instanz sind, teilweise als Vorinstanz zum Verwaltungsgericht amten (z.B. die Schätzungskommission nach Baugesetz). Von der Stellung her sind die Spezialverwaltungsgerichte im Kanton Aargau jedoch „obere“ Gerichte und genügen somit den Anforderungen des BGG. Andernfalls würde der im Kanton Aargau in einzelnen Sachgebieten verbesserte gerichtliche Rechtsschutz im Sinn eines „doppelten“ gerichtlichen Instanzenzuges dazu führen, dass die Spezialverwaltungsgerichte ihre Position als „obere“ Gerichte i.S. des BGG verlieren, was nicht die Meinung des Bundesgesetzgebers gewesen sein dürfte. Im Übrigen werden die Richter der Spezialverwaltungsgerichte durch den Grossen Rat gewählt und die Spezialverwaltungsgerichte sind gesamtkantonale Gerichte, was beides dafür spricht, dass es sich um obere Gerichte im Sinn des BGG handelt. -9- Das neue Instanzenmodell stiess in der Vernehmlassung auf grosse Zustimmung: Ausser dem Aarg. Gewerbeverband waren alle Vernehmlassungsteilnehmenden grundsätzlich bis vollständig damit einverstanden. Der Aarg. Gewerbeverband ist der Auffassung, dass das Instanzenmodell mit zwei Rechtsmittelinstanzen den wirtschaftlichen Zeitverhältnissen nicht mehr entspricht; die Entscheidungen müssten rascher als bisher getroffen werden und es sei daher nur eine Rechtsmittelinstanz vorzusehen. Am vorerwähnten Instanzenmodell wird jedoch festgehalten: Wären alle Entscheide direkt ans Verwaltungsgericht weiterziehbar, würde dort, wo erstinstanzlich ein Gemeinderat entscheidet, ein wichtiger und grosser Teil der notwendigen kantonalen Aufsicht über die Gemeinden entfallen; dasselbe, wenn auch weniger ausgeprägt, gilt für die Aufsicht des Regierungsrats über erstinstanzlich verfügende kantonale Verwaltungsinstanzen. Der direkte Weiterzug ans Verwaltungsgericht würde mengenmässig zu einer enormen Mehrbelastung führen. Zudem müsste - mit zusätzlicher Mehrbelastung - das Verwaltungsgericht in allen Fällen über die Ermessenskontrolle verfügen und mit voller Kognition entscheiden. Dies entspricht nicht seiner Funktion: Es soll die Rechtsstaatlichkeit der Verwaltungstätigkeit garantieren, wie es von der Verfassung vorgeschrieben ist, und keineswegs als obere Verwaltungsbehörde agieren. Bei Fehlern der angefochtenen Verfügungen müsste es den Fall in der Regel an die Vorinstanz zurückweisen, wodurch es zu einer Verfahrensverlängerung statt –beschleunigung käme. Im Weiteren hätte der erforderliche massive Ausbau des Verwaltungsgerichts grosse finanzielle Mehrkosten zur Folge. 3.2 Parteilehre Die Definition, wer im Verwaltungsverfahren und im Verwaltungsjustizverfahren Partei ist, gestaltet sich schwierig. Das VRPG hat sich bis anhin damit nicht detailliert auseinandergesetzt, allerdings in verschiedenen Bestimmungen Auskunft darüber gegeben, wer anzuhören ist, wer Kosten zu tragen hat und wem der Entscheid zu eröffnen ist. Die fehlende Definition der Verfahrensbeteiligten führte zu erheblichen Schwierigkeiten und Unsicherheiten in einem Punkt, der an sich zweifelsfrei geklärt sein sollte, da mit der Parteistellung die Verfahrensrechte und -pflichten wie rechtliches Gehör, Akteneinsicht, Anspruch auf Kostenersatz, Pflicht zur Kostentragung und dergleichen verbunden sind. Das neue VRPG behebt diesen Mangel (s. § 13 nVRPG). Die Vernehmlassung hat gezeigt, dass sämtliche Parteien, die Kirchen, der Gewerbeverband und der Anwaltsverband mit der Definition der Verfahrensbeteiligten einverstanden sind. Auf Ablehnung stiess der Vorschlag hauptsächlich beim Gemeindeschreiber- und Bauverwalterverband und der Gemeindeammännervereinigung. Allerdings basierte die Ablehnung wohl hauptsächlich auf den damit verbundenen Kostenfolgen für die Gemeinden; diesem Einwand ist mit einer Neuformulierung der Kostenbestimmungen Rechnung getragen worden. 3.3 Verfahren vor Versicherungsgericht Mit dem Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 (in Kraft seit 1. Januar 2003) hat der Bund u.a. auch eine weitgehende Vereinheitlichung des Verfahrensrechts im Bereich des Sozialversicherungsrechts angestrebt, indem verfahrensrechtliche Mindestanforderungen definiert worden sind. Gemäss - 10 - Art. 82 Abs. 2 ATSG müssen die Kantone ihre Bestimmungen über die Rechtspflege innerhalb von fünf Jahren, d.h. bis Ende 2007, entsprechend anpassen. Bis dahin gelten die bisherigen kantonalen Vorschriften. Gemäss § 100 Abs. 1 lit. b KV gehört das Versicherungsgericht zu den Verwaltungsgerichten. Es ist somit Organ der Verwaltungsgerichtsbarkeit und gehört zu den Verwaltungsjustizbehörden gemäss § 1 Abs. 1 des neuen VRPG. Das neue Verwaltungsrechtspflegegesetz ist somit grundsätzlich auch für das Versicherungsgericht anwendbar, nachdem ein Vorbehalt, wie ihn das geltende VRPG in § 1 Abs. 3 noch enthält, nicht mehr gemacht wird. Weil nun aber die bundesrechtlichen Verfahrensvorschriften des ATSG in einzelnen Bereichen vom neuen VRPG abweichen, gleichzeitig aber auch sozialversicherungsrechtliche Verfahren bestehen, die dem ATSG nicht unterstehen, müssen Anpassungen bzw. Sondervorschriften für das Verfahren vor Versicherungsgericht erlassen werden. Der Entwurf trifft eine einfache und schlanke Lösung, damit die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen in das neue VRPG integriert werden können (s. §§ 14 Abs. 3, 58 und 64 nVRPG). Die Regelung des Verfahrens vor Versicherungsgericht im VRPG stiess in der Vernehmlassung auf ungeteilte Zustimmung. 3.4 Beschränkung auf Verfahrensvorschriften Das geltende VRPG beinhaltet organisationsrechtliche Bestimmungen über das Verwaltungsgericht (vgl. §§ 9-14 VRPG). Diese Bestimmungen gehören nicht in das VRPG, sondern ins Gerichtsorganisationsgesetz (GOG). Damit wird auch dem vom Grossen Rat am 9. Mai 2000 beschlossenen Leitsatz 8 Abs. 2 Rechnung getragen, wonach die organisationsrechtlichen Regelungen zu überprüfen und in wenigen Haupterlassen zusammenzufassen sind. In einem ersten Schritt werden daher die organisationsrechtlichen Bestimmungen des VRPG zum Verwaltungsgericht unverändert ins GOG verschoben. Im Rahmen der geplanten Totalrevision des Gerichtsorganisationsgesetzes sind die Bestimmungen den übrigen organisationsrechtlichen Regelungen anzupassen. Die Aufnahme der organisationsrechtlichen Bestimmungen ins GOG war in der Vernehmlassung unbestritten. 3.5 Verschiedene andere Anliegen Nebst den bereits genannten Themenbereichen sind im Verlauf der Arbeiten zahlreiche Anregungen seitens der betroffenen Behörden und Gerichte aufgenommen worden. Es ging dabei häufig um die Präzisierung bestehender, aber teilweise unklarer Bestimmungen oder um die Übernahme der gerichtlichen Praxis ins Gesetz (wie beispielsweise die Erläuterung oder Berichtigung eines unklaren oder fehlerhaften Entscheiddispositivs). Im neuen Verwaltungsrechtspflegegesetz wird im Übrigen nicht differenziert zwischen Urteilen, Verfügungen und Beschlüssen, sondern nur der Begriff "Entscheid" verwendet. Die vorgenannte Unterscheidung bringt kaum etwas, führte in der Vergangenheit aber oft zu falschen Bezeichnungen und kompliziert die Gesetzesredaktion, weshalb darauf verzichtet wird. - 11 - Weiter werden die Rechtsmittelfristen neu grundsätzlich auf 30 Tage festgesetzt. Es ist eine Tatsache, dass die öffentlichrechtlichen Fristen des Bundes heute 30 Tage betragen, und es ist deshalb wenig sinnvoll, bei einer Gesetzesänderung kürzere kantonale Fristen beizubehalten. Diese Vereinheitlichung dient insbesondere auch der Vermeidung von Rechtsunsicherheiten. Aus diesem Grund werden im Rahmen der Fremdänderungen die Rechtsmittelfristen in sämtlichen kantonalen Gesetzen auf 30 Tage festgelegt, sofern es sich nicht um dringliche Angelegenheiten handelt, für die weiterhin kurze Fristen sachgerecht sind. Sämtliche Vernehmlassungsteilnehmenden waren mit der Anpassung der kantonalen Fristen an die Rechtsmittelfristen des Bundes einverstanden. 4. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen Zur Unterscheidung der beiden Erlasse, geltendes VRPG und Entwurf des neuen VRPG, wird in den Kommentierungen stets der Begriff VRPG (alt) und nVRPG (neu) verwendet. 4.1 Geltungsbereich §1 § 1 [Geltungsbereich] 1 Dieses Gesetz gilt für das Verfahren vor den Verwaltungs- und den Verwaltungsjustizbehörden. 2 Behörde ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt; darunter fallen auch Private, wenn sie mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet sind. 3 Sonderbestimmungen in anderen Erlassen bleiben vorbehalten. Bemerkungen zu § 1 nVRPG (bisher § 1 VRPG, teilweise neu) 1. In § 1 VRPG werden das Verwaltungsgericht, die Rekurs- und Schätzungskommissionen, die Verwaltungsbehörden des Kantons, der Gemeinden, sowie die Körperschaften und Anstalten des kantonalen und kommunalen öffentlichen Rechts genannt. Diese Aufzählung ist unnötig, da das VRPG im Grundsatz für alle Verfahren vor den Verwaltungsbehörden und den Verwaltungsjustizbehörden (das sind zurzeit: Verwaltungsgericht, Spezialverwaltungsgerichte und Versicherungsgericht, s. § 100 KV) gilt. Eine Aufzählung birgt die Gefahr in sich, dass einzelne Behörden vergessen oder neue Behörden nicht erfasst werden. Trotz dieser Straffung des Gesetzestextes ist klar, dass sich nur verwaltungs- oder verwaltungsjustizbehördliches Tätigwerden in verfahrensrechtlicher Hinsicht nach diesem Gesetz richtet; wird der Staat auf dem Gebiet des Privatrechts tätig, gilt dieses. 2. § 1 Abs. 3 VRPG verweist betreffend der Rechtspflege in Sozialversicherungssachen auf ein Dekret des Grossen Rates. Von dieser Kompetenz hat der Grosse Rat indessen bisher keinen Gebrauch gemacht. In Bezug auf die Rechtspflegebestimmungen im Sozialversiche- - 12 - rungsrecht kann der Kanton Aargau allerdings nur noch ausführend legiferieren, nachdem der Bundesgesetzgeber detaillierte Regelungen für die Organisation der Rekursbehörden und für das kantonale Rekursverfahren vorschreibt (vgl. ATSG). Bisher stützt sich das Verfahren vor Versicherungsgericht hauptsächlich noch auf die Verordnung über die Rechtspflege in Sozialversicherungssachen vom 22. Dezember 1964. Dieser Erlass ist aber grösstenteils überholt. Gemäss Art. 82 Abs. 2 ATSG müssen die Kantone ihre Bestimmungen über die Rechtspflege bis Ende 2007 den Vorgaben des ATSG anpassen. Es hat sich gezeigt, dass das neue VRPG mit bloss geringfügigen Abweichungen auch für das Versicherungsgericht als Verfahrensordnung dienen kann. Da das Versicherungsgericht gemäss § 100 Abs. 1 lit. b KV zu den Verwaltungsjustizbehörden gehört, gilt gemäss § 1 Abs. 1 nVRPG das neue Verwaltungsrechtspflegegesetz grundsätzlich auch für die vor Versicherungsgericht durchgeführten Verfahren. Vorbehalten bleiben selbstverständlich übergeordnete Bestimmungen (z.B. ATSG). 3. § 1 nVRPG regelt den funktionalen Geltungsbereich des Gesetzes. Angesprochen sind die Verwaltungs- und Verwaltungsjustizbehörden. Trotz des Grundsatzes, dass der Behördenbegriff weit zu fassen ist, kann fraglich sein, ob die Legislative, der Grosse Rat und die Gemeindeparlamente vom Geltungsbereich des Gesetzes mit umfasst werden. Das ist so lange kein Problem, wie der Grosse Rat oder ein Gemeindeparlament nicht Entscheide trifft, die ein betroffener Privater gestützt auf die Rechtsschutzgarantien in der EMRK muss anfechten können. Die Lösung dieses Problems kann darin liegen, dass der Behördenbegriff auch bezüglich der Legislative grundsätzlich weit zu fassen ist und damit durch § 1 nVRPG jede Stelle angesprochen ist, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Verwaltungstätigkeit ist danach die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, die sich im weitesten Sinne als Ausführung von Rechtssätzen des öffentlichen Rechts darstellt oder jedenfalls ihre Grundlage im öffentlichen Recht hat und ihre Berechtigung daraus ableitet. Trifft der Grosse Rat Entscheide, die vom Betroffenen gestützt auf internationale, schweizerische oder kantonale Rechtsschutzgarantien anfechtbar sein müssen, übt er Verwaltungstätigkeit aus und ist in diesem Bereich Behörde im Sinn von § 1 nVRPG. Die Ausdehnung des Behördenbegriffs hat jedoch in der Praxis zu Schwierigkeiten geführt, weshalb es sich rechtfertigt, den vorgeschlagenen Absatz 2 einzufügen. Mit der Formulierung soll der bereits angesprochenen Problemstellung Rechnung getragen werden, dass nicht nur Verwaltungs- oder Verwaltungsjustizbehörden Verwaltungsrecht anwenden, sondern zum Beispiel auch die Zivilgerichte oder Private (bis anhin war insbesondere die Justizverwaltung durch Zivilgerichte ein verfahrensrechtliches Problem). Mit Absatz 2 ist sichergestellt, dass tatsächlich alle Stellen, die Verwaltungstätigkeit im hier verstandenen Sinn ausüben, vom nVRPG auch erfasst werden, da die Anwendbarkeit des Gesetzes über die Tätigkeit und nicht die Behördenqualifikation definiert wird. Soweit Private anstelle des Staates handeln (Übertragung von Verfügungskompetenzen "Befugnisse"), sind sie verfahrensrechtlich betrachtet keine Privaten mehr, sondern Verwaltungsbehörden im Sinn von § 1 nVRPG; dies wird mit der Formulierung in § 1 Abs. 2 nVRPG - 13 - sichergestellt. Unter § 1 Abs. 2 nVRPG fallen beispielsweise die hoheitlichen Befugnisse, die einer Spital-AG durch die Gesetzgebung übertragen sind (vgl. § 12 Abs. 1 des Spitalgesetzes vom 25. Februar 2003). 4. Es versteht sich eigentlich von selbst, dass Spezialbestimmungen in anderen Erlassen gleicher Stufe immer vorbehalten sind. Aus Gründen der Anwenderfreundlichkeit und der Klarheit wird dieser Vorbehalt in § 1 Abs. 3 nVRPG jedoch noch explizit festgehalten. 4.2 Grundsätze des Verwaltungsrechts §§ 2–4 § 2 [Gesetzmässigkeit] 1 Verwaltungs- und Verwaltungsjustizbehörden sind an das Gesetz gebunden. 2 Regierungsrat und Verwaltungsjustizbehörden sind gehalten, Erlassen die Anwendung zu versagen, die Bundesrecht oder kantonalem Verfassungs- oder Gesetzesrecht widersprechen. Kommunales Recht ist von den Behörden aller Stufen vorfrageweise zu überprüfen. § 3 [Öffentliches Interesse, Verhältnismässigkeit, Rechtsgleichheit] Alle Entscheide müssen das öffentliche Interesse wahren, den Verhältnissen angemessen sein und die Rechtsgleichheit beachten. § 4 [Treu und Glauben] Bei der Anwendung des Rechts gelten Treu und Glauben. Rechtsmissbrauch findet keinen Rechtsschutz. Bemerkungen zu den §§ 2–4 nVRPG (bisher §§ 2 und 3 VRPG) 1. Die §§ 2 bis 4 nVRPG nennen den Grundsatz der Gesetzmässigkeit, den Grundsatz des öffentlichen Interesses, den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, den Grundsatz der Rechtsgleichheit und den Grundsatz von Treu und Glauben. Dabei handelt es sich um Prinzipien von Verfassungsrang, welche auch ohne die Erwähnung im nVRPG Geltung haben. 2. In § 2 Abs. 2 nVRPG wird die inzidente Normenkontrolle geregelt. Auch hier sind die massgeblichen Vorgaben im übergeordnetem Recht geregelt. Im Verhältnis zur eidgenössischen Gesetzgebung gilt der Grundsatz, wonach Bundesrecht kantonales Recht bricht (Art. 49 BV). Gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung sind die kantonalen Gerichte damit unmittelbar gestützt auf die Bundesverfassung verpflichtet, kantonalen Erlassen die Anwendung zu versagen, wenn sie bundesrechtswidrig sind. - 14 - Die Frage der Überprüfbarkeit kantonaler Normen auf ihre Übereinstimmung mit höherrangigem kantonalem Recht ist dagegen nicht im Bundesrecht geregelt. Die Grundlagen der innerkantonalen inzidenten Normenkontrolle finden sich in § 90 und § 95 KV. Danach sind die Gerichte und der Regierungsrat gehalten, Erlassen die Anwendung zu versagen, die Bundesrecht oder kantonalem Verfassungs- oder Gesetzesrecht widersprechen; eine Delegation dieser Kompetenz an untergeordnete Verwaltungsbehörden ist gemäss Verfassungskommentar nicht erlaubt (Eichenberger, Kommentar KV, § 90 Rz 22). Diese Beschränkung der Normenkontrolle gilt jedoch nicht im Bereich des kommunalen Rechts. §5 § 5 [Verjährung von Geldforderungen] 1 Die Verjährung öffentlichrechtlicher Geldforderungen durch Ablauf gesetzlich festgelegter Fristen ist von Amtes wegen zu beachten. 2 Öffentlichrechtliche Geldforderungen, für deren Geltendmachung das Gesetz nicht bestimmte Fristen festlegt, verjähren innert 10, periodisch zu erbringende Leistungen innert 5 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt zu laufen, sobald die Forderungen berechnet werden können. 3 Eine Unterbrechung der Verjährungsfristen tritt ein a) durch Klage oder Einrede bei der zuständigen Behörde, b) durch die Schuld feststellende Entscheide, c) durch Anerkennung, Schuldbetreibung oder Eingabe im Konkurs, d) durch jede ähnliche Handlung, mit welcher der Anspruch in geeigneter Form geltend gemacht wird. 4 Werden die Handlungen gemäss Absatz 3 bei einer unzuständigen Behörde vorgenommen, die zur Überweisung der Sache an die zuständige Behörde verpflichtet ist, so gilt die Frist als unterbrochen. 5 Mit Ablauf von 20 Jahren beziehungsweise bei periodisch zu erbringenden Leistungen von 15 Jahren tritt in jedem Fall die absolute Verjährung ein. Bemerkungen zu § 5 nVRPG (bisher § 78a VRPG) Der in Kraft stehende Wortlaut spricht vom "Erlöschen" der Forderungen. Diese Wortwahl ist wenig glücklich. Erlöschen bedeutet, dass die fragliche Forderung untergeht. Das aber würde nach der herrschenden Terminologie einer Verwirkung gleichkommen. Verwirkungsfristen können definitionsgemäss nicht unterbrochen werden und sind durchwegs von Amtes wegen zu berücksichtigen. Indem es ausführlich Fragen der Unterbrechung regelt, will das Gesetz aber offensichtlich eine Verjährung festschreiben und nicht eine Verwirkung. Dem sollte begrifflich Rechnung getragen werden. Entsprechend wird der Begriff "Erlöschen" durchgängig durch "Verjährung" ersetzt. Abs. 1 und 2: Die Bestimmungen erfahren im Grundsatz keine Änderung. Allerdings wurde der Begriff der Fälligkeit aus dem Gesetz entfernt, da die Norm nur den Zweck hat, die Verjährung und die damit verbundenen Fristen zu regeln, und nichts über die Fälligkeit der Forderung aussagt. Zu beachten ist, dass die Berücksichtigung der Verjährungsfristen von Amtes wegen einer Verjährungsverzichtserklärung nicht entgegensteht, d.h. Verjährungsverzichtserklärungen können gültig vereinbart werden. Der Begriff „Forderung“ wurde wegen der - 15 - vor allem im öffentlichen Recht bestehenden Mehrdeutigkeit (Ansprüche, Forderungsrechte, die nicht nur Geld umfassen) präzisiert, um klarzustellen, dass § 5 nur Geldforderungen erfasst. Bei den Fristen in Abs. 2 handelt es sich um gesetzliche Fristen, die von Amtes wegen zu beachten sind. Abs. 3: Bei den Unterbrechungsgründen wird neu unter lit. d "jede Handlung" eingefügt, mit welcher der Anspruch in geeigneter Form geltend gemacht wird. Damit wird die bundesgerichtliche Praxis ins Gesetz überführt, wonach im öffentlichen Recht im Gegensatz zum Privatrecht wesentlich erleichterte Möglichkeiten der Verjährungsunterbrechung bestehen (BGE 126 II 1 ff. und 49 ff.). Wie sich aus den beiden angeführten Entscheiden ergibt, ist die Bundesgerichtspraxis in jüngster Zeit immer liberaler geworden. Die Anforderungen an eine rechtsgenügliche Unterbrechungshandlung wurden sukzessive herabgesetzt. Wird die Verjährung unterbrochen, beginnt die Frist neu zu laufen. Abs. 4: Die Bestimmung bleibt unverändert. Abs. 5: Die liberale Unterbrechungspraxis hat zur Folge, dass öffentlichrechtliche Geldforderungen im Grundsatz auch nach Jahrzehnten noch geltend gemacht werden können, wenn nur jeweils rechtzeitig die Verjährung unterbrochen wird. Dadurch kann sich das Verfahren auf Zeiträume ausdehnen, die in Konflikt geraten mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens. Jedes Rechtsverhältnis muss irgendwann verbindlich und definitiv festgelegt sein. Aus diesem Grund wird in Absatz 5 eine neue Bestimmung eingefügt, die eine absolute Verjährungsfrist von 20 Jahren, bzw. von 15 Jahren bei periodisch zu erbringenden Leistungen, statuiert. §6 § 6 [Verzinsung] 1 Auf fälligen öffentlichrechtlichen Forderungen ist ein Verzugszins von 5% pro Jahr zu bezahlen. 2 In Härtefällen kann auf den Verzugszins ganz oder teilweise verzichtet werden. Bemerkungen zu § 6 nVRPG (bisher § 78b VRPG) Abs. 1: Es fragt sich, ob die Höhe des Verzugszinses positivrechtlich festgelegt werden soll. Denkbar ist einerseits eine konkrete Festlegung im Gesetz selber, auf der anderen Seite aber auch eine flexiblere Regelung mittels Kompetenzdelegation an den Regierungsrat. Um künftige Diskussionen zu vermeiden, wurde im Vernehmlassungsentwurf vorgeschlagen, den Zinssatz zu nennen. Diese Regelung bringt auch zum Ausdruck, dass Zins geschuldet ist, nicht aber Zinseszins. Auch hier gilt selbstverständlich, dass Spezialbestimmungen in anderen Erlassen gleicher Stufe immer vorbehalten sind (§ 1 Abs. 3 nVRPG). Im Vernehmlassungsentwurf wurde der Zins bei 4 % festgelegt. Die vorgeschlagene Regelung des Verzugszinses im Gesetz selber (im VRPG) fand in der Vernehmlassung fast einhellige Unterstützung. Die vorgeschlagene Höhe von 4% wurde - 16 - aber generell als zu niedrig erachtet. Die grosse Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden sprach sich für einen Verzugszins in der Höhe von 5% aus (insbes. CVP, FDP, SVP, SP, Anwaltsverband, Gemeindeschreiberverband, Bauverwalterverband). Abs. 2: Die Bestimmung bleibt unverändert. 4.3 Verfahrensvorschriften §7 § 7 [Verkehr mit den Behörden] 1 Der Verkehr mit den Behörden kann schriftlich oder, bei Vorliegen der nachfolgenden Voraussetzungen, elektronisch erfolgen. 2 Die Partei kann eine elektronische Zustelladresse angeben und ihr Einverständnis erklären, dass Zustellungen auf dem elektronischen Weg erfolgen dürfen. 3 Sofern eine Behörde über einen qualifizierten elektronischen Zugang verfügt, können Eingaben in elektronischer Form mit einer anerkannten elektronischen Signatur der absendenden Person übermittelt werden. 4 Bei elektronischer Übermittlung kann die Behörde verlangen, dass die Eingabe in Papierform nachgereicht wird. 5 Der Regierungsrat regelt die Einzelheiten in einer Verordnung. Bemerkungen zu § 7 nVRPG (neu) Per 1. Januar 2005 trat eine neue Bestimmung im Obligationenrecht in Kraft, wonach die elektronische Signatur der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt wird (Art. 14 Abs. 2bis OR). Weiter traten das Bundesgesetz über die elektronische Signatur und die Verordnung über die elektronische Signatur auf diesen Zeitpunkt in Kraft (SR 943.03/943.032). Darin werden die Voraussetzungen für die Anerkennung der Anbieter von Zertifizierungsdiensten festgelegt. § 7 nVRPG regelt neu, in welcher Form der Verkehr mit den Behörden im Rahmen der vom VRPG erfassten Verfahren zulässig ist; die Bestimmung wurde wegen der Möglichkeit des elektronischen Verkehrs notwendig. Sie bringt zum Ausdruck, dass im Grundsatz jede Person Anspruch hat, klassisch, das heisst hier schriftlich und in der Regel über postalische Zustellung, mit den Behörden im Rahmen von Verwaltungsverfahren zu kommunizieren; niemand soll verpflichtet werden können, sich eine elektronische Zustelladresse einzurichten. Die Regelung des elektronischen Verkehrs in § 7 gilt für alle Verfahren vor Verwaltungs- und Verwaltungsjustizbehörden. Die elektronische Übermittlung soll damit zulässig sein in den Anwendungsbereichen von zahlreichen kantonalen Erlassen, in denen von "schriftlicher Eingabe", "unterschriftlicher Bestätigung", "rechtsgültiger Unterschrift", "unterzeichnen", "eigenhändig unterzeichnen", "Unterschrift", und ähnlichem die Rede ist. Es ist nicht nötig, dass jeder Erlass einzeln geändert wird. Auf der anderen Seite besteht auch kein Anspruch gegenüber den Behörden, ihrerseits für einen elektronischen Zugang besorgt zu sein oder auch nur, dass die Korrespondenz künftig - 17 - per Mail an den Entscheidadressaten übermittelt wird; die Behörde ist grundsätzlich frei, ob sie dies tut oder nicht. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Verwaltungsbehörden zurzeit noch nicht über die notwendigen Instrumente für den elektronischen Verkehr verfügen. Eine Verordnung des Regierungsrats wird die Details regeln. §8 § 8 [Zuständigkeit a) Prüfung, Überweisung] 1 Jede Behörde prüft ihre Zuständigkeit von Amtes wegen. 2 Die Behörde, die ihre Zuständigkeit verneint, überweist die Sache unverzüglich unter Mitteilung an die Parteien derjenigen Behörde, die sie als zuständig erachtet. Sie pflegt in der Regel vorher einen Meinungsaustausch mit den in Betracht fallenden Behörden. Bemerkungen zu § 8 nVRPG (bisher §§ 6 und 7 VRPG) § 8 nVRPG ist bürgerfreundlich und hat sich bewährt. Eine Überweisung darf jedoch nur dann vorgenommen werden, wenn der ansprechende private Dritte nicht auf einem Entscheid durch die (unzuständige) Behörde beharrt. In letzterem Fall hat ein Nichteintretensentscheid zu erfolgen. Dies wird von den Behörden bis anhin so gehandhabt. §9 § 9 [b) Zuständigkeitskonflikte] 1 Zuständigkeitskonflikte zwischen Verwaltungsbehörden entscheidet die Aufsichtsbehörde. 2 Zuständigkeitskonflikte zwischen Verwaltungs- und Verwaltungsjustizbehörden oder zwischen Verwaltungsjustizbehörden untereinander entscheidet das Verwaltungsgericht. 3 Ist die Zuständigkeit zwischen den Verwaltungsbehörden oder den Verwaltungsjustizbehörden einerseits und den übrigen Gerichten des Kantons anderseits streitig, so entscheidet nach durchgeführtem Meinungsaustausch diejenige Behörde, die zuerst angerufen wurde. Bemerkungen zu § 9 nVRPG (bisher § 8 VRPG) Die Regelung für die Prüfung der Zuständigkeit und den Entscheid über Zuständigkeitskonflikte hat sich bewährt und ist ohne Widersprüche geblieben. Abs. 3 ist neu und trifft bei negativer oder positiver Kompetenzkonkurrenz zwischen den genannten Behörden und Gerichten eine pragmatische Lösung, indem nach dem Grundsatz der Priorität diejenige Behörde über ihre Zuständigkeit entscheidet, die zuerst angerufen wurde. Da nun unter Umständen einem Gemeinderat die Aufgabe zufällt, über eine streitige Zuständigkeitsfrage zu entscheiden, ist es ohne Zweifel sinnvoll, einen Meinungsaustausch mit den höchsten kantonalen Gerichten über die Streitfrage durchzuführen. Aus diesem Grund wurde in Absatz 3 der Bestimmung ausdrücklich der Meinungsaustausch aufgenommen mit dem Ziel, dass die entscheidbefugten Instanzen eine juristische Beurteilung bei den letztinstanzlich zuständigen Behörden einholen und damit helfen, unnötige Verfahren zu verhindern. Es wäre wünschenswert, dass Verwaltungsgericht und Obergericht bei Meinungsdifferenzen in diesen Fragen regelmässig konsultiert würden. - 18 - Die Bestimmung ist trotz der Regelung in § 82 Abs. 1lit. d KV verfassungskonform, weil § 82 Abs. 1 lit. d KV ausweislich des Verfassungskommentars subsidiäre Bedeutung zukommt und eine abweichende Regelung auf Gesetzesstufe zulässig ist. § 10 § 10 [Amts- und Rechtshilfe] 1 Verwaltungs- und Verwaltungsjustizbehörden leisten auf Gesuch hin Amtshilfe. 2 Verwaltungsjustizbehörden leisten auf Gesuch hin Rechtshilfe. 3 Amts- und Rechtshilfe ist ausnahmsweise nicht zu leisten, wenn die Erfüllung der eigenen Aufgaben dadurch erheblich gefährdet ist, wenn eine andere Behörde die Amtshilfe erheblich einfacher leisten könnte oder wenn rechtliche Gründe dagegen sprechen. 4 Die ersuchte Behörde leistet die Amts- und Rechtshilfe gebührenfrei. Auf den Ersatz der Auslagen kann sie bei Geringfügigkeit verzichten. Bemerkungen zu § 10 nVRPG (neu) Rechtshilfe ist die Vornahme einer richterlichen Amtshandlung durch ein Gericht auf Ersuchen eines anderen Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde. Amtshilfe ist die ergänzende Hilfe einer Verwaltungsbehörde auf Ersuchen einer anderen Behörde, wenn zwischen diesen kein Weisungsverhältnis besteht. Die Unterscheidung orientiert sich an der Differenzierung, wie sie in der Bundesverfassung vorgenommen wird. Bis anhin funktionierte das aargauische Staatswesen auch ohne eine entsprechende Bestimmung; allerdings lassen die zunehmenden Restriktionen aus Gründen des Datenschutzes und die damit unter Umständen erheblich behinderte Informationsübermittlung befürchten, dass auf eine solche Bestimmung (im Sinn einer notwendigen gesetzlichen Grundlage) nicht mehr verzichtet werden kann. Auch das strafrechtlich geschützte Amtsgeheimnis steht dem unkontrollierten Datenaustausch entgegen. Hinzu kommt die zunehmende organisatorische Trennung der Behörden mit verschiedenen Fachbereichen, die ebenfalls nicht dazu führen darf, dass die Verwirklichung der Verwaltungsaufgaben unnötig erschwert oder verteuert wird. Gestützt auf diese Überlegungen sowie den Umstand, dass Art. 44 Abs. 2 BV den Kantonen die Rechts- und Amtshilfe vorschreibt, macht es Sinn, neu auch die Rechtsund Amtshilfe zu regeln. Die neue Bestimmung wurde offen formuliert; es wird nicht gesagt, die Behörden leisten einander Rechts- und Amtshilfe, weil damit der Anwendungsbereich auf innerkantonale Gesuche begrenzt worden wäre (§ 1 nVRPG). Die Bestimmung zwingt damit aargauische Verwaltungsbehörden und Verwaltungsjustizbehörden, auch ausserkantonale Gesuche um Rechts- und Amtshilfe zu bearbeiten. Das dürfte auch gestützt auf die Bundesverfassung (BV) zutreffend sein, da in Art. 44 Abs. 2 Satz 2 BV von den Kantonen verlangt wird, dass sie einander Amts- und Rechtshilfe leisten. Konkretisierende Bestimmungen auf Bundesebene fehlen allerdings. - 19 - Die Ausnahmen von der Pflicht zur Rechts- und Amtshilfe sprechen ausserordentliche Situationen an. Es sind Fälle denkbar, in denen die ersuchte Behörde durch das Rechts- oder Amtshilfegesuch in ihrer Leistungsfähigkeit derart reduziert würde, dass ihr der Vollzug des Gesuchs nicht zugemutet werden kann; auch die Fälle von Gesuchen aus Bequemlichkeit werden von den Verweigerungsgründen erfasst. Schliesslich werden entgegenstehende Rechtsvorschriften genannt, angesprochen sind damit hauptsächlich die Datenschutzgesetzgebung oder in anderen Bestimmungen vorgesehene Geheimhaltungspflichten, die den Austausch von Daten verhindern. So sind für die Bekanntgabe von Personendaten im Rahmen der Rechtshilfe die Voraussetzungen des kantonalen Gesetzes über die Information der Öffentlichkeit, den Datenschutz und das Archivwesen (IDAG) zu beachten (§ 14 IDAG i.V. mit § 8 IDAG, wobei das VRPG nicht als gesetzliche Grundlage im Sinne von § 8 Abs. 2 lit. a IDAG gelten kann). Formuliert wird die grundsätzliche Kostenfreiheit der Rechts- und Amtshilfe; ausgenommen davon sind die Auslagen, welche die ersuchte Behörde im Rahmen des Verfahrens zu leisten hat. Abs. 4 Satz 2 soll zulassen, dass Auslagen in geringer Höhe nicht verrechnet werden müssen, wenn die Aufwendungen für die Rechnungsstellung den in Rechnung gestellten Betrag übersteigen. § 11 § 11 [Offizialmaxime, Verfahrenseinleitung] 1 Ein Verwaltungsverfahren wird mit Einreichung eines Gesuchs oder von Amtes wegen eingeleitet. 2 Bei der Einleitung des Verwaltungsverfahrens sind die Parteien, die vom Verfahren erfasst werden sollen, soweit möglich zu bezeichnen. Bemerkungen zu § 11 nVRPG (neu) In § 11 Abs. 1 nVRPG wird neu die Offizialmaxime genannt. Sie ist von der Untersuchungsmaxime zu unterscheiden, die nicht die Einleitung eines Verfahrens von Amtes wegen beschlägt, sondern die amtliche Sachverhaltsabklärung in einem bereits angehobenen Verfahren. § 11 nVRPG will das verwaltungsinterne Verwaltungshandeln vom eigentlichen Anwendungsbereich des nVRPG abgrenzen und damit eine gewisse Formalisierung bezüglich der Parteien erreichen. Mit der Verfahrenseinleitung muss sich die Behörde darüber Rechenschaft ablegen, wen sie mit welchen Rechten in das Verfahren mit einbezieht. Es gibt dann nicht mehr den indifferenten Beteiligten, sondern nur noch Parteien (bzw. mögliche künftige Entscheidadressaten) und Dritte, die in anderen Funktionen (als Sachverständige, Auskunftspersonen etc.) am Verfahren teilnehmen. Die Schnittstelle Verfahrenseinleitung und damit Parteistellung schafft die Verbindung zu den mit der Parteistellung einhergehenden Verfahrensrechten. Die Einschränkung „soweit möglich“ dient der Klarstellung, dass auch nach dem Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung bis anhin nicht am Verfahren beteiligte Dritte in das Verfahren miteinbezogen werden können; die Einschränkung trägt überdies dem Umstand Rechnung, dass einer Behörde zu Beginn des Verfahrens häufig die künftigen Parteien noch gar nicht bekannt sein können. - 20 - § 12 § 12 [Beiladung] 1Die instruierende Behörde kann Dritte von Amtes wegen oder auf Antrag zum Verfahren beiladen, wenn sie durch den Ausgang des Verfahrens in eigenen Interessen berührt werden könnten. 2 Beigeladene haben Parteistellung und die damit verbundenen Rechte und Pflichten; über die Anträge der ursprünglichen Parteien können sie nicht hinausgehen, die Verfügung über den Streitgegenstand steht ihnen nicht zu. Mit der Beiladung wird der Entscheid auch für die Beigeladenen verbindlich. 3 Verzichten Beigeladene auf eine aktive Teilnahme am Verfahren, tragen sie keine Kosten. Bemerkungen zu § 12 nVRPG (neu) Die Beiladung ist im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren (vgl. aber § 62 VRPG für das Klageverfahren) bis anhin nicht geregelt, liess sich aber als notwendige Ausdehnung des Schriftenwechsels auf rechtlich Betroffene (§ 41 Abs. 1 VRPG sinngemäss) oder als nachträglicher Einbezug Dritter in das Beschwerdeverfahren bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen begreifen. Im Aargau existiert dazu kaum eine publizierte Praxis (AGVE 1994, 472 ff.; 1981, 279). Die Beiladung hat den Zweck, die Rechtskraft des Urteils auf den Beigeladenen auszudehnen, damit dieser in einem später gegen ihn gerichteten Prozess das Urteil im Beiladungsprozess gegen sich gelten lassen muss. Die Beiladung dient damit der Rechtssicherheit durch Ausdehnung der Rechtskraft sowie der Prozessökonomie und verhindert sich widersprechende Urteile. Der Beigeladene kann die Beiladung nicht mit der Wirkung ausschlagen, dass das betreffende Urteil für ihn nicht gilt; selbst wenn er auf die aktive Mitwirkung (Stellung von Anträgen) am Verfahren verzichtet, entfaltet das Urteil auch ihm gegenüber Rechtswirkungen, hingegen trägt er diesfalls kein Kostenrisiko. Der beigeladene Dritte erhält Parteistellung. Beigeladen werden können Dritte, deren „eigene“ Interessen durch den Entscheid betroffen werden; auf die Beschwerdebefugnis des Dritten kommt es nicht an. Das (allgemeine) Interesse eines Dritten an der richtigen Anwendung von Verwaltungsrecht kann keine Beiladung nach sich ziehen. Das Vernehmlassungsverfahren ist von der Beiladung abzugrenzen. Mit der Zustellung zur Beschwerdeantwort wird Dritten, die durch den Ausgang des Prozesses direkt in ihren rechtlichen oder tatsächlichen Interessen betroffen werden, die (freigestellte) Teilnahme am Verfahren ermöglicht. Die Beiladung lässt dem Beigeladenen keine Wahl, er wird Partei, ob er sich am Verfahren aktiv beteiligt oder nicht; allerdings kann er das Kostenrisiko ausschliessen, wenn er auf die Ausübung seiner Parteirechte verzichtet. Darauf ist er hinzuweisen. Der Beigeladene ist im Grundsatz mit denselben prozessualen Rechten und Pflichten am Verfahren beteiligt wie die ursprünglichen Parteien. Er kann selbständig Anträge stellen, ein Rechtsmittel ergreifen und, sofern er sich am Verfahren durch die Stellung von Anträgen beteiligt hat, auch zur Kostentragung verpflichtet werden; bei Obsiegen hat er Anspruch auf Kostenersatz. Hingegen fehlt ihm die Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand (kein Rückzug). - 21 - Die Beiladung erfolgt von Amtes wegen, auf Antrag einer Partei oder auf Antrag des beizuladenden Dritten selbst. Der Entscheid über einen Antrag liegt im Ermessen der erkennenden Instanz. Die Beiladung ist dann eine notwendige, wenn die zu treffende Entscheidung in der Sache für die Parteien und den beizuladenden Dritten nur einheitlich ergehen kann. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Rechtsmittelentscheid zugunsten des Beschwerdeführers den Dritten belastet (Anwendungsfall in AGVE 1967, 284 ff.), wenn die Feststellung eines Rechtsverhältnisses verlangt wird, an welchem ein Dritter beteiligt ist, oder wenn bei einer Rechtsgemeinschaft ein Einzelner an sich selbständig zur Beschwerde befugt ist, das Prozessthema materiell aber die anderen in ihren Rechten gleichwohl betrifft. Das Verwaltungsgericht verlangt in formeller Hinsicht, dass der Beizuladende über die Folgen der Beiladung orientiert wird. Es ist ihm zu eröffnen, dass er berechtigt ist, innert der gesetzten Frist Anträge zu stellen, seinen Standpunkt zu begründen, dass er ein Kostenrisiko trägt und den Entscheid auch gegen sich gelten lassen muss, wenn er auf jegliche Mitwirkung verzichtet. Äussert sich der Beigeladene innert Frist nicht zu den gestellten Begehren, hat er auf die Ausübung seiner Parteirechte verzichtet, womit das Kostenrisiko entfällt, nicht aber die Verbindlichkeit des ohne seine Mitwirkung zustande gekommenen Entscheids. § 13 § 13 [Parteien] 1 Im erstinstanzlichen Verfahren ist Partei a) wer durch Gesuch ein Verwaltungsverfahren einleitet, b) gegen wen ein Verwaltungsverfahren eingeleitet wird, c) Dritte, die sich am Verfahren mit eigenen Anträgen beteiligen, d) wer beigeladen ist. 2 Im Beschwerdeverfahren sind Partei a) die Beschwerdeführenden, b) die Adressaten des erstinstanzlichen Entscheids im Sinne von Abs. 1 lit. a, b und d, c) Dritte, die sich am Verfahren mit eigenen Anträgen beteiligen, d) wer beigeladen ist, e) die Vorinstanz, f) die erstinstanzlich entscheidende Behörde, soweit sie einem anderen Gemeinwesen angehört. 3 Verwaltungsjustizbehörden kommt keine Parteistellung zu; Partei im gerichtlichen Verfahren bleibt die letztinstanzlich entscheidende Verwaltungsbehörde. Bemerkungen zu § 13 nVRPG (neu) 1. Das VRPG hat sich bis anhin nicht detailliert mit der Definition der Parteien auseinandergesetzt, allerdings in verschiedenen Bestimmungen Auskunft darüber gegeben, wer anzuhören ist, wer Kosten zu tragen hat, wem der Entscheid zu eröffnen ist. Die fehlende Definition führte zu erheblichen Schwierigkeiten und Unsicherheiten in einem Punkt, der an sich zweifelsfrei geklärt sein sollte, da mit der Parteistellung die Verfahrensrechte und -pflichten wie rechtliches Gehör, Akteneinsicht, Anspruch auf Kostenersatz, Pflicht zur Kostentragung und dergleichen verbunden sind. - 22 - 2. Partei ist der Träger von prozessualen Rechten und Pflichten. Der Begriff "Partei" ist nicht identisch mit dem Betroffenen: Betroffen ist, wer in seinem schutzwürdigen eigenen Interesse berührt ist; zur Partei wird der Betroffene aber durch eine die Verfahrensrechte und pflichten auslösende Beteiligung am Verfahren wie Beschwerdeerhebung oder Stellung von Anträgen im bereits hängigen Beschwerdeverfahren eines Dritten. 3. Systematisch lassen sich im Beschwerdeverfahren Beteiligte unterscheiden, die mit Beschwerdeerhebung unmittelbar durch verfahrensrechtlichen Bezug Parteistellung einnehmen, und Dritte, die einen materiellen Bezug zur Streitsache aufweisen und erst durch prozessuale Willenserklärung (Erstattung einer Beschwerdeantwort) Parteistellung erlangen. Ohne Probleme dürfte die Nennung des Beschwerdeführers in Abs. 2 lit. a sein, da er das Beschwerdeverfahren überhaupt erst initiiert. Schon nicht mehr so zwingend ist dann lit. b. Der vorliegende Entwurf geht aber davon aus, dass derjenige, um dessen Projekt und Interessen es letztlich geht, am Verfahren beteiligt bleiben muss und auch die Risiken in finanzieller Hinsicht trägt, wenn die Beschwerde eines betroffenen Dritten gutgeheissen wird. Die so genannte Desinteresseerklärung des Baugesuchstellers an seinem eigenen Gesuch ist keine überzeugende Lösung; meist ist der Betreffende keineswegs uninteressiert, schätzt aber seine Prozesschancen als derart gering ein, dass er lieber das Gemeinwesen allfällige Verfahrenskosten bezahlen lässt, anstatt dass er selbst für die Folgekosten eines von ihm eingereichten Gesuchs aufkommt. Adressat ist, bei wem Rechte und Pflichten begründet werden. Adressat ist damit nicht der Einsprecher zum Beispiel im Baubewilligungsverfahren, der den Baubewilligungsentscheid zur Kenntnis zugestellt erhält. Zur Verdeutlichung wurde in lit. b bei den Adressaten der Zusatz "im Sinne von Abs. 1 lit. a, b und d" beigefügt. Der Dritte, der sich mit eigenen Anträgen am Verfahren der Vorinstanz beteiligt hat, wird nicht automatisch Partei auch im Beschwerdeverfahren; es bedarf einer neuen Beteiligung (lit. c). Diese Regelung ist bewusst getroffen und sie perpetuiert den heutigen Zustand; es ist nicht gewollt, dass derjenige Dritte, der sich an einem Beschwerdeverfahren beteiligt hat, durch alle Instanzen hindurch darin verhaftet bleibt. Der Dritte (zum Beispiel der Einwender/Einsprecher im Baubewilligungsverfahren) kann wählen, ob er sich am nachfolgenden Beschwerdeverfahren beteiligt oder nicht; führt er selber Beschwerde beim Baudepartement oder beteiligt er sich mit eigenen Anträge im Beschwerdeverfahren, kann er wiederum wählen, ob er sich am verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren beteiligt oder nicht. Um diese bewährte Regelung auch im Rahmen des neuen VRPG fortführen zu können, ist Abs. 1 lit. c nicht in Abs. 2 lit. b erwähnt, sondern in lit. c separat aufgeführt. - 23 - 4. Unter den Begriff „Verwaltungsjustizbehörden“ in Abs. 3 fallen zurzeit nur die Spezialverwaltungsgerichte, mit der Anpassung des GOG kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass eine weitere Justizbehörde von der Bestimmung erfasst werden soll. § 14 § 14 [Verbeiständung, Vertretung a) Zulässigkeit] 1 Die Parteien können sich durch eine handlungsfähige Person verbeiständen und, soweit nicht persönliches Erscheinen notwendig ist, vertreten lassen. 2 Auf Verlangen der Behörde haben sich Vertretende durch schriftliche Vollmacht auszuweisen. 3 Vor den Verwaltungsjustizbehörden, ausgenommen das Versicherungsgericht, können nur Anwälte oder Anwältinnen eine Partei verbeiständen oder vertreten. Vorbehalten bleiben § 67 Abs. 2 des Zivilrechtspflegegesetzes (Zivilprozessordnung, ZPO) vom 18. Dezember 1984 und Sonderbestimmungen in anderen Erlassen. 4 Wer ordentliches Mitglied einer Behörde ist, kann vor dieser nicht als Beistand oder Vertretung handeln. Bemerkungen zu § 14 nVRPG (bisher § 18 VRPG) Zu Abs. 3: 1. Da zur aargauischen Verwaltungsrechtspflege zunehmend auch Spezialverwaltungsgerichte gehören, rechtfertigt es sich, das Anwaltsmonopol auch auf diese auszudehnen. Der Begriff Verwaltungsgericht ist mithin durch Verwaltungsjustizbehörden zu ersetzen. Eine Partei (SVP) beantragte in der Vernehmlassung, Abs. 3 zu streichen, da sich auch Anwältinnen und Anwälte am Markt behaupten sollten und sachverständige Personen eine wichtige Rolle spielen können. Demgegenüber vertrat der Anwaltsverband die Ansicht, dass das Anwaltsmonopol auch auf das Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsbehörden auszudehnen sei. Der Schweizerische landwirtschaftliche Treuhänderverband SLTV ist der Meinung, dass mindestens vor der landwirtschaftlichen Rekurskommission eine Vertretung ohne Anwaltsmonopol zulässig sein soll, da eben nicht Anwälte, sondern spezialisierte Berater, respektive landwirtschaftliche Treuhänder, spezifische Kenntnisse aufwiesen. Es stellt sich deshalb die Frage, ob vor den Spezialverwaltungsgerichten die Vertretung ohne Anwaltsmonopol generell zulässig sein soll, da oftmals Nichtanwälte mit spezifischen (besseren) Kenntnissen eine durchaus valable Vertretung sein können (zum Beispiel fachkundige Sozialarbeiter, Interessen- oder Verbandsvertreter aus Gewerkschaftskreisen und dgl.). Damit öffnet man den Gerichtszugang jedoch auch zahllosen Personen, die dann weder über ein Anwaltspatent noch sonst über spezifische Kenntnisse, ausser vielleicht allgemeiner Beratungskompetenz, verfügen. Da man auch vor Spezialverwaltungsgerichten trotz der Rechtsanwendung von Amtes wegen erhebliche Fehler machen kann (insbesondere im - 24 - Verfahren), ist - zum Schutze der Parteien, nicht zur wirtschaftlichen Privilegierung der Anwälte und Anwältinnen - am Anwaltsmonopol festzuhalten. Denn: Anwälte und Anwältinnen müssen zwingend über eine Haftpflichtversicherung verfügen, was die erheblichen Verfahrensrisiken zumindest für den schlecht vertretenen Mandanten bzw. die schlecht vertretene Mandantin relativiert. Der fachkundige Sozialarbeiter kann trotz dieser Regelung als Berater des Beschwerdeführers am Verfahren teilnehmen. Ausserdem amten an den Spezialverwaltungsgerichten Fachrichter und Fachrichterinnen, damit ist das Fachwissen grundsätzlich vorhanden. Eine Ausdehnung des Anwaltsmonopols auf das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren – wie es der Anwaltsverband beantragt – scheint jedoch nicht nötig und angesichts der vorerwähnten Stellungnahmen in der Vernehmlassung wohl auch nicht mehrheitsfähig. 2. Im Rahmen des Gesetzes und Dekrets über Massnahmen zur Erneuerung der Justiz beantragte der Regierungsrat im Jahr 1997, das Anwaltsmonopol auch auf Steuersachen vor Gericht auszudehnen (vgl. Botschaft des Regierungsrats an den Grossen Rat vom 9. Juli 1997 Ziff. 4.1, Geschäftsnummer 97.003717). Vom Grossen Rat wurde dies jedoch abgelehnt. Im Steuergesetz von 1998 wurde in § 176 StG festgehalten, dass in Steuersachen einzig Handlungsfähigkeit für eine Vertretung vorausgesetzt wird. Da die Ausdehnung des Anwaltsmonopols auf Steuersachen explizit geprüft und zu Beginn der Justizreform ausdrücklich abgelehnt wurde, wurde auf eine erneute Prüfung der Frage der Ausdehnung des Anwaltsmonopols auf Steuersachen vor dem Spezialverwaltungsgericht und vor dem Verwaltungsgericht verzichtet. Die Erwähnung der Ausnahme vom Anwaltsmonopol in Steuersachen (§ 18 Abs. 3 VRPG) wurde aber aus dem VRPG entfernt, da sich diese Ausnahme wie erwähnt bereits aus dem Steuergesetz selber ergibt (§ 176 StG). Die heutige Verweisung auf das Anwaltsgesetz und das Personalgesetz in § 18 Abs. 3 VRPG wurde gestrichen und durch den allgemeinen Hinweis auf Sonderbestimmungen in anderen Erlassen ersetzt. Damit wird das Anwaltsgesetz (Rechtsschriften aus Gefälligkeit) und das Personalgesetz (Vertretung von öffentlichrechtlichen Dienstnehmern im Rechtsmittelverfahren durch Verbände) erfasst, gleichzeitig aber sichergestellt, dass bei Änderungen, sei es nun im Personal- oder Anwaltsgesetz oder durch neue Erlasse, das nVRPG nicht dauernd nachgeführt werden muss. Die Verweisung auf die Zivilprozessordnung ist beizubehalten, da die Zivilprozessordnung nie Sonderbestimmung zum nVRPG sein kann. Ausdrücklich erwähnt wird jedoch das Versicherungsgericht. In Beschwerde- und Klageverfahren vor Versicherungsgericht, die sich auf Bundesrecht stützen, ist gemäss Art. 61 lit. f ATSG das Anwaltsmonopol ausgeschlossen. Sinnvollerweise wird diese Regelung auch für kantonalrechtliche Verfahren vor dem Versicherungsgericht übernommen, denn auch diese befassen sich in erster Linie mit Sozialversicherungsrecht. - 25 - § 15 § 15 [b) bei Massenverfahren und Sitz im Ausland] 1 Sind an einem Verfahren mehr als 10 Parteien beteiligt, die eine kollektive Eingabe oder inhaltlich gleiche Eingaben eingereicht haben, so kann die Behörde sie verpflichten, ein gemeinsames Zustellungsdomizil oder eine gemeinsame Vertretung zu bezeichnen. 2 Parteien mit Sitz oder Wohnsitz im Ausland haben ein Zustellungsdomizil oder eine Vertretung in der Schweiz anzugeben. 3 Bezeichnen die Parteien kein Zustellungsdomizil oder keine Vertretung in der Schweiz, so kann die Zustellung durch Publikation im Amtsblatt des Kantons ersetzt werden. Bemerkungen zu § 15 nVRPG (bisher § 18a VRPG) Diese Bestimmung entspricht praktisch dem bisherigen § 18a VRPG. Die Norm wurde mit dem neuen Baugesetz eingeführt und hat sich bewährt. § 16 § 16 [Ausstand] 1 Am Erlass von Entscheiden darf nicht mitwirken, wer a) in der Sache ein persönliches Interesse hat, b) mit einer Partei in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt, verschwägert oder durch Ehe, eingetragene Partnerschaft, Verlobung oder Kindesannahme verbunden ist, c) eine Partei vertritt oder für eine Partei in der gleichen Sache tätig war, d) Mitglied, Mitarbeiter oder Mitarbeiterin der Behörde ist, deren Entscheid angefochten ist oder die mittels verbindlicher Weisung oder Teilentscheid am angefochtenen Entscheid beteiligt war, e) aus anderen Gründen in der Sache befangen sein könnte. 2 Wird der Entscheid eines Departements beim Regierungsrat angefochten, hat das dem Departement vorstehende Regierungsratsmitglied beratende Stimme. 3 Beratung im Rahmen der amtlichen Pflichten ist in der Regel kein Ausstandsgrund. 4 Ist der Ausstand streitig, entscheidet darüber die Aufsichtsbehörde oder, wenn es sich um den Ausstand eines Mitglieds einer Kollegialbehörde handelt, diese Behörde unter Ausschluss des betreffenden Mitglieds. Bemerkungen zu § 16 nVRPG (bisher §§ 5 und 50 VRPG) 1. Art. 6 Ziff. 1 EMRK wie auch Art. 30 Abs. 1 BV garantieren dem Einzelnen unabhängig vom anwendbaren Verfahrens- und Organisationsrecht, dass seine Sache von einem richtig besetzten sowie unvoreingenommenen, unparteiischen und unabhängigen Gericht beurteilt wird. Die Unbefangenheit von Verwaltung und Justiz ist enorm wichtig für das Vertrauen des Volks in staatliche Behörden. Bis anhin war in § 5 VRPG geregelt, dass Behördemitglieder und Sachbearbeiter beim Erlass von Verfügungen und Entscheiden nicht mitwirken dürfen, wenn ein Ausstandsgrund im Sinn der Zivilprozessordnung gegeben ist. Die Verweisung auf - 26 - die Zivilprozessordnung hatte (unter anderem) zur Folge, dass mit dem Oberbegriff Ausstand sowohl die Ausschliessungs- wie auch die Ablehnungsgründe erfasst wurden. Dies führte in der Praxis zu Problemen, weil allein die Mitgliedschaft in einem Verein ausreichend war, um abgelehnt werden zu können, unabhängig davon, ob sich diese Mitgliedschaft auf die Unabhängigkeit (von aussen her betrachtet) tatsächlich auswirkt oder nicht. Zudem haben Aufzählungen den Nachteil, in der Regel unvollständig zu sein. Die nun vorgelegte Bestimmung wählt den Ansatz, der auch der EMRK zugrunde liegt. Erfasst werden sollen (teilweise) generalklauselartig Umstände, die geeignet sind, das Misstrauen (von aussen) in die Unparteilichkeit eines Behördemitglieds zu erwecken; solche Umstände können im persönlichen Verhalten oder auch in funktionellen oder organisatorischen Begebenheiten begründet sein. § 16 geht nicht weniger weit als § 2 lit. a und c der Zivilprozessordnung des Kantons Aargau, welche die Ehegatten und eingetragenen Partner automatisch in den Ausstand einbeziehen, regelt in § 16 lit. e nVRPG solche Fälle des Ausstands jedoch generell. Die Formulierung von § 16 entspricht den heute, insbesondere auf Bundesebene üblichen Standards (vgl. Art. 34 BGG). 2. Auf die Nennung des Sachbearbeitenden wurde neu verzichtet – unter die Ausstandsbestimmung fällt er deswegen gleichwohl. Angelpunkt ist der Begriff der Mitwirkung. Mitwirken im Sinn der Bestimmung verlangt ein sachliches Eingreifen und heisst nicht, dass die zum Ausstand verpflichtete richtende oder sachbearbeitende Person im vorausgegangenen Verfahren auch tatsächlich eine rechtsverbindliche Entscheidung getroffen hat. Es reicht mithin jede Mitwirkung aus, die geeignet ist, den Eindruck hervorzurufen, die richtende oder sachbearbeitende Person habe sich durch ihr Tätigwerden im Verwaltungsverfahren bereits in der Sache festgelegt. Insoweit kann auf die Nennung des Sachbearbeitenden verzichtet werden. 3. Der Vorsteher oder die Vorsteherin jenes Departements, dessen bzw. deren Entscheid angefochten ist, darf gemäss Abs. 2 mit beratender Stimme am Rechtsmittelentscheid mitwirken; Abs. 2 geht als Spezialbestimmung Abs. 1 lit. d vor. Betrifft eine Beschwerdesache ein Regierungsratsmitglied im Sinn von § 16 lit. a, b, c oder e persönlich, muss es in den Ausstand treten. 4. Über Ausstandsfragen entscheidet die in der Sache hierarchisch übergeordnete Behörde oder, wenn Mitglieder einer Kollegialbehörde in den Ausstand treten sollen, die Behörde unter Ausschluss der Betroffenen. Diese verbreitete Praxis wurde mit Absatz 4 in das Gesetz überführt. - 27 - § 17 § 17 [Untersuchung von Amtes wegen] 1 Die Behörden ermitteln den Sachverhalt, unter Beachtung der Vorbringen der Parteien, von Amtes wegen und stellen die hiezu notwendigen Untersuchungen an. 2 Sie würdigen das Ergebnis der Untersuchung frei. 3 Besteht über einen Sachverhalt Unsicherheit, kann diese mit Einverständnis aller Parteien durch Vereinbarung über den dem Entscheid zugrundezulegenden Sachverhalt beseitigt werden; die öffentlichen Interessen sind zu beachten. Bemerkungen zu § 17 nVRPG (Abs. 3 ist neu; Abs. 1 und 2 bisher § 20 Abs. 1 VRPG) 1. Die Abs. 1 und 2 werden weitgehend unverändert von § 20 Abs. 1 VRPG übernommen. Das Wort "prüfen" wurde durch "ermitteln" ersetzt, da tatsächlich nicht der vorgelegte oder behauptete Sachverhalt zu prüfen, sondern der wahre Sachverhalt zu ermitteln ist. Mehr aus sprachlichen Gründen wurden die nachfolgenden Ermittlungen durch Untersuchungen ersetzt. 2. Abs. 3 ermöglicht eine vergleichsweise Einigung über den Sachverhalt. Die Rechtsfolgen, die gestützt auf den Sachverhalt festzulegen sind, werden dann wieder ohne verwaltungsvertragliche Bindung ermittelt, es sei denn, es werde gestützt auf § 19 nVRPG ein Vergleich über die gesamte Fragestellung abgeschlossen. Einigungen sind nur unter Beachtung der öffentlichen Interessen zulässig. Die Bestimmung wurde als Absatz 3 eingefügt, da sie den Untersuchungsgrundsatz einschränkt. Es besteht zwar mit Blick auf § 19 nVRPG eine gewisse Doppelspurigkeit, allerdings soll mit der gewählten Formulierung auf den Zusammenhang hingewiesen und ermöglicht werden, im Rahmen der Untersuchung von Amtes wegen (zurückhaltend) Sachverhaltsvereinbarungen abzuschliessen. 3. § 20 Abs. 2 VRPG enthielt die Bestimmung, wonach niemandem wegen Unbeholfenheit Nachteile erwachsen dürfen. Dem Grundsatz kommt eine erhebliche Bedeutung zu, weshalb sich seine separate Regelung unter dem Titel "Behördliche Betreuungspflichten" rechtfertigt (vgl. § 18 nVRPG folgend). § 18 § 18 [Behördliche Betreuungspflichten] Die Behörden achten darauf, dass niemandem wegen Unbeholfenheit Nachteile erwachsen. - 28 - Bemerkungen zu § 18 nVRPG (bisher § 20 Abs. 2 VRPG) 1. Im bisherigen § 20 Abs. 2 VRPG wurde die behördliche (richterliche) Fürsorgepflicht statuiert. Heute findet sich dieser Grundsatz bereits in § 22 Abs. 2 Satz 1 der Kantonsverfassung. Es stellt sich daher die Frage, ob dieser Grundsatz nochmals erwähnt werden soll. Da der Fürsorgepflicht bzw. der behördlichen Betreuungspflicht im Verwaltungsverfahren eine erhebliche Bedeutung zukommt, ist ihre Nennung jedoch gerechtfertigt. Überdies ist es sinnvoll, die massgeblichen Bestimmungen für ein Verfahren nicht in mehreren Erlassen verschiedener Stufe zusammensuchen zu müssen. Die Marginalie wurde neu gefasst und damit verdeutlicht, dass nicht bloss die Untersuchung von Amtes wegen Unbeholfene schützen soll, sondern dass auch eine weitergehende Hilfestellung zulässig und unter Umständen geboten ist. 2. § 22 Abs. 2 KV will gewährleisten, dass Unbeholfene oder Unerfahrene behördliche Hilfe erhalten, wenn es in einem Verwaltungsverfahren um ihre Rechte geht. Gestützt auf den Verfassungskommentar können solche Massnahmen insbesondere bestehen aus Aufklärungen und Belehrungen im Instruktionsverfahren an Verhandlungen, in der Gewährung von Nachfristen zur Verbesserung formell ungenügender Rechtsschriften, in der Hilfeleistung bei der Formulierung von Rechtsbegehren, in Hinweisen bezüglich der Nennung von Tatsachen und Beweismitteln und anderem. Es wäre denkbar, § 18 nVRPG mit einer nicht abschliessenden Aufzählung von solchen Fürsorgeleistungen zu konkretisieren. Es erscheint aber auch hier richtig, es der behördlichen und gerichtlichen Praxis zu überlassen, in welchem Ausmass Unbeholfene behördlich betreut werden müssen. 3. Nicht geregelt werden in § 18 nVRPG die Folgen der Verletzung dieser behördlichen Betreuungspflicht. Auch hier sollte der Praxis die notwendige Konkretisierung überlassen werden. Immerhin dürfte soviel gelten: Werden Betreuungsmassnahmen im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens zu Unrecht unterlassen, stellt die Verletzung der Betreuungspflicht einen Verfahrensfehler dar, der die Verfügung oder den Entscheid unter Umständen formell rechtswidrig macht, auch wenn der Inhalt des Entscheids an sich korrekt wäre. Die Verletzung muss erheblich und offensichtlich sein, damit sie zur Aufhebung des Entscheids führen kann. § 19 § 19 [Vergleich] 1 Besteht über den Sachverhalt oder die Rechtslage Unsicherheit oder liegen andere Umstände vor, welche eine einvernehmliche Lösung als vorteilhaft erscheinen lassen, sind die Behörden zum Abschluss von Vergleichen berechtigt; die öffentlichen Interessen sind zu beachten. 2 Das Verfahren wird durch Sachentscheid abgeschlossen. - 29 - Bemerkungen zu § 19 nVRPG (neu) 1. Das VRPG kennt für das Verwaltungsverfahren, das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren oder das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren keine Erledigungsart, die den Vergleich vorsieht (zum verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren vgl. § 65 VRPG). Das Verwaltungsgericht hat es aber in langjähriger Praxis auch vor dem Hintergrund der Untersuchungsmaxime stets als zulässig erachtet, übereinstimmenden Anträgen der Beteiligten (Parteien) zur Erledigung des Verfahrens stattzugeben, sofern sich diese - nach einer summarischen Überprüfung - als gesetzmässig erweisen und allfällige Zugeständnisse der Parteien innerhalb des Spielraums bleiben, den das Gesetz ohnehin gewährt (AGVE 1972, 285 f.; 1982, 286 ff.; 1991, 383). Ein gewisses Unbehagen über Vergleichsverträge ist aber wegen der fehlenden gesetzlichen Grundlage stets geblieben. Es rechtfertigt sich, die Möglichkeit des Vergleichs auch unter der Herrschaft des öffentlichen Rechts vorzusehen. Wie andere verwaltungsrechtliche Verträge muss auch er sich innerhalb der Schranken halten, die das öffentliche Recht setzt. Dies bedeutet insbesondere, dass die öffentlichrechtliche Regelung, über deren Gegenstand ein Vertrag abgeschlossen wird, den Parteien überhaupt einen Gestaltungsspielraum überlässt. Zwingende gesetzliche Regelungen ohne Ermessensspielraum schliessen einen Vergleich aus. Die gesetzliche Regelung des Vergleichs stiess in der Vernehmlassung auf ungeteilte Zustimmung. 2. Mit der gewählten Formulierung wurde versucht, die Zulässigkeit des verwaltungsrechtlichen Vergleichs im Verwaltungsverfahren und im Verwaltungsjustizverfahren an verschiedene Voraussetzungen zu knüpfen, damit nicht zahlreiche Vereinbarungen das Legalitätsprinzip gefährden. Voraussetzung, damit überhaupt vertragliche Vereinbarungen in Betracht gezogen werden können, ist Ungewissheit über die Rechts- oder Sachlage (oder beides). Fehlt es an dieser Ungewissheit, ist ein Vergleich im Grundsatz nicht zulässig. Ungewissheit über die Sach- oder Rechtslage kann bestehen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage auch nach umfangreichen amtlichen Ermittlungen nicht endgültig festlegen lässt. Ungewissheit kann aber auch dann bestehen, wenn sich vor allem ein Sachverhalt theoretisch aufklären liesse, diese Arbeit im konkreten Fall aber unverhältnismässig wäre und sich vielmehr eine Einigung über den Sachverhalt oder die Rechtslage als zweckmässig erweist. Da auch Fälle denkbar sind, bei denen zwar weder der Sachverhalt noch die Rechtslage wirklich unklar sind, aber ein Vergleich aus Gründen des öffentlichen Interesses geboten ist, können auch "andere Umstände" genügen. Als weitere Voraussetzung wird das öffentliche Interesse an einer vergleichsweisen Lösung genannt. Damit ist auch klar, dass eine Behörde eine Frage nur dann mit verwaltungsrechtlichem Vertrag lösen darf, wenn das Vorgehen im öffentlichen Interesse geboten ist. Dieser Entscheid ist pflichtgemäss zu treffen, der Behörde kommt dabei aber ein grosser Ermessensspielraum zu. - 30 - Es versteht sich von selbst, dass ein Vergleich nur mit Zustimmung aller Parteien zulässig ist. Dies hat zur Folge, dass diejenigen dem Vergleich zustimmen müssen, die am Verfahren (noch) mit eigenen Verfahrensrechten als Partei beteiligt sind. Entschliesst sich zum Beispiel der einsprechende Nachbar, im Beschwerdeverfahren nicht mehr mitzumachen, ist auch sein Einverständnis zu einer vergleichsweisen Lösung nicht erforderlich, sofern der Vergleich nicht über das hinausgeht, was im Baugesuch ausgewiesen war. Der Gemeinderat als Baubewilligungsbehörde bleibt auch im baudepartementalen Verfahren als Vorinstanz Partei und muss somit einem allfälligen Vergleich zustimmen. Im Übrigen ist die Bestimmung so weich formuliert, dass eine Behörde durchaus einen Vergleichsabschluss verweigern kann, wenn eine Verfahrenskonstellation oder ein Vergleichsinhalt vorliegt, der geeignet ist, Interessen Dritter zu verletzen. 3. Die Bestimmung wird bei den allgemeinen Verfahrensvorschriften aufgeführt. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass § 19 nVRPG sowohl für die nichtstreitigen erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren wie auch für die nachfolgenden Bestimmungen über die Beschwerde-, Rekurs- und verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren Gültigkeit beansprucht. 4. Da die entscheidende Behörde prüfen muss, ob die öffentlichen Interessen gewahrt sind, ist die Dispositionsbefugnis der Parteien über den Streitgegenstand nicht vollumfänglich gegeben. Es ergeht daher nicht ein Abschreibungsbeschluss, sondern ein Sachentscheid. Grundlage dieses Sachentscheids ist die Parteierklärung, wenn auch verbunden mit der richterlichen Prüfung, ob sich die Parteierklärung an den Spielraum hält, den das Gesetz gewährt. Gegen den Entscheid ist die Beschwerde möglich, wobei die Rügen beschränkt sind (v.a. Verletzung öffentlicher Interessen, Missachtung der Vergleichsvoraussetzungen, Verfahrensfehler, Willensmängel beim Vergleichsabschluss). § 20 § 20 [Anordnungen vorsorglichen Charakters] 1 Die Behörde trifft von Amtes wegen oder auf Antrag Anordnungen vorsorglichen Charakters, wenn dies zur Abwehr eines drohenden, nicht wiedergutzumachenden Nachteils notwendig ist. 2 Bei Kollegialbehörden ist hiezu in dringlichen Fällen das vorsitzende Mitglied zuständig. Bemerkungen zu § 20 nVRPG (neu) 1. Bisher wurde in § 44 VRPG der vorläufige Rechtsschutz geregelt. § 44 VRPG regelt aber nur den vorläufigen Rechtsschutz während der Dauer des Beschwerdeverfahrens und genügt damit nicht als Grundlage für die Anordnungen von Massnahmen, die vor Erlass der eigentlichen erstinstanzlichen Hauptverfügung ergehen sollten. Diese finden sich in den materiellen Gesetzen, welche auf die Hauptsache zur Anwendung kommen, lassen sich aber auch ohne - 31 - ausdrückliche Normierung aus der materiellen Bestimmung selbst ableiten. Die Zulässigkeit dieser Ableitung ist in der Lehre allerdings umstritten. Will man dieser Unsicherheit begegnen, drängt es sich auf, unter den allgemeinen Verfahrensvorschriften auch eine Bestimmung aufzunehmen, die Anordnungen vorsorglichen Charakters während des erstinstanzlichen Verfahrens vorsieht und damit eine gesetzliche Grundlage darstellt. Die gesetzliche Grundlage für die Anordnung vorsorglicher Massnahmen während der Dauer des Beschwerdeverfahrens findet sich demgegenüber neu in § 46 Abs. 2 nVRPG. 2. Um sicherzustellen, dass von dieser Befugnis nicht regelhaft bei allen Verwaltungsverfahren Gebrauch gemacht wird, die mit einer Verfügung abgeschlossen werden, wurde das Kriterium des nicht wiedergutzumachenden Nachteils eingeführt. Das Kriterium ist im öffentlichen Verfahrensrecht gut bekannt und schränkt den Anwendungsbereich der Bestimmung sachgerecht ein. 3. Absatz 2 regelt die Zuständigkeit zum Erlass dieser Anordnungen. Die Zuständigkeit wurde bewusst auf die Behörde an sich oder in Fällen der Dringlichkeit auf deren Präsidium begrenzt, da Anordnungen vorsorglichen Charakters weitreichende Auswirkungen haben können und deshalb ein Entscheid möglichst nahe am späteren Spruchkörper gesucht ist. Ist eine betroffene Person mit dieser Anordnung nicht einverstanden, kann sie den Entscheid des vorsitzenden Mitglieds des jeweiligen Spruchkörpers (zum Beispiel des Gemeindeammanns), sofern die entsprechenden Beschwerdevoraussetzungen gegeben sind, direkt bei der nächsthöheren Beschwerdeinstanz anfechten. Es ist nicht notwendig, zunächst an die Kollegialbehörde zu gelangen; das vorsitzende Mitglied entscheidet als Behörde (im Sinn von § 50 nVRPG), jedenfalls aber im Namen der Kollegialbehörde. § 21 § 21 [Rechtliches Gehör a) Anhörung] 1 Die Behörde hört die Parteien an, bevor sie entscheidet. 2 Die Anhörung kann ausnahmsweise unterbleiben, wenn Gefahr im Verzug ist oder eine vorgängige Anhörung den Zweck der behördlichen Anordnung vereiteln würde. Die Anhörung ist umgehend nachzuholen, und es ist ein neuer Entscheid zu erlassen. Bemerkungen zu § 21 nVRPG (bisher §§ 15 und 17 VRPG) 1. Der bisherige § 15 VRPG genügt den Anforderungen an die korrekte Gehörsgewährung heute nicht mehr und kann zu Missverständnissen Anlass geben (AGVE 1980, 303 ff.). Das rechtliche Gehör (Anhörung, Mitwirkungsrechte, Akteneinsicht, Anspruch auf Begründung) ist bereits durch Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung und § 22 der Kantonsverfassung gewährleistet. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass Völkerrecht und Bundes- - 32 - recht den Inhalt des rechtlichen Gehörs sehr weitgehend bestimmen, rechtfertigt sich keine detaillierte Regelung auf kantonaler Ebene, da man immer Gefahr läuft, der Entwicklung hinterher zu hinken und übergeordnetem Recht widersprechende Gesetze in Kraft zu setzen. 2. In § 21 sowie § 22 nVRPG werden wichtige Teilgehalte des rechtlichen Gehörs explizit geregelt. 3. In § 15 Abs. 3 Satz 1 VRPG wird im Sinne einer Ausnahme geregelt, dass die Anhörung unterbleiben kann, wenn Gefahr im Verzug ist. Gemeint ist zeitliche, nicht sachliche Dringlichkeit. Gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist die vorgängige Anhörung auch dann zu unterlassen, wenn deren Gewährung die Gefahr der Vereitlung einer geplanten Massnahme in sich birgt. Insofern ist § 15 Abs. 3 Satz 1 VRPG zu eng. Die neue Fassung in § 21 Abs. 2 nVRPG trägt dem Rechnung. § 15 Abs. 3 Satz 2 VRPG bestimmt, dass die Betroffenen, sobald sie erreichbar sind, am folgenden Werktag angehört werden müssen, worauf unverzüglich eine neue Verfügung zu erlassen ist. Die Formulierung schränkt den Handlungsspielraum sowohl der Behörde wie auch der betroffenen Privaten erheblich ein. Letztere sind unter Umständen nicht an einer mündlichen Stellungnahme interessiert, sondern an vorbereiteten schriftlichen Ausführungen. Das Verwaltungsgericht wendet denn auch § 15 Abs. 3 Satz 2 VRPG nicht nach dem Wortlaut an, sondern ist der Auffassung, den Betroffenen sei am nächsten Werktag Gelegenheit zu einer schriftlichen Vernehmlassung innert kurzer Frist einzuräumen oder sie seien zu einer Augenscheinsverhandlung vorzuladen (die dann allerdings nicht am nächsten Werktag stattzufinden braucht; AGVE 1980, 313). Stimmt die Praxis mit dem Wortlaut einer Bestimmung nicht überein, ist deren Revision geboten. Um keine unnötigen Einschränkungen vorzunehmen, wurde die Bestimmung auf die Pflicht zur nachträglichen Anhörung, die umgehend erfolgen muss, reduziert. § 22 § 22 [b) Akteneinsicht] 1 Die Parteien haben das Recht, in die Verfahrensakten Einsicht zu nehmen. Nicht zu den Verfahrensakten gehören Notizen, Entwürfe, Referate und dergleichen, wenn sie nur dem internen Gebrauch dienen. 2 Die Einsichtnahme in ein Aktenstück kann verweigert werden zur Wahrung wichtiger öffentlicher oder schutzwürdiger privater Interessen. 3 Wird zum Nachteil einer Partei auf Akten gemäss Absatz 2 abgestellt, ist ihr der belastende Inhalt derselben mitzuteilen und Gelegenheit zu geben, sich dazu zu äussern. 4 Über die Akteneinsicht entscheidet die Behörde, bei welcher das Verfahren hängig ist. - 33 - Bemerkungen zu § 22 nVRPG (bisher §§ 16 und 42 Abs. 2 VRPG) 1. § 22 nVRPG regelt die Akteneinsicht in laufenden Verfahren. Die Akteneinsicht ausserhalb hängiger Verfahren richtet sich nach der Datenschutzgesetzgebung, einschlägigen Spezialerlassen oder letztlich nach der Bundesverfassung. § 22 nVRPG geht als Spezialbestimmung § 7 lit. b IDAG, der die Akteneinsicht in hängigen Verfahren ausschliesst, vor. Der Begriff Akten wurde durch die Verwendung des Worts Verfahrensakten präzisiert. Die Parteien haben Anspruch darauf, alle das Verfahren betreffenden Akten einzusehen. Das sind nicht nur die Akten, welche mit dem Gegenstand des Verfahrens unmittelbar in Zusammenhang stehen, sondern auch weitere (alle) Akten, sofern sie bei der Entscheidfindung eine Rolle spielen, spielen sollen oder gespielt haben. Gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist klar, dass unter den Begriff der Verfahrensakten, in die Einsicht gewährt werden muss, nicht die verwaltungsinternen Akten fallen. Verfahrensinterne Akten sind Unterlagen, die ausschliesslich der behördeninternen Meinungsbildung dienen und denen für die Behandlung des Falls kein Beweischarakter zukommt; darunter fallen insbesondere Entscheidentwürfe, Anträge, Notizen, Mitberichte, Hilfsbelege (vgl. BGE 122 I 161; Merkli / Aeschlimann / Herzog, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kt. Bern, Bern 1997, Art. 23 Rz 8). Diese Definition hat auch Folgen im Beschwerdeverfahren, weil der Rechtsmittelinstanz im Rahmen der Instruktion die Verfahrensakten (ohne Entscheidentwürfe) übergeben werden müssen. Ein Ausschluss von der Überweisungspflicht mit Bezug auf interne Akten erweist sich damit im Grundsatz als entbehrlich; die Formulierung in Absatz 1 Satz 2 dient allerdings der Klarstellung. Das Recht auf Akteneinsicht hat Verfassungsrang. Es beinhaltet unter anderem das Recht, von den relevanten Aktenstücken Kopien anzufertigen. 2. Die Formulierung im bisherigen § 16 Abs. 3 VRPG kann missverständlich sein, weil während der Dauer eines Verfahrens immer diejenige Behörde über die Akteneinsicht zumindest erstinstanzlich zu entscheiden hat, bei welcher das Verfahren hängig ist. Wurde die Verfügung oder der Entscheid gefällt, sind sämtliche entscheidrelevanten Akten im Beschwerdefall der Rechtsmittelbehörde zu übersenden, weshalb die Behörde, die den Entscheid erlassen hat, im Grundsatz keine Entscheide mehr über die Akteneinsicht fällen kann, wie dies § 16 Abs. 3 zweiter Satzteil VRPG nahe legt. Die Bestimmung wurde in diesem Sinn vereinfacht. § 23 § 23 [Mitwirkungspflichten] 1 Die 2 Parteien sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken. Wenn eine Partei die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigert, ist die Behörde nicht verpflichtet, auf deren Begehren einzutreten; diese Rechtsfolge ist vorher anzudrohen. Im Übrigen würdigt sie dieses Verhalten frei. - 34 - Bemerkungen zu § 23 nVRPG (bisher § 21 VRPG) 1. Es genügt, die Verfahrensparteien auf die Mitwirkung zu verpflichten. Insofern ist der Text zu vereinfachen. 2. In § 23 Abs. 2 nVRPG wird wie bisher die Möglichkeit gegeben, auf ein Begehren nicht einzutreten. Satz 2 wurde leicht abgeändert, da die bisherige Formulierung den Schluss nahe legte, negative Konsequenzen fehlender Mitwirkung seien nur in Verfahren möglich, welche auf Begehren des antragstellenden Privaten eingeleitet worden seien, nicht aber auf von Amtes wegen eingeleitete Untersuchungen. Die Mitwirkung der Parteien am Verfahren dient in erster Linie der Durchsetzung ihrer Rechte, ist aber auch Mittel zur Sachaufklärung. Kommen die Parteien ihrer Pflicht nicht nach, kann die Behörde im Fall von Antragstellenden auf deren Begehren nicht eintreten. Tritt sie ein, kann die Würdigung nach freiem Ermessen zur Folge haben, dass die beurteilende Behörde keine Untersuchungspflicht zu Gunsten der Antragstellenden trifft. Diese Rechtsfolge ist vorher anzudrohen: Damit wird nachvollzieh- und beweisbar, dass die Betroffenen um ihre Mitwirkungspflicht und die Folgen bei Unterlassung wussten. Leitet die Behörde das Verfahren ein, ist eine betroffene Drittperson ohne gesetzliche Vorschriften grundsätzlich nicht verpflichtet, sich an der Sachverhaltsabklärung zu beteiligen (AGVE 1992, 179). Lehre und Rechtsprechung sind aber auch der Meinung, eine Mitwirkungspflicht der Verfahrensparteien könne auch dann gegeben sein, wenn Treu und Glauben vom Beweisgegner ein derartiges Verhalten verlangen. Es scheint deshalb gerechtfertigt, § 23 Abs. 2 Satz 2 nVRPG allgemein zu fassen und nicht bloss auf einen Antragstellenden zuzuschneiden. § 24 § 24 [Beweismittel] 1 Die Behörde kann sich jener Beweismittel bedienen, die sie nach pflichtgemässem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere a) die Parteien und Drittpersonen befragen, b) Urkunden beiziehen, c) Augenscheine vornehmen und d) Expertisen anordnen. 2 Die Zeugeneinvernahme ist nur im Rechtsmittelverfahren, die formelle Parteibefragung nur vor Verwaltungsjustizbehörden zulässig. 3 Ist das persönliche Erscheinen einer Partei oder Dritter unerlässlich, so kann die polizeiliche Vorführung angeordnet werden. Dies soll in der Regel erst nach unentschuldigtem Ausbleiben erfolgen und wenn die Vorführung zuvor angedroht wurde. 4 Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung, soweit die Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschliessen. - 35 - Bemerkungen zu § 24 nVRPG (bisher § 22 VRPG) 1. Die bisherige Bestimmung wurde zunächst vereinfacht. Die Nennung von Beauftragten erscheint unnötig. Angesichts der strafrechtlichen Relevanz der Zeugenbefragung und der formellen Parteibefragung wurde in Absatz 2 normiert, dass diese lediglich im Rechtsmittelverfahren bzw. vor Verwaltungsjustizbehörden zulässig sind. Damit wird verhindert, dass bereits im erstinstanzlichen Verfügungsverfahren mit Zeugenaussagen operiert wird. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass im Rechtsmittelverfahren in aller Regel ein Jurist oder eine Juristin am Verfahren beteiligt ist und den korrekten (und zurückhaltenden) Gebrauch dieser Institute sicherstellt; die formelle Parteibefragung bleibt den Verwaltungsjustizbehörden vorbehalten und sollte ohnehin nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen. 2. Die Bestimmung wurde des Weiteren weniger eng gefasst. Der Grundsatz der Abklärung des Sachverhalts von Amtes wegen schliesst die Beschränkung der Beweismittel aus. Der abschliessenden Aufzählung im bisherigen § 22 VRPG kommt in der Neuformulierung lediglich noch exemplarischer Charakter zu. Im Grundsatz gilt, dass die Behörde sich aller (legaler) Mittel, die nach den Grundsätzen der Logik, nach allgemeiner Erfahrung oder wissenschaftlicher Erkenntnis geeignet sind, den Sachverhalt zu erhellen, bedienen darf. Die bisherige Einschränkung verschliesst sich unter Umständen auch neuen Methoden und beeinflusst die Flexibilität behördlichen Handelns negativ. 3. Die Verweisung auf die Zivilprozessordnung in Abs. 4 bezieht sich auch auf § 231 ZPO; hinsichtlich der Zeugenentschädigung gilt somit § 29 des Verfahrenskostendekrets (VKD). Die Verweisung kann sich jedoch nicht auf das Konkordat über die Gewährung gegenseitiger Rechtshilfe in Zivilsachen (SR 274) beziehen, da dieses von den Kantonen nur für den Bereich des Zivilrechts gültig vereinbart wurde. § 25 § 25 [Prozessualer Anstand] Die Behörde kann Personen, die im Verfahren vor den Verwaltungs- oder Verwaltungsjustizbehörden den prozessualen Anstand grob verletzen, mit einem Verweis oder mit einer Ordnungsbusse bis Fr. 500.-- bestrafen. Bemerkungen zu § 25 nVRPG (bisher § 57bis VRPG) Die Bestimmung hat (ausser für die Betroffenen) zu keinen Problemen geführt. Neu gilt diese Bestimmung jedoch nicht nur im Verwaltungsjustizverfahren, sondern auch im Verwaltungsverfahren, da auch dort ein Bedürfnis besteht, Personen, die sich ungebührlich betragen, bestrafen zu können. Die Bestrafung erfolgt durch die für den Sachentscheid zuständige Behörde, da die Sanktionen mit Zurückhaltung auszusprechen sind und nicht zur allgemei- - 36 - nen Verfahrensleitung benutzt werden sollen. Die Busse ist auf dem ordentlichen Rechtsmittelweg anfechtbar. Die SVP und die SP beantragten in der Vernehmlassung eine Erhöhung der Höchstbusse auf Fr. 1'000.--. Da bei Ehrverletzungen parallel zu der vorgenannten Ordnungsbusse ein Privatstrafverfahren eingeleitet werden kann, wurde darauf verzichtet, die Höhe der maximalen Ordnungsbusse zu verdoppeln. § 26 § 26 [Eröffnung, Begründung] 1 Entscheide sind als solche zu bezeichnen und den Parteien mit Rechtsmittelbelehrung schriftlich zu eröffnen; die Eröffnung an betroffene Dritte ist möglich. Eine vorgängige mündliche Entscheideröffnung ist zulässig. 2 Entscheide sind schriftlich zu begründen. Auf die Begründung kann verzichtet werden, wenn a) die Behörde dem Antrag vollumfänglich entsprochen hat und der Entscheid nicht in die Rechte Dritter eingreift, b) gegen den Entscheid die Einsprache zulässig ist, c) eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gemacht wird. 3 Die schriftliche Eröffnung kann auf die Zustellung des Dispositivs beschränkt werden mit dem Hinweis, dass der Entscheid rechtskräftig wird, wenn innert 10 Tagen keine Partei eine schriftlich begründete Ausfertigung verlangt. Verzichten die Parteien auf eine vollständige Ausfertigung, ist eine kurze Begründung in die Akten aufzunehmen. 4 Die Rechtsmittelbelehrung muss die Rechtsmittelinstanz, die Rechtsmittelfrist, das Erfordernis von Schriftform, Antrag und Begründung der Beschwerdeschrift nennen sowie Auskunft über die Geltung von Rechtsstillstandsfristen geben. 5 Auf Verlangen bescheinigt die Instanz, die zuletzt entschieden hat, dass die Rechtsmittelfrist abgelaufen und ein die Rechtskraft hemmendes Rechtsmittel nicht eingelegt worden ist. Bemerkungen zu § 26 nVRPG (bisher § 23 VRPG) 1. Die Frage, wem ein Entscheid eröffnet werden muss, ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Bis anhin wurde geregelt, dass der Entscheid allfälligen weiteren "in ihren schutzwürdigen Interessen Betroffenen" zu eröffnen ist. Die Formulierung ist nicht unüblich, aber eher unpraktikabel. Eine Behörde wird beispielsweise nie allen in ihren schutzwürdigen Interessen Betroffenen die Bewilligung für eine neue Wohnüberbauung oder eine Kehrichtverbrennungsanlage eröffnen. Damit bleibt bei dieser Bestimmung letztlich das Risiko, als Behörde den Entscheid nicht gesetzeskonform eröffnet zu haben, weil man jemanden vergessen hat, der allenfalls in seinen schutzwürdigen Interessen verletzt ist. Dieser Gefahr kann mit der Formulierung Rechnung getragen werden, dass die Behörde den Entscheid weiteren Betroffenen zustellen kann. - 37 - 2. Mündliche Entscheideröffnungen kommen immer wieder vor, sie beschränken sich aber auf wenige Sachgebiete (Fürsorgerischer Freiheitsentzug, Aufschub der Landesverweisung, Führerausweisentzug). Die Rechtsmittelfrist beginnt erst zu laufen, wenn eine schriftliche Begründung vorliegt. Die bisherige Regelung mit der mündlichen Eröffnung erscheint unter diesen Umständen unnötig komplizierend. Es wird vorgeschlagen, diesen möglichen Sonderfall nicht mehr in dieser Form zu berücksichtigen. Die Möglichkeit der mündlichen Eröffnung ist gleichwohl gegeben, nur muss dieser in der Regel eine schriftliche folgen. Auch aus Gründen der Rechtssicherheit drängt sich die Abschaffung der mündlichen Mitteilung als gültige Eröffnungshandlung auf. Die mündliche Eröffnung erwächst auch nach der bisherigen Konzeption nicht in Rechtskraft (vgl. Botschaft I 1967, S. 23), da der Betroffene (unter Umständen Jahre später) verlangen kann, dass ihm der Entscheid schriftlich zugestellt wird mit dem Ergebnis, dass die Rechtsmittelfrist erst dann zu laufen beginnt (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 VRPG). Dieser schwebende Zustand lässt sich mit dem Gebot der Rechtssicherheit nicht vereinbaren. 3. Dass die Zustellung in der Regel gegen Empfangsbescheinigung zu erfolgen hat, ist richtig, letztlich aber bloss (ausser bei Massensendungen) eine Frage der Vernunft (und im Übrigen blosse Ordnungsvorschrift, nicht Gültigkeitsvoraussetzung). Für die korrekte Berechnung der Rechtsmittelfrist muss die Behörde wissen, wann ein Verfügungsadressat bzw. eine Verfügungsadressatin den Entscheid erhalten hat. Um dies sicherzustellen, wird sie den Entscheid gegen Empfangsbestätigung (GU) zustellen. Dies machen aber betroffene Private ohne entsprechende Vorschrift mittels eingeschriebener Sendungen auch, wenn sie sicher sein wollen, dass sie die Einhaltung einer Rechtsmittelfrist beweisen können. Es ist deshalb unnötig, dieses Verhalten gesetzlich vorzuschreiben. Dies auch deshalb, weil damit zu rechnen ist, dass andere Instrumente in Zukunft den Rückschein ersetzen werden. Eine interne Weisung, wie bei der Zustellung von Verfügungen und Entscheiden zu verfahren ist, genügt somit vollauf. 4. Entscheide sind im Grundsatz zu begründen. Die bisherige Formulierung in § 23 Abs. 3 VRPG vergisst die Beeinträchtigung von Drittinteressen und setzt sich zudem in Widerspruch zu § 23 Abs. 1 VRPG, wonach Entscheide nicht nur den am Verfahren Beteiligten, sondern auch allfälligen weiteren in ihren schutzwürdigen Interessen Betroffenen zu eröffnen sind. Dennoch gibt es Fälle, in denen eine schriftlich ausgefertigte Begründung überflüssig ist, weil sich die Parteien einig sind und der Entscheid ausser den Parteien niemanden betrifft (§ 26 Abs. 2 lit. a nVRPG). Neu werden als Ausnahme die Entscheide genannt, gegen die Einsprache erhoben werden kann. Diese Massnahme erscheint aus Gründen der Prozessökonomie gerechtfertigt (§ 26 Abs. 2 lit. b nVRPG). Eine weitere Ausnahme ist für Allgemeinverfügungen, die im Dispositiv publiziert werden, zu machen (§ 26 Abs. 2 lit. c nVRPG). - 38 - § 26 Abs. 2 lit. a nVRPG hat zur (neuen) Folge, dass im Beschwerdeverfahren dann von einer Begründung abgesehen werden kann, wenn sich die Parteien einigen und dem Gericht beantragen, einem Vergleich zuzustimmen. Dann ist nur noch zu prüfen, ob die Vereinbarung die Schranken beachtet, die das öffentliche Recht setzt. Bejaht man dies, kann eine Kurzbegründung zu den Akten genommen werden. 5. Da die Verwaltungsbehörden gemäss § 23 Abs. 4 VRPG ihre Entscheide zunächst im Dispositiv zustellen können, stellt sich die Frage, ob auch die Spezialverwaltungsgerichte und das Verwaltungsgericht berechtigt sind, ihre Entscheide auf das Dispositiv zu beschränken. Die entsprechende Ausdehnung wurde in § 26 Abs. 3 nVRPG vorgenommen. Mit dieser Massnahme war (nur) eine knappe Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden einverstanden. Da sie – jedenfalls in einzelnen Sachgebieten - zu einer Effektivitäts- und Effizienzsteigerung und damit zur Entlastung der Gerichte führen kann und damit im Sinn der Justizreform liegt, wurde daran festgehalten. 6. Neu wurde auch die Pflicht, dem Entscheid in jedem Fall eine Rechtsmittelbelehrung anzufügen, aufgenommen. Die bisherige Formulierung ist (teilweise) bundesrechtswidrig geworden, da letztinstanzliche kantonale (Verwaltungs-)Behörden gestützt auf Art. 1 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 35 VwVG im Grundsatz verpflichtet sind, ihre Entscheide mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen. Im Übrigen können auch hier Drittinteressen tangiert sein, weshalb die (bisherigen) Voraussetzungen für den Rechtsmittelbelehrungsverzicht ungenügend sind. Gegen die neue Formulierung lässt sich einwenden, dass es Entscheide gibt, die endgültig sind, weshalb auch keine Rechtsmittelbelehrung gegeben ist. Der Begriff Rechtsmittelbelehrung ist hier weit zu verstehen und beinhaltet auch diesen Fall; die Behörde hat dem Entscheidadressaten mitzuteilen, dass gegen den vorliegenden Entscheid kein ordentliches Rechtsmittel gegeben ist (was auch eine Rechtsmittelbelehrung darstellt). Neu muss die Rechtsmittelbelehrung auch Auskunft über die Gerichtsferien (neuer Begriff: Rechtsstillstandsfristen, s. Bemerkungen zu § 28 Ziff. 3 Abs. 3) geben. Damit kann es künftig keine Unsicherheiten mehr geben über die Geltung der Rechtsstillstandsfristen (Gerichtsferien) bei Beschwerden an das Verwaltungsgericht. 7. Erstmals geregelt wird die Pflicht zur Ausfertigung einer Rechtskraftbescheinigung; wer das innerhalb der Instanz macht, die zuletzt entschieden hat, wird der betreffenden Behörde überlassen. Im Gegensatz zur ZPO wird das Recht, eine Rechtskraftbescheinigung zu verlangen, nicht auf die Parteien beschränkt. Obwohl das VRPG im vorliegenden Entwurf auch Vorinstanzen als Parteien nennt, sind Dritte (vor allem Behörden) denkbar, die, obwohl nicht Partei, ein berechtigtes Interesse am Wissen um die Rechtskraft eines Entscheids haben können. - 39 - § 27 § 27 [Zustellung, Publikation] 1 Entscheide werden den Parteien zugestellt. Hat eine Partei eine Person zur Vertretung bevollmächtigt, muss an diese zugestellt werden. 2 Können Entscheide nicht innert nützlicher Frist zugestellt werden, weil die Adressaten nach gehöriger Abklärung nicht erreichbar oder unbekannt sind, sind sie im Amtsblatt und in allfälligen weiteren amtlichen Publikationsorganen im Dispositiv zu veröffentlichen. Die Publikation ersetzt die Zustellung. 3 Entscheide, die sich an eine grosse oder unbestimmte Zahl von Personen richten, sind ebenfalls durch öffentliche Bekanntmachung zu eröffnen; die Publikation ersetzt die Zustellung. Bemerkungen zu § 27 nVRPG (bisher § 24 VRPG, teilweise neu) 1. Die Regel, dass an den Vertreter bzw. die Vertreterin zugestellt werden muss, wurde neu ins Gesetz aufgenommen. Die Konsequenzen von Fehlern bei der Zustellung sind bei der Wiederaufnahme (§ 65 Abs. 2 nVRPG) geregelt; die Konzeption verhindert, dass Entscheide wegen eines Zustellungsfehlers unerkannt nie rechtskräftig werden. 2. Der Begriff der Betroffenen wird (verfahrensrechtlich) im bisherigen § 24 VRPG (insbesondere Absatz 2) eher untechnisch gebraucht, indem alle gemeint sind, die vom Entscheid betroffen sein könnten. In Absatz 2 wurde deshalb auf die Nennung des Betroffenen verzichtet, und in Absatz 3 wird die latente Beschwerdebefugnis durch die Verwendung des Begriffes "Personen" vermieden. Im bisherigen Absatz 3 wurde gesagt, dass öffentlich bekannt gemachte Entscheide für alle gelten, die vom veröffentlichten Entscheid betroffen sind. Die neue Formulierung, dass die Publikation die Zustellung ersetzt, ist präziser. Zusammen mit dem Dispositiv ist auch die Rechtsmittelbelehrung zu publizieren. Diese Publikation hat dann die Rechtskraft des Entscheids nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Folge. § 28 § 28 [Fristen] 1 Für die Berechnung der Fristen, deren Unterbruch und die Wiederherstellung gegen die Folgen der Säumnis gilt die Zivilprozessordnung. 2 Die Vorschriften über die Rechtsstillstandsfristen gelten nur im Verfahren vor den Verwaltungsjustizbehörden; abweichende Bestimmungen in anderen Erlassen bleiben vorbehalten. 3 Soweit es das Gesetz nicht ausdrücklich vorsieht, können gesetzlich bestimmte Fristen nicht erstreckt werden. 4 Behördlich bestimmte Fristen können aus zureichenden Gründen erstreckt werden, wenn vor Ablauf darum nachgesucht wird. - 40 - Bemerkungen zu § 28 nVRPG (bisher §§ 31 und 32 VRPG) 1. In § 31 VRPG wird in Satz 2 vorgeschrieben, dass die Vorschriften über die Gerichtsferien nur im Verfahren vor Verwaltungsgericht und den Rekurs- und Schätzungskommissionen gelten, und selbst dort nicht, wenn Verfahren gemäss Einführungsgesetz zum Ausländerrecht, gemäss Submissionsdekret und gemäss Sozialhilfe- und Präventionsgesetz zur Beurteilung anstehen. Diese Ausnahmen von der Regel werden in den betreffenden Sacherlassen (Einführungsgesetz zum Ausländerrecht [EGAR] vom 14. Januar 1997, Submissionsdekret [SubmD] vom 26. November 1996 und Sozialhilfe- und Präventionsgesetz [SPG] vom 6. März 2001) selber heute nicht geregelt. Bürgerfreundlich ist letztlich aber nur eine Regelung, die bereits in der Rechtsmittelbelehrung sagt, ob vor der nächsten Instanz die Rechtsstillstandsfristen (Gerichtsferien) gelten oder nicht. Diese Ergänzung wurde in § 26 Abs. 4 nVRPG vorgenommen; danach ist dieser Hinweis zusammen mit der Rechtsmittelbelehrung anzubringen. Es rechtfertigt sich deshalb, § 28 nVRPG im Vergleich zu § 31 VRPG zu kürzen und gleichzeitig die Nichtgeltung der Rechtsstillstandsfristen in den Sacherlassen zu normieren, da andernfalls die hierfür notwendigen gesetzlichen Grundlagen fehlen würden. 2. Es erscheint zweckmässig, die §§ 31 und 32 VRPG in einer Bestimmung unterzubringen, da diese thematisch zusammengehören. Der Verweis auf die ZPO in § 28 Abs. 1 bezieht sich selbstverständlich auch auf die neuen Abs. 3-5 von § 82 ZPO (vgl. Fremdänderungen). 3. Der Anwaltsverband beantragte in der Vernehmlassung, die Geltung der Gerichtsferien auf alle Verwaltungsverfahren auszudehnen, da das Bedürfnis der Rechtsbetroffenen nach Unterbrechung der Frist in allgemeinen Ferienzeiten gegenüber Verwaltungsbehörden nicht geringer sei. Dieses Anliegen läuft jedoch den Zielen der Justizreform zuwider und soll daher nicht umgesetzt werden. Zu beachten ist immerhin, dass mit der Anpassung der Dauer der kantonalen Rechtsmittelfristen an die Rechtsmittelfristen des Bundes in § 44 nVRPG den Rechtsbetroffenen neu grundsätzlich 10 Tage mehr Zeit gewährt wird, um über eine allfällige Beschwerdeführung zu entscheiden. Der Anwaltsverband regte weiter an, die Bezeichnung „Gerichtsferien“ durch „Rechtsstillstand“ zu ersetzen. Der Begriff „Gerichtsferien“ ist tatsächlich irreführend, da dieses Institut einem praktischen Bedürfnis nicht nur der Gerichte, sondern auch der Parteien, vor allem der kleinen Anwaltskanzleien, entspricht und die Gerichte in dieser Zeit nicht geschlossen sind. Da der Begriff „Gerichtsferien“ weder im Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG Art. 34 „Stillstand der Fristen“) noch im neuen Bundesgerichtsgesetz (BGG - 41 - Art. 46 „Stillstand“) oder im Entwurf der Schweizerischen Zivilprozessordnung (Art. 143 „Stillstand der Fristen“) erwähnt wird, wird im nVRPG auf diesen überholten Begriff verzichtet und neu der Begriff “Rechtsstillstandsfristen“ verwendet. § 29 § 29 [Kosten a) Begriff] Die Kosten bestehen aus Verfahrenskosten (Gebühren und Auslagen) und notwendigen Parteikosten (Kosten der Vertretung oder Verbeiständung durch Anwälte und Anwältinnen oder weitere vor Verwaltungsjustizbehörden zugelassene Vertretungen). Bemerkungen zu § 29 nVRPG (bisher §§ 33 und 36 Abs. 1 VRPG) Verfahrenskosten sind Gebühren und Auslagen, darunter fallen auch Kosten für Gutachten und dergleichen. Es stellt sich die Grundsatzfrage, ob man die "Arbeitszeit" einer Partei ebenfalls entschädigen will oder nicht. Wenn ja, bräuchte es dafür aus Gründen der Klarstellung eine gesetzliche Grundlage; wenn nein, kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass unter "Kosten" nur tatsächlich angefallene Kosten gerechnet werden und damit die eigene Zeit nicht entschädigt ist. Das ist bis anhin weit verbreitete Praxis. Mit der Einführung des Begriffs der Notwendigkeit wird sichergestellt, dass der Prozesssituation nicht angemessene Aufwendungen nicht zu entschädigen sind. Es ist denkbar, für die eigentliche Teilnahme am Gerichtstermin der obsiegenden Partei eine Entschädigung zum Beispiel nach dem Ansatz für die Entschädigung von Zeugen zuzusprechen. Man kann sich aber auch auf den Standpunkt stellen, die Prozessführung gehöre zum allgemeinen Lebensrisiko und das Erscheinen vor dem Gericht sei Bürgerpflicht. Davon wird im vorliegenden Entwurf ausgegangen. Sachverständige (ohne Anwaltspatent) müssen nicht mehr entschädigt werden, ausser sie sind vor Verwaltungsjustizbehörden explizit als Vertretung zugelassen (Bsp. § 176 Steuergesetz). § 30 § 30 [b) Kostenvorschuss] 1 Die instruierende Behörde kann in Beschwerdeverfahren unter Ansetzung einer angemessenen Frist einen Anteil der mutmasslichen Verfahrenskosten als Kostenvorschuss erheben. 2 Bezahlt die Partei den Kostenvorschuss innert Frist nicht, setzt ihr die instruierende Behörde eine letzte Frist von 10 Tagen mit der Androhung, dass auf das Begehren nicht eingetreten wird. 3 Wird eine Expertise beantragt, kann die antragstellende Partei verpflichtet werden, für die mutmasslichen Expertisekosten einen Kostenvorschuss zu leisten. Bemerkungen zu § 30 nVRPG (bisher § 34 VRPG) Kostenvorschüsse werden gemäss § 34 VRPG im geltenden Recht nur unter bestimmten Voraussetzungen erhoben. Im Zivilprozess ist die Erhebung von Vorschüssen demgegenüber verbreitete Praxis. Die Differenzierung innerhalb der Verwaltungsrechtspflege überzeugt nicht, weshalb es sich rechtfertigt, die Möglichkeit, einen Kostenvorschuss zu verlan- - 42 - gen, generell einzuführen. Angesichts des Umstands, dass die Möglichkeit, einen Kostenvorschuss zu erheben, erst 1998 nach ausführlicher Diskussion in das Gesetz aufgenommen wurde, wird auf eine erneute Diskussion, ob die Erhebung eines Kostenvorschusses sinnvoll ist oder nicht, verzichtet. §§ 31 und 32 § 31 [c) Verfahrenskosten] 1 Das erstinstanzliche Verwaltungsverfahren ist unentgeltlich; abweichende Bestimmungen sind vorbehalten. 2 Im Beschwerdeverfahren werden die Verfahrenskosten in der Regel nach Massgabe des Unterliegens und Obsiegens auf die Parteien verlegt. Den Behörden werden Verfahrenskosten nur auferlegt, wenn sie schwerwiegende Verfahrensmängel begangen oder willkürlich entschieden haben. 3 Wer sein Rechtsmittel zurückzieht oder auf andere Weise dafür sorgt, dass das Verfahren gegenstandslos wird, gilt als unterliegende Partei. Wird ein Verfahren ohne Zutun einer Partei gegenstandslos, so sind die Verfahrenskosten nach den abgeschätzten Prozessaussichten zu verlegen oder aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise dem Gemeinwesen zu belasten. 4 Zusatzaufwand, der durch das Verhalten einer Partei entstanden ist, kann dieser auferlegt werden. Die Kosten von Expertisen können in jeder Instanz den Parteien belastet werden, soweit ihr Interesse an der Sache dies rechtfertigt. § 32 [d) Parteikosten] 1 Im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren werden keine Parteikosten ersetzt; abweichende Bestimmungen sind vorbehalten. 2 Im Beschwerdeverfahren werden die Parteikosten in der Regel nach Massgabe des Unterliegens und Obsiegens auf die Parteien verlegt. 3 Wer sein Rechtsmittel zurückzieht oder auf andere Weise dafür sorgt, dass das Verfahren gegenstandslos wird, gilt als unterliegende Partei. Wird ein Verfahren ohne Zutun einer Partei gegenstandslos, so sind die Parteikosten nach den abgeschätzten Prozessaussichten zu verlegen oder aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise dem Gemeinwesen zu belasten. 4 Das Gemeinwesen hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung. Bemerkungen zu den §§ 31 und 32 nVRPG (bisher §§ 33, 35 und 36 VRPG) 1. Am Grundsatz der Unentgeltlichkeit des erstinstanzlichen Verfahrens wird festgehalten. Mit der Neuformulierung von § 31 Abs. 1 nVRPG ist keine inhaltliche Änderung beabsichtigt. Das Einspracheverfahren fällt unter § 31 Abs. 1 nVRPG, da die Einsprache bei der entscheidenden Behörde erhoben wird. - 43 - Wiederaufnahmeverfahren richten sich bezüglich der Kosten nach dem Verfahrensstand, in welchem wieder aufgenommen wird: Richtet sich das Wiederaufnahmebegehren gegen einen erstinstanzlichen Entscheid, ist das Wiederaufnahmeverfahren kostenlos, soll ein Beschwerdeentscheid bzw. das Beschwerdeverfahren wieder aufgenommen werden, gelten die Kostenbestimmungen des Beschwerdeverfahrens. Das ist langjährige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts. 2. Die Kostenfolge bei Beschwerderückzug oder Gegenstandslosigkeit, wenn sie durch den Beschwerdeführer verursacht ist, wird neu in das Gesetz aufgenommen (§ 31 Abs. 3 Satz 1 nVRPG). Der mutmassliche Verfahrensausgang spielt, anders als in Abs. 3 Satz 2, keine Rolle. Ist keine der beteiligten Parteien für die Gegenstandslosigkeit verantwortlich, sollen die Kosten nach den abgeschätzten Prozessaussichten verlegt werden (§ 31 Abs. 3 Satz 2 nVRPG). Die Bestimmung ist neu und widerspricht der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts: Im Fall der Gegenstandslosigkeit eines Verfahrens hat das Verwaltungsgericht bis anhin die Kosten dem Gemeinwesen überbunden. Hinter dieser Entscheidung steht der Gedanke, dass eine Verlegung der Verfahrenskosten zwingend eine vollumfängliche Beurteilung des Falls in der Sache selbst erforderlich machen würde und deshalb unter Umständen sogar Augenscheine vorgenommen werden müssten, nur um über die Kostenfragen zu entscheiden. Dies - so das Verwaltungsgericht - könne einem überlasteten Spruchkörper nicht zugemutet werden und sei im Übrigen unverhältnismässig. Eine summarische Prüfung des Falls lehnt das Verwaltungsgericht ab. Die Rechtsprechung ist im Grundsatz konsequent, ambitioniert (keine Urteile aufgrund von Vermutungen) und ein Entscheid zugunsten des Bürgers. Sie führt aber in zahlreichen Fällen zu offensichtlich unbilligen Ergebnissen. Die vorliegende Formulierung liefert eine gesetzliche Grundlage, in Zukunft den Prozessausgang abzuschätzen und die Kosten nach dieser Abschätzung zu verlegen. Mit dem Abschätzen ist eine Prognose über den Verfahrensausgang aufgrund einer summarischen Prüfung der Begehren gemeint. Massgebend für die Beurteilung ist, was bis zu diesem Zeitpunkt in das Verfahren eingebracht worden ist. Der Ermessensspielraum bei der Beurteilung ist vergleichsweise gross, die Prognosestellung sicher auch mit gewissen Unsicherheiten verbunden. Aus Gründen der Prozessökonomie muss dies aber hingenommen werden. Es ist durchaus denkbar, dass in Einzelfällen eine Prognosestellung sehr schwierig ist. Für diesen Fall sowie andere besondere Konstellationen besteht durch die Formulierung des zweiten Satzteils die Möglichkeit, letztlich doch das Gemeinwesen mit den Kosten zu belasten. 3. Bis anhin war in § 33 Abs. 2 VRPG geregelt, dass die Kosten ganz oder teilweise dem Obsiegenden auferlegt werden, wenn er durch Saumseligkeit in der Vorinstanz das Beschwerdeverfahren verursacht hat. Die Bestimmung war nie ganz klar und hat in der Rechtspraxis kaum zu Anwendungsfällen geführt. Neu wird in § 31 Abs. 4 nVRPG formuliert, dass Kosten ganz allgemein dann einer (auch obsiegenden) Partei auferlegt werden können, wenn sie durch diese verursacht wurden oder in ihrem Interesse lagen. - 44 - Die Verlegung von Expertisekosten nach dem Interesse der Verfahrensparteien wurde aus dem bisherigen Gesetz übernommen. § 32 nVRPG ist die nahezu identische Bestimmung wie § 31 nVRPG, regelt aber die Parteikosten. Die Zweiteilung wurde allein aus Gründen der Lesbarkeit des Gesetzes vorgenommen. 4. In der Motion Dr. Beat Edelmann, Zurzach, vom 7. Dezember 1999, wurde die Zusprechung einer Parteientschädigung an Gemeinwesen im Verwaltungsverfahren und verwaltungsgerichtlichen Verfahren beantragt. Gleiches beantragten im Rahmen der Vernehmlassung der Aargauische Gemeindeschreiberverband, der Aargauische Bauverwalterverband und drei Gemeinden. Zur Begründung wird hauptsächlich ausgeführt, die Gemeinden wären wegen der Komplexität der Rechtslage oder der fehlenden zeitlichen Kapazität oft gezwungen, einen Rechtsanwalt beizuziehen. Nach der bisherigen Praxis des Verwaltungsgerichts und nun gestützt auf § 32 Abs. 4 nVRPG stehe den Gemeinden dabei auch im Fall, dass sie als Partei auftreten und obsiegen, keine Parteientschädigung zu. Dies sei ungerecht und unzeitgemäss. Zudem gingen die Kosten von Gemeinden, die Anwälte beiziehen, zulasten der Steuerzahler. Der Aargauische Gemeindeschreiberverband, der Aargauische Bauverwalterverband sowie drei Gemeinden schlagen vor, dem Gemeinwesen dann einen Anspruch auf Parteikosten zu geben, wenn die Gegenpartei anwaltlich vertreten ist und selber Parteikosten geltend macht. Der Bürger könnte dann sein Prozessrisiko selber bestimmen. Falls dies nicht möglich sei, wird die Streichung von Abs. 4 beantragt. Die bisherige Praxis des Verwaltungsgerichts (AGVE 1985 384 ff. und 2000 365 ff.), dass Gemeinwesen keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben, wird neu in § 32 Abs. 4 nVRPG explizit festgehalten. An der heute geltenden Regelung wird aus folgenden Gründen festgehalten: – – – Müssten im Falle des Unterliegens nicht nur die Verfahrenskosten und allfällige eigene Parteikosten, sondern auch noch jene des Gemeinwesens, das allenfalls einen Anwalt oder eine Anwältin beigezogen hat, getragen werden, so erhöht sich das Kostenrisiko der durchschnittlichen Verfahrensbeteiligten erheblich. In vielen Fällen würde das Ergreifen eines Rechtsmittels für die Rechtssuchenden damit ein finanziell unverhältnismässiges Risiko. Aus rechtsstaatlicher Sicht wäre es fragwürdig, den Rechtszugang durch ein erhöhtes Kostenrisiko zusätzlich zu erschweren. Die Stellung von Privaten kann nicht mit derjenigen von Gemeinwesen verglichen werden. Ein Gemeinwesen muss von seiner Aufgabe und Organisation her sicherstellen, solche Verfahren durchführen zu können, das gehört zu seinen normalen Obliegenheiten. Der in einem Rechtsmittelverfahren erforderliche Aufwand übersteigt vielfach jenen Aufwand nicht wesentlich, den das betreffende Gemeinwesen im vorangehenden nichtstreitigen Verfahren ohnehin zu erbringen hatte (Alfred Kölz/ Jürg Bosshart/ Martin - 45 - – – – Röhl, VRG, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2.A., Zürich 1999; § 17 N 19). Wenn Gemeinwesen die Kompetenz haben, auch in komplexen Fällen Entscheide zu erlassen, so müssen sie auch über das nötige Fachwissen verfügen, um sich in Beschwerdeverfahren behaupten zu können. Es ist Sache der Gemeinwesen, ob sie intern über dieses Fachwissen verfügen oder dieses extern beiziehen wollen. Grundsätzlich legen insbesondere Gemeinden ihre Organisation in einem gewissen Rahmen selbständig fest. Es steht ihnen frei, sich die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Fachkenntnisse durch Anstellung von juristischem Personal zu verschaffen oder fallweise „einzukaufen“. Mit der in der Motion gewünschten Änderung würde eine problematische Ungleichbehandlung von Privaten entstehen, je nachdem, ob eine Gemeinde einen Anwalt bzw. eine Anwältin extern beizieht oder über das Fachwissen intern verfügt. Der Grundsatz, dem obsiegenden Gemeinwesen keinen Anspruch auf Parteientschädigung gegenüber dem unterliegenden Privaten zuzuerkennen, ist als solcher anerkannt und auch in der jüngeren Doktrin unbestritten (AGVE 2000 S. 380 mit div. Literaturhinweisen). 5. Es fragt sich, ob am Grundsatz der Kostenfreiheit für das Gemeinwesen festgehalten werden soll (§ 35 Abs. 1 VRPG). Bisher wurde davon nur in den von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmefällen (eigene Vermögensinteressen; Form- und Verfahrensfehler; Wiedererwägung des eigenen Entscheides) abgewichen. Im Grunde soll jeder, der Kosten verursacht, damit auch belastet werden. Ob dies nun eine Gemeinde, eine kantonale Amtsstelle, eine selbständige Anstalt oder eine Privatperson ist, kann eigentlich keine Rolle spielen. Die Aufgabe des Grundsatzes der Kostenfreiheit führt dazu, dass die Kosten auch innerhalb des Staatswesens dort zugeordnet werden können, wo sie auch verursacht werden. Dies ist sachgerecht, weshalb im Vernehmlassungsentwurf auf die bisherige Sonderbestimmung von § 35 Abs. 1 VRPG, welche die Gemeinwesen von der Pflicht zur Tragung von Verfahrenskosten (Gerichtsgebühren und Auslagen) befreit, verzichtet wurde. Der Gemeindeschreiberverband und der Aargauische Bauverwalterverband sowie mehrere Gemeinden wehrten sich im Rahmen der Vernehmlassung vehement gegen den Verzicht auf die bisherige Kostenbefreiung des Gemeinwesens: Finanziell würde der Kanton davon profitieren, weil er künftig einer in einem Verfahren unterliegenden Gemeinde Verfahrenskosten belasten könnte. Es sei zudem fraglich, ob diese Regelung den Interessen des Kantons dienen würde, da anzunehmen sei, dass die Gemeindebehörden inskünftig eher gemäss Antrag des Gesuchstellenden entscheiden würden, wenn hauptsächlich kantonale Interessen auf dem Spiel stünden, um kein Beschwerdeverfahren zu riskieren. Zudem resultiere ein beträchtlicher Aufwand für die sich aus dieser Regelung ergebenden internen Verrechnungen. Angesichts des Widerstands der Gemeinden schlägt die Expertenkommission folgenden Kompromiss vor: Die Behörden müssen wie bisher grundsätzlich keine Verfahrenskosten tragen (§ 31 Abs. 2 Satz 2 nVRPG, ausgenommen sind grobe Verfahrensfehler oder willkürliche, das heisst qualifiziert falsche Entscheide), erhalten aber wie bisher auch keine Partei- - 46 - entschädigung bei Obsiegen (§ 32 Abs. 4 nVRPG). Diese Lösung rechtfertigt sich auch unter dem Gesichtspunkt, dass die kantonsinterne Verrechnung des Aufwands zwar konsequent wäre, die Buchungen aber intern einen Aufwand verursachen würden, der sich kaum rechtfertigen lässt. Um die Behörden zu einer konsequenten Rechtsanwendung zu motivieren, sollen ihnen die Verfahrenskosten jedoch bei schwerwiegenden Verfahrensmängeln oder willkürlichen Entscheiden auferlegt werden können (§ 31 Abs. 2 Satz 2 nVRPG). Diese Verfahrenskosten sind grundsätzlich vom Gemeinwesen, das von der Behörde vertreten wird, zu tragen (im internen Verhältnis kann in krassen Fällen der Rückgriff des Staates gemäss Verantwortlichkeitsgesetz die Folge sein). § 33 § 33 [e) Mehrere Parteien] 1 Haben mehrere Parteien dasselbe Begehren gestellt oder richtet sich dasselbe Verfahren gegen mehrere Parteien, so tragen sie die ihnen auferlegten Verfahrenskosten und Parteientschädigungen zu gleichen Teilen. 2 Sofern diese Regelung unbillig erscheint, hat die Verteilung nach Massgabe der Interessenlage am Verfahrensausgang stattzufinden. 3 Wo die Umstände es rechtfertigen, kann ganz oder teilweise die solidarische Haftbarkeit angeordnet werden. Bemerkungen zu § 33 nVRPG (neu) Abs. 1 fügt ins Gesetz ein, was bereits bisher aufgrund der Rechtsprechung Geltung hatte: Sind mehrere Parteien am Verfahren beteiligt, sollen sie grundsätzlich zu gleichen Teilen für die Kosten aufkommen. Gemäss kantonaler Praxis haften Beschwerdeführende, welche eine gemeinsame Beschwerdeschrift eingereicht haben, für die Verfahrenskosten sogar solidarisch (vgl. AGVE 1995, S. 580 und 1977 S. 538). Es stellt sich die Frage, ob eine solidarische Haftbarkeit für die Verfahrenskosten und eventuell auch die Parteikosten sinnvoll ist. In Abs. 3 wurde die Regelung von § 117 Abs. 2 ZPO übernommen, da sich diese bewährt hat. § 34 § 34 [f) Unentgeltliche Rechtspflege] 1 Auf Gesuch befreit die zuständige Behörde natürliche Personen von der Kosten- und Vorschusspflicht, sofern die Partei ihre Bedürftigkeit nachweist und das Begehren nicht aussichtslos erscheint. 2 Unter den gleichen Voraussetzungen kann einer Partei eine unentgeltliche Rechtsvertretung bestellt werden, wenn es die Schwere einer Massnahme oder die Rechtslage rechtfertigt und die Vertretung zur gehörigen Wahrung der Interessen der Partei notwendig ist. 3 Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung. Bemerkungen zu § 34 nVRPG (bisher § 35 VRPG) Der Aargauische Bauverwalterverband, der Aargauische Gemeindeschreiberverband und drei Gemeinden beantragen in der Vernehmlassung, dass im erstinstanzlichen Verfahren - 47 - keine unentgeltliche Rechtspflege gewährt werden soll. Von Bundesrechts wegen muss jedoch die Möglichkeit bestehen, die unentgeltliche Rechtspflege beim Vorliegen der Voraussetzungen zu beanspruchen, auch im erstinstanzlichen Verfahren. Dies war auch bis anhin so; der Kanton hat diesbezüglich keine Regelungsfreiheit. Der Einfachheit halber ist es sinnvoll, dass Voraussetzungen und Wirkungen der unentgeltlichen Rechtspflege in Übereinstimmung mit der Regelung in der Zivilprozessordnung normiert werden. Die Streichung des Worts "offenbar" (bisher „offenbar aussichtslos“, neu „aussichtslos“) soll keine Änderung zur bisherigen Regelung und Rechtsprechung bedeuten, sondern ist lediglich eine sprachliche Vereinfachung: aussichtslos ist aussichtslos. Dasselbe gilt für den Begriff der Mutwilligkeit; mutwillig geführte Verfahren sind ebenfalls aussichtslos. Praxisgemäss werden nur Anwälte und Anwältinnen, die im kantonalen Register eingetragen sind oder Freizügigkeit gemäss BGFA geniessen, als unentgeltliche Rechtsvertretung eingesetzt. Damit kann gewährleistet werden, dass die eingesetzten Personen über die nötigen Rechtskenntnisse und eine Haftpflichtversicherung für allfällige Schadensfälle verfügen. § 35 § 35 [Erläuterung] 1 Ist ein Entscheiddispositiv unklar, muss die Behörde dieses auf Gesuch hin erläutern. 2 Der Entscheid, der das Erläuterungsbegehren abweist, ist endgültig. Bemerkungen zu § 35 nVRPG (neu) 1. Ziel bei der Entscheidredaktion muss unter anderem sein, das Dispositiv eindeutig und klar zu formulieren, damit die Entscheidadressaten wissen, welche Wirkungen das Dispositiv entfalten wird. Infolge menschlicher Unvollkommenheit und Kompliziertheit der Tatbestände ist es möglich, dass ein Entscheid unklar oder gar missverständlich ist (Ursina BeerliBonorand, Die ausserordentlichen Rechtsmittel der Verwaltungsrechtspflege des Bundes und der Kantone, Zürich 1985, S. 188). Die Unklarheit kann auch im Widerspruch zwischen Begründung und Dispositiv des Entscheids liegen. Das Erläuterungsgesuch bezweckt die formelle Klarstellung eines unklaren oder widersprüchlichen Entscheiddispositivs oder einzelner Teile davon. Die Klarstellung kann verbunden sein mit einer Berichtigung gemäss § 36 nVRPG, wenn sich bei der Ausarbeitung der Erläuterung ergibt, dass im Entscheid ein Widerspruch vorliegt, der berichtigt werden kann. Im vorliegenden Entwurf ist die Unklarheit des Entscheiddispositivs Voraussetzung für die Erläuterung. Über diesen Begriff ist zu entscheiden, ob überhaupt erläutert werden darf. Liegt nach Auffassung der Behörde oder des Gerichts keine Unklarheit vor, ist das Gesuch abzuweisen. In dieser Hinsicht wird sorgfältig zu entscheiden sein, dies aus folgendem Grund: Ein gutheissender Erläuterungsentscheid (verbunden mit der Erläuterung) kann dem erläuterten Entscheid (auch wenn keine Berichtigung notwendig ist) einen ganz anderen Sinn geben, was dazu führen muss, dass Rechtsmittelfristen neu zu laufen beginnen. Wird also erläutert, muss der Entscheid mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen werden. Das sagt natürlich noch nichts darüber aus, ob die Rechtsmittelinstanz auf die Beschwerde ein- - 48 - treten muss, da hierfür ein schutzwürdiges eigenes Interesse des Betroffenen gegeben sein muss und dieses nur vorliegt, wenn die Erläuterung zu einer Änderung des Entscheidinhalts geführt hat und den Beschwerdeführer neu beschwert. 2. Einzelne Verfahrensgesetze verbinden mit dem Anspruch auf Erläuterung Fristbestimmungen. In der Lehre hingegen wird mehrheitlich die Auffassung vertreten, dass Erläuterungen jederzeit zulässig sein sollen, da Unklarheiten, Unvollständigkeiten und Widersprüche nicht durch Zeitablauf behoben werden und sich oft erst später beim Vollzug einer Vereinbarung zeigen. Dieser Auffassung schliesst sich auch der vorliegende Entwurf an, weshalb auf Fristbestimmungen verzichtet wird. Die Beurteilung des Erläuterungsbegehrens fällt in die Zuständigkeit derjenigen Behörde, welche den zu erläuternden Entscheid erlassen hat; nur diese Behörde ist in der Lage, Missverständnisse im eigenen Entscheid aufzuklären. Dies erscheint derart selbstverständlich, dass im vorliegenden § 35 nVRPG keine zuständige Erläuterungsinstanz genannt wird. § 36 § 36 [Berichtigung] 1 Schreibfehler, Rechenfehler und offensichtliche Unrichtigkeiten im Entscheid sind von der Behörde zu berichtigen. 2 Führt die Berichtigung zu einer Änderung des Entscheiddispositivs, läuft die Rechtsmittelfrist neu. Bemerkungen zu § 36 nVRPG (neu) 1. Die Berichtigung durchbricht den Grundsatz, dass Entscheide nur im Rechtsmittelverfahren abgeändert werden können, für Fälle offensichtlicher Unrichtigkeiten (z.B. Kanzleiversehen). Darunter werden (einschränkend) Schreibfehler, Rechnungsfehler und die mangelnde Unterzeichnung einer behördlichen Anordnung verstanden (Imboden/Rhinow, Nr. 44, S. 268). Zur Verdeutlichung: Die Berichtigung nach § 36 nVRPG betrifft auch offensichtliche inhaltliche Unrichtigkeiten, die von den Behörden nicht gewollt waren, das heisst nicht nur den Text oder Worte, die offensichtlich falsch gewählt wurden, sondern auch offensichtliche Fehler inhaltlicher Natur. 2. Die Vorschrift gibt den Behörden im Interesse der Rechtsklarheit und der Verfahrensökonomie die Befugnis zur Berichtigung offensichtlicher Unrichtigkeiten. Unrichtigkeit liegt vor, wenn ein Verwaltungsakt eine inhaltliche Aussage trifft, welche die Behörde nicht treffen wollte. Berichtigungsfähig sind aber nur Fehler in der Abfassung des Entscheids, die auf Flüchtigkeit oder Unachtsamkeit zurückzuführen sind, nicht aber Denkfehler. Ein Irrtum im Wollen ist kein Fehler, der auf dem Weg der Berichtigung korrigiert werden könnte, in diesen Fällen ist Beschwerde zu führen. Das Verwaltungsgericht weist in seiner Rechtsprechung - 49 - darauf hin, dass Fehler in der Willensbildung der verfügenden Behörde nicht berichtigt werden können (Unterscheidung zwischen Kopf- und Handarbeit; vgl. AGVE 1997, 233). Wenn die Unrichtigkeit zudem offensichtlich ist, gilt der betreffende Verwaltungsakt im Grundsatz als mit dem rechtlich richtigen Inhalt erlassen. Das Prinzip der Offensichtlichkeit gilt auch für Rechenfehler, die deshalb nur dann auf dem Wege einer einfachen Berichtigung korrigiert werden können, wenn sie für die Betroffenen aus dem Inhalt der Verfügung oder des Entscheids, insbesondere auch aus der Begründung ohne weiteres und unschwer ersichtlich sind. 3. Die Ergänzung, wie sie in der ZPO separat geregelt wird, ist nach dem Konzept der vorliegenden Bestimmung ein Unterfall der Unrichtigkeit, wird also vom Wortlaut von § 36 nVRPG mit umfasst. 4. Das Gesuch ist nicht an eine Frist gebunden (vgl. Ziffer 2 der Erläuterungen zu § 35). § 37 § 37 [Widerruf] 1 Entscheide, die der Rechtslage oder den sachlichen Erfordernissen nicht entsprechen, können durch die erlassende Behörde oder die Aufsichtsbehörde abgeändert oder aufgehoben werden, sofern das Interesse an der richtigen Rechtsanwendung die Interessen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes überwiegt. 2 Vorbehalten bleiben Entscheide, die nach besonderen Vorschriften oder der Natur der Sache nicht oder nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zurückgenommen werden können. 3 Erleidet jemand, der im Vertrauen auf den widerrufenen Entscheid gutgläubig Aufwendungen gemacht oder Vorkehrungen getroffen hat, durch den Widerruf Schaden, so hat er Anspruch auf Entschädigung, wenn ihn am Widerruf kein Verschulden trifft. 4 Der Anspruch auf Entschädigung richtet sich gegen das Gemeinwesen, das den Widerruf zu vertreten hat. Er ist im verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren gemäss §§ 60 ff. geltend zu machen. Bemerkungen zu § 37 nVRPG (bisher 26 VRPG) Der geltende Wortlaut von § 26 Abs. 1 VRPG hat die Zulässigkeit des Widerrufs davon abhängig gemacht, dass wichtige öffentliche Interessen es erfordern. Lehre und Rechtsprechung sind sich jedoch einig, dass bei der Frage der Zulässigkeit stets eine Interessenabwägung stattzufinden hat. Dabei ist abzuwägen zwischen dem Interesse an der richtigen Rechtsanwendung auf der einen Seite und dem Interesse an der Rechtssicherheit und dem Vertrauensschutz andererseits. Diese Präzisierung in § 37 Abs. 1 nVRPG scheint angemessen. - 50 - 4.4 Rechtsschutz 4.4.1 Rechtsbehelfe Vorbemerkung zu den §§ 38 ff. nVRPG Beim Rechtsschutz unterscheidet man zwischen formlosen Rechtsbehelfen und förmlichen Rechtsmitteln. Rechtsbehelfe geben dem Rechtssuchenden im Gegensatz zu den Rechtsmitteln keinen Rechtsschutzanspruch. Als Rechtsbehelfe gelten die Aufsichtsanzeige und die Wiedererwägung, weshalb sie den Rechtsmitteln unter einem eigenen Titel vorangestellt wurden. § 38 § 38 [Aufsichtsanzeige] 1 Jede Person kann jederzeit Tatsachen, die im öffentlichen Interesse ein Einschreiten gegen Behörden und Staatsangestellte von Amtes wegen erfordern, der Aufsichtsbehörde anzeigen. 2 Der anzeigenden Person stehen keine Parteirechte zu. Sie hat Anspruch auf Beantwortung, soweit sie nicht missbräuchlich handelt. 3 Erweist sich die Anzeige als leichtfertig oder böswillig, können den Anzeigenden Kosten auferlegt werden. Bemerkungen zu § 38 nVRPG (bisher § 59a VRPG) § 59a VRPG wurde aus dem Abschnitt über das Beschwerdeverfahren herausgelöst und diesem vorangestellt. Es handelt sich bei der "Aufsichtsbeschwerde" um keine Beschwerde i.S. eines Rechtsmittels, sondern um eine Anzeige; entsprechend wurde auch die Marginalie angepasst. Im Übrigen wurde die Bestimmung mit dem bisherigen Wortlaut übernommen. § 39 § 39 [Wiedererwägung] 1 Entscheide können durch die erstinstanzlich zuständige Behörde in Wiedererwägung gezogen werden; im Fall der Anfechtung bis zur Erstattung ihrer Vernehmlassung, nach der Vernehmlassung nur noch mit Zustimmung der Beschwerdeinstanz. 2 Liegt ein Rechtsmittelentscheid vor, ist die Wiedererwägung nur zulässig, wenn sich der dem rechtskräftigen Entscheid zugrunde liegende Sachverhalt oder die Rechtslage erheblich und entscheidrelevant geändert hat. Bemerkungen zu § 39 nVRPG (bisher § 25 VRPG) 1. Die Wiedererwägung hat im Rahmen der Vorarbeiten zu Diskussionen Anlass gegeben. Grund ist die in Lehre und Rechtsprechung uneinheitliche Begriffsdefinition. - 51 - Erstinstanzliche Behörden können Entscheide von Amtes wegen oder auf Gesuch hin in Wiedererwägung ziehen. 2. Es stellt sich zudem die Frage, ob die Wiedererwägung auch gegen Rechtsmittelentscheide zulässig sein soll oder nicht. Hier wird mit dem überwiegenden Teil der Lehre die Auffassung vertreten, dass gegen Rechtsmittelentscheide prinzipiell keine Wiedererwägung zulässig ist. Es lässt sich aber nicht verkennen, dass vor allem im Regelungsbereich von Dauersachverhalten unter Umständen eine Anpassung an veränderte äussere Umstände möglich sein muss. Deshalb wurde im Absatz 2 der vorliegenden Bestimmung neu geregelt, dass ein veränderter Sachverhalt oder eine veränderte Rechtslage zu Korrekturen berechtigt; der Gesuchstellende wird dies darzulegen haben. Erheblichkeit der Änderung ist Anspruchsvoraussetzung. Das Erfordernis der Entscheidrelevanz soll verhindern, dass sich die Rechtslage im fraglichen Bereich zwar geändert hat, dies aber ohne Auswirkungen auf den wiederzuerwägenden Entscheid, dieser aber gleichwohl wiedererwogen werden muss, weil er ursprünglich fehlerhaft ist. Zuständig für die Wiedererwägung eines Rechtsmittelentscheids ist wie in Abs. 1 die erstinstanzliche Behörde. 3. In der bisherigen Praxis hat sich die Frage gestellt, bis zu welchem Zeitpunkt die erstinstanzlich verfügende Behörde ihren Entscheid in Wiedererwägung ziehen kann. Einigkeit bestand darüber, dass spätestens ab dem Zeitpunkt der Ausfällung des Rechtsmittelentscheids eine Wiedererwägung ausgeschlossen ist. Mit Vorliegen eines Rechtsmittelentscheids ist das Datum der Urteilsfällung gemeint; der Versand muss noch nicht notwendigerweise erfolgt sein. Die Wiedererwägung ist eine Willensäusserung der erstinstanzlich entscheidenden Behörde. Im Rechtsmittelverfahren gibt sie ihren Standpunkt endgültig und in der Regel letztmals mit ihrer Vernehmlassung vor der Rechtsmittelbehörde bekannt. Man kann sich daher fragen, ob man den letztmöglichen Zeitpunkt der Wiedererwägung nicht auf diese Eingabe hin festlegen sollte. Allerdings ist der Verzicht auf eine Vernehmlassung oder ein erneuter Schriftenwechsel keine Seltenheit, weshalb es bei dieser Variante an der notwendigen Bestimmbarkeit des Zeitpunktes fehlt. Es erscheint daher sinnvoll, zwar am Zeitpunkt der Erstattung der Vernehmlassung festzuhalten, aber gleichzeitig auch eine spätere Wiedererwägung zu ermöglichen, dann aber nur mit Zustimmung der Beschwerdeinstanz. - 52 - 4.4.2 Rechtsmittel 4.4.2.1 Einsprache § 40 § 40 [Einsprache] 1 Gegen erstinstanzliche Entscheide kann bei der entscheidenden Behörde Einsprache geführt werden, soweit dies vorgesehen ist. 2 Die Behörde entscheidet unter Berücksichtigung der Vorbringen in der Einsprache neu. Bemerkungen zu § 40 nVRPG (neu) 1. Die Einsprache ist ordentliches, vollkommenes, nicht devolutives, reformatorisches, selbständiges und prinzipales Rechtsmittel. Die Einsprache ist im VRPG bis anhin nicht geregelt und steht als Rechtsmittel nur zur Verfügung, wenn sie spezialgesetzlich vorgesehen ist. Das Einspracheverfahren kann echtes Rechtsmittelverfahren oder aber Bestandteil des erstinstanzlichen Verwaltungsverfahrens sein, indem es funktionell als formalisierte Ausübung des Anspruchs auf rechtliches Gehörs erscheint. Als Rechtsmittel gilt die Einsprache im Veranlagungsverfahren nach Steuergesetz, da sie sich gegen einen bestehenden Entscheid der Steuerbehörde richtet. Anders zu qualifizieren sind die §§ 4, 10, 24 (nicht aber §§ 29 und 35), 60 (nicht aber § 78), 95 und 152 BauG, wo die Einsprache der Vorbereitung eines noch nicht ergangenen Verwaltungsakts (zum Beispiel § 4 Abs. 2 BauG) oder einer durch die Stimmberechtigten der Gemeinde zu beschliessenden Planungsmassnahme (zum Beispiel § 24 Abs. 2 BauG) dient und neben der Gehörsgewährung die Verbesserung der Verfahrensökonomie und Entscheidqualität zum Ziel hat. Insofern ist die Bezeichnung der Einsprache als "Rechtsmittel" in den §§ 4, 10, 24, 60 und 95 BauG ungenau, da es sich im Grunde genommen um so genannte Einwendungen handelt und dies, obgleich an die unterlassene Einspracheerhebung in der Regel weitergehende Folgen geknüpft werden (Ausschluss aus dem nachfolgenden Beschwerdeverfahren [vgl. zum Beispiel § 4 Abs. 2 Satz 3 BauG]). Die Einsprache ist dort sinnvoll, wo eine Behörde zahlreiche Verwaltungsakte erlässt mit der Gefahr, dass den Umständen im Einzelfall durch die routinemässige Erledigung nicht Rechnung getragen wird. Hier soll die entscheidende Behörde die Möglichkeit haben, den angefochtenen und möglicherweise fehlerhaften Verwaltungsakt selbst einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen. Das Vorgehen entlastet überdies die Beschwerdeinstanzen. Ist die Einsprache Rechtsmittel gegen eine bereits erlassene Verfügung, ist der einsprachefähige Entscheid mit einer entsprechenden Rechtsmittelbelehrung zu versehen. Fehlt diese und wird gegen den Entscheid Beschwerde erhoben, gilt die Beschwerde als Einsprache. Einsprachen sind nicht generell zulässig und können von den entsprechenden Spruchkörpern auch nicht einfach eingeführt werden; die Formulierung in § 40 Abs. 1 ("soweit sie vorgesehen ist") meint die rechtssatzmässige Einführung dieses Rechtsmittels, wobei ein Rechtssatz auf Stufe Verordnung genügt. - 53 - 2. Da der Einsprache eine gewisse Bedeutung zukommt und bis anhin keine Regeln bestanden, rechtfertigt es sich, sie unter den Rechtsmitteln aufzuführen. Zu betonen ist allerdings, dass die Spezialgesetzgebung immer vorbehalten bleibt. Der Grossteil der Verfahrensregeln findet sich denn auch in den jeweiligen Gesetzen, welche für das Einspracheverfahren die gesetzliche Grundlage schaffen. Die Spezialgesetzgebung soll konkrete Regeln (Frist, formelle Anforderungen) aufstellen. Da diese Regeln unterschiedlich sind, rechtfertigt es sich nicht, im VRPG eine subsidiäre Grundregelung zu normieren. Im Sinne einer Vereinheitlichung ist es jedoch sinnvoll, die Einsprachefristen in der Spezialgesetzgebung auch bei 30 Tagen festzulegen, sofern keine spezielle zeitliche Dringlichkeit besteht. Die allgemeinen Bestimmungen des Beschwerdeverfahrens sind auf das Einspracheverfahren nicht, beim völligen Fehlen von Bestimmungen in der Spezialgesetzgebung allenfalls aber sinngemäss, anwendbar. Im Grundsatz ist aber im Rahmen der Spezialgesetzgebung auf eine ausreichende Normierung zu achten. 4.4.2.2 Allgemeine Bestimmungen zum Beschwerdeverfahren § 41 § 41 [Beschwerde] 1 Entscheide können mit Beschwerde angefochten werden. 2 Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung sind anfechtbaren Entscheiden gleichgestellt. Bemerkungen zu § 41 nVRPG (bisher §§ 38, 40 Abs. 4 und 45 VRPG) 1. § 41 nVRPG formuliert den Grundsatz, dass Entscheide mit Beschwerde angefochten werden können. Es wurde auf den Versuch, mögliche Anfechtungsobjekte zu konkretisieren, verzichtet; dies ist Lehre und Rechtsprechung zu überlassen. 2. In § 38 VRPG ist von Verfügungen und Entscheiden die Rede. Der Entscheid hat im Grundsatz dieselben Merkmale wie eine Verfügung, nur wird er zumeist mit einem Rechtsmittelentscheid in Verbindung gebracht. Die Unterscheidung bringt kaum etwas, kompliziert aber die Gesetzesredaktion, weshalb daran nicht länger festgehalten wird. Neu wird nur noch von Entscheiden gesprochen, worunter sämtliche Verfügungen, Beschlüsse und Urteile fallen. 3. Die Rechtsverweigerungs- und Rechtsverzögerungsbeschwerde wurde bis anhin wenig prominent als Abs. 4 der Fristbestimmung in § 40 VRPG eingeführt. Im Gegensatz zur Rechtsverweigerungs- und Rechtsverzögerungsbeschwerde an das Verwaltungsgericht (§ 53 VRPG) hat die verwaltungsinterne Schwester offenbar nicht zu publikationswürdigen Entscheiden geführt (der einzige publizierte Anwendungsfall findet sich in AGVE 1975, 601). - 54 - Das dürfte nichts damit zu tun haben, dass der verwaltungsinterne Beschwerdeweg verzögerungsfrei funktionieren würde. Vielmehr genügen wegen der Hierarchie innerhalb der Verwaltung Schreiben oder Aufsichtsanzeigen an die vorgesetzte Dienststelle oder den Departementsvorsteher (bzw. die Departementsvorsteherin), um denselben Effekt zu erzielen. Darüber hinaus war die verwaltungsinterne Rechtsverweigerungs- und Rechtsverzögerungsbeschwerde derart diskret platziert, dass sie in Vergessenheit geriet. Es ist davon auszugehen, dass diese Beschwerde gleichwohl von erheblicher Bedeutung ist und sich eine Streichung im verwaltungsinternen Beschwerdeverfahren nicht rechtfertigt. Die Neuformulierung in § 41 Abs. 2 nVRPG an prominenter Stelle ist der Versuch dazu. Fälle, in denen die Behörde zu Unrecht Vollzugshandlungen ohne einen vorgängigen Entscheid vornehmen, sind nach § 41 Abs. 2 nVRPG zu behandeln und nicht nach § 60 Ziffer 4 nVRPG. 4. Anfechtungsobjekt gemäss Art. 41 sind Entscheide; damit fragt sich, ob man eine Regelung für Realakte treffen soll, insbesondere mit Blick auf Art. 25a VwVG, der ab 1. Januar 2007 Folgendes vorsieht: Wer ein schutzwürdiges Interesse hat, kann von der Behörde, die für Handlungen zuständig ist, welche sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und Rechte oder Pflichten berühren, verlangen, dass sie widerrechtliche Handlungen unterlässt, die Folgen beseitigt oder die Widerrechtlichkeit feststellt; dies ist durch Verfügung zu entscheiden. In der Lehre besteht vereinzelt die Meinung, dass § 25a VwVG zumindest bezüglich Verfahren, die durch Bundesrecht bestimmt werden, kantonal zu übernehmen ist. Das Problem der Anfechtung von Realakten hat zu bundesgerichtlichen Urteilen geführt; das fehlende Anfechtungsobjekt wird entweder durch eine Ausdehnung des Verfügungsbegriffs oder eine Ausdehnung des Rechtsschutzes über die Verfügung hinaus gesucht. Im Grundsatz sind die Kantone aber frei, wie sie dieses Problem lösen. Vorgeschlagen wird in diesem Entwurf die Variante, dass klagen soll, wer sich (in seinen Rechtspositionen) unzutreffend behandelt fühlt (vgl. § 60 lit. d nVRPG). Eine Übernahme von Art. 25a VwVG erscheint bei dieser Lösung unnötig; die Variante harmoniert im Übrigen mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, die nur Realakte erfasst, die eine Person in ihren rechtlichen Interessen berührt, ein faktisches Interesse reicht nicht aus. § 42 § 42 [Beschwerdebefugnis] Zur Beschwerde ist befugt a) wer ein schutzwürdiges eigenes Interesse an der Aufhebung oder der Änderung des Entscheids hat, b) jede andere Person, Organisation oder Behörde, die durch das Bundesrecht oder kantonales Recht zur Beschwerde ermächtigt ist. - 55 - Bemerkungen zu § 42 nVRPG (bisher § 38 VRPG) 1. Es kann sich die Frage stellen, ob man die Formulierung in Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG übernehmen soll, wonach zur Beschwerde befugt ist, wer „besonders“ berührt ist. Inhaltlich ist das kein Unterschied zur vorgeschlagenen Lösung. Die zitierte Formulierung im BGG ist bereits als etwas unglücklich taxiert worden, weshalb an der hier formulierten Variante festgehalten ist. Zuhanden der Materialien sei immerhin gesagt, dass die Bestimmungen inhaltlich deckungsgleich sind, also kein Unterschied zwischen bundesrechtlicher und aargauischer Beschwerdebefugnis besteht. 2. Im bisherigen § 38 Abs. 2 VRPG war die Beschwerdebefugnis der als Vorinstanz am Verfahren beteiligten Behörde geregelt. Mit der Behördenbeschwerde wird beabsichtigt, einen richtigen und einheitlichen Gesetzesvollzug durchzusetzen und die Kollision sich widerstreitender öffentlicher Interessen aufzulösen sowie (neuerdings mit den Entwicklungen im Anwendungsbereich wirkungsorientierter Verwaltungsführung) den einer Behörde zugestandenen eigenverantwortlichen Bereich zu schützen. Es stellt sich die Frage, ob dem bisherigen § 38 Abs. 2 neben Abs. 1 eine eigenständige Bedeutung zukommt oder nicht. Dafür ist der Unterschied zwischen der Beschwerde eines Gemeinwesens "aus eigenem Recht" und der Behördenbeschwerde massgeblich: Die Behördenbeschwerde ist die Beschwerde einer Verwaltungsstelle, die durch organisationsrechtliche Bestimmungen losgelöst vom jeweiligen Amtsinhaber und gestützt auf eine gesetzliche Ordnung regelhaft in ihre Zuständigkeit fallende Materien durch einen Verwaltungsakt (Verfügung, Beschluss, Entscheid) unter eigenem Namen für das Gemeinwesen entscheidet, gegen den Entscheid einer Behörde desselben Rechtsträgers (Bund, Kanton, Gemeinde). Davon zu unterscheiden ist die "Beschwerde aus eigenem Recht", d.h. die Beschwerde eines Selbstverwaltungskörpers gegen Entscheide desjenigen Gemeinwesens, dessen Bestandteil der Selbstverwaltungskörper bildet, oder des Gemeinwesens gegen Entscheide des Selbstverwaltungskörpers. Die Beschwerde wird in diesen Fällen zwar oft von einer Behörde geführt, diese handelt aber als Organ des betroffenen Gemeinwesens (der Gemeinderat für die Einwohnergemeinde). Das Verwaltungsgericht leitet denn auch die Beschwerdebefugnis der Gemeinde nicht aus § 38 Abs. 2 VRPG ab, sondern bejaht sie in Anwendung von Abs. 1 (AGVE 1989, 305 f.; 1988, 373; 1986, 322; Verwaltungsgericht in ZBl 82/1981, 138 ff.). Publizierte Entscheide zur Beschwerdebefugnis von Behörden, die ihre schutzwürdigen eigenen Interessen erfolgreich nicht aus ihrer Organstellung bzw. der Gemeindeautonomie abgeleitet haben, gibt es nicht, da das Verwaltungsgericht in § 38 Abs. 2 (gestützt auf die Materialien wohl zu Recht) keine Grundlage für die Behördenbeschwerde erkennt (einzig in AGVE 1989, 305 ff., der allerdings singulär blieb. Es wurden aber die schutzwürdigen Interessen des Gemeinderats mit der Formulierung, die Interessen seien solche der Einwohnergemeinde, verneint). Gestützt auf diese Überlegungen ist davon auszugehen, dass es den bisherigen § 38 Abs. 2 VRPG überhaupt nicht mehr braucht. - 56 - Der Klarheit halber wird - wie dies die Grüne Aargau in ihrer Vernehmlassungseingabe beantragt - in lit. b festgehalten, dass die Beschwerde von anderen Personen, Organisationen oder Behörden zulässig ist, wenn spezialgesetzlich vorgesehen. 3. § 38 Abs. 3 VRPG regelt nicht die Beschwerdebefugnis des Regierungsrats auf Bundesebene, was unzulässig wäre, sondern will sagen, dass nicht Departemente oder andere Verwaltungseinheiten gegen Entscheide des Verwaltungsgerichts Beschwerde führen können. Der Regierungsrat ist den Departementen oder Ämtern hierarchisch übergeordnet. Es ist davon auszugehen, dass die Departemente gegen den ausdrücklichen Willen des (Gesamt-) Regierungsrats nicht Beschwerde führen werden. Der Regelungsinhalt von § 38 Abs. 3 VRPG ist eine Rarität. Die Bestimmung erlangte nie Bedeutung, und eine Aufnahme ins Gesetz ist unter diesem Gesichtspunkt retrospektiv nicht mehr gerechtfertigt. § 43 § 43 [Beschwerdeschrift] 1 Beschwerden sind schriftlich bei der Beschwerdeinstanz einzureichen. 2 Die Beschwerdeschrift muss einen Antrag sowie eine Begründung enthalten. Auf Beschwerden, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, ist nicht einzutreten. 3 Der angefochtene Entscheid ist anzugeben, allfällige Beweismittel sind zu bezeichnen und soweit möglich beizulegen; die Eingabe ist zu unterzeichnen. Ist die Beschwerde in dieser Hinsicht ungenügend oder sonst unklar, ist eine Nachfrist zur Verbesserung anzusetzen unter Androhung des Nichteintretens. Bemerkungen zu § 43 nVRPG (bisher § 39 VRPG) 1. Der Gesetzgeber des VRPG 1968 legte keinen Wert auf strenge Formvorschriften, ein "einfacher, unbeholfener Brief genügt" (Prot. GR Kom. 15.9.1967, S. 11). An dieser grundsätzlichen Einstellung soll festgehalten werden. Allerdings hat der bisherige § 39 Abs. 3 VRPG, welcher die Nachbesserung ungenügender Eingaben vorsieht, zu Diskussionen Anlass gegeben. Das Verwaltungsgericht begründete die folgende Praxis: Fehlt Antrag oder Begründung oder beides (trotz vollständiger Rechtsmittelbelehrung) vollständig und ergibt sich der Antrag bei Laienbeschwerden auch nicht aus der Begründung, ist ohne Nachfrist auf Nichteintreten zu erkennen. Sind Antrag und Begründung wenigstens im Ansatz vorhanden und lediglich unvollständig oder unklar, muss eine Nachfrist angesetzt werden. Das Bundesgericht hatte auf staatsrechtliche Beschwerde hin einen entsprechenden Entscheid des Verwaltungsgerichts zu beurteilen und erkannt, dass sich die Praxis mit dem Gesetzestext nicht notwendigerweise vollständig decke, sich aber auch nicht gerade als unhaltbar erweise (vgl. Bundesgericht in ZBl 98/1997, 307 ff.). Gestützt auf diese Rechtsprechung ist klar, dass an der bisherigen Bestimmung etwas geändert werden sollte. Mit der Formulierung in Abs. 2 - 57 - erfolgt somit faktisch keine Verschärfung, sondern nur eine Kodifikation der heute gültigen Praxis. Vorgeschlagen wird, dass die Nachfristansetzung entfällt. Damit wird Klarheit geschaffen in Bezug auf den Fristenlauf, der sich nicht mehr künstlich verlängern lässt: Auf Beschwerdeschriften ohne Antrag und/oder ohne Begründung ist ohne Nachfristansetzung nicht einzutreten. Es wird nach wie vor Fälle geben, bei denen Laien verfahrensrechtlich fehlerhafte Eingaben erstellen. In begründeten Fällen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die allgemeine richterliche Fürsorgepflicht eine Rücksendung zur Verbesserung möglich macht; allerdings dürfte dies dann ausgeschlossen sein, wenn in einer Rechtsmittelbelehrung einfach und verständlich auf die Erfordernisse einer Beschwerde hingewiesen wird (was der absolute Regelfall ist). Einzutreten ist (vor allem auch auf Laienbeschwerden), wenn Begründung und/oder Antrag wenigstens im Ansatz vorhanden sind, bzw. wenn die angerufene Behörde erkennen kann, um was es dem Beschwerdeführer geht und was er will. 2. In § 43 Abs. 1 nVRPG wurde am Erfordernis der Schriftlichkeit festgehalten. Die Schriftform beinhaltet die Notwendigkeit der Unterzeichnung der Eingabe; eine Unterschrift ist eigenhändig zu schreiben, Faksimile und maschinenschriftliche Unterzeichnungen genügen nicht, ebenso wenig die Fotokopie oder eine telegraphische oder fernschriftliche Eingabe mit der Folge, dass die mittels Telefax übermittelten Beschwerden der gültigen Unterschrift entbehren, da die Schriftstücke beim Empfänger als Telekopie eintreffen. Das Bundesgericht wie auch das Aargauische Verwaltungsgericht lassen bei fehlender Unterschrift keine Nachfristansetzung zur Verbesserung zu (BGE 121 II 253 ff.; AGVE 1996, 385 ff.). Es kann sich die Frage stellen, ob diese Praxis heute noch gerechtfertigt ist und ob man die modernen Technologien berücksichtigen soll und damit Eingaben per Telefax oder mit elektronischer Post genügend sind. In jedem Fall muss es zulässig sein, eine Beschwerde an die Beschwerdeinstanz mittels Faxgerät zu übermitteln, wenn auch mit dem Risiko, dass das betreffende Faxgerät nicht funktioniert. Um dies trotz der bundesgerichtlichen und aargauischen Rechtsprechung zum Unterschriftserfordernis zu gewährleisten, wurde in § 43 Abs. 3 nVRPG unter den Ordnungsvorschriften vorgesehen, dass die Eingabe zu unterzeichnen ist. Ordnungsvorschriften sind auch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist nachbesserungsfähig. Damit dies auch im Gesetz zum Ausdruck kommt, bezieht sich die Androhung des Nichteintretens lediglich auf den Antrag und die Begründung. Bezüglich Regelung des elektronischen Verkehrs mit den Behörden s. § 7 nVRPG. § 44 § 44 [Beschwerdefrist] 1 Beschwerden sind innert 30 Tagen seit Eröffnung des anzufechtenden Entscheids einzureichen. Vorbehalten bleiben Sonderbestimmungen in anderen Erlassen. 2 Durch rechtzeitige Einreichung der Beschwerde bei einer Behörde gemäss § 1 dieses Gesetzes gilt die Frist als gewahrt, auch wenn eine andere Behörde zuständig ist. - 58 - Bemerkungen zu § 44 nVRPG (bisher § 40 VRPG) Die Beschwerdefrist wurde von 20 Tagen auf 30 Tage erhöht. Grund für diese Erhöhung ist der Umstand, dass praktisch alle Rechtsmittelfristen im Bund und auch in anderen Kantonen 30 Tage betragen. Es ist deshalb wenig sinnvoll, kürzere kantonale Fristen bei einer Gesetzesänderung beizubehalten. Die heutige Regelung führt beispielsweise dazu, dass das Bundesrecht im Bauwesen in verschiedenen Fällen die Publikation der Baubewilligung während 30 Tagen vorschreibt, nach kantonalem Recht aber bereits nach 20 Tagen mit den Bauarbeiten begonnen werden kann. Mit einer Vereinheitlichung können viele Rechtsunsicherheiten vermieden werden. Hinzu kommt, dass innert einer dreissigtägigen Frist noch eher vergleichsweise Lösungen möglich sind. Zudem wird dem Rechtssuchenden damit mehr Zeit gewährt, um einen Entscheid in Ruhe zu studieren und allenfalls noch einen Rechtsvertreter beiziehen zu können. § 45 § 45 [Schriftenwechsel] 1 Stellt sich die Beschwerde nicht offensichtlich als unzulässig oder unbegründet dar, ist sie den Parteien zur Beschwerdeantwort und der vorinstanzlichen Justizbehörde zur Vernehmlassung zuzustellen. 2 Mit Erstattung ihrer Beschwerdeantwort oder Vernehmlassung hat die Vorinstanz die Verfahrensakten einzureichen. 3 Beschwerdeantwort und Vernehmlassung sind den Parteien zuzustellen. 4 Die mit der Instruktion betraute Person entscheidet über einen weiteren Schriftenwechsel. Bemerkungen zu § 45 nVRPG (bisher § 41 und § 42 Abs. 1 VRPG) 1. Mit der bisherigen Formulierung "sofort" in § 41 Abs. 1 war "offensichtlich" gemeint und nicht schnell. Der Gesetzestext in Abs. 1 wurde in diesem Punkt angepasst. Der bisherige § 41 VRPG verlangte die Zustellung der Beschwerde an alle Beteiligten, die durch das Beschwerdebegehren betroffen werden. Betroffen ist, wer in seinen schutzwürdigen eigenen Interessen berührt ist. Es ist unbestritten, dass eine Beschwerde nicht allen möglicherweise Betroffenen zugestellt wird, sondern in der Regel lediglich denjenigen Personen, die im vorinstanzlichen Verfahren Parteistellung hatten. Diesem Umstand trägt § 45 nVRPG Rechnung. 2. Abs. 2 wurde aus § 42 Abs. 1 VRPG übernommen und hier eingefügt, weil Sachzusammenhang besteht und § 42 Abs. 2 VRPG nicht in das neue Gesetz übernommen wird. Gestützt auf die alte Regelung waren dem Verwaltungsgericht (nur) die "für die Beurteilung nötigen Akten" zu übergeben. Auf diesen Einschub wird in der Neuregelung verzichtet, da die Vorinstanz sämtliche Verfahrensakten zu überweisen hat und durch das Gesetz nicht zur Durchführung einer selektiven Auswahl "nötiger" Aktenstücke animiert werden sollte. - 59 - Der Begriff Akten wurde wie schon in § 22 nVRPG durch den Begriff Verfahrensakten präzisiert. Ein Vorbehalt für Entwürfe, Referate und dgl. erweist sich wegen der entsprechend einschränkenden Definition der Akten als Verfahrensakten (§ 22 nVRPG) nicht als nötig. 3. Abs. 4 dient der Klarstellung der Instruktionsrichterkompetenzen. Durch die Nennung der mit der Instruktion betrauten Person wird auch gesagt, dass vor Verwaltungsgericht nicht nur wie bis anhin ein vollamtliches Mitglied des Verwaltungsgerichts instruierend tätig werden kann, sondern auch der Gerichtsschreiber oder die Gerichtsschreiberin oder ein nebenamtlicher Richter oder eine nebenamtliche Richterin, sofern dies vom Gericht gewünscht wird. Die Bestimmung soll nicht zum Ausdruck bringen, dass ein weiterer Schriftenwechsel üblich ist; er bleibt schon wie bis anhin die Ausnahme. § 46 § 46 [Aufschiebende Wirkung und andere vorsorgliche Massnahmen] 1 Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, wenn nicht aus wichtigen Gründen im angefochtenen Entscheid oder durch besondere Vorschrift etwas anderes bestimmt wird. 2 Die Beschwerdeinstanz oder das ihr vorsitzende Mitglied prüft, ob eine gegenteilige Anordnung oder andere vorsorgliche Massnahmen zu treffen sind. Bemerkungen zu § 46 nVRPG (bisher § 44 VRPG) 1. Die aufschiebende Wirkung ist eine mögliche vorsorgliche Massnahme. Sie unterscheidet sich von den anderen lediglich dadurch, dass sie von Gesetzes wegen angeordnet ist. Mit der Aufnahme in die Marginalie wird aber dem Anliegen Rechnung getragen, dass der Begriff bekannt ist und damit auch häufig gesucht wird und die Marginalie in diesem Sinn dienende Funktion hat. 2. Über vorsorgliche Massnahmen kann von Amtes wegen entschieden werden. Bis anhin wurde dies kaum je gemacht mit dem Ergebnis, dass Beschwerdefälle während Monaten und unter Umständen auch Jahren ruhten, ohne dass die sinnvollen vorsorglichen Massnahmen getroffen wurden. Die Pflicht zur Prüfung ist ein Mehraufwand für die beurteilenden Instanzen, stellt aber auch sicher, dass die Wartefristen in Beschwerdeverfahren für die Betroffenen nur die notwendigen Einschränkungen nach sich ziehen. Bis anhin ist bei Kollegialbehörden die oder der Vorsitzende nur in dringlichen Fällen berechtigt, vorsorgliche Massnahmen zu treffen. Dies erscheint eine unnötige Komplizierung des Verfahrens. Im Grundsatz gilt ja, dass die verfahrensrechtliche Übergangsregelung die Entscheidfähigkeit der angerufenen Rechtsmittelbehörde nicht beeinträchtigen darf. Unter diesem Blickwinkel ist es durchaus statthaft, der oder dem Vorsitzenden die Kompetenz zum - 60 - Erlass vorsorglicher Massnahmen zu gewähren. Der verantwortungsvolle Prozessleitende wird in Zweifelsfällen ohnehin das Kollegium in die Entscheidfindung mit einbeziehen. § 47 § 47 [Verfahrensleitung] 1 Die mit der Instruktion betraute Person achtet auf die effiziente Durchführung des Verfahrens. 2 Sie ist unter Vorbehalt einer anders lautenden Weisung der entscheidkompetenten Behörde berechtigt, alle notwendigen Anordnungen zu treffen und Beweise abzunehmen, um das Verfahren zum Sachentscheid zu führen. Bemerkungen zu § 47 nVRPG (bisher § 57 VRPG) Die Bestimmung regelt die Zuständigkeit zur Verfahrensleitung und die damit verbundene Verpflichtung zur effizienten Durchführung des Verfahrens. Bis anhin war für das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren nicht geregelt, wer für die Verfahrensleitung verantwortlich ist. Dafür wurde für das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren gesagt, dass nur der Präsident oder ein anderes hauptamtliches Mitglied des Verwaltungsgerichts berechtigt ist, verfahrensleitende Anordnungen zu treffen oder Beweise abzunehmen. Die Regelung im bisherigen VRPG ist historisch zu begreifen, indem man bei Erlass des VRPG zwar wusste, wie die Verwaltung Beschwerden abarbeitete, sich aber nicht sicher war, wie dies ein künftiges Verwaltungsgericht mit nebenamtlichen Richtern tun würde. Deshalb beschränkte man die Berechtigung, die Verfahrensleitung auszuüben, auf hauptamtliche Richter. Dafür besteht heute kein Grund mehr. Es soll den Verwaltungsbehörden und den Verwaltungsjustizbehörden überlassen sein, wie sie einen möglichst effizienten Rechtsschutz organisieren. Ziel ist es auch, dass eine einzelne Person ohne den Spruchkörper, in den sie eingebunden ist, verfahrensleitend tätig werden kann. Sämtliche Parteien und eine Mehrheit der übrigen Vernehmlassungsteilnehmenden erklärten sich mit der Aufwertung der Stellung der Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen sowie der nebenamtlichen Richter und Richterinnen voll oder mindestens grundsätzlich einverstanden. Es muss aber gleichwohl möglich sein, dass die entscheidkompetente Behörde die Instruktion oder einzelne verfahrensleitende Anordnungen selbst trifft. Die Weisung kann sich auf einen konkreten Fall beziehen oder generell abstrakt sein. Damit ein Sachbearbeitender nicht gegen den Willen der entscheidkompetenten Behörde instruierend tätig sein kann, wurde ein entsprechender Vorbehalt aufgenommen. § 48 § 48 [Bindung an Beschwerdebegehren] 1 Die Verwaltungsbehörden sind an die Beschwerdebegehren nicht gebunden. Zum Nachteil der beschwerdeführenden Partei können sie aber den angefochtenen Entscheid nur abändern, wenn dies in den Beschwerdebegehren verlangt wird, die Voraussetzungen des Widerrufs gegeben sind oder andere Vorschriften dies vorsehen. Die Betroffenen sind vorher anzuhören. 2 Die Verwaltungsjustizbehörden dürfen über die Beschwerdebegehren nicht hinausgehen. - 61 - Bemerkungen zu § 48 nVRPG (bisher § 43 VRPG) § 43 VRPG wurde weitgehend unverändert übernommen. Fragen kann man sich, ob die Pflicht zur Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht mehr erwähnt werden soll, da diese bereits aus § 21 nVRPG hervorgeht. Angesichts der Bedeutung dieses Verfahrensrechts im Fall einer reformatio in peius rechtfertigt sich jedoch die nochmalige Erwähnung (so schon der Gesetzgeber des VRPG, vgl. Erläuterungen JD November 1966, S. 9). Vor Verwaltungsgericht und den Spezialverwaltungsgerichten gilt im Grundsatz die Dispositionsmaxime: Der Richter ist an die Parteibegehren gebunden. Das Urteil hat somit zwischen dem vorinstanzlichen Entscheiddispositiv und den Beschwerdeanträgen zu liegen (Verbot der reformatio in peius vel in melius). Eine Ausnahme bildet gemäss § 1 Abs. 3 nVRPG das Versicherungsgericht (vgl. dazu die Bemerkungen zu § 58 nVRPG). § 49 § 49 [Entscheid] Hebt die Rechtsmittelinstanz den angefochtenen Entscheid auf, so kann sie in der Sache selbst entscheiden oder diese zum Erlass eines neuen Entscheids an eine Vorinstanz zurückweisen. Bemerkungen zu § 49 nVRPG (bisher § 58 VRPG) § 49 nVRPG entspricht nahezu dem bisherigen § 58 VRPG, der allerdings nur das Verwaltungsgericht angesprochen hat. Der damalige Gesetzgeber war der Auffassung, im verwaltungsinternen Beschwerdeverfahren brauche es eine derartige Bestimmung nicht. Dies mag unter den damaligen Voraussetzungen zutreffend gewesen sein, ist heute im Zuge der zunehmenden Formalisierung und Straffung der Instanzenzüge nicht mehr richtig (zu denken ist vor allem an Nichteintretensentscheide). Gemäss § 13 Abs. 2 lit. e und f nVRPG kann es mehrere Vorinstanzen geben. Die Rechtsmittelinstanz entscheidet, an welche Instanz die Zurückweisung am sinnvollsten ist. 4.4.2.3 Verwaltungsbeschwerde § 50 § 50 [Grundsatz] 1 Der Regierungsrat beurteilt Beschwerden gegen Entscheide a) kantonaler Verwaltungsbehörden, b) letztinstanzlicher kommunaler Behörden, c) öffentlichrechtlicher Körperschaften und Anstalten, d) mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteter Privater. 2 Er kann seine Entscheidkompetenz oder die Entscheidvorbereitung durch Verordnung delegieren. - 62 - Bemerkungen zu § 50 nVRPG (bisher § 45 - 47, teilweise 50 VRPG) 1. Mit § 50 nVRPG wurde § 45 VRPG auf eine Zuständigkeitsbestimmung reduziert. Der allgemeine Grundsatz, wonach Verfügungen und Entscheide grundsätzlich beschwerdefähig sind, findet sich heute in § 41 nVRPG (bis anhin § 38 VRPG). Die Bestimmung gilt für das verwaltungsinterne wie auch verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren. Der bisherige § 45 VRPG konnte deshalb ohne inhaltlichen Verlust auf die Zuständigkeit reduziert werden. 2. Als Beschwerdeinstanz wird der Regierungsrat eingesetzt. Damit wird selbstverständlich nicht angestrebt, dass sich der Regierungsrat um alle Beschwerdefälle kümmert, im Gegenteil: Ziel muss sein, dass der Regierungsrat von Rechtsprechungsaufgaben weitgehend befreit wird. Er soll sich wie bis anhin mit weitgehenden Delegationen dieser Pflicht entledigen. Da eine Straffung des Instanzenzugs angestrebt wird, kann jeder letztinstanzliche Entscheid auf kommunaler Ebene sowie jeder erstinstanzliche Entscheid auf kantonaler Ebene direkt beim Regierungsrat angefochten werden. Abweichungen sind möglich, erfordern jedoch eine spezialgesetzliche Regelung (vgl. § 1 Abs. 3 nVRPG). 3. Aus dem bisherigen § 47 VRPG wurde die Delegationskompetenz übernommen. Dies ist notwendig, da die Delegationskompetenz eine Ermächtigung durch Rechtssatz voraussetzt. Die Delegationsmöglichkeit wurde sehr offen formuliert und nicht beschränkt, wobei sich der Regierungsrat bei der Delegation jedoch nach dem Instanzenmodell richten muss. § 51 § 51 [Sprungbeschwerde] Wenn letztinstanzlich der Weiterzug an das Verwaltungsgericht möglich ist, kann die verwaltungsinterne Beschwerdeinstanz mit Zustimmung der Beschwerdeführenden auf den Entscheid verzichten und die Sache dem Verwaltungsgericht zur Erledigung überweisen. Bemerkungen zu § 51 nVRPG (bisher § 48 VRPG) 1. Die Sprungbeschwerde ist eine Durchbrechung der funktionellen Zuständigkeitsordnung und Ausnahme vom Grundsatz, dass der Instanzenzug durch Parteiabrede nicht abgeändert werden kann. Zweck der Sprungbeschwerde ist die Straffung des Instanzenzugs: Vorteile sind die Entlastung der verwaltungsinternen Rechtspflegeinstanzen und die Beschleunigung des Verfahrens. Als Nachteil ist in Kauf zu nehmen, dass das Verwaltungsgericht unter Umständen eine Frage entscheiden muss, zu welcher der Regierungsrat keine Praxis begründet hat. Die Sprungbeschwerde ist in der aargauischen Praxis von untergeordneter Bedeutung: Nur beim Personalrekursgericht sind Sprungbeschwerden relativ häufig. Man kann sich deshalb - 63 - die Frage stellen, ob sie auch unter Berücksichtigung der Straffung der Instanzenzüge überhaupt noch gerechtfertigt ist. Allerdings sollte nicht leichthin auf ein Institut verzichtet werden, das zur Verfahrensbeschleunigung beitragen kann. 2. In § 48 VRPG wurde als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Sprungbeschwerde verlangt, dass in der Verwaltungsbeschwerde keine anderen als die vor Verwaltungsgericht zulässigen Beschwerdegründe geltend gemacht werden. Damit war die Überprüfung des Ermessens angesprochen. Gemäss § 51 nVRPG kommt dem Verwaltungsgericht bei Sprungbeschwerden neu grundsätzlich eine Ermessenskontrolle zu, was sinnvoll ist, jedoch zu einer Mehrbelastung des Verwaltungsgerichts führen wird. § 52 § 52 [Beschwerdegründe] Mit der Beschwerde können, unter Vorbehalt besonderer gesetzlicher Bestimmungen, alle Mängel des Verfahrens und des angefochtenen Entscheids geltend gemacht werden. Bemerkungen zu § 52 nVRPG (bisher § 49 VRPG) § 52 nVRPG regelt, welche Mängel des angefochtenen Entscheids der Beschwerdeführer vor der Rechtsmittelinstanz rügen kann. Die Umschreibung erfasst die Rügen der unrichtigen oder unvollständigen Sachverhaltsermittlung, der Rechtsverletzung und der Unangemessenheit. Die Bestimmung wurde unverändert übernommen. Es liesse sich allerdings diskutieren, ob man nicht den Vorbehalt abweichender Bestimmungen aus dem Gesetz streicht (vgl. § 1 Abs. 3 nVRPG). Dies insbesondere deshalb, weil Art. 13 EMRK nach sich zieht, dass einem Beschwerdeführer mindestens eine Instanz mit vollumfänglicher Kognition auf seinem Weg zur Gerechtigkeit zur Verfügung stehen muss und Kognitionsbeschränkungen im verwaltungsinternen Beschwerdeverfahren die absolute Ausnahme bleiben müssen. 4.4.2.4 Beschwerde an ein Spezialverwaltungsgericht § 53 § 53 [Geltungsbereich und Verfahren] 1 Die Beschwerde an ein Spezialverwaltungsgericht ist in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen zulässig. 2 Das Verfahren richtet sich unter Vorbehalt besonderer Bestimmungen nach den Regeln für das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren. Die Beschwerdegründe bestimmen sich nach § 52. Bemerkungen zu § 53 nVRPG (neu) Der Gesetzgeber hat sich bekanntlich entschieden, vermehrt Spezialverwaltungsgerichte als gerichtliche Instanzen einzusetzen. Sie kommen in Fällen zum Zug, die entweder sehr schnell entschieden werden müssen oder Spezialkenntnisse erfordern oder in grosser Zahl auftreten. - 64 - Das Personalrekursgericht hat entgegen dem Wortlaut des Personalgesetzes entschieden, dass ihm die Ermessenskontrolle zusteht. Diese Praxis wird nun ins Gesetz überführt, indem Spezialverwaltungsgerichten grundsätzlich Ermessensüberprüfung zugestanden wird. Abs. 2 steht jedoch unter dem Vorbehalt abweichender Bestimmungen: So kann zum Beispiel vor dem Rekursgericht im Ausländerrecht gemäss § 9 Abs. 2 EGAR die Rüge der Unangemessenheit nicht erhoben werden. 4.4.2.5 Beschwerde an das Verwaltungsgericht § 54 § 54 [Grundsatz und Ausnahmen] 1 Gegen letztinstanzliche Entscheide der Verwaltungsbehörden und, soweit vorgesehen, gegen Entscheide der Spezialverwaltungsgerichte ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig. 2 Ausgeschlossen ist die Beschwerde in folgenden Sachbereichen a) Richtpläne, sofern die Beschwerde nicht durch eine Gemeinde erhoben wird, b) Angebotsbestellungen für den öffentlichen Verkehr, c) Entscheide im Rahmen der Ausarbeitung eines generellen Strassenbauprojekts, d) Schulstandorte, e) gesundheitspolitische Standortentscheide, f) Begnadigungen, g) Einsatz von Fondsmitteln und Verwendung des Alkoholzehntels, h) Kulturförderung. 3 Vorbehalten bleiben Sonderbestimmungen in anderen Gesetzen. 4 Die Beschwerde ist auch in den Fällen von Absatz 2 und Absatz 3 zulässig, wenn die Verletzung des Anspruchs auf Beurteilung von Streitigkeiten durch eine richterliche Behörde gerügt wird. Bemerkungen zu § 54 nVRPG (bisher § 51 f. VRPG) 1. Der Entwurf sieht vor, dass im Grundsatz sämtliche Entscheide der Verwaltungsbehörden (nicht aber der Spezialverwaltungsgerichte) in letzter Instanz vor Verwaltungsgericht angefochten werden können, Ausnahmen müssen ausdrücklich genannt werden. Diese Regelung gebietet sich wegen des sich stets weiterentwickelnden Rechtsschutzes durch die EMRK, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, die Revision der Bundesrechtspflege sowie den (per 1.1.2007 in Kraft getretenen) neuen Art. 29a BV. Dieser lautet: „Jede Person hat bei Rechtsstreitigkeiten Anspruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde. Bund und Kantone können durch Gesetz die richterliche Beurteilung in Ausnahmefällen ausschliessen.“ Die Rechtsweggarantie auf Verfassungsstufe ist ein Grundrecht, auf das sich jeder berufen kann; die kantonalen Verfahrensgesetze werden sich daran orientieren müssen. Desgleichen sieht das neue Bundesgerichtsgesetz (BGG) vor, dass die Kantone als letzte kantonale Instanzen richterliche Behörden einzusetzen haben. Es führt deshalb kein Weg daran vorbei, - 65 - das Verwaltungsgericht im Grundsatz als letzte kantonale Instanz in allen verwaltungsrechtlichen Streitfällen einzusetzen. Gestützt auf Art. 29a Satz 2 BV sind Ausnahmen zur allgemeinen Rechtsschutzgarantie in engen Grenzen zulässig; sie bedürfen allerdings der qualifizierten Begründung (Yvo Hangartner, Recht auf Rechtsschutz, AJP 2/2002, S. 135 f.). Allgemeine Vorbehalte wie, die Justiz dürfe nicht verpolitisiert werden, oder Argumente der Gewaltenteilung und der mangelnden Justiziabilität genügen zur Begründung einer Ausnahmeregelung nicht (Hangartner, a.a.O., S. 135). Im Anwendungsbereich des Bundesgerichtsgesetzes sind Ausnahmen vom Gerichtszugang nur aus politischen Gründen zulässig (Art. 86 Abs. 3 BGG). Die Generalklausel ist die einzige verfassungsrechtlich zulässige Lösung; lediglich Entscheide der Spezialverwaltungsgerichte können generell von der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle ausgenommen werden, weil das Bundesgerichtsgesetz keinen doppelten gerichtlichen Instanzenzug im Kanton verlangt. 2. Obwohl die verwaltungsgerichtliche Zuständigkeit bereits heute relativ weit gefasst ist, muss damit gerechnet werden, dass die Rechtsweggarantie von Art. 29a BV sowie Art. 191b des Bundesbeschlusses über die Reform der Justiz vom 8. Oktober 1999 ("Die Kantone bestellen richterliche Behörden für die Beurteilung von öffentlichrechtlichen Streitigkeiten sowie von Straffällen") eine Fallzunahme und damit die Notwendigkeit eines Gerichtsausbaus nach sich ziehen wird (s. Kapitel 6 hinten). 3. Schwierig zu formulieren sind die Ausnahmen von der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit. Es bleibt, wie dargelegt, von Bundesrechts wegen nicht allzu viel Handlungsspielraum. Vorgeschlagen wird, politisch gefärbte Infrastrukturentscheide der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit zu entziehen. Das betrifft zum einen den öffentlichen Verkehr: Die Angebotsbestellung des Regierungsrats erfolgt in diesem Bereich gestützt auf detaillierte Angebotsvereinbarungen mit den Transportunternehmungen, die Bestandteil der Angebotsbestellung sind. Allfällige Rechtsmittel in diesem Sachzusammenhang richten sich nach Bundesrecht; um Entscheidungen des Regierungsrats über das Streckennetz, die Lage der Haltestellen sowie den Fahrplan, aber auch die Anzahl der Sitzplätze und die Ausrüstung der Transportfahrzeuge dem kantonalen Rechtsschutz zu entziehen, ist der vorliegende Ausschluss nötig. Generell werden als Infrastrukturentscheide auch die Bestimmung von Schul- und Spitalstandorten der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit entzogen. Dasselbe gilt für die in Präzisierung der Richtpläne vom Baudepartement ausgearbeiteten generellen Projekte für den Neu- und Ausbau von Kantonsstrassen (§ 94 Baugesetz): Diese generellen Strassenbauprojekte sind, wie die Richtpläne, nur behördenverbindlich und sollen keinem Rechtsmittel unterliegen; es genügt, wenn das Bauprojekt selbst (§ 95 BauG) vom Verwaltungsgericht überprüft werden kann. Zulässig dürfte auch die Nennung der Begnadigung sein, weil „ausserrechtliche“ Gründe den Entscheid beeinflussen. Die Anfechtbarkeit des Richtplans scheitert in der Regel schon am fehlenden Anfechtungsobjekt, der Ausschluss kann sich aber unter dem Gesichtspunkt des wandelnden Verständnisses darüber, was einen Entscheid ausmacht, rechtfertigen, vorbehalten bleiben wegen der - 66 - Behördenverbindlichkeit des Plans Anfechtungen durch die Gemeinden. Die Beschwerde an das Verwaltungsgericht wird weiter ausgeschlossen in folgenden Sachbereichen: Einsatz von Fondsmitteln (darunter fällt auch die Verwendung des Lotteriefonds), Verwendung des Alkoholzehntels und Kulturförderung. In diesen Sachbereichen werden kulturpolitische Entscheide getroffen, die als Entscheide „mit vorwiegend politischem Charakter“ im Sinn von Art. 86 Abs. 3 BGG gelten können. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu dieser Bestimmung bleibt allerdings abzuwarten. Die Enumeration in Abs. 2 umfasst die wichtigsten und hauptsächlichsten Ausnahmen vom Zugang zum Verwaltungsgericht; es ist denkbar, dass weitere Einzelfälle in anderen (formellen!) Gesetzen genannt werden; um auf diese Möglichkeit explizit hinzuweisen, wurde Absatz 3 in die Bestimmung aufgenommen. § 54 erfasst aber ohne Zweifel den allergrössten Teil der vom gerichtlichen Rechtsschutz ausgenommenen Sachgebiete. 4. Immerhin soll aber der Weg geöffnet werden, eine Verletzung der Rechtsweggarantie vor dem Verwaltungsgericht zu rügen (vgl. Abs. 4, welcher sich weitgehend an Art. 78 Abs. 2 BGG anlehnt), damit innerkantonal reagiert werden kann, wenn ein Sachgebiet zu Unrecht dem gerichtlichen Rechtsschutz entzogen worden ist und nicht zunächst ein Entscheid des Bundesgerichts ergehen muss, der den Kanton zur Änderung zwingt. 5. Vorsicht ist gestützt auf das Bundesgerichtsgesetz (BGG) auch bezüglich der Schaffung von Rekursgerichten angebracht. Das Bundesgericht könnte sich dereinst auf den Standpunkt stellen, dabei handle es sich nicht um obere Gerichte im Sinne von Art. 80 Abs. 2 BGG. Vergleicht man Art. 80 Abs. 2 BGG, welcher die Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten beschlägt, mit Art. 71 Abs. 2 BGG betreffend die Beschwerde in Zivilsachen, fällt auf, dass die Verpflichtung der Kantone, als unmittelbare Vorinstanzen des Bundesgerichts obere Gerichte einzusetzen, in beiden Fällen besteht, allerdings in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten die Formulierung "diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen" fehlt. Daraus muss geschlossen werden, dass eine gerichtliche Instanz im Kanton genügt. Da am Kriterium des "oberen" Gerichts aber ohne Einschränkung festgehalten wird, kann allerdings schon die Möglichkeit bestehen, dass Rekursgerichte diesem Erfordernis neben einem bestehenden Verwaltungsgericht nicht genügen. In der Botschaft des Bundesgerichts wird auf diese Konfliktsituation allerdings nicht näher eingegangen, wenngleich als oberes Gericht im Sinn des BGG das Verwaltungsgericht genannt wird (vgl. Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001, S. 4325 f.). Die aargauischen Spezialverwaltungsgerichte sind nach Auffassung der Expertenkommission ganz klar obere Gerichte, auch im Sinn des Bundesgerichtsgesetzes. Sie wurden geschaffen, um Spezialgebiete einem spezialisierten Spruchkörper mit hoher Fachkompetenz zuzuweisen, der das Verwaltungsgericht als urteilende Instanz ersetzt. Als „Vorinstanz“ des Verwaltungsgerichts sind Spezialverwaltungsgerichte nur in für die Betroffenen speziell sensiblen Bereichen eingesetzt (Steuern, Enteignungen). Der Umstand, dass das Spezialverwaltungsgericht in einzelnen Sachbereichen als Vorinstanz entscheidet, kann nicht bedeuten, dass es dann in den anderen Sachbereichen nicht mehr oberes Gericht im Sinn des - 67 - BGG ist; dies würde im Endeffekt dazu führen, dass der im Kanton Aargau in einzelnen Sachgebieten verbesserte gerichtliche Rechtsschutz i.S. eines „doppelten“ gerichtlichen Instanzenzuges aufgegeben werden müsste, nur um nicht auch in allen anderen, einem Spezialverwaltungsgericht zugewiesenen Sachgebieten den doppelten Instanzenzug einführen zu müssen. Dies dürfte kaum die Meinung des Bundesgesetzgebers gewesen sein. Im Übrigen werden die Richter und Richterinnen der Spezialverwaltungsgerichte durch den Grossen Rat gewählt, und es handelt sich um ein gesamtkantonales Gericht, was ebenfalls für die Annahme spricht, es handle sich um ein oberes Gericht. 6. Es ist darauf hinzuweisen, dass es noch einen weiteren Bereich von Sachgebieten gibt, die gestützt auf Bundesrecht in den Ausnahmekatalog von Abs. 2 aufgenommen werden dürften: In Rechtsgebieten, in denen die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig ist, wird gemäss neuem BGG auf kantonaler Ebene kein gerichtlicher Rechtsschutz verlangt. Die Kantone könnten daher in diesen Sachbereichen die Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht ausschliessen. Dies wäre beispielsweise in Teilbereichen des Zivilschutzgesetzes, des Landesversorgungsgesetzes oder des Landwirtschaftsgesetzes möglich. Der Regierungsrat hat jedoch darauf verzichtet, diese Gebiete von der kantonalen Gerichtsbarkeit auszunehmen, da er der Auffassung ist, – – – – – dass der Kanton seine Verwaltungstätigkeit primär selber überprüfen und nötigenfalls korrigieren und deshalb einen vollwertigen kantonalen Rechtsschutz anbieten soll; dass der Bürger Anspruch darauf haben soll, dass seine Sache zunächst im Kanton gerichtlich beurteilt wird; dass der Ausschluss dieser (eher selten zu Verfahren Anlass gebenden) Sachgebiete teilweise zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen kann; dass der Vorbehalt der direkten Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zu einer wenig bürgerfreundlichen Komplizierung des Rechtsmittelweges führt; dass die davon erfasste Fallzahl sehr tief ist und eine Sonderregelung deshalb nicht rechtfertigt. § 55 § 55 [Beschwerdegründe] 1 Mit der Beschwerde können die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts sowie Rechtsverletzungen gerügt werden. 2 Bei Beschwerden gegen Entscheide eines Spezialverwaltungsgerichts und in Sachgebieten gemäss Absatz 3 ist das Verwaltungsgericht an die Feststellung des Sachverhalts gebunden, wenn dieser nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde. 3 In folgenden Sachgebieten kann nur die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden a) Durchführung von Lotterien, b) Zusprechung von Subventionen, auf die kein Anspruch besteht, c) Zuteilung von Ausbildungsgängen an Schulen, d) Festlegung der Klassengrössen an Schulen. - 68 - 4 Die Rüge der Unangemessenheit ist in den folgenden Fällen zulässig a) bei Sprungbeschwerden, b) bei der Fürsorgerischen Freiheitsentziehung, c) bei Erteilung und Entzug von Führerausweisen, d) bei Immissionen, e) bei der Kostenverteilung zwischen Personen des öffentlichen Rechts, f) wenn es durch Bundesrecht vorgeschrieben ist. Bemerkungen zu § 55 nVRPG (bisher § 56 VRPG) 1. Im Grundsatz kann vor Verwaltungsgericht nur geltend gemacht werden, der Sachverhalt sei unrichtig oder unvollständig festgestellt worden, sowie, es liege eine Rechtsverletzung vor; die Rüge der Unangemessenheit ist in der Regel ausgeschlossen. Die einschränkende Bestimmung in Abs. 2 bei Sachverhaltsfeststellungen durch eine richterliche Vorinstanz orientiert sich an Art. 105 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege (Bundesrechtspflegegesetz [OG]) vom 16. Dezember 1943 (in der Fassung vom 20. Juni 2006), da sich diese Bundesverfahrensnorm im Laufe der Jahrzehnte ihrer Gültigkeit bewährt hat. Der Grundsatz des Ausschlusses der Ermessenskontrolle durch das Verwaltungsgericht wird in Abs. 4 der vorliegenden Bestimmung eingeschränkt; dies aus folgenden Gründen: Die Differenzierung zwischen Rechts- und Ermessenskontrolle ist sehr schwierig, die theoretischen Analysen dazu sind zahlreich und unergiebig, die praktischen Probleme gross. Die Energie des Verwaltungsgerichts sollte auf die Sache und nicht auf formelle Randprobleme konzentriert werden, es darf nicht sein, dass das Verwaltungsgericht mehr (zeitlichen) Aufwand betreibt, um die Abgrenzung zwischen Rechts- und Ermessenskontrolle zu begründen, als für den Entscheid für die vom Bürger gestellte Hauptfrage (mit Ermessenskontrolle) notwendig wäre. Entgegen der herrschenden Lehrmeinung, aber mit dem bestehenden VRPG, wird deshalb an dieser Stelle die Meinung vertreten, dass das Verwaltungsgericht in einzelnen Sachgebieten durchaus zur Ermessensüberprüfung befugt sein soll. 2. Der Ausnahmekatalog in § 54 hiervor muss von Bundesrechts wegen auf Entscheide mit politischem Charakter beschränkt werden (Art. 86 Abs. 3 BGG). Die Expertenkommission ist der Auffassung, dass hier wiederum zwischen zwei Varianten differenziert werden soll: Erstens soll es Sachgebiete geben, die politischer Natur sind und die deshalb von der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit aus politischen Gründen generell ausgenommen werden sollen; diese Sachgebiete finden sich in § 54 Abs. 2. Zweitens gibt es die Sachgebiete gemäss § 55 Abs. 3, die zwar ebenfalls politischer Natur sind (und damit auch unter § 54 Abs. 2 hätten subsumiert werden können), bei denen es sich aber rechtfertigt, eine (eingeschränkte) verwaltungsgerichtliche Kontrolle vorzusehen, weil einerseits Private von diesem Ausschlusskatalog eher betroffen sind als von jenem in § 54 Abs. 2 und weil die Sachgebiete etwas weniger politisch sind als jene in § 54 Abs. 2 und aus innerkantonaler Sicht damit einer eingeschränkten Beurteilung des Sache durch das Verwaltungsgericht nichts im Wege steht. - 69 - Dieser Differenzierung wird mit einer Einschränkung der Kognition des Verwaltungsgerichts auf die Verletzung verfassungsmässiger Rechte Rechnung getragen; darüber hinaus ist das Verwaltungsgericht (mit Einschränkungen) an den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt gebunden. Es ist darauf hinzuweisen, dass, sollte das Bundesgericht die Sachgebiete nicht als „überwiegend politisch“ im Sinn von Art. 86 Abs. 3 BGG anerkennen, der in § 55 Abs. 3 gewährte Rechtsschutz den Anforderungen an eine gerichtliche Vorinstanz nicht genügt, weil es an der freien Überprüfung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht fehlt. § 56 § 56 [Beschwerde gegen landeskirchliche Entscheide] 1 Gegen letztinstanzliche Entscheide landeskirchlicher Behörden kann wegen Verletzung der Verfassung oder des Organisationsstatuts innert 30 Tagen seit Eröffnung beim Verwaltungsgericht Beschwerde geführt werden. 2 Zur Beschwerde ist befugt, wer ein schutzwürdiges eigenes Interesse geltend macht. Bei Anordnungen, die nicht in persönliche Verhältnisse eingreifen, steht die Beschwerdebefugnis allen Konfessionsangehörigen, der Kirchenpflege und dem Kirchenrat zu. Bemerkungen zu § 56 nVRPG (bisher § 59b VRPG) 1. Einen Sonderfall verwaltungsgerichtlicher Zuständigkeit stellt die Bestimmung über die Anfechtung letztinstanzlicher landeskirchlicher Entscheide dar. Aus den Materialien zur Verfassungsgebung folgt, dass mit § 114 KV bzw. (später) § 59b VRPG nicht beabsichtigt war, weltliche Gerichtsbarkeit in innerkirchlichen Angelegenheiten zu schaffen; gemeint war, "vermehrt Rechtsschutz in den äusseren Belangen der Landeskirchen, also in Fragen der Organbestellung, der Mitgliedschaft, der Finanzordnung, des Stimm- und Wahlrechtes" zu garantieren (Prot. VR, S. 435, Votum Huber). § 114 KV bzw. § 59b VRPG soll die Landeskirchen verpflichten, "einen eigenen Rechtsschutz aufzurichten". Zu schützen sind die Kirchgenossen. Auch die Kirchgemeinden sind einzubeziehen, so dass sich Kirchgemeinden zum Beispiel gegenüber Entscheiden der Landeskirchen bei den landeskirchlichen Rechtsschutzorganen zur Wehr setzen können. Der Verfassungsredaktor selbst war der Auffassung, dass die Vorschrift in § 114 KV nicht innerkirchliche Vorgänge betrifft ("diese sind in keiner Weise durch staatliches Recht mitbestimmt"), sondern Belange beschlägt, die irgendeinen Konnex mit dem staatlichen Recht haben. An dieser Ausgangslage ist festzuhalten. Dies gilt auch für vermögensrechtliche Ansprüche, wie dies das Verwaltungsgericht in einem Grundsatzentscheid vom 11. März 2002 festgehalten hat; der Entscheid wurde vom Bundesgericht mit Urteil vom 29. November 2002 bestätigt. 2. Die Beschwerde richtet sich gegen landeskirchliche Entscheide, gleichgültig, ob sie im landeskirchlichen Beschwerdeverfahren oder im landeskirchlichen Klageverfahren ergangen sind. - 70 - 3. Beschwerdeinstanz ist heute der Regierungsrat, neu das Verwaltungsgericht. Für die bisherige Lösung spricht heute nicht mehr viel: Der Verfassungsgeber wollte durch eine staatliche Rechtsmittelinstanz sicherstellen, dass ein ausserkirchlicher, staatlicher Rechtsschutz besteht und damit die Freiheit des Einzelnen in der Kirche schützen. Es geht jedoch nicht um die Überprüfung von Ermessen, noch weniger sollen politische Ansichten bei der Streitentscheidung eine Rolle spielen. Hinzu kommt, dass die landeskirchlichen Rekurskommissionen als unabhängige Rechtspflegeinstanzen vergleichbar mit der staatlichen Judikative ausgestaltet wurden, dem Regierungsrat diese Stellung aber nicht zukommt. Die Bestimmung wurde deshalb entsprechend angepasst. § 57 § 57 [Öffentlichkeit] 1 Die Verhandlungen vor Verwaltungsjustizbehörden sind öffentlich. 2 Das vorsitzende Mitglied kann die Öffentlichkeit aus wichtigen Gründen von den Verhandlungen ausschliessen. 3 Erfolgt die Urteilsverkündung nicht in der Verhandlung, steht das Urteil unter Vorbehalt von Absatz 2 auf der Gerichtskanzlei zur Einsicht offen. Bemerkungen zu § 57 nVRPG (bisher § 57 Abs. 3 VRPG, teilweise neu) 1. Lediglich der Grundsatz der Publikumsöffentlichkeit (die Parteiöffentlichkeit wird in den Bestimmungen zum rechtlichen Gehör geregelt) ist zur Verdeutlichung beizubehalten. Publikumsöffentlichkeit ist Teilgehalt von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und wird auch in § 72 Abs. 1 KV vorgeschrieben. Die Publikumsöffentlichkeit bezieht sich jedoch nur auf Verhandlungen vor Verwaltungsjustizbehörden; Verhandlungen vor Verwaltungsbehörden sind nicht öffentlich. 2. Der Grundsatz der Öffentlichkeit umfasst auch die öffentliche Urteilsverkündung (Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Villiger, EMRK, Rz 450). Urteile der Verwaltungsjustizbehörden werden aber nur in den allerseltensten Fällen öffentlich verkündet; dies ist wegen der den Verhandlungen folgenden Beratungen und der Bearbeitung des Urteilsentwurfes gar nicht möglich. Die Ansetzung einer öffentlichen Urteilsverkündung nach zustellungsreifem Entscheid ist unpraktisch. Eine Lösung dieses Problems kann in einer Hinterlegung des Urteilsdispositivs auf der Gerichtskanzlei zu finden sein. Allerdings ist die Strassburger Rechtsprechung noch nicht derart gefestigt, dass man definitiv davon ausgehen kann, die Hinterlegung genüge dem Erfordernis an die Öffentlichkeit (vgl. Villiger, EMRK, Rz 451). Zurzeit gilt Folgendes: Wie erwähnt, sind Urteile in Anwendung von Art. 6 Ziff. 1 Satz 2 EMRK öffentlich zu verkünden. Der EGMR lässt es dabei genügen, wenn das Urteil öffentlich zugänglich gemacht wird, zum Beispiel durch dessen Hinterlegung bei der Gerichtskanzlei (Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. A. Kehl / Strassburg / Arlington 1996, - 71 - Art. 6 N 119). Offen bleibt die Frage, ob lediglich das Urteilsdispositiv hinterlegt werden muss oder ob es zwingend der Urteilserwägungen bedarf. Der EGMR hat sich zu dieser Frage bislang nicht geäussert. Nach Auffassung des Bundesgerichts genügt es, wenn Rubrum und Dispositiv veröffentlicht bzw. öffentlich zugänglich gemacht werden (Geschäftsbericht 2002 des Bundesgerichts und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts, S. 4). In der Lehre wird Kritik geübt an der blossen Einsicht in Rubrum und Dispositiv (vgl. Paul Tschümperlin, Öffentlichkeit der Entscheidungen und Publikationspraxis des Schweizerischen Bundesgerichts, in SJZ 99 (2003) S. 266 FN 7) bzw. postuliert, neben dem Dispositiv seien die wichtigsten Erwägungen aufzulegen (Flühmann/Sutter, Kritische Betrachtung der bundesgerichtlichen Veröffentlichungspraxis oder "Wünschbares ist machbar", in AJP/PJA 9/2003 S. 1034). Letztere Ansicht verdient Unterstützung. Die in Art. 6 Ziff. 1 EMRK geforderte Öffentlichkeit des Verfahrens sichert dessen Kontrolle und fördert das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit. Daneben ist sie eine Garantie für die Fairness des Verfahrens (Villiger, EMRK, Rz 441). Mit der Auflage lediglich des Dispositivs wird den erwähnten Grundsätzen keine Genüge getan. Es ist daher zu empfehlen, neben dem Dispositiv zumindest die wichtigsten Erwägungen aufzulegen. Angesichts der Ausgangslage, die heute noch als offen zu bezeichnen ist, wird auf eine ausdrückliche Regelung im Gesetz verzichtet. 4.4.2.6 Beschwerde an das Versicherungsgericht § 58 § 58 [Geltungsbereich und Verfahren] 1 Die Beschwerde an das Versicherungsgericht ist in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen zulässig. 2 Das Verfahren, soweit es nicht bundesrechtlich geregelt ist, richtet sich nach den Art. 2754 und 56-61 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000, im Übrigen nach den Regeln über das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren. Sonderbestimmungen in anderen Erlassen bleiben vorbehalten. Bemerkungen zu § 58 nVRPG (neu) 1. Die Zuständigkeit des Versicherungsgerichts als Beschwerdeinstanz ergibt sich schon heute ausschliesslich aus Spezialbestimmungen des Bundesrechts oder kantonaler Normen (Gesetze, Dekrete, Verordnungen). 2. Das Beschwerdeverfahren vor Versicherungsgericht entspricht im Wesentlichen demjenigen vor Verwaltungsgericht. Im Unterschied zum Verwaltungsgericht urteilt das Versicherungsgericht jedoch immer mit voller Kognition. Aus dem ATSG ergeben sich weitere Besonderheiten für das versicherungsgerichtliche Verfahren: So ist im Beschwerdeverfahren vor Versicherungsgericht zwingend eine Nachfrist anzusetzen, wenn eine Beschwerdeschrift den Anforderungen an Form und Inhalt nicht - 72 - genügt (Art. 61 lit. b ATSG). Ausserdem ist das Versicherungsgericht von Bundesrechts wegen nicht an die Parteibegehren gebunden (Art. 61 lit. d ATSG). Beide Besonderheiten gelten an sich nur für Beschwerdeverfahren, die sich auf Bundesrecht stützen. Der vorliegenden Bestimmung liegt das Konzept zugrunde, dass die Regelungen im ATSG auf alle sozialversicherungsrechtlichen Verfahren Anwendung finden sollen, also nicht nur auf die bundesgesetzlich geregelten Sozialversicherungen (vgl. Art. 2 ATSG), sondern auch auf sozialversicherungsrechtliche Regelungen, die auf autonomem kantonalem Recht beruhen (z. B. Prämienverbilligung nach KVG; vgl. Art. 65 KVG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 lit. c KVG) oder zwar bundesrechtliche Sozialversicherungen sind, aber nicht (oder nur teilweise) dem ATSG unterstehen (BVG). Der Verweis auf die in § 58 genannten Bestimmungen des ATSG bezweckt, dass in Sozialversicherungssachen durch alle Instanzen grundsätzlich dieselben Verfahrensregeln gelten (beispielsweise hinsichtlich der Fristberechnung sowie der Geltung der Gerichtsferien) und liegt damit im Interesse der Bürger und Bürgerinnen. Die Bestimmungen des ATSG erfassen (als kantonales Verfahrensrecht) deshalb auch das BVG; soweit sich im ATSG für diese Verfahren keine Bestimmung finden lässt, gilt das VRPG, vorbehalten sind für beide Verweisungen (ATSG und VRPG) Sonderbestimmungen in anderen kantonalen Erlassen (angesprochen ist insbesondere die den kantonalen sozialversicherungsrechtlichen Verfahren entzogene Kostenfreiheit bei Beschwerden gegen Kinderzulagenentscheide und Prämienverbilligungsentscheide, s. Fremdänderungen Ziff. 25 und 27). 4.4.3 Verwaltungsrechtliche Klagen 4.4.3.1 Klage an ein Spezialverwaltungsgericht § 59 § 59 [Zuständigkeit] 1 Die Klage an ein Spezialverwaltungsgericht ist in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen zulässig. 2 Sind in Sachgebieten Spezialverwaltungsgerichte für Beschwerdeentscheide eingesetzt, erstreckt sich deren Zuständigkeit auch auf das Klageverfahren. 3 Das Verfahren richtet sich unter Vorbehalt besonderer Bestimmungen nach den Regeln für das Klageverfahren vor Verwaltungsgericht. Bemerkungen zu § 59 nVRPG (neu) 1. Gestützt auf das Personalgesetz ist in Einzelfragen die Klage an das Personalrekursgericht zulässig. Es rechtfertigt sich schon deshalb, diese Verfahrensvariante ins Gesetz aufzunehmen. Des Weiteren sind auch die Bestimmungen über das Enteignungsverfahren sowie das Verfahren bei der Festsetzung von Erschliessungsabgaben klageverfahrensähnlich ausgestaltet, weshalb mit der Erwähnung der Klage an ein Spezialverwaltungsgericht kein blosser Einzelfall geregelt wird. - 73 - 2. Nach Erlass des Personalgesetzes hat sich gezeigt, dass dieses in verfahrensrechtlicher Hinsicht Mängel aufweist; insbesondere ist nicht sichergestellt, dass alle dienstrechtlichen Belange auch tatsächlich durch das Personalrekursgericht entschieden werden können (zum Beispiel der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis; der Anspruch auf Entschädigung bei Entlassung eines Mitarbeiters, dessen Dienstverhältnis auf einer Verfügung beruht; vgl. auch AGVE 2001, 517 ff.). Aber auch in anderen Sachgebieten stellen sich vergleichbare Fragen (zum Beispiel der Anspruch auf Entschädigung für gefällte Bäume als nachträgliches Begehren im Sinn von § 155 BauG). Diese Frage soll hier eindeutig beantwortet werden: Wurde eine Materie einem Spezialverwaltungsgericht zur Erledigung zugewiesen, sollten damit thematisch eng zusammenhängende Fragen ebenfalls durch dieses Spezialverwaltungsgericht entschieden werden und nicht durch das Verwaltungsgericht im Klageverfahren. Mit Absatz 2 wurde im Sinne eines Auffangtatbestands diesem Problem Rechnung getragen. 4.4.3.2 Klage an das Verwaltungsgericht § 60 § 60 [Zuständigkeit] Das Verwaltungsgericht urteilt als einzige Instanz über a) Streitigkeiten aus verwaltungsrechtlichen Verträgen, soweit nicht ein Spezialverwaltungsgericht zuständig ist, b) Streitigkeiten über Konzessionen sowie über wohlerworbene Rechte an öffentlichen Sachen, sofern nicht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist, c) vermögensrechtliche Streitigkeiten, an denen der Kanton, eine Gemeinde oder eine öffentlichrechtliche Körperschaft oder Anstalt des kantonalen oder kommunalen Rechts beteiligt ist, sofern nicht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegeben oder ein Ziviloder ein Spezialverwaltungsgericht zuständig ist, d) öffentlichrechtliche Streitigkeiten in anderen Angelegenheiten, wenn in Rechtspositionen von Privaten eingegriffen wird, ohne dass ein Entscheid ergeht oder Klage vor einer anderen Instanz erhoben werden kann. Bemerkungen zu § 60 nVRPG (bisher § 60 VRPG) 1. In lit. a wird der Begriff der öffentlichrechtlichen Verträge ersetzt durch denjenigen der verwaltungsrechtlichen Verträge. Die Änderung ist kosmetischer Natur und trägt dem Umstand Rechnung, dass in der Lehre der Begriff des verwaltungsrechtlichen Vertrags der vorherrschende ist. Inhaltlich wird damit keine Veränderung vorgenommen. 2. Lit. b ist in der Praxis insbesondere wegen ihrer engen Formulierung weitgehend ohne Bedeutung geblieben. Von daher könnte auch ernsthaft gefragt werden, ob sie nicht zu streichen wäre. Jedoch ist bei den Konzessionen die Praxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 6 Abs. 1 EMRK zu berücksichtigen. Danach ist mit grosser Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass Konzessionen relativ umfassend in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallen (Andreas Kley-Struller, Der Anspruch auf richterliche Beur- - 74 - teilung "zivilrechtlicher" Streitigkeiten im Bereich des Verwaltungsrechts sowie von Disziplinar- und Verwaltungsstrafen gemäss Art. 6 EMRK, in: Aktuelle Juristische Praxis [AJP] 1/1994, S. 38). Vor diesem Hintergrund drängt sich eine Neufassung von Abs. 2 im Sinne einer umfassenden verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit im Bereich Konzessionen auf, zumal die EMRK auch ohne Umsetzung im Landesrecht vor Verwaltungsgericht unmittelbar angerufen werden kann (Yvo Hangartner, Recht auf Rechtsschutz, in: AJP 2/2002, S. 141). Hingegen rechtfertigt es sich, die Tavernenrechte mangels Relevanz aus dem Gesetz zu streichen. 3. Lit. d hat ihre Ursache darin, dass nicht alle Streitigkeiten, die von den Rechtsschutzgarantien der EMRK, des Internationalen Pakts über die bürgerlichen und politischen Rechte sowie Art. 29a BV erfasst werden, in Verfügungsform konkretisiert werden können. Damit ein konventionskonformer Rechtsschutz sichergestellt werden kann, wird mit Erlass von Ziff. 4 ein Auffangtatbestand für jene Fälle geschaffen, in denen keine Verfügung ergeht, aber trotzdem in Rechtspositionen (vorab in Grundrechte) von Privaten eingegriffen wird und kein anderes Rechtsmittel zur Verfügung steht. Es ist unbestritten, dass die Abgrenzung schwierig sein kann; allerdings lässt sich die Zulässigkeit der Klage nicht präziser formulieren, wenn man nicht von vornherein mögliche Klagegegenstände ausschliessen will. Die Abgrenzung kann der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts überlassen werden; dieses kann auf zukünftige Entwicklungen besser reagieren als der Gesetzgeber. Darüber hinaus wird sich ein Kläger in jedem Fall überlegen müssen, ob er eine aussichtslose Klage führt, zumal damit ja auch Kostenfolgen verbunden sind. 4. Bei landeskirchlichen Streitigkeiten ist die Klage an das Verwaltungsgericht nicht zulässig, da die Landeskirchen keine staatlichen öffentlichrechtlichen Körperschaften sind. Streitigkeiten sind vor den innerkirchlichen Instanzen auszutragen, vorbehalten bleibt der Weiterzug letztinstanzlicher landeskirchlicher Entscheide an das Verwaltungsgericht gestützt auf § 56 nVRPG; dies gilt auch für Entscheide, die innerkirchlich im Klageverfahren ausgetragen werden. § 61 § 61 [Vorverfahren] 1 Vor Einreichung der Klage soll die klagende der beklagten Partei ihr Begehren schriftlich mitteilen und sie um Stellungnahme innert angemessener Frist ersuchen. 2 Unterbleibt die Mitteilung oder die Stellungnahme, so kann darauf bei der Kostenauflage Rücksicht genommen werden. Bemerkungen zu § 61 nVRPG (bisher § 63 VRPG) Das Vorverfahren nach § 63 VRPG sollte an sich die Bedeutung eines internen Sühneverfahrens haben und verhindern, dass eine Partei klagt, ohne dass die beklagte Partei überhaupt etwas von ihren geltend gemachten Ansprüchen weiss. Es kann indessen diese Zwecksetzung nur unvollständig erfüllen, da es keinen vermittelnden Dritten gibt. Damit stellt - 75 - sich die Frage, ob das Vorverfahren de lege ferenda nicht dem friedensrichterlichen Sühneverfahren entsprechend ausgestaltet werden sollte, indem ein vollamtliches Mitglied des Verwaltungsgerichts die Funktion des parteilosen Dritten übernähme, dann allerdings von der Beurteilung des nachfolgenden Klageverfahrens ausgeschlossen wäre. Diese Lösung wäre für das Verwaltungsgericht mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden, weshalb im Entwurf darauf verzichtet wird. Die Bestimmung bleibt unverändert. Das rechtfertigt sich auch mit Blick auf die nachfolgende Bestimmung, die dem Instruktionsrichter ermöglicht, die Parteien zu einer mündlichen Vermittlungsverhandlung vorzuladen. Wenn in einem Verfahren schon ein Schlichtungsverfahren vorgesehen ist, das die Anforderungen von § 61 nVRPG erfüllt, gilt dieses (Bsp. § 37 des Personalgesetzes vom 16. Mai 2000). § 62 § 62 [Vermittlung] Das mit der Instruktion betraute Mitglied des Verwaltungsgerichts kann den Parteien einen schriftlichen Vergleichsvorschlag zur Stellungnahme unterbreiten oder sie zu einer Vermittlungsverhandlung einladen. Bemerkungen zu § 62 nVRPG (bisher § 65 VRPG) 1. Der Gesetzgeber konnte sich seinerzeit nicht entscheiden, dem verwaltungsrechtlichen Klageverfahren ein formalisiertes Vermittlungs- bzw. Sühnverfahren voranzustellen (Botschaft I 1967, S. 50; Prot. GR 28.11.1967, Art. 1021, S. 1654) und die Durchführung dieses Verfahrens zur Sachurteilsvoraussetzung zu erheben. Stellvertretend wurden zwei Bestimmungen geschaffen, welche die Wirkungen des fehlenden Vermittlungsverfahrens abschwächen sollen (§ 63 VRPG [Vorverfahren] und § 65 VRPG [Vermittlung]). 2. Dienstrechtliche Streitigkeiten wurden mit dem neuen Personalgesetz der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit entzogen. Im Personalgesetz ist das Sühnverfahren ausdrücklich vorgeschrieben. Bezüglich der verbleibenden Streitigkeiten kann unter Berücksichtigung der möglicherweise beteiligten Parteien davon ausgegangen werden, dass das Vorverfahren ausreicht, um eine allfällige Vergleichsbereitschaft zu ermitteln und kein formalisiertes Vermittlungsverfahren vorgeschaltet werden muss. Es wird deshalb am Wortlaut von § 65 VRPG - bis auf den überflüssigen Begriff "mündlich" festgehalten. Die Möglichkeit, einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten oder zu einer Vermittlungsverhandlung zu laden, besteht kumulativ; die Verwendung des Wortes "oder" ist nicht qualifiziert gemeint. - 76 - § 63 § 63 [Verweisung auf die Zivilprozessordnung] Im Übrigen kommen die Bestimmungen der Zivilprozessordnung sinngemäss zur Anwendung. Bemerkungen zu § 63 nVRPG (bisher § 66 und 57 VRPG) In § 66 VPRG war bis anhin geregelt, für Verfahrensleitung und Instruktion käme § 57 VRPG zur Anwendung. Die Verweisung auf die Regelung im VRPG und nicht in der ZPO dürfte ihre Ursache darin gehabt haben, dass in der zivilprozessualen Ordnung nicht notwendigerweise der Präsident als Instruktionsrichter amten muss, sondern ein anderer Richter diese Aufgabe wahrnehmen kann (vgl. [heute] § 14 Abs. 2 ZPO bezüglich des Obergerichts). In der Verwaltungsrechtspflege wollte der Gesetzgeber allerdings sicherstellen, dass ein vollamtliches Mitglied des Verwaltungsgerichts diese Aufgabe wahrnimmt, damit sich die Verwaltungsgerichtsbarkeit deutlich von der verwaltungsinternen Rechtspflege abhebt, wo die Prozessleitung durch Sachbearbeitende erlaubt ist (vgl. § 50 Abs. 1 VRPG e contrario). Soweit dieser Entscheid des Gesetzgebers nicht tangiert wird, ist die Anwendung zivilprozessualer Regeln auch bezüglich Verfahrensleitung und Instruktion VRPG-konform. Die Beschränkung von Verfahrensleitung und Instruktion auf vollamtliche Richter ist im vorliegenden Entwurf aufgegeben worden; damit entfällt auch die Notwendigkeit der Verweisung auf § 57 VRPG. 4.4.3.3 Klage an das Versicherungsgericht § 64 § 64 [Verfahren] 1 Die Klage an das Versicherungsgericht ist in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen zulässig. 2 Das Versicherungsgericht kann der klagenden Partei mehr zusprechen, als sie verlangt hat. 3 Im Übrigen richtet sich das Verfahren unter Vorbehalt besonderer Bestimmungen nach der Zivilprozessordnung. Bemerkungen zu § 64 (neu) 1. Die Zuständigkeit des Versicherungsgerichts ergibt sich schon heute ausschliesslich aus Spezialbestimmungen des Bundesrechts oder kantonaler Normen (Gesetze, Dekrete, Verordnungen). 2. Das Klageverfahren vor Versicherungsgericht folgt grundsätzlich den Bestimmungen der Zivilprozessordnung. Besonderheiten im versicherungsgerichtlichen Klageverfahren ergeben sich aus dem BVG und dem ATSG: Im Unterschied zu den übrigen Justizbehörden ist das Versicherungsgericht nicht an die Klagebegehren gebunden (Art. 73 BVG sinngemäss und - 77 - Art. 61 lit. d ATSG). Dies gilt an sich nur für Klagen, die sich auf Bundesrecht stützen, doch sollen auch Klagen aus kantonalem Recht gleich behandelt werden. 4.4.4 Wiederaufnahme § 65 § 65 [Voraussetzungen] 1 Ein rechtskräftig erledigtes Verfahren ist auf Begehren einer Partei durch die letzte Instanz, die entschieden hat, wieder aufzunehmen, wenn nachgewiesen wird, dass a) erhebliche Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die zur Zeit des Entscheids wohl bestanden, den Behörden aber nicht bekannt waren, b) die Vorschriften über die rechtmässige Zusammensetzung der entscheidenden Behörde verletzt oder erhebliche Tatsachen, die sich aus den Akten ergaben, versehentlich nicht berücksichtigt worden sind, c) der Entscheid durch Arglist oder strafbare Handlung beeinflusst wurde. 2 Die Wiederaufnahme kann auch verlangen, wer zu Unrecht nicht in ein Verfahren einbezogen wurde oder wem ein Entscheid zu Unrecht nicht eröffnet worden ist. 3 Eine Wiederaufnahme ist ausgeschlossen, wenn die Wiederaufnahmegründe im Verfahren, das dem Entscheid vorausging, oder mit einem Rechtsmittel gegen den Entscheid hätten geltend gemacht werden können. Bemerkungen zu § 65 nVRPG (bisher § 27 VRPG) 1. Die Wiederaufnahme als ausserordentliches Rechtsmittel wird neu nach den ordentlichen Rechtsmitteln aufgeführt. 2. Lit. a von Abs. 1 wird in der Weise präzisiert, dass Tatsachen oder Beweismittel, die erst nach dem fraglichen Entscheid eingetreten sind, keinen Wiederaufnahmegrund bilden. Lit. b wird eingeschränkt. Die allgemeine Formulierung der Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift wird konzentriert auf die Verletzung der Vorschriften über die rechtmässige Zusammensetzung der entscheidenden Behörde. Verfahrensfehler können und sollen in der Regel ohne weiteres im Beschwerdeverfahren selber geltend gemacht werden. Eine falsche Zusammensetzung der entscheidenden Behörde soll aber weiterhin Wiederaufnahmegrund bilden. Nicht selten werden nämlich Ablehnungs- oder Ausstandsvorschriften erst nach Rechtskraft eines Entscheids entdeckt, während übrige Verfahrensfehler in aller Regel rasch ersichtlich sind. Lit. c schliesslich wird unverändert beibehalten: Bei der strafbaren Handlung ist im Grundsatz das Strafurteil abzuwarten, dieses ist aber nicht zwingende Voraussetzung für lit. c als Wiederaufnahmegrund, da der Täter allenfalls unbekannt sein kann. Das Vorliegen einer strafbaren Handlung an sich genügt daher. 3. Ein neuer Absatz 2 übernimmt weitgehend den im bisherigen § 40 Abs. 2 VRPG geregelten Fall des bei der Entscheideröffnung (oder bereits vorher) vergessenen Dritten. Bis anhin gilt, - 78 - dass für den vergessenen Dritten die Beschwerdefrist erst zu laufen beginnt, wenn er vom Entscheid Kenntnis erhält. Dies hatte zur Folge, dass zum Beispiel Baubewilligungsentscheide während Jahrzehnten versteckt nicht rechtskräftig wurden, weil man einen Nachbarn zu Unrecht nicht in das Verfahren miteinbezogen hatte. Die Bestimmung wollte ursprünglich den formell überhaupt nie in das Verfahren einbezogenen Dritten schützen; die Rechtsprechung änderte dies und beschränkte § 40 Abs. 2 auf Fälle vergessener Parteien, um die Situation aus Gründen der Rechtssicherheit zu entschärfen. Wie zu verfahren ist, wenn ein solcher Mangel entdeckt wurde, war aber nicht klar. Neu wird das Problem über die Wiederaufnahme gelöst, indem auch ein früher nicht am wiederaufzunehmenden Verfahren beteiligter Dritter zum Wiederaufnahmebegehren berechtigt ist, sofern er geltend macht, man habe ihn (zu Unrecht) vergessen. Stimmt das denn auch, stehen mit den §§ 65 ff. auch die notwendigen Instrumente für die Interessenabwägung zur Verfügung. 4. Ein neuer Abs. 3 hält präzisierend das fest, was bereits nach bisheriger Lehre und Rechtsprechung Geltung hat: Sofern die angerufenen Wiederaufnahmegründe bereits vorher im Verfahren um Erlass der erstinstanzlichen Verfügung oder anschliessend mit einem Rechtsmittel hätten geltend gemacht werden können, ist die Wiederaufnahme ausgeschlossen. § 66 § 66 [Fristen] 1 Das Wiederaufnahmebegehren ist innert 3 Monaten, seit die gesuchstellende Person vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erhalten hat, bei der letzten Instanz, die entschieden hat, schriftlich mit Antrag und Begründung einzureichen. 2 Nach Ablauf von 10 Jahren nach Eröffnung des Entscheids ist eine Wiederaufnahme nur aus den in § 65 Abs. 1 lit. c genannten Gründen zulässig. Bemerkungen zu § 66 nVRPG (bisher § 28 VRPG) In Abs. 1 wird zur Klarheit explizit erwähnt, dass das Wiederaufnahmebegehren bei der letzten Instanz mit Antrag und Begründung einzureichen ist. Ein neuer Absatz 2 führt die absolute Verjährungsfrist ein, wie sie neuere Prozessgesetze wie etwa jenes des Kantons Bern kennen. § 67 § 67 [Aufschiebende Wirkung] Das Wiederaufnahmebegehren hat keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, diese werde durch die Behörde eigens angeordnet. Bemerkungen zu § 67 nVRPG (bisher § 29 Abs. 1 VRPG) Es drängen sich keine Änderungen von § 29 Abs. 1 VRPG auf. Der bestehende Absatz 2 wurde in eine eigene Bestimmung überführt wegen des fehlenden Konnexes (s. § 68 nachfolgend). - 79 - § 68 § 68 [Entscheid] 1 Heisst die Behörde das Wiederaufnahmebegehren gut, so kann sie die Sache zurückweisen oder selber entscheiden. 2 Gegen den Wiederaufnahme- und gegen den Sachentscheid steht der ordentliche Rechtsmittelweg offen. Bemerkungen zu § 68 nVRPG (bisher § 29 Abs. 2 VRPG) Die Beurteilung eines Wiederaufnahmeverfahrens erfolgt in drei Schritten: Zuerst ist, wie in allen übrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren, darüber zu befinden, ob die Verfahrensvoraussetzungen erfüllt sind. Darunter fällt die Prüfung der Zuständigkeit und der Zulässigkeit des Begehrens (Beschwerdebefugnis, Antrag und Begründung, Fristwahrung), welche insbesondere auch diejenige der Subsidiarität umfasst - d.h. die Unmöglichkeit, die im Wiederaufnahmegesuch vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel in dem der rechtskräftigen Anordnung vorangegangenen Verfahren oder mit dem damals gegebenen ordentlichen Rechtsmittel geltend zu machen. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist auf das Gesuch nicht einzutreten (AGVE 2001, S. 390; Alfred Kölz / Jürg Bosshart / Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Auflage, Zürich 1999, § 86d N 1 f.; Merkli / Aeschlimann / Herzog, a.a.O., Art. 98 N 1; zur Subsidiarität: Rudolf Weber, Grundsätzliches zur Wiederaufnahme nach § 27 VRPG, in: Festschrift für Dr. Kurt Eichenberger, alt Oberrichter, Beinwil am See, Aarau 1990, S. 348 ff.). Im Rahmen eines zweiten Schrittes ist darüber zu befinden, ob das Revisionsgesuch begründet ist (Beerli-Bonorand, S. 162). Geht es um die Anwendung von § 27 lit. a und b VRPG bzw. § 65 lit. a und b nVRPG, hat sich das Gericht insbesondere von der Erheblichkeit der geltend gemachten, nicht berücksichtigten Tatsachen oder von der Wesentlichkeit der behaupteten verletzten Verfahrensvorschrift zu überzeugen. Diese Prüfung der Erheblichkeit umfasst die Prognose, ob der gerügte Wiederaufnahmetatbestand zu einer für den Gesuchsteller günstigeren Beurteilung führen kann. Die Tatsache muss geeignet sein, den von der rechtsanwendenden Behörde zu Grunde gelegten Sachverhalt zu verändern und so zu einer anderen Entscheidung in der Sache zu führen (AGVE 1987, S. 330). Erweisen sich die vorgebrachten Revisionsgründe als nicht rechtserheblich, so ist das Wiederaufnahmebegehren abzuweisen (Beerli-Bonorand, a.a.O., S. 163; Kölz/Bosshart/Röhl, a.a.O., § 86d N 3; Merkli/Aeschlimann/Herzog, a.a.O., Art. 99 N 1; vgl. auch Alfred Bühler / Andreas Edelmann / Albert Killer, Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung, 2. Auflage, Aarau 1998, § 350 N 2, Entscheid des Verwaltungsgerichts [VGE] vom 20. Februar 2001, S. 7 ff.). Wird demgegenüber die Erheblichkeit der geltend gemachten Wiederaufnahmegründe bejaht, ist der Entscheid oder sind Teile davon aufzuheben und zu entscheiden, welche Instanz neu in der Sache befindet. Die Behörde kann die Sache an eine vorinstanzlich zuständige Behörde zurückweisen oder selbst entscheiden, wenn sie das Wiederaufnahmebegehren gutheisst. Die Aufhebung beendet das Wiederaufnahmeverfahren im engeren Sinn. - 80 - In einem dritten Verfahrenabschnitt ist eine materielle Neubeurteilung des nunmehr wieder hängigen früheren Verfahrens vorzunehmen. Angesichts dieser verfahrensrechtlichen Systematik ist die bisherige Formulierung in Abs. 2 ("tritt die Behörde auf das Wiederaufnahmebegehren ein") angepasst worden, da die materielle Neubeurteilung richtigerweise die Gutheissung des Begehrens zur Voraussetzung hat. § 69 § 69 [Schutz der Rechte von Dritten] 1 Sind Dritte von der Neubeurteilung betroffen, sind ihre Interessen an der Aufrechterhaltung des Entscheids gegen die Interessen der Gesuchstellenden an einer korrekten Neubeurteilung gegeneinander abzuwägen. Es ist unter Berücksichtigung aller Umstände ein Ausgleich der Interessen anzustreben. 2 Erleidet eine Person, die im Vertrauen auf den aufgehobenen Entscheid gutgläubig Aufwendungen gemacht oder Vorkehrungen getroffen hat, Schaden, so hat sie Anspruch auf Entschädigung. Diese richtet sich bei Wiederaufnahme gemäss § 65 lit. a gegen diejenigen, in deren Interesse die Wiederaufnahme erfolgt, bei Wiederaufnahme gemäss § 65 lit. b gegen die Gemeinwesen, deren Behörde irrtümlich handelte, und bei Wiederaufnahme gemäss § 65 lit. c gegen die Schuldigen. 3 Der Anspruch gemäss Absatz 2 ist im verwaltungsrechtlichen Klageverfahren geltend zu machen. Bemerkungen zu § 69 nVRPG (bisher § 30 VRPG) Die Bestimmung wurde praktisch unverändert übernommen. 4.5 Überprüfung von Erlassen durch das Verwaltungsgericht § 70 § 70 [Grundsatz] 1 Vorschriften verwaltungsrechtlicher Natur in kantonalen Gesetzen, Dekreten und Verordnungen sowie Erlassen der Gemeinden, öffentlichrechtlicher Körperschaften und Anstalten können dem Verwaltungsgericht jederzeit zur Prüfung auf ihre Übereinstimmung mit übergeordnetem Recht unterbreitet werden. 2 Ausgenommen sind die im Nutzungsplanungsverfahren erlassenen, der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegenden Pläne und Vorschriften. Bemerkungen zu § 70 nVRPG (bisher § 68 VRPG) 1. Die Einführung der prinzipalen Normenkontrolle (Prüfung eines Erlasses auf seine Rechtmässigkeit, ohne dass ein konkreter Rechtsanwendungsakt ergangen ist) war eine aussergewöhnliche gesetzgeberische Entscheidung. Der Kanton Aargau ist damit nach wie vor führend, und rechtspolitisch hat es sich als gute Lösung erwiesen. - 81 - Die prinzipale Normenkontrolle wurde im geltenden VRPG auf Erlasse untergesetzlicher Stufe beschränkt mit der Begründung, ein eigentliches Verfassungsgericht könne sich der Kanton Aargau nicht leisten. Hinter den finanziellen Bedenken stand allerdings als Hauptgrund die Überlegung, das Verwaltungsgericht - mit welchem man noch überhaupt keine Erfahrungen hatte - sollte nicht über den Gesetzgeber gestellt werden. Mit Blick auf § 62 Kantonsverfassung, wonach Gesetze dem obligatorischen Referendum unterliegen, war diese Begründung zutreffend. Am 2. Juli 2002 wurde über eine Änderung der Kantonsverfassung abgestimmt und das fakultative Gesetzesreferendum eingeführt. Mit Blick auf diese Anpassung der Kantonsverfassung und unter Berücksichtigung der hohen Qualität der bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung erscheint es richtig, nun auch formelle Gesetze der prinzipalen Normenkontrolle zu unterstellen. Die Kantonsverfassung hat diesen Schritt für die inzidente Normenkontrolle (Normenkontrolle anlässlich der Überprüfung eines konkreten Rechtsanwendungsakts) schon lange vollzogen, indem § 95 Abs. 2 KV auch die Gesetze der inzidenten Normenkontrolle unterwirft. Mit der vorgeschlagenen Formulierung wird die wünschbare identische Regelung für beide Arten von Normenkontrollen erreicht. 2. Die im prinzipalen Normenkontrollverfahren anfechtbaren Normen (Gesetze, Dekrete, Verordnungen) sind gestützt auf den bisherigen Wortlaut in § 68 VRPG auf ihre Verfassungsund Gesetzmässigkeit hin zu überprüfen. Reglemente mit Aussenwirkungen, d.h. Wirkungen, welche eine Person in gleicher Weise treffen wie die Wirkung von Rechtsnormen, gehören materiell zu den Verordnungen und sind somit überprüfbar, darunter fallen dann auch „Verordnungen“ bzw. Reglemente der Justiz im Bereich der Justizverwaltung. Als Prüfungsmassstab sind aber entgegen dem zu engen Wortlaut von § 68 VRPG alle der angefochtenen Norm funktionell übergeordneten Normen beizuziehen. Eine Norm im prinzipalen Prüfstand ist an der Gesamtheit höherrangigen Rechts zu prüfen. Um dies auch im Gesetzestext zum Ausdruck zu bringen, wurde der entsprechende Teilsatz durch die Formulierung "Prüfung auf ihre Übereinstimmung mit übergeordnetem Recht" ersetzt. § 71 § 71 [Antragsbefugnis] Zum Antrag ist befugt, wer durch die Anwendung dieser Vorschriften in absehbarer Zeit in seinen schutzwürdigen eigenen Interessen verletzt werden könnte. Bemerkungen zu § 71 nVRPG (bisher § 69 VRPG) 1. Gestützt auf die bisherige Formulierung muss der Antragstellende in seinen schutzwürdigen Interessen berührt sein. Unbestritten ist, dass es sich dabei um eigene Interessen handeln muss (AGVE 1968, 107). Die entsprechende Korrektur wurde in der vorliegenden Bestimmung angebracht. 2. - 82 - Für die in schutzwürdigen eigenen Interessen betroffenen öffentlichrechtlichen Körperschaften wird der Antrag durch deren oberste Verwaltungsbehörde gestellt. Die Antragsbefugnis der obersten Verwaltungsbehörden des Kantons, der Gemeinden und der öffentlichrechtlichen Körperschaften und Anstalten wurde in § 69 Abs. 2 VPRG eigens erwähnt, aber ohne Nennung der Voraussetzung eines schützwürdigen eigenen Interessens. Das Verwaltungsgericht verlangt allerdings in konstanter Praxis, dass die obersten Verwaltungsbehörden ebenfalls über schutzwürdige eigene Interessen verfügen bzw. solche als Organe der jeweiligen Körperschaft vertreten (AGVE 1990, 122 f.; 1985, 350 f.; 1970, 252, 261). Die Regelung in § 69 Abs. 2 VRPG kann bei dieser Auslegung ohne Schaden gestrichen werden. Erwähnt sei, dass der Norm nur eine sehr geringe Bedeutung zugekommen ist; dies liegt in der Hauptsache daran, dass die Bestimmung verfahrensrechtlich mehr erlaubte, als politisch tragbar war, nämlich das gerichtliche Vorgehen der Exekutive (Regierungsrat, Gemeinderat) gegen ihre eigene Legislative (Grosser Rat, Einwohnergemeindeversammlung). Die Streichung harmoniert im Übrigen trotzdem mit Art. 89 Abs. 2 BGG, wo weitere zur Beschwerde berechtigte Behörden genannt werden, da entweder (ebenfalls) schutzwürdige Interessen verlangt sind (Art. 89 Abs. 2 lit. b BGG) oder dann eine spezialgesetzliche Regelung auf Bundesebene vorausgesetzt wird (Art. 89 Abs. 2 lit. a, c und d BGG). § 72 § 72 [Gegenpartei] Gegenpartei im Normenkontrollentscheid ist diejenige öffentlichrechtliche Körperschaft oder Anstalt, welche die Norm erlassen hat. Bemerkungen zu § 72 nVRPG (bisher § 70 VRPG) 1. In § 70 VRPG war es dem Verwaltungsgericht freigestellt, eine Vernehmlassung einzuholen. Die Bestimmung lässt den Rückschluss zu, dass das Gemeinwesen, dessen Norm angefochten ist, nicht als Antragsgegner mit Parteistellung betrachtet wird. Im Grundsatz ist aber auch das Normenkontrollverfahren ein echtes Parteienstreitverfahren und Antragsgegner dasjenige Gemeinwesen, welches die angefochtene Norm erlassen hat. Diese Konzeption schliesst Freiwilligkeit bei der Anordnung der Antragsantwort (nicht etwa Vernehmlassung) wegen des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus. Wird die Norm gestrichen, gelten die allgemeinen Verfahrensbestimmungen auch für das Normenkontrollverfahren. 2. In § 70 Abs. 2 VRPG wird im Übrigen sinngemäss auf die Vorschriften dieses Gesetzes verwiesen. Dieser Verweis steht neu in § 75 nVRPG. § 73 § 73 [Entscheid] 1 Das Verwaltungsgericht hebt die angefochtenen Bestimmungen, die übergeordnetem Recht widersprechen, auf. - 83 - 2 Führt die Aufhebung der rechtswidrigen Norm zu einer unbefriedigenden Rechtslage, kann das Verwaltungsgericht eine befristete Übergangsregelung erlassen. 3 Der Aufhebungsbeschluss ist entsprechend den Regeln, wie sie für die aufgehobene Bestimmung gelten, zu veröffentlichen. 4 Die Kostenverlegung richtet sich nach den Regeln über das Beschwerdeverfahren. Bemerkungen zu § 73 nVRPG (bisher § 71 VRPG) An der Bestimmung, wonach das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bestimmungen nur aufheben, nicht abändern kann, wurde festgehalten. Die Regelung ist aus Gründen der Gewaltenteilung folgerichtig. Sie führt aber zu sehr störenden Ergebnissen, wenn die Norm mit wenigen Handgriffen der Rechtmässigkeit zugeführt werden könnte. Das Problem lässt sich durch eine Übergangsregelung entschärfen, indem das Verwaltungsgericht berechtigt wird, die angefochtene und aufgehobene Norm im Sinne des Gesetzes verfassungs- und gesetzeskonform umzuformulieren und die so gefundene Bestimmung als Übergangsregelung während einer kurzen Übergangsfrist gelten zu lassen. Die zeitlich befristete Übergangsregelung ist zusammen mit dem Aufhebungsbeschluss zu veröffentlichen. § 74 § 74 [Wirkung] 1 Das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Überprüfung von Erlassen aus wichtigen Gründen aufschiebende Wirkung erteilen. Dieser Entscheid ist zu veröffentlichen. Mit dem Datum der Veröffentlichung kann in keinem hängigen Verfahren, das die Anwendung der angefochtenen Bestimmung betrifft, die Rechtskraft eintreten; allfällige Beschwerdefristen stehen bis zum publizierten Normenkontrollentscheid still. 2 Der Aufhebungsbeschluss des Verwaltungsgerichts wird mit der Veröffentlichung allgemein verbindlich. 3 Die in diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftigen Entscheide, die sich auf die aufgehobenen Bestimmungen stützen, sind hinfällig. Bemerkungen zu § 74 nVRPG (bisher § 72 VRPG) 1. Gestützt auf den bisherigen § 72 VRPG war der Entscheid über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in das (Entschliessungs-)Ermessen des Präsidenten bzw. der Präsidentin des Verwaltungsgerichts gestellt. Diese Lösung hat zwei Nachteile: Zum einen hat die aufschiebende Wirkung im Normenkontrollverfahren weitreichende Konsequenzen und sollte nicht von einer einzelnen Person sondern vom sachlich zuständigen Spruchkörper angeordnet werden; zum andern ist der Präsident des Verwaltungsgerichts nicht notwendigerweise auch der Präsident der Kammer, die den Normenkontrollentscheid fällt; damit werden verfahrensleitende Kompetenzen und die Kompetenz zum Sachentscheid geteilt, was verfahrensökonomisch wie auch in fachlicher Hinsicht keinerlei Sinn macht. Es wird deshalb vorgeschlagen, dass der Entscheid über die aufschiebende Wirkung vom zum Entscheid in der Hauptsache zuständigen Spruchkörper gefällt wird. - 84 - 2. Bei der Erteilung der aufschiebenden Wirkung ist Zurückhaltung zu üben: In Anlehnung an die Regelung in § 47 Abs. 6 des deutschen VwGO ist sie nur anzuordnen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Dieser Notwendigkeit wurde mit der teilweisen Anpassung in Abs. 1 Rechnung getragen. Da im Normenkontrollverfahren losgelöst vom konkreten Rechtsanwendungsakt die Rechtmässigkeit einer Norm überprüft wird, kann sich die Frage stellen, ob subjektive Interessen des Antragstellenden überhaupt zu berücksichtigen sind oder nur solche der Allgemeinheit. Um sich für die Zukunft nicht unnötig einzuschränken, wird diese Frage durch die vorliegende Formulierung offen gelassen. 3. Werden die angefochtenen Bestimmungen aufgehoben, sind die in diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftigen Entscheide hinfällig. § 72 Abs. 3 VRPG sagt hingegen nichts darüber, was mit den nicht rechtskräftigen Verfügungen und Entscheiden passiert, wenn der Normenkontrollantrag abgewiesen wird. Eine rechtsgleiche Regelung wird erreicht, wenn man davon ausgeht, dass während der aufschiebenden Wirkung die Beschwerdefristen stillstehen. Dieser Grundsatz wurde neu in Absatz 1 der Bestimmung verankert. 4. Der Entscheid bezüglich Erteilung der aufschiebenden Wirkung ist zu publizieren. Gleiches gilt dann für den Normenkontrollentscheid. § 75 § 75 [Verfahren] Im Übrigen gelten für das Verfahren die Bestimmungen dieses Gesetzes sinngemäss. Bemerkungen zu § 75 nVRPG (bisher § 70 Abs. 2 VRPG) Es sind sowohl die allgemeinen Bestimmungen des nVRPG als auch die Regeln über das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren anwendbar. 4.6 Vollstreckung § 76 § 76 [Vollstreckbarkeit] 1 Entscheide sind vollstreckbar, sobald sie nicht mehr mit einem ordentlichen Rechtsmittel weitergezogen werden können oder diesem keine aufschiebende Wirkung zukommt. 2 Entscheide landeskirchlicher Organe sind vollstreckbaren Entscheiden gleichgestellt. - 85 - Bemerkungen zu § 76 nVRPG (bisher § 73 VRPG, Abs. 2 neu) 1. Ein Entscheid ist erst dann vollstreckbar, wenn er erstens durch kein ordentliches Rechtsmittel mehr angefochten werden kann oder zweitens, wenn er zwar noch angefochten werden kann, dem Rechtsmittel aber von vornherein keine aufschiebende Wirkung zukommt oder aber dem Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung entzogen worden ist (vgl. statt vieler: Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli/Regina Kiener, Allgemeines Verwaltungsrecht, Bern 2000, S. 217). Bis auf redaktionelle Korrekturen wird die Bestimmung unverändert aus dem bestehenden VRPG übernommen; Änderungen drängen sich nicht auf. 2. Neu werden landeskirchliche Entscheide vollstreckbaren staatlichen Entscheiden gleichgestellt (Abs. 2). Dies erweist sich als notwendig, da Voraussetzung für eine Zwangsvollstreckung die Vollstreckungsgrundlage ist und das nVRPG nur für die Verwaltungs- und Verwaltungsjustizbehörden gilt (die Landeskirchen sind zwar öffentlichrechtliche Körperschaften, fallen aber nicht unter den Begriff der Verwaltungs- und Verwaltungsjustizbehörden des kantonalen oder kommunalen Rechts, weil ihnen in der Verfassung ausdrücklich Selbständigkeit zugestanden wird § 110 KV). § 77 § 77 [Zuständigkeiten] 1 Die entscheidende Behörde vollstreckt ihre Anordnungen selbst, sofern es nicht um eine Geld- oder Sicherheitsleistung geht. Sie kann die Vollstreckung einer anderen Behörde übertragen. 2 Beschwerdeentscheide werden von der ersten Instanz vollstreckt, soweit die Beschwerdeinstanz nichts anderes bestimmt. 3 Bei Entscheiden landeskirchlicher Organe sorgt der Regierungsrat für die Vollstreckung. Bemerkungen zu § 77 nVRPG (bisher § 74 VRPG, Abs. 3 neu) 1. Die Absätze 1 und 2 erfahren nur redaktionelle Änderungen. Sie entsprechen im Übrigen einer weit verbreiteten Usanz in verschiedenen Kantonen (beispielsweise Bern und Zürich). 2. Absatz 3 wurde neu ins Gesetz eingefügt, um in Verbindung mit § 76 nVRPG auch mit Bezug auf die Zuständigkeit die korrekte Vollstreckung landeskirchlicher Entscheide sicherzustellen. - 86 - §§ 78 und 79 § 78 [Geld- und Sicherheitsleistungen] Auf Geldzahlung oder Sicherheitsleistung lautende Entscheide werden nach den Vorschriften des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) vom 11. April 1889 vollstreckt. Sie stehen einschliesslich derjenigen der landeskirchlichen Organe im Sinne von Art. 80 Abs. 2 des Bundesgesetzes vollstreckbaren gerichtlichen Urteilen gleich. § 79 [Vollstreckung von Klageentscheiden] Entscheide im verwaltungsrechtlichen Klageverfahren werden nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung vollstreckt. Bemerkungen zu den §§ 78 und 79 nVRPG (bisher §§ 75 und 78 VRPG) Das Verwaltungsvollstreckungsrecht unterscheidet zwischen zwei Arten der Vollstreckung: die Vollstreckung von Geldleistungspflichten und die Vollstreckung wegen anderer Pflichten (Handlungs-, Duldungs- und Unterlassungspflichten). Geldleistungen werden nach den Regeln des SchKG realisiert, die Erfüllung der anderen Pflichten ist über das VRPG sicherzustellen. § 78 nVRPG wurde wie bis anhin in § 75 VRPG geregelt. Die Bestimmung bleibt deshalb bis auf die Nennung der landeskirchlichen Organe unverändert. Der bisherige § 78 VRPG wird als § 79 nVRPG (praktisch unverändert) angefügt, wobei die Marginale jedoch anschaulicher formuliert wurde. § 80 § 80 [Zwangsmittel] 1 Zwangsmittel zur Vollstreckung von Entscheiden sind die Ersatzvornahme und der unmittelbare Zwang. 2 Die Behörde hat sich bei der Vollstreckung des mildesten jeweils geeigneten Zwangsmittels zu bedienen; sie kann Dritte beauftragen und polizeiliche Hilfe in Anspruch nehmen. 3 Anstelle oder neben den in Absatz 1 genannten Zwangsmitteln kann die für den Fall des Ungehorsams vorgesehene Strafe angedroht werden. Enthält der angewendete Erlass keine Strafbestimmung, so kann die Bestrafung gemäss Art. 292 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) vom 21. Dezember 1937 angedroht werden. Bemerkungen zu § 80 nVRPG (bisher § 76 VRPG, teilweise neu) 1. Die Bestimmung wurde aus systematischen Gründen neu gefasst. Ausgangspunkt einer Vollstreckung ist ein Vollstreckungstitel, ein nicht leistungsbereiter Bürger sowie die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, gegen den Betreffenden Zwangsmittel einzusetzen, um den rechtskräftigen Entscheid einer Behörde durchzusetzen. Die Möglichkeit des Zwangs und die zulässigen Mittel sind im Gesetz zu nennen. - 87 - In Absatz 2 nVRPG wird gesagt, dass bei der Wahl der Mittel das Verhältnismässigkeitsprinzip zu beachten ist (bisher Abs. 1). Die bisherigen Bestimmungen in § 76 Abs. 2 und 3 VRPG konkretisieren lediglich das Verhältnismässigkeitsprinzip und erweisen sich deshalb als unnötig, zumal lediglich zwei Zwangsmittel vorgesehen sind. 2. Abs. 3 bleibt unverändert. § 81 § 81 [Zwangsandrohung] 1 Der Ersatzvornahme oder der Anwendung unmittelbaren Zwangs hat deren ausdrückliche Androhung voranzugehen, unter Ansetzung einer angemessenen Frist zur Erfüllung. 2 Die Zwangsandrohung kann in der zu vollstreckenden Anordnung selbst, oder durch nachträglichen Entscheid ergehen. 3 Die Androhung kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzug ist. Bemerkungen zu § 81 nVRPG (bisher § 77 VRPG) Die Bestimmung wurde aus systematischen Gründen umgestellt. Eine inhaltliche Änderung der bestehenden Lösung ist nicht beabsichtigt. Gemäss Absatz 3 kann die Androhung unterbleiben, wenn Gefahr in Verzug ist. Darunter fällt auch der Fall, dass durch die Androhung der Vollzug vereitelt oder erheblich erschwert würde. Der bisherige Absatz 3 wurde neu als Rechtsmittel in eine eigene Bestimmung überführt (s. § 83 nVRPG). § 82 § 82 [Kosten] 1 Die Kosten (Gebühren und Auslagen) einer Vollstreckung sind vom Pflichtigen zu bezahlen. 2 Bei der Ersatzvornahme kann die Vollstreckungsbehörde vom Pflichtigen einen Kostenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Vollstreckungskosten erheben. Bemerkungen zu § 82 nVRPG (bisher § 76 Abs. 2 VRPG, teilweise neu) 1. Schliesslich ist es zur Klarstellung notwendig, festzulegen, nach welchen Regeln die Vollstreckungskosten zu verteilen sind. Die Verfügung darüber kann gemäss § 83 Abs. 2 nVRPG auf dem ordentlichen Instanzenweg angefochten werden. Schon aus diesem Grund drängt sich eine klare gesetzliche Regelung auf. - 88 - § 82 Abs. 1 nVRPG regelt den Grundsatz der Kostentragungspflicht. Abs. 2 ermöglicht es der Vollstreckungsbehörde, vom Pflichtigen einen Kostenvorschuss einzuholen, soweit sie dies als sinnvoll erachtet. Der Entscheid, mit dem ein Kostenvorschuss einverlangt wird, ist nicht anfechtbar. 2. Martin Bhend, Oftringen, hat am 4. Juni 2002 eine Motion betreffend Änderung bzw. Ergänzung des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRPG) zur finanziellen Sicherstellung von Ersatzvornahmen durch die öffentliche Hand eingereicht. Zur Begründung führte er aus, die Erfüllung von verwaltungsrechtlichen Pflichten sei durch die Anwendung von Zwang herbeizuführen, wenn der Pflichtige nicht freiwillig handle. Diese Massnahme werde in der Regel unter Polizeieinsatz im Auftrag der jeweiligen Behörde durchgeführt. Über den Umfang der Kosten und der Sicherstellung, die der Pflichtige bei erfolgter Ersatzvornahme zu übernehmen habe, würden sich Baugesetz und VRPG ausschweigen. Das volle finanzielle Risiko liege schlussendlich beim durch die Behörden vertretenen Steuerzahler. Eine Änderung des VRPG sei daher dringend notwendig. Der Regierungsrat hat sich mit Datum vom 25. September 2002 bereit erklärt, den erwähnten Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen. Der Motionär war mit der Umwandlung in ein Postulat einverstanden. Tatsächlich lässt es sich nicht vermeiden, dass in einzelnen Fällen aus der Ersatzvornahme durch den Staat für diesen ein Ausfall entsteht. Als Alternative kommt nur die Erhebung eines Kostenvorschusses in Frage, wie dies neu in § 82 Abs. 2 vorgesehen ist. Wird oder kann der Kostenvorschuss vom Pflichtigen jedoch nicht geleistet werden, käme nur der Verzicht auf die Vollstreckungshandlung in Frage. Dies ist aus rechtsstaatlichen Überlegungen keine Option. Entscheide müssen vollstreckt werden, notfalls auch zulasten der Staatskasse. § 83 § 83 [Rechtsmittel] 1 Der Vollstreckungsentscheid ist mit Beschwerde innert 10 Tagen beim Verwaltungsgericht anfechtbar, welches innert kurzer Frist entscheidet. 2 Der Entscheid über die Kosten unterliegt dem ordentlichen Instanzenzug. Bemerkungen zu § 83 nVRPG (bisher § 77 Abs. 3 VRPG) 1. § 77 Abs. 3 Satz 1 VRPG beschränkt die Anfechtbarkeit von Vollstreckungsverfügungen auf eine einzige Instanz, den Regierungsrat, der endgültig entscheidet. Grundsätzlich sind im Vollstreckungsverfahren Rügen gegen die der Vollstreckungsverfügung zugrunde liegende Sachverfügung nicht mehr möglich; diese müssen im Rechtsmittelverfahren gegen die Sachverfügung selber erfolgen. In der Regel besteht denn auch die Vollstreckung in einer rein technischen Umsetzung dessen, was in der Sachverfügung enthalten ist. Denkbar sind aber auch Ausnahmen vom Grundsatz, indem die Vollstreckungsverfügung über das hinausgeht, was die Sachverfügung regelt. Um in diesem Fall den Rechtsschutz nicht abzuschneiden, muss dem Pflichtigen der gerichtliche Rechtsschutz zur Verfügung stehen. Überdies ist anerkannt, dass es von der genannten Regel weitere Ausnahmen geben muss, so bei einer - 89 - nichtigen Sachverfügung, soweit unverjährbare und unverzichtbare verfassungsmässige Rechte in Frage stehen oder wo gar keine Sachverfügung vorangegangen ist (vgl. dazu Tschannen/Zimmerli/Kiener, a.a.O., S. 233). In diesen Fällen dürfte aber wiederum die EMRK greifen und gerichtlicher Rechtsschutz angezeigt sein. Aus Gründen des effizienten Vollzugs kann aber nicht zur Diskussion stehen, wieder einen zweistufigen Rechtsmittelweg zu eröffnen. Deshalb wird in § 83 nVRPG die direkte Beschwerde an das Verwaltungsgericht vorgesehen. Damit steht ein schneller gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung. Die „kurze Frist“ in Abs. 1 Satz 2 hat präventive Wirkung gegenüber trölerischen Beschwerden und stellt im Übrigen sicher, dass der Fall vor Verwaltungsgericht ausserhalb der ordentlichen Routine bearbeitet wird. Die „kurze Frist“ soll aber in keiner Art und Weise die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigen; deshalb wurde aus rechtsstaatlichen Gründen auch darauf verzichtet, dem Verwaltungsgericht eine konkrete kurze Frist zu setzen. 2. Neu wurden sämtliche Kostenentscheide dem ordentlichen Instanzenzug unterworfen. Dies rechtfertigt sich schon deshalb, weil mit der Vollstreckung der ordentliche Zustand wieder hergestellt und keine Eile beim Entscheid mehr geboten ist, und weil die Kosten (vor allem bei Ersatzvornahmen) doch erheblich sein können, was ihre Überprüfbarkeit auf dem ordentlichen Rechtsmittelweg auf sachliche Richtigkeit hin rechtfertigt. 4.7 Schluss- und Übergangsbestimmungen 4.7.1 Verschiedene Schluss- und Übergangsbestimmungen § 84 § 84 [Übergangsbestimmung] Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits angehobenen Verfahren werden nach bisherigem Recht zu Ende geführt. Für Entscheide, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eröffnet werden, bestimmen sich die Weiterziehbarkeit und das Verfahren in der Rechtsmittelinstanz nach neuem Recht. Bemerkungen zu § 84 nVRPG (bisher § 87 VRPG) Diese generelle Übergangsbestimmung entspricht der bereits im geltenden Recht enthaltenen Fassung. Hängige Verfahren sollen nach bisherigem Recht entschieden werden. Wird dagegen ein Rechtsmittel eingelegt, urteilt die (nach neuem Recht bestimmte) Rechtsmittelinstanz nach den Vorschriften des nVRPG. § 85 § 85 [Publikation und Inkrafttreten] Dieses Gesetz ist nach unbenütztem Ablauf der Referendumsfrist beziehungsweise nach Annahme durch das Volk in der Gesetzessammlung zu publizieren. Der Regierungsrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens. - 90 - Bemerkungen zu § 85 nVRPG Diese Formulierung entspricht der für Gesetze üblichen Fassung. Da das Bundesrecht die neue Rechtsweggarantie ab 1. Januar 2009 zwingend vorschreibt, muss das neue Verwaltungsrechtspflegegesetz spätestens auf den 1. Januar 2009 in Kraft gesetzt werden. 4.7.2 Fremdänderungen Ziffer 1 1. Das Einführungsgesetz zum Ausländerrecht (EGAR) vom 14. Januar 1997 wird wie folgt geändert: § 2 Abs. 1 und 2 (neu) 1 Unter Vorbehalt abweichender Bestimmungen dieses Gesetzes gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) vom … . 2 Im Verfahren vor dem Rekursgericht im Ausländerrecht gelten keine Rechtsstillstandsfristen. § 7 Abs. 2 2 Die Einsprachefrist beträgt 30 Tage ab Zustellung. § 9 Abs. 1 1 Einspracheentscheide können innert 30 Tagen ab Zustellung mit Beschwerde an das Rekursgericht im Ausländerrecht weitergezogen werden. § 11 Aufgehoben. § 21 Abs. 2 und 4 2 Die betroffene Person kann gegen die Verfügung der Fremdenpolizei innert 30 Tagen bei der Präsidentin oder beim Präsidenten des Rekursgerichts im Ausländerrecht Beschwerde erheben. 4 Die betroffene Person kann gegen den Entscheid der Fremdenpolizei über das Gesuch innert 30 Tagen bei der Präsidentin oder beim Präsidenten des Rekursgerichts im Ausländerrecht Beschwerde erheben. § 30 Abs. 2 2 Die Fremdenpolizei holt eine Stellungnahme des Bezirksamtes ein. Bemerkungen zu Ziffer 1 Weil das nVRPG vor den Verwaltungsjustizbehörden grundsätzlich Rechtsstillstandsfristen (Gerichtsferien) vorsieht, müssen diese für das Verfahren vor dem Rekursgericht im Ausländerrecht ausdrücklich ausgeschlossen werden. Zusätzlich werden die Rechtsmittelfristen dem nVRPG angepasst. § 11 kann gestrichen werden, da sein Inhalt in § 13 nVRPG geregelt wird. In § 30 Abs. 2 darf die Fremdenpolizei (Migrationsamt) zufolge der Rechtsweggarantie im neuen BGG nicht mehr abschliessend entscheiden; der 2. Satzteil von Abs. 2 wurde daher gestrichen. - 91 - Ziffer 2 2. Das Gesetz über die politischen Rechte (GPR) vom 10. März 1992 wird wie folgt geändert: § 71 1 Das Verwaltungsgericht entscheidet über Wahl- und Abstimmungsbeschwerden betreffend die kantonalen Wahlen und Abstimmungen als einzige Instanz. 2 Der Regierungsrat entscheidet über Stimmrechtsbeschwerden sowie über Wahl- und Abstimmungsbeschwerden bei den übrigen Wahlen und Abstimmungen. Er befindet ferner über Beschwerden gegen den Entscheid der Staatskanzlei betreffend Änderung des Titels eines Initiativbegehrens sowie über abgelehnte Nachzählungsgesuche. Die Entscheide können innert 5 Tagen an das Verwaltungsgericht weitergezogen werden. Bemerkungen zu Ziffer 2 Der Rechtsmittelweg des Gesetzes über die politischen Rechte wurde dem neuen Instanzenmodell angepasst. Gegen die Ablehnung des Gesuchs um Nachzählung ist neu eine Beschwerdemöglichkeit gegeben. Das Verwaltungsgericht und nicht mehr der Regierungsrat entscheidet über Wahl- und Abstimmungsbeschwerden betreffend die kantonalen Wahlen und Abstimmungen, da neu eine richterliche Überprüfung stattfinden muss. Ziffer 3 3. Das Unvereinbarkeitsgesetz vom 29. November 1983 wird wie folgt geändert: § 8 Abs. 3 3 Anderen Gerichten dürfen die Beamten der kantonalen Verwaltung als nebenamtliche Richter nur dann nicht angehören, wenn sich Interessenkollisionen ergeben könnten. Bemerkungen zu Ziffer 3 Zufolge der Rechtsweggarantie im neuen BGG darf der Regierungsrat im Bereich der Unvereinbarkeit nicht mehr abschliessend entscheiden. Satz 2 von § 8 Abs. 3 ist daher zu streichen. Ziffer 4 4. Das Grossratswahlgesetz (Gesetz über die Wahl des Grossen Rates) vom 8. März 1988 wird wie folgt geändert: § 9 Abs. 1 1 Über Beschwerden gegen Entscheide im Vorverfahren entscheidet das Verwaltungsgericht. § 15 Beschwerden gegen das Wahlverfahren sind innert 3 Tagen nach der Veröffentlichung des Wahlergebnisses beim zuständigen Bezirksamt zuhanden des Verwaltungsgerichts einzureichen. - 92 - Bemerkungen zu Ziffer 4 Im Gesetz über die Wahl des Grossen Rates (Grossratswahlgesetz) wird der Instanzenzug angepasst. Mit dem Verwaltungsgericht wird neu eine richterliche Instanz zur Überprüfung eingesetzt. Ziffer 5 5. Das Organisationsgesetz (Gesetz über die Organisation des Regierungsrates und der kantonalen Verwaltung) vom 26. März 1985 wird wie folgt geändert: § 23 Abs. 3 (neu) 3 Der Rechtsdienst instruiert Beschwerden gegen Entscheide der Departemente. Bemerkungen zu Ziffer 5 § 50 Abs. 2 VRPG, der die Instruktion der Beschwerden gegen Entscheide der Departemente durch den Rechtsdienst des Regierungsrats vorschreibt, wird aus dem VRPG entfernt und in § 23 Organisationsgesetz eingefügt. Eine Übernahme von § 50 Abs. 3 VRPG ist nicht notwendig, da in § 32 des Organisationsgesetzes bereits geregelt ist, dass die Ämter und unselbständigen Anstalten in eigenem Namen handeln. Ziffer 6 6. Das Gerichtsorganisationsgesetz (Gesetz über die Organisation der ordentlichen richterlichen Behörden) (GOG) vom 11. Dezember 1984 wird wie folgt geändert: Titel nach § 67a (neu) 5. Das Verwaltungsgericht § 67b (neu) [A. Richter] 1 Das Verwaltungsgericht besteht aus voll- oder teilamtlichen und nebenamtlichen Richtern. 2 Die Zahl der Richter und Ersatzrichter wird durch Dekret des Grossen Rates bestimmt. 3 Die voll- oder teilamtlichen Richter sind Mitglieder des Obergerichtes. Stellvertretend können die übrigen Mitglieder des Obergerichtes oder die nebenamtlichen Richter und Ersatzrichter, die Juristen sind, beigezogen werden. 4 Die nebenamtlichen Richter sollen entweder als Juristen die Voraussetzungen von § 67d Satz 2 erfüllen oder solchen Berufen angehören, deren Fachkenntnis für die Praxis des Verwaltungsgerichtes erforderlich ist (z.B. Architekt, Landwirt, Bücherexperte). § 67c (neu) [B. Bestellung] Der Grosse Rat wählt die Richter und Ersatzrichter. Aus dem Kreis der Oberrichter am Verwaltungsgericht bezeichnet er den Präsidenten. § 67d (neu) [C. Wählbarkeit] Für die Richter und Ersatzrichter gelten die in § 4 Abs. 1 dieses Gesetzes aufgestellten Wählbarkeitsvoraussetzungen. Die Mehrzahl muss zudem ein juristisches Hochschulstudium abgeschlossen haben oder einen Fähigkeitsausweis zur Ausübung des Anwaltsberufes besitzen. - 93 - § 67e (neu) [D. Gliederung des Verwaltungsgerichtes] 1 Das Verwaltungsgericht erledigt seine Geschäfte als Gesamtgericht und in Kammern mit drei oder fünf Mitgliedern. 2 Das Gesamtverwaltungsgericht weist die Richter den Kammern zu und wählt deren Präsident. § 67f (neu) [E. Kanzlei] Das Obergericht stellt Gerichtsschreiber und Kanzlei des Verwaltungsgerichtes. § 67g (neu) [F. Übrige Vorschriften] Im Übrigen kommen auf das Verwaltungsgericht die Vorschriften über die Organisation des Obergerichtes zur Anwendung. Bemerkungen zu Ziffer 6 Die aufgehobenen Bestimmungen in den §§ 9-14 VRPG müssen in das Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) überführt werden. Nachdem das GOG in nächster Zeit im Rahmen der Umsetzung der Leitsätze eine Totalrevision erfahren wird, rechtfertigt es sich, die obgenannten Bestimmungen – bis auf einen Verweis, der angepasst werden muss - unverändert unter einem neuen Titel ins bestehende GOG einzufügen. Ziffer 7 7. Das Gesetz über die Grundzüge des Personalrechts (Personalgesetz, PersG) vom 16. Mai 2000 wird wie folgt geändert: § 12 Abs. 2 (neu) 2 Ein Anspruch auf Wiedereinstellung besteht nicht. § 37 Abs. 1 und 2 1 Vor Einreichung einer gerichtlichen Klage nach § 39 oder einer Beschwerde nach § 40 sind alle Streitigkeiten, einschliesslich derjenigen nach Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) vom 24. März 1995, der Schlichtungskommission vorzulegen. Bei Verfügungen und Vertragsauflösungen ist eine Frist von 30 Tagen nach Zustellung einzuhalten. 2 Die Schlichtungskommission gibt eine Empfehlung ab. Innert 30 Tagen nach Zustellung der Empfehlung stellt die zuständige Stelle einen neuen Entscheid zu. Die betroffene Person kann innert 30 Tagen eine gerichtliche Klage nach § 39 einreichen beziehungsweise gerichtliche Beschwerde nach § 40 führen. Der Klageanspruch verwirkt 6 Monate ab Zustellung des neuen Entscheids. § 38 Aufgehoben. § 40 Gegen Verfügungen in Personal- und Lohnfragen kann nach durchgeführtem Schlichtungsverfahren beim Personalrekursgericht Beschwerde erhoben werden. Die Frist beträgt 30 Tage ab Zustellung des neuen Entscheids. § 41 Das Schlichtungsverfahren ist kostenlos. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) vom … . - 94 - § 42 Abs. 2 2 Für die Organisation und das Verfahren sind die für das Verwaltungsgericht geltenden Vorschriften anwendbar, soweit keine abweichenden Vorschriften bestehen. Die Rüge der Unangemessenheit ist zulässig. § 46 Abs. 2 2 Soweit öffentliches Recht anwendbar erklärt wird, gelten die Bestimmungen über das gerichtliche Klage- und Beschwerdeverfahren gemäss §§ 39 und 40. Die Frist für die Beschwerde an das Personalrekursgericht beträgt 30 Tage nach Zustellung des Entscheids des letztinstanzlich zuständigen Anstaltsorgans. § 48 1 Bei Streitigkeiten aus einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis von Gemeinden, Gemeindeverbänden oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften mit Ausnahme der Landeskirchen gelten die Bestimmungen über das gerichtliche Klage- und Beschwerdeverfahren gemäss §§ 39 und 40. Das Schlichtungsverfahren nach § 37 entfällt. 2 Die Frist für die Beschwerde an das Personalrekursgericht beträgt 30 Tage nach Zustellung des Entscheids des letztinstanzlich zuständigen Organs der Gemeinde beziehungsweise der Körperschaft. 3 Bei Beschwerden wegen ungerechtfertigter Entlassung ist subsidiär § 12 analog anwendbar. Bemerkungen zu Ziffer 7 Die §§ 55 und 59 VRPG beschränkten das Recht der Rechtsmittelinstanz, angefochtene Entlassungsentscheide aufzuheben. Somit konnte in dienstrechtlichen Streitigkeiten nur festgestellt werden, dass eine Entlassung ungerechtfertigt war, eine Wiedereinsetzung ins Amt war ausgeschlossen. Mit Erlass des Personalgesetzes wurden die §§ 55 und 59 VRPG aufgehoben, die Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung im Personalgesetz ging jedoch vergessen mit der Folge, dass Entlassungsentscheide (soweit dagegen die Beschwerde und nicht die Klage gegeben ist) im Grunde genommen wieder aufgehoben werden müssten, was nicht Meinung des Gesetzgebers war. Das Personalrekursgericht hat daher entschieden, dass kein Anspruch auf Wiedereinstellung besteht (AGVE 2001, 523). Der gesetzgeberische Fehler wird nun in § 12 Abs. 2 korrigiert; mit der Anpassung von § 12 ist somit keine materielle Änderung beabsichtigt. Der neue Absatz 2 erleichtert demjenigen, der die in der AGVE publizierte Rechtsprechung nicht kennt, das Gesetzesverständnis. Am 1. Januar 2005 ist das "Zwillingsgesetz" des Personalgesetzes, das Gesetz über die Anstellung von Lehrpersonen (GAL), in Kraft getreten. Dieses sieht im Unterschied zum Personalgesetz kein verwaltungsinternes Beschwerdeverfahren vor; vielmehr haben Beschwerdeführende direkt an das Personalrekursgericht zu gelangen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum bezüglich des dem Personalgesetz unterstellten Verwaltungspersonals zusätzlich ein verwaltungsinternes Beschwerdeverfahren nötig sein sollte. § 38 PersG wird daher aufgehoben. Weiter werden die Rechtsmittelfristen im PersG dem neuen VRPG angepasst. Das Personalrekursgericht hat entgegen dem Wortlaut des Personalgesetzes entschieden, dass ihm die Ermessenskontrolle zusteht (AGVE 2001, 523). Diese Praxis wird nun mit einer Ergänzung des Personalgesetzes (§ 42 Abs. 2) ins Gesetz überführt. - 95 - In § 48 wird die Zuständigkeit des Personalrekursgerichts in landeskirchlichen Streitigkeiten aufgehoben. Die Fragestellung in derartigen Verfahren ist nicht eine personalrechtliche, sondern beschlägt die Frage, ob eine innerkirchliche Entscheidung verfassungskonform und organisationsstatutskonform ist, was mit Dienstrecht nichts zu tun hat. Im Übrigen rechtfertigt es sich nicht, auch noch die Zuständigkeit zur Beurteilung letztinstanzlicher kirchlicher Entscheide zwischen dem Verwaltungsgericht und dem Personalrekursgericht aufzuteilen. In § 48 Abs. 3 wird neu festgehalten, dass § 12 analog anwendbar ist. Damit wird klar geregelt, dass auch Entschädigungsforderungen bei ungerechtfertigten Entlassungen aus kommunalen, nicht-vertraglichen Dienstverhältnissen gerichtlich geltend gemacht werden können. Der Zusatz "subsidiär" ist jedoch nötig, da die einschlägigen Anstellungsreglemente spezielle Regelungen vorsehen können, die selbstverständlich vorgehen. Ziffer 8 8. Das Gesetz über die Einwohnergemeinden (Gemeindegesetz) vom 19. Dezember 1978 wird wie folgt geändert: § 105 Abs. 1 1 Entscheide der Organe von Gemeinden, Gemeindeverbänden, öffentlich-rechtlichen Waldkorporationen, Gerechtigkeitsgenossenschaften und ähnlichen Körperschaften können innert 30 Tagen seit Eröffnung mit Verwaltungsbeschwerde angefochten werden. § 106 Abs. 1 1 Allgemein verbindliche Erlasse von Gemeinden, Gemeindeverbänden und anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sowie Verwaltungsakte, die nicht in persönliche Verhältnisse eingreifen, können innert 10 Tagen seit Veröffentlichung mit Gemeindebeschwerde angefochten werden. § 109 1 Zur Beurteilung von Verwaltungsbeschwerden und Gemeindebeschwerden ist der Regierungsrat zuständig, sofern nicht nach Gesetz die Zuständigkeit einer anderen Instanz gegeben ist. 2 Zum Weiterzug von Gemeindebeschwerden ist auch der Gemeinderat berechtigt. 3 Aufgehoben. § 110 Aufgehoben. Bemerkungen zu Ziffer 8 Im Gemeindegesetz werden die Rechtsmittelfristen und der Instanzenzug dem nVRPG angepasst. Da es sich in § 106 Abs. 1 um eine dringliche Frist handelt, wird diese auf 10 Tage reduziert. - 96 - Ziffer 9 9. Das Zivilrechtspflegegesetz (Zivilprozessordnung, ZPO) vom 18. Dezember 1984 wird wie folgt geändert: § 78 Abs. 3 (neu) 3Die Aktenstücke können auf elektronischem Weg zur Einsichtnahme zugestellt werden, wenn die Partei oder ihre Vertretung ihr Einverständnis zu elektronischen Zustellungen erklärt hat. Der Regierungsrat regelt die Einzelheiten in einer Verordnung. § 82 Abs. 3-5 (neu) das Gericht über einen qualifizierten elektronischen Zugang verfügt, können Eingaben auch in elektronischer Form mit einer anerkannten elektronischen Signatur der absendenden Person übermittelt werden. Der Regierungsrat regelt die Einzelheiten in einer Verordnung. 4Bei elektronischer Übermittlung ist die Frist gewahrt, wenn der Empfang beim betreffenden Gericht vor Ablauf der Frist durch das betreffende Informatiksystem bestätigt worden ist. 5Bei elektronischer Übermittlung kann das Gericht verlangen, dass die Eingabe in Papierform nachgereicht wird. 3Sofern § 83 Abs. 1 1Schriftliche Eingaben, Eingaben in elektronischer Form mit einer anerkannten elektronischen Signatur der absendenden Person sowie Einzahlungen, die fristgerecht erfolgen, aber aus Irrtum an eine unrichtige aargauische Gerichts- oder Verwaltungsbehörde gerichtet sind, gelten als rechtzeitig eingelangt. § 92 Abs. 3 (neu) 3Die Partei oder ihre Vertretung kann eine elektronische Zustelladresse angeben und ihr Einverständnis erklären, dass Zustellungen auf dem elektronischen Weg erfolgen dürfen. Der Regierungsrat regelt die Einzelheiten in einer Verordnung. Bemerkungen zu Ziffer 9 In § 7 nVRPG wird der elektronische Verkehr mit den Behörden geregelt. In § 28 Abs. 1 nVRPG wird auf die ZPO verwiesen, die ZPO ist daher auch den neuen Anforderungen entsprechend anzupassen. Weiter soll generell die gesetzliche Grundlage geschaffen werden, damit der Zugang zu den Zivilgerichten mit elektronischer Signatur möglich wird. Ziffer 10 10. Das Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (EG SchKG) vom 22. Februar 2005 wird wie folgt geändert: § 8 Abs. 3 Aufgehoben. Bemerkungen zu Ziffer 10 Die Prüfungskommission darf gemäss der Rechtsweggarantie im neuen BGG über Prüfungsentscheide nicht mehr endgültig entscheiden. Der eingeschränkten Justiziabilität von Prüfungsentscheiden ist nicht durch eine Ausnahme vom Gerichtszugang, sondern durch eine Anpassung des Kontrollumfangs Rechnung zu tragen (vgl. E. Tophinke, ZBl 2006 S. 109). § 8 Abs. 3 ist daher aufzuheben. - 97 - Ziffer 11 11. Das Gesetz über die Strafrechtspflege (Strafprozessordnung, StPO) vom 11. November 1958 wird wie folgt geändert: § 49 Abs. 3bis (neu) 3bisDie Partei oder ihre Vertretung kann eine elektronische Zustelladresse angeben und ihr Einverständnis erklären, dass Zustellungen auf dem elektronischen Weg erfolgen dürfen. Der Regierungsrat regelt die Einzelheiten in einer Verordnung. § 52 Abs. 1 1Für die Berechnung der Fristen, die Fristeinhaltung bei elektronischer Übermittlung und für die Gerichtsferien sind die Bestimmungen der Zivilprozessordnung anwendbar. Im Ermittlungs- und Untersuchungsverfahren sowie in Haftfällen wird der Lauf der Fristen durch die Gerichtsferien nicht unterbrochen. Titel nach § 55 (neu) Fbis. Elektronische Eingaben § 55a (neu) [Eingaben in elektronischer Form] 1Sofern eine Behörde über einen qualifizierten elektronischen Zugang verfügt, können Eingaben, für welche die schriftliche Form vorgeschrieben ist, auch in elektronischer Form mit einer anerkannten elektronischen Signatur des Absendenden übermittelt werden. 2Bei elektronischer Übermittlung kann die Behörde verlangen, dass die Eingabe in Papierform nachgereicht wird. 3Der Regierungsrat regelt die Einzelheiten in einer Verordnung. § 240 Abs.4 Aufgehoben. Bemerkungen zu Ziffer 11 Auch im Bereich des Strafrechts wird die gesetzliche Grundlage geschaffen, dass der Zugang mit elektronischer Signatur möglich wird. Ziffer 12 12. Das Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (EG BGFA) vom 2. November 2004 wird wie folgt geändert: §9 Gegen Entscheide der Anwaltskommission kann Beschwerde beim Verwaltungsgericht geführt werden. Bemerkungen zu Ziffer 12 Auch Prüfungsentscheide der Anwaltskommission dürfen gemäss BGG nicht mehr endgültig sein (vgl. Kommentar zu Ziffer 10 oben). - 98 - Ziffer 13 13. Das Gesundheitsgesetz (GesG) vom 10. November 1987 wird wie folgt geändert: § 64 Abs. 2 2 Verfügungen und Entscheide der Gemeindebehörden, der Bezirksärzte und Bezirkstierärzte können mit Verwaltungsbeschwerde an den Regierungsrat weitergezogen werden. Bemerkungen zu Ziffer 13 Das Gesundheitsgesetz wurde dem neuen Instanzenmodell angepasst. Ziffer 14 14. Das Spitalgesetz (SpiG) vom 25. Februar 2003 wird wie folgt geändert: § 18 Abs. 2 2 Das Verwaltungsgericht entscheidet innert 2 Monaten. Eine Überprüfung des Ermessens des Regierungsrats ist ausgeschlossen. Das übrige Verfahren wird in einem Dekret geregelt. § 25 Abs. 2 2 Über die Beitragsleistungen entscheidet der Regierungsrat auf der Grundlage eines Leistungsvertrags. Bemerkungen zu Ziffer 14 In § 18 Abs. 2 wurde Satz 2 gestrichen, da das kantonale Recht nicht regeln kann, ob ein Entscheid des Verwaltungsgerichts abschliessend ist. In § 25 Abs. 2 wurde das Wort „abschliessend“ gestrichen, da ein endgültiger Entscheid des Regierungsrats gemäss Art. 29a BV und neuem BGG nicht zulässig ist. Ziffer 15 15. Das Schulgesetz vom 17. März 1981 wird wie folgt geändert: § 38b Abs. 2 2 Ist die Betreuung durch die Eltern beziehungsweise Pflegeeltern im Falle eines Ausschlusses gemäss Abs. 1 lit. d und e während der Unterrichtszeit nicht gewährleistet, muss sie von der Schule organisiert werden. Allfällige Betreuungskosten sind von den Eltern zu tragen. Die Wohnortsgemeinde erlässt eine Kostenverfügung. Dagegen kann innert 30 Tagen von der Zustellung an Beschwerde beim Departement Bildung, Kultur und Sport geführt werden. § 38e Abs. 3 3 Die Schulleitung plant rechtzeitig die Wiedereingliederung. Die Wohnortsgemeinde kann die Eltern zur Gewährleistung des schulischen Wiedereinstiegs des Kinds verpflichten, an die entstandenen Kosten einen Beitrag von höchstens Fr. 1'000.– pro Monat zu leisten. Die Wohnortsgemeinde erlässt eine Kostenverfügung. Dagegen kann innert 30 Tagen von der Zustellung an Beschwerde beim Departement Bildung, Kultur und Sport geführt werden. - 99 - § 38 f Abs. 3 Einleitungssatz 3 Folgende Disziplinarmassnahmen sind mittels Beschwerde an den Regierungsrat weiterziehbar: § 75 Gegen Entscheide der Schulpflege kann innert 30 Tagen von der Zustellung an Beschwerde beim Schulrat des Bezirks geführt werden. Vorbehalten bleiben die Zuständigkeiten des Jugendgerichts im Jugendstrafverfahren sowie der Bezirksgerichtspräsidentin beziehungsweise des Bezirksgerichtspräsidenten gemäss § 37a Abs. 4 sowie die für diese Verfahren geltenden Fristen. § 78 Gegen Entscheide des Schulrats des Bezirks kann innert 30 Tagen von der Zustellung an Beschwerde beim Regierungsrat geführt werden; vorbehalten bleibt § 38f Abs. 2 dieses Gesetzes. § 85 Gegen Entscheide des Erziehungsrats kann innert 30 Tagen von der Zustellung an Beschwerde beim Regierungsrat geführt werden. § 87 Aufgehoben. Bemerkungen zu Ziffer 15 Im Schulgesetz werden die Rechtsmittelfristen dem nVRPG angepasst. Mit der Einsetzung des Regierungsrats als Beschwerdeinstanz gegen Entscheide kantonaler Verwaltungsbehörden kann § 87 SchulG gestrichen werden. In § 38f Abs. 3 handelt es sich um schwerwiegende Disziplinarmassnahmen, die gemäss den Rechtsweggarantien des neuen BGG ans Verwaltungsgericht weiterziehbar sein müssen. Da das nVRPG nicht mehr zwischen Urteil, Verfügung und Beschluss differenziert und neu den Begriff „Entscheid“ verwendet, werden die zu ändernden Paragraphen des SchulG auch sprachlich angepasst. Nicht geändert wurde jedoch der Instanzenzug. Dieses Thema muss in den Gesamtzusammenhang einer umfassenden Behördenreorganisation (Erziehungsrat, Schulrat, Gemeinderat, Schulpflegen, Schulleitungen) gestellt werden. Ziffer 16 16. Das Gesetz über die Anstellung von Lehrpersonen (GAL) vom 17. Dezember 2004 wird wie folgt geändert: § 13 Abs. 2 (neu) 2 Ein Anspruch auf Wiedereinstellung besteht nicht. - 100 - § 35 1 Vor Einreichung einer gerichtlichen Klage nach § 36 oder einer gerichtlichen Beschwerde nach § 37 dieses Gesetzes sind alle Streitigkeiten, einschliesslich derjenigen nach Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) vom 24. März 1995, der Schlichtungskommission gemäss § 37 des Gesetzes über die Grundzüge des Personalrechts (Personalgesetz, PersG) vom 16. Mai 2000 vorzulegen. Bei Verfügungen und Vertragsauflösungen ist eine Frist von 30 Tagen nach Zustellung einzuhalten. 2 Die Schlichtungskommission gibt eine Empfehlung ab. Innert 30 Tagen nach Zustellung der Empfehlung stellt die zuständige Stelle einen neuen Entscheid zu. Die betroffene Person kann innert 30 Tagen Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach § 37 führen beziehungsweise eine gerichtliche Klage nach § 36 einreichen. Der Klageanspruch verwirkt nach 6 Monaten. § 37 Gegen Verfügungen in Personal- und Lohnfragen kann nach durchgeführtem Schlichtungsverfahren beim Personalrekursgericht Beschwerde erhoben werden. Die Frist beträgt 30 Tage ab Zustellung des neuen Entscheids. § 38 Das Schlichtungsverfahren ist kostenlos. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) vom … . Bemerkungen zu Ziffer 16 Bei den Fremdänderungen im Personalrecht (s. Ziffer 7 oben) wird in § 12 Abs. 2 neu festgehalten, dass kein Anspruch auf Wiedereinstellung besteht. Da beim Erlass des Gesetzes über die Anstellung von Lehrpersonen (GAL) streng darauf geachtet wurde, dass nur dort Abweichungen zum Personalgesetz vorgenommen werden, wo diese von der Sache her notwendig sind, ist das GAL in § 13 Abs. 2 ebenfalls anzupassen. Weiter werden die Rechtsmittelfristen an die Frist im nVRPG von 30 Tagen angepasst. Ziffern 17 bis 20 17. Das Aargauische Fachhochschulgesetz (AFHG) vom 27. Mai 1997 wird wie folgt geändert: § 26 Abs. 3 Das Verfahren richtet sich nach dem Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) vom ... . 18. Das Gesetz über die Einrichtungen für Menschen mit besonderen Betreuungsbedürfnissen (Betreuungsgesetz) vom 2. Mai 2006 wird wie folgt geändert: § 36 Soweit dieses Gesetz keine besonderen Vorschriften enthält, gelten für das Verfahren und für den Rechtsschutz die Bestimmungen des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) vom … . 19. Das Gesetz über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz im Kanton Aargau (Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz Aargau, BZG-AG) vom 4. Juli 2006 wird wie folgt geändert: - 101 - § 48 1 Gegen Verfügungen und Entscheide der Gemeinderäte und des zuständigen Departements in Streitigkeiten nicht vermögensrechtlicher Natur kann innert 30 Tagen Beschwerde beim Regierungsrat erhoben werden. 2 Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) vom … . § 50 bleibt vorbehalten. § 50 Der Regierungsrat ist berechtigt, im Bewirtschaftungsfall im Sinne der Gesetzgebung über die wirtschaftliche Landesversorgung durch Verordnung von den ordentlichen Bestimmungen des VRPG abzuweichen. Insbesondere kann er den Ausschluss der Verwaltungsgerichtsbeschwerden gemäss § 54 VRPG sowie kürzere Rechtsmittelfristen vorsehen. 20. Das Gesetz über die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit (Polizeigesetz, PolG) vom 6. Dezember 2005 wird wie folgt geändert: § 24 Abs. 2 2 Das Verfahren richtet sich nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) vom … . § 48 Abs. 2 2 Das Verfahren richtet sich nach den Bestimmungen des VRPG. Bemerkungen zu den Ziffern 17 bis 20 Hier wird der Verweis auf das Verwaltungsrechtspflegegesetz von 1968 an das Datum den neuen VRPG angepasst (gleich in § 2 EGAR, § 41 PersG, § 38 GAL, § 43 EG GschG, § 31 Abs. 4 EG KVG, § 58 Abs. 4 SPG und § 2 Abs. 4 des Gesetzes über den Vollzug des Strassenverkehrsrechtes). Im Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes stimmt zudem der Verweis auf Paragraphen des heutigen VRPG im neuen VRPG nicht mehr und wird daher korrigiert. Weiter wird die Rechtsmittelfrist auf 30 Tage angehoben. Ziffern 21 bis 28 21. Das Feuerwehrgesetz (FwG) vom 23. März 1971 wird wie folgt geändert: § 37 Abs. 2 2 Die Beschwerden sind innert 30 Tagen, von der Zustellung an gerechnet, einzureichen, und zwar gegen Verfügungen und Entscheide: a) der Feuerwehrkommission beim Gemeinderat, b) des Gemeinderates beim Amt, c) des Amtes beim Regierungsrat. 22. Das Brandschutzgesetz (Gesetz über den vorbeugenden Brandschutz) vom 21. Februar 1989 wird wie folgt geändert: § 25 Abs.1 1 Gegen Verfügungen des Gemeinderates auf dem Gebiet des Brandschutzes kann innert 30 Tagen seit Zustellung bei der Aargauischen Gebäudeversicherung Beschwerde geführt werden. Die Beschwerde gegen feuerpolizeiliche Verfügungen im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens richtet sich nach dem Baugesetz. - 102 - 23. Das Gesetz über die Gebäudeversicherung (Gebäudeversicherungsgesetz, GebVG) vom 19. September 2006 wird wie folgt geändert: § 50 Abs.1 1 Gegen Verfügungen der Gebäudeversicherung, die gestützt auf dieses Gesetz ergehen, kann innert 30 Tagen nach Zustellung Einsprache erhoben werden. Diese muss schriftlich erfolgen und einen Antrag mit kurzer Begründung enthalten. Allfällige Beweismittel sind beizulegen oder zu bezeichnen. § 51 Abs. 1 1 Gegen den Einspracheentscheid kann innert 30 Tagen nach Zustellung Beschwerde bei der Schätzungskommission nach Baugesetz geführt werden. 24. Das Gesetz über Raumplanung, Umweltschutz und Bauwesen (Baugesetz, BauG) vom 19. Januar 1993 wird wie folgt geändert: § 10 Abs. 6 6 Die Beschlüsse des Grossen Rates über die Nutzungspläne und Nutzungsvorschriften können von den in schutzwürdigen eigenen Interessen Betroffenen innert 30 Tagen seit der amtlichen Publikation mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht angefochten werden, das sie auf ihre Rechtmässigkeit prüft. Die Beschwerde hat nur aufschiebende Wirkung, wenn und soweit das Gericht sie gewährt. § 26 Abs. 1 1 Gegen die Beschlüsse der zuständigen Gemeindeorgane über die Nutzungspläne und -vorschriften können diejenigen, die ein schutzwürdiges eigenes Interesse geltend machen, innert 30 Tagen seit der amtlichen Publikation Beschwerde beim Regierungsrat führen. § 28 Die Entscheide des Grossen Rates und des Regierungsrates über die Genehmigung können von den in schutzwürdigen eigenen Interessen Betroffenen und von den Gemeinden innert 30 Tagen seit der amtlichen Publikation mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht angefochten werden, das sie auf ihre Rechtmässigkeit prüft. Die Beschwerde hat nur aufschiebende Wirkung, wenn und soweit das Gericht sie gewährt. § 35 Abs. 2 und 3 2 Gegen den Beitragsplan kann während der Auflagefrist, gegen andere Abgabeverfügungen innert 30 Tagen seit Zustellung, beim verfügenden Organ Einsprache erhoben werden. Einspracheentscheide können mit Beschwerde bei der Schätzungskommission angefochten werden. 3 Aufgehoben. § 89 Abs. 2 2 Der beitragspflichtigen Gemeinde ist Gelegenheit zu geben, sich vor Baubeginn zum Projekt und zu den Kosten zu äussern. Über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gemeinden entscheidet der Regierungsrat. § 148 Abs. 3 3 Die Schätzungskommission vollzieht die Vorschriften über die Enteignung. Ihre Entscheide können beim Verwaltungsgericht angefochten werden. - 103 - 25. Das Gesetz über die Grundbuchabgaben vom 7. Mai 1980 wird wie folgt geändert: § 30 1 Gegen Abgaberechnungen kann innert 30 Tagen seit Zustellung beim Regierungsrat Beschwerde geführt werden. Hiezu sind sowohl die Parteien als auch die Urkundsperson, die das Geschäft angemeldet hat, legitimiert. 2 Der Entscheid des Regierungsrates kann innert 30 Tagen seit Zustellung an das Verwaltungsgericht weitergezogen werden. 26. Das Einführungsgesetz zum eidgenössischen Gewässerschutzgesetz (EG GSchG) vom 11. Januar 1977 wird wie folgt geändert: § 23 Abs. 2 2 In dringenden Fällen kann der Regierungsrat vorzeitig die erforderlichen Einzelverfügungen erlassen; gegen eine solche Verfügung steht den Betroffenen innert 30 Tagen das Beschwerderecht an den Grossen Rat zu. § 43 Verfügungen und Entscheide in Gewässerschutzsachen können innert 30 Tagen seit Zustellung mit Verwaltungsbeschwerde angefochten werden. Es gelten die Bestimmungen des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) vom … . § 44 Abs. 2 2 Bei Übertretungen gemäss Art. 40 GSchG spricht der Gemeinderat Bussen bis Fr. 1'000.-- durch bedingten Strafbefehl aus. Erhebt der Verurteilte innert 30 Tagen beim Gemeinderat schriftlich Einsprache, so wird der Strafbefehl aufgehoben und die Sache zur Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft überwiesen. 27. Das Gesetz über den Hochwasserschutz, die Entwässerung und die Bodenverbesserungen im Gebiet der Reussebene (Reusstalgesetz) vom 15. Oktober 1969 wird wie folgt geändert: § 8 Abs. 2 2 Gesuche um Bewilligungen gemäss Absatz 1 sind während einer Frist von 30 Tagen in der betreffenden Gemeindekanzlei zur Einsicht aufzulegen. Auf die Auflage ist im Amtsblatt durch den Gemeinderat hinzuweisen. Einsprachen gegen ein Gesuch sind während der Auflagefrist bei der Gemeindekanzlei zuhanden des Regierungsrates schriftlich zu erheben. 28. Das Gesetz über die Nutzung und den Schutz der öffentlichen Gewässer vom 22. März 1954 wird wie folgt geändert: § 49 Verfügungen und Entscheide unterer Verwaltungsbehörden können innert 30 Tagen seit der Zustellung an den Regierungsrat weitergezogen werden. § 50 Abs. 1 1 Gegen Entscheide der Schätzungskommission und letztinstanzliche Verfügungen und Entscheide der Verwaltungsbehörden kann innert 30 Tagen seit der Zustellung beim Verwaltungsgericht Beschwerde geführt werden. - 104 - Bemerkungen zu den Ziffern 21 - 28 In diesen Gesetzen werden die Rechtsmittelfristen an die 30-tägige Frist des nVRPG angepasst. Im Gebäudeversicherungsgesetz (Ziff. 23) ist § 50 Satz 2, wonach die Einsprache schriftlich erfolgen muss, nach Inkrafttreten des nVRPG wie bei bestehenden Erlassen mit ähnlicher Formulierung im Sinne von § 7 nVRPG auszulegen; d.h. sofern die Gebäudeversicherung über einen qualifizierten elektronischen Zugang verfügt, können Einsprachen auch in elektronischer Form mit einer anerkannten elektronischen Signatur der absendenden Person übermittelt werden. Im Baugesetz (Ziff. 24) wird die Weiterziehbarkeit von Entscheiden der Schätzungskommission an das allgemeine Instanzenzugkonzept angepasst. In zweitinstanzlichen Beschwerdeverfahren entscheidet das Spezialverwaltungsgericht kantonal letztinstanzlich (§ 35 Abs. 2 und 3), in erstinstanzlichen Klage-(Enteignungs-)verfahren steht der Weiterzug ans Verwaltungsgericht offen (§ 148 Abs. 3). In § 89 Abs. 2 Satz 2 wird das Wort „endgültig“ gestrichen, da die endgültige Zuständigkeit des Regierungsrats gemäss Art. 29a BV und BGG nicht mehr zulässig ist. Im Gesetz über die Nutzung und den Schutz der öffentlichen Gewässer muss in § 50 Abs. 1 der Passus „ausgenommen solche über Staatsbeiträge“ gestrichen werden, da dieser Einschub der Rechtsweggarantie des neuen BGG zuwiderläuft. Ziffer 29 29. Das Gesetz über Kinderzulagen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom 23. Dezember 1963 wird wie folgt geändert: § 32 Abs. 5 5 Die privaten Familienausgleichskassen können Schiedsgerichte einsetzen. Verfügungen dieser Familienausgleichskassen können innert 30 Tagen seit der Zustellung beim betreffenden Schiedsgericht angefochten werden. Besteht kein Schiedsgericht, ist die Beschwerde innert der nämlichen Frist beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau einzureichen. Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. § 32bis Abs.1 1 Gegen die schriftlichen Mitteilungen gemäss § 13 Abs. 3 dieses Gesetzes kann innert 30 Tagen seit der Zustellung beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau Beschwerde geführt werden. Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. § 32ter Gegen Entscheide der kantonalen Familienausgleichskasse und des Schiedsgerichts kann innert 30 Tagen seit der Zustellung beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau Beschwerde erhoben werden. Die Beschwerde muss eine zusammengefasste Darstellung des Sachverhalts, ein Rechtsbegehren und eine kurze Begründung enthalten. Das Versicherungsgericht entscheidet endgültig. Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Bemerkungen zu Ziffer 29 - 105 - Das Beschwerdeverfahren wird für kostenpflichtig erklärt. Dies war schon bisher so, muss aber zufolge der Verweisung in § 58 Abs. 2 nVRPG auf das ATSG nun explizit festgehalten werden. Ziffer 30 30. Das Einführungsgesetz zu den Bundesgesetzen über die Alters- und Hinterlassenenversicherung und die Invalidenversicherung (EG AHVG/IVG) vom 15. März 1994 wird wie folgt geändert: Titel nach § 12 (neu) Abis. Kantonales Schiedsgericht gemäss IVG § 12a (neu) [Zusammensetzung und Wahl] 1 Das Schiedsgericht besteht aus der Präsidentin oder dem Präsidenten des Versicherungsgerichts (Vorsitz) und zwei oder vier Mitgliedern, die vom Regierungsrat von Fall zu Fall nach Anhören der Beteiligten paritätisch bestellt werden. 2 Ein Obergerichtsschreiber oder eine Obergerichtsschreiberin erledigt die Gerichtsschreiberarbeiten; die Obergerichtskanzlei besorgt die Kanzleigeschäfte. § 12b (neu) [Verfahren] Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften über das Klageverfahren vor Versicherungsgericht. § 15 Gegen die von der Ausgleichskasse und der IV-Stelle erlassenen Einspracheentscheide oder Verfügungen, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, kann beim kantonalen Versicherungsgericht innert 30 Tagen seit Zustellung Beschwerde geführt werden. Bemerkungen zu Ziffer 30 Die Organisation der vom IVG und KVG vorgeschriebenen kantonalen Schlichtungsstellen wird neu in die kantonalen Einführungsgesetze eingefügt (s. auch Bemerkungen zu Ziffer 32). Die Verordnung über die Rechtspflege in Sozialversicherungssachen kann aufgehoben werden (s. unten Ziffer 4.7.3). § 15 EG AHVG/IVG wurde angepasst: Die genannten Stellen erlassen sowohl Einspracheentscheide als auch (direkt anfechtbare) Verfügungen. Ziffer 31 31. Das Gesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (Ergänzungsleistungsgesetz) vom 14. Juni 1966 wird wie folgt geändert: § 24 Abs. 1 und 3 1 Gegen die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Einspracheentscheide oder Verfügungen, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, können die Betroffenen innert 30 Tagen seit der Zustellung beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau Beschwerde erheben. Das gleiche Recht steht den Verwandten in auf- und absteigender Linie und den Geschwistern der leistungsansprechenden Person zu. 3 Aufgehoben. - 106 - Bemerkungen zu Ziffer 31 Abs. 1 wird geändert, da sowohl Einspracheentscheide als auch (direkt anfechtbare) Verfügungen erlassen werden. Abs. 3 wird aufgehoben, da der Bund das Verfahren abschliessend regelt. Die Kantone haben keine Kompetenz mehr, ein Einspracheverfahren freiwillig einzuführen. Ziffer 32 32. Das Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG) vom 5. September 1995 wird wie folgt geändert: § 31 Abs. 4 4 Für das Verfahren gilt das Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) vom … ; das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. § 32 Abs. 3 Aufgehoben. Titel nach § 32 (neu) Hbis. Kantonales Schiedsgericht gemäss KVG § 32a (neu) [Zusammensetzung und Wahl] 1 Das Schiedsgericht besteht aus der Präsidentin oder dem Präsidenten des kantonalen Versicherungsgerichts (Vorsitz) sowie je zwei Mitgliedern aus der Gruppe der Krankenversicherungen einerseits und der entsprechenden Kategorie der Leistungserbringer nach KVG andererseits; sie werden vom Regierungsrat, nach Anhören der entsprechenden kantonalen Organisation, für eine vierjährige Amtsdauer gewählt. 2 Das Schiedsgericht urteilt in einer Besetzung von drei oder fünf Richterinnen und Richtern, bestehend aus der oder dem Vorsitzenden und je gleich viel Mitgliedern aus der Gruppe der am Streite beteiligten Parteien. 3 Ein Obergerichtsschreiber oder eine Obergerichtsschreiberin erledigt die Gerichtsschreiberarbeiten; die Obergerichtskanzlei besorgt die Kanzleigeschäfte. § 32b (neu) [Verfahren] Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften über das Klageverfahren vor Versicherungsgericht. Bemerkungen zu Ziffer 32 Die Organisation der vom IVG und KVG vorgeschriebenen kantonalen Schlichtungsstellen wird neu in die kantonalen Einführungsgesetze eingefügt (s. auch Bemerkungen oben zu Ziffer 30). Die Verordnung über die Rechtspflege in Sozialversicherungssachen kann aufgehoben werden (s. unten Ziffer 4.7.3). In § 31 Abs. 4 wird das Beschwerdeverfahren für kostenpflichtig erklärt. Dies war schon bisher so, muss aber zufolge der Verweisung in § 58 Abs. 2 nVRPG auf das ATSG nun explizit festgehalten werden. - 107 - Ziffer 33 33. Das Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe und die soziale Prävention (Sozialhilfe- und Präventionsgesetz, SPG) vom 6. März 2001 wird wie folgt geändert: § 58 Abs. 2 bis (neu), 3 und 4 2bis Im Verfahren vor Verwaltungsgericht gelten keine Rechtsstillstandsfristen. 3 Die Beschwerdefrist beträgt 30 Tage. 4 Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) vom … . Bemerkungen zu Ziffer 33 Weil § 27 Abs. 2 nVRPG vor den Verwaltungsjustizbehörden grundsätzlich Rechtsstillstandsfristen (Gerichtsferien) vorsieht, müssen diese in Verfahren nach Sozialhilfe- und Präventionsgesetz vor Verwaltungsgericht ausdrücklich ausgeschlossen werden (entsprechend der bisherigen Regelung in § 31 VRPG). Ziffer 34 34. Das Gesetz über die Erhaltung und Förderung der Landwirtschaft (Landwirtschaftsgesetz) vom 11. November 1980 wird wie folgt geändert: § 17 Abs. 3 3 Die betroffenen Grundeigentümer und -eigentümerinnen können innert 30 Tagen nach Kenntnisnahme beziehungsweise nach Bekanntgabe der Auflage Einsprache beim zuständigen Genossenschaftsorgan einreichen. Dieses entscheidet, in der Regel nach Durchführung einer Einigungsverhandlung, über die Einsprachen. § 28 Abs. 2 2 Gegen Verfügungen des Gemeinderates betreffend Beitragsleistungen kann innert 30 Tagen seit Zustellung bei der Landwirtschaftlichen Rekurskommission Beschwerde eingereicht werden. § 42 Der Beschluss der in § 14 Abs. 2 genannten Gemeindeorgane zur Durchführung einer Güterzusammenlegung kann innert 30 Tagen seit dessen Veröffentlichung beim Regierungsrat angefochten werden. Bemerkungen zu Ziffer 34 Im Landwirtschaftsgesetz werden die Rechtsmittelfristen ans nVRPG angepasst. Ziffer 35 35. Das Gesetz über Wildschutz, Vogelschutz und Jagd (Jagdgesetz) vom 25. Februar 1969 wird wie folgt geändert: § 51 Abs. 1 1 Auf Vorschlag der Interessiertenkreise bestellen für je vier Jahre das zuständige Departement eine Jagdkommission pro Bezirk und der Regierungsrat eine kantonale Jagdkommission als Beschwerdeinstanz. - 108 - § 52 Abs. 1 und 3 1 Gegen alle das Jagdwesen betreffenden Verfügungen von Bezirksämtern oder Gemeinderäten kann innert 30 Tagen seit Zustellung des Entscheids beim Regierungsrat Beschwerde geführt werden. 3 Aufgehoben. Bemerkungen zu Ziffer 35 Das Jagdgesetz wird dem Instanzenmodell und den Fristen des nVRPG angepasst. In § 51 Abs. 1 wird der letzte Satzteil gestrichen, da ein endgültiger Entscheid gemäss Art. 29a BV und neuem BGG nicht mehr zulässig ist. Ziffer 36 36. Das Gesetz über den Vollzug des Strassenverkehrsrechtes vom 6. März 1984 wird wie folgt geändert: § 2 Abs. 2 und 4 2 Gegen Verkehrsanordnungen kann jeder Betroffene innert 30 Tagen seit der Veröffentlichung bei der verfügenden Behörde Einsprache erheben. Gegen Einspracheentscheide kann innert 30 Tagen beim Regierungsrat Beschwerde geführt werden. 4 Aufgehoben. § 3 Abs. 4 4 Gegen Entscheide des Gemeinderates kann innert 30 Tagen beim Regierungsrat Beschwerde geführt werden. § 6 Abs. 2 2 Gegen Entscheide des Gemeinderates kann innert 30 Tagen beim Regierungsrat Beschwerde geführt werden. Bemerkungen zu Ziffer 36 Die Rechtsmittelfristen im Gesetz über den Vollzug des Strassenverkehrsrechtes werden ans nVRPG angepasst. Weiter wird die abschliessende Zuständigkeit des Regierungsrats in § 2 Abs. 4 aufgehoben, da diese nicht mehr zulässig ist. Seit 1. Januar 2003 ist gegen Anordnungen nach Art. 3 Abs. 4 SVG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gegeben (nicht mehr die Beschwerde an den Bundesrat). Daher sind die Kantone gemäss Art. 98a OG verpflichtet, eine richterliche Behörde als letzte kantonale Instanz zu bestellen. 4.7.3 Fremdaufhebungen Es werden aufgehoben: 1. Das Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) vom 9. Juli 1968; 2. Die Verordnung über die Rechtspflege in Sozialversicherungssachen vom 22. Dezember 1964. - 109 - Bemerkungen Das neue Verwaltungsrechtspflegegesetz ersetzt das bisherige VRPG vollständig. Es kann aufgehoben werden. Die Verordnung über die Rechtspflege in Sozialversicherungssachen vom 22. Dezember 1964 kann aufgehoben werden. Das neue Verwaltungsrechtspflegegesetz ersetzt die bisherige grossrätliche Verordnung über die Rechtspflege in Sozialversicherungssachen (VRS) bis auf die §§ 44 – 46 vollständig. Die Organisation der vom IVG und KVG vorgeschriebenen kantonalen Schlichtungsstellen wird neu in die kantonalen Einführungsgesetze eingefügt (s. oben Fremdänderungen Ziff. 28 und 30). § 45 und § 46 Abs. 2 können ebenfalls aufgehoben werden, da diese Bestimmungen im Bundesgesetz über die Unfallversicherung stehen. Die Organisation der vom UVG vorgeschriebenen kantonalen Schlichtungsstelle wird in eine bestehende kantonale Verordnung integriert, da ansonsten keine Organisations- bzw. Verfahrensbestimmungen für das Schiedsgericht nach UVG bestehen. 4.7.4 Publikation und Inkraftsetzung der Fremdänderungen und -aufhebungen Diese Änderungen sind nach unbenütztem Ablauf der Referendumsfrist beziehungsweise nach Annahme durch das Volk in der Gesetzessammlung zu publizieren. Der Regierungsrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens. Bemerkungen Die Fremdänderungen und -aufhebungen sind in der Gesetzessammlung zu publizieren. Der Regierungsrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens. 5. Weiterer Revisionsbedarf Als Folge des neuen Verfahrensgesetzes werden, nebst den unter II. nVRPG erwähnten Gesetzen, verschiedene andere Erlasse tieferer Stufe (Dekrete und Verordnungen) angepasst werden müssen. Dies betrifft einerseits den Instanzenzug (Bezeichnung der Rechtsmittelinstanzen) und andererseits dem neuen VRPG widersprechende Verfahrensbestimmungen, sofern diese nicht aufgrund besonderer Umstände weiterhin gelten sollen. Mit der Botschaft zur 2. Beratung des nVRPG wird der Regierungsrat eine weitere Vorlage mit den Dekretsänderungen unterbreiten. 6. Finanzielle und personelle Auswirkungen Der Nutzen des neuen Gesetzes liegt in erster Linie darin, dass das Verwaltungsverfahren und der Verwaltungsprozess präziser geregelt werden, was sowohl den rechtsanwendenden Behörden als auch den betroffenen Privaten Vorteile bringt. Zudem erfolgt mit dem neuen VRPG die notwendige Anpassung des kantonalen Rechts an die Vorgabe des Bundes, der seit 1. Januar 2007 bei Rechtsstreitigkeiten grundsätzlich einen Anspruch auf Beurteilung - 110 - durch eine richterliche Behörde, auch auf kantonaler Ebene, gibt (Art. 29a BV und neues Bundesgerichtsgesetz). Durch den in verschiedenen Bereichen vorgesehenen Wegfall einzelner Rechtsmittelinstanzen kann das Verfahren beschleunigt werden (Bsp. kein doppelter Instanzenzug mehr über Departement und Regierungsrat im Bereich der Verwaltungs- und Gemeindebeschwerden im Gemeindegesetz, s. 109 GG und Kapitel 8 hinten). Insgesamt werden jedoch keine Ressourcen frei, da zufolge der neuen bundesrechtlichen Vorgaben grundsätzlich ein Weiterzug ans Verwaltungsgericht zulässig sein muss. Der damit verbundene Übergang zur Generalklausel (mit kleinem Ausnahmekatalog) bei den Zuständigkeiten sowie die neue Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts in Vollstreckungsbeschwerden werden höchstwahrscheinlich zu einer Mehrbelastung des Verwaltungsgerichts führen. Diese kann jedoch nicht vermieden werden, da das Bundesrecht (bis spätestens 1. Januar 2009) zwingend umgesetzt werden muss, und sie ist somit auch keine eigentliche Folge des neuen VRPG. Die Neuregelung der Sprungbeschwerde (§ 51 nVRPG) wird ebenfalls zu einer Mehrbelastung des Verwaltungsgerichts führen. Eine gewisse Entlastung und zudem eine weitere Verfahrensbeschleunigung bringt demgegenüber die Bestimmung, dass neu auch Verwaltungsjustizbehörden die schriftliche Eröffnung auf die Zustellung des Dispositivs beschränken können mit dem Hinweis, dass eine begründete Ausfertigung verlangt werden kann (§ 26 Abs. 3 nVRPG) und durch die Möglichkeit des Vergleichs sowohl über den Sachverhalt als auch das Ganze (§§ 17 Abs. 3 und 19 Abs. 1 nVRPG). Die konkrete Mehrbelastung des Verwaltungsgerichts kann nicht beziffert werden, da nicht abschätzbar ist, wie viele Fälle pro Jahr zusätzlich beim Verwaltungsgericht eingehen werden und in wie vielen Fällen das Verwaltungsgericht dadurch entlastet wird, dass kein begründetes Urteil verlangt wird. Wichtig ist jedoch das Bewusstsein, dass durch die neuen bundesrechtlichen Vorgaben mit einer Mehrbelastung des Verwaltungsgerichts zu rechnen ist und dass bei entsprechendem Bedarf des Verwaltungsgerichts für zusätzliche Ressourcen innert nützlicher Frist reagiert wird. Eine handlungsfähige und qualitativ gute Gerichtsbarkeit ist für den Standort Aargau von grosser Bedeutung. 7. Auswirkungen auf die Wirtschaft Die Straffung bei den Instanzenzügen und den Verfahrensregelungen führt zu einer schnelleren Erledigung der Streitfälle. Durch die Möglichkeit der Sprungbeschwerde – auch gegen den Willen des Verwaltungsgerichts – kann der Instanzenzug verkürzt werden bei Fragen, in denen die Unternehmen wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung auf jeden Fall einen Entscheid des Verwaltungsgerichts wollen. Die Zulässigkeit des Vergleichs eröffnet ausserdem weitere Möglichkeiten für eine raschere und kostengünstigere Streiterledigung. Generell bringt das neue Gesetz für die Unternehmungen eine bessere Übersicht und grössere Klarheit über das Verfahrensrecht in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten. Heute vorliegende Schwierigkeiten und Unsicherheiten, wie beispielsweise die fehlende Definition der Verfahrensbeteiligten oder unklare Rechtswege, werden behoben und die gerichtliche Praxis zum heutigen VRPG weitgehend ins neue Gesetz integriert. - 111 - 8. Auswirkungen auf die Gemeinden Das neue Verwaltungsrechtspflegegesetz hat keine grossen Auswirkungen auf die Gemeinden. Bei den Fremdänderungen zum nVRPG wird das Gemeindegesetz geändert (s. Ziffer. 8 der Fremdänderungen): Neu findet kein doppelter Instanzenzug mehr statt über Departement und Regierungsrat im Bereich der Verwaltungs- und Gemeindebeschwerden. Weiter wurde im Gemeinderecht die 20-tägige Rechtsmittelfrist für Verwaltungsbeschwerden in § 105 GG an die neue Rechtsmittelfrist von 30 Tagen gemäss § 44 nVRPG angepasst. Die bisherige Rechtsmittelfrist von 20 Tagen für Gemeindebeschwerden in § 106 Abs. 1 GG wurde demgegenüber auf 10 Tage reduziert, da es sich dabei um eine dringliche Frist handelt. Abschliessend zu erwähnen ist noch § 31 Abs. 2 Satz 2 nVRPG: Den Behörden können neu Verfahrenskosten auferlegt werden, wenn sie schwerwiegende Verfahrensmängel begangen oder willkürlich entschieden haben. Diese Regelung wird jedoch kaum finanzielle Auswirkungen auf die Gemeinden haben, da davon auszugehen ist, dass auf Gemeindeebene nur in Ausnahmefällen qualifiziert falsch gehandelt wird. Antrag: 1. Der Entwurf für ein neues Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) wird in 1. Beratung zum Beschluss erhoben. 2. Die (99.391) Motion Dr. Beat Edelmann, Zurzach, vom 7. Dezember 1999 betreffend Zusprechung einer Parteientschädigung an Gemeinwesen im Verwaltungsverfahren und verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäss § 36 VRPG wird abgeschrieben. 3. Das (02.183) Postulat Martin Bhend, Oftringen, vom 4. Juni 2002 betreffend Änderung beziehungsweise Ergänzung des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRPG) zur finanziellen Sicherstellung von Ersatzvornahmen durch die öffentliche Hand wird abgeschrieben. - 112 - Aarau, 14. Februar 2007 IM NAMEN DES REGIERUNGSRATS Landammann: Kurt Wernli Staatsschreiber: Dr. Peter Grünenfelder Beilage: – Synoptische Darstellung des Gesetzesentwurfs