Populärwissenschaftliche Zusammenfassung des vom Zukunftsfonds Steiermark geförderten Projekts „Gefangen im Netz - Analyse- u. Monitoringansätze forschungsorientierter Netzwerke der Steiermark“ AutorInnen: Karin Grasenick, Markus Gruber, Stephan Pech, Robert Hutter, Simon PohnWeidinger, Kristina Zumbusch, Gabriel Wagner Kooperationen und Netzwerken werden in nahezu allen Feldern wirtschaftlicher Tätigkeit ein hohes Potential zur Lösung von Problemen und zur Erhöhung der Effektivität und Effizienz zugeschrieben. Wirtschaft und Gesellschaft haben dadurch in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren einen Übergang auf die Netzwerkökonomie und -gesellschaft erfahren. Durch die Förderung von regionalen Netzwerken werden folgende Effekte erwartet: Stärkung der Innovationsfähigkeit, Innovationssystems. Steigerung der Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit und damit verbunden eine Sicherung und Ausweitung der regionalen Beschäftigung. dynamische und effiziente Gestaltung des Netzwerke können eine wesentliche Basis zur Effizienzsteigerung und zur regionalen Innovation leisten, da sie generell flexibler und offener sind als Organisationen: Organische sind stark formalisierten, deterministischen Strukturen in einer dynamischen Umwelt überlegen (Davis 1995), da sie lernfähiger sind und leichter Anpassungsleistungen erbringen können. Netzwerke können jedoch ebenso Formalismen entwickeln und „erstarren“. Ihre Wirkung wird dann insbesondere in Bezug auf Innovations- und Lernfähigkeit dysfunktional. Die Begründung liegt in der notwendigen Anpassungsleistung der Mitglieder, welche einer gemeinsamen Ziel- und Strategiebildung und einer laufenden Effizienssteigerung zugrunde liegt. Auf der individuellen Ebene bedeutet dies einfach, dass sich Kommunikation durch stabile Beziehungen verbessert, welche durch hohes gegenseitiges Vertrauen den Unsicherheitsanteil reduzieren können. Im Laufe der Netzwerkbildung entstehen vertrauensvolle Beziehungen, der Informationsfluss zwischen den AkteurInnen innerhalb des Netzwerkes nimmt zu – und nimmt zu AkteurInnen außerhalb im Gegenzug ab. Es entwickelt sich eine eigenständige Kultur. Durch eine hohe Übereinstimmung in Wahrnehmung und Verhalten wird die gemeinsame Zielfindung erleichtert. Die Effizienz für bestehende Aufgaben nimmt zu und damit aber auch die Offenheit für Ideen außerhalb des Netzwerkes ab. Diese werden als Verunsicherung und/oder Konkurrenz erlebt (Weyer 1993). Auf Ebene der Gruppenbildung ist dieses Phänomen als „Group think“ bekannt (Janis 1982). 1 von 4 „Gefangen im Netz“ beschäftigte sich mit der Vernetzung innerhalb des steirischen Forschungs- und Innovationssystems unter Verwendung von Methoden der Sozialen Netzwerkanalyse (SNA). Im gegenständlichen Projekt wurde davon ausgegangen, dass aufgrund der (i) überschaubaren Zahl von Key-Playern (sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf wissenschaftlicher Seite) und (ii) durch den iterativen Prozess der Bildung von Einzelnetzwerken und deren Selbstorganisation es zur Mehrfacheinbindung der selben LeitInstitutionen sowie Personen kommt, die zu Engpässen und Überlastungserscheinungen führen und damit der Netzwerkansatz in seiner derzeit verfolgten Form an die Grenzen stößt. Die Konzentration auf wenig AkteurInnen kann Vorteile haben: AkteurInnen können Themen verbinden, „eingespielte Teams“, rasche Verfügbarkeit innerhalb dieser Teams. Sie führt aber auch zu erheblichen Nachteilen: Entstehen abgeschlossener Zirkel, Hemmnisse zur Einbindung neuer Personen, erhöhte Anfälligkeit der Netzwerke. Vor allem jedoch droht damit Innovations-Dynamik der Netzwerke verloren zu gehen. Zentrale Fragestellungen waren Wie vernetzt ist das steirische Forschungssystem? Wo gibt es Verdichtungen bzw. keine Verbindungen in der Vernetzung der Organisationen? Welche Auswirkungen haben diese Vernetzungen innerhalb der forschungsorientierten Netzwerke (Kompetenzzentren, (außer-)universitären Forschungseinrichtungen, thematischen Netzwerke etc.) in der Steiermark? Sind daraus Ineffizienzen z.B. Überlastungen von SchlüsselakteurInnen und Institutionen abzulesen? Können daraus Empfehlungen auf Basis des Einsatzes der sozialen Netzwerkanalyse zur Optimierung der Netzwerke und deren Förderung gegeben werden? Als konkreter Output entstanden eine vernetzte Landkarte der „Kooperationsdynamik der Innovationsregion Steiermark“ interne Vernetzungsprofile der einzelnen Organisationen ein Datenbankmodell als Basis zur Analyse und Visualisierung Analysemethoden und Visualisierungen Empfehlungen zur Datenaufbereitung Es wurden öffentlich zugängliche und im Internet verfügbare Daten zu Forschungsinstitutionen und Entscheidungsgremien verwendet und innerhalb eines selbst entwickelten Datenmodells moduliert, analysiert und visualisiert. Durch die Konzentration auf eine innovative Nutzung von bestehenden Dokumenten (anstelle von detaillierten Befragungen) kann damit im Optimalfall eine Grundlage für die Entwicklung eines Monitorings der Landschaft des „Netzwerks Steiermark“ geschaffen werden. 2 von 4 Ergebnisbeispiel - Visualisierung der steirischen Forschungslandschaft Die exemplarischen Darstellungen im vorliegenden Kurzbericht bzgl. der Vernetzung über Kompetenzzentren und die damit verbundenen formellen Verflechtungen zeigen die Potenziale der Netzwerkdarstellung deutlich auf. Sie ermöglichen das unterschiedliche Ausmaß von Beteiligungen (außer-)universitärer Forschungsreinrichtungen zu visualisieren und die Vernetzung der Institutionslandschaft durch steirische SchlüsselakteurInnen zu identifizieren, und davon ausgehend die strategische Steuerung der Vernetzung zu unterstützen. Auf diese Weise ist es möglich, die KernakteurInnen der steirischen Forschungslandschaft zu identifizieren, aber auch zu reflektieren, welche Personen nicht zu diesem „engeren Kreis“ zu zählen sind. Auf diese Weise ist eine Diskussion darüber möglich, ob die personelle Einbindung für die forschungspolitischen Ziele optimal ist, oder aber bspw. eine Ergänzung um weitere AkteurInnen angestrebt werden sollte. Die steirische Forschungslandschaft umfasst eine Vielzahl von Forschungseinrichtungen im engeren Sinne (fünf Universitäten, zwei Fachhochschulen, 18 Kompetenzzentren, 15 CD Labors, 3 ÖAW Institute, 2 Ludwig Boltzmann-Institute, JOANNEUM RESEARCH, Kooperativen Forschungsinstitute) über Forschungsnetzwerke/Cluster (NANONET-Styria, BioNanoNet, NuBioR, SIMNET-Styria), öffentlichen FördergeberInnen sowie formellen und informellen Gremien, Beiräten und Plattformen, in denen dem Thema „Wissenschaft und Forschung“ eine wesentliche Rolle zukommt. Versucht man die steirische Forschungslandschaft und ihre Vernetzung insgesamt zu erfassen, so wird sofort deutlich, dass der hohe Komplexitätsgrad eine Bearbeitung nach Detailfragen erlaubt. In der folgenden Grafik wurde die Vernetzung durch alle Personen dargestellt, welche mindestens zwei Institutionen miteinander verbinden bzw. an diesen tätig sind (lt. Informationen der entsprechenden institutionellen Internetseiten). Ein derartiges Netzwerk erfasst bereits 730 in der Steiermark tätige Personen (von insges. 15.110 im Internet ausgewiesenen Personen). Die „Top 16“ der Steiermark (d.h. Personen, welche durch ihre im Internet ausgewiesene Tätigkeit zumindest 4 Organisationen miteinander verbinden) vereinen insgesamt 16 Kompetenzzentren und sind dabei auch an 5 außerhalb der Steiermark liegenden Zentren tätig. 6 weitere der Steiermark zuzuordnende Kompetenzzentren sind über diese Personen „nicht direkt“ erreichbar. In der folgenden Grafik sind die steirischen K-Zentren grün, österreichische rot, „Top 16“ Personen und deren Beziehungen türkis eingefärbt, weiters wurden Personen blau eingefärbt, die an mindestens zwei steirischen Organisationen arbeiten. Es ergeben sich damit zwei Ebenen der Vernetzung: der innere Kreis, welcher über zentrale Schlüsselpersonen vernetzt ist und ein äußerer Kreis weniger stark eingebundener Zentren. 3 von 4 Abbildung: Übersicht aller K-Zentren und deren Vernetzung über Personen (Quelle: convelop) 4 von 4