Aktuelle Fragen des Bankwesens, speziell der Bankenaufsicht in Deutschland und Syrien im Vergleich INAUGURALDISSERTATION Zur Erlangung des akademischen Grades eines doctor juris (Dr. jur.) der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften an der Technischen Universität Chemnitz vorgelegt von Muaiad Ibrahim geb. am 09.05.1972 in Homs (Syrien) Gutachter: Prof. Dr. Ludwig Gramlich Prof. Dr. Matthias Niedobitek Chemnitz, den 17. April 2013 Selbständigkeitserklärung Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Danksagung Meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Ludwig Gramlich, bin ich sehr dankbar für seine großzügige väterliche Betreuung während meiner wissenschaftlichen Untersuchungen. Seine Empfehlungen und Anweisungen haben größten Einfluss bei der Fertigstellung dieser Arbeit gehabt. Während dieses Zeitraums habe ich ihn immer freundlich und hilfebereit vorgefunden - seine Tür stand immer auf. Mein besonderer Dank gilt darüber hinaus dem Sprachtutor, Herrn Professor Dr. Peter Seidelmann, da seine redaktionelle Hilfe und sorgfältige Korrektur eine nachhaltige Auswirkung für die fehlerfreie und sinnvolle Lesbarkeit dieser Arbeit hatten. Gleichfalls danke ich meinen Eltern (Issa und Najah), die mein Vorhaben stets gut geheißen haben. Bei Problemen konnte ich immer mit ihrer Hilfe rechnen. Ich möchte ihnen auf ewig Respekt und Liebe gegenüber bringen und beste Wünsche aussprechen. Mein besonderer Dank gilt meiner Ehefrau Eva, da sie mich während der Anfertigung dieser Arbeit in jeder möglichen Hinsicht unterstützt hat und viel Geduld aufbrachte. Mariam, Fatima, und Kinda, meine Töchter: Euch gelten schöner herzlicher Dank und beste Wünsche, da ihr mit Eva in der Fremde meine besten Freunde gewesen seid. Sowohl schwierige als auch süße Zeiten haben wir zusammen geteilt und erlebt. Meinen Geschwistern sei an dieser Stelle gleichsam für ihre Unterstützung gedankt. Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................................... 7 Tabellenverzeichnis .................................................................................................................. 12 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................. 12 Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................ 13 Einleitung ................................................................................................................................. 17 1 Problemstellung ................................................................................................ 17 2 Eingrenzung der Untersuchung ........................................................................ 20 3 Methodik ........................................................................................................... 21 4 „Arabische Republik Syrien“ - Überblick über das Verfassungsgesetz ........... 23 Teil I Organisation der Bankenaufsicht ............................................................................... 26 A. Bundesrepublik Deutschland ............................................................................ 26 1 Nationale Bankenaufsicht ............................................................................ 26 1.1 Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ........... 26 a) Entstehung und Status ............................................................... 26 b) Sitz / Gerichtsstand der BaFin .................................................. 28 c) Forum für Finanzmarktaufsicht ................................................ 28 d) Erlass von Rechtsverordnungen ................................................ 29 e) Anordnungen ............................................................................. 29 f) Organe, Satzung ........................................................................ 30 g) Leitung der Bundesanstalt ......................................................... 30 1.2 Die Deutsche Bundesbank .................................................................. 32 a) Geschichte und Entwicklung .................................................... 32 b) Errichtung der Deutschen Bundesbank ..................................... 34 1.3 Zusammenarbeit der BaFin mit der Deutschen Bundesbank ............. 35 a) Allgemein .................................................................................. 35 b) Verfahren zum Erlass von Richtlinien der BaFin ..................... 37 2 Regionale / internationale Zusammenarbeit ................................................ 37 2.1 Einleitung ........................................................................................... 37 2.2 Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission......................... 38 2.3 Zusammenarbeit mit der Europäischen Bankenaufsichts- sowie mit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ......... 41 2.4 Zusammenarbeit mit dem Europäischen Bankenausschuss ............... 41 2.5 Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) .................................... 42 a) Kontext ...................................................................................... 42 b) Wirkungsbereich der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ................................................ 43 c) Errichtung der EBA .................................................................. 44 d) Sitz und Zusammensetzung der EBA ....................................... 44 e) Aufgaben und Befugnisse der EBA .......................................... 45 2.6 Beteiligung der Bundesregierung ....................................................... 48 2.7 Beteiligung des Bundesministers der Finanzen .................................. 49 B. Syrische Arabische Republik „Syrien“ ............................................................. 50 1 Ausgangslage ............................................................................................... 50 2 Organisation der Bankenaufsicht ................................................................. 52 2.1 Der Rat für Geld- und Kreditpolitik ................................................... 53 a) Allgemeine Aufgaben des Rates für Geld- und Kreditpolitik .............................................................................. 53 b) Teil II 8 Aufgaben des Rates in Bezug auf die Finanz- und Bankenaufsicht .......................................................................... 54 c) Zusammensetzung des Rates für Geld- und Kreditpolitik ........ 55 d) Neue Ausschüsse....................................................................... 56 2.2 Zentralbank (Central Bank of Syria) .................................................. 56 a) Entwicklung, Stellung und Aufgaben ....................................... 56 b) Verwaltungs- und Entscheidungsstruktur der Zentralbank ....... 59 2.3 Regierungskommissariat für die Banken ............................................ 60 a) Überblick ................................................................................... 60 b) Sitz des Regierungskommissariats ............................................ 60 c) Abteilungen des Regierungskommissariats .............................. 60 d) Aufgaben des Kommissariats.................................................... 63 e) Anordnungen ............................................................................. 64 f) Interner Prüfer ........................................................................... 64 g) Satzung des Regierungskommissariats ..................................... 65 2.4 Beteiligung des Regierungsrats (Kabinetts) ....................................... 66 C. Zusammenfassung und Vergleich .................................................................... 66 Geltungsbereich der Bankenaufsicht ......................................................................... 73 A. Bundesrepublik Deutschland ............................................................................ 73 1 Der Aufsicht unterliegende juristische Personen ......................................... 73 1.1 Begriffsbestimmungen ....................................................................... 73 a) Kreditinstitut und Unternehmen................................................ 73 b) Gewerbsmäßigkeit .................................................................... 75 c) Kaufmännischer Geschäftsbetrieb ............................................ 75 d) Betreiben von Bankgeschäften.................................................. 76 e) Einzelne Bankgeschäfte ............................................................ 76 f) Finanzdienstleistungsinstitute (§ 1 Abs. 1a) ............................. 81 g) Finanzunternehmen (§ 1 Abs. 3) ............................................... 82 h) Grenzüberschreitende Bankgeschäfte ....................................... 82 1.2 Ausnahmen nach § 2 KWG ................................................................ 87 a) Deutsche Bundesbank (Nr. 1) ................................................... 88 b) Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Nr. 2 ........................... 89 c) Sozialversicherungsträger und Bundesagentur für Arbeit (Nr. 3) ........................................................................................ 89 d) Öffentliche Schuldenverwaltung (Nr. 3a) ................................. 90 e) Kapitalanlagegesellschaften (Nr. 3b) ........................................ 90 f) Private und öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen (Nr. 4) ........................................... 90 g) Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBG) (Nr. 6) ......... 91 h) Bankgeschäfte mit Mutter- und Tochterunternehmen „Konzernprivileg“ (Nr. 7) ......................................................... 91 1.3 Verbotene Geschäfte .......................................................................... 92 2 Der Aufsicht unterliegende natürliche Personen ......................................... 93 B. Syrische Arabische Republik............................................................................ 95 1 Der Aufsicht unterliegende juristische Personen ......................................... 95 1.1 Begriffsbestimmungen ....................................................................... 95 a) Überblick ................................................................................... 95 b) Staatliche Banken ...................................................................... 96 c) Private Banken ........................................................................ 100 d) Banken .................................................................................... 101 e) Gewerbsmäßigkeit .................................................................. 102 f) Kaufmännischer Geschäftsbetrieb .......................................... 102 g) Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen ............................ 103 h) Bankgeschäfte islamischer Banken ......................................... 103 1.2 Unterstellung sämtlicher Finanzinstitute unter die Zentralbank ...... 118 a) Mikrofinanzinstitute ................................................................ 118 b) Geldhandelshäuser und Wechselstuben ................................. 119 c) Investmentbanken ................................................................... 121 d) In Freihandelszonen tätige Banken ......................................... 122 1.3 Repräsentanzen ................................................................................. 123 1.4 Ausnahmen ....................................................................................... 123 1.5 Verbotene Geschäfte ........................................................................ 124 2 Der Aufsicht unterliegende natürliche Personen ....................................... 125 C. Zusammenfassung und Vergleich .................................................................. 126 Teil III Banklizenz ................................................................................................................ 132 A. Bundesrepublik Deutschland .......................................................................... 132 1 Erlaubnispflicht .......................................................................................... 132 1.1 Träger der Erlaubnis ......................................................................... 134 1.2 Rechtsnatur der Erlaubnis................................................................. 135 1.3 Erlaubnisantrag ................................................................................. 135 a) Allgemeine Angaben............................................................... 136 b) Nachweis zur Einzahlung der erforderlichen Mittel (Abs. 1 Satz 2 Nr. 1) ............................................................................ 136 c) Geschäftsleiter (Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 4) .............................. 136 d) Geschäftsplan .......................................................................... 137 e) Angaben zu bedeutenden Beteiligungen (Abs. 1 Satz 2 Nr. 6) ............................................................................................. 137 f) Enge Verbindung zu anderen Personen .................................. 137 g) Bekanntmachung und Registrierung der Erlaubnis ................ 140 h) Versagung der Erlaubnis ......................................................... 141 i) Rechtsschutz............................................................................ 148 j) Fehlen der Erlaubnis, Erlöschen und Aufhebung der Erlaubnis ................................................................................. 148 k) Rechtsfolgen des Fehlens der Erlaubnis ................................. 150 l) Sondertatbestände: Stellvertretung und Fortführung bei Todesfall.................................................................................. 151 m) Rechtswirksamkeit ohne Erlaubnis abgeschlossener Rechtsgeschäfte ....................................................................... 151 n) Besonderheiten für Institute aus anderen Staaten bei der Erlaubniserteilung ................................................................... 152 B. Syrische Arabische Republik „Syrien“ ........................................................... 154 1 Erlaubnispflicht .......................................................................................... 154 1.1 Träger der Erlaubnis ......................................................................... 154 1.2 Beschränkung der Beteiligungen natürlicher und juristischer Personen ........................................................................................... 155 a) Zielsetzung .............................................................................. 155 b) Einzelheiten............................................................................. 156 c) Mindestanfangskapital ............................................................ 159 d) Weitere Angaben bei der Antragstellung ................................ 159 e) Erlaubnisantrag ....................................................................... 162 f) Verfahren und Prüfung............................................................ 163 g) Versagungsgründe für die Erlaubnis ....................................... 165 9 h) Fehlen der Erlaubnis ............................................................... 166 C. Zusammenfassung und Vergleich .................................................................. 167 Teil IV Eigenkapital, Liquidität und Kredite ........................................................................ 169 Einleitung ................................................................................................................. 169 A. Bundesrepublik Deutschland .......................................................................... 171 1 Angemessene Eigenmittelausstattung ........................................................ 171 1.1 Eigenmittel-Komponenten ............................................................... 174 1.2 Risikomessverfahren ........................................................................ 176 1.3 Erhebung personenbezogener Daten ................................................ 177 Exkurs: Statische und dynamische Eigenmittelkomponenten ................... 177 1.4 Entwicklung der Solvabilitätsverordnung als Bankenaufsichtsinstrument............................................................... 180 a) Beschreibung der Solvabilitätsverordnung (SolvV) ............... 182 b) Anwendungsbereich der Solvabilitätsverordnung .................. 183 c) Allgemeine Begriffe für anrechnungspflichtige Positionen.... 183 d) Angemessenheit der Eigenmittelausstattung eines Instituts ... 185 e) Meldungen zur Eigenmittelausstattung ................................... 187 f) Anzeigen bei Nichteinhaltung der Eigenmittelanforderungen gem. § 7 ........................................ 189 1.5 Berechnung der Eigenmittelausstattung von Instituts- und Finanzholding-Gruppen .................................................................... 189 1.6 Liquidität gem. § 11 KWG ............................................................... 192 Exkurs: Begrenzung von qualifizierten Beteiligungen gem. § 12 KWG: ...................................................................................... 194 1.7 Kreditgeschäft................................................................................... 194 a) Der Begriff des Kredits und des Kreditnehmers gem. § 19 .... 195 b) Großkredite ............................................................................. 196 1.8 Millionenkredite gem. § 14 .............................................................. 199 1.9 Organkredite gem. § 15 .................................................................... 201 1.10 Kreditunterlagen und Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse gem. § 18 ..................................................................... 203 1.11 Ausnahmen von den Verpflichtungen nach §§ 13 bis 13b und 14 ... 204 B. Syrische Arabische Republik „Syrien“ ........................................................... 204 1 Bestimmung der Angemessenheit der Eigenmittelausstattung .................. 204 1.1 Rechtsverordnung Nr. 253................................................................ 204 1.2 Beschreibung der Rechtsverordnung Nr. 253 .................................. 205 1.3 Anwendungsbereich der Rechtsverordnung Nr. 253........................ 205 1.4 Rechtsverordnungen zu Risiken ....................................................... 206 1.5 Eigenmittel bzw. “Eigenkapital“-Komponenten .............................. 207 a) Ermittlung der Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung (Solvabilität) .................................... 208 1.6 Ermittlung der Angemessenheit der Eigenmittelausstattung ........... 212 1.7 Meldungen zur Eigenmittelausstattung (Meldefrequenz) ................ 213 1.8 Personenbezogene Daten und deren Erhebung ................................ 213 2 Liquidität .................................................................................................... 215 3 Obergrenze für gewährte Kredite und Dienstleistungen ............................ 218 a) Millionenkredite ...................................................................... 221 b) Begrenzung der gewährten Kredite......................................... 222 c) Konzentration von Risiken auf eine Institutsgruppe und andere Rechtsformen............................................................... 222 3.2 Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse ................................ 225 10 C. Zusammenfassung und Vergleich .................................................................. 225 Teil V Basel III .................................................................................................................... 235 A. Einleitung........................................................................................................ 235 1 Erste Reaktionen auf das neue Rahmenwerk ............................................. 235 2 Die Grundlagen von Basel III .................................................................... 236 Basel III – ein Mosaikstein im Bereich der internationalen Bankenaufsicht: ................................................................................ 237 3 Neuregelungen von Basel III ..................................................................... 240 3.1 Mindestkapitalanforderungen und Kapitalpuffer ............................. 241 a) Definition des Eigenkapitals - Eigenkapitalkomponenten ...... 241 3.2 Mindestkapitalquoten, bezogen auf den jeweiligen Bestandteil ...... 242 3.3 Verbesserung der Eigenkapital-Qualität........................................... 242 a) Hartes Kernkapital .................................................................. 242 b) Zusätzliches Kernkapital ......................................................... 244 3.4 Quantitative Anforderungen an das Eigenkapital............................. 247 3.5 Finanzbeteiligungen ......................................................................... 250 a) Bedeutende Finanzbeteiligungen ............................................ 250 b) Nicht bedeutende Finanzbeteiligungen ................................... 251 3.6 Eigenkapitalpuffer ............................................................................ 252 3.7 Antizyklischer Kapitalpuffer ............................................................ 252 3.8 Höchstverschuldungsquote (Leverage Ratio)................................... 253 3.9 Fixierung einer Verschuldungsquote als antizyklische Maßnahme ........................................................................................ 254 a) Berechnung der Verschuldungsquote ..................................... 254 3.10 Liquiditätsanforderungen (Liquidity Coverage Ratio) ..................... 256 a) Liquiditätsdeckungsquote ....................................................... 256 b) Stabile Refinanzierungsquote (NSFR) .................................... 257 3.11 Die quantitative Behandlung von Kontrahentenausfallrisiken unter Basel III ................................................................................... 259 a) Begriffsbestimmung ................................................................ 260 b) Nicht börslich gehandelte Derivate „Over The Counter (OTC)“ .................................................................................... 260 3.12 Anforderungen an das Risikomanagement ....................................... 261 a) Ausgewählte Bereiche des Risikomanagements ..................... 262 3.13 Großkreditvorschriften ..................................................................... 264 B. Zusammenfassung - Erwartungen .................................................................. 265 1.1 Auswirkungen für den Finanzsektor ................................................ 265 a) Reduziertes Risiko einer systemischen Bankenkrise .............. 265 b) Reduzierte Kreditvergabekapazität ......................................... 265 c) Minderung der Anreize für Investoren.................................... 266 d) Gefahr der Regulierungsarbitrage ........................................... 266 1.2 Auswirkungen für einzelne Institute ................................................ 266 a) Druck auf die Renditen ........................................................... 266 b) Transformation / Verlagerung von kurz- zu langfristiger Finanzierung............................................................................ 267 1.3 Auswirkungen auf Geschäftsfelder und Produkte ............................ 267 a) Profitabilität des Bankgeschäfts .............................................. 267 Fazit 269 Quellenverzeichnis ................................................................................................................. 277 11 Tabellenverzeichnis Statische und dynamische Bestandteile der Eigenmittelkomponenten § 10 KWG ............... 180 Formblatt (1) Ermittlung der Angemessenheit des Eigenkapitals ......................................... 210 Formblatt (1, a) Ermittlung der Angemessenheit des Eigenkapitals ...................................... 210 Das haftende Eigenkapital in Syrien ...................................................................................... 211 Übergangsbestimmungen des Basel III .................................................................................. 250 Abbildungsverzeichnis Organisation der Bankenaufsicht in Syrien .............................................................................. 52 Mudaraba-muschtaraka .......................................................................................................... 148 Eigenmittelbestandteile nach § 10 KWG in Deutschland ...................................................... 169 Bestandteile des Eigenkapitals in Syrien ............................................................................... 208 Prinzipielle Eigenkapitalstruktur nach Basel III .................................................................... 240 Quantitative Kapitalanforderungen nach Basel III................................................................. 241 Institut mit Liquiditätspuffer nach Basel III ........................................................................... 259 Institut ohne Liquiditätspuffer nach Basel III ........................................................................ 259 12 Abkürzungsverzeichnis § Paragraph AAOIFI Accounting and Auditing Organisation for Islamic Financial Institutions AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AnzV Anzeigenverordnung BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BbankG Gesetz über die Deutsche Bundesbank BdL Bank deutscher Länder BDSG Bundesdatenschutzgesetz BIP Bruttoinlandsprodukt BMF Bundesministerium der Finanzen Bspw. Beispielsweise BVerwG Bundesverwaltungsgericht Ca. Circa CCP Central Counterparty (Zentraler Kontrahent) CRD Capital Requirements Directive (Richtlinien über Eigenkapitalanforderungen) CRR Capital Requirements Regulation (Verordnung über Eigenkapitalan- forderungen) CRR-E Entwurf zur CRR CVA Credit Value Adjustment (Anpassung der Kreditbewertung) DBB Deutsche Bundesbank DepG Depotgesetz, Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren DSGV Deutscher Sparkassen- und Giroverband EBA European Banking Authority (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) EGV Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft 13 Eingef. eingeführt EMIR European Market Infrastructure Regulation ERW Europäischer Wirtschaftsraum ESMA European Securities and Markets Authority (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) ESRB European Systemic Risk Board (Europäischer Ausschuss für Systemrisiken) EU Europäische Union EUV Vertrag über die Europäische Union EU-VO Europäische Verordnung ff. fortfolgende FinDAG Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz FinDASa Satzung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht FMFG Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Finanzmarktförderungsgesetz) FRUG Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarktrichtlinie- Umsetzungsgesetz) FSB Financial Stability Board (Finanzstabilitätsrat) GroMiKV Großkredit- und Millionenkreditverordnung GuV Gewinn- und Verlustrechnung HBG Hypothekenbankgesetz HGB Handelsgesetzbuch IFSR International Financial Reporting Standards i.H.v. in Höhe von IMM Interne Modelle Methode IRBA Internal Ratings-Based Approach (Auf internen Ratings basierender Ansatz) InsO Insolvenzordnung 14 i.S.d. im Sinne des./ der i.S.v. im Sinne von i.V.m. im Vergleich mit i.V.m. in Verbindung mit KSA Kreditrisiko-Standardansatz KWG Gesetz über das Kreditwesen LCR Liquidity Coverage Ratio (Liquiditätsdeckungsquote) LiqV Liquiditätsverordnung LZBen Landeszentralbanken m.a.W. mit anderem Wort Mdr. Miliarden M.I. Muaiad Ibrahim Mio. Millionen m.W.v. mit Wirkung vom MaRisk Mindestanforderungen an das Risikomanagement NSFR Net Stable Funding Ratio (Stabile Refinanzierungsquote) ÖPG Gesetz über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten OTC Over The Counter (Außerbörslicher Handel) PflVG Pflichtversicherungsgesetz - Gesetz über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter RechKredV Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung RN. Randnummer RVO Rechtsverordnung RW Risikogewicht RWA Risik-Weighted Assets (Risikogewichtete Aktiva) S. Seite 15 S&P Standard & Poor’s SPK Sparkasse SolvV Solvabilitätsverordnung u.a. unter anderem UBG Unternehmensbeteiligungsgesellschaften Vergl. vergleiche VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz WpHG Wertpapierhandelsgesetz ZAG Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz z.T. zum Teil z.Z. zurzeit 16 Einleitung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Bankenaufsichtsrecht in der Bundesrepublik Deutschland und in der „Arabischen Republik SYRIEN“. Die Forschung basiert auf der Gegenüberstellung bestimmter Themen- bzw. Tätigkeitsfelder in den beiden Rechtssystemen. 1 Problemstellung Aus einem weltweiten Überblick über die Entwicklungsgeschichte des Bankwesens und der Bankgeschäfte ergibt sich, dass die Wurzeln des Bankwesens mit dem Aufkommen des Geldes und des kommerziellen Austauschs (mit der sich ausweitenden Praxis von Transaktionen) verbunden sind. So entwickelte sich etwa 5.000 v. Chr. bei den Babyloniern (Irak) und den alten Ägyptern eine arbeitsteilige Gesellschaft – mit der Folge, dass es Tauschprozesse - erstmalig damit auch Wertmessungen - abzuwickeln galt.1 Der Begriff „Bank“ wurde von dem Wort „banca“ - großer Tisch im Unternehmen - abgeleitet, da die ersten Bankiers und Geldwechsler hinter ihren Tischen (Trapeza) saßen und die Werte bzw. Wertträger wechselten.2 Danach entwickelte sich dieser Beruf aus der Notwendigkeit heraus, den Umlauf, die Aufbewahrung und die Anlage von Geldern zu organisieren - bis hin zu ihrer heutigen, professionellen Form. In einem darauffolgenden Schritt der Bankenentwicklung wurden in Italien bereits im 14. Jahrhundert die ersten Bankvorschriften durch die dortigen Herrscher erlassen. Diese enthielten eine Regulierung des Geldumlaufs, der Wechselkurse, des Handels mit Währungen und der Lizenzierung solcher Tätigkeiten wie Geldumtausch, (Order-)Zahlungsaufträge etc.3 Damals wurden die ersten Überwachungen und Kontrollen des Finanzmarktes und später des Bankensektors eingeführt, und vielleicht waren diese Eingriffe - diese durchaus schon staatlichen Interventionen - die historischen Vorläufer der derzeitigen Bankenaufsicht. Erheblich erweitert und entwickelt wurden die italienischen Erfahrungen in ganz Europa und in den USA in den 19. und 20. Jahrhundert, insbesondere mit dem Hervortreten spezialisierter Ökonomen mit ihren Finanz- und Wirtschaftstheorien. Danach wird das westliche Bankwesensystem in alle Welt – vor allem durch die Kolonialmächte - verbreitet.4 1 2 3 4 Schwintowski/ Schäfer, Bankrecht Commercial Banking- Investment Banking 1997, S. 3, RN. 2. AaO, S. 4, RN. 2. Shalhoob,Währungswesen und Bankengeschäfte, S. 264 ff. Ebenda. 17 Bei den Banken bauen sich - aus zahlreichen, allgemein bekannten Gründen – enorme Volumina an Geldern und Vermögenswerten auf - sowohl einzelner Personen, Unternehmen, Institutionen als auch der Regierungen. Dies fordert die Regierungen heraus, einen dauer-haften Schutz dieser Einlagen und Vermögenswerte vor eventuellen Verlusten und/oder Missbrauch durch die mit ihnen befassten Akteure zu garantieren - und dies genau ist die Bankenaufsicht selbst. Eine Bankenaufsicht bedeutet dabei die laufende Überwachung, Kontrolle, Behandlung Missbrauchsbekämpfung im Bankensektor und – in den besten Fällen – ein früheres Erkennen bestimmter Ereignisse auf den Finanzmärkten, um deren möglicherweise schädliche Auswirkungen zu vermeiden. Während ein gesunder Bankensektor eine durchweg bedeutsame, vorteilhafte Rolle in jeder Volkswirtschaft spielt, haben dagegen Störungen in diesem Sektor negative – manchmal katastrophale – Folgen für die Gesamtwirtschaft eines Landes. Weniger lokale als eher überregionale - zumeist internationale - Probleme haben dazu geführt, dass Störungen im Banken- oder Finanzmarkt eines Landes andere Länder ansteckten, wie in der jüngsten Geschichte der Neuzeit - also seit der großen Finanzkrise von 1931 – mehrmals geschehen und bis in die derzeitige Finanzkrise hinein immer wieder nachzuweisen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde unter dem Druck der Notwendigkeit einer weitgehenden Harmonisierung, Koordination und zudem möglichst engen Zusammenarbeit zwischen den Bankenaufsichtsbehörden der Industrieländer der Baseler Ausschussfür Bankenaufsicht5 in Basel (Schweiz) ins Leben gerufen. Dieser Ausschuss hat die Grundlagen der „prudenziellen“ Bankenaufsicht in Form von unverbindlichen Empfehlungen erstellt. Vor dem Hintergrund der global rasanten Entwicklung - insbesondere dem der ungeheuer rasch fortschreitenden Technologie bei den Kommunikations- und IT-Systemen und der dadurch schnell und global miteinander vernetzten Finanzmärkte - wurde angestrebt, eine inter-nationale Vereinheitlichung der Bankenaufsichtstätigkeit zu erreichen. Diese Bestrebungen werden in Europa durch die jüngst gegründete Europäische Beaufsichtigungsbehörde (EBA) vertreten. Denn regional wie international tätige Unternehmen erwarten heutzutage insbesondere im Bereich der grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen immer neue, günstigere und sicherere Möglichkeiten. Zur Zielsetzung der Bankenaufsicht gehört es, Gefahren im Bereich des Finanz- und Bankenmarktes im Rahmen einer Präventivfunktion möglichst zu vermeiden oder frühzeitig zu 5 18 Der Baseler Ausschuss (Basel Committee on Banking Supervision) ist von den Zentralbanken und zuständigen Bankenaufsicht der G 10-Staaten (Industrielle Staaten) 1974 - mit Sitz bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Bank for International Settlements), BIZ – gegründet. Der Anlass war zuerst der Zusammenbruch des Bankhauses I.D. Herstatt, aber das allgmeine Ziel war, weitere Insolvenzen im Kreditwesen zu vermeiden. Website: http://www.bis.org/bcbs/about.htm erkennen, um rechtzeitig geeignete Gegenmaßnahmen einzugreifen. Damit können Schäden für den Bankensektor und infolgedessen für die Volkswirtschaften insgesamt verhindert werden. In Syrien wurden neue Gesetze für Privatbanken (2001), islamische Banken (2005) und später für Investmentbanken (2010) verabschiedet. Hinzu kommen die zahlreichen durch den Rat für Geld- und Kreditpolitik erlassenen ergänzenden Rechtsverordnungen. Mit diesen Gesetzen - und auch anderen – trat Syrien in eine neue Zeit (Etappe) ein, wobei Syrien - wie bekannt – seit 1958 einen sozialistischen Umgestaltungsansatz verfolgt hatte. Für Juristen sind diese Gesetze aus verschiedenen Aspekten der Untersuchung wert - insbesondere, wenn die Untersuchungsergebnisse einem europäischen Gesetz für Banken - genauer: dem deutschen Kreditwesengesetz (KWG) - gegenübergestellt werden. Deswegen gilt die Forschung in diesem Bereich als eine gute Gelegenheit, die in Europa aktuellen Neuerungen im Bankwesen einzusehen bzw. zu entdecken, wobei während der Anfertigung der hier vorgelegten Arbeit zahlreiche Änderungen am deutschen Kreditwesengesetz vorgenommen wurden und in Kraft traten. Noch wichtiger: Mittlerweile wird über das interessante neuere Reformpaket (Basel III), über die erwarteten neuen Vorschriften, Anforderungen und die mit diesen einhergehenden Anpassungen (z.B. die Etablierung neuer Behörden usw.), die bereits Anfang 2013 umgesetzt werden sollten, sehr intensiv diskutiert. Die Untersuchung beider Rechtsordnungen (Deutschland und Syrien) und somit deren Vergleich wurden trotz der erheblichen Unterschiede zwischen den beiden Ländern unter vielfältigen Aspekten durchgeführt. Dabei sind die folgenden Unterschiede zu beachten:6 Deutschland liegt in Europa, ist eine der größten Volkswirtschaften der Welt und nimmt eine federführende, prosperierende Rolle in Europa ein; es hat seit langem einen fortschrittlichen Finanz- bzw. Bankensektor. Im Gegensatz dazu ist Syrien ein arabischer Staat in Asien, und dort spielen die wirtschaftlichen Organisationen und Strukturen (noch) keine bedeutsame Rolle. Der Entwicklungsstand der beiden Länder ist sehr unterschiedlich. Jedes der beiden Länder hat sein eigenes sozialökonomisches System aufgebaut, die sich voneinander sehr stark unterscheiden: Deutschland ist ein hochentwickeltes Industrieland, Syrien dagegen ein Entwicklungsland. Große Unterschiede zwischen den beiden Ländern findet man darüber hinaus in Bezug auf das innere, politische System: Während Deutschland der Föderalismus prägt, ist es 6 Angelehnt an Ma, Wei-hua, Die Bankenaufsicht in der VR China und in der Bundesrepublik Deutschland, eine rechtsvergleichende Analyse, Dissertation 1999, S. 20. 19 in Syrien dagegen die Zentralisierung, die den Charakter des Systems maßgeblich bestimmt. Allerdings bleiben viele Zuständigkeiten bei den Kommunen, wenn auch weniger i.V.m. denen in Deutschland. Wegen ihrer geographischen Lage sind die Entwicklungsgeschichten der beiden Länder sehr unterschiedlich ausgeprägt und folglich auch die Traditionen und Kulturen, zudem auf verschiedenen Ebenen die auswärtigen Beziehungen, z.B. in allgemeingesellschaftlicher, wirtschaftlicher, ökonomischer wie auch rechtlicher etc. Hinsicht. Daher scheint es für die Forscher eine lohnende und weiterführende Zielsetzung, die entsprechenden deutschen und europäischen Rechtsvorschriften in diesem Bereich zu betrachten. Aus diesen Regelungen lassen sich viele Erkenntnisse erlangen, insbesondere für die syrische Seite, weil Syrien im Bankensektor bisher noch immer am Anfang steht und nur kleine Schritte in diesem Bereich hin zu einem modernen Finanzwesen gemacht hat. 2 Eingrenzung der Untersuchung Die vorliegende Arbeit beschränkt sich - wie oben gesagt - auf einen Rechtsvergleich für bestimmte, ausgewählte Arbeitsgebiete, also auf einen die Handlungsspielräume betreffenden Vergleich zwischen der Stellung von Kreditinstituten in Bundesrepublik Deutschland gemäß dem Gesetz über das Kreditwesen,7 dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG)8 und einigen gesetzlich untrennbar mit diesen verbundenen Rechtsverordnungen zu Bereichen der Arbeit in bestimmten Punkten, wie z.B. unter der Solvabilitätsverordnung9 und einigen anderen (aber nicht weniger wichtigen) Regelungen, und andererseits von Banken in Syrien (Privatbanken, G-2810, und islamische Banken, G-3511 sowie G-2312, und zudem zahlreiche Rechtsverordnungen, die vom 7 8 9 10 11 20 In der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), zuletzt geändert durch Art. 9 G zur Umsetzung der Richtlinie 2010/73/EU und zur Änderung des BörsenG vom 26.6.2012 (BGBl. I S. 1375). Vorher war das Reichsgesetz über das Kreditwesen vom 05.12.1934 (RGBl. I S. 1203) in Kraft, das unter der Geltung des GG. neu am 10.07.1961 in Gesetz über das Kreditwesen - KWG - (BGBl. I S. 881) umbenannt wurde. FinDAG vom 22. April 2002 (BGBl. I S. 1310), zuletzt geändert durch Art. 19 des Gesetzes v. 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2481). Solvabilitätsverordnung - SolvV; Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen vom 14. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2926). Gesetz für Zulassung der Privatbanken in Syrien vom 16.04.2001, das mit G-3 vom 04.01.2010 teilweise novelliert wurde. Gesetz für die Gründung der islamischen Banken vom 04.05.2005, das mit G-3 vom 04.01.2010 teilweise novelliert wurde. Rat für Geld- und Kreditpolitik erlassen wurden und eine grundlegende, unverzichtbare Funktion haben). Darüber hinaus schließt die Untersuchung ein besonderes Kapitel ein - über das Eigenkapital, über Liquidität und Kredite sowie über die Angemessenheit der Eigenkapital-ausstattung eines Instituts bzw. einer Bank. Diese Punkte sind bezogen auf ein Institut bzw. eine Bank entscheidend für die Beurteilung der finanziellen Lage des Hauses, und auf dieser Basis entscheidet die Bankenaufsichtsbehörde des jeweiligen Landes, ob Maßnahmen gegenüber dem Institut eingriffen werden müssen oder nicht. Überdies enthält die Arbeit ein weiteres Kapitel über die Grundzüge des neuen Reformpakets (Basel III von 2010) und die dazu noch erwarteten Vorschriften, da die Anwendung dieser Vorschriften künftig die internationale Grundlage auch für den EU-Binnenmarkt sein wird und zudem die Kriterien für die Bankenaufsicht neu feststellt. Das Bankenaufsichtsrecht in Syrien befindet sich z.Z. noch in einer Anfangsetappe, hat jedoch bis 2012 gute Fortschritte in kurzer Zeit trotz umfangreicher Schwierigkeiten und Schwächen erzielt. Die Bankenaufsicht in Syrien erwarten zahlreiche Herausforderungen, die es zu meistern gilt, um mit den Innovationen und Anforderungen in diesem Bereich Schritt zu halten. Es braucht einige Zeit, um solche Schwierigkeiten zu überwinden. Die behandelten Themen sind unter mehreren Aspekten interessant, aktuell und von ausgeprägter Internationalität; sie bestimmen gegenwärtig die ständigen Sorgen der Wissenschaftler in Bankwesen und in der Bankenaufsicht der ganzen Welt. 3 Methodik Die vorgelegte Arbeit verfolgt das Ziel, eine Gegenüberstellung ausgewählter Problem- felder der Bundesrepublik Deutschland mit den entsprechenden Bereichen in der Syrischen Arabischen Republik „Syrien“ zu erreichen. Die Untersuchung beginnt jeweils - also bei jedem Teil (Kapitel) - mit Deutschland, wendet sich dann Syrien zu und mündet anschließend in einen zusammenfassenden Vergleich der beiden Rechtsordnungen im jeweils konkreten Bezug. Die nachstehende Arbeit betrifft nicht alle Facetten der Bankenaufsichtstätigkeit, sondern konzentriert sich auf bestimmte, für wichtig befundene und deshalb ausgewählte Schwerpunkte. Untersucht werden hierbei in beiden Ländern die aktuell angewandten Regelungen und Standards der Beaufsichtigung im Rahmen der jeweiligen Rechtsordnung. Es 12 Gesetz für die Zentralbank und für den Rat für Geld- und Kreditpolitik vom 17.03.2002, das durch G-21 vom 9. Februar 2011 geändert wurde. 21 ist unerlässlich zu erwähnen, dass zahlreiche Regelungen im Laufe der Anfertigung dieser Arbeit geändert worden sind und versucht wurde, mit dieser Folge von Novellierungen in der Arbeit möglichst Schritt zu halten. Das erste Kapitel nach dieser Einleitung befasst sich mit dem Thema „Organisation der Bankenaufsicht“ und der für sie zuständigen Behörden sowie der erforderlichen Zusammenarbeit mit den im Ausland z.T. neu eingerichteten Behörden. Die Arbeit widmet sich dann im zweiten Kapitel einem bedeutenden Teil des „Geltungsbereichs der Bankenaufsicht“, indem sie die der Beaufsichtigung unterstehenden natürlichen sowie juristischen Personen – auch mit den gesetzlich geregelten Ausnahmen - benennt. Außerdem werden die Kriterien der Unterwerfung unter die Bankenaufsicht (das Betreiben bestimmter Geschäfte usw.) aufgeführt. Danach behandelt das dritte Kapitel „Erteilung von Bankerlaubnissen“ die Verfahren der Erlaubniserteilung, die Voraussetzungen und Versagungsgründe sowie das Erlöschen oder die Gründe für den Entzug einer Erlaubnis. Anschließend widmet sich ein Kapitel dem Thema „Eigenkapital, Liquidität und Großkredite“. Die in diesem Kapitel besprochenen Regelungen wurden im Zuge der Entwicklung der Bankenaufsicht immer wieder geändert. Diese Änderungen trafen die in diesem Teil (Kapitel) erörterten Normen stärker als die meisten anderen. Das liegt darin begründet, dass quantitative und qualitative Anforderungen bzw. Kriterien bei der Festlegung der Kreditobergrenzen eine zentrale Rolle für die Bankenaufsicht spielen, da diese Limitierungen zur Garantie des Schutzes der Einleger - d.h. des Schutzes der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte vor Verlusten - und zur Stabilisierung der Gesamtvolkswirtschaft eines Landes wesentlich beitragen. Diese Themenschwerpunkte (Eigenkapital etc.) sind letztendlich Gegenstand des letzten Teils, der hier in dieser Arbeit „Basel III“ genannt wird. Das also abschließende Kapitel behandelt das Thema „Basel III“ und die dort diskutierten Empfehlungen, die demnächst ab 2013 in Europa/der EU umgesetzt werden sollten. Sie befassen sich mit den aktualisierten Liquiditäts-, Eigenkapital- und Risikomanagement-Anforderungen im Banken- und Finanzmarkt. Diese werden in Europa mittels einer verbindlichen EU-Verordnung in Kraft treten. Zahlreiche Begriffe und Normen werden mit den neuen Vorgaben „Basel III“ zum ersten Mal eingeführt werden. Die Arbeit endet mit einem Fazit, das eine kurze Zusammenfassung und einen aus der Gesamtuntersuchung resultierenden Ausblick bringt. 22 4 „Arabische Republik Syrien“ - Überblick über das Verfassungsgesetz Syrien ist ein Staat in Vorderasien und Teil des arabischen Maschrek. Mit rund 185.000 Quadratkilometern ist Syrien ungefähr halb so groß wie Deutschland. Aber die Einwohnerzahl nach offiziellen Angaben der Anstalt für Statistik beträgt „nur“ ca. 22,029 Einwohner.13 Die Hauptstadt ist Damaskus. Nach Art. 2 Nr. 1 Verfassungsgesetz von 2012 ist Syrien ein Einheitsstaat mit einem republikanischen System,14 das als Semi-Präsidialsystem bezeichnet werden kann. Das politische System des Staates richtet sich an dem Prinzip des politischen Pluralismus aus, und die staatliche Macht wird demokratisch durch Wahlen legitimiert (Art. 8 Nr. 1).15 Ein besonderes Merkmal des neuen syrischen Verfassungsgesetzes besteht darin, dass Parteien, welche eine ethnische Minderheit oder eine religiöse Gruppe repräsentieren, absolut verboten sind (Art. 8 Nr. 4). Eine der Hauptquelle der Gesetzgebung ist gem. Art. 3 Nr. 2 des Verfassungsgesetzes die islamische Scharia (Jurisprudenz). Der Präsident muss außerdem muslimischen Glaubens sein (Art. 3 Nr. 1). Nach Art. 3 Nr. 3 achtet der Staat jedoch alle Religionen und gewährleistet er – unter der Voraussetzung, dass diese sich nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet die ungestörte Religionsausübung. Hinzuzufügen ist, dass sich das anwendbare Ehe- und Familienrecht nach der Religionszugehörigkeit bestimmt (Art. 3 Nr. 4). Die legislative Gewalt liegt beim Volksrat (Parlament), dessen 250 Abgeordnete für vier Jahre gewählt werden (Art. 56). Nach Art. 57 werden die Abgeordneten des Syrischen Parlaments (in Syrien wird dieses Volksrat genannt) in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Um möglichst soziale Gerechtigkeit in der Gesellschaft zu erreichen und um eine größere Teilhabe weitester Schichten der Gesellschaft an dem legislativen politischen Prozess zu fördern, hat der Verfassungsgeber in Art. 60 Nr. 2 vorgesehen, dass die Hälfte der Abgeordneten aus den Kreisen der Arbeitern und der Bauern stammen müssen.16 Nach Art. 55 übernimmt das Parlament die Aufgabe der Gesetzgebung gem. der in diesem Verfassungsgesetz normierten Art und Weise. Art. 75 bestimmt die Zuständigkeiten des 13 14 15 16 Anstalt für Statistik (Syrien) 28.03.2013, http://www.cbssyr.org/. Syrisches Verfassungsgesetz vom 28.02.2012, http://parliament.sy/forms/new_laws/viewNew_laws.php?law_id=37. Früher basierte das Regierungssystem auf einem (fast) Einparteiensystem – gem. Art. 8 des ehemaliges Verfassungsgesetzes. Die Albaath-Partei hat seit 1974 eine Koalition mit anderen Parteien (Kommunistische Partei, Arabische Sozialistische Union usw.) in der sog. „Nationalen Fortschrittfront“ geschlossen und immer nationale Koalitionsregierungen geführt. Das allgemeine Wahlgesetz vom 03.08.2011 hat die Begriffe für Arbeiter und Bauer in § 1 (Begriffsbestimmungen) festgelegt. 23 Parlaments, dessen Nr. 1 erfaßt dabei das Verabschieden von Gesetzen. Die von dem Parlament verabschiedeten Gesetze müssen vom Präsidenten verkündet bzw. erlassen werden, Art. 100. Der Präsident darf gegen ein Gesetz einen begründeten Einspruch binnen eines Monats ab dem Datum des Eingangs des Dokuments bei der Präsidentschaft der Republik erheben. Wenn das Parlament im Falle des Einwandes des Präsidenten auf seiner Meinung bezüglich des Gesetzes mit Zweidrittel-Mehrheit der Abgeordneten beharren würde, müsste der Präsident sich dem fügen und das Gesetz erlassen. Nach Art. 101 ist der Präsident der Republik berechtigt, Dekrete, Verordnungen und Verfügungen in Übereinstimmung mit den gültigen Gesetzen zu erlassen. Nach Art. 113 Nr. 1 übernimmt der Präsident die Gesetzgebung in drei Fällen - entweder außerhalb der Legislativperiode des Parlaments, während derselben in Situationen höchster Notwendigkeit oder nach Auflösung des Parlaments. Aber die nach Art. 113 Nr. 1 durch den Präsident erlassenen Gesetzen müssen gem. Nr. 2 innerhalb von fünfzehn Tagen nach der ersten Sitzung dem (neuen) Parlament vorgelegt werden. Nach Nr. 3 ist das Parlament bezüglich dieser Gesetze berechtigt, sie entweder zu stornieren (aufzuheben) oder zu ändern (novellieren) durch ein weiteres Gesetz, die dafür geforderte Mehrheit sind zwei Drittel der Anwesenden. Wenn das vom Präsidenten erlassene Gesetz nicht aufgehoben oder geändert wird, gilt dies implizit als verfassungsgemäß und wird weiterhin angewendet. Damit wird klargestellt, dass das syrische Verfassungsgesetz dem Präsidenten weitreichende Gesetzgebungszuständigkeiten – aber immerhin unter Nachprüfung und Ratifizierung durch das Parlament - übertragen hat. Zudem enthält das Verfassungsgesetz die weltweit bekannten Grundrechte. Schon in dem letzten Absatz der Präambel des Verfassungsgesetzes wird dieses Thema neben anderen angesprochen. Dem Thema „Grundrechte, Freiheiten und Gesetzesherrschaft“ wird dann der zweite Teil, erster Abschnitt des Verfassungsgesetzes gewidmet, d.h. Art. 33 bis Art. 54. Z.B. sind - neben anderen – als Grundrechte gewährleistet: allgemeines Freiheitsrecht (Art. 33 Nr. 1), Gleichheit zwischen allen Bürgern (ohne Unterschied etwa nach Geschlecht (Frauen oder Männern), Hautfarbe, sozialer, nationaler oder ethnischer Herkunft, Religion bzw. Glaube, politischer oder sonstiger Überzeugung oder nach Sprache, Art. 33 Nr. 3). Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind gem. Art. 37 unverletzlich. Alle Syrer haben das Recht auf Freizügigkeit im ganzen Hoheitsgebiet des Staates, eine Einschränkung dieses Rechts auf Grund eines Gesetzes oder eines Beschlusses der Staatsanwaltschaft bzw. eines Gerichts oder zum Schutz der nationalen Unversehrtheit kann jedoch vorgenommen werden (Art. 38 Nr. 3). Der Staat gewährleistet die Chancengleichheit zwi24 schen den Bürgern (Art. 33 Nr. 4). Das Privatleben ist gesetzlich geschützt (Art. 36 Nr. 1). Die Wohnung ist unverletzlich, eine Durchsuchung darf nur durch den Richter angeordnet werden (Art. 36 Nr. 2). Das Recht auf Arbeit hat jeder Syrer, der Staat organisiert diese Rechte und die Arbeiterrechte (Art. 40). Die Freiheit des Glaubens und des Gewissens sind unverletzlich (Art. 42 Nr. 1). Jeder Bürger hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und ungehindert zu verbreiten bzw. zu äußern (Art. 42 Nr. 2). Der Staat gewährleistet gem. Art 43 die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch verschiedene Medien (Rundfunk, Fernsehen usw.). Alle syrischen Bürger haben das Recht, sich friedlich zu versammeln, oder in den Streik zu treten (Art. 44). Alle Syrer haben das Recht, Vereine und Gewerkschaften zu bilden, unter Beachtung der nationalen Grundlagen, legitimer Ziele und mit friedlichen Mitteln (Art. 45). Wahlen und Abstimmungen sind ein Recht und eine Pflicht aller (volljährigen) Bürger (Art. 49). Durch die seit 2012 eingetretenen Ereignisse ist es aber zweifelhaft, ob und wie weit das neue Verfassungsgesetz in der Lebenswirklichkeit große Bedeutung erlangt hat. 25 Teil I Organisation der Bankenaufsicht A. Bundesrepublik Deutschland Die Tätigkeit der Bankenaufsicht verlangt selbstverständlich spezialisierte Institutionen bzw. Behörden, um die Überwachung der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute möglichst umfassend zu realisieren. Aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland ist es für die erforderliche Koordination und Zusammenarbeit auf der EU-Ebene zudem notwendig, zwischen nationaler und internationaler Ebene zu unterscheiden. 1 Nationale Bankenaufsicht 1.1 Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)17 a) Entstehung und Status Träger der Bankenaufsicht in Deutschland ist gem. § 6 Abs. 1 KWG18 die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die ihre Bezeichnung „Bundesanstalt“ gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 FinDAG (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz) führt. Die Bundesanstalt19 - kurz „BaFin" wurde durch die Zusammenlegung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen, des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen und des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel als (rechtsfähige) Anstalt des öffentlichen Rechts zum 01.05.2002 errichtet (§ 1 17 18 19 26 Früher oblag die staatliche Aufsicht über das Kreditwesen in der Bundesrepublik Deutschland dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAK). Das BAK errichtete man nach der Rezentralisierung der Aufsichtsbefugnisse gem. § 63 Abs. 1 Nr. 25 ff. KWG von 1961. Dementsprechend wurden die dezentralen Aufsichtsbefugnisse der Länder aufgehoben und mit Inkrafttreten des KWG am 1. Januar 1962 auf nationaler Ebene beim neu geschaffenen „Bundesaufsichtsamt“ rezentralisiert. Vgl. Hütz, Dissertation, Die Bankenaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in den USA, ein Rechtsvergleich, 1990, S. 60. In der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), zuletzt geändert durch Art. 9 G zur Umsetzung der Richtlinie 2010/73/EU und zur Änderung des BörsenG vom 26.6.2012 (BGBl. I S. 1375). Vorher war das Reichsgesetz über das Kreditwesen vom 05.12.1934 (RGBl. I S. 1203), das unter der Geltung des GG am 10.07.1961 neu gefasst und nunmehr „Gesetz über das Kreditwesen“ - KWG - (BGBl. I S. 881) wurde, in Kraft. Die wesentlichen Änderungen zum KWG sind wie folgt: Erste KWG-Novelle vom 23.12.1971 (BGBl. I S. 2139), Zweite KWG-Novelle vom 24.03.1976 (BGBl. I S. 725), Dritte KWG-Novelle vom 20.12.1984 (BGBl. I S. 1693), Vierte KWG-Novelle vom 21.12.1992 (BGBl. I S. 2211), Fünfte KWG-Novelle vom 28.09.1995 (BGBl. I S. 2735), Sechste KWG-Novelle vom 22.10.1997 (BGBl. I S. 2518) und Siebente KWG-Novelle vom 17.11.2006 (BGBl. I S. 2606); s. Krämer/Waschbuch, Bankenaufsicht in Theorie und Praxis, 2009, S. 61. Laut Website der BaFin - Stand Februar 2012 – sind von der BaFin mit ihren rund 2100 Beschäftigten (an den beiden Sitzen Frankfurt am Main und Bonn) zu beaufsichtigende Institute: 1.880 Banken, 680 Finanzdienstleistungsinstitute, etwa 600 Versicherungsunternehmen und 30 Pensionsfonds sowie ca. 5.900 inländische Fonds und 77 Kapitalanlagegesellschaften; s. http://www.bafin.de/DE/DieBaFin/AufgabenGeschichte/aufgabengeschichte_node.html. Abs. 1 Satz 1 FinDAG).20 Die BaFin gilt seit diesem Schritt (der Vereinigung der o.g. Ämter zur deutschen Finanzaufsicht) als Allfinanzaufsichtsbehörde.21 Die Errichtung der BaFin als selbstständige Bundesoberbehörde gründet sich auf die Verwaltungskompetenz und auf die Ermächtigungsnorm des Bundes in Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG. Da der Bund verfassungsgemäß keine ausdrückliche Verwaltungszuständigkeit für die Bankenaufsicht besitzt, darf die Bundesanstalt keinen Mittel- und Unterbau haben. Die BaFin ist wie das ehemalige Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen (BAK) - eine Bundesbehörde (i.w.S.) in dem durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) geführten Bereich der Bundesverwaltung, d.h. sie ist weisungsabhängig. Sie ist aber im Vergleich zur Deutschen Bundesbank anders positioniert, da der Status der Bundesbank sich auf Art. 88 GG stützt.22 Die BaFin untersteht gem. § 2 FinDAG der Rechts- und Fachaufsicht des BMF. Aber das BMF greift im Bereich der Bankenaufsichtstätigkeit normalerweise nicht nennenswert in Entscheidungen der ihm unterstehenden Verwaltungsorgane ein.23 Die BaFin leitet ihre Kompetenzen und Aufgaben in ihrer Eigenschaft als Teil der mittelbaren Bundesverwaltung aus der Gesamtheit der Zuständigkeiten des Bundes auf der Ebene der Bundesrepublik Deutschlands ab. Der Begriff „selbstständig“ als Attribut auch für bestimmte Anstalten nach Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG bedeutet, dass die Institution bzw. die Anstalt in ihren Funktionen und Entscheidungen selbstständig ist, insbesondere in organisatorischen Angelegenheiten bzw. Fragen.24 20 21 22 23 24 Hütz, Die Bankenaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in den USA, ein Rechtsvergleich, 1990, S. 60. Sanio (Präsident der BaFin bis zum Jahresende 2011), Zehn Jahre BaFin: Von der Blitzgeburt zur Reife. „Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, wie die deutsche Finanzindustrie in zehn Jahren aussehen wird“, sagte Jochen Sanio, als Anfang Mai 2002 die BaFin errichtet wurde. „Aber eines weiß ich sicher, sie wird ganz anders aussehen als heute, und das ist – nebenbei bemerkt – keine schlechte Nachricht.“ Um dem Wandel der deutschen Finanzindustrie folgen zu können, werde sich die deutsche Finanzaufsicht auch in der neuen Gestalt als „Single Regulator“ permanent wandeln müssen. BaFinJournal 05/12, S. 4. Nachdem J. Sanio in den Ruhestand getreten war, übernahm Dr. Elke König die Leitung im Direktorium der BaFin, Vergl. BaFinJournal 05/12. S. 8. http://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/BaFinJournal/2012/bj_1205.pdf;jsessionid=54150454D88 27A1B8F61F6F56FD1DEA4.1_cid230?__blob=publicationFile&v=10. Boos/ Fischer/ Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, Einführung, RN. 84. Ebenda. Hütz, Die Bankenaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in den USA, ein Rechtsvergleich, 1990, S. 60. 27 b) Sitz / Gerichtsstand der BaFin Die BaFin verfügt über einen Doppelsitz - in Frankfurt am Main und in Bonn (§ 1 Abs. 2 FinDAG).25 Der Sitz Frankfurt am Main ist zuständig für Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, d.h. dass entsprechende Verfahren gegen die BaFin an diesem Sitz (Frankfurt am Main) zu führen sind. Nach § 1 Abs. 3 Satz 3 FinDAG gilt Bonn hingegen als Adresse der Bundesanstalt für Klagen, die sich aus dem Beamtenverhältnis und anderen Rechtsstreitigkeiten - bspw. aus Klagen für Arbeitssachen - ergeben. c) Forum für Finanzmarktaufsicht Nach § 3 FinDAG ist vorgeschrieben, dass bei der Bundesanstalt ein Forum für Finanz- marktaufsicht eingerichtet wird. Die Aufgaben dieses Forums bestehen darin, die Zusammenarbeit in Bezug auf die Aufsicht über die Finanzinstitute mit der Deutschen Bundesbank zu koordinieren und über auftretende Fragen der Allfinanzaufsicht zu beraten. Die Errichtung des Forums für Finanzmarktaufsicht kann so begründet werden, dass die Entwicklung des Finanzmarktes häufig mit erheblichen, steigenden Risiken für die Stabilität des Finanzsystems verbunden ist, was eine laufende Zusammenarbeit der Bundesaufsichtsämter für das Kreditwesen, für das Versicherungswesen und für den Wertpapierhandel bzw. seit 200226 deren Nachfolgeeinrichtung (BaFin) sowie der Deutschen Bundesbank erfordert. Dank dieser Zusammenarbeit wird erwartet, dass aus den engen Kapitalverflechtungen resultierende Gefahren frühzeitig erkannt und infolgedessen entschärft werden können, so dass sie keine finanziellen Schäden und Risiken für andere Finanzinstitute 25 26 28 Ende Dezember 2011 hatte die BaFin insgesamt 2.115 Beschäftigte (im Vorjahr 1.976). Diese Beschäftigten sind auf die beiden Sitze verteilt: Bonn (1.593) und Frankfurt am Main (558). Rund 64,5% von ihnen sind verbeamtet (1.388), die übrigen (35,5%) sind als Tarifbeschäftigte (763) tätig. 1007 Frauen haben einen ca. hälftigen Anteil an der der Anzahl der Mitarbeiter: sie besetzen auch höhere Leitungsbereiche (bspw. die jetzige Präsidentin der BaFin, Dr. Elke König). Ungefähr 25% der Führungspositionen sind weiblich besetzt. Nach Angaben der BaFin haben 19 ihrer Beschäftigten längerfristig Positionen bei internationalen Institutionen und Aufsichtsbehörden inne. Quelle: 11. Jahresbericht der BaFin 2011, S. 268 http://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Jahresbericht/dl_jb_2011.pdf?__blob=publicationFile&v =4. Die Errichtung des Forums für Finanzmarktaufsicht erfolgte bereits im Dezember 2000 durch die Vereinbarung der jeweiligen Präsidenten des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen, des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen, des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel und der Deutschen Bundesbank. Das Ziel der Vereinbarung ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den genannten Bundesaufsichtsämtern und der Deutschen Bundesbank. In der Präambel dieser Vereinbarung wurde festgelegt, dass „diese Vereinbarung auch dann Bestand haben soll, wenn eines der beteiligten Bundesaufsichtsämter eine andere Rechtsform erhält“. Quelle: Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen den o.g Bundesaufsichtsämtern und der Bundesbank vom 03.11.2000, http://www.uni-leipzig.de/bankinstitut/alt/dokumente/2000-11-03-01.pdf. Die Zusammenarbeit der BaFin (als Allfinanzaufsichtsbehörde und Nachfolgerin der o.g Bundesaufsichtsämter) mit der Deutschen Bundesbank erfolgt weiterhin auf Grund dieser Vereinbarung, auch nach dem Erlass des FinDAG von 2002. zur Folge haben bzw. sich nicht auf diese übertragen.27 Nach § 3 Satz 2 FinDAG kann das BMF an den Sitzungen des Forums teilnehmen. d) Erlass von Rechtsverordnungen Das Kreditwesengesetz ermächtigt das Bundesministerium der Finanzen (jedoch mit der Möglichkeit zur Übertragung dieser Fachaufgabe an die Bundesanstalt), erforderliche Rechtsverordnungen zu erlassen. Die Übertragung einer solchen Ermächtigung auf die BaFin kann mit der Maßgabe erfolgen, dass die betreffenden Rechtsverordnungen im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank ergehen.28 Auf Grund dieser Ermächtigung wurden bereits zahlreiche, wichtige Anzeige- und Kreditbestimmungen durch die BaFin erlassen; als Beispiele dafür sind u.a. zu nennen: die Solvabilitäts- und Liquiditätsverordnung, die Anzeigenverordnung sowie die Groß- und Millionenkreditverordnung.29 Daneben wendet die BaFin - zum Erreichen ihrer Ziele - in ihrer Verwaltungspraxis auch andere Verwaltungshilfsmittel an, z.B. allgemeine Bekanntmachungen und Verlautbarungen. Die Bankenaufsicht hat in vielen Fällen allgemeine Verlautbarungen zu Rechts- und Interpretationsfragen an die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute oder deren Verbände herausgegeben und damit für diese Verhaltenspflichten näher konkretisiert. Die BaFin ist verpflichtet, vor der Bekanntgabe wesentlicher Verlautbarungen, die maßgeblichen Einfluss auf die Institute haben könnten, die Spitzenverbände der betroffenen Institutsgruppen anzuhören.30 e) Anordnungen Nach § 6 Abs. 3 KWG kann die BaFin im Rahmen der Erfüllung ihrer Kompetenzen und Aufgaben gegenüber den Instituten und ihren Geschäftsleitern Anordnungen im Wege eines verbindlichen Verwaltungsakts treffen. Der Gesetzgeber zielt gem. § 6 Abs. 3 KWG darauf ab, es der BaFin zu ermöglichen, „Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen zu unterbinden oder Missstände in einem Institut zu verhindern oder zu beseitigen, welche die Sicherheit der einem Institut anvertrauten Vermögenswerte gefährden können oder die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte oder der Finanzdienstleistungen beeinträchtigen“. Der BaFin gesteht das KWG eine Reihe von verschiedenen Befugnissen zur Regulierung ihrer bankaufsichtlichen Tätigkeiten zu. Dazu lassen sich aufzählen: Erteilung oder 27 28 29 30 Vereinbarung (vorige Fn.), S. 1. Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 6 KWG, RN. 11. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, aaO, RN. 86. Ebenda. 29 Entzug einer Banklizenz, Abberufung von Geschäftsleitern, Freistellung von bestimmten bankaufsichtlichen Verpflichtungen nach § 31 KWG usw. Es versteht sich, dass für den Erlass von Verwaltungsakten die allgemeinen Prinzipien gültig bleiben, wie z.B. die Grundsätze über Wirksamkeit, Widerruf, Rücknahme sowie Nichtigkeit von Verwaltungsakten, die Grundsätze von Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit der Verwaltung, das Prinzip des Vertrauensschutzes u.a.31 f) Organe, Satzung Nach § 5 Abs. 1 FinDAG verfügt die BaFin über drei Organe: das Direktorium (§ 6 Abs. 1, 2), den Präsidenten (§ 6 Abs. 3) und den Verwaltungsrat (§ 7). Mit Einführung des Gremiums des Verwaltungsrats unterscheidet sich die Organisation der BaFin von den vormaligen Bundesaufsichtsbehörden.32 § 5 Abs. 3 FinDAG ermächtigt das Bundesministerium der Finanzen, die Satzung der BaFin in Form einer Rechtsverordnung zu erlassen (was bereits 2002 erfolgt ist). Themen der Satzung sind gem. § 5 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 FinDAG insbesondere solche zu Angelegenheiten des Aufbaus und der Organisation der BaFin, der Rechte und Pflichten ihrer Organe, der Bestellung und Abberufung der Verwaltungsratsmitglieder und der Mitglieder des Fachbeirats (§ 8), der Haushaltsführung und Rechnungslegung der BaFin (§ 12).33 g) Leitung der Bundesanstalt 1. Direktorium Geleitet und verwaltet wird die Bundesanstalt durch das Direktorium, das wiederum aus einem Präsidenten oder einer Präsidentin sowie vier Exekutivdirektoren bzw. Exekutiv-direktorinnen zusammengesetzt ist, von denen einer oder eine zugleich die Funktion des Vizepräsidenten (oder der Vizepräsidentin) als ständigem Vertreter oder ständiger Vertreterin des Präsidenten (bzw. der Präsidentin) übernimmt (§ 6 Abs. 1 FinDAG). Im Zuge der Weiter-entwicklung der BaFin wurden im April 2008 u. a. eine Exekutivdirektorin für die Bankenaufsicht und drei weitere Exekutivdirektoren - u.a. für: Wertpapieraufsicht, Versicherungsaufsicht und für den Bereich „Querschnittaufgaben / Innere Verwaltung“ - neben dem Präsidenten ernannt. Vor 2008 hatte der Präsident (damals: Jochen Sanio) die Anstalt alleine 31 32 33 30 AaO, RN. 88. Boos /Fischer/ Schulte-Mattler, Kommentar zum Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz, 2008, § 5 RN. 1. AaO, RN. 4. geleitet.34 Das zuvor Gesagte gehört zu den zahlreichen Änderungen und Anpassungen der nationalen Allfinanzaufsicht in Deutschland nach der Finanzkrise und entspricht den Anforderungen der fällig gewesenen finanzaufsichtlichen Reform. Der Anlass dieser Novellierung waren die nachhaltigen Auswirkungen der Finanzkrise 2008 und in den Folgejahren. Die legislative Grundlage aber ist das am 14. Februar 2008 vom Deutschen Bundestag verabschiedete „Gesetz zur Modernisierung der Aufsichtsstruktur der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht“ (kurz: Aufsichtsstrukturmodernisierungsgesetz). Mit diesem Gesetz wurde die Leitung der BaFin von ursprünglich nur einer Person (einem Präsidenten) auf ein fünfköpfiges Direktorium erweitert.35 Das Direktorium beschließt einstimmig sein Organisationsstatut, das die Aufgaben, Rechte und Pflichten des Direktorium regelt (§ 6 Abs. 1 FinDAG). Das Organisationsstatut des Direktoriums sowie jede etwaige Änderung bedürfen in der Regel der Genehmigung des Bundesministeriums (BMF). Eine der Aufgaben des Direktoriums ist es gem. § 1 Abs. 2 FinDASa, die Aufbauorganisation der BaFin festzulegen, was mit Zustimmung des BMF erfolgen muss.36 Zudem legt der Präsident oder die Präsidentin die strategische Ausrichtung der BaFin in ihrer Eigenschaft als Allfinanzaufsicht national und unter Berücksichtigung international relevanter Prämissen fest (§ 6 Abs. 3 FinDAG). Entsprechend nehmen die Exekutivdirektoren und -direktorinnen ihre Aufgaben und ihre Verantwortung für die ihnen zugewiesenen Geschäftsbereiche wahr. Das Direktorium wird in Beratungen unter Vorsitz des Präsidenten oder der Präsidentin der BaFin gem. § 6 Abs. 2 FinDAG geführt. Die Beschlüsse des Direktoriums werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen – im Falle von Meinungsverschiedenheiten – gefasst (§ 6 Abs. 2). Zudem regelt das Direktorium die innere Organisation der BaFin durch eine Geschäftsordnung, die wiederum der Genehmigung des BMF bedarf. Nach § 6 Abs. 5 FinDAG vertritt der Präsident bzw. die Präsidentin die BaFin gerichtlich und auch außergerichtlich. Der Präsident ist kein Beamter auf Zeit, sondern Beamter auf Le- 34 35 36 BaFinJournal 05/12. S. 7, Neuorganisation der BaFin. http://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/BaFinJournal/2012/bj_1205.pdf;jsessionid=54150454D88 27A1B8F61F6F56FD1DEA4.1_cid230?__blob=publicationFile&v=10. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz, 2008, § 5 RN. 9. Satzung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 29. April 2002 (BGBl. I S. 1500), zuletzt durch Artikel 15 Abs. 87 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) geändert. 31 benszeit. Er ist darüber hinaus kein politischer Beamter und kann nicht daher ohne Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden.37 2. Verwaltungsrat § 7 Abs. 1 FinDAG schreibt vor, dass bei der BaFin ein Verwaltungsrat gebildet wird. Der Auftrag dieses Verwaltungsrats ist die Überwachung und die Unterstützung der Geschäftsführung der BaFin zur Erfüllung ihrer Aufgaben. Der/die Präsident/in ist verpflichtet, den Verwaltungsrat regelmäßig über die Geschäftsführung und die Tätigkeit der BaFin zu unterrichten. Die Exekutivdirektoren haben darüber hinaus dem Verwaltungsrat über ihre Aufsichtstätigkeit Bericht zu erstatten. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 FinDAG besteht der Verwaltungsrat aus: „ 1) dem Vorsitzenden und seinem Stellvertreter (die vom Bundesministerium ernannt werden) sowie 2) aus folgenden 19 weiteren Mitgliedern: I. zwei weiteren Vertretern des Bundesministeriums (der Finanzen), II. einem Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, III. einem Vertreter des Bundesministeriums der Justiz, IV. fünf Mitgliedern des Deutschen Bundestages, V. VI. fünf Vertretern der Kreditinstitute, vier Vertretern der Versicherungsunternehmen, einem Vertreter der Kapitalanlagegesellschaften.“ VII. Teilnehmen können an den Sitzungen des Verwaltungsrats - jedoch ohne Stimmrecht – ferner ein Vertreter der Deutschen Bundesbank sowie der Vorsitzende des Personalrats der BaFin und seine Stellvertreter (§ 7 Abs. 3 Sätze 2, 3 FinDAG). § 7 Abs. 4 reguliert den Mechanismus des Beschlussverfahrens im Verwaltungsrat, das dem Prinzip der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmrechte genügen muss. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. 1.2 a) Die Deutsche Bundesbank Geschichte und Entwicklung Eigentlich begann die Geschichte eines auf nationale Ebene bezogenen Notenbankwesens in Deutschland mit der Schaffung einer einheitlichen deutschen Währung und der Gründung 37 32 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz, 2008, § 6 RN. 1. der Deutschen Reichsbank am 1. Januar 1876.38 Deren Existenz basierte auf dem Gesetz über die Gründung der Reichsbank vom 14. März 1875.39 Die Gründung der Reichsbank wurde jedoch in der Reichsverfassung von 1871 nicht konstitutionell festgeschrieben und insofern die Schaffung einer zentralen Notenbank nicht abgesichert.40 Daraus folgte zunächst eine starke Abhängigkeit der Reichsbank von der damaligen Reichsregierung (§§ 12, 25 ff. RBankG). 1939 wurde der Status der zwischenzeitlich - während der Weimarer Republik - unabhängigen Reichsbank mit der vollständigen und direkten Unterstellung unter den Führer und Reichskanzler beendet.41 Seit 1876 erlebte das Notenbankwesen in Deutschland recht wechselhafte währungspolitische Entwicklungen. Während dieser bis 1945 reichenden Periode verlor Deutschland zwei Weltkriege, was folgerichtig zu zweimaligen völligen Zusammenbrüchen der deutschen Währung führte. Nach dem ersten Weltkrieg hatte die stabile - als Goldumlaufswährung begründete - Mark des deutschen Kaiserreichs bis Ende 1923 ihren Wert fast gänzlich eingebüßt. Die deutsche Goldmark wurde jedoch mit Hilfe der Rentenmark stabilisiert und durch die Reichsmark abgelöst. Im „Dritten Reich“ wurde dann die Geldpolitik nachhaltig auf die Finanzierung der Rüstungs- und Kriegsziele eingeschworen, was zu einem erneuten Wertverlust der Mark führte - trotz der starken damaligen Preiskontrollen.42 Diese Erfahrungen lassen die Furcht der deutschen Bevölkerung vor immer wieder drohender Inflation bis heute bestehen bleiben. Die Deutsche Bundesbank in ihrer jetzigen Form hat ihren Ursprung in der Gründung der Bank deutscher Länder (BdL) nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges (1948). Die Errichtung der BdL durch die drei westlichen alliierten Besatzungsmächte mittels abgestimmter Rechtsakte mit Sitz in Frankfurt am Main erfolgte nach der Gründung der Landeszentralbanken (LZBen).43 Die LZBen wie auch die Berliner Zentralbank wurden wiederum von den westlichen Besatzungsmächten nach dem Scheitern der Gründung einer einheitlichen Notenbank am Ende des Jahres 1946 in jeder der jeweiligen Besatzungszonen - aber unter der 38 39 40 41 42 43 Die Deutsche Bundesbank - Geldpolitische Aufgaben und Instrumente - Die Rolle der Notenbank in der Bundesrepublik Deutschland, Sonderdrucke der Deutschen Bundesbank. Nr. 7, 5. Auflage, Februar 1989, S. 1. Gesetz über die Gründung der Reichsbank vom 14.03.1875 (RGBl. I S. 177); das Gesetz trat am 01.01.1876 in Kraft. Manger-Nestler, Par(s) inter pares?, Die Bundesbank als nationale Zentralbank im Europäischen System der Zentralbanken, Schriften zum Europäischen Recht (Band 134), 2008, S. 31. Ebenda. Die Deutsche Bundesbank, Geldpolitische Aufgaben und Instrumente, Die Rolle der Notenbank in der Bundesrepublik Deutschland, Sonderdrucke der Deutschen Bundesbank. Nr. 7, 5. Auflage, Februar 1989, S. 1. Manger-Nestler, Par(s) inter pares?, aaO, S. 32. 33 Führung der US-amerikanischen - errichtet. Danach erfolgte die Verschmelzung der LZBen mit der Berliner Zentralbank zum Kern des einheitlichen Notenbanksystems.44 Die LZBen verfügten über eine eigene Rechtspersönlichkeit und agierten als (organisations-) rechtlich selbstständige Anstalten ihrer jeweiligen Länder. b) Errichtung der Deutschen Bundesbank Das Bundesbankgesetz (BBankG)45 wurde im Jahr 1957 aufgrund des Art. 88 GG verab- schiedet. Mit diesem Gesetz wurde die Deutsche Bundesbank unter einem dominanten Zentralisierungsaspekt errichtet.46 Der inzwischen aufgehobene § 1 Satz 2 BBankG47 hatte bereits darauf hingedeutet, dass die Deutsche Bundesbank aus der BdL und den LZBen entstanden war. Daher wurde denn auch die Deutsche Bundesbank als Rechtsnachfolgerin der BdL errichtet. § 2 BBankG48 beschrieb die Deutsche Bundesbank als eine „bundesunmittelbare“ juristische Person des öffentlichen Rechts. Ihr Grundkapital im Betrag (heute) von 2,5 Mrd. Euro steht dem Bund zu. Die Bundesbank hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Die gesetzlich vorgesehene Errichtung der Bundesbank basiert auf Art. 88 GG, in dem fixiert ist: „Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank, … die unabhängig ist und dem vorrangigen Ziel der Sicherung der Preisstabilität verpflichtet.“ Dazu lässt sich festhalten, dass die Bundesbank eine Anstalt des Bundes ist, aber der Bundesregierung juristisch nicht untersteht (d.h. nicht weisungsgebunden ist). Die Deutsche Bundesbank ist gem. § 3 BBankG (seit 1999) zugleich integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken. Dabei ist zu beachten, dass die nationalen Zentralbanken der europäischen Mitgliedstaaten im Interesse einer einheitlichen Geldpolitik auf Europaebene (die mit der Entstehung des Binnenmarktes und mit der Einführung der Gemeinschaftswährung geboten ist)49 - teilweise auf ihre Rechte zugunsten des errichteten Europäischen Systems der Zentralbanken verzichtet haben und sie als integrale Bestandteile der Europäischen Zentralbank gelten. Denn am 1. Januar 1999 waren die an der Währungsunion 44 45 46 47 48 49 34 AaO, S. 33. Bundesbankgesetz (BBankG) vom 27.06.1957 (BGBl. I S. 745). Es gab für die Entwicklung der Deutschen Bundesbank zwei verschiedene Modelle: die einstufig-zentrale Form der vormaligen Reichsbank und das zweistufig-dezentrale Modell, abgeleitet aus dem Konzept der Relation zwischen der Bank deutscher Länder (BdL) und starken LZBen. § 1 BBankG galt bis 29.04.2002. Gesetz über die Deutsche Bundesbank in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Oktober 1992 (BGBl. I S. 1782), zuletzt durch Artikel 19 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2959) geändert Das Datum der Ausfertigung des ursprünglichen Gesetzes war der 26.07.1957. Manger-Nestler, Par(s) inter pares?, Die Bundesbank als nationale Zentralbank im Europäischen System der Zentralbanken, 2008, S. 131. teilnehmenden Mitgliedstaaten – mit der unwiderruflichen Fixierung der Wechselkurse und mit der Einführung der Einheitswährung „Euro“ – bei einem auf Englisch so bezeichneten „Point of no return“ angekommen.50 1.3 a) Zusammenarbeit der BaFin mit der Deutschen Bundesbank Allgemein Die BaFin als deutsche Allfinanzaufsicht erhält zur Erfüllung der ihr zugewiesenen Aufgaben eine deutliche, gewichtige Unterstützung seitens der Deutschen Bundesbank. Die Einbeziehung der Bundesbank in die Bankenaufsicht geht ursprünglich auf die Stellung der Bundesbank als nationale Währungs- und Notenbank zurück. Sie übernimmt daher mit der Aufsichtstätigkeit keine neuen bzw. zusätzlichen Verwaltungsaufgaben; das ist nur Ausfluss ihrer herkömmlichen Befugnisse und Aufgaben.51 Die maßgebliche Norm für die Zusammenarbeit beider Anstalten ist im § 7 KWG niedergelegt. Danach verpflichten sich die BaFin und die Deutsche Bundesbank, bedeutsame Erkenntnisse gegenseitig auszutauschen. Nach § 7 Abs. 1 und 2 KWG wird die Aufgabenteilung zwischen der BaFin und der Bundesbank klar geregelt. Boos et al. vertreten die Meinung, dass die Zusammenarbeit beider Anstalten aufgrund dieser Regelung in § 7 KWG nicht erst aufgrund eines Ersuchens zur Amts- und Rechtshilfe gem. Art. 35 GG obligatorisch ist.52 Der Austausch von aus Geschäften nach § 19 BBankG gesammelten Informationen zwischen den beiden Anstalten hat unabhängig davon zu erfolgen, ob diese Geheimnisse enthalten oder nicht. Daher entfällt die Amts- und Bankgeheimnispflicht im Rahmen dieser Zusammenarbeit.53 Wie vorher gesagt, wird die Zusammenarbeit hinsichtlich der Banken- und Finanzaufsicht durch das im Jahr 2000 nach § 3 FinDAG eingerichtete Forum für Finanzmarktaufsicht organisiert und koordiniert. Diesem Forum gehören beide Anstalten unter Vorsitz der BaFin an. Die koordinierte Zusammenarbeit gründet sich darauf, dass die Interessen und Aufgaben beider Behörden viele gemeinsame Schnittstellen haben. Die Deutsche Bundesbank ist mit ihrem deutschlandweit verzweigten Apparat als einzige Institution in der Lage, die verfügbaren, von den Banken, Finanzunternehmen und Finanzinstituten eingereichten Meldungen, An- 50 51 52 53 Ebd. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 7 KWG. RN. 3. AaO, RN. 7. AaO, RN. 10. 35 zeigen sowie sonstigen Informationen auszuwerten. Außerdem beteiligt sich die Deutsche Bundesbank an fast allen relevanten Maßnahmen der Bankenaufsicht. Zusammenarbeit gibt es insbesondere dann, wenn die Deutsche Bundesbank der BaFin die Ergebnisse aus ihrer Statistikabteilung zur Verfügung stellt, weil (nur) die Bundesbank nach § 18 BBankG berechtigt ist, statistische Erhebungen zu Banken und weiteren Finanzinstituten durchzuführen. Zudem kann die Bundesbank die Ergebnisse der Statistiken für allgemeine Zwecke veröffentlichen. Durch die Verarbeitung und Auswertung der massenweise anfallenden Meldungen übt die Deutsche Bundesbank schon eine wirksame Beteiligung an der Bankenaufsicht aus. Zu dieser Tätigkeit zählt man insbesondere: Großkreditanzeigen (§ 13 KWG), Millionenkreditmeldungen (§ 14 KWG) und Monatsausweise nach § 25 KWG54, andere Kreditanzeigen und Bilanzen.55 Hinzu kommen die Auswertung der von den Instituten eingereichten Unterlagen, der Prüfberichte und der Jahresabschlussmeldungen. 56 Außerdem ist gemäß den Vorschriften der Solvabilitätsverordnung (§§ 2, 6 und 7 SolvV) die Information über die Einhaltung einer angemessenen Eigenmittelausstattung entgegenzunehmen. Die Bundesbank wertet das ihr übermittelte Datenmaterial aus und unterrichtet danach die BaFin. Auf diese Weise übernimmt die Bundesbank eine Filterfunktion. Dabei erspart sich die BaFin die nochmalige Auswertung dieser Daten. Mit den Daten kann die BaFin die erforderlichen aufsichtsrechtlichen Maßnahmen treffen und festlegen, wie die bei den beaufsichtigten Instituten festgestellte Mängel zu beseitigen sind.57 Umgekehrt versorgt die BaFin die Bundesbank mit Informationen, die für diese relevant sind.58 Die Deutsche Bundesbank erfüllt diese Aufgaben nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 KWG im Rahmen der von ihr auf grundsätzlich alle Institute erstreckten laufenden Überwachung, die in der Regel die Hauptverwaltung der Bundesbank wahrnimmt. Es versteht sich, dass das Ziel dieser Norm (§ 7) darin besteht, Doppelarbeit zu vermeiden, den Austausch aufsichtsrelevanter Erkenntnisse zu verbessern und die Effizienz der beschriebenen Aktivitäten zu erhöhen.59 54 55 56 57 58 59 36 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, Einführung RN. 92. Ebd, 2008, § 7 RN. 5. Hüther/Jäger/Hellwig/Hartmann-Wendels, Arbeitsweise der Bankenaufsicht, Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Forschungsvorhaben fe 22/08. 17. Februar 2009, S. 1, http://www.coll.mpg.de/sites/www.coll.mpg.de/files/text/Gutachten%20Bankenaufsicht%20BMF.pdf. AaO, S. 3. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, § 7 RN. 5. Regierungsbegründung, vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, § 7 RN. 14. b) Verfahren zum Erlass von Richtlinien der BaFin Im Übrigen ergehen alle durch das BMF und die BaFin erlassenen Rechtsverordnungen nach § 7 Abs. 2 Satz 2 KWG nur im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank; deswegen verfügt die Deutsche Bundesbank über das Anhörungs- oder Mitwirkungsrecht beim Erlass von Verordnungen.60 Da die BaFin die bankrechtliche Aufsicht übernimmt, erlässt sie nur dann Richtlinien, wenn bzw. nachdem die Deutsche Bundesbank dazu Stellung genommen hat (§ 7 Abs. 2 Satz 1). Indes stellt sich die Frage, welche Unterschiede wohl zwischen „Benehmen“ und „Einvernehmen“ bestehen. Im Falle eines geforderten Einvernehmens hat die BaFin eine Übereinstimmung mit der Bundesbank zu erreichen; dagegen ist unter „im Benehmen mit“ nur eine intensive Form der Anhörung (der Deutschen Bundesbank) zu verstehen, bei der die BaFin das letzte Wort hat.61 Die auch durch die Bundesbank auszuübende laufende Überwachung ist gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 KWG ein Teil der „laufenden Aufsicht“, in die auch die der BaFin zugewiesenen Aufgaben einbezogen sind. Die Erkenntnisse aus dieser laufenden Überwachung fordern die BaFin oft heraus, aufsichtsrechtliche Maßnahmen gegenüber den Instituten nach § 7 Abs. 2 Satz 4 KWG zu ergreifen.62 Und im Zuge dieser laufenden Überwachung verzichtet die BaFin – wie oben gesagt - auf nochmalige Prüfung und Bewertung der untersuchten Sachverhalte. Daher stützt sich die BaFin gem. § 7 Abs. 2 Satz 5 auf die von der Bundesbank getroffenen Prüffeststellungen und Bewertungen, wenn sie darangeht, aufsichtsrechtliche Maßnahmen in der vorgeschriebenen Rechtsform zu ergreifen. 2 Regionale / internationale Zusammenarbeit 2.1 Einleitung Die BaFin übt die ihr übertragenen aufsichtlichen Aufgaben in Bezug auf die vorstehend aufgezählten Finanzbereiche aus - einschließlich einer Beratungstätigkeit in Zusammenarbeit mit den ausländischen zuständigen Aufsichtsbehörden (§ 4 Abs. 1 FinDAG). § 4 Abs. 2 FinDAG fordert eine Zusammenarbeit zwischen der BaFin einerseits und anderen Stellen und Personen sowohl im In- als auch im Ausland - auf der Grundlage der genannten Gesetze und Bestimmungen (wie z.B. KWG, PflVG, DepotG, FRUG …usw.). 60 61 62 AaO., Einführung RN. 92. AaO., § 7 KWG, RN. 14. Ebd., RN. 17. 37 Darüber hinaus legt Abs. 2 den Rahmen der Zusammenarbeit fest, der nach Maßgabe der europäischen Verordnungen gewahrt bzw. ausgefüllt werden muss. Von diesen Verordnungen jeweils datierend vom 24. November 2010 des Europäischen Parlaments und des Rates – seien hier folgende aufgezählt: - EU-Verordnung Nr. 1092/201063 über die Finanzaufsicht der Europäischen Union auf Makroebene und zur Errichtung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken - EU-Verordnung Nr. 1093/201064 zur Errichtung der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde - EU-Verordnung Nr. 1094/201065 zur Errichtung der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und betriebliche Altersversorgung und - EU-Verordnung Nr. 1095/201066 zur Errichtung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde. Es versteht sich, dass die BaFin die ihr übertragenen Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnehmen bzw. ausüben darf (§ 4 Abs. 4 FinDAG). Durch eine Novellierung des Kreditwesengesetzes mit den §§ 7a, 7b und 7c67 wurden Regelungen zur Zusammenarbeit eingeführt.68 2.2 Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie 2010/78/EU vom 24. November 201069 wurde damit begründet, dass als Reaktion auf die jüngste Finanzmarktkrise auf europäischer Ebene das Europäische Finanzaufsichtssystem (European System of Financial Supervision - ESFS) zum 1. Januar 2011 ins Leben gerufen wurde. Ebenfalls nach 63 64 65 66 67 68 69 38 ABl. EU Nr. L 331 v.15.12.2010, S. 1. ABl. EU Nr. L 331 v. 15.12.2010, S. 12. ABl. EU Nr. L 331 v. 15.12.2010, S. 48. ABL. EU Nr. L 331 v. 15.12.2010, S. 84. § 7a eingef. m.W.v. 1. 1. 2012 durch G v. 4. 12. 2011 (BGBl. I S. 2427). Die durch das Gesetz vom 04.12.2011 verfügten Änderungen dienen der Umsetzung der Richtlinie 2010/78/ des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 im Hinblick auf die Errichtung des Europäischen Finanzaufsichtssystems (EUFAAnpG). Diese Novellierung umfasst zahlreiche Änderungen für das KWG insgesamt. Die Umsetzung der Richtlinie 2010/78/EU impliziert dann eine Änderung der folgenden Richtlinien: Richtlinien 98/26/EG, 2002/87/EG, 2003/6/EG, 2003/41/EG, 2003/71/EG, 2004/39/EG, 2004/109/EG, 2005/60/EG, 2006/48/EG, 2006/49/EG und 2009/65/EG im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 120). Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2010/78/EU vom 24. November 2010 im Hinblick auf die Errichtung des Europäischen Finanzaufsichtssystems, Bundestags-Drucksache 17/6255, S. 1. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/062/1706255.pdf. der Begründung der Regierung sollen - neben den nationalen Aufsichtsbehörden - Teile dieses Systems sein: der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board ESFS) zuzüglich dreier europäischer Finanzaufsichtsbehörden im Banken-, im Versicherungs- und im Wertpapiersektor (European Banking Authority – EBA, European Securities and Markets Authority – ESMA, European Insurance and Occupational Pensions Authority - EIPOA) sowie ein behördenübergreifender „Gemeinsamer Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden“ (Joint Committee).70 Im Ergebnis führt die Errichtung der drei europäischen Aufsichtsbehörden zu zahlreichen Änderungen der EU-Richtlinien in Bezug auf den Finanzmarktbereich. Die Änderungen 71 fußen insbesondere auf der Richtlinie 2010/78/EU.72 Sie legen die Befugnisse der europäischen Finanzaufsichtsbehörden und den Modus ihrer Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsichtsbehörden im Europäischen Finanzsystem fest.73 Die Umsetzung der eingeführten EU-Verordnungen bringt zahlreiche Gesetzesänderungen mit sich. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 24. November 2010 zählt diese Gesetze auf; es handelt sich um folgende: das Kreditwesengesetz (KWG), das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), das Investmentgesetz (InvG), das Börsengesetz (BörsG), das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), die Gewerbeordnung (GewO), das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG) und das Geldwäschegesetz (GwG).74 Nach § 7a KWG wird eine modifizierte Form der Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission vorgesehen. Danach hat die BaFin die Europäische Kommission über wesentliche Tatsachen und Ereignisse zu informieren. Für die Zusammenarbeit verpflichtet § 7a Abs. 1 KWG die BaFin, der Europäischen Kommission folgende ggf. neue Tatsachen bzw. 70 71 72 73 74 Die Gründung dieser Behörden und Ausschüsse, nämlich ESRB, der drei Europäischen Finanzaufsichtsbehörden und des Gemeinsamen Ausschusses der Europäischen Aufsichtsbehörden hat ihre juristische Basis in vier Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates – nämlich den Verordnungen EU Nr. 1092/2010, 1093/2010, 1094/2010, 1095/2010 und 1096/2010 – vgl. Gesetzesentwurf, aaO, S. 1. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zählt die in der sog. „Omnibusrichtlinie I“ (Richtlinie 2010/78/EU) genannten Novellierungen auf. Es sind dies folgende: Änderungen der Bankenrichtlinie (2006/48/EG), der Kapitaladäquanzrichtlinie (2006/49/EG), der Finanzkonglomeraterichtlinie (2002/87/EG), der Richtlinie über Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (2003/41/EG), der Marktmissbrauchsrichtlinie (2003/ 6/EG), der Finanzmarktrichtlinie (MiFID) (2004/39/EG), der Prospektrichtlinie (2003/71/EG), der Richtlinie über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie in Wertpapierliefer- und abrechnungssystemen (98/26/EG), der Transparenzrichtlinie (2004/109/EG), der Geldwäscherichtlinie (2005/60/EG) sowie der OGAW-Richtlinie (2009/65/EG). Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2010/78/EU vom 24. November 2010 im Hinblick auf die Errichtung des Europäischen Finanzaufsichtssystems, Bundestags-Drucksache 17/6255. S. 1; http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/062/1706255.pdf. Ebenda. AaO, S. 2. 39 Informationen zu melden (diese sind - jeweils mit Ziffern versehen - in § 7a Abs. 1 aufgezählt): 1. die Aufhebung einer Erlaubnis nach § 35 KWG unter Angabe der Gründe, die zur Aufhebung führten, 2. die Erteilung einer Erlaubnis nach § 32 KWG zur Errichtung von Zweigstellen eines Unternehmens i.S.d. § 53 KWG, das seinen Sitz in einem Drittstaat hat (außerhalb des EWR), 3. Informationen über die Anzahl und Art der Fälle, in denen die Errichtung einer Zweigniederlassung in einem anderen Staat des EWR gescheitert ist, weil die BaFin die Angaben gem. § 24 Abs. 1 Satz 2 KWG nicht an die zuständigen Behörden des Aufnahmestaates weitergeleitet hat, 4. die Anzahl und Art der Fälle, in denen die BaFin Maßnahmen gegenüber Unternehmen mit Sitz in einem anderen Staat des EWR ergriffen hat (gem. § 53b Abs. 4 Satz 3), 5. allgemeine Schwierigkeiten, denen die Institute bei der Gründung von Zweigniederlassungen oder Tochterunternehmen, beim Betreiben von Bankgeschäften oder bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen in einem Drittstaat ausgesetzt waren, 6. den Erlaubnisantrag eines Tochterunternehmens eines drittstaatsansässigen Unternehmens, falls die Europäische Kommission die Meldung solcher Antragseingänge verlangt hat. Darüber hinaus unterrichtet die BaFin die Europäische Kommission über: die Einstufung einer Finanzgruppe als Finanzkonglomerat (§ 7a Abs. 2 Nr. 1), die Grundsätze zur Überwachung von gruppeninternen Transaktionen und Risikokonzentrationen (Abs. 2 Nr. 2), ausgesuchte Behandlungsweisen im Falle von Mutterunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat nach § 53d KWG (Abs. 2 Nr. 3), die Freistellung einzelner Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen nach § 31 Abs. 4 KWG von der Anforderungen des § 10 Abs. 1 KWG zur Ermittlung der Eigenmittelausstattung auf zusammengefasster Basis (Abs. 2 Nr. 4) sowie auch über ausgewählte Methoden zur Vermeidung der Umgehung der zusätzlichen Kapitalanforderungen bei Überschreitung der Großkreditanforderungen (Abs. 2 Nr. 5). Insgesamt lässt sich klar feststellen, dass sich die Zusammenarbeit zwischen der BaFin und der Europäischen Kommission auf Verfahrensfragen und Verwaltungsangelegenheiten beschränkt sowie auf Angelegenheiten von auf europäischer Ebene tätigen Zweigniederlas40 sungen, Tochterunternehmen und Instituts- resp. Finanzholding-Gruppen sowie auf grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen. 2.3 Zusammenarbeit mit der Europäischen Bankenaufsichts- sowie mit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde Die maßgebliche Norm dafür ist § 7b KWG.75 Nach § 7b Abs. 1 Nr. 1 und 2 ist die BaFin durch die Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 verpflichtet, daran mitzuwirken, die aus der Errichtung der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde folgenden Anforderungen zu erfüllen. Laut § 7b Abs. 2 und 3 hat die BaFin der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde die zuletzt vorgekommenen Neuigkeiten in Bezug auf die Erteilung der Erlaubnis zur Gründung von Einlagenkreditinstituten und zu den oben in § 7a KWG genannten Sachverhalten zu melden. Darüber hinaus hat die BaFin die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde über die Erteilung sowie über das Erlöschen oder die Aufhebung einer Erlaubnis eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens zu unterrichten (§ 7b Abs. 4). 2.4 Zusammenarbeit mit dem Europäischen Bankenausschuss § 7c KWG76 legt fest, dass die BaFin dem Europäischen Bankenausschuss meldet, wenn sie einer Zweigstelle eines Unternehmens, das seinen Sitz außerhalb der Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums hat, eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG i.S.d. § 53 KWG erteilt. Dabei beschränkt sich § 7c auf die Erlaubniserteilung an Zweigstellen eines nicht im EWR-ansässigen Instituts. Mit den neuen EU-Verordnungen und deren in die deutsche Gesetzgebung einfließenden Änderungen wird als Ziel verfolgt die Einbindung der Bundesanstalt in das Europäische Finanzaufsichtssystem, was ausdrückliche Meldungs- und Unterrichtungspflichten der BaFin gegenüber den Europäischen Finanzaufsichtbehörden impliziert.77 In Zukunft werden die europäischen Finanzaufsichtsbehörden bei etwaigen Meinungsverschiedenheiten stärker ein- 75 76 77 § 7b KWG eingeführt. mWv 1. 1. 2012 durch G v. 4. 12. 2011 (BGBl. I S. 2427). § 7c KWG eingef. mWv 1. 1. 2012 durch G v. 4. 12. 2011 (BGBl. I S. 2427). Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2010/78/EU vom 24. November 2010 im Hinblick auf die Errichtung des Europäischen Finanzaufsichtssystems, Bundestags-Drucksache 17/6255, S. 2, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/062/1706255.pdf 41 bezogen. Zudem muss die Geheimhaltungspflicht der BaFin-Mitarbeiter im Rahmen einer solchen Zusammenarbeit mit den Europäischen Finanzaufsichtsstellen angepasst werden.78 2.5 a) Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) Kontext Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) - auf Englisch „European Banking Authority“ – ist, wie oben unter 2.3. erwähnt, Teil des Europäischen Systems der Finanz-aufsicht (ESFS).79 Das Europäische System der Finanzaufsicht ist wiederum ein Netzwerk, bestehend aus den nationalen Finanz- und Bankenaufsichtsbehörden der 27 EU-Mitgliedsstaaten. Die Gesamtheit der drei Aufsichtsbehörden - für die Banken (EBA), die Wertpapiermärkte (ESMA) und die Versicherungen (EIOPA)80 - zuzüglich des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken bildet das Europäische System der Finanzaufsicht.81 Die Errichtung solcher Behörden auf Europa-Ebene soll für eine harmonisierte Finanzaufsicht im europäischen Binnenmarkt sorgen.82 Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde verfügt gem. Art. 5 EU-VO Nr. 1093/2010 über eine eigene Rechtspersönlichkeit und ist eine Einrichtung der Europäischen Union. Die EU braucht eine einheitliche Bankenaufsicht, weil Bankenprobleme nur dann rechtzeitig erkannt werden können, wenn es eine wirksame europäische Bankenaufsicht gibt.83 Deswegen hatte der Europäische Rat die Kommission aufgefordert, Vorschläge für die Errichtung einer einheitlichen Bankenaufsicht auf Europaebene zu unterbreiten.84 Eine der diversen Herausforderungen und die in der Tat auch zu erwartende Kernaufgabe dieser Behörde besteht darin, frühzeitig zu erkennen, wenn wichtige Banken in eine Schieflage zu geraten 78 79 80 81 82 83 84 42 Ebenda. Deutsche Bundesbank Eurosystem-Website: European Banking Authority (EBA), http://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Kerngeschaeftsfelder/Bankenaufsicht/EBA/eba.html. Ebenda. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung: Europa braucht eine einheitliche Bankenaufsicht, 20. Juli 2012, http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2012/07/2012-07-20-hintergrundeurop%C3%A4ische-bankenaufsicht.html. Ebenda. Ebenda. Ebenda. Es wurde in dieser Publikation ein aktuelles, wichtiges Beispiel ausgeführt, das in Spanien angesiedelt ist. An ihm gemessen wurden die hinter dem bisherigen Aufsichtssystem stehenden Probleme noch nicht erkannt. drohen, was wiederum eine Überschuldung von Staaten herbeiführen oder aber durch eine solche bedingt sein könnte.85 Die Ziele der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde bestehen darin, die Qualität und die Konsistenz der Bankenaufsicht europaweit zu verbessern, die Beaufsichtigung der Banken – insbesondere grenzüberschreitend tätiger Instituts- und Bankengruppen - zu stärken und die europäischen Regelungen im Bereich des Banken- und Finanzsektors zu vereinheitlichen.86 Für die auf ihrem Territorium aktiven Finanzmärkte und die dort tätigen Finanzinstitute bleiben die nationalen Aufsichtsbehörden zuständig.87 Die EBA verfügt gem. Art. 5 Abs. 2 EU-VO Nr. 1093/2010 in jedem Mitgliedstaat über weitestreichende Rechtsfähigkeit. Dieses Merkmal „Rechtsfähigkeit“ erhebt ihre dort tätigen Körperschaften zu juristischen Personen nach jeweiligem nationalem Recht. In dieser Eigenschaft sind sie daher vor Gericht parteifähig. b) Wirkungsbereich der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) Art. 1 EU-Verordnung 1093/201088 widmet sich dem Thema Errichtung und Tätigkeits- bereich. Art. 1 Abs. 2 legt klar fest, dass die EBA im Rahmen der ihr durch diese VO (1093/2010) übertragenen Befugnisse und innerhalb des Anwendungsbereichs der vorher erlassenen EU-Rechtsakte, EU-VOen und EU-Richtlinien, die sich auf die Kredit- und Finanzinstitute beziehen, handelt. Hinzuzufügen sind die zukünftig noch zu erlassenden VOen, Richtlinien und Beschlüsse der Union, die auf der in Rede stehenden VO basieren, durch die die EBA mit den genannten Aufgaben beauftragt worden ist. Außerdem wird die EBA in Art. 1 Abs. 3 damit beauftragt, in den Tätigkeitsbereichen von Kreditinstituten, Finanzkonglomeraten, Wertpapierfirmen, Zahlungsinstituten und E-Geld-Instituten, die nicht durch die ursprüngliche VO abgedeckt wurden, tätig zu sein. Dieser Tätigkeitsauftrag bezieht die Aufgaben Unternehmensführung, Rechnungsprüfung und Rechnungslegung mit ein. Das anvisierte Ziel besteht darin, eine wirksame, kohärente Anwendung dieser Rechtsakte zu erreichen (Abs. 3). 85 86 87 88 Vgl. oben, Fußnote 64. Deutsche Bundesbank Eurosystem-Website: European Banking Authority http://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Kerngeschaeftsfelder/Bankenaufsicht/EBA/eba.html. Ebenda. ABl. EU Nr. L 331 vom 15.12.2010, S. 12. (EBA), 43 c) Errichtung der EBA Die EBA wurde auf Grund der EU-Verordnung 1093/2010 unter dem Namen „Eu- ropäische Bankenaufsichtsbehörde“ - insbesondere Art. 1 Abs. 1 - errichtet. Die Wirtschaftsund Finanzkrise von 2007 und 2008 hat den europäischen Gesetzgeber aus vielerlei Gründen veranlasst, diese Behörde zu errichten. Von diesen Gründen wären insbesondere die bei der Finanzaufsicht entdeckten Schwachstellen zu nennen. Denn Fakt ist: Die bestehenden nationalen Aufsichtsbehörden und deren Aufsichtsmodelle konnten mit der sich vertiefenden Integration und Verflechtung der europäischen Finanzmärkte und mit Existenz zahlreicher grenzüberschreitend tätiger Finanzinstitute nicht wirksam Schritt halten.89 Zudem hat die Krise Mängel bei der Zusammenarbeit, der Koordinierung und bei der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts ans Licht gebracht. Hinzuzufügen ist, dass ein Mangel an Vertrauen zwischen den nationalen und den europaweit agierenden Aufsichtsstellen zutage trat.90 Aus diesen Gründen hat das Europäische Parlament vor und auch inmitten der Finanzkrise eine stärker integrierte Finanzaufsicht gefordert, um eine Reihe von Zielen zu verwirklichen, darunter z.B. gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle im EWR ansässigen Institute zu ermöglichen und die fortschreitende Integration der Finanzmärkte zu berücksichtigen. 91 Darüber hinaus können die technischen Standards der EBA der generellen Qualität der Bankenaufsicht dienen.92 Art. 82 EU-VO 1093/2010 vom 24. November 2010 legt fest, dass diese VO am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft tritt. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde wurde am 1. Januar 2011 errichtet.93 d) Sitz und Zusammensetzung der EBA Art. 7 EU-VO Nr. 1093/2010 bestimmt, dass die Behörde (EBA) in London ihren Sitz hat. Die EBA wird von ihrem Vorsitzenden vertreten (Art. 5 Abs. 3 EU-Verordnung Nr. 1093/2010). Nach Art. 6 besteht die EBA aus: 1. einem Rat der Aufseher, der sich wiederum gem. Art. 40 Abs. 1 Buchst. A bis f EU-VO 1093/2010 aus den folgenden Mitgliedern rekrutiert: 1) dem nicht stimmberechtigten 89 90 91 92 93 44 Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010, Erwägungsgrund (1). Ebenda. AaO, Erwägungsgrund (2). Van Roosebeck, EU-Verordnung (EBA), Centrum für Europäische Politik (CEP), Stand 11.01.2010. http://www.cep.eu/uploads/tx_cpspolitmonitor/KA_EBA.pdf Verordnung (EU) Nr. 1093/2010, Art. 82. Vorsitzenden, 2) dem Leiter der für die Beaufsichtigung von Kreditinstituten zuständigen nationalen Behörde jedes Mitgliedstaats, 3) einem nicht stimmberechtigten Vertreter der Kommission, 4) einem nicht stimmberechtigten Vertreter der Europäischen Zentralbank, einem nicht stimmberechtigten Vertreter des ESRB sowie 5) je einem nicht stimmberechtigten Vertreter der beiden anderen europäischen Aufsichtsbehörden, 94 2. einem Verwaltungsrat, der wiederum nach Art. 45 Abs. 1 aus dem Vorsitzenden und sechs weiteren Mitgliedern besteht. Die Mitglieder werden von den stimmberechtigten Mitgliedern des Rates der Aufseher und aus ihrem Kreis heraus gewählt (Art. 45 Abs. 1),95 3. einem Vorsitzenden, der unabhängig und als Vollzeitbeschäftigter die EBA vertritt und deren Interessen wahrnimmt. Der Vorsitzende leitet die Sitzungen des Rates der Aufseher und des Verwaltungsrats (Art. 48 Abs. 1),96 4. einem Exekutivdirektor,97 der die Behörde EBA leitet und vom Rat der Aufseher durch ein offenes Auswahlverfahren und nach Bestätigung durch das Europäische Parlament in Ansehung seiner Fähigkeiten und Erfahrungen im Bereich der Finanzaufsicht ernannt wird (Art. 51 Abs. 1 und 2). Der Exekutivdirektor arbeitet nach Art. 51 Abs. 1 als Vollzeitbeschäftigter und ist in seinem Amt unabhängig. Die Amtszeit des Exekutivdirektors beträgt fünf Jahre und kann einmal verlängert werden (Art. 51 Abs. 3), 5. einem Beschwerdeausschuss,98 der sich aus sechs Mitgliedern und sechs stellvertretenden Mitgliedern zusammensetzt. Die Mitglieder des Ausschusses müssen im Bereich der Bankenaufsicht sowie in den Sektoren Versicherungen und Wertpapiere usw. hinreichende Erfahrung und Kenntnisse nachweisen und einen ausgezeichneten Ruf genießen (Art. 58 Abs. 2). e) Aufgaben und Befugnisse der EBA Die dafür maßgebliche Norm ist Art. 8 Abs. 1 EU-VO 1093/2010. Ihr entsprechend hat die EBA die folgenden Aufgaben zu erfüllen: a) Sie leistet einen erheblichen Beitrag zur Festlegung qualitativ hochwertiger gemeinsamer Regulierungs- und Aufsichtsstandards. Die EBA übt diese Tätigkeit aus durch Abgabe von Stellungnahmen für die Organe der Union, durch Leitlinien, Empfeh94 95 96 97 98 Der Rat der Aufseher nimmt seine Aufgaben wahr, die in Art. 43 EU-VO 1093/2010 niedergeschrieben sind. Art. 47 EU-VO 1093/2010 legt die Aufgaben des Verwaltungsrates fest. Die Aufgaben des Vorsitzenden sind in Art. 48 EU-VO 1093/2010 genannt. Der Exekutivdirektor nimmt seine Aufgaben gem. Art. 53 EU-VO 1093/2010 wahr. Der Beschwerdeausschuss übernimmt die in Art. 60 EU-VO 1093/2010 vorgeschriebenen Aufgaben. 45 lungen und Entwürfe für technische Regulierungs- und Durchführungsstandards (Art. 8 Abs. 1 Buchst. a). b) Die EBA achtet auf kohärente Anwendung der verbindlichen Vorgaben und Regelungen der Union (Abs. 1 Buchst. b). c) Sie arbeitet mit dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) zusammen. Durch die Zusammenarbeit zwischen beiden Behörden per Übermittlung der erforderlichen Informationen an das ESRB kann dieser seine Aufgaben erfüllen (Buchst. d). d) Sie führt vergleichende Analysen durch, erlässt Leitlinien und Empfehlungen und entwickelt Methoden, die geeignet sind, die Kohärenz der Ergebnisse zu stärken (Buchst. e). e) Sie sichert einen umfassenden Überblick über die ihren Zuständigkeitsbereich betreffenden Angelegenheiten, z.B. zur Entwicklung der auf den Märkten herrschenden Tendenzen bei der Kreditvergabe usw. (Buchst. f). f) Sie analysiert permanent die Märkte, um die ihr auferlegten Aufgaben auf solider Basis (auf der Grundlage entsprechender Informationen) erfüllen und jeweils angemessene Maßnahmen ergreifen zu können (Buchst. g). g) Die EBA fördert den Einleger- und Anlegerschutz (Buchst. h). h) Ihre Tätigkeit hat den Zweck, eine einheitliche und kohärente Funktionsweise der Aufsichtskollegien „bei Überwachung, Bewertung und Messung der Systemrisiken, zur Entwicklung und Koordinierung von Sanierungs- und Abwicklungsplänen“99 zu realisieren bzw. zu optimieren (Buchst. i). i) Eine weitere bedeutsame Funktion der EBA besteht in der Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten unter den bankaufsichtlichen Behörden der EU-Staaten bezüglich der Überwachung dort tätiger Bankengruppen. Sie übt einen wirksamen Einfluss aus, um ein kohärentes Funktionieren der Aufsichtskollegien zu gewährleisten; zudem soll sie die nationalen Aufsichtsbehörden in Krisensituationen unterstützen (Abs. 1 Buchst. b).100 Den Befugnissen dieser Behörde (EBA) ist Abs. 2 Buchst. a bis j des vorliegenden Artikels (Art. 8) gewidmet. Diese Befugnisse dienen der Erfüllung der dieser Behörde übertragenen Aufgaben, und sie sind die folgenden: 99 100 46 Art. 8 Abs. 1 Buchst. i EU-VO 1093/2010. Deutsche Bundesbank Eurosystem-Website: European Banking Authority (EBA), http://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Kerngeschaeftsfelder/Bankenaufsicht/EBA/eba.html. (1) Entwürfe zur Entwicklung der technischen Regulierungsstandards vorzuschlagen, die durch die Kommission mittels delegierter Rechtsakte nach Art. 290 AEUV erlassen werden.101 Die EBA legt die Entwürfe der Standards der Kommission zur Billigung vor (Art. 8 Abs. 2 Buchst. (a) i.V.m. Art. 10). (2) Die EBA legt ihre Entwürfe zur Entwicklung der technischen Durchführungsstandards dem Kommissariat vor, damit diese Standards mittels Durchführungsakten gem. Art. 291 (AEUV) erlassen werden können (Art. 8 Abs. 2 Buchst. (b) i.V.m. Art. 15 Abs. 1). (3) Die EBA hat Befugnisse zur Herausgabe von Leitlinien und Empfehlungen für das Europäische System der Finanzaufsicht (ESFS), um kohärente, effiziente und wirksame Aufsichtspraktiken zu schaffen und eine einheitliche Anwendung des Unionsrechts zu gewährleisten (Art. 8 Abs. 2 Buchst. (c) i.V.m. Art. 16 Abs. 1). (4) Sie gibt in einigen Fällen Empfehlungen an andere Behörden gem. Art. 17 Abs. 3 ab. Diese Empfehlungen dienen der Erläuterung der von diesen Behörden ergriffenen Maßnahmen – mit dem Ziel, die Einhaltung des Unionsrechts sicherzustellen (Art. 8 Buchst. (d)). (5) Außerdem ist die EBA im Einzelfall nach Art. 18 Abs. 3 befugt, „auf ungünstige Entwicklungen zu reagieren, die das geordnete Funktionieren und die Integrität von Finanzmärkten oder die Stabilität des Finanzsystems in der Union als Ganzes oder in Teilen ernsthaft gefährden könnten“ und die zuständigen Behörden zu verpflichten, entsprechende Beschlüsse zu fassen. Auch kann sie gem. Art. 19 Abs. 3 selbst einen Beschluss mit verbindlicher Wirkung für die betreffenden zuständigen Behörden fassen, der die zuständigen Behörden verpflichtet, zur Beilegung der Angelegenheit geeignete Maßnahmen zu treffen (Art. 8 Abs. 1 Buchst. (e)). (6) Die EBA fasst Beschlüsse in folgenden Fällen: gem. Art. 17 Abs. 6, wenn eine zuständige Behörde Rechtsakte nicht angewandt oder diese so angewandt hat, dass eine Verletzung des Unionsrechts oder von Regulierungsstandards vorzuliegen scheint. Für den Fall, dass ein Finanzinstitut den in den Rechtsakten genannten Anforderungen nicht nachkommt,102 kann die EBA eine Untersuchung der Verletzung oder der Nichteinhaltung des Unionsrechts vornehmen (Art. 17 Abs. 2). Gem. Abs. 3 richtet die EBA an die betroffene Behörde eine Empfehlung - spätestens zwei Monate nach Beginn der EBA-Untersuchung. Die Empfehlung betrifft die entsprechenden Maßnahmen, die zur 101 102 Das Europäische Parlament und der Rat übertragen der Kommission die Befugnis, gem. Art. 290 Abs. 1 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) Rechtsakte ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung zur Ergänzung oder Änderung bestimmter, nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzgebungsaktes zu erlassen. Art. 17 Abs. 1 EU-VO 1093/2010 zur Verletzung von Unionsrecht. 47 Einhaltung des Unionsrechts zu ergreifen sind (Abs. 3). Die zuständige Behörde unterrichtet die EBA innerhalb von zehn Arbeitstagen – gerechnet ab dem Eingang der Empfehlung – über die unternommenen oder beabsichtigten Schritte zur Beseitigung der Verletzung (Abs. 3). Nach Art. 17 Abs. 6 kann die EBA für den Fall, dass eine zuständige Behörde der in Art. 17 Abs. 4 genannten Pflicht zur förmlichen Stellungnahme nicht innerhalb der dort gesetzten Frist nachkommt, mit Berücksichtigung der oben in (5) ausgeführten Tatsachen oder Gründe im Einzelfall einen an das jeweilige Finanzinstitut gerichteten Beschluss erlassen. Dieser Beschluss kann das Institut verpflichten, Maßnahmen zu ergreifen oder sogar eine Einstellung seiner Tätigkeit anordnen. (7) Die EBA kann gegenüber dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission (auf Ersuchen dieser Instanzen) zu allen in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Fragen Stellungnahmen abgeben (Art. 8 Abs. 2 Buchst. (g) i.V.m. Art. 34 Abs. 1). (8) Die EBA kann alle Informationen von den zuständigen Behörden, die für sie zur Wahrnehmung der ihr durch die VO 1093/2010 übertragenen Aufgaben relevant sind, verlangen. Zudem kann die EBA unter bestimmten Voraussetzungen einen rechtmäßigen Zugang zu den für sie erforderlichen Informationen haben und auch Informationsgesuche jeglicher Art abgeben (Art. 8 Abs. 2 Buchst. (h) i.V.m. Art. 35). (9) Darüber hinaus ist die EBA befugt, gemeinsam anzuwendende Methoden zu entwickeln, die geeignet sind, die Auswirkungen von Produktmerkmalen und Verteilungsprozessen auf die Finanzlage der Institute und den Verbraucherschutz zu bewerten (Art. 8 Abs. 2 Buchst. (i)). (10) Die EBA ist zudem befugt, eine zentral zugängliche Datenbank mit Daten der in ihrem Zuständigkeitsbereich registrierten Finanzinstitute bereitzustellen (Art. 8 Abs. 2 Buchst. (j)). 2.6 Beteiligung der Bundesregierung Nach dem Wortlaut des § 47 KWG wird die Bundesregierung zu vorübergehenden Notstandsmaßnahmen in Fällen schwerwiegender wirtschaftlicher Situationen ermächtigt, insbesondere bei krisenhaften Entwicklungen in bestimmten Kreditinstituten, aus denen die Gefahr des Übergreifens auf die Gesamtwirtschaft erwachsen könnte – namentlich dann, wenn dies Probleme und Gefahren für den geordneten Ablauf des allgemeinen Zahlungsverkehrs mit sich bringt. Der Ursprung der Regel sind die Lehren und Erfahrungen aus der Finanzkrise von 1931, deren Auslöser der Zusammenbruch des Bankhauses Darmstädter und Natio48 nalbank war.103 Die Befugnisse der Bundesregierung werden im Wege einer Rechtsverordnung nach Anhörung der Deutschen Bundesbank entsprechend getroffen (§ 47 Abs. 2 KWG). Dabei kann ein Moratorium gegenüber einem einzelnen Kreditinstitut (zwecks Erfüllung seiner Verbindlichkeiten), eine Schließung des Kreditinstituts (Stillhalten des Instituts im Kundenverkehr - sowohl für Zahlungen als auch für Überweisungen) und die vorübergehende Einstellung des Börsenbetriebs (§ 47 Abs. 1) angeordnet werden. Nach § 48 Abs. 2 KWG können die nach § 47 Abs. 1 ergriffenen Maßnahmen höchstens drei Monate nach ihrer Verkündung im Bundesgesetzblatt oder im Bundesanzeiger andauern.104 2.7 Beteiligung des Bundesministers der Finanzen In § 2 FinDAG wird ausdrücklich festgestellt, dass die Bundesanstalt der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen untersteht. Daher kann der Finanzminister Rechtsverordnungen erlassen und Weisungen erteilen, die der allgemeinen Wahrnehmung der der BaFin übertragenen Aufgaben dienen. Dieses Recht (Erlass von Rechtsverordnungen) ist an verschiedenen Stellen des KWG verankert. Beispiele für durch die BaFin zu erlassende Rechtsverordnungen sind: § 1 Abs. 3 Satz 2 (Qualifizierung als Finanzunternehmen), § 10 Abs. 1 Satz 9 (Bestimmungen über die an-gemessene Eigenmittelausstattung der Institute), § 10a Abs. 9 Satz 1 (Ermittlung der Eigenmittelausstattung von Instituts- und Finanzholdinggruppen) usw. Das Bundesministerium der Finanzen ist also ermächtigt, selbst Rechtsverordnungen - jedoch nur im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank - zu erlassen. Nach dem Wortlaut der Ermächtigung des Bundesministeriums der Finanzen, Rechtsverordnungen zu erlassen, ist diese Norm aber so ausgestaltet, dass auch die Möglichkeit besteht, „diese Ermächtigung durch Rechtverordnung an die Bundesanstalt mit der Maßgabe übertragen, dass die Rechtsverordnung im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank ergeht“. 103 104 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, § 47 RN. 1. AaO, § 48 RN. 6 und 7. 49 B. Syrische Arabische Republik „Syrien“ 1 Ausgangslage In Syrien hat man die Aufgabe der Bankenaufsicht der Zentralbank und dem Rat für Geld- und Kreditpolitik übertragen. Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Zulassung von Privatbanken G-28 vom 16.04.2001105 waren ausschließlich staatliche Banken tätig.106 Die Herrschaft des Staates bzw. der Regierung über den Bankensektor wurde durch allmähliche Verstaatlichung ausgebaut. Mittels nach und nach auf den Weg gebrachter Gesetze - von 1959 an bis zum Erlass über die Zulassung von Privatbanken (mit Verabschiedung des G-28 von 2001) - verwaltete die syrische Regierung die bis dato gegründeten Banken und beaufsichtigte sie in Abstimmung mit ihren (eigenen) realwirtschaftlichen Planungen. Der Verstaatlichung der Banken folgte eine Einstufung der Banken in verschiedene Arten nach dem Kriterium der von ihnen angebotenen bzw. erbrachten Finanzdienstleistungen oder der durch sie betriebenen Bankgeschäfte gem. Beschluss des Wirtschafts- und Außenhandelsministers Nr. 813 vom 29.10.1966.107 Im Einzelnen hat dieser Ministerbeschluss die Banken in sechs Banktypen nach ihrer fachlichen Spezialisierung eingeteilt: in die Commercial Bank of Syria, die Real Estate 105 106 107 50 Das Gesetz wurde zuerst durch das Parlament am 29.03.2001 verabschiedet. Nach Art. 98 des alten syrischen Verfassungsgesetzes müssen alle Gesetze vom Präsidenten genehmigt werden. Zurzeit entspricht dieser Art. 98 dem Art. 100 des zuletzt in Kraft getretenen Verfassungsgesetzes vom 27. Februar 2012, das von Präsident Baschar Al-Assad mit dem Dekret Nr. 94 vom 28. Februar 2012 erlassen wurde, Tishreen online (Magazin), 29.02.2012, http://tishreen.news.sy/tishreen/public/read/252141. Die Verstaatlichung des Bankensektors ist nicht in einem einzelnen Schritt erfolgt, sondern allmählich, in einer Reihe von Schritten. Das begann mit der Verabschiedung des ersten Arabisierungsgesetzes von September 1959 – nach der Vereinigung von Syrien und Ägypten am 22. Februar 1958 zu einem neuen Staat mit dem Namen „Vereinigte Arabische Republik“. Das Arabisierungsgesetz legte fest, dass 70% des Eigenkapitals der Banken von Syrern gehalten werden musste. Im März 1961 wurde das zweite Arabisierungsgesetz - auch nach der Vereinigung der beiden arabischen Staaten - erlassen, das vorschrieb, dass 35% des Eigenkapitals der Banken in Syrien der „Syrischen Wirtschaftlichen Institution“ (einer öffentlichen Gesellschaft) gehören und dass zudem sämtliche Aktien von Bürgern der Vereinigten Arabischen Republik gehalten werden und die Aktionäre und die Vorstandsmitglieder Bürger der Vereinigten Arabischen Republik sein müssen, jedoch mit einigen seltenen, durch den Präsidenten zu genehmigenden Ausnahmen. Danach wurde das Gesetz zur vollständigen Arabisierung („Vollständige Verstaatlichung“) vom 20. Juli 1961 erlassen, mit dem die bestehenden Banken und Zweigstellen zu einer begrenzten Anzahl von Banken zusammengeschlossen wurden. Nach der Trennung der Vereinigten Arabischen Republik in zwei Staaten - Syrien und Ägypten - am 28. September 1961 in Syrien fand am 8. März 1963 eine durch die Al-Baath-Partei geführte Revolution statt. Diese Partei hat dieselbe Zielsetzung bzw. eine sozialistische Orientierung wie zu Vereinigungszeiten. Daher bestätigte die Al-Baath-Partei das alte Gesetz zur Verstaatlichung des Bankensektors vom 20. Juli 1961 und schloss die in Syrien tätigen Banken wieder zu fünf Banken zusammen. Vgl. Mansur, Der syrische Bankensektor, Geschichte, Mai 1999, http://www.mafhoum.com/press/banques-ar.htm. National Insurance Co. Syrien Economic Center, Bankensektor in Syrien, Realität und Perspektiven. Damaskus, November 2007, S. 5, http://www.kantakji.com/fiqh/Files/Markets/00008.pdf. Bank of Syria, die Industrial Bank of Syria, die Agricultural Cooperative Bank of Syria, die Popular Credit Bank of Syria und das Postal Savings System of Syria. Durch diese Änderung wurde die Rolle der bis dahin dominanten Privatbanken beendet und als Konsequenz daraus die für den Bankensektor wichtige Aufgabenstellung der Bankenaufsicht abgeschwächt. Das mag man vielleicht damit begründen, dass die Banken als Institutionen bzw. Anstalten der Regierung galten und in diesem Sinne in ihrer Existenz und Funktion durch die Regierung garantiert wurden. Hinzuzufügen ist, dass das Geschäftsziel dieser Banken nicht nur der Gewinn war, sondern ihre Kernaufgabe darin bestand, für die realwirtschaftlichen Bereiche die benötigten entsprechenden Finanzdienstleistungen zu erbringen und die erforderlichen Kredite zu vergeben. Die durch Banken finanzierten wirtschaftlichen Bereiche hatten den Hauptzweck, die Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen für die Bürger von der finanziellen Seite her zu begleiten.108 Alle staatlichen Banken unterstanden der Zentralbank. Die Zentralbank übte die Bankenaufsicht aus, namentlich die laufende Überwachung und Kontrolle auf der Grundlage des Gesetzes Nr. 87 von 1953 (mit der Bezeichnung: „Gesetz über das Fundament der Währung“).109 Das Gesetz 87 von 1953 wurde mit der Verabschiedung des G-23 von 2002 durch dessen § 136 aufgehoben. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass das neue Gesetz G-28 von 2001 über die Zulassung der Privatbanken in § 1 ausdrücklich vorschreibt: „Die neu zu gründenden Banken betreiben ihre Bankgeschäfte bzw. erbringen ihre Finanzdienstleistungen aber unter der laufenden Überwachung und Kontrolle der Zentralbank gemäß den Vorgaben des Gesetzes über das Fundament der Währung Nr. 87 von 1953“.110 Dies hat man so formuliert, obwohl das G-87 von 1953 sehr alt ist und die Instrumente, die Mitarbeiter und der Gesamtapparat der Zentralbank nicht gut darauf vorbereitet sind, eine auch tatsächlich wirksame Bankenaufsicht auszuüben. Diese Tatsache und andere Gründe haben den Gesetzgeber in Syrien in der Folge veranlasst, das Gesetz Nr. 23 vom 17. März 2002 zu verabschieden.111 Dessen erster Abschnitt (§§ 1 bis 11) enthält die Vorschriften und Aufgaben des Rates für Geld- und Kreditpolitik, der zweite Abschnitt (§§ 12 bis 50) wird der Währung gewidmet, der dritte Abschnitt (§§ 51 bis 84) beschreibt die Aufgaben der Zentralbank und deren strukturellen Aufbau; der vierte Abschnitt (§§ 85 bis 133) enthält allgemeine Richtlinien über den Beruf von Banken und Finanzen und die Unterwerfung der Banken unter die laufende Überwachung durch die 108 109 110 111 AaO, S. 6. AaO, S. 3. § 1 G-28 vom 16.04.2001; Zentralbank-Website: http://www.banquecentrale.gov.sy/main-ar.htm. Das Gesetz Nr. 23 heißt: „Gesetz über die Fundamente der Währung“ und besteht aus fünf Abschnitten und insgesamt 139 Paragraphen. Einige der Paragraphen wurden zuletzt durch das Dekret Nr. 21 vom 9. Februar 2011 novelliert; Zentralbank-Website. http://www.banquecentrale.gov.sy/main-ar.htm. 51 Zentralbank - und außerdem über das Kommissariat für die Banken. Der fünfte Abschnitt (§§ 134 bis 139) beinhaltet einige Übergangsbestimmungen. 2 Organisation der Bankenaufsicht Das folgende Schema zeigt den Aufbau der bankenaufsichtlichen Behörde in Syrien: Ministerpräsident und Kabinett Rat für Geld- und Zentralbank of Syria Kreditpolitik Regierungskommissariat für die Banken Nach den in Syrien gültigen Gesetzen112 gibt es keine Legaldefinition für den Rat für Geldund Kreditpolitik. Der Rat gilt de facto wie auch gesetzlich als der oberste Ausschuss für finanzielle Fragen und Angelegenheiten. Seine Errichtung geht auf die Verabschiedung des Gesetzes Nr. 23 von 2002 zurück, worin § 136 G-23 Übergangsbestimmungen über die Einsetzung dieses Rates ausdrücklich vorschreibt: „Entsprechend diesem Gesetz gelten die Zentralbank und der Rat für Geld- und Kreditpolitik als tatsächlich gegründet … und dieses Gesetz (Nr. 23) gilt als Novelle für alle bisherigen Gesetze und Dekrete“. Nach § 137 G-23 gelten alle Vorschriften und Normen, die diesen Gesetzesbestimmungen zuwiderlaufen würden, als aufgehoben. Im Rahmen der Erfüllung seiner Zuständigkeiten und Aufgaben nimmt der Rat besonderen Anteil an der Bankenaufsicht. Nach § 2 G-21 von 2011113 ist der Rat beauftragt, alle finanziellen und monetären Institute und Banken in Syrien zu organisieren. Obwohl dieser Paragraph keine Definition für das Wort „zu organisieren“ enthält, muss er im breitesten Sinne verstanden werden. Dazu zählt: der Erlass von verbindlichen Rechtsordnungen zum gesamten Finanz- und Bankensektor, das Vorlegen von Gesetzentwürfen und die Wahrnehmung der Beaufsichtigung und Überwachung der Banken sowie des Finanzmarkts im Ganzen (§ 2 G112 113 52 Es sind hier beide Gesetze gemeint, also G-23 von 2002 und G-21 von 2011. Das G-21 vom 9. Februar 2011 ist die erste Novelle des G-23 von 2002. 21). Über diese Aufgaben kontrolliert der Rat verschiedene Teilbereiche des Finanzsektors, koordiniert und orientiert ihre Tätigkeiten. Der Rat nimmt seine Aufgaben wahr, um die monetären Strategien der Regierung durchzusetzen oder zu realisieren (§ 2 G-21). 2.1 a) Der Rat für Geld- und Kreditpolitik Allgemeine Aufgaben des Rates für Geld- und Kreditpolitik Der Rat gilt in Syrien als Allfinanzaufsicht; er verwaltet und betreut auch die ordnungsmäßige Wahrnehmung der Aufgaben der Zentralbank (§ 2 G-21). Der Gesetzgeber hat zu den Aufgaben des Rates in verschiedenen Passagen - insbesondere im ersten Abschnitt (zum Rat für Geld- und Kreditpolitik) und im vierten Abschnitt (zur Funktion der Banken - §§ 85 ff. G23 von 2002) – Vorschriften erlassen. Der Rat strebt hauptsächlich die folgenden Ziele an: Preisstabilität zu gewährleisten (§ 2 Buchst. (a) G-21 von 2011), die Kaufkraft der nationalen Währung zu erhalten und ein nachhaltiges Wachstum der Finanzmärkte und deren Stabilisierung sicherzustellen (§ 2 Buchst. (b)) sowie eine strategisch orientierte Geldpolitik - in der Regel als die Grundaufgabe der Zentralbank eingestuft - im Interesse einer dauerhaften Entwicklung und des Wachstums der Wirtschaft zu unterstützen (§ 2 Buchst. (c)). Dem sind die gemäß § 3 G-21 von 2011 aufgezählten allgemeinen Aufgaben und Strategien hinzuzufügen, von denen insbesondere zu nennen sind: Festlegung des Wechselkurses und des Zinssatzes (Nr. 1) Entwicklung einer monetären Strategie und Erlass der für diese maßgeblichen Beschlüsse (Nr. 2) Bestimmen des Diskontsatzes im Lichte der künftigen monetären Strategie der Regierung (Nr. 4) Erteilung von Instituts- und Banklizenzen (Nr. 5) Überwachung, Kontrolle, Finanz- und Bankenaufsicht und Ergreifen unterstützender Maßnahmen oder Verhängung von Geldbußen (Nr. 6) 114 Konzipieren einer Strategie des Investments von Fremdwährungsreserven und Einreichung eines entsprechenden Strategieentwurfs beim Ministerrat zur Ratifizierung (Nr. 8 und 9) 114 Der Rat übt die Finanz- und Bankenaufsicht durch das Regierungskommissariat für die Banken aus (§ 3 Nr. 6 G-21 von 2002). 53 Organisation und Überwachung des Zahlungsverkehrs, Realisierung des Zahlungsausgleichs (Nr. 10) Führung und Überwachung der Zentralbank (Nr. 11) Periodisches Einreichen von Berichten an die Regierung über die monetäre Situation und die Aktivitäten der Zentralbank (Nr. 13) etc. Es versteht sich, dass diese Aufgaben (ansonsten) zu den traditionellen Aufgaben und Zuständigkeiten der Zentralbanken gehören. b) Aufgaben des Rates in Bezug auf die Finanz- und Bankenaufsicht Vorschriften zur Ausübung der bankaufsichtlichen Tätigkeiten gibt es an einigen Stellen, wie z.B. in § 3 Nr. 5 und 6 G-21, vierter Abschnitt dritter Teil (Eigenkapital von Banken und ihre Vorsorgereserven), in § 96 i.V.m. § 98 G-23 sowie in § 99 G-23. Dort wurde der Rat ausdrücklich zur Organisation und ordnungsmäßigen Führung dieses Bereichs (des Finanzsektors) ermächtigt sowie dazu, für diesen Zweck notwendige Rechtsverordnungen und Beschlüsse zu erlassen. Aus § 99 seien hier einige der dort angesprochenen Themen - als Beispiele – erwähnt: Eigenkapital der Banken, Liquidität, Großkredite etc. Der Rat beteiligt sich an der Bankenaufsicht, zumal ja §§ 105 bis 108 G-23 von 2002 von den Banken ausdrücklich verlangen, dem Rat unmittelbar - binnen bestimmter Fristen – konkrete Unterlagen, periodische Meldungen und Berichte vorzulegen. Zu diesen Unterlagen zählen bspw. die Gewinn- und Verlustrechnungen und die Jahresabschlussunterlagen (in spätestens 90 Tagen nach dem Jahresende) (§ 105 Nr. 1) und eine monatliche Meldung bzw. Anzeige über die Situation der Bank bezüglich ihrer Forderungen und Verbindlichkeiten in nationaler wie auch in Fremdwährung usw. (§ 106 Nr. 1 Buchst. a und b G-23 von 2002). Die eingereichten Unterlagen müssen durch einen externen Prüfer gegengezeichnet sein (§ 105 Nr. 1). Nach § 108 G-23 von 2002 ist der Rat für Geld- und Kreditpolitik verpflichtet, einen periodischen, umfassenden Bericht über das Betriebsergebnis (die ökonomische Situation) der jeweiligen Bank (Gewinn oder Verlust) zu veröffentlichen. 54 c) Zusammensetzung des Rates für Geld- und Kreditpolitik Nach § 4 Nr. 2 G-21 von 2011 setzt sich der Rat aus sieben Mitgliedern zusammen.115 § 4 Nr. 1 G-21 zählt die Mitglieder wie folgt auf: Gouverneur der Zentralbank als „Präsident des Rates“ (§ 4 Nr.1 Buchst. (A)), die anderen Personen als einfache Mitglieder des Rates Präsident des Gremiums für Planung und internationale Koordination (Buchst. (b)) Vize-Gouverneur der Zentralbank (Buchst. (c)), Stellvertreter des Finanzministers (Buchst. (d)) und drei Experten (Buchst. (e)) § 4 Nr. 2 legt die Methode der Ernennung der jeweiligen Mitglieder fest: Der Gouverneur und der Präsident des Gremiums für Planung werden in dieser Eigenschaft zu ständigen Mitgliedern des Rates ernannt,116 der Vize-Gouverneur aber per Dekret auf Grund eines Vorschlags des Gouverneurs, der stellvertretende Finanzminister ebenfalls per Dekret, jedoch unter Beachtung eines Vorschlags des Finanzministers. Die drei Experten werden durch einen zusammenfassenden Vorschlag des Gouverneurs nach Zustimmung des Ministerpräsidenten und sodann per Dekret ernannt. Der Rat kann jederzeit Fachleute und Experten zu seinen Sitzungen einladen – das wird damit begründet, dass die erlassenen Beschlüsse und Rechtsverordnungen oder die ergriffenen Maßnahmen sachgerecht fundiert sein sollten (§ 3 G-23). Nach § 4 Nr. 3 G-21 von 2011 werden die Sitzungen des Rates nur dann als gesetzlich/rechtlich ordnungsgemäß angesehen, wenn der Gouverneur anwesend ist.117 Nach § 4 G-23 von 2002 müssen alle Beratungen und Diskussionen des Rates geheim gehalten werden. 115 116 117 § 4 G-21 von 2011 löst den § 2 G-23 von 2002 ab. Nach § 2 des novellierten G-23 bestand der Rat aus elf Mitgliedern und setzte sich der Rat zusammen aus: dem Gouverneur, seinem ersten und zweiten Stellvertreter, dem Stellvertreter des Ministers für Wirtschaft und Außenhandel, dem Stellvertreter des Finanzministers, dem Stellvertreter des Agrarministers, dem Stellvertreter des Ministers für Industrie, dem Präsidenten des Planungsbüros - und außerdem aus drei Fachexperten (Finanzen, Währung und Banking). Für diese Verminderung der Mitgliederzahl des Rates wurde keine klare Begründung bekannt. Beide werden per Dekret durch den Präsidenten ernannt. Bei Abwesenheit des Gouverneurs - aber nur im Notfall - reicht der Verwaltungsausschuss der Zentralbank seine Vorschläge, die sich auf die Aufgaben des Rates beziehen, beim Ministerpräsidenten ein. Danach entscheidet der Ministerpräsident endgültig, außer in Fällen, in denen diese Angelegenheit einen Beschluss des Ministerrats – nach G-23 von 2002 oder nach G-21 von 2011 erfordert: dann wird die Zustimmung oder der Beschluss des Ministerpräsidenten nur als Vorschlag angesehen (§ 4 Nr. 3 G-21). 55 Das Sekretariat der Zentralbank übt die Aufgabe des Sekretariats des Rates selbst aus und leitet die maßgeblichen Beschlüsse und Rechtsverordnungen an die betroffenen Stellen und Behörden weiter (§§ 5 und 6 G-23 von 2002). d) Neue Ausschüsse Der Rat wird gem. § 7 G-21 von 2011 zur Gründung neuer Ausschüsse und Gremien – ne- ben dem bei der Zentralbank bestehenden Direktorium als „Verwaltungsausschuss“ – ermächtigt. Dem Rat gesteht § 7 zu, bestimmte Ausschüsse - mit Festlegung ihrer Befugnisse und Aufgaben - ins Leben zu rufen. Zudem wird der Rat befugt, die Mitglieder dieser Ausschüsse zu ernennen. Einer der wichtigsten Ausschüsse gem. § 7 Buchst. (c) ist der Ausschuss für die Aufsicht über Banken und andere Finanzinstitute, die dem Rat nach den gültigen Gesetzen und Dekreten unterstehen. § 7 nennt explizit zwei weitere Ausschüsse: Der erste ist gem. Buchst. (a) „der Ausschuss für die Umsetzung der monetären Politik“, und der andere ist „der Ausschuss für die Verwaltung der Reserven“. Darüber hinaus darf der Rat nach Buchst. (d) sonstige Ausschüsse berufen, sofern diese für die Erfüllung der anstehenden Aufgaben und Befugnisse erforderlich sind. 2.2 a) Zentralbank (Central Bank of Syria) Entwicklung, Stellung und Aufgaben Zwar wurde die Zentralbank schon mit Erlass des Dekrets Nr. 87 vom 28.03.1953 in Damaskus errichtet, aber mit der Wahrnehmung ihrer Aufgaben begann sie erst am 1. August 1956.118 Die Definition der Zentralbank gemäß Dekret Nr. 87 lautete schon fast so ähnlich wie die nach dem Gesetz 23 von 2002. § 51 G-23 von 2002 definiert die Zentralbank als „1… eine öffentliche Anstalt, sie genießt zudem finanzielle und administrative Unabhängigkeit, sie setzt die durch den Rat für Geldund Kreditpolitik verabschiedeten Verordnungen und Beschlüsse um, sie agiert unter der Aufsicht des Staates“ - gemeint ist: unter Regierungsaufsicht - „und unter dem Schutzschirm einer Regierungsbürgschaft und mit deren Unterstützung; ihr Funktionieren muss darüber 118 56 Zentralbank-Website: http://www.banquecentrale.gov.sy/main-ar.htm. hinaus im Einklang mit den Strategien der Regierung stehen sowie im Rahmen der von dieser verfolgten Wirtschaftspolitik erfolgen. 2- Die Zentralbank verfügt über eine Rechtspersönlichkeit, aber sie gilt auch als ein Kaufmann im Hinblick auf ihre Beziehungen mit den Geschäftsbanken. Sie erledigt ihre Aufgaben gemäß den international angewandten Standards und soll die internationalen Rechnungslegungsstandards anwenden und durchsetzen.“119 Der Gesetzgeber hat durch eine bisher einzige Novellierung für das G-23 von 2002 - durch G-21 vom 9. Februar 2011 (Dekret) - diese Definition durch eine neue Aufgabe erweitert, indem § 5 G-21 zum § 51 G-23 die Ziffer Nr. 4 hinzufügte, in der die Aufgabe der Zentralbank mit „finanz- und geldpolitischer Berater der Regierung“ bezeichnet wird. Daher berät die Zentralbank die Regierung sachkundig bei den ihr eingeräumten Kompetenzen und Aufgaben. Ab 1967 unterstand die Rechnungslegung der Zentralbank der Überwachung, Kontrolle und Rechenschaft des sog. Zentralen Regierungsapparats für die monetäre Aufsicht. 120 Die Reichweite dieser Überwachung wurde eng begrenzt. D.h. die Aktivitäten dieses Apparats dürfen gewisse Grenzen nicht überschreiten, um die Besonderheiten dieser Anstalt als Bank der Regierung und als ihr geldpolitischer Vertreter mit besonderen Aufgaben nicht zu beeinträchtigen.121 Dieses Prinzip bleibt mit dem Erlass des G-23 von 2002 bestehen. Bedeutsam ist insbesondere § 68 Nr. 3 G-23, der die Geheimhaltungspflicht des Apparates ausdrücklich vorschreibt. § 78 G-23 hat zudem § 68 G-23 bekräftigt, insbesondere in der Beziehung, dass die Daten zu geldpolitischen Maßnahmen und die Rechnungslegung der Zentralbank dem zentralen Apparat für die monetäre Aufsicht vorzulegen sind. § 52 Nr. 1 G-23 legt fest, dass der Sitz der Zentralbank in Damaskus sein muss. Er legalisiert aber auch Niederlassungen und/oder Büros - je nach Bedarf, um die ihr übertragenen Aufgaben und Zuständigkeiten zu erfüllen (§ 53 Nr. 2). 119 120 121 § 51 G-23 von 2002. Dekret Nr. 93 vom 19.07.1967; nach diesem Dekret ist dieser Apparat errichtet worden, vgl. Syrisches Parlament – Website, http://parliament.sy/forms/library/viewAllLibrary.php?tp=9401&pn=261&sw=1&so=DESC&sb=publish_d ate. Zuletzt wurde dieses Dekret durch das Gesetz Nr. 64 vom 29. September 2003 geändert. Nach diesem Gesetz wurde der Apparat für die finanziell-monetäre Kontrolle dem Regierungspräsidenten zugeordnet, während er in der Vergangenheit gemäß dem damaligen Gesetz vom 19.07.1967 dem Finanzminister zugewiesen war. Mit dem neuen Gesetz (Nr. 64 von 2003) wurden zahlreiche Änderungen eingeführt. Zentralbank-Website: http://www.banquecentrale.gov.sy/main-ar.htm. 57 Nach § 11 Nr. 1 G-21 vom 9. Februar 2011 wurde das Grundkapital der Zentralbank mit einem Betrag von 200 Mrd. L.S. (ca. vier Mrd. US-$) bestimmt.122 Die Zentralbank von Syrien übernimmt die Aufgabe der Emission von Banknoten im Auftrag der Regierung und zu ihren Gunsten (§ 55 G-23 in Verbindung mit dem zweiten Abschnitt, d.h. den §§ 12 bis 50 G-23). Dieses Privileg steht allein ihr zu (§ 14 Nr. 1 G-23). Die Zentralbank ist laut § 56 Nr. 1 Bank des Staats bzw. der Regierung - sowohl im In- als auch im Ausland. In dieser Eigenschaft wird sie von der Regierung durch ein Gesetz damit beauftragt, kurz-, mittel- oder langfristige öffentliche Schuldverschreibungen herauszugeben – unter Beachtung der durch die Regierung dazu genannten Voraussetzungen (§ 56 Nr. 2 G23). Generell werden die besonderen Aufgaben und die international traditionellen, herkömmlichen Kompetenzen von Zentralbanken im dritten Teil des dritten Abschnitts (§§ 60 bis 67, dieser Teil ist mit „Zentralbank“ überschrieben) ausführlicher dargelegt. Nach § 60 Nr. 2 G23 müssen alle Aufgaben und Kompetenzen im Einklang mit dem zweiten Abschnitt (mit „Währung“ überschrieben) ausgeübt werden. Die Hauptgeschäfte der Zentralbank sind in § 60 Nr. 1 G-23 aufgezählt: Betreiben von Gold- und Fremdwährungsgeschäften, Durchführen von Wechsel- und Wertpapierdiskont verschiedener Fälligkeitsfristen, Kreditvergabe an Wirtschaftssektoren im Land, Ankauf von mittel- und langfristigen Wertpapieren, die durch die Regierung emittiert oder mit ihrer Bürgschaft besichert worden sind und schließlich: Vergabe von Krediten, aber ausschließlich an die Regierung. Zudem gilt die Zentralbank als Bank der Banken im Staat - angesichts ihrer Fähigkeit und Befugnis, jederzeit bei Bedarf am Finanzmarkt zu intervenieren,123 da eine prinzipielle Möglichkeit unverzichtbar erscheint, nämlich kraft der ihr zugeordneten Aufgaben und Kompetenzen (in der Regel ja indirekt wirksame) Interventionen am Markt vorzunehmen, wie z.B. Wechsel- und Wertpapierdiskont-Geschäfte, Kredit- und Darlehensvergaben an die diversen Wirtschaftsbereiche, insbesondere an die Geschäftsbanken.124 Durch die indirekten Wirkungen von Wertpapier- bzw. Wechseldiskont stellt sich die Funktion der Zentralbank aus Sicht der Geschäftsbanken, nämlich immer wieder neues Geld durch diesen Prozess zu schöpfen, als sehr bedeutsam dar; deswegen gilt sie ja als „Bank der Banken“. 122 123 124 58 Gemäß dem geänderten § 53 G-23 von 2002 wurde das Grundkapital i.H.v. 10 Mrd. L.S. (ca. 200 Mio. US$) festgelegt. Zentralbank Web-Site, Nr. 2: http://www.banquecentrale.gov.sy/main-ar.htm. Ebenda. b) Verwaltungs- und Entscheidungsstruktur der Zentralbank Der vierte Teil des dritten Abschnitts (§§ 68 bis 78) ist dem Entscheidungsmechanismus und der Verwaltung der Zentralbank gewidmet. § 68 benennt den Ausgangspunkt der Verwaltungsstruktur, da in Nr. 1 festgeschrieben wird, dass der Rat für Geld- und Kreditpolitik die Zentralbank führt/leitet. Daher steht der Rat an der Spitze der Strukturpyramide. Nach § 68 Nr. 2 führt oder leitet - die Zentralbank selbst dann „der Gouverneur der Zentralbank“ mit Hilfe des „Verwaltungsausschuss“ genannten Direktoriums. Das Direktorium ist ein Ausschuss bzw. Gremium zur Verwaltung der gesamten Anstalt. Dieses Direktorium besteht aus dem Gouverneur als Leiter und aus vier Exekutiv-direktoren/innen. Jede/r Exekutivdirektor/in ist ein Aufseher über einen bestimmten Bereich der Zentralbankzuständigkeiten. Zwei der Exekutivdirektoren übernehmen gem. § 72 G-23 außerdem und zugleich die Funktion des/der Vizepräsidenten/–in und des ständigen Vertreters resp. der ständigen Vertreterin des Gouverneurs.125 Das Ernennen der Exekutivdirektoren erfolgt durch einen Beschluss des Ministerpräsidenten, jedoch auf Grund eines Vorschlags des Gouverneurs selbst (§§ 71, 72 G-23 i.V.m. § 1 Nr. 1 und 2 G-21).126 Zuzüglich zu den vier Exekutivdirektoren gibt es einen Vertreter der Beschäftigten (Mitarbeiter) der Zentralbank, ernannt durch die Allgemeine Gewerkschaft der Republik.127 Das Verfahren der Ernennung oder der Abberufung des Gouverneurs regelt § 69; danach wird der Gouverneur bzw. die Gouverneurin per Dekret ernannt.128 Im Ernennungsdekret werden die finanziellen Rechte, insbesondere die Höhe des Gehalts und anderer Zulagen eindeutig bestimmt. 125 126 127 128 Der Gesetzeswortlaut benutzt normalerweise keine femininen Formen; es versteht sich aber, dass jeweils beide Geschlechter (Männer und Frauen) gemeint sind. Im syrischen Verfassungsgesetz 2012 ist nun ausdrücklich in Art. 33 Ziff. 4 vorgeschrieben, dass „alle Bürger (Syrer), in Rechte und in Pflichten, ohne Unterschied, etwa nach Geschlecht, Rasse (nationaler oder sozialer Herkunft), Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung gleichberechtigt sind“. Vor der Novellierung vom 9. Februar 2011 mit G-21 erfolgte die Ernennung der Vertreter des Gouverneurs per Beschluss des Ministers für Wirtschaft und Außenhandel. Der alte § 71 Nr. 1 G-23 hatte festgelegt, dass die Exekutivdirektoren durch den Minister für Wirtschaft und Außenhandel ernannt werden; dagegen wird durch die Novellierung des G-23 – gemeint ist: G-21 von 2011 – die Zentralbank dem Ministerpräsidenten unterstellt (§ 1 Nr. 1 G-21) und festgelegt, dass das Wort „Minister für Wirtschaft und Außenhandel“ überall im G-23 durch das Wort „Ministerpräsident“ ersetzt wird. Das Dekret an sich wird vom Präsidenten gemäß Art. 101 Verfassungsgesetz vom 27. Februar 2012 erlassen. 59 2.3 a) Regierungskommissariat für die Banken Überblick Das Kommissariat für die Banken ist ein Amt, das zur Zentralbank gehört. Nach § 117 Nr. 1 G-23 von 2002 übt das Kommissariat die ihm übertragenen bankaufsichtlichen Aufgaben gemäß den durch den Rat für Geld- und Kreditpolitik erteilten Anweisungen, Beschlüssen und Rechtsverordnungen aus. Da das Kommissariat - wie gesagt - als Amt der Zentralbank gilt, unterstehen seine Angestellten und Prüfer den Satzungen und Regeln der Zentralbank (§ 117 G-23). Das Kommissariat übernimmt die Bankenaufsicht von Anfang an als die für die Erteilung von Bankenlizenzen zuständige Behörde, so dass die Antragsteller ihre Anträge zur Gründung von Banken dem Kommissariat vorlegen müssen (§ 90 G-23 in Verbindung mit G-28 von 2001). Dieses Amt begleitet dann die Tätigkeit der Banken und anderer finanziell-monetärer Institutionen von Beginn an und übt die laufende Überwachung aus.129 Daneben überprüft es die von den Banken eingereichten Meldungen, Unterlagen, Berichte über die Eigenmittelausstattung und über ausreichende Liquidität, Prüfberichte und Rechnungslegungen sowie Jahresabschlussunterlagen und wertet diese aus. Insgesamt soll dieses Amt (das Kommissariat) Missständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entgegenwirken, die nach Kommissariatsverständnis überall ähnlich sind und die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsmäßige Abwicklung der getätigten finanziellen Operationen (Finanzdienstleistungen und Bankgeschäfte) beeinträchtigen oder schwerwiegende Nachteile für die Volkswirtschaft verursachen können.130 b) Sitz des Regierungskommissariats Der Sitz des Kommissariats (mit seinen Abteilungen) deckt sich mit dem der Zentralbank, da es ein Amt der Zentralbank ist. Wie zuvor dargelegt, hat die Zentralbank gem. § 52 Nr. 1 G-23 von 2002 ihren Sitz in Damaskus. Aber nach § 52 Nr. 2 G-23 darf die Zentralbank nach Bedarf Zweigstellen, Niederlassungen oder Agenturen eröffnen. c) Abteilungen des Regierungskommissariats Das Kommissariat ist zur Erfüllung seiner Aufgaben in acht Abteilungen untergliedert: 129 130 60 Zentralbank-Website, http://www.banquecentrale.gov.sy/main-ar.htm. Ebenda. c.1) Örtliche Überwachungs-Abteilung: Diese Abteilung hat die Aufgabe der Überwachung der im jeweiligen Ort ansässigen Banken. Sie untersucht die etwaigen verschiedenen Risiken bzw. Gefahren und auch die sich daraus ergebenden Verlustmöglichkeiten.131 Diese Abteilung bewertet darüber hinaus die Tüchtigkeit des Managements der Banken in Bezug auf das Verwalten ihrer Forderungen und Verbindlichkeiten. Zudem beurteilt sie die Einhaltung der Gesetze und Verordnungen durch die Verantwortlichen der jeweiligen Bank.132 c.2) Abteilung für Kontrolle des Kommissariats Diese Abteilung übernimmt die aufsichtsführende Rolle des Kommissariats und hat insofern eine ergänzende Rolle zur vor Ort ausgeübten Beaufsichtigung. Diese Abteilung wertet die Ergebnisse der Beaufsichtigung aus, schlägt Empfehlungen vor und überprüft die Einhaltung der seitens der Banken zu beachtenden Standards für die Meldungen (Angemessenheit des Eigenkapitals, Liquidität etc.). Eine der wichtigsten Aufgaben dieser Abteilung ist die periodische Analyse der Angaben und der von den Banken eingereichten Meldungen.133 c.3) Abteilung für die Registrierung und Erteilung der Banklizenz Diese Abteilung hat die Aufgabe, die Vollständigkeit der angeforderten Unterlagen zu den Anträgen der verschiedenen finanziellen Institute (Banken und andere Unternehmen) zu überprüfen. Die Abteilung gilt daher als die erste Anlaufstelle für die Entgegennahme eines Antrags.134 Nach der Zustimmung des Ministerpräsidenten trägt diese Abteilung das genehmigte Institut in das Sonderregister der jeweiligen Institutsart ein. c.4) Abteilung für Analyse, Kontrolle und Vorschläge Diese Abteilung hat die Aufgabe, eine ausführliche Analyse der durch die örtlichen Instituts-Aufseher gesammelten Berichte zu erarbeiten und anschließend zweckdienliche Hinweise und Vorschläge an den Vorstand der betreffenden Bank zu schicken und ggf. zu diskutieren.135 Darüber hinaus sorgt diese Abteilung dafür, dass die Pläne zur Beseitigung der festgestellten Mängel und Verstöße ausgeführt werden. Solche Pläne erfordern in der Regel 131 132 133 134 135 Zentralbank-Website Regierungskommissariat für Banken http://www.banquecentrale.gov.sy/main-ar.htm Ebenda. Ebenda. Ebenda. Ebenda. 61 eine Meldung an den Rat für Geld- und Kreditpolitik und auch die Zustimmung des Vorstands der betreffenden Bank.136 c.5) Abteilung für islamische Banken Die Abteilung für islamische Banken nimmt die Aufsicht über die auf dem syrischen Markt tätigen islamischen Banken und alle damit zusammenhängenden Angelegenheiten wahr. Diese Abteilung vereinigt in sich die beiden Beaufsichtigungsaufgaben, d.h. die Überwachung der Banken vor Ort und die Kontrolle aus dem Kommissariat heraus (vom Büro aus). Diese Abteilung prüft, ob die islamischen Banken bei ihren Aktivitäten die islamischen Kriterien und Standards (z.B. Meldeformblätter) einsetzen oder nicht, womit die von der Accounting and Auditing Organisation for Islamic Financial Institutions (AAOIFI) aufgestellten Kriterien gemeint sind. Im Falle der Nichteinhaltung der islamischen Kriterien und Standards wird die Durchsetzung der international üblichen Kriterien und Standards – unter Berücksichtigung der Besonderheiten der islamischen Banken und der ihnen erlaubten bzw. verbotenen Geschäfte – gefordert.137 c.6) Abteilung für finanzielle Institute Die Abteilung für finanzielle Institute ist für die Beaufsichtigung der Nichtbanken (private und islamische Banken) zuständig. Die Aufgaben dieser Abteilung umfasst beide Arten der Beaufsichtigung (die vor Ort bei den Banken direkt sowie die zentrale Kontrolle aus dem Kommissariat heraus). Überdies prüft diese Abteilung die Einhaltung der für diese Institute verbindlichen Gesetze und der vom Rat für Geld- und Kreditpolitik erlassenen Verordnungen.138 c.7) Abteilung für Gefahren und Risiken Diese Abteilung ist damit beauftragt, die sich aus den Kreditvergaben und –vergünstigungen ergebenden Gefahren und Risiken zu erfassen. Auf Basis der monatlichen Meldungen und Angaben der Banken über die gewährten Kredite bildet sich diese Abteilung einen genauen Überblick über die Anliegen und das Verhalten der Kunden und die sich daraus ergebenden Gefahren für den Finanz- bzw. Bankensektor.139 136 137 138 139 62 Es gibt dafür keine Begründung, aber die Abteilung für Analyse und Kontrolle ist verpflichtet, eine Diskussion mit dem Vorstand der Bank bei Eintritt solcher Umstände zu führen, um die vorgeschlagenen Pläne durchsetzen zu können. Zentralbank-Website Regierungskommissariat für Banken, http://www.banquecentrale.gov.sy/main-ar.htm. Ebenda. Zentralbank-Website Regierungskommissariat für Banken http://www.banquecentrale.gov.sy/main-ar.htm. Diese Abteilung führt gesonderte Bücher über die Kunden des finanziellen Sektors insgesamt (einschl. der Banken) und beantwortet Anfragen der Banken in Entscheidungsfällen der Kreditvergabe. Der Rat für Geld- und Kreditpolitik hat die Rechtsverordnung Nr. 196 vom 05.04.2006 erlassen - zur Organisierung der Arbeit dieser Abteilung bei der Beschaffung der benötigten Informationen sowie hinsichtlich der Rückkopplung derselben zu den Banken und anderen finanziellen Instituten. Damit spielt diese Abteilung die Rolle der syrischen „Evidenzzentrale“. c.8) Abteilung für Forschung Diese Abteilung übernimmt die Aufgabe, Probleme im Bereich des Finanz- und Bankensektors zu untersuchen. Solche Forschungen betreffen die Innovationen und Entwicklungen in der Bankenaufsicht weltweit, um die Ergebnisse dann in Form von Vorschlägen an den Rat für Geld- und Kreditpolitik weiterzureichen. Danach werden diese Vorschläge in Form einer (obligatorischen) Rechtsverordnung erlassen. Die von dieser Abteilung durchgeführten Forschungen und Vorschläge bezwecken in erster Linie die Erhöhung der Effizienz der Aufsicht über alle finanziellen Institute. Zudem pflegt sie die Kommunikationen des Kommissariats mit den internationalen Aufsichtsbehörden und tauscht Auskünfte und Informationen in diesem Bereich - wenn nötig - aus.140 d) Aufgaben des Kommissariats § 118 Nr. 1 G-23 ist dem Thema „Aufgaben des Kommissariats“ gewidmet. Dement- sprechend muss das Kommissariat die Aufsicht über die Institute und Banken ausüben - auf der Grundlage der im vierten Abschnitt - „Die Funktion von Banken und des Geldverkehrs“ niedergelegten Regeln. Das Kommissariat prüft bei den Banken insbesondere auch eventuelle Verstöße gegen die Gesetze und gegen die durch den Rat in Kraft gesetzten Rechtsverordnungen, um solche Verstöße künftig zu unterbinden oder um die bei einer Bank oder einem Institut entdeckten Missstände zu verhindern oder zu beheben (§ 118 Nr. 2). Es überwacht und prüft regelmäßig die Tätigkeit der Banken und der anderen finanziellen Institute (§ 118 Nr. 3). Das Kommissariat erforscht und verfolgt neue Entwicklungen im Bereich der Finanz- und Bankenaufsicht und führt Statistiken für diesen Sektor, da es durch Analyse der eingegangenen Meldungen etwaige Informationslücken überbrücken und sichtbar gewordene Schwächen beseitigen kann. Auf diese Weise versucht das Kommissariat, Missständen im Kredit140 Ebenda. 63 und Finanzdienstleistungswesen entgegenzuwirken, die die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden oder die gesetz- und ordnungsmäßige Durchführung der Finanzdienstleistungen oder der Bankgeschäfte beeinträchtigen würden (§ 118 Nr. 4 und 5). Es versteht sich also: Wenn das Kommissariat seine ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben erfüllt, vermeidet es Schaden und Nachteile für die gesamte Volkswirtschaft. e) Anordnungen Die Befugnis zum Erlass von Verordnungen wird nach Maßgabe des Gesetzes Nr. 23 von 2002 auf den Rat für Geld- und Kreditpolitik beschränkt. Es gibt zwar kein ausdrückliches Verbot für das Kommissariat, Anordnungen zur Bekämpfung von Missständen im Bankwesen zu treffen, aber da das Kommissariat der Zentralbank und dem Rat zugehört, firmiert der Rat in seiner Eigenschaft als „Führungsgremium der Zentralbank“ als Urheber des Erlasses der verschiedenen verbindlichen Anordnungen. Geregelt ist das in § 99 Nr. 1 G-23 von 2002 und in § 3 Nr. 5 und 6 G-21 von 2011. Die vom Rat zu erlassenden Anordnungen werden auf der Basis von Vorschlägen des Kommissariats verabschiedet (§ 3 Nr. 6 in Verbindung mit Nr. 16 G-21 von 2011). f) Interner Prüfer Eine der organisatorischen bankaufsichtlichen Zuständigkeiten nach Maßgabe des § 109 G-23, vierter Abschnitt von 2002, ist die Auswahl des internen Prüfers für die jeweilige Bank. Laut § 109 G-23 hat jede Bank mehrere dafür qualifizierte Kandidaten zu nominieren, unter denen das Kommissariat die für diese Aufgabe am besten geeignet erscheinende Person aussucht.141 § 110 Nr. 3 G-23 schreibt vor, dass die Aufgabe des internen Prüfers darin besteht zu kontrollieren, ob die Bank die für ihre Tätigkeit einschlägigen Gesetze und Verordnungen eingehalten hat oder nicht. Außerdem verpflichtet § 110 Nr. 4 die internen Prüfer, das Kommissariat über jedweden Beschluss des Bankmanagements oder über Situationen, die die Solvabilität oder die Liquidität der Bank gefährden würden, zu informieren. 141 64 Aufgrund des vierten Abschnitts (§ 109 Nr. 2 G-23) hat der Rat für Geld- und Kreditpolitik die erforderlichen Rechtsverordnungen erlassen. Davon besonders zu erwähnen ist die RVO Nr. 15 vom 13.08.2003; sie nennt die von Kandidaten für die Ausübung der Funktion des internen Bankprüfers zu erfüllenden Voraussetzungen (berufliche und wissenschaftliche). Darüber hinaus regelt sie die Fälle und Umstände des Widerrufs und der Abberufung von internen Prüfern. Danach wurde dann die RVO Nr. 123 vom 30.03.2005 bezüglich der internen Prüfaufgaben erlassen. Zuletzt wurde RVO Nr. 15 durch die RVO Nr. 656 vom 12.05.2010 teilweise geändert. Damit die internen Prüfer ihren Aufgaben nachkommen können, hat das Kommissariat die erforderlichen Anweisungen und Richtlinien zu erlassen (§ 110 Nr. 5 G-23). Zur Erfüllung seiner Aufgaben schließt die Zentralbank - im Namen des Kommissariats – Arbeitsverträge mit hochqualifizierten Sachbearbeitern, Fachleuten oder Institutionen sowohl im In- als auch im Ausland ab. Solche Verträge haben u.a. den Zweck, Erfahrungen in Bezug auf die internationalen Rechnungslegungsstandards im Bereich der Bankenaufsicht nach Syrien zu transferieren bzw. solchen zu beschaffen (§ 117 Nr. 2 i.V.m. §§ 110, 111, 112, 113, 115 und 116 G-23 von 2002). Durch die RVO Nr. 534 vom 16. Juli 2009 fordert der Rat für Geld- und Kreditpolitik von allen Banken, eine spezifische („compliance“-)Abteilung einzurichten - mit der Aufgabe, die Einhaltung der einschlägigen Gesetze und Verordnungen zu überwachen.142 Diese neu zu gründende Abteilung ist eine relativ unabhängige interne Prüfstelle der jeweiligen Bank (§ 1 RVO Nr. 534). In § 1 RVO Nr. 534 von 2009 wurden insbesondere auf die Verordnungen zum Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismus und zur Wahrung der Geheimhaltungspflichten gemäß anderen Rechtsverordnungen Bezug genommen. g) Satzung des Regierungskommissariats Diesem Thema wurde bisher leider keine erhebliche Bedeutung beigemessen, obwohl der Gesetzgeber solche Satzungen für die Anstalten und Ämter in verschiedenen Gesetzen verlangt hat. Nach § 117 Nr. 3 G-23 wird nun ausdrücklich vorgeschrieben, dass der Rat eine Satzung für das Kommissariat - in Ansehung seiner Aufgaben und Zuständigkeiten - festlegt. Der Grund dafür liegt vermutlich in der Tatsache, dass das Kommissariat als Amt der Zentralbank zugeordnet ist und über keine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt.143 Außerdem bestimmt der Rat die Bedingungen für Vertragsabwicklungen, insbesondere mit internationalen, spezialisierten Institutionen, um die Erfahrungen der Beschäftigten des Kommissariats sich weiterentwickeln zu lassen und dessen Effizienz möglichst zu erhöhen (§ 117 Nr. 3). 142 143 RVO Nr. 534 von 2009 wurde in Anlehnung an die allgemeinen Regelungen des G-23 von 2002 erlassen, insbesondere angesichts der Herausforderungen der Terrorismus- und der Geldwäschebekämpfung. Zuletzt wurde RVO Nr. 584 vom 10. November 2009 als ergänzende VO für die VO Nr. 534 verabschiedet. Die RVO Nr. 584 hat weitreichende Ermächtigungen des Kommissariats für die Banken in Bezug auf Kanndidatenvorschläge sowie die entscheidende Rolle des Rates bei der Berufung des letztlich geeigneten Kanndidaten zum Inhalt. Der Autor hat diesbezüglich am 18.07.2012 telefonisch bei der Zentralbank in Syrien angefragt. Die Antwort war, dass das Kommissariat bisher über keine gesonderte Satzung verfügt. 65 2.4 Beteiligung des Regierungsrats (Kabinetts) Der Rat für Geld- und Kreditpolitik ist gem. § 1 Nr. 1 G-23 von 2002 ein Ausschuss, der dem Ministerrat zugehört - und so gesehen erlässt eigentlich die Regierung die von diesen ergehenden Weisungen und Rechtsverordnungen, da er seine Tätigkeiten und Aufgaben im Rahmen der Gesamtpolitik der Regierung ausübt. Darüber hinaus sieht § 51 Nr. 1 G-23 dieselbe Regel in Bezug auf die Zentralbank vor, unterstützt durch § 1 Nr. 1 G-21 von 2011, da der genannte Artikel (§ 1 G-21) ausdrücklich die Unterstellung der Zentralbank unter den Ministerpräsidenten vorschreibt. Die Regierung hat von dieser Rechtsbefugnis Gebrauch gemacht und zahlreiche verbindliche Beschlüsse, Rechtsverordnungen und Weisungen verabschiedet. C. Zusammenfassung und Vergleich Aus dieser ausführlicheren Untersuchung des strukturellen Aufbaus der Bankenaufsicht in beiden Rechtsordnungen wird deutlich, dass beide Länder grundsächlich fachlich spezialisierte Institutionen für die Bankenaufsicht einsetzen. Diese Gemeinsamkeit zwischen den beiden Rechtsordnungen verbirgt aber doch deutliche, wesentliche Unterschiede. Nicht zu übersehen ist die allmähliche, permanente Entwicklung hin zur deutschen Aufsichtspraxis im Vergleich mit ihrem syrischen Gegenstück. Während der Verstaatlichungsära in Syrien der Jahre 1959 bis 2001 dominierten die staatlichen Banken bei vollständiger Abwesenheit privater Banken im nationalen Markt. Damals wurde Bankenaufsicht nach engeren Kriterien ausgeübt – wahrscheinlich schon und allein deshalb, weil die staatlichen Banken als rein öffentliche Einrichtungen - ohne eine wie auch immer geartete Sonderstellung – galten. Dies führte zu einem erheblichen Rückstand bei den Aktivitäten im Bankenaufsichtswesen, verbunden mit sehr moderaten Anforderungen an dieses System in Syrien insgesamt. Wie erwähnt, obliegt die Federführung für die Bankenaufsicht - in beiden Länder ähnlich einer dafür zuständigen Anstalt, jedoch mit klaren Unterschieden bei den Befugnissen, zu deren Gebrauch diese ermächtigt ist. In der Bundesrepublik Deutschland wird die Bankenaufsicht von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) ausgeübt, in Syrien dagegen wird sie dem Regierungskommissariat für die Banken - abgekürzt: „Kommissariat“ - übertragen. 66 Der Wortlaut beider Rechtsordnungen enthält eine ausdrückliche Identifizierung des Trägers der Bankenaufsicht. In Deutschland wird die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in § 6 KWG als dafür zuständig benannt, während in Syrien auf das Regierungskommissariat im vierten Abschnitt §§ 85 ff., insbesondere § 117 G-23 von 2002 hingewiesen wird, wenngleich dieses Amt unmittelbar unter dem Dach der Zentralbank installiert worden ist. Hierbei taucht der erste große Unterschied zwischen beiden Rechtsordnungen auf, der sich genau beim Träger der Bankenaufsicht selbst festmacht - und noch deutlicher bei der Rolle oder der Mitwirkung der Zentralbank im Rahmen dieser Tätigkeit. Das entspricht der Tatsache, dass die Frage: „Wer nimmt die Bankenaufsicht wahr?“ eine erhebliche Bedeutung in vielen Rechtsordnungen besitzt - auf Grund der allgemeinen, sachlichen Nähe von Zentralbank und Finanz- bzw. Bankenaufsicht. Die Beziehung zwischen der Zentralbank (oder - wie in Deutschland - der Deutschen Bundesbank) und der zuständigen Behörde für die Finanz- und Bankenaufsicht ist - wie zuvor angesprochen - sehr unterschiedlich. In Deutschland wurde bei der BaFin ein Forum errichtet, dessen Aufgabe es ist, eine Koordinierung der laufenden Zusammenarbeit der Allfinanzaufsicht über den Finanzmarkt zwischen der BaFin und der Deutschen Bundesbank durchzusetzen (§ 3 FinDAG). Und dies ist ein Ergebnis der Trennung - d.h. der organisatorischen Verselbstständigung - der beiden Einrichtungen. Dagegen besteht in Syrien kein Bedarf an einem solchen Forum - wegen der Zugehörigkeit des Kommissariats zur Zentralbank; dadurch verwischen sich die Abgrenzungen zwischen diesen beiden Stellen. Als Konsequenz aus der Abhängigkeit des Kommissariats von der Zentralbank in Syrien folgt, dass es keine gesonderten Rechtsverordnungen zu erlassen befugt ist, sondern nur wenn nötig - Vorschläge beim Rat für Geld- und Kreditpolitik einreichen kann, wenn es entsprechende Beschlüsse fassen oder den Erlass von Rechtsverordnungen in die Wege leiten will. Im Gegensatz dazu gesteht das KWG der BaFin im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben verschiedene Befugnisse gegenüber den Instituten zu. Das Bundesministerium der Finanzen kann die durch das KWG erteilten Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen der BaFin selbst weiter übertragen, jedoch mit der Maßgabe, dass solche Rechtsverordnungen nur im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank und nach Anhörung der Spitzenverbände der Institute ergehen dürfen. 67 In Syrien gibt es für das Regierungskommissariat kein ausdrückliches (weder ein gesetzliches noch ein administratives) Verbot zum Erlass von Anordnungen zur Beseitigung von Missständen in einer Bank, aber das Gesetz schweigt sich zu diesem Thema aus. Dagegen verfügt die BaFin in vollem Umfang über das Recht, Anordnungen für einzelne Institute und deren Geschäftsführer zu erlassen. Die BaFin hat einen Doppelsitz: in Frankfurt am Main und in Bonn; dagegen hat Syriens Kommissariat nur einen Sitz in Damaskus. Die beiden Sitze der BaFin sind streng separiert vom Sitz der Deutschen Bundesbank. Im Gegensatz dazu ist der Sitz des Kommissariats unter dem Dach der Zentralbank angesiedelt, weil es als Amt der Zentralbank zugeordnet ist. Die Deutsche Bundesbank, die eine ganz andere Entstehungsgeschichte im Vergleich zur syrischen Zentralbank hat und viel älter als ihr Gegenstück ist, ist eine bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts und „gehört“ in keiner Weise der Bundesregierung. Im Gegensatz dazu gehört die syrische Zentralbank der Regierung und ist weisungsabhängig von deren währungspolitischer Strategie und setzt diese Politik und entsprechende Anweisungen durch. Die Deutsche Bundesbank ist mit der Entstehung des Binnenmarktes und mit Einführung der Einheitswährung „Euro“ ein integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken (unter Beibehaltung ihrer Unabhängigkeit im Übrigen). Dagegen agiert die syrische Zentralbank in einer selbstständigen Form, ohne einer umfassenderen, internationalen Organisation anzugehören. In Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen der zuständigen Bankenaufsichtsbehörde und der Zentralbank der jeweiligen Länder werden ebenfalls erhebliche Differenzen sichtbar. Während in Deutschland eine Zusammenarbeit beider Anstalten ausdrücklich in § 7 KWG vorgesehen ist, besteht dagegen kein Bedarf an solchen Bestimmungen in der syrischen Rechtsordnung - aufgrund der Zugehörigkeit des Kommissariats zur Zentralbank, weshalb eine solche Zusammenarbeit de facto schon vorausgesetzt wird. Die in Rede stehende Zusammenarbeit wird in der Bundesrepublik Deutschland seit 2000 bzw. 2002 gem. § 3 FinDAG mit der Errichtung des Forums für Finanzmarktaufsicht, das beiden Anstalten unter Vorsitz der Bundesanstalt (BaFin) untersteht, wirksam organisiert und koordiniert. Die Pflicht zur Wahrung von Amts- und Bankgeheimnissen entfällt nach den Rechtsordnungen beider Länder im Verhältnis zueinander, bedingt durch die Anforderungen der gebotenen Zusammenarbeit. 68 Gerechtfertigt wird diese Zusammenarbeit von deutscher Seite damit, dass einige Meldungen und Anzeigen von den Finanzdienstleistungsinstituten und Banken bei der Bundesbank eingereicht werden und diese gehalten ist, die Ergebnisse der Bundesbankstatistik der BaFin zur Verfügung zu stellen. Außerdem unterstützt die Deutsche Bundesbank die BaFin durch ihren deutschlandweit verzweigten Apparat (von Filialen), da die BaFin selbst über keinen entsprechenden Mittel- oder Unterbau verfügt. Hierbei ist ein zusätzlicher Aspekt zu beachten: die Frage der Geheimhaltung im Rahmen der Kooperation zwischen der zuständigen Aufsichtsstelle und der Zentralbank in beiden Rechtsordnungen. In der Bundesrepublik Deutschland sind die beiden Anstalten bei ihrer Zusammenarbeit zum Austausch von für die jeweils andere Instanz bedeutsamen Informationen verpflichtet (§ 7 KWG). Diese Zusammenarbeit ist vom Gebot der Wahrung des Amts- und Bankgeheimnisses befreit. Für die syrische Rechtsordnung ist die Befreiung von der Geheimhaltungspflicht - trotz des deutlichen Unterschieds in Bezug auf die Rechtsform der Beziehungen zwischen dem Kommissariat und der Zentralbank - ebenfalls anzunehmen, obwohl es keine Norm dafür gibt. Denn es gibt zwei entscheidende Unterschiede zwischen den beiden untersuchten Rechtsordnungen. Der erste, ausschlaggebende Unterschied ist die Beziehung zwischen der zuständigen Bankenaufsichtsbehörde des jeweiligen Landes und dessen Zentralbank; diese Frage wurde oben schon angesprochen. Aber der zweite erhebliche Unterschied besteht darin, dass die Bundesrepublik Deutschland in Europa liegt und Mitglied der EU ist, was zu einer fast automatischen Zusammenarbeit zwischen den deutschen Behörden und den europäischen Organisationen, Institutionen und Behörden gemäß zahlreichen EU-Richtlinien und Rechtsverordnungen führt. Zudem haben sich jetzt die Finanzminister der EU-Mitgliedstaaten darauf geeinigt, dass in der Zukunft eine gemeinsamen Bankenaufsicht durch die Zentralbank (EZB) für die Euro-Zone ausgeübt werden soll. Der europäischen Aufsicht durch dier EZB unterstehen direkt wohl nur die größten Banken der Euro-Zone. Voraussichtlicher Starttermin der Änderung ist Anfang 2014. Die europäische Aufsicht wäre der erste Schritt hin zu einer Europäischen Bankenunion.144 Die Zusammenarbeit zwischen der BaFin und den europäischen Stellen basiert auf den folgenden Institutionen bzw. Mechanismen: 144 Vgl. die Vorschläge der EU-Kommission v. 12.9.2012, http://ec.europa.eu/internal_market/finances/banking-union/index_de.htm. 69 § 7a KWG verpflichtet die BaFin zur Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission, und sie ist insbesondere gehalten, für die europaweite Kooperation relevante Meldungen zu erstatten, u.a. über die Erteilung oder Aufhebung der Betriebserlaubnis für Unternehmen, Tochterunternehmen oder Institute, oder über die Einstufung einer Gruppe von Unternehmen als Finanzkonglomerat, oder aber nach § 7a Abs. 2 Nr. 5 KWG „über das Verfahren zur Vermeidung der Umgehung der zusätzlichen Kapitalanforderungen bei Überschreitung der Gesamtbuch-Großkreditanforderungen“ die Europäische Kommission zu unterrichten. Ein anderes Feld der Zusammenarbeit ist neu hinzugekommen - durch die erst jüngst geschaffene Novellierung des KWG zur Umsetzung der EU-Verordnung Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde. Die BaFin beteiligt sich - gem. den EU-Verordnungen Nr. 1093/2010 sowie 1095/2010 – an den Aktivitäten der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde. Diese Verpflichtung verlangt von der BaFin, diesen Behörden die erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, damit diese ihre Aufgaben erfüllen können. Die Anforderungen an die Zusammenarbeit mit der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde sind in § 7b KWG fixiert, worin auch einige allgemeinen Pflichten zur Information über neu eintretende Ereignisse in Bezug auf Institute, Tochter- oder sonstige Unternehmen - wie z.T. schon in § 7a KWG - vorgeschrieben sind. Die o.g. Zusammenarbeit der deutschen Behörden (hier insbesondere der BaFin) mit den europäischen Institutionen und Organisationen hat in Syrien kein Pendant – wegen der Nichtintegration des Landes in supranational zuständige Organisationen, da Syrien solchen Gruppierungen (außer dem IWF) nicht angehört. Obwohl die Arabische Liga schon seit längerer Zeit besteht, hat sie bisher keine supranational wirksamen wirtschaftlichen und finanziellen Organisationen oder Institutionen ins Leben gerufen. Es existiert leider keine engere Zusammenarbeit oder nennenswerte Koordinierung zwischen den Bestandteilen ihres jeweiligen Finanz- und Bankensektors. Die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen der arabischen Länder setzt einen funktionierenden Binnenmarkt voraus - und dieser ist leider noch nicht zu erkennen. Im asiatischen Bereich ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Ländern leider auch nicht besser oder intensiver. 70 Zudem enthält das syrische Gesetz keine Vorschriften oder zumindest keine Norm zu diesem Thema (bezüglich der Zusammenarbeit und der Koordinierung) - außer mit internationalen Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Des Weiteren gehört die Bundesrepublik Deutschland auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur Europäischen Union dem neu errichteten „Europäischen System der Finanzaufsicht (ESFS)“ an. Diese Institution, die am 1. Januar 2011 installiert wurde, ist ein Netzwerk, bestehend aus den nationalen Finanz- und Bankenaufsichtsbehörden der 27 Europäischen Mitgliedstaaten. Im Einzelnen sind dies die drei Europäischen Finanzaufsichtsbehörden: für die Banken (EBA), für das Versicherungswesen (EIPA) und für die Wertpapiermärkte (ESMA) - alle neben dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken die konstituierende Bestandteile resp. Behörden des Europäischen Systems der Finanzaufsicht. Für die Zusammenarbeit der BaFin mit anderen europäischen Finanzaufsichtsbehörden ist eine Einbindung der BaFin in das Europäische Finanzaufsichtssystem anvisiert - mit Unterrichtungspflichten gegenüber den dieses System konstituierenden Behörden. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden der EU-Staaten haben die europäischen Aufsichtsbehörden eine Schlichtungsrolle. Die Einrichtung einer Europäischen Bankenaufsichtsbehörde rechtfertigt die Erwartung, dass sich Qualität und Konsistenz der Bankenaufsicht – insbesondere über Bankengruppen und grenzüberschreitend tätige Institute - in der Europäischen Union verbessern und sich die bankaufsichtlichen Regeln, Kriterien und Standards auf Europaebene noch stärker vereinheitlichen werden. Ob und wie weit sich dies im Hinblick auf jüngste Pläne der Europäischen Kommission weiter vertieft, bleibt jedoch noch abzuwarten. Die Zusammenarbeit mit den staatlichen Finanz- und Bankenaufsichtsbehörden berührt nicht die Zuständigkeiten und die Verantwortung der nationalen Aufsichtsbehörden für den jeweils nationalen Markt. In der deutschen Rechtsordnung werden die finanz- und bankaufsichtlichen Behörden in bestimmte, fachlich spezialisierte Abteilungen untergliedert. In der Bundesrepublik Deutschland wird die aufsichtliche Arbeit nach fachlichen Gesichtspunkten aufgeteilt, da die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht aus dem Zusammenschluss von drei Ämtern entstanden ist: dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, dem Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen und dem für den Wertpapierhandel. 71 Im Gegensatz dazu hat die Aufteilung der aufsichtlichen Arbeit im syrischen Kommissariat eine andere Struktur bekommen; mit Ausnahme der Beaufsichtigung der islamischen Banken. Das Kommissariat ist darüber hinaus nicht die zuständige Stelle für das Versicherungswesen, sondern nur für die Finanzdienstleistungsinstitute und Banken zuständig. In Syrien steht der Rat für Geld- und Kreditpolitik an der Spitze der administrativen Pyramide der Bankenaufsicht, und das Kommissariat ist von ihm weisungsabhängig. Der Rat ist die oberste monetäre Behörde in Syrien; er leitet bzw. führt die Zentralbank und ist befugt, die erforderlichen Beschlüsse und Rechtsverordnungen in Bezug auf die Bankenaufsicht zu erlassen. Der Rat sichert federführend das Funktionieren der Geldpolitik in Syrien und ist gesetzlich bestimmter Berater der Regierung mit weitreichenden Berechtigungen und Befugnissen. Dagegen gibt es in der Bundesrepublik Deutschland einen derartigen Rat oder Ausschuss nicht - außer dem Forum, das im Jahr 2000 bei der BaFin errichtet wurde. Aber dieses Forum hat andere und nur beratende Funktionen, und es steht unter dem Vorsitz der BaFin; daher ist das Forum kein vergleichbares Gegenstück zum syrischen Rat für Geld- und Kreditpolitik. Das bundesdeutsche KWG enthält an verschiedenen Stellen einige Vorschriften zur Ermächtigung des Bundesministeriums der Finanzen für den Erlass von Rechtverordnungen. Diese Ermächtigung kann das Bundesministerium aber der BaFin weiter übertragen. Dagegen besteht eine solche Ermächtigung in der gültigen syrischen Rechtsordnung nicht, obwohl die Zugehörigkeit des Rates für Geld- und Kreditpolitik und demzufolge der Zentralbank zum Ministerium für Wirtschaft- und Außenhandel (und zum Finanzministerium) – vor der Novellierung des G-23 von 2002 durch G-21 von 2011 – verordnet ist. Mit dem G-21 wird die Zugehörigkeit des Rates zum Ministerpräsidenten fixiert. In beiden Rechtsordnungen sind die Regierungen zur Ausübung einiger speziellen Befugnisse berechtigt. In Deutschland z.B. ist die Bundesregierung in bestimmten Fällen (bei allgemeinen Gefahren für die Gesamtwirtschaft) befugt, konkrete Maßnahmen zu ergreifen (bspw. ein Moratorium für kurze Zeit zu verhängen, für höchstens drei Monate nach §§ 47 und 48 KWG). Gleiches gilt - trotz fehlender Bestimmung des gesetzlichen Berechtigungsrahmens für die syrische Regierung. D.h. der Gesetzgeber lässt die Frage der Berechtigungen für die Regierung offen. Immerhin unterstehen ja der Rat und die Zentralbank der Regierung und sind beide von dieser weisungsabhängig. 72 Teil II Geltungsbereich der Bankenaufsicht A. Bundesrepublik Deutschland 1 Der Aufsicht unterliegende juristische Personen 1.1 Begriffsbestimmungen a) Kreditinstitut und Unternehmen § 1 KWG umfasst zahlreiche Legaldefinitionen der Begriffe, die für die Anwendung des KWG maßgeblich sind und für fast alle seine Vorschriften gelten. Diese Definitionen haben den Zweck, die Lesbarkeit des KWG zu erleichtern.145 Die Begriffsbestimmungen für die Institute und Unternehmen sowie für die Geschäftsvorgänge legen fest, welche von ihnen der Überwachung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterworfen werden sollen, um zu sichern, dass sie ihre rechtlich-dienstlichen Aufgaben bestmöglich ausüben. § 1 wurde insbesondere durch die 4. und 6. KWG-Novelle zur Umsetzung der EU-Richtlinien und zur Harmonisierung des Bankenaufsichtsrechts innerhalb der EU erheblich geändert und erweitert. 146 Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 sind „Kreditinstitute Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert“. Kreditinstitute sind also Unternehmen, die gewerbsmäßig Bankgeschäfte (d. h. Geschäfte aus dem Katalog des Abs. 1 Satz 2) betreiben.147 Dabei besteht die Eigenschaft „Kreditinstitut“ bei Ausführung von Bankgeschäften unabhängig vom Vorliegen der erforderlichen Erlaubnis nach § 32 KWG zum Betreiben derartiger Geschäfte.148 Daher sind die gesetzlichen Merkmale eines Kreditinstituts: das Kreditinstitut muss ein Unternehmen sein, das Bankgeschäfte betreibt, der Umfang dieser Geschäfte muss einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern.149 145 146 147 148 149 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Kreditwesengesetz, 2008, § 1 KWG Einführung RN. 1. Namentlich können genannt werden: Bankrechtskoordinierungs-, Konsolidierungs-, Wertpapierdienstleistungs-, und BCCI-Folge-Richtlinie(n), Boos/Fischer/Schulte-Mattler, aaO, § 1 KWG RN. 1. Wiebke, Das neue Aufsichtsrecht für Finanzdienstleistungsunternehmen, DStR 1998, S. 491, beck-online. Krumnow/Gramlich, Gabler-Banklexikon, 1999, S. 841. Reischauer/ Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), § 1 KWG NR. 2. 73 Es gibt im deutschen Recht keinen einheitlichen Begriff für „Unternehmen“, so dass ihm je nach Rechtsgebiet ein anderer Bedeutungsgehalt beigemessen wird.150 Im Rahmen von § 1 Abs. 1 KWG ist „ein Unternehmen ein auf Dauer angelegter, durch einen allgemeinen Plan organisierter, kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb“.151 Daraus ergibt sich, dass kein Akteur allein schon deshalb als Unternehmen gelten kann, weil er beabsichtigt, ein einzelnes oder mehrere einzelne Geschäfte zu betreiben. Darüber hinaus ist der Unternehmensbegriff unabhängig vom Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht.152 Das Erlangen der Eigenschaft eines Kreditinstituts wird in Deutschland nicht von der Rechtsform abhängig gemacht, d. h. jede natürliche oder juristische Person kann durch das Betreiben von Bankgeschäften gem. Abs. 1 Satz 1 diesen Status erlangen oder haben,153 falls nicht eine Ausnahme gem. § 2 KWG gilt; bei natürlichen Personen als Einzelkaufleuten untersagt jedoch § 2b Abs. 1 eine Erteilung der Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG. Für das Betreiben bestimmter Arten von Kreditinstituten sind allerdings bestimmte Rechtsformen vorgeschrieben.154 Das Unternehmen gilt nach § Abs. 1 Satz 1 KWG als Kreditinstitut nur dann, wenn es Bankgeschäfte – mindestens eines - gem. dem Katalog des Abs. 1 Satz 2 ausführt. Das heißt, wenn ein Unternehmen entweder Einlagen- oder Kreditgeschäfte betreibt, erwirbt es nach deutschem Recht bereits die Qualität eines solchen Instituts.155 Daher unterscheidet sich der Kreditinstitutsbegriff des KWG in diesem Punkt von den EU-Richtlinien mit ihrer Definition von Art. 1 der ersten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie 77/780/EWG156 bis zur bisher letzten Fassung 2006/48/EG vom 14.06.2006 „über die Aufnahme und die Ausübung der Tätigkeit von Kreditinstituten“. Dementsprechend ist ein Kreditinstitut „ein Unternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren“, woraus sich ergibt, dass das Europäische Recht für Zwecke der Definition des Anwendungsbereichs die beiden Geschäfte als 150 151 152 153 154 155 156 74 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 1 Einführung RN. 13. AaO, RN. 14. Ebenda. AaO, RN. 15. Z.B. Wertpapierhandelsunternehmen können in der Rechtsform des Einzelkaufmanns oder Personenhandels-Gesellschaft (§ 1 Abs. 3d Satz 2, § 2a Abs. 2 KWG) betrieben werden. Pfandbriefbanken dürfen nur als Aktiengesellschaft (AG) oder Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) betrieben werden (§ 2 HGB, § 2 Abs. 1 SchiffsBG), Kapitalanlagegesellschaften nur als AG oder GmbH (§ 6 Abs. 1 Satz 2 InvG), private Bausparkassen als AG (§ 2 Abs. 1 BSpKG). Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 3. Auflage 2008, zu § 1 Einführung RN. 10. Vom 12. Dezember 1977 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABl. EG Nr. L 322 v. 17.12.1977, S. 30. notwendig zusammengehörig betrachtet, ohne dass es erfordert/voraussetzt, dass sie in kaufmännischer Weise betrieben werden.157 b) Gewerbsmäßigkeit Mit der 6. KWG-Novelle158 wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1998 dieses Merkmal in die Definition des Kreditinstituts in § 1 Abs. 1 Satz 1 eingefügt. Bankgeschäfte werden gewerbsmäßig betrieben, wenn die Aktivität auf gewisse Dauer angelegt ist und der Ausübende bei dieser Tätigkeit eine Gewinnerzielungsabsicht hat. Dabei ist nicht die unentgeltliche Vornahme und das Betreiben von einzelnen oder mehreren einzelnen Bankgeschäften gemeint oder die Durchführung von Geschäften durch den Geschäftsleiter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) für deren Gesellschafter gemäß einer Abmachung, wie etwa bei Versorgungswerken und karitativen Einrichtungen.159 Entscheidend ist, ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt oder nicht. Im Allgemeinen gilt ein Betrieb als handelsgewerblich, wenn er eine Gewerbetätigkeit ausführt. Eine Abweichung davon liegt vor, wenn gem. § 1 Abs. 2 HGB das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.160 c) Kaufmännischer Geschäftsbetrieb Ein kaufmännischer Geschäftsbetrieb besteht, wenn das Unternehmen nach §§ 238 ff. HGB Handelsbücher zu führen und einen Jahresabschluss aufzustellen verpflichtet ist. Dabei ist eine Gewinnerzielungsabsicht nach den Vorgaben des KWG nicht erforderlich; in diesem Punkt unterscheidet es sich vom HGB. Bei der Mehrzahl der Kreditinstitute handelt es sich um Kaufleute kraft Eintragung (§§ 2, 5 HGB161), Formkaufleute (§ 6 HGB) oder Kaufleute gem. § 1 Abs. 2 HGB.162 Entscheidend für die Zuordnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG ist das Erfordernis eines kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebs. Und maßgebend für dies ist auch der Umfang der Geschäfte, der nach Kriterien wie Anzahl der Geschäftsvorgänge, Umsatz, Anzahl der Mitarbeiter, Anlagekapital, Ertrag, Einrichtungen des Unternehmens und Vergabe von Kre- 157 158 159 160 161 162 Szagunn/ Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen. 5. Auflage, § 1 NR. 3, S. 63 (77/780/ EWG). KWG v. 9.9.1998 (BGBl. I S. 2776), zuletzt geändert durch Art. 1 EMIR-AusführungsG vom 13. 2. 2013 (BGBl. I S. 174). Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 1 KWG Einführung RN. 18. Ebenda. Handelsgesetzbuch (HGB) v. 10.05.1897, zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 20.12.2012 (BGBl. I S. 2751). Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 1 KWG RN. 19. 75 diten bestimmt werden kann.163 In Deutschland wird zur Beurteilung dieses Umfangs für jeden Geschäftstyp ein „Schwellenwert“ gesondert ermittelt. Für die Ermittlung dieser Schwelle ist das Gesamtvolumen der betriebenen Bankgeschäfte die maßgebliche Berechnungsgrundlage. In Zweifelsfällen entscheidet die BaFin gem. § 4 KWG, ob ein Unternehmen den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegt. In der Verwaltungspraxis hat die Bundesanstalt den Umfang für erlaubnisfreie Bagatellgeschäfte näher bestimmt, und diese Konkretisierung wurde von den Gerichten bestätigt. Z. B. das Einlagengeschäft betreffend: 25 angenommene Einlagen oder ein Gesamtvolumen von 12.500 Euro an noch nicht zurückgezahlten Einlagen; auch ist das Übersteigen dieses Betrages (12.500 Euro) zulässig, wenn weniger als sechs Einzeleinlagen bestehen. Dann bleibt diese Tätigkeit erlaubnisfrei - jedoch unter Voraussetzung, dass solche Bankgeschäfte nicht gewerbsmäßig betrieben werden. Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat entschieden, dass Geschäfte mit 18 Einlegern und einem Kapital von 1,09 Mio. Euro auf jeden Fall schon als gewerbsmäßiges Führen von Einlagengeschäften zu gelten haben.164 d) Betreiben von Bankgeschäften Ein Unternehmen wird zum „Kreditinstitut“, wenn es mit den oben aufgeführten Merk- malen Bankgeschäfte betreibt. Nur Kreditinstitute dürfen Bankgeschäfte in diesem Sinne - mit Rechten und Pflichten - betreiben. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 werden (z. Zt.) elf Bankgeschäfte als erlaubnispflichtige Bankgeschäfte ausdrücklich im Katalog genannt; dabei reicht es für die Qualifizierung zum Kreditinstitut aus, wenn das Unternehmen eines dieser Bankgeschäfte betreibt. Selbstverständlich muss das Unternehmen im eigenen Namen handeln.165 e) Einzelne Bankgeschäfte Die Hereinnahme fremder Gelder und die Gewährung von Krediten bilden die Grundlage der bankgeschäftlichen Tätigkeiten. Daher wurden bereits im KWG von 1939 die Annahme und die Abgabe von Geldbeträgen als Bankgeschäfte bezeichnet, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden oder nicht.166 e.1) Einlagengeschäft (Nr. 1) Unter „Einlagengeschäft“ ist die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer rückzahlbarer Gelder des Publikums zu verstehen, wenn der Anspruch auf Rückzahlung nicht in 163 164 165 166 76 A.a.O., RN. 20. A.a.O, RN. 21. A.a.O., RN. 23. Reischauer/ Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), § 1 KWG RN. 11. Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird. Das Einlagengeschäft wurde als erstes Bankgeschäft aufgeführt; es dient in der Regel der Ansammlung und Bereithaltung von Kapital zur Finanzierung des Aktivgeschäfts mit der Absicht, Gewinn aus der Zinsdifferenz zwischen Einlagen (Passivgeschäft) und Kreditvergabe (Aktivgeschäft) zu erzielen.167 Eine Gewinnerzielung ist hier aber nicht entscheidend; zentrales Anliegen dieser Regelung ist der Schutz der Bankkunden vor Verlusten bei der Anlage ihrer Vermögen. Unter Geld wird Bargeld in Form von gesetzlichen Zahlungsmitteln der jeweiligen Staaten sowie auch Buchgeld verstanden. Buchgeld ist durch Kontogutschriften im Rahmen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs geschaffen.168 Der Begriff „fremd“ dient dazu, klarzustellen, dass gesellschaftsrechtliche Einlagen keine Einlagen i.S.d. Definition darstellen. Zur Ermittlung des Vorliegens einer Einlage nach der Verkehrsauffassung sind folgende Aspekte wesentlich:169 (1) Entgegennahme von Geldern vom Publikum - also einer Vielzahl von Geldgebern durch Verträge zur unregelmäßigen Verwahrung, mit Verpflichtung der Bank zur Rückzahlung der Gelder, (2) Annahme ohne bankübliche Besicherung, (3) laufende Annahme von Einlagen, (4) Entgegennahme von Geldern von Nichtkreditinstituten und (5) Hereinnahme von Mitteln, die mit der Absicht der Bank verbunden sind, sie Kreditnehmern im Zuge der Kreditvergabe zeitweilig zur Verfügung zu stellen. Nach Nr. 1 spielt es keine Rolle, ob bei diesem Geschäft Zinsen vergütet werden oder ein Schuldschein oder Namenspapier ausgehändigt wird.170 K e i n e Einlagen sind die Einlagen der Gesellschafter, die zur Erbringung des Eigenkapitals auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung geleistet werden, da sie nicht i.S. des KWG rückzahlbar und auch nicht fremde Gelder sind. Aber bei anderen den Gesellschaftern gehörenden Geldern, die nicht in das Kapital einbezogen sind und auf Privatkonten eingezahlt werden, handelt es sich um Einlagen.171 Bei den Einlagen werden drei Arten unterschieden: Sichteinlagen, die jederzeit, d. h. ohne Vereinbarung einer festen Laufzeit und einer Kündigungsfrist fällig sind – im Gegensatz zu 167 168 169 170 171 Schwintowski/ Schäfer, Bankrecht, Commercial Banking-Investment Banking, 1997, S. 161. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 1 KWG RN. 33. A.a.O, RN. 36. Ebenda. AaO, RN. 40. 77 befristeten Einlagen mit einer festen Laufzeit (Festgelder) oder mit einer festen Kündigungsfrist (Kündigungsgelder) - und schließlich Spareinlagen (Sparbriefe)172 (§ 21 Abs. 4 RechkredV173). Vermögenseinlagen stiller Gesellschafter sind rückzahlbare Gelder; daher sind auch sie als Einlagen anzusehen. Entscheidend für die notwendige unbedingte Rückzahlbarkeit ist der Ausschluss von der Verlustteilnahme. Umgekehrt, wenn die Einlage an Verlusten teilnimmt, handelt es sich um eine beschränkte Rückzahlbarkeit.174 Nach Nr. 1 bleibt die Ausgabe von Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen erlaubnisfrei. Dies dient dazu, dass Industrieunternehmen sich durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen über den Kapitalmarkt refinanzieren können, ohne dass sie als Kreditinstitute angesehen werden. Keine Anwendung findet die Ausnahme in Nr. 1 für Namensschuldverschreibungen. Deren Ausgabe bleibt also ein Einlagengeschäft, das seit 1. Januar 1998 als Bankgeschäft gilt.175 e.2) Pfandbriefgeschäft (Nr. 1a) Das Pfandbriefgeschäft ist am 19.07.2005 als weiteres Bankgeschäft in das KWG eingefügt worden.176 Vor diesem Datum waren zur Pfandbriefausgabe nur die privatrechtlich organisierten Hypothekenbanken und die öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten berechtigt.177 Durch die Novelle zum Hypotheken- und Pfandbriefrecht im April 2004178 zur Stärkung der Deckungsmasse wurde die Erlaubnis zur Pfandbriefausgabe auf sämtliche Kreditinstitute ausgedehnt, sofern sie die einschlägigen Anforderungen (Kernkapital von 25 Mio. Euro) erfüllen und eine Erlaubnis zum Betreiben dieses Geschäft von der BaFin schon erhalten haben.179 Pfandbriefbanken sind Kreditinstitute nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PfandBG180, deren Geschäftsbetrieb auch das Pfandbriefgeschäft umfasst. Das Pfandbriefgeschäft wird gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 PfandBG definiert als 172 173 174 175 176 177 178 179 180 78 Krumnow/ Gramlich, Gabler Banklexikon, 2002, 13. Auflage S. 419; Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 1 KWG NR. 39. RechKredV vom 11. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3658), zuletzt geändert durch Art. 3 der Verordnung vom 9. 6. 2011 (BGBl. I S. 1041). Boos/ Fischer/ Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 1 KWG NR. 42. AaO, RN. 43. Gesetz zur Neuordnung des Pfandbriefrechts vom 22.05.2005 (BGBI. I S. 1373). Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 1 KWG RN. 43a. AaO, RN. 43b. Ebenda, RN. 43b. PfandBG vom 22. Mai 2005 (BGBl. I S. 1373), zuletzt geändert durch Art. 10 Abs. 3 EMIR-Ausführungsgesetz vom 13. 2. 2013 (BGBl. I S. 174). „die Ausgabe von gedeckten Schuldverschreibungen aufgrund erworbener Hypotheken unter der Bezeichnung Pfandbriefe oder Hypothekenpfandbriefe, die Ausgabe gedeckter Schuldverschreibungen aufgrund erworbener Forderungen gegen staatliche Stellen unter der Bezeichnung Kommunalschuldverschreibung, Kommunalobligationen oder Öffentliche Pfandbriefe, die Ausgabe gedeckter Schuldverschreibungen aufgrund erworbener Schiffhypotheken unter der Bezeichnung Schiffpfandbriefe und Ausgabe gedeckter Schuldverschreibungen auf Grund erworbener Registerpfandrechte nach § 1 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen oder ausländischer Flugzeug-hypotheken unter der Bezeichnung Flugzeugpfandbriefe“.181 e.3) Kreditgeschäft (Nr. 2) Im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ist unter Kreditgeschäft die Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten zu verstehen.182 Nach § 488 BGB sind Gelddarlehen Verträge, anhand derer der Geldgeber zur Hingabe von Geld verpflichtet wird; die Verpflichtung des Darlehensnehmers ist die Rückzahlung des Geldes an den Gläubiger oder an einen Dritten.183 Das Vorliegen von Gelddarlehen ist unabhängig von der Höhe der Verzinsung also auch gegeben, wenn kein Entgelt für die Nutzung des Kapitals zu entrichten ist.184 Kreditgeschäfte sind: Refinanzierungen - entweder mit Fremdmitteln oder auch mit eigenen Mitteln, Gewährung des Kredits im Namen des Kreditgebers treuhänderisch für Rechnung eines Dritten (Weiterleitungskredite), Teilzahlungsfinanzierung, also die Finanzierung der Warenverkäufe eines Dritten, die Bezahlung von Schecks, Vorschüsse auf Zahlungspflichten Dritter.185 K e i n e Kreditgeschäfte sind dagegen: Einlagen gem. Nr. 1, die von einer Person einem Kreditinstitut gewährt werden, gesellschaftsrechtliche Beteiligungen eines Unternehmens, Factoring (gewerbsmäßiger Ankauf von Forderungen eines anderen Unternehmens und deren Geltendmachung gegen sofortige oder spätere Bezahlung; dieses Geschäft gehört zum Geschäftsfeld der Finanzunternehmen nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 KWG). Ferner werden nicht umfasst: Forfaitierung oder (Erwerb von Geldforderungen), d.h. der Verkauf von Forderungen gegenüber ausländischen Kunden aus dem Exportgeschäft186, da es 181 182 183 184 185 186 § 1 Abs. 1 Satz 2 PfandBG, zuletzt geändert mWv. 25.11.2010 durch Gesetz vom 19.11.2010 (BGBl. I S. 1592). Krumnow/Gramlich, Gabler Banklexikon, 2002, 13. Auflage, S. 820. Szagunn/ Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen, 5. Auflage, § 1 NR. 31, S. 77. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 1 KWG RN. 47. AaO, RN. 47- 50. Welt der BWL, Betriebswirtschaft in der Praxis, http://www.welt-der-bwl.de/. 79 sich dabei um den regresslosen Ankauf von Forderungen handelt; bei diesem Geschäft werden nur einzelne größere und häufig mittel- bis langfristige Forderungen aus Exportgeschäften gekauft, und sie enthält keine weiteren Dienstleistungen, sondern sie gilt als Geschäftsfeld eines Finanzunternehmens nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 KWG.187 Leasing wird definiert als die entgeltliche Nutzungsüberlassung langlebiger, beweglicher und unbeweglicher Güter mit oder ohne Kaufoption; dieses Geschäft ist ebenfalls dem Geschäftsfeld der Finanzunternehmen zugeordnet (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 KWG) und ist demnach kein Kreditgeschäft. Die Vermittlung von Krediten gilt ebenfalls nicht als Bankgeschäft. Das Kreditkartengeschäft ist bei Kundenkreditkarten, also bei einem Verhältnis zwischen zwei Personen mit Einsatzmöglichkeit nur zum Erwerb von Waren des Kreditkartenemittenten, kein Kreditgeschäft nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 2. Die reine Ausgabe von Kreditkarten oder deren Verwaltung gehörte bis 2009 zum Geschäftsfeld eines Finanzdienstleistungsinstituts nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 8 KWG188, seither wird es von § 1 ZAG189 erfasst. § 1 Abs. 2c ZAG bestimmt die Geschäfte der Zahlungsdienstleister, und dort wird das Zahlungskartengeschäft als einer der Zahlungsdienste genannt. Die Gewährung von Akzeptkrediten erfolgt bei der Akzeptierung von Wechseln (nach dem WG) durch ein Kreditinstitut aufgrund eines Kreditvertrags zwischen dem Kunden und dem Kreditinstitut; in diesem Fall kann der Kunde das Akzept bei der akzeptierenden Bank oder anderen Warenlieferanten diskontieren.190 e.4) Diskontgeschäft (Nr. 3) Unter einem Diskontgeschäft wird der Ankauf von noch nicht fälligen Schecks und Wechseln verstanden. Bei diesem Ankauf setzt der Verkäufer (Diskontant) einen sich aus dem Scheck oder Wechsel ergebenden Betrag zugunsten des ankaufenden Kreditinstituts herab, so dass er den Zwischenzins für die Zeit bis zum Fälligkeitszeitpunkt erhält.191 Der Ankauf von anderen Arten von Wertpapieren oder Forderungen fällt nicht unter den Tatbestand des in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 KWG genannten Diskontgeschäfts. Der Kaufpreis für die anzukaufenden Wechsel oder Schecks stellt den Nominalwert dieser Wertpapiere abzüglich einer Provision und der Zwischenzinsen für die Dauer bis zum Fälligkeitstag (Diskont) dar.192 Der Diskontsatz (der Zinssatz), den die Kreditinstitute beim Verkauf von Wechseln an die Bundesbank 187 188 189 190 191 192 80 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 1 KWG RN. 51. Ebd.. ZAG vom 25.06.2009 (BGBl. I S. 1506), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 74 des Gesetzes v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 3044). Szagunn/ Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen, 5. Auflage, § 1 NR. 38, S. 80. Reischauer/ Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 1 KWG NR. 26. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 1 KWG RN. 54. entrichten mussten, wurde früher von deren Zentralbankrat festgelegt. Dies war ein wichtiges Instrument der nationalen Geldpolitik.193 Aber der Diskontsatz gilt seit 1. Januar 1999 nicht mehr und wurde durch den Basiszins - mit Erlass des Euro-Einführungsgesetzes,194 des Diskontüberleitungsgesetzes (§ 1) und der Basiszinssatz-BezugsgrößenVO195 - ersetzt. Bei diesem Geschäft handelt es sich wirtschaftlich um eine Kreditgewährung, und rechtlich stellt es einen Kaufvertrag i. S. d. §§ 433 ff. BGB dar.196 Anschließend lässt sich die Bankgeschäfte je nach der Gliederung des jeweiligen Bankgeschäfts in dem Katalog der Bankgeschäfte in § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG wie folgend aufzählen: 5. Finanzkommissionsgeschäft (Nr. 4), 6. Depotgeschäft (Nr. 5), 7. Revolvinggeschäfte (Nr. 7), 8. Garantiegeschäft (Nr. 8), Scheck-/Wechseleinzugs-, Reisescheckgeschäft (Nr. 9), 10. Emissionsgeschäfte (Nr. 10), und letztlich 11. Zentraler Kontrahent (Nr. 12). f) Finanzdienstleistungsinstitute (§ 1 Abs. 1a) Mit dem Begriff „Finanzdienstleistungsinstitute“ wurde 1998 eine neue Art von Unter- nehmen in das KWG eingeführt und damit der vollständigen Beaufsichtigung durch (seit 2002) die BaFin unterworfen.197 § 1 Abs. 1a qualifiziert bestimmte Geschäftstypen als Finanzdienstleistungen. Erbringt ein Unternehmen eine der genannten Dienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, gilt es als Finanzdienstleistungsinstitut. Ein Kreditinstitut und ein Finanzdienstleistungsinstitut sind voneinander abzugrenzen, d. h. obwohl ein Kreditinstitut Finanzdienstleistungen erbringen kann, kann es nicht gleichzeitig als Finanzdienstleistungsinstitut gelten.198 Wenn ein Unternehmen als Finanzdienstleistungsinstitut klassifiziert wird, bedarf es zur Ausübung seiner Tätigkeit einer schriftlichen Erlaubnis durch die Bundesanstalt nach § 32 KWG. Grundsätzlich gelten für die Finanzdienstleistungsinstitute alle KWG-Vorschriften, und damit unterliegen sie, wenn keine ausdrückliche Ausnahme nach § 2 Abs. 6 bis 14 KWG besteht, der vollständigen Aufsicht der BaFin.199 193 194 195 196 197 198 199 Ebenda. Art. 1 Euro-Einführungsgesetz vom 9. Juni 1998, BGBl. I S. 1242. Basiszinssatz-Verzugsgrößenverordnung vom 19. Dezember 1999. Reischauer/ Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 1 KWG NR. 26. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, zu § 1 RN. 117. Ebenda. AaO, RN. 119. 81 Die Finanzdienstleistungen sind wie folgt in § 1 Abs. 1a Satz 2, 3 KWG aufgezählt: 1 - Anlagevermittlung (Nr. 1), 2 - Anlageberatung (Nr. 1a), 3 - Betrieb eines multilateralen Handelssystems (Nr. 1b), 4 - Platzierungsgeschäft (Nr. 1c), 5 – Abschlussvermittlung (Nr. 2), Finanzportfolioverwaltung (Nr. 3), 6 - Eigenhandel als Dienstleistung (Nr. 4), 7 - Drittstaateneinlagenvermittlung (Nr. 5), 8 - Finanztransfergeschäfte (Nr. 6, aufgehoben)200, 9 - Sortengeschäft (Nr. 7), 10 - Ausgabe und Verwaltung von Kreditkarten und Reiseschecks (Nr. 8, Sortengeschäft (aufgehoben)201, und 11 – Eigengeschäft (Satz 3, aufgehoben)202, 12 - Factoring (Nr. 9), 13 - Finanzierungsleasing (Nr. 10), 14 - Anlageverwaltung (Nr. 11). g) Finanzunternehmen (§ 1 Abs. 3) Der ursprüngliche Begriff lautete „Finanzinstitut“, der dann aber mit der 6. KWG-Novelle zum 1. Januar 1998 durch den derzeitigen Begriff „Finanzunternehmen“ ersetzt wurde.203 Finanzunternehmen sind von Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten abzugrenzen. Dem § 1 Abs. 3 werden alle Unternehmen des Finanzsektors als Restgröße unterstellt, die Ausgangspunkt für verschiedene aufsichtsrechtliche Sachverhalte sind (nach § 10 Abs. 6 Nr. 1, 5: Eigenkapitalbemessung, §§ 10a, 13b: Konsolidierung). Finanzunternehmen sind nicht in die Solvenzaufsicht einbezogen und von der Erlaubnispflicht befreit.204 Der Begriff „Institut“, ein Anknüpfungspunkt für zahlreiche KWG-Vorschriften, betrifft i.S.d. § 1 Abs. 1b KWG nur Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute. h) Grenzüberschreitende Bankgeschäfte h.1) Grenzüberschreitende Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen eines inländischen Kreditinstituts Prinzipiell muss sich der Geltungsbereich des KWG - aufgrund des Prinzips der territorialen Geltungsbeschränkung der Gesetze - auf das Staatsgebiet Deutschlands beziehen und beschränken. Aber hinsichtlich des KWG ist dies anders, da sich der Gesamtstatus eines Kreditinstituts aus verbuchten Vermögenswerten und Verbindlichkeiten ergibt - gleichgültig, ob diese im Inland oder im Ausland belegen sind. Daher erfordern die Zwecke des KWG seine möglichst umfassende Geltung.205 Daraus ergibt sich, dass sich das KWG nicht nur auf den Hauptsitz eines Instituts beschränkt, sondern auch auf seine Niederlassungen. Demgemäß 200 201 202 203 204 205 82 MWv 31.10.2009 durch G v. 25.06.2009 (BGBl. I S. 1506). Ebenda. MWv 31.12.2010 durch G v. 19.11.2010 (BGBl. I S. 1592). Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 1 KWG RN. 165. Ebenda. Szagunn/ Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen, 5. Auflage § 53 RN. 2, S. 604. untersteht ein Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut natürlich wegen seines Sitzes in Deutschland den KWG-Vorschriften, das Gesetz erfasst aber auch die Geschäftstätigkeit seiner Zweigstellen in einem anderen Staat.206 Es unterliegt also ein inländisches Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut der Aufsicht der BaFin nach den allgemeinen Vorschriften des KWG auch dann, wenn es bankgeschäftlich in irgendwelcher Form im Ausland tätig wird. Hierbei finden aber §§ 53 ff. KWG keine Anwendung. Anforderungen, die aus der jeweiligen Rechtsordnung anderer Staaten resultieren, in denen das Institut Bankgeschäfte betreibt, bleiben davon unberührt. h.2) Grenzüberschreitende Bankgeschäfte eines ausländischen Unternehmens im Inland Die überwiegende Zahl der KWG-Vorschriften betrifft solche Unternehmen, die ihren Sitz im Inland haben. Ein ausländischer Anbieter in Deutschland sollte im vollen Umfang der Beaufsichtigung der BaFin unterworfen werden, soweit bei ihm die KWG-Vorschriften berührende Handlungsweisen zu beaufsichtigen sind.207 Hierbei sind folgende Fälle voneinander abzugrenzen: h.2.1) Rechtlich selbstständige Tochtergesellschaft Obwohl das KWG auf Unternehmen abstellt, die in Deutschland Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen: - Eine rechtlich selbstständige Tochtergesellschaft eines ausländischen Unternehmens, die im Geltungsbereich des KWG Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt, unterliegt ausnahmslos den Vorschriften des KWG, wenn die Tochterbank eine juristische Person deutschen Rechts ist und demzufolge einer Erlaubnis nach § 32 KWG bedarf. Neben der durch die BaFin auszuübenden Einzelaufsicht unterliegt ein selbstständiges Tochterunternehmen der zusammengefassten Aufsicht über den Konzern durch die zuständige Aufsichtsbehörde in dem Herkunftsstaat des Mutterunternehmens.208 Daher - soweit sie für eine deutsche Gesellschaft gelten - finden §§ 53 bis 53c hier keine Anwendung. Die Tochtergesellschaft genießt Gleichbehandlung mit inländischen Instituten. Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob das ausländische Mutterunternehmen seinen Sitz in einem EWR-Staat oder in einem Drittstaat hat.209 206 207 208 209 Ebenda. Krammig, Das Recht der Bankenaufsicht in Deutschland und Südafrika, 2001, S. 106. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, zu § 1 RN. 4. Reischauer/ Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 53 KWG RN. 1. 83 h.2.2) Rechtlich unselbstständige Tochtergesellschaften Der Begriff „Zweigstelle“ ist der Oberbegriff für alle Nebenstellen von Kreditinstituten. Er schließt daher Zweigniederlassungen, Zahlstellen und Annahmestellen ein, nicht aber Repräsentanzen.210 h.2.2.1) Zweigstelle eines nicht EWR-ansässigen Unternehmens Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 KWG gibt es für ein ausländisches Unternehmen die Möglichkeit, durch Gründung einer Zweigstelle in Deutschland Bankgeschäfte zu betreiben oder Finanzdienstleistungen zu erbringen. Dabei enthält der derzeitige § 53 KWG keinen ausdrücklichen Hinweis/keine ausdrückliche Vorschrift, dass Zweigstellen ausländischer Unternehmen verpflichtet sind, eine Erlaubnis zu erwerben.211 Jedoch versteht es sich auf Grund des Verweises in Abs. 2 Satz 1 auf § 32 Abs. 1 Satz 1, dass die Gründung von Zweigstellen ausländischer Unternehmen einer Erlaubnis durch die BaFin bedarf. Inhaber der Erlaubnis ist die Zweigstelle als Teil des ausländischen Unternehmens.212 Die erteilte Erlaubnis ist nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übertragbar. Unterhält das Unternehmen mehrere Zweigstellen in Deutschland, so gelten sie gem. § 53 Abs. 1 Satz 2 als einem einzigen Institut zugehörig. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 hat das ausländische Unternehmen mindestens zwei natürliche Personen mit Wohnsitz in Deutschland zu bestellen, die für den Geschäftsbereich des Instituts zur Geschäftsführung und zur Vertretung des Unternehmens befugt sind. Solange die Zweigstelle als Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut gilt, ist sie zu gesonderter Buchführung und Rechnungslegung über die von ihr betriebenen Bankgeschäfte bzw. über erbrachten Finanzdienstleistungen und über das dem Geschäftsbetrieb dienende Vermögen verpflichtet. Die Zweigstelle eines ausländischen Unternehmens, also das Institut selbst, hat gem. Abs. 2 Nr. 3 seinen Jahresabschluss (d.h. die für den Jahresabschluss eines jeden Geschäftsjahres aufzustellende Vermögensübersicht mit einer Aufwands- und Ertragsrechnung) zusammen mit dem Jahresabschluss seines zugehörigen (Mutter-)Unternehmens für das gleiche Geschäftsjahr an die BaFin und an die Bundesbank einzureichen, da die o. g. Bestandteile nur en bloc als Jahresabschluss einer Zweigstelle gem. Nr. 3 i.S.v. § 26 KWG gelten. 210 211 212 84 AaO, RN. 7. Das frühere Gesetz, das vor der Änderung (mit Wirkung v. 1. 5. 2002 durch Gesetz v. 22. 4. 2002, BGBl. I S. 1310) galt, enthielt in § 53 Abs. 2 Nr. 5 Satz 2 KWG eine ausdrückliche Bestimmung zum Erfordernis einer Erlaubnis. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 1 KWG RN. 50. § 53 Abs. 2 Nr. 4 KWG sieht ein Mindestmaß an Sicherheit vor, um die Deckung der Verbindlichkeiten von Zweigstellen zu gewährleisten; daher haben Zweigstellen diesem Zweck dienende Vermögenswerte im Inland zu belassen.213 Aufgrund der relativen Unselbstständigkeit von Zweigstellen kann eine solche nicht selbst Partei in rechtlichen Streitfällen sein, sondern nur das ausländische Mutterunternehmen.214 Zivil- und gesellschaftsrechtlich hat die Zweigstelle wegen ihrer Unselbstständigkeit keine eigenen Mittel; allerdings gilt die Summe bestimmter kalkulatorischer Beträge als Eigenmittelbestand der Zweigstelle.215 Nach Nr. 6 wird das (Zweig-)Institut als juristische Person angesehen. Daher ist § 36 Abs. 1 KWG in Bezug auf die Abberufung von Geschäftsleitern, Mitgliedern der Verwaltungs- und Aufsichtsgremien anwendbar. Es genügt nach Nr. 7, bezüglich der Eröffnung neuer sowie der Schließung von bestehenden Zweigstellen, eine Anzeige bei der BaFin und bei der Bundesbank. Um Schwierigkeiten in Form von Kompetenzkonflikten zu vermeiden, wurde in § 53 Abs. 3 KWG festgelegt, dass für Klagen der Gerichtsstand der Niederlassung nach § 21 der Zivilprozessordnung auch nicht durch Vertrag ausgeschlossen werden darf, soweit die Klagen mit dem Geschäftsbetrieb der Zweigstelle im Inland zusammenhängen. h.2.2.2) Bank-Finanzdienstleistungen eines EWR-ansässigen Unternehmens im Inland Von § 53b KWG sind Zweigstellen von Unternehmen aus dem EWR, die Bankgeschäfte im Geltungsbereich des KWG (Deutschland) tätigen, betroffen. Danach kann ein Einlagenkreditinstitut (§ 1 Abs. 3d Satz 1) oder ein Wertpapierhandelsunternehmen (§ 1 Abs. 3d Satz 2) mit Sitz in einem anderen Staat des EWR in den deutschen Markt eintreten. Deutschland gilt gem. § 1 Abs. 5 KWG für ausländische Institute als Aufnahmestaat216. Der andere Staat, in dem die Hauptniederlassung eines Instituts zugelassen ist, wird Herkunftsstaat genannt (§ 1 Abs. 4 KWG). Auf Grund der Vorschriften aus den europäischen Richtlinien (z.B. Bankenrichtlinie217, Art. 23 ff., und Finanzmarktrichtlinie218, Art. 31 ff.) über die Anerkennung von Erlaubniserteilungen sowie der herkunftsstaatlichen Beaufsichtigung bei EWR-Instituten und das Notifizierungs- bzw. Mitteilungsverfahren wurden § 53b und andere Regelungen in 213 214 215 216 217 218 Krammig, Das Recht der Bankenaufsicht in Deutschland und Südafrika, 2001, S. 107. Ebenda. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 1 KWG RN. 87. „Aufnahmestaat ist der Staat, in dem ein Institut außerhalb seines Herkunftsstaats eine Zweigniederlassung unterhält oder im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs tätig wird“. 2006/48/EG v. 14.6.2006, ABl. EG Nr. L 177 v. 30.6.2006, S. 1. 2004/39/EG v. 21.4.2004, ABl. EG Nr. L 134 v. 30.4.2004, S. 1. 85 das KWG eingefügt219. Damit werden in einem EWR-Staat zugelassene Institute im gesamten EWR anerkannt, und so genießen sie den Vorteil, ihre Geschäfte in allen Staaten des EWR zu betreiben. Dieser Vorgang wird landläufig „EU-Pass“ genannt. Entsprechend den europäischen Vorschriften in Bezug auf die Kontrolle wird zugunsten der Kontrolle durch den Herkunftsstaat (das Heimatland) auf die des Aufnahmestaates (weitgehend) verzichtet. Unter dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung wird verstanden, dass die Erlaubniserteilung für Institute und die laufende Aufsichtsführung in einem Mitgliedstaat durch die anderen Mitgliedsstaaten für gültig erklärt - anerkannt – wird.220 Bezüglich der Marktzugangsregelungen zum europäischen Binnenmarkt sind die europäischen Grundfreiheiten – Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV/49 AEUV) und der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 f. EGV/56 f. AEUV) - als geltende Grundsätze anzusehen.221 Der Europäische Gesetzgeber wird durch diese Vorschriften (insbes. Art. 52, 53, 62 AEUV) ermächtigt, Richtlinien (Finanzmarkt- und Bankenrichtlinien) zur Harmonisierung der Reichweite und Grenzen dieser Grundfreiheiten zu verabschieden. Daher stellen die Harmonisierung des Aufsichtsrechts und der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Aufsichten der EWR-Staaten den Eckstein des Europäischen Binnenmarkts für Banken- und Finanzdienstleistungssektor dar. Zu betreibende Geschäfte beschränken sich auf die durch die Zulassung genehmigten Bankgeschäfte, d. h. wenn ein im EWR ansässiges Institut eine Zweigniederlassung im Inland zu errichten beabsichtigt, darf es nur die Bankgeschäfte und Dienstleistungen, die auch im Heimatland durch die Zulassung abgedeckt sind, in Deutschland betreiben bzw. erbringen.222 Zur Gewährleistung der Erfüllung von Verpflichtungen der Zweigniederlassungen besteht eine kooperative Zuständigkeit der BaFin und der Aufsichtsbehörde im Herkunftsland (§ 53b Abs. 4, 5 KWG). Dadurch kann die BaFin im Falle von Liquiditätsschwierigkeiten einer Zweigniederlassung den Mangel innerhalb einer bestimmten Frist beheben.223 Aber bei akuten Gefahren und in dringenden Fällen kann die BaFin geeignete Maßnahmen ergreifen, jedoch hat sie die Kommission der Europäischen Union und die zuständigen Stellen des Herkunftsstaats hiervon sofort in Kenntnis zu setzen (§ 53b Abs. 5). Maßgebliche Voraussetzungen für die Eröffnung solcher Zweigniederlassungen in Deutschland nach § 53b Abs. 1 Satz 1 sind, dass das Unternehmen von den zuständigen Stel219 220 221 222 223 86 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 53b KWG RN. 2. Ebenda. AaO, RN. 3. Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 53b NR. 2; Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG, zu § 53b NR. 3. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 53b KWG NR. 166. len des Heimatlands zugelassen wurde, die Geschäfte durch die Zulassung abgedeckt sind und das Unternehmen von den zuständigen Stellen nach den Vorgaben und Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften beaufsichtigt wird. Dem ist hinzuzufügen, dass es nach § 53b Abs. 7 einige Voraussetzungen für ein Unternehmen mit Sitz in einem anderen Staat des EWR gibt, das Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen im Inland betreiben will. Zu erwähnen ist dabei Abs. 7 Nr. 6: Das Mutterunternehmen muss gegenüber den zuständigen Stellen des Herkunftslands die umsichtige Geschäftsführung des Unternehmens glaubhaft darstellen und sich mit Zustimmung dieser Stellen ggf. gesamtschuldnerisch für die vom Tochterunternehmen eingegangenen Verpflichtungen verbürgen. Nach Abs. 7 Nr. 7 muss das Unternehmen in die Beaufsichtigung des Mutterunternehmens auf konsolidierter Basis einbezogen werden. h.2.2.3) Repräsentanzen, § 53a Ein Repräsentant ist ein Vertreter eines zu einem anderen Staat gehörigen Instituts, der keine bankgeschäftliche Tätigkeit ausübt.224 Der Repräsentant bedarf keiner Erlaubnis nach § 32 KWG, da er kein Bankgeschäft betreibt bzw. keine Finanzdienstleistungen erbringt.225 Die Errichtung einer Repräsentanz bedarf nach § 53a Satz 2 nur der unverzüglichen Anzeige bei der Bundesanstalt und bei der Bundesbank. Darüber hinaus bedürfen die Verlegung oder die Schließung der Repräsentanz einer Anzeige bei beiden Anstalten. Die Repräsentanz darf ihre Tätigkeit nur aufnehmen, wenn dem Institut die Bestätigung der Bundesanstalt vorliegt (Satz 4). Es wird dabei gemäß § 53a nicht unterschieden, ob die Repräsentanz ihren Hauptsitz im EWR oder in einem Drittstaat hat.226 Eine Repräsentanz darf i. S. d. KWG im Inland keine Bankgeschäfte betreiben und/oder Finanzdienstleistungen erbringen; ansonsten wäre sie als erlaubnispflichtiges Institut nach §§ 32, 53 KWG anzusehen, und demzufolge wäre § 53a nicht anwendbar.227 1.2 Ausnahmen nach § 2 KWG § 2 KWG nennt bestimmte Anstalten, Institute und Einrichtungen, die Bankgeschäfte und/oder Finanzdienstleistungen i. S. v. § 1 Abs. 1 und 1a betreiben bzw. erbringen, die aber nach § 2 von der Anwendung der KWG-Vorschriften ausgenommen sind, da sie entweder 224 225 226 227 Reischauer/ Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 53a NR. 3. Ebenda. Krammig, Das Recht der Bankenaufsicht in Deutschland und Südafrika, 2001, S. 109. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 53a NR. 11. 87 öffentliche Funktionen wahrnehmen und somit einer speziellen Aufsicht unterliegen oder einer anderen besonderen Fachaufsicht unterstehen.228 Daher wäre eine doppelte Beaufsichtigung unzweckmäßig. Als Ausnahmen bei Kreditinstituten nach § 2 Abs. 1 KWG sind hierfür aufzuzählen: 1) Die Deutsche Bundesbank (Nr. 1), 2) Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (Nr. 2), 3) Die Sozialversicherungsträger und die Bundesagentur für Arbeit (Nr. 3), 4) Die Öffentliche Schuldenverwaltung (Nr. 3a), 5) Kapitalanlagegesellschaften (Nr. 3b), 6) Private und öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen (Nr. 4), 7) Unternehmen des Pfandleihgewerbes (Nr. 5), 8) Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (Nr. 6), 9) Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften (Nr. 6a), 10) Bankgeschäfte mit Mutter-, Tochter und Schwesterunternehmen (Nr. 7), 11) Unternehmen mit Finanzkommissionsgeschäften an Derivate-Börsen und MTFs (Nr. 8) und 12) Unternehmen mit Finanzkommissionsgeschäften als Nebengeschäft (Nr. 9). a) Deutsche Bundesbank (Nr. 1) Die Deutsche Bundesbank ist nach § 3 BBankG die Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland.229 Daraus ergibt sich, dass sie in die Bankenaufsicht als Aufsichtsorgan einbezogen ist. Auf diese Festlegung kann auch nach Maßgabe des KWG an verschiedenen Stellen geschlossen werden, insbesondere aus § 7 Abs. 1 Satz 1: „Die Bundesanstalt und die Deutsche Bundesbank arbeiten nach Maßgabe dieses Gesetzes zusammen“. Die Bundesbank ist zudem ein integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken230 und nimmt dabei wesentliche Aufgaben wahr, wie z. B. die Gewährleistung von Preisstabilität, die Haltung und Verwaltung der Währungsreserven der Bundesrepublik, die Sicherung der Stabilität der Zahlungs- und Verrechnungssysteme…usw.231. Daher wäre es widersinnig, die Deutsche 228 229 230 231 88 Szagunn/Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen. 5. Auflage, § 2 NR. 1, S. 96. Bähre/ Schneider, KWG Kommentar, 3. Auflage, zu § 2, S. 92. Artikel 282 Abs. 1 AEUV und Protokoll (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, dem AEUV beigefügt. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 2 KWG RN. 2. Bundesbank den KWG-Vorschriften zu unterstellen: sie ist daher das einzige Kreditinstitut, das man dem KWG in keiner Weise unterwirft.232 b) Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Nr. 2 Sie ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts, die durch das Gesetz des Wirtschaftsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebiets vom 05.11.1948 gegründet wurde.233 Die Begründung des Regierungsentwurfs zur KWG-Novelle 1961 begründet ihre Herausnahme aus den KWGVorschriften damit, „dass die KfW ihre Tätigkeit unter staatlicher Sonderaufsicht und in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen staatlichen Stellen ausübe und daher eine Unterstellung unter die Bankenaufsicht nicht erforderlich sei“.234 Trotz der ausdrücklichen Ausnahme von Unterstellung unter das KWG hat die KfW bestimmte Vorschriften, insbesondere § 14 (Millionenkredite), zu beachten, auf die nicht allein durch die KfW, sondern durch alle Institute im Zusammenhang mit der Rückmeldung von Millionenkrediten seitens der Bundesbank (Landeszentralbanken) Rücksicht genommen werden muss.235 D.h. auch die KfW hat gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KWG der bei der Deutschen Bundesbank geführten Evidenzzentrale vierteljährlich die Kreditnehmer im Falle eines Millionenkredits anzuzeigen. c) Sozialversicherungsträger und Bundesagentur für Arbeit (Nr. 3) Sozialversicherungsträger sind die öffentlich-rechtlichen Körperschaften der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung in Selbstverantwortung nach dem Sozialgesetzbuch. Die Bundesagentur für Arbeit ist Träger der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung.236 Demgemäß sind beide Träger rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverantwortung. Beide Träger besitzen aufgrund ihrer Funktion als Kapitalsammelstelle langfristige Mittel und legen diese in Form von (Schuldschein-)Darlehen an. Die Träger betreiben Bankgeschäfte nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KWG, die dem Umfang nach überwiegend auch einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern. Damit sind sie der Art nach Kreditinstitute i. S. d. § 1 Abs. 1 KWG. Trotzdem unterliegen sie nicht den KWG-Vorschriften, sondern wie im Falle der KfW einer besonderen staatlichen Aufsicht, weil das 232 233 234 235 236 Szagunn/Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen, 5. Auflage, § 2 RN. 2, S. 96. AaO, § 2 RN. 2, S. 97. KfW-Gesetz, zuletzt geändert durch § 173 der Neunten ZuständigkeitsanpassungsVO vom 31.10.2006, BGBl. I S. 2427. Szagunn/Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen. 5. Auflage, § 2 NR. 4, S. 97. Boos/Fischer/Schulte- Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 2 KWG NR. 2. Ebenda, zu § 2 KWG NR. 6. 89 KWG in wesentlichen Punkten nicht auf das Spezialgeschäft beiden Anstalten passt. 237 Die beiden Träger müssen aber § 14 hinsichtlich der Millionenkreditmeldungen einhalten. d) Öffentliche Schuldenverwaltung (Nr. 3a) Die öffentliche Schuldenverwaltung des Bundes, die Deutschland-Finanzagentur GmbH, noch eines der Sondervermögen des Bundes oder eines Landes sowie Zentralbanken von anderen Staaten des ERW gelten nicht als Kreditinstitute. Dann unterliegen sie auch nicht der Bankenaufsicht.238 Diese Ausnahme wurde mit dem vierten FMFG eingeführt,239 und nach diesem Prinzip ist es gerechtfertigt, dass die Aufsicht über solche Einrichtungen als unnötig gilt, soweit sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben Bankgeschäfte betreiben. e) Kapitalanlagegesellschaften (Nr. 3b) Mit dem Investmentänderungsgesetz (BGBl. 2007 I S. 3089) sind Kapitalanlagege- sellschaften von der Anwendung der KWG-Vorschriften ausdrücklich ausgenommen worden, da das Investmentgeschäft nicht mehr als Bankgeschäft (früher § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG) gilt und Kapitalanlage- und Investmentgesellschaften dem InvG240 zufolge keine Kreditinstitute sind.241 Die erwähnten Gesellschaften unterliegen nur den im InvG verankerten Regelungen. f) Private und öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen (Nr. 4) Versicherungsunternehmen kann man i. S. v. § 1 Abs. 1 VAG als Unternehmen, die Versicherungsgeschäfte als Gewerbe betreiben und nicht Träger der Sozialversicherung sind, verstehen. Versicherungsunternehmen beider Rechtsformen betreiben gewerbsmäßig Garantiegeschäfte und für die angesammelten Gelder des eigenen Vermögens das Gelddarlehensgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 und Nr. 2 KWG). Trotzdem sind diese angesehenen Kreditinstitute (im Rahmen von § 2 Abs. 3 KWG) von der Anwendung der KWG-Vorschriften freigestellt, müssen aber die aufsichtsrechtlichen Vorgaben des VAG einhalten.242 Früher unterstanden private und öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen der Über- 237 238 239 240 241 242 90 Szagunn/Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen. 5. Auflage § 2 NR. 2, S. 98; Boos/Fischer/SchulteMattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 2 KWG NR. 7. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwese, 2008, zu § 2 KWG NR. 8. Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland – Viertes Finanzmarktförderungsgesetz – vom 21. Juni 2002 (BGBl. I 2002 S. 2010). Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 2 KWG RN. 8. InvG vom 15. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2676), zuletzt geändert durch Art. 5 EMIR-Ausführungsgesetz vom 13. 2. 2013 (BGBl. I S. 174). Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 2 KWG NR. 9a. AaO, zu § 2 KWG NR. 11. wachung durch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen.243 Heutzutage unterstehen Versicherungsunternehmen der Aufsicht der BaFin, dies aber erst nach der tiefgreifenden Umgestaltung des Rechtsrahmens für die Finanzdienstleistungsbranche hin zur Allfinanzaufsicht von 2002. 244 Versicherungsunternehmen haben ebenfalls § 14 KWG bezüglich der Millionenkredite zu beachten. g) Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBG) (Nr. 6) UBG im Sinne des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungen (UBGG)245 sind Unter-neh- men, deren Zweck die Verbesserung der Risikokapitalstruktur von kleineren und mittleren Unternehmen durch Zufuhr von Wagniskapital ist. Festgelegter Gegenstand dieser Unternehmen darf nach § 2 Abs. 2 UBGG ausschließlich der Erwerb, das Halten, die Verwaltung und die Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen sein.246 Die Unternehmensbeteiligung darf nach § 3 Abs. 2 UBGG Unternehmen, an denen sie eine Unternehmensbeteiligung hält, Darlehen gewähren. Dieses Geschäft ist ein zwar Bankgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2. Daher sollte man das so tätige Unternehmen auch als Kreditinstitut einstufen, weil sein Geschäft meistens gewerbsmäßig und im großen Umfang betrieben wird. Unternehmensbeteiligungsgesellschaften sind aber gem. § 2 Abs. 1 Nr. 6 KWG ausdrücklich von der Anwendung des KWG ausgenommen worden, da sie gem. § 14 UBGG einer besonderen Aufsicht durch die kompetente oberste Landesbehörde unterstehen, und vielmehr die Vergabe von Darlehen nur auf die Beteiligungsunternehmen (d.h. nicht an alle) eingeschränkt ist (§§ 3, 4 UBGG).247 Diese Unternehmen haben lediglich § 14 KWG (bezüglich der Millionenkredite) zu beachten. h) Bankgeschäfte mit Mutter- und Tochterunternehmen - „Konzernprivileg“ (Nr. 7) Betreibt ein Unternehmen Bankgeschäfte, aber nur mit seinem Mutter- oder seinen Tochter- oder mit Schwesterunternehmen, ist eine Bankenaufsicht nicht erforderlich, da kein öffentliches Interesse daran besteht. Die Rechtsverhältnisse beschränken sich hier auf die Beziehungen zwischen den Unternehmen des Konzerns; daher ist ein Schutz Dritter nicht not243 244 245 246 247 Reischauer/ Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 2 KWG NR. 23. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu Einführung KWG NR. 48. Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2765), das zuletzt durch Art. 78 des G v. 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586) geändert wurde. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 2 KWG NR. 20. AaO, zu § 2 KWG NR. 21. 91 wendig.248 Zur Verdeutlichung: Gelddarlehen von einem Mutter- an das Tochterunternehmen werden normalerweise gewerbsmäßig vergeben. Demzufolge muss man die Muttergesellschaft als Kreditinstitut qualifizieren. Aber § 2 Abs. 1 Nr. 7 hat diese Unternehmen von der Anwendung der KWG-Vorschriften gänzlich frei gestellt.249 Entscheidung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht: Nach § 4 Satz 1 entscheidet die BaFin in Zweifelfällen, ob ein Unternehmen den Vorschriften des KWG unterliegt. Nach Satz 2 sind Verwaltungsbehörden, wie z. B. die Deutsche Bundesbank sowie andere Aufsichts- oder Finanzbehörden an die Entscheidung der BaFin gebunden. Dagegen hat eine Entscheidung gem. § 4 KWG keine Bindungswirkung für Staatsanwaltschaft und Gerichte. Solche Entscheidungen können aber durch Verwaltungsgerichte überprüft werden (Art. 19 Abs. 4 GG).250 1.3 Verbotene Geschäfte § 3 KWG verbietet bestimmte Geschäftstätigkeiten, die Gefahren für die Sicherheit der Einlagen des Publikums oder die Währungs-, Geld- und Kreditpolitik bergen. Das Verbot gilt für jedermann, d. h. auch für Vollkaufleute.251 § 3 führt drei Geschäftsarten auf, deren Ausübung absolut untersagt ist252: Eine Werksparkasse nach Nr. 1 existiert, wenn ein Unternehmen Spargelder von den eigenen Arbeitnehmern entgegennimmt.253 Dieses Geschäft betrieb man häufig in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts auf der Basis von Lohnanteilen der Beschäftigten. Damit steht einer Vielzahl von Gläubigern oder Einlegern ein einziger Schuldner (hier das betreibende Unternehmen) gegenüber. Bei Krisen des Unternehmens besteht die Gefahr, dass die Einleger nicht nur ihre Arbeitsplätze bei diesem Unternehmen, sondern auch ihre Ersparnisse verlieren.254 Im Interesse des Einlegerschutzes wurden Werksparkassen im Bankenbereich verboten. § 3 Nr. 1 setzt für eine Untersagung voraus, dass sich die Mehrheit der Einleger (über 50 von Hundert) aus Betriebsmitarbeitern zusammensetzt.255 248 249 250 251 252 253 254 255 92 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, aaO, zu § 2 KWG NR. 22. AaO., zu § 2 KWG NR. 23. AaO., zu § 4 KWG RN. 15. AaO., 2008, zu § 3 KWG RN. 1. Szagunn/Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen, 5. Auflage § 3 RN. 1. S. 112. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 3 KWG RN. 2. Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 3 KWG RN. 2. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 3 KWG NR. 8. Ein Zwecksparunternehmen nach Nr. 2 liegt vor, „wenn Geldbeträge überwiegend von Geldgebern angenommen werden, die einen Rechtsanspruch darauf haben, dass ihnen daraus Darlehen gewährt oder Gegenstände auf Kredit verschafft werden“.256 Zwecksparunternehmen hat es bis in die 1930er Jahre gegeben, sie sind aber nach dem Gesetz über ihre Auflösung von 1935257 nicht mehr zulässig und auch weiterhin verboten, weil solche Geschäfte keine Sicherheit für die Einlagen gewährleisten.258 Für das Verbot wird nach Nr. 2 vorausgesetzt, dass die Geldgeber in ihrer überwiegenden Zahl (zu mehr als 50 %) einen Anspruch auf Darlehensgewährung haben müssen.259 Das Verbot bezieht sich nicht (nach ausdrücklicher Ausnahme in Nr. 2) auf die Bausparkassen; für diese gilt das Bausparkassengesetz (BauSpG) vom 16. November 1972 (BGBl. I S. 2097).260 Missbrauch des bargeldlosen Zahlungsverkehrs: Beim Betreiben von Kredit- und Einlagengeschäft ist ein Ausschluss oder die Erschwerung von Barabhebungen verboten. Dieses Verbot rührt her aus dem Gesetz gegen den Missbrauch des bargeldlosen Zahlungsverkehrs vom 3.7.1934.261 Das vorsätzliche Betreiben von in § 3 KWG aufgezählten Geschäftstätigkeiten wird gem. § 54 Abs. 1 KWG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. Bei fahrlässiger Handlung wird Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe verhängt (§ 54 Abs. 2).262 Nach § 37 Satz 1 KWG kann die BaFin bei Betreiben verbotener Geschäfte unmittelbar einschreiten und die verbotenen Geschäfte unterbinden. Überdies kann die BaFin die sofortige Durchführung schwebender Geschäfte anordnen.263 Zu beachten ist, dass die zivilrechtliche Wirksamkeit der bereits vorgenommenen verbotenen Geschäfte von dem Verbot unberührt bleibt.264 2 Der Aufsicht unterliegende natürliche Personen Die von der Aufsicht betroffenen natürlichen Personen sind die Geschäftsleiter des Un- ternehmens, die in § 1 Abs. 2 KWG als „diejenigen natürlichen Personen, die nach Gesetz, 256 257 258 259 260 261 262 263 264 AaO, RN. 12. BGBl. I, S. 1457. Szagunn/Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen, 5. Auflage § 3 RN. 5, S. 115; Boos/Fischer/SchulteMattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 3 KWG RN. 13. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 3 KWG RN. 15. AaO, RN. 12 i.V.m RN. 16. BGBl. I S. 593; s. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen 3. Auflage 2008, zu § 3 KWG NR. 17. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG 3. Auflage 2008, zu § 3 NR. 23. AaO, NR. 25. Krammig, Das Recht der Bankenaufsicht in Deutschland und Südafrika, 2001, S. 114. 93 Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung eines Instituts in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer P.h.Gesellschaft berufen sind“, definiert werden. Die Bankenaufsicht zielt in erster Linie auf Unternehmen. Aber dieses Prinzip wird zu Gunsten des Allgemeininteresses durchbrochen, um die Tätigkeit natürlicher Personen einzubeziehen.265 Allerdings haben Geschäftsleiter und Vertreter eines Unternehmens bestimmte Anforderungen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit und Qualifikation nach KWGVorschriften (§ 33 Abs. 2) zu erfüllen. Sie sind verpflichtet, beim Betrieb eines Unternehmens oder eines Instituts die Vorschriften des KWG einzuhalten, und sie werden dafür persönlich verantwortlich gemacht.266 265 266 94 Ebenda. Reischauer/ Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 1 KWG NR. 73. B. Syrische Arabische Republik 1 Der Aufsicht unterliegende juristische Personen 1.1 Begriffsbestimmungen a) Überblick Im vierten Teil des G-23 von 2002 - „Funktion von Banken und des Geldhandels“- wurde ausdrücklich in den §§ 85 bis 89 das Thema des Geltungsbereichs der Bankenaufsicht geregelt. Dabei wurden die Institute, namentlich „Banken“ und ihre Geschäfte (sowohl implizit in § 85 Nr. 2, der auf § 12 G-28 267 von 2001 verwiesen hat, als auch explizit in Nr. 3, 4 und 5) aufgezählt. Die Unterstellung der Institute unter die Bestimmungen dieses Abschnitts bedeutet, dass die Betroffenen die Regelungen und Anordnungen des Rates für Geld- und Kreditpolitik, wie z. B. die Notwendigkeit einer Erlaubnis (als Bank), die Unterwerfung unter eine laufende Überwachung, die Anzeigepflicht … usw. betreffend, einhalten müssen. Der Gesetzgeber hatte den Rat für Geld- und Kreditpolitik (als übergeordnete Stelle für die Bankenaufsicht, dem die Zentralbank und demzufolge auch das Regierungskommissariat für die Banken angehören) durch G-23 von 2002 errichtet, wobei kurz zuvor das Gesetz über die Gründung privater Banken erlassen worden war, nämlich G-28 vom 16.04.2001. Laut § 22 G28 hat die Zentralbank die laufende Überwachung über die nach diesem Gesetz zu gründenden Banken nach Maßgaben des Grundsätzlichen Währungsgesetzes G.D-87 268 von 1953 und seiner Novellen wahrzunehmen - unter Beachtung der internationalen Bankenaufsichtsregeln. Der Bankenaufsicht unterliegen alle Banken in Syrien - sowohl staatliche und teilstaatliche als auch private Banken, die regelmäßig gewerbsmäßig die Annahme fremder Gelder des Publikums als Einlagen (Giro- oder Spareinlagen) betreiben - zur Reinvestition derselben im Rahmen von Bankgeschäften auf eigene Rechnung.269 267 268 269 Der Gesetzgeber hat am 29.03.2001 das G-28 beschlossen, und es wurde als Gesetzesdekret am 16.04.2001 vom Präsident erlassen. Das G-28 von 2001 umfasst 29 Artikel. § 28 G-28 legt fest, dass der Minister der Wirtschaft und des Handels die erforderlichen Exekutiv-Anweisungen (Durchführungsverordnungen), jedoch nur auf Grund eines Vorschlages der Zentralbank, erlassen muss. Darüber hinaus sieht der letzte Artikel (Nr. 29) G-23 vor, dass dieses Gesetz im Amtsblatt veröffentlicht werden wird. G.D.-87 wurde durch § 136 G-23 von 2002 aufgehoben und durch G-23 mit allen gesetzlichen Maßnahmen ersetzt. Durch dieses Gesetz wurde der Rat für Geld- und Kreditpolitik eingerichtet. Der erste Abschnitt des IV. Teils des G-23 ist einschlägig für die Bildung des Rates der Geld- und Kreditpolitik vom 12.12.2001. Dieses Gesetz wurde am 17. März 2002 in Kraft gesetzt durch das Gesetzesdekret über das Inkrafttreten. Es lässt sich dieser Formulierung entnehmen, dass der Gesetzgeber die 95 Der Rat für Geld- und Kreditpolitik hat nach § 92 G-23 eine jährliche Liste zu führen, in der er sämtliche Modifikationen hinsichtlich aller Veränderungen sowohl für bereits bestehende als auch für neu zugelassene (mit einer Erlaubnis ausgestattete) Banken notieren muss. Die Liste der Banken muss durch den Rat im Amtsblatt und in drei lokalen Zeitungen jährlich veröffentlicht werden (§ 92 G-23). Es ist nach § 93 G-23 nicht gestattet, für eine nicht erlaubte, im Register der Banken aber eingeschriebene Bank die Begriffe Bank, Bank-Inhaber, Bankier oder Vertreter oder ähnliche Bezeichnungen, Werbungen oder Marken zu verwenden. § 94 G-23 untersagt den nicht in der Liste eingeschriebenen Banken, die in § 12 G-28 und §§ 85 und 86 G-23 genannten Bankgeschäfte zu betreiben oder Gelder des Publikums hereinzunehmen oder diese in Form von Krediten auszureichen. b) Staatliche Banken Staatliche Banken unterliegen gem. § 87 G-23 von 2002 der Bankenaufsicht, da der Wortlaut der Vorschrift besagt: „Der Bankenaufsicht unterliegen alle gegenwärtig bestehenden spezialisierten Banken ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes“. Damals gab es nur die staatlichen Banken, daher sind jedenfalls sie mit diesem Artikel gemeint. Im zehnten Abschnitt des vierten Teils (§§ 123 und 124) von G-23, der „Übergangsvorschriften in Bezug auf Banken des staatlichen Sektors“ genannt wird, wurden staatliche Banken der Bankenaufsicht durch die Zentralbank unterworfen. Nach § 123 mussten alle staatlichen Banken ihre Aufnahme in das bei der Zentralbank zu errichtende Bankenregister binnen dreier Monate ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes beantragen. Überdies sieht § 124 vor, dass diesen staatlichen Banken eine Aufschubfrist von zwei Jahren eingeräumt werden kann - ab dem Zeitpunkt der Registrierung (Anmeldung) bei der Zentralbank -, um ihre Position schrittweise den Vorschriften und Bestimmungen dieses Gesetzes anzupassen. Ein bedeutsames Merkmal zeichnet die staatlichen Banken in Syrien aus: Sie sind nach beruflichen Spezialisierungen bzw. nach verschiedenen Bereichen der wirtschaftlichen Tätigkeiten organisiert und dementsprechend ausgestaltet. Die Spezialisierung erfolgte im Zuge der Verstaatlichung und Integration der bestehenden Handelsbanken zu einer einzigen Bank, die Kreditgewährung nicht namentlich genannt hat, aber er hat lediglich eine andere Formulierung verwendet, nämlich „Wieder-Investition in einigen Bankgeschäften“. 96 später „Commercial Bank of Syria“ genannt wurde. Alle staatlichen Banken sind dem Finanzminister zugeordnet. Zu den staatlichen Banken gehören folgende Banken: b.1) Die Commercial Bank of Syria Sie wurde Anfang 1967 gemäß Gesetzesdekret Nr. 913 vom 29.10.1966 errichtet. Die Bank entstand durch Integration von vier Banken (Al-Scharq Al-Arabi, Al-Wahda Al-Arabia, Umayya und Bank Syria-Mahjar) und nahm ihre Tätigkeiten am 01.01.1967 auf. Es wurde inzwischen ein neues Gesetzesdekret für die Commercial Bank erlassen. Sie ist gemäß § 1 G.D-35 vom 13.08.2006 definiert als „eine öffentliche Einrichtung mit wirtschaftlichem Charakter; sie verfügt über eine eigene Rechtspersönlichkeit und genießt zudem finanzielle und administrative Unabhängigkeit. Sie ist dem Finanzminister zugeordnet, und ihr Verwaltungssitz ist Damaskus“. Das Eigenkapital der Bank beträgt 70 Mrd. L.S. 270 (§ 2 G.D35 von 2006). Das Gesetz über die Commercial Bank of Syria schreibt keine Unterordnung der Bank unter das Regierungskommissariat vor; trotzdem untersteht sie der laufenden Überwachung durch die Zentralbank. Diese Bank steht als Nummer I in der Liste der Banken im Register des Regierungskommissariats. b.2) Die Bank für Ersparnisse (Sparkasse) Diese öffentliche Einrichtung wurde entsprechend dem Gesetzesdekret271 Nr. 119 vom 31. Juli 1963 errichtet. Mit Gesetzesdekret Nr. 29 vom 30.04.2005 wurde das G.D-119 von 1963 aufgehoben. Zweck dieser Einrichtung ist die Hereinnahme von Einlagen der Sparer (für Zwecke von Investitionen und Vermögensverwaltung) mit späterer Rückzahlung der Einlagen an die Sparer samt aufgelaufenen Zinsen. Das Nominaleigenkapital der Bank beläuft sich gem. § 1 G-25 vom 26.01.2009 auf 10 Mrd. L.S. 272; de facto waren es dagegen 1,5 Mrd. L.S. Sie belegt Nummer 6 im Register des Regierungskommissariats. b.3) Die Landwirtschaftliche Genossenschaftsbank (Agricultural Cooperative Bank) Die erste Gründung der Agricultural Bank basierte auf dem Gesetzesdekret Nr. 141 von 1970. Im Laufe der Entwicklung musste ein neues Gesetz geschaffen werden - in Gestalt des Gesetzesdekrets G.D-30 vom 30.04.2005. Nach § 1 G.D-30 ist die Landwirtschaftliche Bank eine öffentliche Institution mit wirtschaftlichem Charakter, die dem Finanzminister zuge- 270 271 272 Dieser Betrag entspricht ca. 1,5 Mrd. US-$. Nach Art. 101 Verfassungsgesetz vom 28.02.2012 ist der Präsident berechtigt, Gesetzesdekrete (Dekrete), Verordnungen und Verfügungen zu verabschieden. Das Gesetzesdekret enthält ein neues Gesetz, egal, ob vom Parlament ratifiziert wird oder noch nicht. Nach Zentralbankangaben vom 07.03.2013: 1$ = 83 L.S, 1€ = 108 L.S. 97 ordnet ist. Sie verfügt aber über finanzielle und administrative Unabhängigkeit; ihr Verwaltungssitz muss sich in Damaskus befinden. Laut § 2 G.D-30 umfassen ihre Haupttätigkeiten - 1) alle Bankgeschäfte, Finanzierungen und Dienstleistungen, um die landwirtschaftlichen Tätigkeiten in beiden Bereichen (Tier- und Pflanzenproduktion) sowie für die ihr verbundenen Berufe, Gewerbe, industriellen Anlagen und Produkte/Erzeugnisse zu fördern bzw. durchzusetzen, - 2) Förderung der Sparaktivität der Landbevölkerung, - 3) Kreditgewährung, welche die Bank ihren Kunden in verschiedenen Arten und Formen anbiete. Die Bank darf gem. § 3 Nr. 1 G.D-30 den Ankauf, Verkauf und Vertrieb von landwirtschaftlichen Produktionsmitteln, Zubehörteilen und sonstigen Bedarfsgütern sowohl selbst als auch unter Beteiligung von Vermittlern, bargeldlich oder durch Kreditvergabe durchführen. Zudem darf sie gem. Nr. 2 die Funktion einer Agentur der Zentralbank übernehmen, jedoch nur in Orten, in denen es keine Zentralbankfilialen gibt. Für diesen Zweck ist aber ein Sonderabkommen zwischen beiden Banken abzuschließen. Das Eigenkapital der Bank betrug gem. § 4 Nr. 1 G.D-30 10 Mrd. L.S. Nach der Novellierung des Eigenkapitals der staatlichen Banken gem. § 8 G-11 vom 17.06.2009 beträgt das Nominaleigenkapital jetzt 15 Mrd. L.S. Die Agricultural Cooperative Bank ist in breiter Streuung mit 106 Zweigstellen sowie sieben zugehörigen Büros in Syrien physisch präsent.273 b.4) Die Syrische Immobilienbank (Real Estate Bank) Sie entstand nach Erlass des Gesetzesdekretes Nr. 29 von 1966. Die Real Estate Bank ist nach § 1 G.D-31 Nr. 31 vom 30.04.2005 eine öffentlich-wirtschaftliche Institution/ Einrichtung; sie verfügt eine eigene Rechtspersönlichkeit und genießt demzufolge finanzielle und administrative Unabhängigkeit und beteiligt sich an der Entwicklung der gesamten Volkswirtschaft; sie ist dem Finanzminister unterstellt und ihr Sitz muss sich in Damaskus befinden. Nach § 2 G.D-31 betrug das Eigenkapital der Bank 1,5 Mrd. L.S. Zurzeit beläuft es sich gem. § 1 G-25 vom 26.10.2009 auf 10 Mrd. L.S. Die Hauptaufgaben der Immobilienbank sind gem. § 4 G.D-31 folgende: Ausführung aller Bankgeschäfte, Finanzierungen und Dienstleistungen im Bereich der Immobilien bei sämtlichen Angelegenheiten (Wohnungsfinanzierung, Tourismus, Industrie und Gewerbe) – zwecks Entwicklung des Landes auf allen Ebenen mittels kurz-, mittel- und langfristiger Fi273 98 Interview mit dem Generaldirektor der Agricultural Cooperative Bank vom 01.03.2010 (Al-azmenah, Zeitung) http://www.alazmenah.com/?page=show_det&id=1822&select_page=21. nanzierung; Mobilisierung vorhandener Ressourcen und Ersparnisse des Publikums, um diese in der Landesentwicklung dienliche Vorhaben zu investieren. b.5) Bank für Industrie Laut § 1 G-28 vom 01.07.2010 ist die Bank für Industrie eine öffentliche Einrichtung mit wirtschaftlichem Charakter; sie verfügt eine eigene Rechtspersönlichkeit und somit über finanzielle und administrative Unabhängigkeit; sie beteiligt sich an der Entwicklung der nationalen Wirtschaft; sie untersteht dem Finanzminister und muss ihren Sitz in Damaskus haben. Das Eigenkapital der Bank wurde gem. § 2 G-28 mit 10 Mrd. L.S. festgelegt. Ihre Zwecke und Aufgaben sind nach § 5 G-28 die Gewährung von Krediten für Industrieunternehmen und -projekte sowie für private und öffentliche Investitionen. Hinzu kommen alle möglichen Aktivitäten, die der nationalen Wirtschaft Nutzen bringen können. Die Bank für Industrie führt ihre Aufgaben durch Bereitstellung diverser Kredite und Dienstleistungen höchstens für eine Dauer von 15 Jahren durch (§ 5 Buchst. (A). Sie kann sich laut § 5 (Buchst. G) an anderen finanziellen nationalen Projekten beteiligen und Wertpapiergeschäfte entsprechend ihrem Interesse - jedoch nur mit Zustimmung des Finanzministers – betreiben. In § 17 G-28 wurde vorgeschrieben, dass die Bank für Industrie während der Ausübung ihrer Tätigkeiten die Verordnungen und Beschlüsse des Rates für Geld- und Kreditpolitik einhalten muss. Darüber hinaus muss sie die Vorschriften des G-23 von 2002 befolgen. b.6) Bank für Publikumskredite Diese Bank ist eine der älteren öffentlichen, in Syrien während der 60er Jahre gegründeten Banken; sie wurde 1961 errichtet, nahm aber ihre Tätigkeit erst im Juli 1966 auf. Nach der weitergehenden Verstaatlichung des Bank- und Finanzsektors von 1966 war sie für individuelle Bankdarlehen an Privatpersonen zuständig.274 Laut § 1 G.D-32 vom 30.04.2005 wird die Bank für Publikumskredite definiert als „eine öffentliche Institution mit wirtschaftlichem Charakter mit eigener Rechtspersönlichkeit; sie genießt daher finanzielle und administrative Unabhängigkeit, sie wirkt mit an der Entwicklung der nationalen Volkswirtschaft, sie untersteht dem Finanzminister, ihr Verwaltungssitz ist die Hauptstadt Damaskus“. Diese Kreditbank betreibt sämtliche Bankgeschäfte, insbesondere die in § 5 G.D-32 aufgezählten Geschäfte und Dienstleistungen, z. B. die Annahme von Einlagen verschiedener 274 Fares, Mansour, Die Geschichte des Banksektors in Syrien. Der Artikel wurde aus Anlass des Ausscheidens (Todes) des Izzat Trabulsi im Mai 1999 neu veröffentlicht. http://www.mafhoum.com/press/banques-ar.htm. 99 Formen und Fristen, die Eröffnung von Girokonten, die Übernahme von Bürgschaften, die Kreditgewährung an Privatpersonen, jedoch insbesondere für einkommensschwache Bürger, die Ausgabe von Investmentanteilen, die Bereitstellung von erweiterten Bankdienstleistungen, die auf modernen Systemen der elektronischen Kommunikation beruhen, die Ausgabe von Bankkarten und das Akzeptieren von lokalen sowie internationalen Karten aller Arten (§ 5 Buchstaben a, b, g, d und h). Das Eigenkapital der Bank ist zuerst gem. § 2 G-D32 auf 1,5 Mrd. L.S. festgelegt worden; später wurde es auf 10 Mrd. L.S. erhöht (§ 1 G-25 vom 26.10.2009). c) Private Banken Mehrere Gesetze und Gesetzesdekrete sind in Syrien zur Reorganisation des Banken- und Finanzmarktes sowie zur Einführung von Investmentgeschäften erlassen worden. Diese revolutionäre Gesetzgebung wurde mit dem Erlass des Gesetz 28275 vom 16.04.2001 begonnen. Dieses Gesetz organisiert zum ersten Mal die Lizenzierung privater Gesellschaften für die Gründung von Banken in Syrien. Dies geschah nach 40 Jahren vollständiger Dominanz des öffentlichen Bankensektors infolge der Verstaatlichung in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Bis zum 31.03.2011 wurden 14 private Banken in Syrien genehmigt – neben zahlreichen nationalen Institutionen für andere finanziellen Tätigkeiten. Als Bankgeschäfte gelten: gem. § 85 II G-23 die in § 12 G-28 von 2001 aufgezählten Bankgeschäfte, dazu kommen noch gem. § 85 III die Anschaffung, Veräußerung, der Diskont, Rückkauf und Besitz von Schuldverschreibungen, die Anschaffung und Veräußerung von Aktien oder Finanzinstrumenten anderer Gesellschaften, die nach den in Syrien maßgeblichen Bestimmungen der Zentralbank von Syrien zugelassen sind (§ 85 IV), die Durchführung aller Arten von Finanzdienstleistungen, Diskont, Kreditvergabe und Übernahme von Bürgschaften und Garantien - entweder im In- oder auch im Ausland. Ob zugunsten der Bank oder in Beteiligungen mit Anderen: Es müssen dabei die vom Rat für Geld- und Kreditpolitik gesetzten Bedingungen und Grenzen berücksichtigt werden, § 85 V. 275 100 Dieses Gesetz (G-28) wurde 2001 im Amtsblatt (erster Teil, A16. S. 719 - 724) veröffentlicht. d) Banken Der syrische Gesetzgeber definierte im G-28 vom 16.04.2001 keine Begriffe. Das G-28 enthält einige allgemeine Grundlagen zur Gründung von Privatbanken zum ersten Mal, 38 Jahre nach der Verstaatlichung des Banksystems276 in Syrien. Im G-28 gibt es einen Hinweis zum Wort „Bank“, wonach diese nur in der Rechtsform von Aktiengesellschaften errichtet werden darf, was auch mit den nachfolgend erlassenen Gesetzen nicht geändert wurde. Dabei wurden in der Arabische Republik Syrien im Rahmen der Neuformierung des Banksektors zahlreiche Gesetze 277 erlassen. Im Gegensatz dazu existiert ein allgemeiner Begriff für „finanzielle Institute“ im Gesetzesdekret Nr. 30 vom 15.04.2010 über das Bankgeheimnis. § 1 Buchstabe (A) G-30 von 2010 legt fest: „Finanzielle Institute sind öffentliche, private und teilstaatliche Institutionen, die gemäß den Gesetzen und den gültigen Verordnungen zugelassen sind und zu deren Tätigkeit die Annahme von Einlagen und die Gewährung von Krediten und Bürgschaften zählt.“ In Buchstabe (B) G-30 von 2010 sind dem Bankgeheimnis unterworfene finanzielle Institute erwähnt. Danach unterstehen dieser Regelung alle Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute – auch diejenigen, die in freien Handelzonen tätig sind. Dagegen definierte der Gesetzgeber im Gesetzesdekret Nr. 35 über „Islamic Banking“ vom 4. Mai 2005 den Terminus „Islamische Bank“ als eine Bank, deren Satzung oder deren Gründungsvertrag eine Verpflichtung zum Betreiben ausschließlich von zugelassenen islamkonformen Bankgeschäften enthält. Der Grundsatz solcher Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen ist das Zinsverbot (sowohl im Nehmen als auch im Geben). Jede Finanztransaktion, wie die Annahme von Einlagen sowie alle sonstigen banküblichen Geschäfte, Finanzdienstleistungen und Investitionen müssen in Übereinstimmung mit der islamischen Scharia und den religiösen Richtlinien des Islams stehen.278 276 277 278 Die Verstaatlichung des Banksystems fand in drei Etappen innerhalb der Arabischen Vereinigten Republik zwischen Syrien und Ägypten (von 22.02.1958 bis 28.09.1961) und zuletzt durch das Gesetzesdekret vom 02.05.1963 statt, das durch die syrische Regierung nach der Trennung von Ägypten erlassen wurde. Nach dem Erlass des G-28 von 2001 wurde als weitere Gesetze in Bezug auf dem finanziellen Sektor erlassen: Gesetz Nr. 22 von 2005 über die Schaffung eines Finanz- und Wertpapier-Marktes (Wertpapierbörse) in Syrien, Gesetzesdekret Nr. 29 von 2005 über die Sparkasse (Novellierung), Gesetzesdekret Nr. 30 von 2005 über die landwirtschaftliche genossenschaftliche Bank (Novellierung), Gesetzesdekret Nr. 31 von 2005 über die Immobilienbank (Novellierung), Gesetzesdekret Nr. 32 von 2005 über die Kreditbank für das Publikum (Novellierung), Gesetzesdekret Nr. 33 von 2005 über den Kampf gegen Geldwäsche und die Finanzierung von Terrorismus, Gesetzesdekret Nr. 35 von 2005 über islamische Banken, Gesetz Nr.24 von 2006 über Geldwechselinstitute, Gesetzesdekret Nr. 60 von 2007 über staatliche Wertpapiere, Gesetzesdekret Nr. 15 von 2007 für Mikrofinanz-Institute samt Durchführungsverordnungen, Gesetzesdekret Nr. 30 von 2010 über das Bankgeheimnis, Gesetzesdekret Nr. 56 von 2010 über Investment-Banken, Gesetzesdekret Nr. 88 von 2010 über Leasing-Finanz, Gesetzesdekret Nr. 21 von 2011 als Novelle zum G-23 von 2001, das für die Zentralbank einschlägig ist. § 1 Buchstabe A Gesetzesdekret Nr. 35 von 2005 über islamische Banken. 101 Der Bankenaufsicht unterliegende juristische Personen sind in Syrien nur Banken in der Rechtsform von Aktiengesellschaften. Es gibt aber eine Ausnahme: Im Fall einer Wechselstube kann die Rechtsform eines Joint-Venture (Personenhandelsgesellschaft mit Solidarhaftung) zugelassen werden.279 e) Gewerbsmäßigkeit Kredit- und Finanzinstitute (also Banken) arbeiten auf Grund ihrer Natur ausnahmslos in gewerbsmäßiger Weise. In § 6 erstes Buch Gesetz Nr. 33 (Handelsgesetz) vom 27.11.2007 wurde klargestellt, dass einige Tätigkeiten auf Grund ihres Charakters als handelsgewerbliche Tätigkeiten gelten. Dazu sind im Buchstaben (d) aufgezählt: Geldwechsel, Finanz-Swaps (finanzielle Tauschoperationen) sowie Bankgeschäfte mit privaten und von öffentlichen Banken. Dabei müssen Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen von derartigen Banken gewerbsmäßig betrieben werden, insbesondere bei in Syrien zu errichtenden Banken. Der syrische Gesetzgeber hat ein exorbitantes Anfangskapital für Banken gefordert, das mindestens 10 Mrd. L.S. für private Banken, 15 Mrd. L.S. für islamische Banken und 20 Mrd. L.S. für Investment-Banken betragen muss. Sicherlich ist hierbei festzustellen, dass bei Banken dieser Größe nur gewerbsmäßig Bankgeschäfte betrieben und Finanzdienstleistungen erbracht werden können. Es lässt sich auch folgern, dass solche Unternehmen (Banken) hoch qualifizierte fachliche Geschäftsführer und Mitarbeiter zum Betreiben der Bankgeschäfte und zur Erbringung der Finanzdienstleistungen benötigen. Daraus ergibt sich, dass eine Gewinnerzielungsabsicht auf jeden Fall unverzichtbar ist. f) Kaufmännischer Geschäftsbetrieb Wie oben erwähnt, gelten Institute in derartiger Größe mit einer derartigen Anzahl von Mitarbeitern und in der Rechtsform von Aktiengesellschaften von Anfang an als Handelsgesellschaften. Sie sind verpflichtet, Handelsbücher zu führen und Jahresabschlüsse aufzustellen. Große Banken benötigen normalerweise fachlich speziell qualifizierte Mitarbeiter und eigenständige Geschäftsführer - und es wurde daher auch gesetzlich vorgeschrieben280, dass Banken in Syrien die internationalen Standards der Rechnungslegung befolgen müssen. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist hierbei ebenfalls unvermeidlich, weil Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen kaufmännisch betrieben bzw. erbracht werden. Ausnahme hiervon kann bei islamischen Banken die Zakat am Ende des Mondjahres sein. Die Zakat stellt eine 279 280 102 § 2 Abs. B Nr. 2 Gesetz Nr. 24 über Geldwechselinstitute vom 24. Juni.2006. § 29 Nr. 2 der exekutiven Anweisungen des Ministerium für Wirtschaft und Handel für das G-28 von 2001. soziale Tätigkeit dar, und sie entspricht einer Art von Vermögenssteuer. Sie beträgt nach dem islamischen Heiligen Buch Koran ein Viertel des Zehntels, d. h. 2,5% des Vermögens.281 g) Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen Private Banken in Syrien sind konventionelle Banken, d.h. sie praktizieren fast dieselben Bankgeschäfte wie die deutschen Banken oder kommen diesen Geschäftsarten zumindest sehr nah. Daher charakterisiere ich hier nicht diese geläufigen, „normalen“ Geschäfte der Privatbanken, sondern einige der bekannten für islamische Banken typischen Geschäfte. Nennenswert in diesem Zusammenhang ist der Umstand, dass der Islam verfassungsrechtlich eine bedeutende Rolle spielt, da in dem neuen Verfassungsgesetz282 sowie in dem alten (novellierten)283 genau in Art. 3 Nr. 2 (jeweils) ausdrücklich fixiert wird bzw. wurde, die islamische Scharia (islamische Jurisprudenz) sei in Syrien eine der Hauptquellen der Gesetzgebung ist. Überdies hat Art. 3 Nr. 1 jeweils für beide Verfassungsgesetze den Islam als Religion des Präsidenten vorausgesetzt. h) Bankgeschäfte islamischer Banken Islamische Banken unterscheiden sich in vielen Punkten von konventionellen Banken. Das Geldzinsverbot ist eine zentrale Säule des islamischen Bankwesens. Dem Geld, das im Islamic Banking investiert wird, muss nachweislich ein Realwert zugrunde liegen.284 Zu den bedeutsamsten Grundsätzen des islamischen Investmentwesens zählt dabei, auf riskante Geldgeschäfte, die für die Investoren Schaden herbeiführen könnten, unbedingt zu verzichten; namentlich Spekulationen sind absolut verboten. Die Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen werden immer von sog. Scharia Boards überprüft und registriert. Wenn sie im Einklang mit der Scharia stehen, können sie zugelassen werden, wenn das nicht der Fall ist, kann bzw. muss man sie ablehnen. h.1) Al-Murabaha 1. 281 282 283 284 Zur Legitimation von Al-Murabaha: Zakat ist eine religiöse soziale Verpflichtung, die im Koran an 80 Stellen erwähnt wurde, erstmals in Sure 2 Verse 277. Danach wird durch Zakat oder Sadaqa (Almosengeben oder Almosenspende) bedeutet und vorgeschrieben, dass ein bestimmter Anteil von Geldern der Muslime (Unternehmen und Privatpersonen) an Arme und Bedürftige sowie andere im Koran festgelegte soziale Gruppen abzuführen ist. Das neue Verfassungsgesetz von Syrien vom 15. Februar 2012. Das alte Verfassungsgesetz von Syrien vom 13. März 1973. Nora Enzlberger, Islamische Wirtschaftsordnung und Soziale Marktwirtschaft, Konrad Adenauer Stiftung, 05.10.2010. 103 Im Koran steht in der zweiten Sure „Al-Bakara“ Vers Nr. 275: „Gott erlaubt den Verkauf, aber er verbietet die Riba“. In der Sunna sagt Muhammad: „Wenn zwei Sachen sich voneinander unterscheiden, dürft ihr sie euch - wie ihr wollt - gegenseitig verkaufen, aber nur wenn sich die Gegenstände in euren Händen befinden – mit sofortiger Lieferung und Gegenlieferung“.285 Im Ijma286 steht: Die Muslime haben zu allen Zeiten gemäß der Murabaha gehandelt, und das ist ein klarer Nachweis für die Legitimation dieses Geschäfts. Natürlich gibt es kleinere Unterschiede in der Al-Murabaha-Praxis zwischen den verschiedenen muslimischen Schulen. Aber trotzdem ist sie prinzipiell zulässig, weithin bekannt und einfach in der Anwendung. Al-Murabaha, Al-Tawlia und Al-Wadiaa gehören zu einer alten islamischen Verkaufskategorie, die da heißt „Verkauf auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens“ (biou AlAmanah)287 Wirtschaftlich betrachtet gehören Al-Murabaha, Bay Al-Salam, Leasing (Ijara muntahia bi-Attamlik) und Istisnaa zu den kurzfristigen Investitionsinstrumenten.288 Al-Murabaha bedeutet den Verkauf eines Gegenstands zu einem Kaufpreis mit einem Gewinnaufschlag. Es werden jeweils zwei Dinge vorausgesetzt, nämlich, dass der Kaufpreis und die Höhe des Gewinnzuschlags bekannt gegeben werden müssen.289 Der Zuschlagswert kann in Prozent (z. B. 5% oder 10%) oder als absoluter Wertbetrag bestimmt werden. Al-Murabaha ist das für islamische Banken häufigste Finanzgeschäft. Al-Murabaha kann entweder mit sofortiger Bezahlung oder per Ratenzahlung (d.h. bei Stundung des vereinbarten Warenpreises) abgewickelt werden. Dieses Geschäft wurde vielfach analysiert. Erwähnenswert ist hierzu eine Dissertation von Sami Hammoud, die von der Universität Kairo 1976 herausgegeben wurde290: „Entwicklung des Bankensystems, um dem islamischen Recht (Scharia) zu entsprechen“. Islamische Banken betrieben zuerst Al-Murabaha für den Besteller auf Grund eines Kaufversprechens. Hintergrund dafür war, dass islamische Banken Ware nicht schon kaufen, ohne dass vorher vom Kunden eine bestimmte Nachfrage signalisiert wurde.291 285 286 287 288 289 290 291 104 Al-Rifaii, Fadi, Islamische Banken, 2. Auflage 2007, S. 137. Ijma (oder Idschma): ein Bestandteil der Scharia, der in Festlegungen der islamischen Gelehrten besteht (so ähnlich wie Dogmen der Katholischen Kirche), er gilt auch als die dritte Islam-Rechtsquelle, oder der erzielte Konsensus unter islamischen Rechtsgelehrten, vgl. Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, 2007, S. 24. Al-Zuhayli, Islamische Banken, 1. Auflage 2007, S. 58. AaO, S. 54. AaO, S. 58. Sami Hammoud stützte seine Meinung auf ein Buch (Alumma, dritter Teil, S. 39, Dar Almaerifa, Beirut, Libanon 1973) von Imam Al-Schafiie. Er hatte dieses Geschäft Al-Murabaha genannt. Atieah, Islamische Banken, 2. Auflage 1993, S. 121. Die von den Banken betriebene Murabaha292 impliziert meistens einen Zahlungsaufschub, auf Arabisch Bai Muajjal oder Bai Biathaman Al-Ajel genannt. Das entspricht im deutschen Recht dem Konzept des Abzahlungskaufs.293 Zur Verdeutlichung und zur Vorstellung einer einfachen Murabaha-Finanzierung dieses Beispiel: Ein Kunde möchte ein Auto kaufen; dann beauftragt er seine islamische Bank, ihm das gewünschte Fahrzeug im Rahmen eines Murabaha-Vertrags zu beschaffen. Die islamische Bank kauft das Auto in der Regel von dem vom Kunden benannten Verkäufer und bezahlt den Kaufpreis des Autos. Danach verkauft die Bank das Auto inklusive eines vorher mit dem Kunden vereinbarten Gewinnaufschlags an diesen weiter. Überwiegend bezahlt der Kunde den Kaufpreis einschließlich des vereinbarten Aufschlags in Raten, d. h. die meisten Produktpreise werden bei der Al-Murabaha gestundet.294 Das Eigentum geht also im Zuge der Murabaha-Finanzierung zweimal über: erstens vom Verkäufer des Autos auf die Bank; zweitens von der Bank auf ihre Kunden. Auf Grund dieses zweigeteilten Eigentumswechsels muss die Bank das Risiko der Nichtabnahme des Gegenstandes tragen; dafür verdient sie den ausgemachten Gewinnzuschlag. Ansonsten wird diese Vertragsfinanzierung als einem konventionell abgeschlossenen Darlehensvertrag gleichgestellt angesehen. Notwendig erscheint auch, den Verkauf mit Stundung des Kaufpreises nach islamischem Recht (Scharia) näher darzulegen, den auf Arabisch sog. Bai Muajjal. Mit einem solchen Verkaufsvertrag kann der Kaufpreis gestundet werden, aber nur gemäß einer vorherigen Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien. Hinsichtlich des Fälligkeitszeitpunkts der gestundeten Kaufpreiszahlung kann entweder ein bestimmter Termin oder ein bestimmter Zeitraum festgelegt werden.295 Nach islamischem Recht ist es zulässig, dass der sofortige Kaufpreis (Barpreis) des Gegenstandes niedriger ist als der gestundete Kaufpreis. Dieser Unterschied ist der Gewinn oder Profit des Verkäufers - vorausgesetzt, es gibt eine Festlegung und Einigkeit hierüber zwischen den Parteien entweder zum Betrag oder hinsichtlich der Gewinnmarge. Hierbei verhandelt man nur über die Stundung des Kaufpreises, nicht jedoch über die körperliche Übergabe des Gegenstandes selbst; dies ist Thema eines anderen Vertrages, genannt Bai al-Salam oder Istisnaa. Bei diesen Gestaltungen wird der Verkaufsgegenstand nachträglich oder später - in der Zukunft – übergeben, und es ist durchaus zulässig, dass der Verkäufer 292 293 294 295 (Al) in arabischer Sprache entspricht in deutscher Sprache dem bestimmten Artikel. Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, 2007, S. 52. AaO, 2007, S. 53. Ebert/Thiessen/Thurner, Das islamkonforme Finanzgeschäft, 2010, S. 150. 105 oder sein Vertragspartner zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht Eigentümer der Sache oder die Sache nicht in seinem Besitz ist.296 Nach islamischem Recht wird beim Verkauf als Bai Muajjal sogar eine Rate des Preises erst bei der Übergabe des Gegenstandes gezahlt. Bai Muajjal ist legitim, solange der Gegenstand des Verkaufs (bzw. der Verkauf des Gegenstandes) an sich nicht verboten ist oder der Verkauf eine Riba enthält.297 Diese Meinung basiert auf dem Hadith des Propheten Muhammad: „Muslime stehen zu ihren Bedingungen - außer solchen, für die ein Verbot besteht (Haram) bzw. die nicht zulässig (Halal) sind“.298 In Bezug auf den Murabaha-Vertrag folgt daraus, dass dieser zulässig bleibt, wenn er keine Riba enthält, sondern (stattdessen) ein Gewinnaufschlag vereinbart ist. Zurzeit führen die meisten islamischen Banken Murabaha-Finanzierungen in vier Etappen durch, die in der Praxis wie folgt zu charakterisieren sind: 299 1) Die Bestellung geht vom Besteller zur islamischen Bank. 2) Ein Verpflichtungsvertrag entsteht (vertragliches Versprechen wird abgegeben), durch den sich der Besteller zum Kauf einer Sache oder Ware verpflichtet. 3) Die islamische Bank kauft die Ware. 4) Die Al-Murabaha-Finanzierung wird abgeschlossen. Bisher gibt es keine einheitliche Auffassung im Bezug auf die Frage der Verbindlichkeit des Kaufversprechens seitens des Kunden;300 Einige islamische Banken sind der Ansicht, dass das Kaufversprechen niemanden – weder den Kunden noch die Bank - bindet. Mujamma Alfiqh Al-Islami in Jiddah, Saudi Arabien, vertritt diese Meinung. Dagegen vertritt die Faisal Islamische Bank im Sudan die Meinung, dass das Versprechen nur die Bank bindet. Aber nach herrschender, in der Praxis am häufigsten vertretener Meinung gilt, dass das Kaufversprechen für beide Parteien verbindlich ist. Die meisten islamischen Finanzinstitute folgen dieser Meinung, weil sie für beide Parteien eine Garantie darstellt. 296 297 298 299 300 106 Abu Ghedda Abdessattar, „Bai Muajjal“, Islamic Development Bank, Das islamische Institut für Forschung und Ausbildung. Eine Reihe von Vorträgen und Verlesungen führender Wissenschaftler, S. 16; Ebert/Thiessen/Thurner , Das islamkonforme Finanzgeschäft, 2010, S. 149. Abu Ghedda Abdessattar „Bai Muajjal“, S. 16. Halal und Haram sind Begriffe aus der Scharia in der arabischen Sprache, Halal bezeichnet „erlaubte, zulässige oder statthafte“ Sachen und Verhaltensweisen, dagegen kennzeichnet Haram die verbotenen Dinge. Al-Rifaii, Islamische Banken, 2. Auflage 2007, S. 139. Al-Rifaii, Islamische Banken, 2. Auflage 2007, S. 141-142. Darüber hinaus wird nach islamischem Recht (Scharia) als verboten eingestuft, etwas zu verkaufen, was sich in der Zeit des Verkaufsvorgangs noch nicht im Besitz des Verkäufers befindet.301 Auf Grund des Schutz-Prinzips - „Man darf nicht verkaufen, was noch nicht erworben wurde“ - wird damit der Käufer vor dem Betrugsrisiko geschützt. Eine unerlässliche Voraussetzung zur Legitimierung der Murabaha für den Besteller oder dessen Beauftragten ist also: Die Bank muss den Gegenstand zuerst besitzen, und danach darf sie ihn weiterverkaufen. Der Besitz des Gegenstands muss nicht lange dauern, er kann ggf. nur eine Minute währen.302 Der Sinn der Aneignung des Gegenstandes durch die islamische Bank ist der, dass der Vorgang insgesamt nicht von einer legitimen Murabaha zu einem verbotenen Riba- (Wucher oder Zinsen implizierenden) Darlehensvertrag mutiert.303 Hierbei stellt sich die Frage, ob ein Versprechen des Bestellers (er ist noch nicht als Kunde anzusehen) bindend ist oder nicht. Dies hat die zweite Konferenz der islamischen Banken in Kuwait auf Grund der herrschenden Meinungen der Islam-Gelehrten bejaht.304 Daraus ergibt sich, dass ein Versprechens-Vertrag für den Kunden als bindend gelten soll. Islamische Banken investieren ihre Geldüberschüsse aus Al-Murabaha-Finanzierungen auch bei konventionellen Banken im Ausland. Z. B. kann eine islamische Bank mit einer anderen Bank Verträge abschließen, um einige mit islamischem Recht vereinbare Transaktionen zu finanzieren. Natürlich müssen die Dokumente und Verträge zu dieser Transaktion vom Scharia Board305 überprüft und registriert werden. Damit können islamische Banken in ausländische Märkte eintreten, aber die vermittelnde Bank muss nach Beendigung des Kaufvorgangs sofort weiterverkaufen und keinesfalls warten, weil eine halbwegs lange Wartezeit wegen der Marktpreisschwankungen einen Verlust für die Bank herbeiführen könnte,306 d.h. sie muss die beiden Verträge gleichzeitig abschließen. Der Gewinn der islamischen Bank realisiert sich normalerweise durch den Unterschied (die Differenz) zwischen Barzahlung beim Kauf und Ratenzahlung beim Weiterverkauf.307 301 302 303 304 305 306 307 Schaich Alqardawi, Jusof: Auffassung zur Begründung einer Murabaha für den Beauftragenden mit einem Versprechen; s. Al-Zuhayli, Islamische Banken, 1. Auflage 2007, S. 60. Atieah, Islamische Banken, 2. Auflage, 1993, S. 122. Al-Zuhayli; islamische Banken, 1. Auflage 2007, S. 59. Ebenda. Der Scharia Board ist ein religiöser Aufsichtsrat, das sich aus Islamgelehrten (meistens 3 - 5 Mitgliedern) zusammensetzt. Dieser Rat hat die Aufgabe zu prüfen und sicherzustellen, dass Tätigkeiten der islamischen Bank (Geschäfte und Finanzierungen) im Einklang mit der islamischen Scharia ausgeübt werden, vgl. Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, S. 33. Atieah, Islamische Banken, 2. Auflage 1993, S. 124. AaO, S. 125. 107 Als eine der entscheidenden Voraussetzungen zur Rechtfertigung eines Murabaha-Geschäfts gilt, dass der erste Vertrag (mit dem Besteller) nach islamischem Recht (Scharia) legitim, d.h. zulässig sein muss. Andernfalls wird das Geschäft als verboten eingestuft.308 Überdies muss der Vermögensgegenstand an sich zugelassen sein und - wie oben erwähnt - zum Abschlusszeitpunkt bereits existieren.309 In der Praxis wird oft beobachtet, dass islamische Banken den Kunden selbst beauftragen, in ihrem Interesse als Agent zu wirken. In meinem Beispiel: Der Kunde kauft das Auto im Namen der Bank, und die Bank bezahlt den Kaufpreis an den Verkäufer. Ab diesem Moment erwirbt oder besitzt die Bank das Auto durch den als Agent tätig gewesenen Kunden, verkauft es danach aber sofort an den Kunden weiter. Der Kunde zahlt den Kaufpreis mit dem vereinbarten Gewinn für die Bank danach dann meistens in Raten ab. Als Vorzüge der Murabaha-Finanzierung sind hier zu nennen: 1) Banken können in kurzer Zeit relativ gute Gewinne realisieren und diese Gewinne (teilweise) auf die Einlagen aufschlüsseln.310 Auf diese Weise können islamische Banken in punkto Einwerbung von Einlagen mit den anderen, konventionellen Banken konkurrieren. 2) Murabaha impliziert ein relativ niedriges Niveau von Risiken, da der Gewinn der Bank mit den Kunden in Voraus festgelegt und vereinbart ist.311 Dies gilt insbesondere dann, wenn der abgeschlossene Versprechens-Vertrag für den Kunden bindend ist. 3) Murabaha-Investitionen seitens der islamischen Bank setzen eine gewisse Liquidität voraus,312 die der Bank hilft, Fälligkeiten und plötzliche Forderungen ihrer Kunden und Gläubiger abzudecken bzw. diesen nachzukommen. 4) Die Vorteile der Al-Murabaha heben sich von anderen Transaktionsformen der islamischen Geschäfte und Finanzdienstleistungen deutlich ab. In ihrer einfachen Form ist die Murabaha in der Praxis keine komplizierte Angelegenheit - im Vergleich z. B. mit der Muscharaka: Hierbei verlangt die Bank die Offenlegung vieler Tatsachen und Informationen zwecks Überprüfung; sofort nach dem Murabaha-Abschluss wird hingegen die rechtliche Beziehung zwischen der Bank und ihrem Kunden eine SchuldBeziehung.313 308 309 310 311 312 313 108 Al-Rifaii, Islamische Banken,2. Auflage 2007, S. 138. Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, 2007, S. 54. Al-Rifaii, Islamische Banken, 2. Auflage 2007, S. 142. AaO, S. 143. Ebenda. Ebenda. Daneben gibt es andere Gründe dafür, dass die Murabaha-Finanzierung das meistpraktizierte Bankgeschäft bei islamischen Banken ist; bei einigen dieser Banken erreicht der Anteil der Murabaha bis zu ca. 90% des gesamten Finanzierungsvolumens. Scheich Jusef AlQaradawi schätzt diesen Anteil bei einigen Banken auf bis zu 95%, und er hat diese hohe Quote kritisiert. Seine Kritik an den islamischen Banken besteht darin, dass sich islamische Banken stärker auf Muscharaka und Mudaraba stützen sollten.314 Zurzeit bieten islamische Banken Häuserkaufgeschäfte an, über die der Kunde Immobilien (ein Haus oder eine Wohnung) erwerben kann. Der Vorgang kann wie folgend beschrieben werden: Kauft die Bank die vom Kunden ausgewählte Wohnung (oder: das ausgewählte Haus), dann verkauft die Bank die Wohnung zum Kaufpreis plus dem zwischen den Parteien vereinbarten Gewinn, und damit geht das Eigentum an der Wohnung an den Kunden über, jedoch belastet mit einer Hypothek zu Gunsten der Bank. Diese Hypothek belastet das Eigentum bis zur Schlusszahlung der vereinbaren Kaufraten. Die Dauer der Zahlung reicht bis zu zehn Jahren. Islamische Banken verlangen aber (als Nachweis für die Ernsthaftigkeit des Kunden) vor dem ersten Kaufvorgang eine Vorauszahlung, die bis 25% des Wohnungs- oder Hauswerts bei in Syrien und 35% von im Ausland lebenden Syrern beträgt.315 Der Verkaufspreis (Kaufpreis + Gewinn der Bank) wird für eine festgelegte Dauer gestundet oder ist in Form von Abzahlungsraten über eine bestimmte Zeit zu entrichten. Als Voraussetzung kann darüber hinaus festgelegt werden: Das Alter des kaufenden Kunden muss zwischen 21 - 55 Jahren liegen, die monatliche Ratenzahlung darf 40% des monatlichen Nettogehalts des Kunden nicht überschreiten. Zudem muss der Finanzierungswert mindestens 750.000 L.S. betragen.316 Solche Angebote werden den Kunden insbesondere für den Kauf von Wohnungen oder Häusern unterbreitet. Bei Nichtbezahlung von Raten oder bei Zahlungsverzögerung dürfen islamische Banken nach dem islamischen Recht (Scharia) keine Verzugszinsen verdienen oder verlangen, weil das als Riba gilt, die von der gesamten muslimischen Literatur und von allen Rechtsgelehrten ausnahmslos als verboten angesehen wird.317 314 315 316 317 Zeitung Al-schark Al-Ausat 27.08.2010. Die Wohnung muss nachweislich im Inland (Syrien) belegen sein. http://www.coffis.fr/coffis/index.php?option=com_content&view=article&id=76%3A-l-r&catid=39%3Articles. Magazin „Damas Post“, islamische Wirtschaft (Iqtisad Islami) 31.10.2010. „Kauf von Immobilien mittels Al-Murabaha“, Welt Islamische Bank-Syrien. http://www.damasbanks.com/ Ebd. Al-Zuhayli, Islamische Banken, 1. Auflage 2007, S. 90. 109 2. Legitimation von Kauf- und Verkaufsversprechen: Es ist bislang umstritten, ob das Kaufversprechen nur eine moralisch-religiöse oder auch eine gerichtlich einklagbare Verpflichtung für den Käufer darstellt. Nach einigen Fatwas kann es gerichtlich durchgesetzt werden, basierend auf den Eigenschaften des guten Gläubigers, der, wenn er jemandem etwas verspricht, sein Versprechen auch erfüllt (Ibn Schabramah). Darüber hinaus sehen islamische Banken sich gezwungen, diese Fatwa umzusetzen, weil sie ein wirkliches Interesse daran haben. Es bestehen schwerwiegende Risiken für die Banken, wenn sie Gegenstände oder Sachen auf Grund eines Kundenwunsches kaufen und danach der Kunde sein Versprechen nicht erfüllt.318 Zurzeit also wird die Fatwa häufig umgesetzt, weil dies eine Garantie für die Bank, für die Einleger und die Gläubiger darstellt. Andere sind der Ansicht, dass das Versprechen nur moralische, nicht jedoch gerichtlich einklagbare Verbindlichkeit für den Käufer besitzt.319 Islamische Banken seien frei in der Entscheidung, welcher Fatwa sie folgen wollen. Die islamische Bank trägt die Risiken einer Beschädigung und versteckter Mängel der Waren, und dies rechtfertigt ihren Gewinnanspruch. Dieses Prinzip ist die Besonderheit bei den islamischen Banken, weil sich der aus dem Verkauf der Ware oder des Gegenstands resultierende Gewinn nur unter bestimmten Gefahren ergibt.320 Dieser zugelassene Gewinn resultiert eben nicht aus der bloßen Geld- bzw. Kredit-Gewährung. Und dieser Anspruch ermöglicht im Laufe der Zeit (Abzahlungsraten) der islamischen Bank eine Gewinnrealisierung. Daraus ergibt sich, dass die islamische Bank in Murabaha-Geschäften als ein vollverantwortlicher Verkäufer mit allen rechtlichen Konsequenzen gilt - entsprechend der islamischen Rechtsregel: „Al-Gurm bi Al-Gunm“. Dies bedeutet auf Deutsch: „Geld fungiert im Islam auf der Basis ‚Gewinne wegen drohenden Verlusts“.321 Zurzeit gibt es die Tendenz, dass islamische Banken die Zahl von Al-Murabaha-Finanzierungen für den Besteller (Al-Amer Bischiraa) nach Möglichkeit verringern, weil einige vermuten, dass sich hinter Al-Murabaha ein Darlehensvertrag mit verbotener Riba verbergen könnte.322 h.2) Al-Mudaraba Al-Mudaraba (Geld von einer Partei - hier der Bank - und Arbeit sowie Know How von der anderen Partei), Al-Muscharaka (Partnerschaft) und Al-Ijara Al-Taschgilia (normale Ver318 319 320 321 322 110 Fatwa über die Murabaha-Finanzierung, http://www.islamifn.com/fatawa/murabaha.htm. Ebenda. Al-Rifaii, Islamische Banken, 2. Auflage 2007, S. 145. Ebenda. al-Zuhayli, Islamische Banken, 1. Auflage 2007, S. 61. mietung, d.h. Halten bzw. Erwerb des Eigentums an Sachen, Maschinen und Immobilien zwecks Vermietung) gehören zu den langfristigen Investitionsinstrumenten.323 1. Legitimation von Al-Mudaraba: Al-Mudaraba als eine Finanzierungsform ist im islamischen Kulturkreis traditionell üblich. Die Araber haben ihre Karawanen durch Al-Mudaraba finanziert. Der Grund dafür ist der, dass viele Leute reich sind, aber zu alt, zu jung, krank, oder sie sind Frauen, und es ist verständlich, dass solche Personen die Strapazen des Karawanenhandels nicht ertragen können.324 In diesem Zusammenhang kommt hinzu, dass der Prophet Muhammad vor der Verkündung seiner Botschaften gemeinsam mit seiner Frau ihr Vermögen durch Al-Mudaraba erarbeitet hatte. Im Koran wird zweimal auf diese Geschäftstätigkeit - nicht wörtlich, aber dennoch explizit in Sure 73 Vers 20 (Al-Mussammel) und in Sure 4 Vers 101 (Al-Nizza) hingewiesen. Dadurch ist klar, dass der Prophet Muhammed dieses Geschäft anerkannt hatte. Al-Mudaraba hat ihre Legitimation von der sog. anerkannten Sunna abgeleitet325 und wurde von Muslimen zu allen Zeiten praktiziert und weiterentwickelt. Der Begriff der Al-Mudaraba: Die verschiedenen islamischen Schulen geben ihm fast alle dieselbe Bedeutung: „Al-Murabaha stellt einen Vertrag dar, in dem eine Partei (hier die islamische Bank) der anderen Partei Geld/Kapital oder anderes Vermögen für eine bestimmte unternehmerische Geschäftstätigkeit einer anderen Partei zur Verfügung stellt“.326 Die islamische Bank erhält in diesem Geschäftsvertrag die Rolle des sog. Rab Al-Amal, und ihr Kunde ist der Al-Mudareb. Der Kunde investiert das ihm von der Bank zur Verfügung gestellte Kapital vor dem Hintergrund seiner bisherigen Erfahrungen, die aus seiner zuvor im Bereich der vereinbarten unternehmerischen Aktivität ausgeübten Tätigkeit herrühren.327 Da die Erzielung von Gewinn das Ziel einer Mudaraba ist, sollte die Verteilungsmethode des Gewinns /Ertrages von Anfang an eindeutig bestimmt werden.328 Die Mudaraba-Finanzierung generiert den so wichtigen gegenseitigen Vorteil für beide Parteien (Rab Al-Mal und Al-Mudareb). In der Realität sind ja einige Leute reich und be- 323 324 325 326 327 328 AaO, S. 54. Al-Rifaii, Islamische Banken, 2. Auflage 2007, S. 113. AaO, S. 111. Al-Zuhayli, Islamische Banken, 1. Auflage 2007, S. 71; Al-Rifaii, Islamische Banken, 2. Auflage 2007, S. 113; vgl. auch Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, 2007, S. 63. Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, 2007, S. 63. Al-Rifaii, Islamische Banken, 2. Auflage 2007, S. 120. 111 sitzen viel Geld, aber sie können dieses Geld mangels Erfahrung, Zeit …usw. nicht sinnvoll investieren; ihnen gegenüber stehen andere Menschen, die Erfahrung und solides Wissen in punkto Investitionen und Markt haben, aber über kein Kapital oder andere Vermögensformen verfügen.329 Der erwartete Gewinn/Ertrag wird normalerweise in Prozent vereinbart. Dieser Gewinn wird jedoch nach Abzug des investierten Kapitals zwischen den Parteien verteilt. Grundsätzlich tragen islamische Banken den ggf. aufgelaufenen Verlust, wenn denn die unternehmerische Aktivität zu einem Verlust geführt hat. Der Kunde (Al-Mudareb) trägt dagegen keinen Verlust, weil er kein Kapital eingebracht hat. Sein Verlust beschränkt sich auf seine Arbeit, seine Mühe und seine Zeit, für die er keine Kompensation oder Vergütung verlangen darf. Davon ausgenommen sind die Fälle, in denen sich der Verlust aus grober Fahrlässigkeit oder nachweislicher Absicht des Kunden (Al-Mudareb) ergeben hat.330 Der Kunde (Al-Mudareb) trägt aber den Verlust, wenn er gegen die Bedingungen der Bank (Rab Al-Mal) verstößt. Der Rab Al-Amal kann einige allgemeine Bedingungen für die Investition beim Vertragsabschluss voraussetzen, um Verluste möglichst zu vermeiden. Dies kann dem Hadith des Propheten Mohammad entnommen werden.331 Zur Begründung der Nichtbelastung des Kunden (Al-Mudareb) im Falle eines Verlusts dient das Argument, dass der Kunde ein Agent für seinen das Kapital gebenden Partner ist. Und der Agent darf nicht für das Kapital geradestehen müssen, außer in Fällen von grober Nachlässigkeit, Misswirtschaft oder Vorsatz. Dabei muss der Gewinn der jeweiligen Partner als ein Anteil (in Prozent) vom gemeinsam erzielten Ergebnis festgelegt werden.332 Al-Mudaraba birgt ein enormes Risiko für den Rab Al-Mal (die islamische Bank), weil nach islamischem Recht (Scharia) im Allgemein der Partner nicht ausschließlich eine garantierte Beteiligung am Gewinn beanspruchen darf.333 Dafür darf Al-Mudareb (der Kunde) gemäß den islamischen Grundsätzen einen Verlust im finanzierten Unternehmen gegenüber der Bank nicht ausschließen. Ansonsten wird der Vertrag oder das Investment als ein Darlehen und der Gewinn/Ertrag als eine verbotene Riba (Haram) angesehen. 2. Arten von Al-Mudaraba: Grundsätzlich kann eine Mudaraba-Finanzierung auf vier Arten erfolgen: - 329 330 331 332 333 112 Al-Zuhayli, Islamische Banken, 1. Auflage 2007, S. 71. Ebenda; vergl. auch Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, 2007, S. 63. Al-Rifaii, Islamische Banken, 2. Auflage, 2007, S. 113. Islam Web; Al-Fatwa Center; ( )مركز الفتوىDonnerstag 18.12.2007 http://www.islamweb.net/fatwa/index.php?page=showfatwa&Option=FatwaId&lang=A&Id=102748 Al-Rifaii,Islamische Banken, 2. Auflage 2007, S. 121. Erstens entsprechend den jeweils beteiligten Personen: Einzel- bzw. Sonder-Mudaraba (Mudaraba chassah) und kooperative Mudaraba (Mudaraba muschtarakah).334 (1) Sonder-Mudaraba (chassah): Als eine solche gilt der Fall, dass ein Mudaraba-Vertrag sich auf nur zwei Personen beschränkt: einer offeriert das Geld/Kapital und der andere bringt die Arbeit und das Know-How ein. Heutzutage finden Sonder-Mudaraba bei den islamischen Banken keine Anwendung mehr, weil sie der Größe islamischer Investitionen nicht entsprechen.335 (2) Kooperative Mudaraba (muschtarakah): Die Beziehung besteht hier zwischen drei Parteien. Dabei nimmt die islamische Bank Geld von Inhabern/Einlegern in ihrer Eigenschaft als Mudareb entgegen; danach wird das Geld in verschiedene Richtungen der islamischen Finanzierung sowie für Investitionen (Murabaha, Mudaraba…usw.) wieder ausgegeben. Islamische Banken operieren in der Funktion des Mudaraba-muschtarakah, sofern die Einleger ihnen ihre Vermögen anvertrauen.336 Zweitens entsprechend dem Umfang der Befugnisse des Mudareb: beschränkt (Mudaraba-mukayyada) oder unbeschränkt (Mudaraba mutlaqa).337 (1) Beschränkte Mudaraba (mukayyada): Um eine solche geht es, wenn der Rab Al-mal zum Zeitpunkt der Geldeinlage Bedingungen gegenüber dem Al-Mudareb (Bank) stellt und auf Beschränkungen besteht, gemäß denen er seine Einlage nur in bestimmte Vorhaben investiert wissen will. Diese Mudaraba bedeutet also ein beschränktes Mandat für die islamische Bank. Es handelt sich hier um die sog. objektgebundene Investitionsrechnung/um zweckgebundene Fonds in der Verfügung der islamischen Bank.338 Diese Methode ermöglicht es dem Kunden (Rab Al-mal), sein Vermögen in bestimmten Projekten, Unternehmen, Aktivitäten oder Bereichen anzulegen. Dazu ist aber zu sagen, dass eine Mudaraba-mukayyada in der Praxis selten realisiert wird. (2) Unbeschränkte Mudaraba (mutlaqa): In diesem Fall ist der Mudareb frei von jeglicher Beschränkung. Dieser kann das Kapital in irgendwelche Vorhaben bzw. Objekte investieren. Bei diesem Mandat muss der Al-Mudareb das Kapital möglichst erhalten 334 335 336 337 338 AaO, S. 125. Ebenda. Al-Rifaii, Islamische Banken, 2. Auflage 2007, S. 125. Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, 2007, S. 64; Al-Rifaii, Islamische Banken, 2. Auflage 2007,. S. 125. Al-Rifaii,, Islamische Banken, 2. Auflage 2007, S. 126. 113 und durch die Investition Gewinn erzielen. Islamische Banken investieren die ihnen anvertrauten Vermögen hauptsächlich nach diesem Konzept.339 M.a.W.: Eine Investition (Einlage) in islamische Banken hat in der Regel die Form einer Mudaraba-mutlaqa, die ein unbeschränktes Mandat seitens des Kunden für die Bank bedeutet. Durch diverse Untersuchungen wurde festgestellt, dass Al-Mudaraba im Vergleich zu anderen Geschäften und Finanzierungen nicht den erwarteten Stellenwert besitzt. Das internationale Institut für islamische Gedanken in Kairo hat bereits für den Zeitraum von 1980 - 1984 eine Statistik geführt, aus der geschlossen werden konnte, dass sich Al-Mudaraba-Transaktionen auf nur 2,5 bis 2,9% des Gesamtvolumens aller Geschäfte und Finanzierungen der jeweiligen islamischen Banken in Jordanien und in Qatar beliefen.340 Dies kann auf einige Gründe zurückgeführt werden: Z. B. birgt eine Mudaraba ein höheres Maß an Risiken, insbesondere wenn die islamische Bank die Rolle des Rab Al-Mal spielt. Auf Grund unzureichender Transparenz und wenig informativer Rechnungslegung seitens des Al-Mudareb sowie auch wegen fehlender Instrumente zur Überwachung der islamischen Banken können ausufernde Risiken für die Bank selbst, die Einleger und die Investoren entstehen. 341 Die erfolgreiche Mudaraba basiert normalerweise auf moralischen Ansätzen, auf Zuverlässigkeit und Erfahrungswissen der Investoren (Mudareb), die das Kapital einsetzen und investieren wollen. Die Rarität dieser Voraussetzungen allein ist ein Hindernis für eine weitere Ausdehnung der Mudaraba-Finanzierung durch die islamischen Banken und limitiert damit die Risiken, die der Bank erwachsen könnten.342 Eine Mudaraba-Finanzierung kann bei den verschiedensten unternehmerischen Aktivitäten der Wirtschaft praktiziert werden, d.h. in der Industrie, im Dienstleistungssektor, bei der Handelsfinanzierung und auch in der Landwirtschaft.343 Eine Mudaraba-muschtaraka ist in folgender Abbildung dargestellt. Hierbei wird deutlich, dass es zwischen den Einlegern und den Unternehmen, die durch eine islamische Bank mittels Mudaraba finanziert werden, keine Beziehung gibt. Sie sind vielmehr voneinander getrennt.344 339 340 341 342 343 344 114 AaO, S. 125. AaO, S. 127. Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, 2007, S. 64. Al-Rifaii, Islamische Banken, 2. Auflage 2007, S. 129. Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, 2007, S. 65. Al-Zuhayli, Islamische Banken, 1. Auflage, 2007, S. 72. Islamische Bank, Mudareb für die Einleger, aber Rab Al-Mal für die Investoren Kunde der Bank (Einleger) und Rab Al-Mal Al-Mudareb, der der Bank anvertraute Einlagen investiert Mudaraba-muschtaraka h.3) Al-Muscharaka 1. Zum Begriff Al-Muscharaka Der Begriff „Muscharaka“ bedeutet auf Arabisch „Partnerschaft“. Bei einem Muscharaka- Finanzierungsvertrag stellt die islamische Bank dem Kunden, der in eine unternehmerische Aktivität investieren will, Eigenkapital zur Verfügung, wobei nicht allein die islamische Bank Kapital anbietet, sondern sich auch der Kunde mit einem Betrag am zu errichtenden Unternehmen beteiligen muss.345 Im Muscharaka-Vertrag werden die Relationen der Gewinnaufteilung und auch der Aufteilung des Verlusts normalerweise gemäß der anfänglich getroffenen Vereinbarung festgelegt. Die Aufteilung der Gewinn- oder Verlustrelationen entspricht nicht notwendigerweise den jeweiligen Kapitalanteilen der Partner. Eine Muscharaka stellt eine Art der Finanzierung dar, bei der die islamische Bank keine festverzinsliche Riba fordert, wie dies bei traditionellen (westlichen) Bankkrediten der Fall ist.346 Die meistgenutzte und am besten geeignete Form von Muscharaka für islamische Banken ist die Inan-Gesellschaft.347 Darin können sich zwei Partner an dem Unternehmen beteiligen, wenn jeder von ihnen Kapital anbietet, um es gemeinsam zu investieren. Der erzielte Gewinn oder Wertanstieg sollte der im Voraus festgelegten Vereinbarung entsprechen, der Verlust aber gemäß den jeweiligen Eigenkapitalanteilen der Beteiligten aufgeteilt werden. Das Prinzip lautet: „Der Gewinn wird nach der im Voraus getroffenen Vereinbarung berechnet, der Verlust dagegen nach dem be- 345 346 347 Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, 2007, S. 65. Abu Al-Haijaa, Ilias, The Islamic Economic Global Site, http://isegs.com/forum/showthread.php?t=5325. Es gibt andere Arten für die Partnerschaft oder Partizipation und Gesellschaften im Islam, z. B. Geld-Gesellschaften (Cash Finanzierung oder Anbieten von Sachleistungen), Arbeits-Gesellschaften (Anbieten von Arbeit), Gesicht-Gesellschaften, die sich an die Person der Besitzer (oder des Geschäftsführers) oder Unternehmer der Gesellschaft selbst richten, Personen-Gesellschaften (Engagement bei Offenlegung). AlZuhayli, S. 68. 115 teiligten Eigenkapital“.348 Merkmal einer Muscharaka-Gesellschaft ist, dass beide Partner am Management mitwirken,349 deswegen haftet die Bank unbegrenzt wie eine Personenhandelgesellschaft (insbesondere eine OHG). Zur Verringerung des aus der unbegrenzten Haftung resultierenden Risikos haben die Islamgelehrten eine haftungsbeschränkte Kapitalgesellschaft akzeptiert.350 Eine Muscharaka-Finanzierung unterscheidet sich von Mudaraba wie folgt: Erstens, beide Partner (islamische Bank und ihr Kunde) haben in der Muscharaka zum Kapital des zu gründenden Unternehmens beigetragen, dagegen stellt bei einer Mudaraba ein Partner (Bank) das Kapital dem anderen Partner zu Verfügung, während dieser andere Partner sein Erfahrungswissen und sein Know how in punkto Handel und Investitionen einbringt. Zweitens, die beiden Parteien in einer Muscharaka dürfen am Management mitwirken; dagegen darf der Rab Al-Mal bei einer konventionellen Mudaraba nicht mitarbeiten und nicht in das Management einbezogen werden. Drittens, die Gewinnaufteilung erfolgt sowohl in der Mudaraba als auch in der Muscharaka nach vorheriger Vereinbarung, aber der Unterschied zeigt sich im Verlustfalle. Während in der Muscharaka alle Beteiligten den Verlust gemäß dem Beteiligungsverhältnis tragen,351 trägt bei der Mudaraba nur der Rab Al-Mal den Verlust, während der Al-Mudareb nur seine Mühe und seine Zeit als verloren ansehen muss - es sei denn, dass dem Al-Mudareb eine Nachlässigkeit nachgewiesen werden kann: Dann muss dieser für den sich ergebenden Verlust haften. 2. Arten der Muscharaka Die von islamischen Banken durchgeführten Muscharaka gibt es in der Praxis in zwei Ar- ten: Die eine heißt permanente Muscharaka, die andere diminishing Muscharaka.352 Permanente Muscharaka: Dieses Finanzierungsmodell kommt zum Tragen, wenn eine islamische Bank das Kapital in vereinbartem Umfang ausgibt, um gemeinsam mit anderen Partnern ein Unternehmen zu gründen. Alle Partner realisieren den vereinbarten Gewinn bis zum Ende dieser Muscharaka.353 Diminishing Muscharaka 348 349 350 351 352 353 116 Al-Zuhayli, Islamische Banken, 1. Auflage 2007 S. 69. Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, 2007, S. 65. Es gibt solche Rechtsformen in dem bisherigen Recht jedoch nicht, vgl. Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, 2007, S. 65. Al-Rifaii, Islamische Banken, 2. Auflage 2007, S. 117. Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, 2007, S. 65. Al-Zuhayli, Islamische Banken, 1. Auflage 2007, S. 69. Man kann diese Form als Alternative für verzinsliche Darlehen begreifen. Dabei nimmt der eine Partner Kapital in die Hand und gründet das Unternehmen mit Hilfe einer islamischen Bank, wenn er einen Bedarf an zusätzlichem Geld hat. Diese Partnerschaft ist gegenüber anderen Gesellschaften dadurch gekennzeichnet, dass sie von Anfang an nur zeitweiliger Natur ist und die Bank einen Gewinnanteil bekommt, der größer ist als ihr Anteil am Kapital, weil er aus dem vereinbarten Gewinn plus einem Äquivalent für die Kosten auf Seiten der Bank besteht. Die Kosten entsprechen den Werten der Maschinen und anderer Produktionsinstrumente sowie den Erhöhungen dieses Wertes; diese werden normalerweise ratenweise bis zum Ende der Kapitalbindung bezahlt. Daher kennzeichnet eine diminishing Muscharaka der kontinuierliche Abbau der Beteiligung seitens der islamischen Bank,354 wodurch sie beiden Partnern dient. Danach wird der Partner der einzige Inhaber des Vorhabens, und die islamische Bank erhält ihr Geld zurück.355 Diminishing Muscharaka endet entsprechend dem Vertrag meistens mit dem Übergang des Eigentums des Unternehmens an den Partner; das ist der sog. Muscharaka muntahia bittamlik. Damit wird der Partner der einzige Inhaber des Unternehmens - entweder auf einmal oder allmählich. Bei der zweiten Variante („allmählich“) muss der Ertrag auf drei Teile aufgeteilt werden: 356 Bankquote als Vergütung der Bank für die Finanzierungsoperation, Partnerquote als Vergütung für dessen Finanzierungsoperation und seine Arbeit, ein Teilbetrag für Rückzahlung der Bankbeteiligung. Eine Muscharaka-Finanzierung kann als erfolgreicher Finanzierungstyp bei den verschiedensten wirtschaftlichen Aktivitäten - z. B. im industriellen oder im landwirtschaftlichen Bereich, bei der Immobilienfinanzierung, beim Bau von Krankenhäusern usw. - eingesetzt werden. Dies lässt sich auf die Besonderheit und die Eigenschaften der Muscharaka zurückführen. Durch sie kann der Partner sein Bestreben, Eigentümer eines Unternehmens zu werden, mit Hilfe einer islamischen Bank durch Realisierung derartiger Geschäfte umsetzen. Auf Grund des erheblichen Risikogrades wird das Muscharaka-Geschäft nicht oft praktiziert (2 - 4% des Gesamtvolumens, außer im Sudan, wo die Muscharaka-Finanzierung bis 354 355 356 Gassner/Wackerbeck, Islamic Finance, 2007, S. 66. Al-Zuhayli, Islamische Banken, 1. Auflage 2007 S. 69; vgl. auch Gassner/Wackerbeck,Islamic Finance, 2007, S. 66. Dubai-Konferenz für islamische Banken vom 26. April 2007, vgl. Al-Rifaii, Islamische Banken, 2. Auflage 2007, S. 134. 117 60% des Gesamtvolumens ausmacht)357, was die Ansicht unterstützt, dass bei den meisten Mitarbeitern der islamischen Banken noch konventionelles Gedankengut vorherrscht. Um Muscharaka-Transaktionen zu fördern oder auszuweiten, kann man verschiedene Lösungen vorschlagen - entweder durch die Etablierung einer Kapitalgesellschaft, damit wird die Haftung der Bank begrenzt - oder eher noch durch Trennung der Anlegergelder voneinander, d. h. jeder Anleger sollte von Anfang an befragt werden, ob man seine Gelder in Muscharaka-Transaktionen investieren darf. Erwähnenswert ist hierbei, dass eine Muscharaka-Transaktion einen ansehnlichen Ertrag erwarten lässt, da die islamische Bank ein direkter Partner der Investition und bei dem sich ergebenden Gewinn ist. Zudem kann man bei der Muscharaka auf den Abschluss von Schuldverhältnissen mit der zusammen mit der islamischen Bank errichteten Gesellschaft verzichten - da die islamische Bank als Partner und nicht als Geld- bzw. Kreditgeber gilt - oder deren Anzahl vermindern und so zu einer solideren, gesunden Partnerschaft kommen. 1.2 Unterstellung sämtlicher Finanzinstitute unter die Zentralbank Ausnahmslos alle Finanzinstitute sind der Zentralbank nachgeordnet. Damit unterliegen alle zu errichtenden Institute denselben Anforderungen und Voraussetzungen - von der Antragstellung und Erlaubniserteilung bis hin zur laufenden Überwachung. Im Fall des Scheiterns, von Verlusten oder der Insolvenz einer Bank und bei Erlöschen der Erlaubnis muss die Zentralbank bei der Liquidation des Instituts vertreten sein bzw. beteiligt werden. Der Rat für Geld- und Kreditpolitik ist gem. § 98 i.V.m. § 96 Abschnitt 3 und § 99 Abschnitt 4 G-23 von 2002 befugt, ausführliche Anforderungen in Form verbindlicher Verordnungen bezüglich Liquidität, Bonität, Solvenz und Aktiva/Passiva-Verhältnis … usw. vorzuschreiben. Es versteht sich jedoch, dass die für Banken erlassenen Verordnungen sich von den für andere Finanzinstitute bestimmten unterscheiden. a) Mikrofinanzinstitute Bezogen auf diese Institute wurde gem. § 4 DVO358 i.V.m § 14 G-15 von 2007359 vorgeschrieben, dass die für die Erlaubniserteilung zuständige Stelle die Zentralbank und da357 358 359 118 Star-Times Magazin vom 15.08.2012, „Die islamischen Geschäfte, Al-Muscharaka“. Die Durchführungsverordnungen (Beschluss Nr. 306/mn/b1 vom 25.07.2007) wurden durch den Rat für Geld- und Kreditpolitik gem. § 14 G.D-15 erlassen, aber mussten noch durch den Ministerpräsidenten bestätigt werden. Früher war die zuständige Stelle für den Erlass solcher Durchführungsverordnungen in Bezug auf finanzielle Institute der Minister für Wirtschaft und Handel. Gesetzesdekret Nr. 15 vom 27.01.2007 bezüglich der Mikrofinanzinstitute, deren Tätigkeiten und Dienstleistungen (nach § 1 Durchführungsverordnung des Rates für Geld- und Kreditpolitik vom 25.07.2007) mit das Regierungskommissariat für die Banken ist. Darüber hinaus werden gem. § 13 G-15 die Gesetze, die diese Institute künftig berücksichtigen müssen, ausdrücklich genannt (G-28 von 2001, Handelsgesetzbuch G-149 von 1949360 und das Gesetz über die Zentralbank G-23 von 2002).361 Somit muss gem. § 8 G.D-15 die Satzung eines zu gründenden Instituts von der Zentralbank bestätigt werden. Laut § 10 G.D-15 sind Überwachung, laufende Aufsicht und Kontrolle für den Rat für Geld- und Kreditpolitik durch das für die Zentralbank zuständige Organ wahrzunehmen (das hierzu qualifizierte, eigentlich gemeinte Organ ist das Regierungskommissariat für die Banken), und demzufolge müssen die Institute diesem laufend Anzeigen erstatten (§ 13 Nr. 6 DVO spricht von zwei Halbjahresanzeigen - zum 31.01 und zum 31.07). Die Institute müssen den Mitarbeitern der Zentralbank ggf. Vor-Ort-Besichtigungen erlauben. Außerdem unterstehen nach § 10 Mikrofinanzinstitute auch der Versicherungsaufsicht bezüglich ihrer Tätigkeiten im Bereich der kleineren Versicherungsgeschäfte. b) Geldhandelshäuser und Wechselstuben 362 Der Gesetzgeber hat das Gesetz Nr. 24 vom 24. Juni 2006 für den Geldhandel erlassen. Gem. § 2 Buchstabe (b, Nr. 1 und 2) G-24 dürfen solche Unternehmen in zwei verschiedenen Rechtsformen genehmigt werden: 1) Geldhandelshäuser in der Rechtsform einer syrischen Aktiengesellschaft, und 2) Wechselstuben in der Rechtsform von Personenhandelsgesellschaften. Laut § 4 ist das Mindestanfangskapital für beide Formen unterschiedlich festgelegt worden: für Handelshäuser 250 Mio. L.S. (ca. 5 Mio US-$) und für Wechselstuben mindestens 50 Mio. L.S. (ca. 1 Mio. US-$). Der Unterschied zwischen beiden Rechtsformen besteht darin, dass Wechselstuben keine Filialen eröffnen dürfen, hingegen dürfen solche Institute drei Zweigstellen zuzüglich der Verwaltung eröffnen, ohne dass sie die vorherige Zustimmung der Zentralbank brauchen oder zuvor ihr Kapital erhöhen müssen – § 4 Buchstabe (b). Bei jeder neuen Filialeröffnung muss 360 361 362 darin bestehen, finanzielle Dienstleistungen (kleine Kreditgewährung, Einlagenentgegennahme und Versicherung der mit ihren Dienstleistungen verbundenen Kredite) einschließlich anderen finanziellen Dienstleistungen an arme Leute in der Gesellschaft zu erbringen, um armen Familien dabei zu helfen, Chancen auf Erwerb und Vermehrung von Vermögenswerte zu haben sowie eine bessere Gestaltung und Kontrolle ihrer Ausgaben zu ermöglichen. Das Mindestanfangskapital der Mikrofinanzinstitute muss 250 Mio. L.S. (ca. 5 Mio. US $) betragen. Bislang arbeitet in Syrien nur ein Institut für Mikrofinanz, mit der Bezeichnung „Das erste Mikrofinanzinstitut- Syrien“, Datum des Eintrags im Register: 18.10.2008. Zuletzt geändert durch G-33 vom 11.12.2007 und dann durch Gesetzesdekret Nr. 29 vom 16.02.2011. Zuletzt geändert durch das Gesetzesdekret Nr. 21 vom 09.02.2011, das der größeren Unabhängigkeit der Zentralbank dient. Geld-Umtauschgeschäfte sind gem. § 1 G-24 vom 24.04.2006 „Ankauf und Verkauf von Geldpapieren (Banknoten) und alle in fremden Währungen ausgestellten Zahlungsmittel und Wechsel“. 119 das Institut sein Kapital um 50 Mio. L.S. erhöhen, für Entwicklungsgebiete jedoch um nur 25 Mio. L.S. Das vollständige Anfangskapital muss nach § 4 Buchstabe (g) auf einmal bei der Zentralbank eingezahlt werden. Geldhandelshäuser müssen gem. § 4 Buchstabe (d) eine permanente Barreserve (liquide Reserve) halten, die gesetzlich 25% des Eigenkapitals und ihrer Reserven entspricht. Diese liquide Reserve muss als Einlage im Namen des Unternehmens bei einer von der Zentralbank akzeptierten Bank gehalten werden - § 4 Buchstabe (d). In § 16 G-24 wurde ausdrücklich vorgesehen, dass die Zentralbank die Aufsicht über die Geldhandelshäuser übernimmt. Daher müssen alle von diesem Gesetz betroffenen Unternehmen die Beschlüsse, Maßnahmen und Verordnungen der Zentralbank einhalten und dieser regelmäßig Auskünfte erteilen und Anzeigen erstatten. Zudem müssen diese Unternehmen Geschäftsbücher im Einklang mit den Vorschriften der Zentralbank führen; dabei müssen sie den aktuellen, fortgeschrittenen internationalen Rechnungsstandards folgen.363 § 12 Buchstabe (a) G-24 verbietet Geldhandelshäusern und Wechselstuben das Betreiben von Bankgeschäften (Kontoeröffnung, Annahme von Einlagen, Kreditgewährung, Diskontgeschäft, Termingeschäft, Akkreditivgeschäft, Bürgschaftskredite, usw.). Die Sanktionen bei Verletzung dieses Verbots reichen bis zum Entzug der Lizenz und dem Erlöschen der Erlaubnis. Das Regierungskommissariat für die Banken verfügt in seiner Eigenschaft als Finanzaufsichtsbehörde über mehrere für diese Aufgaben zuständige Abteilungen: Abteilung für Aufsicht über die konventionellen privaten und öffentlichen Banken, Abteilung für die Aufsicht über die islamischen Banken, Abteilung für Erlaubniserteilung und Registrierung, Abteilung für die laufende Überwachung (sämtlicher finanziellen Institute), Abteilung für sonstige Finanzinstitute (Geldhandelshäuser und Mikrofinanzinstitute), Abteilung für Bankrisiken und die Sammlung von Informationen über Kunden des Bankensektors - und schließlich Abteilung für Forschung und Entwicklung. Daraus kann man den Schluss ziehen, dass Geldhandelshäuser und -gesellschaften nicht denselben Bankenaufsichtsregeln unterliegen, obwohl sie derselben Behörde bei der Zentralbank unterworfen sind, da sich ihre Geschäfte von Bankgeschäften vollständig unterscheiden. So dürfen diese Unternehmen keine Bankgeschäfte betreiben, aber umgekehrt dürfen Banken Geldhandels- oder -umtauschgeschäfte betreiben (§ 12 Nr. 10 G-28 vom 16.04.2001). 363 120 Geld-Umtauschunternehmen müssen nach § 16 Buchstabe (g) G-24, gemäß der von der Zentralbank vorgeschriebenen Muster, binnen drei Monaten den Jahresabschluss der Zentralbank vorlegen, gleichwohl darf die Zentralbank die Besichtigung vor Ort (betr. Dokumente, Register oder Daten) oder durch ihre Mitarbeiter und auch durch einen gesetzlichen Prüfer vornehmen. c) Investmentbanken Am 25. Juli 2010 erließ der Präsident das Gesetzesdekret364 Nr. 56, das für die Invest- mentbanken gilt. Der Begriff „Investmentbank“ ist nach § 2 G.D-56 definiert als „Finanzinstitution, die Investmenttätigkeiten sowohl für den Privatsektor als auch für den öffentlichrechtlichen Sektor (Körperschaften) realisiert, Investitionen finanziert oder dazu beiträgt, wirtschaftliche Beratung und Sicherungsgeschäfte durchführt und an der Etablierung von Unternehmen (Gründungsinvestitionen) im Sinne dieses Gesetzes mitwirkt.“ Nach § 3 G.D-56 folgt die Errichtung von Investmentbanken denselben Rechtsformen, Grundsätzen, Regelungen und Verfahren wie den im G-28 vom 16.04.2001 dazu fixierten Regeln. Die Bankerlaubnis wird daher vom Ministerrat auf Grund eines Vorschlags der Zentralbank und der Empfehlung des Rates für Geld- und Kreditpolitik erteilt.365 Hinsichtlich der Überwachung der diesbezüglichen Institute wird gem. § 19 Nr. 1, 2, 3 und 4 G.D-56 vorgeschrieben, dass die Zentralbank (nach Nr. 1) durch das Regierungskommissariat die laufende Überwachung nach Maßgabe dieses Gesetzesdekrets ausübt. Die Zentralbank überprüft gegebenenfalls gem. Nr. 2 durch den Prüfer der Bank oder einen beauftragten Wirtschaftsprüfer die von der Bank geführten Bücher, den Jahresabschluss, die Unterlagen und die Korrespondenz. Damit kann die Zentralbank die Aktivitäten der Bank kontrollieren. Nach Nr. 3 ist die Zentralbank - wenn nötig - befugt, geeignete Maßnahmen gegenüber der Bank zu ergreifen, um die Kunden, andere Beteiligten und Gläubiger vor Verlusten zu schützen. Sie darf zudem sogar gefährliche oder riskante Operationen (Geschäfte oder Finanzierungen) untersagen, wenn diese ein Risiko für die Bonität oder die Liquidität der Bank darstellen würde (Nr. 4). Erlischt die Banklizenz nach Maßgabe dieses Gesetzesdekrets mittels eines Beschlusses des Ministerrates auf Grund eines Vorschlages des Rates für Geld- und Kreditpolitik, so darf dies nur nach einer Einsichtnahme in die Bücher der betroffenen Bank und nach Anhörung ihrer Auffassung zu den aufgeworfenen Fragen und Ursachen des Erlöschens erfolgen (§ 23). Das Erlöschen der Bankerlaubnis findet nach § 23 Nr. 1 bis 7 G.D-56 in folgenden Fällen statt: bei Abgabe irreführender Anzeigen und Informationen an die Zentralbank (Nr. 2), bei teilweisem oder gänzlichem Einstellen der Arbeit der Bank aus Gründen höherer Gewalt, so dass sie binnen eines Jahres ihre Arbeit in einer stabilen Weise nicht fortsetzen könnte (Nr. 3), 364 365 Der Präsident ist gemäß § 121 Nr. 1, 2 und 4 der Verfassung der arabischen Republik Syrien in bestimmten Fällen ermächtigt, Gesetzesdekrete zu erlassen. Früher war der Erlaubniserteilung die Zustimmung des Ministeriums für Wirtschaft und Handel beizufügen, aber zurzeit ist dies nicht mehr nötig. Nun ist die Zentralbank in Syrien direkt dem Ministerpräsident zugeordnet, gem. § 1 Nr. 1 G.D-21 von 2011. 121 wenn sie ihre Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern nicht nachkommen könnte (Nr. 4), bei Abnahme ihrer Liquidität in einem gefährlich hohem Maße (nach Einschätzung des Rates für Geld- und Kreditpolitik) (Nr. 5), bei Unterschreiten des geforderten Eigenkapitalminimums (Nr. 6), bei häufigen Verstößen gegen die Satzungen, Gesetze und Verordnungen (Nr. 7). Bislang wurde keine Investmentbank für den syrischen Finanzmarkt zugelassen, obwohl das einschlägige Gesetzesdekret – wie oben angegeben - am 25.07.2010 ergangen ist. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass das geforderte Anfangskapital für diese Banken sehr hoch ist. Laut § 6 Nr. 1 G.D-56 muss das Mindestanfangskapital 20 Mrd. L.S.366 betragen und vor Beginn des Aufnahme der Geschäfte eingezahlt werden (§ 6 Nr. 2). d) In Freihandelszonen tätige Banken Auf Grund von § 89 G-23 vom 17.03.2002 hat der Rat für Geld- und Kreditpolitik die RVO Nr. 78 vom 31. Oktober 2004 erlassen. Damit sind in Freihandelszonen tätige Banken den Beschlüssen und Verordnungen der syrischen Bankenaufsichtsbehörden unterworfen worden (gem. § 1). Es ist darauf hinzuweisen, dass § 89 G-23 nicht klar formuliert und in Detailfragen nicht eindeutig ist. Um diese Aussage zu bestätigen, ist es erforderlich, die genaue Übersetzung des § 89 anzuführen: „Banken in Freihandelszonen unterliegen gesonderten Vorschriften sowie den bankaufsichtlichen Vorschriften, die durch dieses Gesetz (G-23 von 2002) vorgeschrieben werden“. Zudem unterwirft dieser Artikel gem. der RVO Nr. 78 in Freihandelszonen tätige Banken den einschlägigen gültigen Geldwäsche-Vorschriften.367 Am 12.12.2007 erließ der Rat für Geld- und Kreditpolitik eine neue Verordnung Nr. 344 für diese Banken. Nach § 1 dieser Vorschrift muss die Erlaubnis für in Freihandelzonen tätige Banken gelöscht werden, und diese müssen sich in die Rechtsform von Zweigstellen der in Syrien zugelassenen Banken umwandeln. Die betroffenen Banken müssen nach § 2 der Ordnung binnen sechs Monaten ihren Status dem Inhalt dieser Verordnung anpassen. Die Absicht des Rates besteht darin, die erlassenen bankaufsichtlichen Regelungen und Verordnungen auf alle in Syrien bestehenden Banken ausnahmslos und einheitlich anzuwenden. 366 367 122 20 Mrd. L.S. betragen ungefähr 400 Mio. US $ (gerechnet im 2009). Syrische Zentralbank-Website: http://www.banquecentrale.gov.sy/main-ar.htm 1.3 Repräsentanzen Das syrische Gesetz enthält nur einen einzigen, kleinen Satz über die Repräsentanzen (§ 86 Nr. 3 G-23 Nr. 3).368 Nach § 86 Nr. 3 unterliegen zu gründende Repräsentanzen ausländischer Banken der Bankenaufsicht. Es gibt für Repräsentanzen keinen gesetzlichen Regelungen, die vom Rat für Geld- und Kreditpolitik erlassen wurde. Die Institution/das Unternehmen muss einen auf Arabisch verfassten Antrag an die Zentralbank und an das Regierungskommissariat für die Banken stellen. Der Antrag muss ausführliche Angaben über das beantragende Institut enthalten (Namen der Vorstandsmitglieder und des Generaldirektors, Zweigstellen, erhebliche Beteiligungen … usw.). Darüber hinaus muss die Zustimmung der zuständigen ausländischen Aufsichtsbehörde beigefügt werden. Der Geschäftsführer der Repräsentanz muss dieselben Anforderungen erfüllen, die auch für die Vorstandsmitglieder und den Generaldirektor gelten. Es wird vorausgesetzt, dass das antragstellende Institut praktisch mindestens fünf Jahre lang seine Tätigkeit ausübt. Der Repräsentant muss eine Gebühr bezahlen. Er darf seine Funktion nur aufnehmen, wenn er in das bei dem Regierungskommissariat geführte Register eingeschrieben ist. Die Durchführungsverordnung verpflichtet den Repräsentanten alle drei Monate zu einer ausführlichen Anzeige. Zudem muss er die ihm zugegangenen Geldüberweisungen der Zentralbank (dem Regierungskommissariat) gegenüber erklären. Die Repräsentanz hat aktuelle Veränderungen ihres Instituts beim Regierungskommissariat anzuzeigen. 1.4 Ausnahmen Die einzige Ausnahme von der Unterstellung von Unternehmen und Instituten unter die Vorschriften der Bankenaufsicht ist nicht in G-28 von 2001, sondern in G-23 von 2002 geregelt. Danach sind diese allgemein betroffenen Anstalten befreit von der Anwendung der G23-Vorschriften und demzufolge von der Unterstellung unter die Bankaufsichtsbehörde. Ausnahmen gem. § 88 G-23 gelten für finanzielle Institutionen und Genossenschaften, deren Haupttätigkeit sich auf die Annahme von Geldern - jedoch nur von ihren Filialen und Mitgliedern - beschränkt. Diese Regelung zur Annahme von Mitgliedergeldern bezweckt die Konzentration des Vermögens und die ordnungsgemäße Verwaltung solcher Gelder. Vorausgesetzt ist, dass diese Institutionen dieses Geld nicht regelmäßig in Bankgeschäften mit NichtAngehörigen (d.h. nur mit ihren Zweigstellen und den Mitgliedern) einsetzt. 368 § 86 Erster Abschnitt vierter Teil G-23 von 2002, der Abschnitt lautet: „der Beruf von Banken, Geldwechselinstituten und Finanzen“. 123 Daher unterliegen alle Genossenschaften (landwirtschaftliche, gewerbliche, berufliche, industrielle usw.) nicht der Bankenaufsicht. Trotz der Unklarheit des § 88 kann auch auf die Nichteinbeziehung von Mitgliedern der Rentenversicherung geschlossen werden. Die Gesetze für die Versicherungsinstitute wurden erst später - 2005 – erlassen. Diese unterliegen danach der Beaufsichtigung durch eine andere, spezifische Stelle (genannt: Versicherungsaufsichtsbehörde). Obwohl die Zentralbank eine Bank ist und zudem als Kaufmann im Verhältnis zu Anderen gilt,369 untersteht sie selbst nicht der Bankenaufsicht. Dies ist auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen: Auf den Begriff der Zentralbank gem. § 51 Nr. 1 G-23: „Sie ist eine öffentliche Anstalt, die finanziell und administrativ unabhängig ist; sie übernimmt die Durchsetzung der staatlichen Geldpolitik, die von der Regierung über den Rat für Geld- und Kreditpolitik bestimmt wird“.370 In § 51 Nr. 2 G-23 letzter Satz wurde die Unterwerfung der Zentralbank unter die staatlichen öffentlichen Abrechnungssysteme - gemäß der internationalen Standards - ausdrücklich ausgeschlossen. Die Zentralbank ist die zuständige Bankenaufsichtsbehörde. Der Rat für Geld- und Kreditpolitik übt die Beaufsichtigung über die Banken durch das Regierungskommissariat für die Banken aus (§ 3 Nr. 6 G.D-21 vom 09.02.2011)371. Das Regierungskommissariat ist eine Abteilung der Zentralbank. 1.5 Verbotene Geschäfte Nach § 20 G-28 von 2001 sind für Banken folgende Geschäfte verboten: Ausübung von industriellen oder Handelsgeschäften oder (andere) Tätigkeiten, die nicht Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen gemäß diesem Gesetz sind, Beteiligung an industriellen, kommerziellen, landwirtschaftlichen, Service- oder Tourismus-Instituten oder –Gesellschaften, und Erbringung von Dienstleistungen und Stellung von Akkreditiven für Vorstands-mitglieder, Generaldirektoren, externe Prüfer oder Wirtschaftsprüfer der Bank oder staatliche Beamte, die die laufende unmittelbare Überwachung und Beaufsichtigung wahrnehmen müssen. 369 370 371 124 § 51 Nr. 2 G-23 von 2002. § 51 Erster Abschnitt Dritter Teil G-23 (Syrische Zentralbank). Der ehemalige § 1 Nr. 2 Buchstabe (H) G-23 sieht vor, dass der Rat die Bankenaufsicht durch die Zentralbank ausübt. Mit dessen Änderung wurde der Regierungskommissar für die Banken direkt statt früher die Zentralbank genannt. 2 Der Aufsicht unterliegende natürliche Personen Der syrische Gesetzgeber hat in § 1 G-28 von 2001 vorgesehen, dass nur juristische Personen eine Banklizenz erhalten dürfen. Natürliche Personen unterliegen aber in einer mittelbaren Form der Bankenaufsicht. Diese Frage ist wichtig - insbesondere für Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder, den Generaldirektor und seine Stellvertreter, Filialleiter und Bevollmächtigte der Bank. Dem Augenmerk der Bankenaufsichtsbehörde unterworfen ist das Verhalten natürlicher Personen bezüglich der Überprüfung ihrer Qualifikation und ihrer Zuverlässigkeit gem. § 13 (A und B) G-28 und § 16 G.D-21 von 2011 im Hinblick auf die dauerhafte Einhaltung der Gesetze und Verordnungen durch den Rat für Geld- und Kreditpolitik. Der Rat kann Geldstrafen sowie administrative Sanktionen gegen die Institution und auch die natürlichen Personen verhängen. Auch kann der Rat entsprechende Maßnahmen gegen das Institut selbst ergreifen. Daraus ist zu entnehmen, dass die Aufsichtsbehörde die Einstellung einer der genannten Personen verweigern, verhindern oder diese später nach Übernahme von Verantwortung wieder abberufen kann. Nach §§ 102, 103 G-23 von 2002 ist es verboten, natürliche Personen, die in kriminelle Aktivitäten verwickelt sind (oder waren), zu Vorstandsmitgliedern oder Generaldirektoren usw. zu berufen, und das gilt für alle Zeit - sowohl für die Zeit vor als auch die nach der Übernahme von Verantwortung bei der Bank. 125 C. Zusammenfassung und Vergleich Im Ergebnis der Untersuchung beider Rechtssysteme können einige Ähnlichkeiten und Un- terschiede zwischen diesen festgestellt werden. Der sachliche Geltungsbereich der Bankenaufsicht beruht in Deutschland in erster Linie auf einer Legaldefinition von „Kredit“- oder „Finanzdienstleistungsinstitut“ mit beigegebener Charakterisierung seiner Eigenschaften und Funktionen. Der Definition kann entnommen werden, dass ein Unternehmen als Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut gilt und demzufolge der Bankenaufsicht unterworfen ist, wenn es eines der im Katalog (nach § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 1a Satz 2, 3 KWG) aufgezählten Bankgeschäfte bzw. Finanzdienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreibt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 1 Abs. 1, Abs. 1a KWG). Ein Unternehmen gilt als „(Kredit-)Institut“ beim Vorliegen der im Begriff genannten Eigenschaften unabhängig davon, ob dieses Unternehmen die entsprechende schriftliche Bankerlaubnis gemäß § 32 KWG besitzt oder nicht. Dagegen ist der Hauptanknüpfungspunkt für die Bankenaufsichtsbehörde in Syrien, dass das zu beaufsichtigende Unternehmen schon eine Bankerlaubnis besitzt und in das Bankenregister eingeschrieben wurde. Das Gesetz Nr. 28 von 2001 enthält keine Legaldefinition für Bank; dagegen besagt es, was darunter verstanden werden soll, dass die in Syrien zu gründende Bank eine Universalbank, d. h. keine Spezialbank ist (das gilt nur für neue Privatbanken gemäß G-28). Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen wurden in § 12 G-28 explizit aufgeführt. Im Gegensatz zur Privatbank enthält das Gesetzesdekret Nr. 35 von 2005 eine konkrete Definition für „Islamische Bank“. Zudem schließt G.D-35 die islamischen Finanzdienstleistungen und Bankgeschäfte in § 7 ein. Dabei kann festgestellt werden, dass die Bankerlaubnis die entscheidende Rolle bei der Unterwerfung von Gesellschaften/ Unternehmen unter die Bankenaufsicht spielt. Bei Nichtvorliegen einer Erlaubnis darf die Gesellschaft keine Bankgeschäfte betreiben. Obwohl der Gesetzgeber hierzu keine Sondervorschrift im G28 von 2001 erlassen hat, hat er in den §§ 92, 93 und 94 G-23 dieses Verbot ohne Erwähnung von Maßregeln vorgeschrieben. Für diesen Fall jedoch soll auf die allgemeinen Vorschriften, insbesondere auf das G-8372 von 1994, zurückgegriffen werden. Danach können solche Tätig- 372 126 Gesetz bezüglich der unzulässigen Geld-Sammlung, danach ist die Sammlung von Geldern des Publikums für die natürlichen und juristischen Personen, denen keine Erlaubnis erteilt ist, als verboten anzusehen. Es enthält vielmehr als Ahndung für den Verstoß gegen seine Vorschriften Bußgeldstrafe und auch Freiheitsstrafe. keiten nicht der Bankenaufsicht unterliegen, sondern müssen bestraft werden. Letztlich ist unverzichtbar für die Unterwerfung unter die Bankenaufsicht eine formell behördliche schriftliche Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften oder zur Erbringung der Finanzdienstleistungen. Das deutsche KWG enthält in § 1 einen Katalog, dem entnommen werden kann, welche Geschäfte einem Unternehmen die Eigenschaft „Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut“ geben können. Dasselbe gilt für die syrischen Gesetze, d.h. es gibt einen Katalog in § 12 Nr. 1 - 13 G-28 und in den später hinzugekommen §§ 85, 86 G-23. Mit dem Erlass von G.D-35 für islamische Banken 2005 wurde ein neuer Katalog von Geschäften und Finanzdienstleistungen in den syrischen Markt eingeführt. Islamische Banken und ihre Geschäfte bzw. Finanzdienstleistungen sind seither ebenfalls kennzeichnend für den syrischen Bankenmarkt. Überdies schließt das deutsche KWG verschiedene Legaldefinitionen für Unternehmen, Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut und Finanzunternehmen ein. In Deutschland gibt es eine gewisse Abgrenzung zwischen Kreditinstitut und Finanzdienstleistungsinstitut oder Finanzunternehmen. Kapitalanlagegesellschaften unterliegen aber nach Inkrafttreten des Investment(änderungs)gesetzes 373 nicht mehr der Bankenaufsicht. Im Gegensatz dazu werden in Syrien dem sachlichen Geltungsbereich der Bankenaufsicht nur Banken in der Rechtsform von Aktiengesellschaften unterworfen. Kleinere Firmen und Unternehmen sind bisher gesetzlich nicht bekannt und der Gesetzgeber hat kleine Finanzgesellschaften noch nicht erlaubt oder sie sind davon nicht betroffen. In Syrien zu errichtende Banken haben ein erheblich höheres Anfangskapital zur Voraussetzung. Darin liegt die relativ geringe Zahl der der Bankenaufsicht unterworfenen Banken begründet. Investmentbanken oder Banken für Investitionen unterstehen gesetzlich genauso wie andere Banken der Überwachung durch die Bankenaufsicht nach G-56 von 2010. Beide Rechtssysteme unterstellen grenzüberschreitende Bankgeschäfte bzw. Finanzdienstleistungen inländischer Banken der nationalen Bankenaufsicht. Dies stellt eine Garantie für inländische Aktionäre und Gläubiger der Bank/des Instituts dar. Das Kriterium für die Feststellung, ob das Institut/die Bank als in- oder als ausländische einzustufen ist, ist der Ort des Hauptsitzes der Bank/des Instituts. Eine sehr wichtige Tatsache für die Ausweitung des Geltungsbereichs der Bankenaufsicht in Deutschland ist die Mitgliedschaft in der EU bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum. Dem373 BGBl. 2007 I, S. 3089. 127 entsprechend hat Deutschland die in Europa erlassenen Koordinierungsrichtlinien für das Bankwesen einzuhalten und umzusetzen; für die europäischen Kreditinstitute ist insbesondere die Verankerung des sog. Europäischen Passes im deutschen Gesetz (durch die 4. KWGNovelle von 1993) wichtig. Dazu wurde § 53b KWG bezüglich der Zweigniederlassungen von Unternehmen mit Sitz in einem anderen EWR-Staat erlassen. Damit sind Kreditinstitute und Wertpapierhandelsunternehmen, die über eine Zweigniederlassung oder im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs in Deutschland Geschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen, dank der europaweiten Anerkennung von Erlaubniserteilungen und der Beaufsichtigung nach dem Herkunftslandprinzip - in allen EWR-Staaten – gleich zu beurteilen. Nach § 53 KWG müssen dagegen Zweigstellen von Unternehmen eines Drittstaates eine einschlägige Erlaubnis vor Aufnahme der Banktätigkeit erhalten, da die Zweigstelle ausländischer Kreditinstitute nach § 53 KWG als inländisches (deutsches) Kreditinstitut oder Finanzdienstleister gilt. Im Gegensatz zu Deutschland gehört Syrien gegenwärtig oder in absehbarer Zeit nicht zu einer derartigen Organisation oder zu einem solchen Wirtschaftsraum (wie EU oder EWR). Daher müssen ausländische Kreditinstitute, die den Eintritt in den syrischen Bank-Markt beabsichtigen, eine schriftliche Erlaubnis zu denselben Bedingungen, wie sie für syrische Gesellschaften gelten, beantragen/besitzen. Nach beiden Rechtsordnungen ist kein Unterschied zwischen selbstständigen ausländischen Tochterbanken zu erkennen; sie unterliegen im vollen Umfang den Vorschriften der jeweils zuständigen Bankenaufsicht, da sie auf Grund der erteilten Erlaubnis juristische Personen nationalen Rechts sind (§ 32 KWG, § 3 G-28 von 2001). Beide Länder setzen für die Zulassung ausländischer Institute voraus, dass diese Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen im Inland betreiben/erbringen - mit vorheriger Zustimmung der jeweils im Herkunftsland zuständigen Bankenaufsichtsbehörde. Repräsentanzen ausländischer Kreditinstitute in Deutschland unterstehen nach § 53a KWG nur der Anzeigepflicht gegenüber der Bundesbank und der BaFin. Sie sind dem Gesetz zufolge lediglich zur Registrierung verpflichtet. In Syrien dagegen müssen Repräsentanzen eine Erlaubnis mit ausführlichen Angaben und Informationen über das ausländische Institut, das sie repräsentieren, beantragen. Darüber hinaus unterliegen Repräsentanzen der syrischen Bankenaufsicht und natürlich auch der Anzeigepflicht (§ 86 G-23). 128 Das deutsche Kreditwesengesetz nennt in § 2 explizit bestimmte Anstalten und Einrichtungen oder Unternehmen als Ausnahmen vom Geltungsbereich der Bankenaufsicht, obwohl sie die Eigenschaft, Kreditinstitut zu sein, erfüllt haben. Dagegen enthält das derzeitige syrische Gesetz nur einen einzigen diesbezüglichen Artikel (§ 88 G-23), in dem sich aber keine namentliche Erwähnung bestimmter Anstalten, Einrichtungen oder Unternehmen - als Ausnahme von der Anwendung der bankaufsichtlichen Vorschriften - findet. Im deutschen KWG sind in § 3 bestimmte für Kreditinstitute verbotene Geschäfte beschrieben. Währenddessen sind in Syrien den Instituten lediglich allgemeine wirtschaftliche Aktivitäten und Arbeitsarten verboten (§ 20 G-28 von 2001) - solche, die nicht als Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen bezeichnet werden können. Zudem enthält § 20 ein klares Verbot, Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen dem (eigenen) Generaldirektor und den Vorstandsmitgliedern der Bank zu offerieren. Beide Rechtsordnungen enthalten spezielle Vorschriften für natürliche Personen, die die Verwaltung, Vertretung und Geschäftsführung des Kreditinstituts bzw. der Bank übernehmen. Gleichwohl gehen die syrischen Gesetze erheblich weiter, insofern als auch andere Angestellte und Prüfer in den Rahmen der Vorschriften eingeschlossen sind. Zudem unterliegen islamische Banken (nicht nur in Syrien) der durch das Scharia-Board ausgeübten Bankenaufsicht: Es wurde festgestellt, dass eine Murabaha-Finanzierung sich aus zwei Kaufverträgen zusammensetzt: Der erste besteht zwischen der islamischen Bank und dem Verkäufer des Gegenstands, der andere zwischen der islamischen Bank und ihrem Kunden. Daher geht das Eigentum der Sache vorübergehend auf die Bank über. Die islamische Bank trägt das sich durch den Eigentumsübergang ergebende Risiko (Schaden an der gekauften Sache, Qualitätsmangel). Daher steht der islamischen Bank der Gewinn zu – nicht, weil sie das Geld an Kunden verliehen hat. Islamische Banken verlangen gemäß islamischem Recht (Scharia) bei Verzug oder bei nicht pünktlicher Ratenzahlung keine Verzögerungszinsen (Wucher), weil dies als nach der Scharia ausdrücklich verbotene Riba gilt. Im Gegensatz dazu besteht ein normales, konventionelles Kreditgeschäft aus einem einzigen Vertrag; dieser besteht unmittelbar zwischen dem Kreditgeber (Bank) und dem Kunden. Bei einem konventionellen Kreditgeschäft geht das Eigentum auch sofort und direkt an den Kunden über, ohne dass die konventionelle Bank Inhaber oder Besitzer der Gegenstände sein muss, diese könnten sich manchmal mit Gefahren (z.B. kein Kaufen, versteckter Schaden des 129 Gegenstands) für islamischen Banken verbunden sein. Infolgedessen tragen konventionelle Banken derartige Risiken nicht. Die Rolle der konventionellen Banken beschränkt sich auf die Kreditvergabe. Darüber hinaus sind die Kunden bei Verzug mit der Zahlung der vereinbarten Kreditraten verpflichtet, den konventionellen Banken die gesetzlichen oder die im Kreditvertrag festgelegten Verzögerungszinsen zusätzlich zu zahlen. Eine Mudaraba-Finanzierung unterscheidet sich von konventionellen Bankgeschäften und Investitionen in einer wesentlichen Eigenschaft, die in der Möglichkeit des Verlusts des Rab Al-Mal besteht. Der Rab Al-Mal verliert in einer Mudaraba ggf. einen Teil des Kapitals oder gar das gesamte Kapital, das in das Projekt investiert wurde. Dagegen verliert der Al-Mudareb lediglich seinen Arbeits- und Zeiteinsatz, da der Al-Mudareb keine Garantie für den Verlust gegenüber seinem Partner anbieten darf. Das heißt, dass eine Mudaraba eine Beteiligung in beiden Richtungen - sowohl beim Gewinn, möglicherweise aber auch beim Verlust für beide Parteien - beschreibt. Eine Garantie besteht für einen alleinigen Gewinn absolut nicht. Im Gegensatz dazu haben konventionelle Bankgeschäfte keine solchen Eigenschaften, da die Geldgeber - sowohl die Einleger oder Sparer als auch die Bank - bei der Gewährung von Krediten ihr Geld mitsamt den vereinbarten Zinsen am Ende des Kreditvertrages zurückerhalten - unabhängig davon, ob der Kredit bzw. die mit ihm finanzierte Investition Gewinn erzielt oder Verlust macht. Eine Garantie schließt das ursprüngliche Kapital und den festgelegten Zinssatz ein. Eine Gegenüberstellung zwischen Muscharaka-Finanzierung und anderen konventionellen Bankgeschäften und Finanzierungen zeigt den erheblichen Unterschied zwischen islamischen und konventionellen Banken. Während bei einer Muscharaka die islamische Bank sowohl am Kapital, am Management, am erzielten Gewinn als auch am Verlust beteiligt ist, beschränkt sich bei konventionellen Bank-Finanzierungen die Rolle der Bank auf die Gewährung von Geld oder Kapital mittels Kredit. Konventionelle Banken erzielen ihren Gewinn in Form der im Voraus im Vertrag festgelegten Zinsen. Ein Verlust kann bei konventionellen Banken nur eintreten, wenn der Kreditnehmer (Kunde) seinen Kredit nicht zurückzahlt, bzw. im Falle seiner Insolvenz. Eine Gewährung von Kredit berechtigt konventionelle Banken nicht zur Mitwirkung im Management des finanzierten Unternehmens. Völlig anders ist dies bei der Muscharaka-Finanzierung, in der beiden Partnern die Teilnahme am Management zusteht. Bei der normalen, 130 älteren Form haften beide Partner in unbegrenztem Umfang, die Verluste dagegen beschränken sich bei einer konventionellen Bank maximal auf den gewährten Kredit. Eine Muscharaka-Finanzierung mündet in einer realen Investition, womit Schuldenaffären und -verhältnisse (seitens des Geldnehmers zugunsten des Geldgebers oder i.a.W. Partnerschaft statt einer Kreditvergabe) vermieden werden können. Im Gegensatz dazu leistet das normale traditionelle Darlehen durch seinen höheren Zinssatz der Inflation Vorschub, was zu erheblichen wirtschaftlichen Problemen führen könnte. 131 Teil III Banklizenz A. Bundesrepublik Deutschland 1 Erlaubnispflicht Einleitung Die Finanzkrise von 1931 veranlasste den deutschen Gesetzgeber, das Betreiben von Bankgeschäften vom Erwerb einer staatlichen Erlaubnis abhängig zu machen; deswegen wurde diese Voraussetzung - erstmals mit dem Reichs-KWG von 1934374 - eingeführt. Seither wurde die Erlaubnispflicht in alle Novellierungen dieses Gesetzes übernommen.375 Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG dürfen Kredit- und andere Institute im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen gewerbsmäßig oder ab bestimmtem Umfang (gem. § 1 Abs. 1 KWG), nur dann betreiben bzw. erbringen, wenn sie eine entsprechende, (seit 2002) von der BaFin erteilte schriftliche Erlaubnis dazu besitzen. Die 1961 von der Regierung gegebene Begründung für diese seit Erlass des KWG bestehende Regelung legte den Zweck der Erlaubnispflicht dar: “Der Gesetzeszweck verlangt, dass nur solche Unternehmen Bankgeschäfte betreiben dürfen, die personell und finanziell die Gewähr für eine ordnungsmäßige Geschäftsführung bieten. Das Erlaubnisverfahren ermöglicht es, das Eindringen ungeeigneter Personen oder unzulänglich fundierter Unternehmen in das Kreditgewerbe zu verhindern“.376 Aber die Erteilung einer solchen Erlaubnis und die Einstufung als Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut sind voneinander selbstständig bzw. nicht aneinander gebunden: Betreibt z.B. ein Unternehmen Geschäfte gem. § 1 KWG, so gilt es als Kreditinstitut, auch wenn es keine entsprechende Erlaubnis besitzt; besitzt ein Unternehmen aber eine Erlaubnis, so wird es durch diese Erlaubnis nicht zum Kreditinstitut, wenn es keine Bankgeschäfte betreibt.377 374 375 376 377 132 Reichsgesetz über das Kreditwesen vom 05.12.1934 (RGBl. I S. 1203), unter der Geltung des GG. neu am 10.07.1961 „Gesetz über das Kreditwesen“ (KWG) genannt (BGBl. I S. 881). Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 32 KWG NR. 1; Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 32 RN. 1. Begründungsregierung. E, VII, 1- Kza 575, S. 14-, zitiert nach Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 32 KWG RN. 2. Szagunn/Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen, 5. Auflage § 32 RN. 2, S. 446. Die Erlaubnis muss nach dem Gesetz vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit oder vor Beginn der Bankgeschäfte bzw. Finanzdienstleistungen eingeholt sein, auch vor der Einführung von Veränderungen, betreffend die Art der betriebenen Geschäfte, einen Wechsel des Erlaubnisinhabers oder des Rechtsträgers sowie im Falle von Umwandlungen, z.B. einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft usw.378. Dem ist hinzuzufügen, dass a u ß e r der Errichtung eines Bank- oder Finanzdienstleistungsinstituts auch die Aufnahme von Bank- oder Finanzgeschäften i.S.v. § 1 KWG durch ein bereits bestehendes Unternehmen erlaubnisbedürftig sind, ebenso die Erweiterung eines bankgeschäftlichen Unternehmens bis zu einem im § 1 bezeichneten Umfang bzw. darüber hinaus.379 Das Betreiben von Bankgeschäften ohne Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 wird gem. § 54 KWG mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet. Werden ohne die nach § 32 erforderliche Erlaubnis Bankgeschäfte betrieben oder Finanzdienstleistungen erbracht, kann die BaFin die sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebs und die unverzügliche Abwicklung dieser Geschäfte gegen das Unternehmen und gegen Mitglieder seiner Organe anordnen.380 Die in § 2 Abs. 1, 6 und 10 KWG aufgezählten Anstalten und Unternehmen bedürfen keiner Erlaubnis, da sie, unmittelbar kraft Gesetzes, von der Definition als Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute ausgenommen wurden, daher findet § 32 KWG in diesem Bezug keine Anwendung.381 Namentlich die Errichtung einer Zweigstelle durch inländische Kreditinstitute bedarf keiner Erlaubnis382 (dies ist gem. § 24 Abs. 1 Nr. 7 KWG nur anzeigepflichtig). Darüber hinaus kann die BaFin bestimmte Unternehmen von der Erlaubnispflicht freistellen, wenn diese wegen der Art der von ihnen getätigten Geschäfte keiner Aufsicht bedürfen (§ 2 Abs. 4 und 5 KWG).383 Nach § 53b KWG bedürfen Unternehmen mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums ebenfalls keiner Erlaubnis, wenn sie über eine Zweigniederlassung oder im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs in Deutschland Bankge- 378 379 380 381 382 383 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 32 RN. 5; vgl. auch Szagunn/Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen, 5. Auflage § 32 NR. 12. Bähre/Schneider, KWG, Kommentar 3. Auflage zu § 32 NR. 3 S. 375. § 37 KWG. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 32 RN. 11. Szagunn/Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen. 5. Auflage § 32 NR. 8 S. 449. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 32 RN. 11. 133 schäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen384; dies gilt auch für Repräsentanzen von Instituten mit Sitz im Ausland gem. § 53a KWG. Nach § 32 Abs. 2 KWG kann die BaFin die Erlaubnis unter Auflagen erteilen, wie z.B. Beschränkung der Erlaubnis auf bestimmte oder einzelne Bankgeschäfte bzw. Finanzdienstleistungen (Satz 2). 1.1 Träger der Erlaubnis Der Erlaubnis bedarf nach § 32 Abs. 1 Satz 1, „wer im Inland … Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will.“ Die Erlaubnis wird grundsätzlich einer voll geschäftsfähigen natürlichen oder juristischen Person gewährt.385 Aber es darf § 2b Abs. 1 KWG nicht übersehen werden, der lautet: „Kreditinstitute, die eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG benötigen, dürfen nicht in der Rechtsform des Einzelkaufmanns betrieben werden“, d.h. nur eine juristische Person darf ein Träger der Erlaubnis sein, dagegen ist diese für ein Wertpapierhandelsunternehmen in einer Rechtsform des Einzelkaufmanns vorstellbar386. Als bedeutsam ist dabei zu vermerken, dass diese Erlaubnis nicht übertragbar ist, d. h. dass sie nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf andere Personen oder Unternehmen übergeht. Hiervon ausgenommen ist gem. § 34 KWG jedoch (mit einer Übergangsfrist) nur der Todesfall des Erlaubnisträgers, aber unter der Voraussetzung, dass die Erlaubnis qualifizierten Stellvertretern übertragen wird.387 Der Antragsteller hat einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis, soweit es keine Versagungsgründe gem. § 33 KWG gibt. Dann steht das Recht, Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen der genehmigten Art zu betreiben, dem Antragsteller bzw. Erlaubnisträger zu. Dabei spielt die Nationalität des Antragstellers keine Rolle; hier ist eine Gleichbehandlung von Inländern und Ausländern vorgeschrieben, sofern diese die übrigen Voraussetzungen erfüllen. Aus Sicherheitsgründen muss bei Ausländern aber ein Wohnsitz in Deutschland verlangt werden.388 Träger der Erlaubnis bei einem Einzelkaufmann ist dieser selbst.389 Im Falle einer Personenhandelsgesellschaft müssen alle persönlich haftenden Gesellschafter eine Erlaubnis be384 385 386 387 388 389 134 Zur Umsetzung der Vorschriften aus den Europäischen Richtlinien über die Anerkennung von Erlaubniserteilungen und der Herkunftsstaatsbeaufsichtigung bei EWR-Instituten (Art. 23 ff. Bankenrichtlinie und Art. 31 ff. Finanzmarktrichtlinie) Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 53b RN. 2. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 32 RN. 20. § 2b Abs. 2 KWG. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 32 RN. 20. Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 32 KWG NR. 8. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 32 RN. 23. sitzen (sogar wenn einer von diesen tatsächlich nicht tätig ist), weil nach § 124 HGB nur sie also die persönlich haftenden Gesellschafter – „unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen“390, Träger von Rechten und Pflichten sein sowie klagen und verklagt werden können.391 Daher bedarf jeder neu Eintretende - bei einem Gesellschafterwechsel – einer erneuten Erlaubnis.392 Stille Gesellschafter und Kommanditisten bedürfen jedoch keiner Erlaubnis, da sie - in der Regel - keine eigenen Geschäfte betreiben. 1.2 Rechtsnatur der Erlaubnis Die Erteilung der Erlaubnis stellt einen begünstigenden Verwaltungsakt i. S. v. § 35 Satz 1 VwVfG dar. Hierbei handelt es sich um eine Maßnahme mit unmittelbarer Rechtswirkung für den Antragsteller.393 Dieser Verwaltungsakt erlaubt es dem Antragsteller, Bankgeschäfte bzw. Finanzdienstleistungen der genehmigten Art - solange die Erlaubnis rechtlich existiert - zu betreiben. Eine maßgebliche Voraussetzung für die Wirksamkeit der Erlaubnis ist die Schriftform394 (ihr Fehlen führt zur Nichtigkeit nach § 44 Abs. 1 VwVfG). Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis, wenn keiner der in § 33 KWG aufgezählten Versagungsgründe einschlägig ist. Dieser Anspruch besteht unabhängig von der Frage, ob es für die Ausübung der Bank- oder Finanzdienstleistungen eine öffentliche Notwendigkeit gibt.395 1.3 Erlaubnisantrag Die Erlaubnis wird gem. § 32 Abs. 1 KWG nur auf vorherigen Antrag erteilt. Der Antrag ist vom zukünftigen Erlaubnisträger bei der zuständigen Abteilung der BaFin formlos, aber schriftlich zu stellen. Der Erlaubnisantrag ist der jeweils zuständigen Fachabteilung der BaFin vorzulegen (z. B. BA1 für Kreditbanken, Großbanken und auch Auslandsbanken, BA4 für Genossenschaftsbanken und WA3 (Frankfurt) für Finanzdienstleistungsunternehmen).396 Der jeweilige (künftige) Träger hat den Antrag zu stellen, d.h. der Vorstand oder die Geschäftsführung bei Kapitalgesellschaften, jeder persönlich haftende Gesellschafter bei Perso- 390 391 392 393 394 395 396 § 124 Abs. 1 HGB. Boos/ Fischer/ Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 32 RN. 24. Ebenda, zu § 32 RN. 24. Hütz, Die Bankenaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und den USA, 1990, S. 106. Szagunn/ Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen. 5. Auflage § 32 NR. 14, S. 452. Krammig, Das Recht der Bankenaufsicht in Deutschland und Südafrika, 2001, S. 136. Vor der dritten KWG-Novelle von 1984 bestand für die Errichtung von Banken- und Zweigstellen ausländischer Institute eine weit gefasste Bedürfnisprüfung. Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 32 NR. 20; vgl. auch Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 32 RN. 28. 135 nenhandelsgesellschaften bzw. der Inhaber bei Instituten in der Rechtsform des Einzelkaufmanns.397 a) Allgemeine Angaben Der Antrag muss allgemeine Angaben enthalten, wie z.B. die beabsichtigte Firmen- bezeichnung, die Bezeichnung der Organe und deren Zusammensetzung, Angaben zur Rechtsform und zum Zweck des Unternehmens, den voraussichtlichen Zeitpunkt des Beginns der Arbeit, den Sitz, die Anschrift sowie die Art der in § 1 Abs. 1 und 1a Satz 2 KWG genannten Geschäfte, für die diese Erlaubnis beantragt wird. Darüber hinaus muss eine beglaubigte Ablichtung der Gründungsunterlagen, der Satzung oder des Gesellschaftsvertrags sowie der festgelegten Geschäftsführung beigefügt werden, ferner sind Angaben zum voraussichtlichen Kapital zu machen.398 Insoweit hat der Erlaubnisantrag zwei Aufgaben: erstens die Funktion der Begrenzung des Umfangs der Erlaubnis, zweitens die Begründung der zuvor angesprochenen Unterlagen.399 Im Falle von Finanzdienstleistungsinstituten (§ 1 Abs. 1a KWG) muss auch erklärt werden, ob diese sich Eigentum oder Besitz an Geldern oder Wertpapieren der Kunden zu verschaffen gedenken oder ob diese Genehmigung für Geschäfte auf eigene Rechnung mit anderen Finanzunternehmen genutzt werden wird. b) Nachweis zur Einzahlung der erforderlichen Mittel (Abs. 1 Satz 2 Nr. 1) Das antragstellende Institut muss die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 i. V. m. § 10 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 KWG erfüllen. Der entsprechende Nachweis kann durch eine Bestätigung eines Kreditinstituts im EWR erfolgen, dabei soll gem. § 14 Abs. 3 AnzV400 erklärt werden, dass das Kapital eingezahlt und frei von Rechten Dritter ist bzw. zur freien Verfügung steht. c) Geschäftsleiter (Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 4) Es sind Namen und Anschriften aller vorgesehenen Geschäftsleiter anzugeben sowie Do- kumente und Unterlagen beizubringen, aus denen die BaFin auf die fachliche Eignung und die persönliche Zuverlässigkeit dieser Personen schließen kann. § 5 Abs.1 AnzV verlangt folgende Unterlagen: einen lückenlosen Lebenslauf mit ausführlichen Daten, eine Darstellung 397 398 399 400 136 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 32 RN. 28. AaO, zu § 32 RN. 30. Merkblatt über die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften gem. § 32 Abs. 2 KWG (Stand: 01. November 2007). Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 32 RN. 31. der fachlichen Vorbildung mit Angabe aller bislang ausgeübten Tätigkeiten. Außerdem sind Nebentätigkeiten anzugeben. Darüber hinaus muss erklärt werden,401 ob gegen diese Personen ein Strafverfahren läuft oder ob sie in ein Insolvenzverfahren involviert/verwickelt sind. d) Geschäftsplan Der Antrag muss einen tragfähigen Geschäftsplan einschließen. Aus diesem sollen er- sichtlich sein: die Art der geplanten Geschäfte, das interne Kontrollverfahren und der Organisationsaufbau des Unternehmens. Beizufügen sind z. B. Planbilanzen sowie Plangewinnund -verlustrechnungen für die ersten drei Geschäftsjahre.402 Des Weiteren müssen Tatsachen über mögliche enge Verbindungen zwischen dem Institut und anderen natürlichen Personen bzw. Unternehmen erklärt werden. e) Angaben zu bedeutenden Beteiligungen (Abs. 1 Satz 2 Nr. 6) Nach § 1 Abs. 9 KWG liegt eine bedeutende Beteiligung vor, wenn jemand unmittelbar oder mittelbar 10% des Nominalkapitals oder der Stimmrechte des Instituts hält und/oder auf die Geschäftsführung des Unternehmens maßgeblichen Einfluss i. S. d. § 311 HGB ausüben kann. Deswegen sind die Inhaber bei Antragstellung verpflichtet, über bedeutende Beteiligungen Auskunft zu geben. Bei Vorliegen einer bedeutenden Beteiligung an dem Institut müssen gem. § 32 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG zusätzliche Angaben gemacht werden über den Inhaber der bedeutenden Beteiligung, die Höhe dieser Beteiligung und zudem alle Angaben, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit dieser Inhaber oder ihrer gesetzlichen Vertreter oder der persönlich haftenden Gesellschafter erforderlich sind. f) Enge Verbindung zu anderen Personen § 32 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 KWG sieht vor, dass auf das Bestehen einer engen Verbindung zwischen dem Institut und anderen natürlichen oder juristischen Personen hinzuweisen.403 Diese Regelung stellt eine notwendige Ergänzung zum Anliegen der Beaufsichtigung bedeutender Beteiligungen dar. 401 402 403 AaO, zu § 32 RN. 32. AaO, zu § 32 RN. 33 ff. Enge Verbindung wird in § 1 Abs. 10 KWG definiert. 137 f.1) Erlaubnisverfahren und Prüfung Die Unterlagen müssen in dreifacher Ausfertigung eingereicht werden (§ 14 Abs. 1 AnzV), die beigefügten Ablichtungen in beglaubigter Ausfertigung. Nach § 51 Abs. 2 KWG ist das Erlaubnisverfahren gebührenpflichtig.404 Die Höhe der Gebühr richtet sich nach § 2 Abs. 1 i. V. m. Ziff. 1.5 - 1.5.4.3 des Gebührenverzeichnisses zur FinDAG KostV.405 Die Gebühr beträgt bei Kreditinstituten mit eingeschränkter Erlaubnis 10.000 bis 20.000 Euro, bei Finanzdienstleistungsinstituten 1.000 bis 5.000 Euro und bei Einlagenkreditinstituten, Kapitalanlagegesellschaften, Hypothekenbanken sowie Bausparkassen 30.000 Euro. Anhörung der Sicherungseinrichtung: § 32 Abs. 3 KWG wurde mit dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG)406 von 1998 eingeführt. Die Institute sind gem. §§ 6 Abs. 1 oder 7 Abs. 1 EAEG verpflichtet, sich mit der Erlaubniserteilung automatisch einer Entschädigungseinrichtung zuzuordnen.407 Die BaFin erhält von dieser Einrichtung die entsprechende Rückmeldung, so dass sie die Tragfähigkeit der Geschäftsplanung des antragstellenden Instituts prüfen kann. Das Institut ist verpflichtet, Beiträge an die Sicherungsinstitution zu zahlen. Auf diese Weise entsteht eine Garantie gegenüber Dritten, und die BaFin erhält auch Kenntnis darüber, ob das Institut seinen Beitragspflichten nachkommt.408 Die automatische Zuordnung eines Instituts zu einer Entschädigungseinrichtung hat erhebliche wirtschaftliche Bedeutung, sowohl für die Gläubiger als auch für die Wirtschaft insgesamt (für andere Institute und Einrichtungen).409 Eine weitere Kontaktstelle für die Erlaubniserteilung ist der Verband, dem das Kreditinstitut regelmäßig angehört; auch die jeweiligen Verbände können wichtige Informationsquellen für die BaFin sein. Nach § 33 Abs. 5 KWG muss die BaFin dem Antragsteller binnen sechs Monaten nach Einreichung der vollständigen Unterlagen für den Erlaubnisantrag gem. § 32 mitteilen, ob eine Erlaubnis erteilt oder versagt wird. 404 405 406 407 408 409 138 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 32 RN. 43. Ebenda. EAEG vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1842), zuletzt geändert durch Art. 13 des Gesetzes v. 9.12.2010 (BGBl. I S. 1900). Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 32 RN. 44. Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 32 KWG NR. 19. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 32 RN. 44. f.2) Auflagen zur und Beschränkungen der Erlaubnis f.2.1) Auflagen Die Erlaubnis kann mit Auflagen verbunden sein. Eine Auflage (als eine Nebenbestimmung zu einem Verwaltungsakt) stellt eine zusätzliche Verpflichtung für das Institut dar, dem die Erlaubnis erteilt wurde. Die Auflage kann nach § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG dem Adressaten ein Tun, ein Dulden oder ein Unterlassen gebieten. § 32 Abs. 2 KWG schreibt vor, dass sich die Auflagen im Rahmen der mit dem KWG verfolgten Zwecke halten müssen.410 Die Auflagen müssen sich zudem auch im Rahmen der vorgegebenen (Beurteilungs- und Ermessens)Spielräume der BaFin bewegen (§§ 33 Abs. 1 bzw. 3 KWG).411 Als Auflage kommt z.B. eine Erhöhung des Eigenkapitals oder der Ausschluss unzuverlässiger Geschäftsleiter von der Geschäftsführung in Betracht. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt, dass, weil Auflagen ein milderes Mittel im Vergleich zur Versagung der Erlaubnis sind, diese zuerst eingesetzt werden müssen. Dagegen liegt noch keine Auflage vor, wenn die BaFin während des Erlaubnisverfahrens weitere Unterlagen und Erläuterungen verlangt. Außerdem bedarf es keiner Auflage, solange es nur um die Verpflichtung zur Einhaltung von Gesetzen und gewerberechtlichen Normen geht; es genügt hier der Hinweis auf diese Vorbehalte bei der Erlaubniserteilung.412 Wenn die Auflage der Zielsetzung des KWG zuwiderliefe, würde sie Missbräuchen oder willkürlichem Verhalten Vorschub leisten; sie wäre damit rechtswidrig und (in der Regel) selbstständig anfechtbar.413 Schuldhafte Nichterfüllung von Auflagen wird gem. § 56 Abs. 1 Nr. 3 KWG als Ordnungswidrigkeit angesehen und führt folgerichtig auch zum Erlöschen bzw. Aufheben der Erlaubnis, wenn die Auflage nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt wird (§ 35 Abs. 2 KWG i.V. m. § 49 Abs. 2 Satz 1 VwVfG).414 f.2.2) Bedingte Erlaubnis Diese Frage (vgl. § 36 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 VwVfG) hat in der Praxis keine große Bedeutung, weil die BaFin in der Regel eine Erlaubnis nur dann erteilt, wenn die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind.415 Daher ist die Wirksamkeit der Erteilung einer Erlaubnis von der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen abhängig und an sie gebunden. 410 411 412 413 414 415 Bähre/Schneider, KWG-Kommentar, 3. Auflage, zu § 32 NR. 5, S. 376. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 32 RN. 50. AaO, zu § 32 RN. 49. Szagunn/Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen, 5. Auflage § 32 NR. 18, S. 454. AaO, § 32 NR. 16, S. 453. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 32 RN. 52. 139 f.2.3) Beschränkung der Erlaubnis Die Erlaubnis kann gem. § 32 Abs. 2 Satz 2 KWG auf einzelne Arten von Bankgeschäften oder Finanzdienstleistungen beschränkt werden. Dies ist der Fall, wenn der Antragsteller von Anfang an nur eine eingeschränkte Erlaubnis beantragt oder diese auf bestimmte oder einzelne Arten von Bankgeschäften beschränkt wissen will. Der häufigste solche Fälle ist die Erlaubnis für Spezialbanken, z. B. Pfandbriefbanken, Kreditgarantiegesellschaften usw. 416; hier ergibt sich die Beschränkung aber meist schon aus der gesetzlichen Vorgabe. Eine spätere Erweiterung der erteilten Erlaubnis ist möglich und wird praktisch häufig gewährt, aber nur auf einen entsprechenden Antrag und soweit gesetzlich zulässig. Ein Grund dafür können unterschiedliche Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung oder an die Geschäftsführer sein. Bei einer nur beschränkten Erlaubnis mag die fachliche Qualifikation der Geschäftsleiter genügen, soweit sie über gute Kenntnisse über die betreffende Art von Geschäften verfügen.417 Eine Einschränkung der Erlaubnis bei einem weiter gehenden Erlaubnisantrag muss entweder durch die in § 33 Abs. 1 und 3 KWG genannten Versagungsgründe oder durch andere gesetzliche Regelungen gerechtfertigt werden. Weitere Beschränkungen sind denkbar, z. B. nach dem Umfang der zugelassenen Geschäftsarten.418 Örtliche und zeitliche Beschränkungen der Erlaubnis sind hingegen grundsätzlich unzulässig. Wird eine Erlaubnis in weitergehender Form beantragt, aber nur mit Beschränkungen erteilt, ist das eine Teilablehnung. Sie ist belastender Bestandteil eines ansonsten begünstigenden Verwaltungsaktes. Demnach ist sie - anders als die Auflage - nicht selbstständig anfechtbar, sondern der Antragsteller muss nötigenfalls eine Verpflichtungsklage erheben.419 g) Bekanntmachung und Registrierung der Erlaubnis Nach § 32 Abs. 4 KWG muss die Erlaubniserteilung im elektronischen Bundesanzeiger von der BaFin bekanntgemacht werden. Darüber hinaus ist die BaFin gem. § 32 Abs. 5 verpflichtet, ein Register auf ihrer Internetseite zu führen, in dem sämtliche inländischen Betriebserlaubnisse und bisher zugelassenen Institute aufgelistet werden sollen. Die Informationen müssen über das Datum, den Umfang, die Aufhebung oder das Erlöschen der erteilten Erlaubnisse Auskunft geben. 416 417 418 419 140 Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 32 KWG NR. 17. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 32 RN. 54a. AaO., zu § 32 KWG NR. 17. AaO., zu § 32 KWG RN. 59. Das Register umfasst nach § 53b KWG die im Inland tätigen Institute aus dem europäischen Ausland nicht.420 Jedoch kann die BaFin eine entsprechende Verknüpfung mit anderen Aufsichtsbehörden des EWR auf ihrer Webseite herstellen. h) Versagung der Erlaubnis Die maßgebliche Norm hierfür ist § 33 KWG. Ihr gemäß ist bei Vorliegen einer der aufge- zählten Tatsachen die beantragte Erlaubnis zu versagen bzw. diese kann versagt werden. Die Versagungsgründe gehören zur Substanz des bankaufsichtlichen Erlaubnisverfahrens, weil die durch diese Norm fixierten Anforderungen und Voraussetzungen die Kriterien der Erlaubniserteilung nach § 32 Abs. 1 KWG ergänzen und abrunden. h.1) Zwingende Versagungsgründe: Der Rechtsanspruch des Antragstellers auf Erlaubniserteilung wird durch die in § 33 Abs. 1 Nr. 1 - 7 aufgezählten Tatsachen (Versagungsgründe) eingeschränkt. Mit der am Beginn des § 33 Abs. 1 verwendeten Formulierung „die Erlaubnis ist zu versagen“ wird klar ausgedrückt, dass die Bundesanstalt zur Versagung der Erlaubnis gehalten ist.421 Dabei besteht für die BaFin kein Ermessensspielraum. Die Entscheidung der BaFin zur Erlaubniserteilung oder –versagung ist in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar.422 h.1.1) Versagung wegen mangelnder (Eigen-)Mittel Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 KWG ist eine Erlaubnis zu versagen, wenn einem Institut im Geltungsbereich des KWG die zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel nicht zur Verfügung stehen. Präzisierend heißt es im Wortlaut dieses Paragraphen „insbesondere ein ausreichendes Anfangskapital im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 KWG“. Gemäß der von der Regierung gegebenen Begründung zum KWG von 1961 sind unter „Mitteln“ Geldmittel zu verstehen. 423 Dazu muss das haftende Eigenkapital gem. § 33 i. V. m. § 10 KWG ausreichend sein, das in Form des eingezahlten Anfangskapitals gebunden bleiben soll. Außerdem muss dieses den jeweils im Erlaubnisantrag genannten Bankgeschäftsarten entsprechen.424 Das Anfangskapital muss im Inland zur Verfügung stehen. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1d müssen Einlagenkreditinstitute (§ 1 Abs. 3d Satz 1) und zentrale Kontrahenten i. S. v. § 1 Abs. 31 KWG über ein Mindestanfangskapital von 5 Mio. Euro verfügen; für E-Geldinstitute (§ 1 Abs. 3d Satz 4) muss es einen Umfang von 420 421 422 423 424 AaO., zu § 32 KWG RN. 61. Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz, zu § 33 KWG RN. 1. Szagunn/Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen, 5. Auflage, § 33 RN. 3, S. 457. AaO, § 33 NR. 4, S. 457. Bähre/Schneider, KWG-Kommentar, 3. Auflage zu § 33 RN. 3, S. 383. 141 mindestens 1 Mio. Euro haben (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Buchst. e). Hingegen bedarf es für Finanzdienstleistungsinstitute, die auf eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handeln, und für Wertpapierhandelsinstitute mindestens 730 000 Euro (Satz 1 Buchst. c); im Gegensatz dazu wird ein kleinerer Betrag verlangt für Finanzdienstleistungsinstitute (gem. Satz 1 Buchst. f), „die nicht befugt sind, sich bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen Eigentum oder Besitz an Geldern oder Wertpapieren von Kunden zu verschaffen, und nicht auf eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten zu handeln“.425 h.1.2) Versagung wegen der Unzuverlässigkeit der Antragsteller Die beantragte Erlaubnis ist gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KWG zu versagen, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass ein Antragsteller oder eine der in § 1 Abs. 2 Satz 1 KWG bezeichneten Personen nicht zuverlässig ist. Da die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute mit Geldern und Vermögenswerten des Publikums arbeiten, fordern die Bankenaufsichtsbehörden ein vollauf vertrauenswürdiges und zuverlässiges Verhalten des Antragstellers, der Geschäftsführer und der anderen Vertreter (in § 1 Abs. 2 Satz 1 KWG bezeichnete Personen) des Instituts. Zuverlässigkeit wird darüber hinaus deshalb verlangt, weil (Kredit-)Institute den Blicken einer hochsensiblen Öffentlichkeit ausgesetzt sind.426 Die Erlaubnis ist bei Personenhandelsgesellschaften zu versagen, wenn nur einer der Antragsteller unzuverlässig ist. Die persönliche Zuverlässigkeit und die fachliche Eignung müssen im Sinne der gewerberechtlichen Grundsätze, der handelsrechtlichen Sorgfaltspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters i. S. v. § 93 Abs. 1 AktG, § 34 Abs. 1 Satz 1 GenG und des Schutzzwecks des KWG verstanden werden.427 Einzelentscheidungen hinsichtlich der angelegten Beurteilungsmaßstäbe unterliegen der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung.428 Unzuverlässig ist, wer Vermögensdelikte begangen oder gegen gesetzliche Ordnungsvorschriften für den Betrieb eines Unternehmens nachhaltig verstoßen oder in seinem privaten oder geschäftlichen Verhalten gezeigt hat, dass von ihm eine solide Geschäftsführung nicht erwartet werden kann.429 425 426 427 428 429 142 § 33 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe f KWG, angefügt m.W.v. 01.11.2007 durch G v. 16.07.2007 (BGBl. I S. 1330). Reischauer/Kleinhans, (KWG), zu § 33 KWG RN. 8. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 33 RN. 29. Ebenda. BegrRegE zu § 32 KWG, S. 39 ff (KWG 1961), zit. nach Szagunn/Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen, 5. Auflage, § 33 RN. 8. Zur Bestimmung der Unzuverlässigkeit eines Geschäftsführers kann auf Unterlagen aus früherer Unternehmertätigkeit, auf Strafregisterauszüge, polizeiliche Führungszeugnisse, Auskünfte vorheriger Arbeitgeber sowie eine Einsichtnahme in das Gewerbezentralregister zurückgegriffen werden.430 Deswegen wird verlangt, dass der Antragsteller und spätere Geschäftsführer einen lückenlosen Lebenslauf einreichen. Im umgekehrten Falle, d.h. wenn jemand Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen im Umfang des § 1 Abs. 1 und 1a KWG ohne die erforderliche Erlaubnis betreibt bzw. erbringt, macht er sich strafbar (§ 54 KWG), und davon ausgehend kann festgestellt werden, dass er nicht zuverlässig ist und ihm folglich dann künftig keine Erlaubnis erteilt werden kann.431 h.1.3) Versagung wegen Unzuverlässigkeit von Gesellschaftern Nicht nur die Antragsteller persönlich müssen zuverlässig sein, sondern auch die gem. § 33 Abs. 1 Nr. 3 genannten Personen sollten diese Eignung aufweisen. Dazu zählen Inhaber einer bedeutenden Beteiligung, jeder gesetzliche oder satzungsmäßige Vertreter des Instituts oder auch ein persönlich haftender Gesellschafter (bei einer Personenhandelsgesellschaft). Wenn diese überwiegend unzuverlässig sind, ist die beantragte Erlaubnis zu versagen. Hinter dieser Regelung steht die Befürchtung, dass eine solche Person ja einflussreich sein und daher die Funktionsfähigkeit und damit die Solvenz des Instituts gefährden könnte. Ein wichtiges Anliegen ist dabei die Bekämpfung von organisierter Kriminalität (wie etwa Geldwäsche und/oder Terrorismus) durch Verwehrung des Zugangs zu solchen Instituten, um solchen Leuten die Nutzung von Finanzinstituten zu organisierter Kriminalität so weit wie möglich zu erschweren.432 Dagegen ist bei juristischen Personen in der Gründungsphase nur die Zuverlässigkeit der vorgesehenen Geschäftsleiter oder deren gesetzlicher Vertreter zu prüfen.433 Die Zuverlässigkeit braucht nicht positiv nachgewiesen zu werden. Hingegen kann die Unzuverlässigkeit sich aus Vorstrafen ergeben oder angenommen werden bei Betrug, Unterschlagung, Untreue oder sonstigen Vermögensstraftaten, bei Urkundenfälschung, bei schwerwiegenden Ordnungsverstößen einschließlich Steuervergehen, bei laufender Verletzung gesetzlicher Verpflichtungen (z. B. der KWG-Vorschriften), bei Unzuverlässigkeit im Arbeits- 430 431 432 433 Szagunn/Wohlschiess, Gesetz über das Kreditwesen. 5. Auflage § 33 RN. 8, S. 460. AaO, § 33 RN. 9, S. 461. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 33 RN. 71. Reischauer/ Kleinhans, Kreditwesengesetz, zu § 33 KWG NR. 8; Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 33 RN. 30. 143 leben, bei persönlichen Schwächen (sowie außerdem auch bei unverschuldeten Handicaps wie krankhaften Störungen).434 h.1.4) Versagung wegen mangelnder fachlicher Eignung Nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 KWG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass der Inhaber oder eine in § 1 Abs. 2 Satz 1 KWG bezeichnete Person nicht die zur Leitung des Instituts erforderliche fachliche Eignung besitzt. Was unter dem Begriff „fachliche Eignung“ gemeint ist, beantwortet der nächste Abschnitt derselben Vorschrift. Die fachliche Eignung setzt gem. § 33 Abs. 2 Satz 1 bei den Betroffenen voraus, dass diese über für die Leitung eines Instituts ausreichende theoretische und praktische Kenntnisse in den betreffenden Geschäften sowie über Leitungserfahrungen verfügen. Und in Abs. 2 Satz 2 wird ergänzt und verdeutlicht, dass die fachliche Eignung für die Leitung eines Instituts in der Regel anzunehmen ist, wenn eine dreijährige leitende Tätigkeit bei einem Institut von vergleichbarer Größe und Geschäftsart regelmäßig ausgeübt wurde. Der Antragsteller ist verpflichtet nachzuweisen, dass die für die Leitung des Instituts vorgesehenen Personen die Qualifikationsanforderungen erfüllen. Die Erlaubnis ist bei der Nichterfüllung dieser Voraussetzungen zu versagen.435 Im Gegensatz zur Zuverlässigkeit wird ausreichende fachliche Qualifikation - bei Nichtvorliegen negativer Tatsachen – nicht vermutet. Sie kann grundsätzlich nur positiv anhand des Lebenslaufs (insbesondere der Ausbildung), der Vorerfahrungen, der bisherigen Tätigkeit und der zuvor ausgeübten Verantwortlichkeiten beurteilt werden. Entscheidend sind hierbei die beantragte Geschäftsart und die Größe des Instituts.436 Bei den geforderten theoretischen Kenntnissen muss es sich um volkswirtschaftliche, betriebswirtschaftliche, steuerrechtliche und allgemein-rechtliche Kenntnisse handeln.437 Praxiserfahrung signalisiert, dass die theoretischen Kenntnisse in der Praxis angewendet wurden. Hinzu kommen werden muss: Leitungserfahrung, die sicherstellt, dass der künftige Geschäftsführer ausreichende praktische Erfahrung in der Übernahme von Verantwortung besitzt, z.B. in punkto Organisationsfähigkeit, Menschenführung und Konfliktlösung, ferner 434 435 436 437 144 Beispiele und Rechtsprechungsnachweise zu § 35 GewO bei Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 33 NR. 33. Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG, zu § 33 RN. 13. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 33 RN. 41. Szagunn/Wohlschiess, KWG, 5. Auflage, § 33 RN. 13, S. 462. auch Eignung zur Delegation und Mitarbeitermotivation, Entscheidungsfähigkeit und Durchsetzungsvermögen.438 h.1.5) Versagung wegen mangelnder Anzahl von Geschäftsführern Nach § 33 Abs. 1 Nr. 5 KWG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn ein Kredit- oder ein Finanzdienstleistungsinstitut, das befugt ist, sich bei seinen Aktivitäten Eigentum oder Besitz an Geldern oder Wertpapieren von Kunden zu verschaffen etc., nicht mindestens zwei Geschäftsleiter hat, die nicht nur ehrenamtlich für das Institut tätig sind. Das Vier-Augen-Prinzip wurde mit der zweiten KWG-Novelle von 1976439 im Hinblick auf in der Praxis der Bankenaufsicht akquirierte Erfahrungen eingeführt. Danach muss ein Institut mindestens zwei als Geschäftsführer geeignete und als solche verantwortliche Personen haben. Viele rechtlich erhebliche Tatsachen begründen dieses Prinzip der Einsetzung mehrerer verantwortlicher Geschäftsführer, z. B. die mögliche Abwesenheit des einen wegen zeitweiliger Krankheit, Urlaubs usw. oder wenn dieser in nicht erkennbarer Weise unzuverlässig ist. Wenn ein (Kredit-)Institut zeitweilig von einer nichtsachkundigen Person geleitet wird, kann das zu erheblichen Gefahren für das Haus führen. Hingegen können in Fällen der Verfügbarkeit eines zweiten Geschäftsführers viele kriminelle Handlungen vermieden oder zumindest frühzeitig aufgedeckt werden.440 Vom Vier-Augenprinzip ausgenommen werden Wertpapierhandels- und einige Finanzdienstleistungsinstitute, die nicht befugt sind, sich Besitz an Kundengeldern oder Wertpapieren zu verschaffen,441 weil beide Ausrichtungen auch im Rahmen der Rechtsform des Einzelkaufmanns auftreten können. Diese Prinzip gilt also uneingeschränkt nur für alle Kreditinstitute, die nicht in der genannten Rechtsform (Einzelkaufmann) betrieben werden dürfen (§ 2b Abs. 1 KWG).442 Die Bestimmung „mindestens“ bedeutet, dass die Anzahl der Geschäftsführer von der Größe und der Komplexität der Geschäfte des beantragenden Instituts abhängig gemacht wird. Darüber hinaus zählen ehren- oder nebenamtlich tätige Geschäftsführer nicht ohne weiteres zur angerechneten Mindestanzahl von Geschäftsführern, wenn ansonsten der Zweck des Vier- 438 439 440 441 442 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008 zu § 33 RN. 54. AaO, zu § 33 KWG RN. 66. Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 33 NR. 16. Boos/ Fischer/ Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 33 RN. 65. Ebenda. 145 Augen-Prinzips nicht gewahrt würde.443 Die Geschäftsleiter sollen eigenverantwortlich arbeiten und die laufenden Geschäfte jederzeit beeinflussen können. h.1.6) Versagung bei ausländischen Instituten Eine weitere Erlaubnisvoraussetzung gem. § 33 Abs. 1 Nr. 6 KWG ist es, dass die Hauptverwaltung des Instituts in der Bundesrepublik Deutschland gelegen ist, andernfalls muss die BaFin die Erlaubnis versagen. Mit Hauptverwaltung ist die Stelle/der Ort gemeint, von der aus das (Gesamt-) Institut verwaltet wird. Bei Instituten, die auf mehrere Standorte verteilt sind, wird in der Regel auf den Sitz der Geschäftsleitung abgestellt. Diese Regel stellt keinen Verstoß gegen die EU-rechtlichen Normen zur Niederlassungsfreiheit dar, weil sie nur die Zuständigkeit hinsichtlich der Erlaubniserteilung betrifft.444 h.1.7) Versagung wegen mangelnder organisatorischer Vorkehrungen Die Erlaubnis ist gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 zu versagen, wenn das Institut nicht bereit oder in der Lage ist, die erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen zum ordnungsmäßigen Betreiben der Geschäfte zu schaffen. Entsprechend dem zum 01.11.2007 in Kraft getretenen FRUG445 müssen die Institute zusätzliche Pflichten erfüllen,446 darunter: ein wirksames Risikomanagement praktizieren - inklusive eines Verfahrens zur Ermittlung der Risikotragfähigkeit, der Ermittlung der Risikostrategien, der Einrichtung interner Kontrollverfahren plus einer Innenrevision, zuzüglich einer entsprechenden personellen und technisch-organisatorischen Ausstattung des Instituts einschließlich der Festlegung eines Notfallkonzepts, insbesondere für IT-Systeme. Außerdem gibt es weitere Anforderungen wie etwa Regelungen zur jederzeitigen Bestimmung der finanziellen Lage des Instituts, um sicherzustellen, dass das System den erforderlichen Kundenschutz und hinreichende Sicherung gegen Betrug und Geldwäsche gewährleisten kann.447 h.1.8) Versagung wegen fehlender Zustimmung der Aufsichtsbehörde des Mutterinstituts Wenn das beantragende Institut ein Tochterunternehmen eines ausländischen Kreditinstituts ist, muss es vorher die Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde des Herkunftslands einholen und den Unterlagen beifügen. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 wurde mit dem 4. Finanz443 444 445 446 447 146 Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 33 KWG RN. 17. Diese Ansicht ist vom BVerwG in seinem Urteil vom 01.12.1987, ZIP 1988, 493 bestätigt worden, in dem erklärt wird, „(n)otwendige Geschäftsleiter im Sinne von § 33 Abs. 1 Nr. 4 KWG müssen eigenverantwortlich tätig sein und bestimmenden Einfluss auf die laufenden Bankgeschäfte nehmen“; dazu Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 33 KWG RN. 21 ff. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 33 RN. 24. FRUG = Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330), vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, ebd. AaO, zu § 33 RN. 23. Ebd. marktförderungsgesetz auf Grundlage der vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht beschlossenen Aufsichtsgrundsätze eingeführt. Es ist davon auszugehen, dass diese Regelung als ein Versagungsgrund wegen fehlender Zustimmung oder wegen Einwands der ausländischen Aufsichtsbehörde zu werten ist.448 h.1.9) Versagung im Ermessen der BaFin Nach § 33 Abs. 3 KWG kann die Erlaubnis versagt werden, denn bei Vorliegen konkreter Tatsachen kann sich ergeben, dass eine wirksame Aufsicht über das beantragende Institut beeinträchtigt wird. Daher steht es in der Verantwortlichkeit der BaFin einzuschätzen, ob die Beeinträchtigung schwerwiegend sein kann. Diese Beurteilung muss aber gerichtlich nachprüfbar sein.449 Damit wird bezweckt, Gefahren für die Gläubigersicherheit und die Seriosität des Instituts abzustellen, insbesondere solche, die mit Geldwäschegeschäften verbunden sind.450 § 33 Abs. 3 Satz 2 KWG zählt als relevante Fälle auf, dass 1) das Institut mit anderen Personen oder Unternehmen in einen Unternehmensverbund integriert ist und durch die Struktur des Beteiligungsgeflechts oder durch mangelhafte wirtschaftliche Transparenz eine wirksame Aufsicht über das Institut beeinträchtigt wird ( Nr. 1), oder 2) sich das Institut wegen der für solche Personen oder Unternehmen geltenden Rechts- oder Verwaltungsvorschriften eines nicht dem EWR angehörenden Staats einer wirksamen Aufsicht entzieht bzw. entziehen könnte (Nr. 2), oder 3) das Institut ein Tochterunternehmen eines Instituts mit Sitz in einem Drittstaat ist, das dort nicht wirksam beaufsichtigt wird oder dessen zuständige Aufsichtsbehörde zu einer hinreichenden Zusammenarbeit mit der BaFin nicht bereit ist (Nr. 3). Darüber hinaus kann die Bundesanstalt gem. § 33 Abs. 3 Satz 3 die Erlaubnis bei mangelnder Vorlage genügender Unterlagen versagen. Solange dies eine Kann-Bestimmung ist, kann die BaFin weitere Angaben, Erklärungen und Nachweise vom Antragsteller verlangen oder auch auf weniger wichtige Unterlagen verzichten. Nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit ist die BaFin verpflichtet, dem Antragsteller zunächst die Möglichkeit zur Nachreichung fehlender Unterlagen einzuräumen.451 448 449 450 451 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, aaO, zu § 33 RN. 25. AaO, zu § 33 RN. 76. AaO, zu § 33 RN. 77. AaO, zu § 33 RN. 81. 147 i) Rechtsschutz Grundsätzlich stellt die Versagung der Erlaubnis einen belastenden Verwaltungsakt seitens der zuständigen Behörde dar. § 33 Abs. 4 KWG hat ausdrücklich festgelegt, dass die Erlaubnis nur bei Vorliegen eines der in Abs. 1 und 3 genannten Gründe versagt werden darf. Ansonsten hat der Antragsteller einen (grundrechtlich verbürgten nach Art. 12 und 19 Abs. 4 GG452) Rechtsanspruch auf die Erlaubniserteilung. Aber bei Versagung der Erlaubnis können die Betroffenen nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens nicht über eine bloße Anfechtungsklage, sondern mittels einer Verpflichtungsklage das (örtlich zuständige) Verwaltungsgericht Frankfurt am Main anrufen.453 Die Entscheidung der BaFin wird von diesem Gericht vollumfänglich überprüft; behördliche Beurteilungsspielräume sind hier nicht gegeben. Der Antragsteller hat die Möglichkeit, die rechtmäßige Versagung der Erlaubnis anzugreifen, wenn er eine in entscheidenden Punkten neue Rechtslage geltend machen oder neue Tatsachen vorbringen kann.454 Es handelt sich dabei dann um einen neuen Antrag auf Erlaubniserteilung. j) Fehlen der Erlaubnis, Erlöschen und Aufhebung der Erlaubnis Der Hauptzweck der hier vorgesehenen Maßnahmen ist es zu erreichen, dass die zu- gelassenen Institute, die die Anforderungen der Bankenaufsichtsbehörde nicht (mehr) erfüllen oder eine Gefahr für die Gläubiger darstellen, das Betreiben von Bankgeschäften oder das Erbringen von Finanzdienstleistungen unterlassen müssen, oder aber deren Fortsetzung zu verhindern.455 j.1) Erlöschen der Erlaubnis Nach § 35 Abs. 1 KWG erlischt die Erlaubnis, wenn von ihr nicht innerhalb eines Jahres seit Erteilung Gebrauch gemacht wird. Die Frist (1 Jahr) beginnt mit dem Tag des Zugangs des Erlaubnisbescheids (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 VwVfG)456 und endet nach Ablauf des Tages mit demselben Datum des Folgejahres. 452 453 454 455 456 148 GG vom 23.05.1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 11. Juli 2012 (BGBl. I S. 1478). Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 33 RN. 82. Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG, zu § 33 RN. 3. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar KWG, 2008, zu § 35 RN. 1. Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 35 KWG NR. 2; Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, § 35 RN. 3. Unter „Gebrauch machen“ versteht man (bei einem Kreditinstitut), dass gem. § 32 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG die Bankgeschäfte in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, getätigt werden.457 Daher erlischt die Erlaubnis nicht, wenn das Institut mindestens eine der erlaubten Geschäftsarten im ersten Geschäftsjahr betreibt. Die Erlaubnis erlischt auch darüber hinaus gem. § 35 Abs. 1 Satz 2 bei Ausschluss des Instituts aus der Entschädigungseinrichtung, der es zugeordnet war, da die Entschädigungseinrichtung gem. § 11 EAEG 1998 berechtigt ist, bei Nichtbezahlung von Beiträgen und bei Verletzung von Mitwirkungspflichten das Institut auszuschließen - aber nur im Einvernehmen mit der BaFin.458 Das führt dann zu einem automatischen, sofortigen Erlöschen der Erlaubnis und zur Schließung des Instituts. Außerdem gibt es andere Gründe für das Erlöschen der Erlaubnis; diese können sich aus anderen Gesetzen oder aus allgemeinen Rechtsgründen ergeben, z. B. Erlöschen bei Verzicht, bei Tod des Erlaubnisträgers oder im Falle der Auflösung der juristischen Person.459 j.2) Aufhebung der Erlaubnis Zunächst bedeuten eine Aufhebung die Rücknahme einer rechtmäßig erteilten und ein Widerruf die Rücknahme einer rechtwidrig erteilten Erlaubnis. Die Bundesanstalt kann gem. § 35 Abs. 2 unter gesetzlich fixierten Voraussetzungen die Erlaubnis aufheben. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut kann sie diese gemäß Abs. 2 ebenso aufheben bei Vorliegen eines der allgemeinen Gründe der §§ 48, 49 VwVfG bezüglich der Rücknahme oder des Widerrufs eines Verwaltungsakts.460 Die Erlaubnis kann gem. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG aufgehoben werden, wenn der Begünstigte sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder gem. Nr. 2 durch falsche Angaben bei der Antragstellung erwirkt hat. Der Widerruf einer rechtmäßigen Erlaubnis nach § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG erfolgt, wenn die Erlaubniserteilung mit einer Auflage verbunden worden war und der Begünstigte dieser nicht oder nicht in der gesetzten Frist nachgekommen ist.461 457 458 459 460 461 Szagunn/Wohlschiess, KWG, 5. Auflage § 35 RN. 2, S. 475. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 35 RN. 8; Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 35 KWG RN. 2. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 35 RN. 9. AaO, zu § 35 RN. 10. Bähre/Schneider, KWG Kommentar, 3. Auflage, zu § 35 RN. 3l S. 394. 149 Ob eine Erlaubnis bei Vorliegen der Gründe aufgehoben werden soll oder nicht, steht im pflichtgemäßen Ermessen (§ 40 VwVfG) der BaFin - jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Verwaltungsgrundsätze der Gleichbehandlung, der Verhältnismäßigkeit sowie der Zwecke des KWG: dem Schutz der Gläubiger und dem Interesse der Inhaber. Möglicherweise wäre die Wahl milderer Mittel sinnvoll, weil der Erlaubnisentzug meistens einen Nachteil für die Gläubiger und andere Kunden des Instituts darstellt. Eine Teilaufhebung ist nach herrschender Meinung durchaus zulässig; dann aber beschränkt sich die Aufhebung auf bestimmte Geschäftsarten oder werden dem Erlaubnisträger nur einzelne Bankgeschäfte (weiterhin) erlaubt462. Die in § 35 Abs. 2 KWG niedergelegten Aufhebungsgründe sind - wie nachfolgend dargestellt – gegeben, wenn 1) der Geschäftsbetrieb, auf den sich die Erlaubnis bezieht, seit mehr als sechs Monaten nicht mehr ausgeübt wurde oder 2) das Kreditinstitut in der Rechtsform des Einzelkaufmannes betrieben wird oder 3) der Bundesanstalt Tatsachen bekannt werden, die die Versagung der Betriebserlaubnis nach § 33 KWG rechtfertigen würden oder 4) über das Institut ein Insolvenzverfahren gem. §§ 46b ff. KWG i.S.v. §§ 11 ff. InsO463 eröffnet wurde oder Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen des Instituts gegenüber seinen Gläubigern besteht, insbesondere für die Sicherheit der dem Institut anvertrauten Vermögenswerte, und die Gefahr nicht durch andere Maßnahmen nach diesem Gesetz abgewendet werden kann. Auf jeden Fall besteht die bezeichnete Gefahr a) bei einem Verlust in Höhe der Hälfte des nach § 10 maßgebenden, haftenden Eigenkapitals oder b) bei einem Verlust in Höhe von jeweils mehr als 10% des nach § 10 KWG maßgebenden, haftenden Eigenkapitals in mindestens drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren oder schließlich 5) das Institut nachhaltig gegen Bestimmungen dieses Gesetzes und des WpHG oder gegen zur Durchführung dieser Gesetze erlassene Verordnungen verstoßen hat. k) Rechtsfolgen des Fehlens der Erlaubnis Eine unvermeidliche Folge des Erlöschens oder der Aufhebung der Betriebserlaubnis gem. § 38 KWG ist die Untersagung der Fortführung der „werbenden“ (d.h. aktiven) Tätigkeit des 462 463 150 Szagunn/Wohlschiess, KWG, 5. Auflage § 35 RN. 8l S. 477; Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 35 KWG RN. 6; Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008 zu § 35 RN. 12. InsO vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866), zuletzt geändert durch Art. 19 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854). betroffenen Instituts, das nicht mehr Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen in vollkaufmännischem Umfang betreiben bzw. erbringen darf.464 Wer dagegen verstößt, macht sich gem. § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG strafbar. Auch kann dann die Bundesanstalt unmittelbar nach § 37 KWG einschreiten.465 l) Sondertatbestände: Stellvertretung und Fortführung bei Todesfall § 34 KWG schließt ausdrücklich die allgemeine Regelung des § 45 GewO aus, um sicher- zustellen, dass grundsätzlich nur solche Personen der Bankenaufsicht gegenüber für die Leitung des Instituts verantwortlich sind, die betriebsintern die erforderliche Unabhängigkeit besitzen.466 Mit dem Tod des Erlaubnisträgers erlischt die Erlaubnis zum Betrieb von Bankgeschäften oder Finanzdienstleistungen, wenn er eine natürliche Person ist. Aber das Institut kann gem. § 34 Abs. 2 KWG befristet zugunsten der Erben bis zur Dauer eines Jahres durch zwei Stellvertreter fortgeführt werden; gem. Satz 2 gelten die Stellvertreter als Geschäftsleiter, sie haben die besonderen Pflichten und Rechte, die im KWG vorgesehen wurden.467 Die Erben sind befugt, den Stellvertreter zu bestimmen. Die Erben müssen die Absicht und die Durchführung der Bestellung der BaFin nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 KWG anzeigen.468 m) Rechtswirksamkeit ohne Erlaubnis abgeschlossener Rechtsgeschäfte Beim Betreiben oder Erbringen von Bank- oder Finanzdienstleistungen ohne Erlaubnis gelten die dabei geschlossenen Verträge als zivilrechtlich wirksam,469 weil sich das Verbot des Betreibens solcher Geschäfte ohne Erlaubnis nur gegen das betreibende Institut richtet und nicht gegen dessen Geschäftspartner; daher greift § 134 BGB nicht ein. Der Kunde kann vielmehr in diesem Falle am abgeschlossenen Vertrag festhalten.470 Herrschender Meinung nach wird § 32 KWG als Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB interpretiert. Daher kann der Geschäftspartner des nicht mehr legal tätigen Instituts, das die Dienstleistung angeboten hat, Schadenersatz aus unerlaubter Handlung auch in Form der Rückabwicklung des abgeschlossenen Vertrags beanspruchen.471 464 465 466 467 468 469 470 471 Bähre/Schneider, KWG Kommentar, 3. Auflage, zu § 38 RN. 3, S. 414. Reischauer/Kleinhans, KWG, zu § 32 RN. 25; Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 35 RN. 49. Regierungsbegründung. zum KWG 1961, BT-Drs. III/1114. Bähre/Schneider, KWG Kommentar, 3. Auflage, zu § 34 RN. 3, S. 390. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 34 RN. 7. Reischauer/Kleinhans, KWG, zu § 32 RN. 25. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 32 RN. 16. AaO, zu § 32 RN. 17. 151 n) Besonderheiten für Institute aus anderen Staaten bei der Erlaubniserteilung Mit den EU-Vorschriften sind die Niederlassungs- (Art. 49 AEUV/ex-Art. 43 EGV) und die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV/ex-Art. 49 EGV) grundsätzlich gewährleistet worden472. Die europäischen Grundfreiheiten dürfen nur aus Gründen und unter Bedingungen des Allgemeininteresses eingeschränkt werden. Gemäß Art. 49 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AEUV haben Unternehmen in der EU das Recht, Institute in drei Formen - Niederlassungen, Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen - zu errichten.473 Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung gilt für den Marktzugang im Wege des Dienstleistungsverkehrs und durch Gründung von Zweigniederlassungen (gem. Bankenrichtlinie474 und Finanzmarktrichtlinie475 und § 53b Abs. 1 Satz 1 KWG). Dagegen unterliegt die Errichtung von Tochterinstituten dem Erlaubnisverfahren gem. § 32 KWG.476 Für die Gründung von Repräsentanzen ist aber § 53a KWG einschlägig. n.1) Institute mit Sitz innerhalb der EU § 53b KWG überträgt die Regelungen über den Marktzugang für die im Europäischen Wirtschaftsraum ansässigen Institute auf den deutschen Markt bzw. in das deutsche Recht. Dabei gilt Deutschland als Aufnahmestaat. §§ 53b, 24a KWG transponieren die einschlägigen Regelungen der europäischen Richtlinien über die Anerkennung von Erlaubniserteilungen und über die im Herkunftsstaat praktizierte Beaufsichtigung auf die (alle) im EWR ansässigen Institute - auch, was das Nostrifizierungs- und Mitteilungsverfahren betrifft.477 Danach steht den im EWR ansässigen Instituten mit einer (im/durch den Heimatstaat) erteilten Erlaubnis das Recht zu, im gesamten EWR Bankgeschäfte zu betreiben; das ist der sogenannte „Europäische Pass“. Aber hinsichtlich der Kontrolle der Zweigniederlassungen und grenzüberschreitender Marktzugangsformen durch das Gastland wird darauf grundsätzlich zugunsten der Kontrollvorschriften des Herkunftsstaates verzichtet.478 Die Harmonisierung des Aufsichtsrechts und das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung der Aufsichtsfunktion stellen den Grundpfeiler des europäischen Binnenmarktes für Bankund Finanzdienstleistungen dar.479 Das ist von vielfachem Vorteil: Wenn in einem Mit472 473 474 475 476 477 478 479 152 AaO, zu § 53b RN. 198. AaO, zu § 53b RN. 200. Richtlinie 2006/48/EG des EU Parlaments und des Rates vom 14.06.2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute. Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 53b RN. 202. AaO, zu § 53b RN. 2. AaO, zu § 53b RN. 2. AaO, zu § 53b RN. 3. gliedsstaat des EWR einem Institut die Betriebserlaubnis durch die für seinen Hauptsitz zuständige Stelle erteilt wurde, bedarf es zur Ausübung seiner Tätigkeit keiner neuen Erlaubnis in Deutschland. § 33b KWG betrifft die Frage der Anhörung der zuständigen Stellen eines anderen Staats des EWR bei der Erteilung der Erlaubnis, wenn es sich bei dem antragstellenden Institut um ein Tochter- oder Schwesterunternehmen (im Sinne des § 1 Abs. 1, 1a KWG) handelt, dessen Mutterunternehmen in einem anderen Staat des EWR zugelassen ist oder von denselben natürlichen Personen kontrolliert wird, die das Unternehmen in einem anderen Staat des EWR kontrollieren, weil für Tochter- und Schwesterunternehmen nach § 33b Nr. 1 eine Zulassung erforderlich bleibt.480 In diesem Falle hat die BaFin bei beabsichtigter Erlaubniserteilung die zuständigen Stellen des Herkunftsstaats anzuhören.481 Die Anhörung gem. § 33b bezieht sich auf die Frage der Zuverlässigkeit der Inhaber sowie der fachlichen Eignung der Geschäftsführer des betroffenen Unternehmens und überdies auf wichtige Informationen, die zur Beurteilung des Falls von Bedeutung sind. n.2) Institute mit Sitz außerhalb der EU Für Institute mit Sitz in einem Drittstaat sind die allgemeinen Vorschriften nach §§ 32 ff. KWG hinsichtlich des Zulassungsverfahrens gültig. Für Unternehmen mit Hauptsitz in einem Drittstaat482 enthält § 53c KWG teilweise befreiende Vorschriften (betr. Geltung des KWG) für EWR-Unternehmen oder teilweise Freistellung für Unternehmen aus einigen Drittstaaten (USA, Japan und Australien).483 Diese Befreiung von der Anwendung der KWG-Vorschriften setzt voraus, dass sichergestellt ist, dass die Drittstaatszweigstelle nach international anerkannten Standards (wie z.B. angemessene Eigenmittelausstattung ..usw.) beaufsichtigt wird (§ 53c Abs. 2 Buchst. a). Diese Befreiung von der Aufnahmestaats- zugunsten der Herkunftsstaatskontrolle erfolgt jedoch nur auf Grund entweder eines Abkommens der Europäischen Gemeinschaft/Union gem. § 53c Nr. 1 mit dem Drittstaat oder gemäß bilateralen zwischenstaatlichen Vereinbarungen (Nr. 2) der Bundesrepublik Deutschland mit diesem Drittstaat. 480 481 482 483 Reischauer/Kleinhans, KWG, zu § 33b NR. 1. Krammig, Das Recht der Bankenaufsicht in Deutschland und Südafrika, 2001, S. 151. § 1 Abs. 5a Satz 1 KWG: Der Europäische Wirtschaftsraum i.S.d. Gesetzes umfasst die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie die anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum; Satz 2: Drittstaaten i.S.d .Gesetzes sind alle anderen Staaten. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 53c RN. 1. 153 B. Syrische Arabische Republik „Syrien“ 1 Erlaubnispflicht Wer in Syrien die in § 12 G-28 von 2001 und § 7 G-35 von 2005 aufgezählten Geschäfte betreiben will, muss zuerst eine vorherige schriftliche Erlaubnis besitzen. Das heißt, dass von öffentlichen oder privaten Unternehmen Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen regelmäßig nur mit der erforderlichen Erlaubnis der staatlichen Behörden betrieben oder erbracht werden dürfen - und dies erst, nachdem sie in das Register des zuständigen Regierungskommissars eingeschrieben worden sind.484 Die Betriebserlaubnis muss vor Beginn der Geschäftstätigkeit vorliegen. Hinzuzufügen ist, dass die Eintragung des Instituts in das Bankenregister von einer Gegenzeichnung der Zentralbank abhängig gemacht wird. Zunächst muss im Sinne des § 12 (exekutive Anweisungen)485 des G-28 von 2001 das Institut das Gründungsverfahren vervollständigen bis zur Ausgabe von Aktien zur öffentlichen Zeichnung, der Wahl des ersten Vorstandes der Bank, der Ernennung des ersten Generaldirektors und des ersten Abschlussprüfers, der angemessenen Ausstattung des Verwaltungssitzes der Bank. Danach erst wird das Unternehmen als Bank in das Bankenregister bei der Zentralbank eingeschrieben. Die Besonderheit des syrischen Gesetzes in diesem Zusammenhang besteht darin, dass der Gesetzgeber nur Banken in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft zugelassen hat. Daher ist nicht vorstellbar, dass eine derartige Gesellschaft ohne Erlaubnis der Regierung Bestand haben könnte.486 Alle Aktien der etablierten Banken müssen auf einen Nennbetrag lauten (nominal) und übertragbar sein - mit Ausnahme derjenigen, die dem öffentlichen Sektor gehören.487 1.1 Träger der Erlaubnis Der Betriebserlaubnis bedarf derjenige, der die Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will. Der syrische Gesetzgeber erlaubt - wie erwähnt - die Gründung von 484 485 486 487 154 § 85 G-23 von 2001. Exekutive Anweisungen werden normalerweise auf Grund eines bestimmten Artikels in einem Gesetz, wenn nötig, zu erlassen. Daher setzt das betroffene Ministerium das Gesetz durch den Erlass dieser Anweisungen durch, ähnlich Regelungen, die in der Bundesrepublik Deutschland Durchführungsverordnungen/ Ausführungsbestimmungen genannt werden. Die hier ausgeführten Anweisungen wurden durch das Ministerium für Wirtschaft und Handel erlassen, weil die Zentralbank in Syrien diesem Ministerium zugeordnet ist. § 28 G- 28 hat ausdrücklich den Minister für Wirtschaft und Handel ermächtigt, diese Bestimmungen zu erlassen. Diese umfassen 36 Artikel und wurden 2001 erlassen. § 4 Buchstabe A G-28 von 2001. § 2 Nr. 2 G-28 von 2001. Banken nur in der Rechtsform von Aktiengesellschaften. So ist festzustellen, dass für private Banken explizit auf § 1 G-28 von 2001 und für islamische Banken implizit auf § 2 G-35 vom 04.05.2005 unter Bezugnahme auf das G-28 verwiesen wird. Daraus ergibt sich, dass der Erlaubnisträger immer die juristische Person ist, also die etablierte Bank, repräsentiert durch ihre Vertreter. Zudem legt § 1 G-28 eindeutig fest, dass die gegründeten Aktiengesellschaften syrische Staatsangehörigkeit haben müssen. § 2 Nr. 2 sieht ausdrücklich vor, dass Aktien einer solchen Bank nur von Bürgern der Arabischen Republik Syrien gehalten werden dürfen. Arabische und ausländische - sowohl natürliche als auch juristische - Personen können zwar in den syrischen Bankenmarkt eintreten, aber nur durch Errichtung einer syrischen Bank gemäß § 3 G28, der als Ausnahme vom § 2 Nr. 2 i. V. m. § 1 G-28 gilt. Damit darf nur eine die Anforderungen der Zentralbank erfüllende Gesellschaft die Bezeichnung „Bank“ führen. Bei jeder Änderung auf Seiten des Erlaubnisträgers (der juristischen Person) bedarf die Bank einer erneuten Erlaubnis, d. h. etwa bei einer Verschmelzung mit einem anderen Institut, einer Neugründung, auch bei einer Abspaltung oder einer Fusion mit einer anderen Bank. Es darf jedenfalls niemand, der eine Erlaubnis zur Errichtung einer Bank in Syrien erhält, diese in irgendeiner Form mit Anderen teilen oder sie insgesamt weiter übertragen.488 Die Errichtung einer Bank muss ernst gemeint sein, was man insbesondere daran merkt, wie hoch das Anfangskapital ist, wie unten durch Bezugnahme auf G-3489 von 2009 näher erläutert wird. 1.2 a) Beschränkung der Beteiligungen natürlicher und juristischer Personen Zielsetzung Eine erste Novellierung beider Gesetze - G-28 und G-35 - fand durch das G-3 vom 30.12.2009 statt; hierdurch wurden die §§ 6, 7 und 9c G-28 bzw. § 4 G-35 betroffen. Es handelt sich dabei um bedeutende Beteiligungen und deren Auswirkungen auf das Funktionieren der Bank. „Das Gesetz zielt darauf ab, große internationale Banken mit hohem Renommee anzulocken und damit zur Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen beizutragen und die Dienstleistungen, die die aktiven Banken anbieten, möglichst zu diversifizieren. Wir erhöhen 488 489 § 4 Buchstabe (h) G-28 vom 2001. G-3 vom 4. Januar 2009 stellt die erste Novellierung des G-28 von 2001 dar, die Begründung dafür war die Absicht der Stärkung der wirtschaftlichen Lage und darüber hinaus der besseren Risikotragfähigkeit der in Syrien tätigen Banken. Ansprache von Dr. Adib Mayaleh, Gouverneur der Zentralbank von Syrien, beim Treffen der kommerziellen türkisch-syrischen Banken in Damaskus vom 24.01.2010. 155 damit die Fähigkeit der Banken, das Risiko der Finanzierung größerer Projekte zu tragen, die der Volkswirtschaft in erheblichem Maße zugute kommen und die zuvor wegen der schwachen Kapitalbasis der Banken nicht finanziert wurden. Die Verstärkung der Zahlungsfähigkeit der Banken vor Ort ermöglicht den lokalen wirtschaftlichen Einrichtungen und Aktivitäten in größerem Umfang den Zugang zu weltweit angebotenen Dienstleistungen - wegen ihrer Fähigkeit, die erforderlichen Garantien zu bieten. Dies fördert andererseits die Neigung des Publikums, in die von den Banken ausgegebenen Aktien zu investieren und auch die Ausbreitung von Allgemeinbildung über den Aktienmarkt“.490 b) Einzelheiten b.1) Gründer der Bank Nach § 1 Buchstabe A Nr. 3 G-3 müssen die Gründer der Bank bei der Antragstellung mindestens 25% des Anfangskapitals der Bank einbringen, dürfen aber die in diesem Gesetz (G-3) genannten Obergrenzen der Beteiligung nicht überschreiten. b.2) Öffentlicher Sektor Eine Bank gilt gem. § 1 Buchstabe A Nr. 3 als teilstaatlich nur dann, wenn die Summe der Beteiligung des syrischen öffentlichen Sektors491 mindestens 25% des Kapitals beträgt (§ 1 G28). In § 1 G-28 wird namentlich aufgezählt, welche staatlichen Einrichtungen sich an Banken beteiligen dürfen - (1) öffentliche Banken, (2) syrische öffentliche Versicherungsgesellschaften und (3) Sparkassen. Bei Unterschreitung des genannten Beteiligungsverhältnisses (25%) bleibt die Bank privat. Gesetzlich muss die Beteiligung einer zum öffentlichen Sektor gehörigen Institution jedoch auf einer vorherigen Zustimmung des Ministerrats basieren. Der Zustimmungsbeschluss muss daher dem Erlaubnisantrag beigefügt werden. b.3) Beteiligung natürlicher Personen Nach § 1 Buchstabe (C) darf die Beteiligung einer natürlichen Person permanent 5% des Kapitals der Bank nicht überschreiten. Dieses Verhältnis bezieht sämtliche Anteile sowohl der Ehefrau bzw. der Ehefrauen (im Falle der Polygamie) als auch eventuelle Quoten minderjähriger Kinder mit ein. 490 491 156 Mayaleh, ebenda. Der sog. Öffentliche oder staatliche Sektor umfasst jegliche Art von Einrichtungen (wirtschaftliche, finanzielle, landwirtschaftliche, industrielle etc.), die der Staat oder die syrischen Regierung besitzt bzw. dieser gehört und von ihr geleitet werden. b.4) Beteiligung juristischer Personen Eine einschränkende Obergrenze der Beteiligung gilt auch für juristische Personen. Nach § 1 Buchstabe (B) G-3 wird eindeutig vorgeschrieben, dass eine solche Beteiligung 60% nicht übersteigen darf 492 - ohne Rücksicht darauf, ob die juristische Person Syrer, Araber oder Ausländer ist. Diese Einschränkung gilt für sämtliche Beteiligungen an einer Bank. Ausgenommen von dieser Restriktion ist der Fall der teilstaatlichen Banken,493 bei denen sich juristische und natürliche Personen ausnahmsweise insgesamt mit bis zu 75% am Kapital beteiligen dürfen. Diese Festlegung soll zugunsten des öffentlichen Bank- und Finanzsektors wirken. b.5) Beteiligung von Ausländern Gemäß § 3 G-3, der den § 9 Buchstabe (C) G-28 novellierte, dürfen Ausländer nicht mehr als 49% des Anfangskapitals einer Bank halten. Aber auf der Grundlage eines Beschlusses des Ministerrates (Kabinett), basierend auf einen Vorschlag des Rates für Geld- und Kreditpolitik, kann ein Verhältnis von bis zu 60% des Kapitals erlaubt werden. § 6 G-3 vom 04.01.2010 setzt voraus, dass diese Erhöhung der Beteiligung der Ausländer - auf 60% des Eigenkapitals - nur möglich ist, wenn die Bank noch zusätzlich auf 50% des durch dieses Gesetz bestimmten Mindest-Eigenkapitals erhöhen würde. Darüber hin erfordert jede Erhöhung solcher Beteiligungen die vorherige Zustimmung des Kabinetts (§ 6 G-3). Der Gesetzgeber erlaubt eine Erhöhung dieses Anteils aber nur unter der Voraussetzung, dass diese zugunsten eines strategischen Partners ins Gewicht fällt, der nach Möglichkeit einen guten internationalen Ruf genießt. Dabei sollte der Partner ausgezeichnete Erfahrungen im Bank- und Finanzdienstleistungsbereich haben, und letztlich müssen finanzielle Indikatoren dessen hohe Effizienz zeigen. Sonst genehmigt die Zentralbank eine derartige Erhöhung der Beteiligung nicht. Die diesbezügliche Beurteilung liegt im Ermessen der Zentralbank, das aber auf belastbare Dokumentationen gestützt sein muss, und dabei auch die internationalen 492 493 Nach § 6 Nr. 4 G-28 von 2001 durfte die zulässige Obergrenze der Beteiligung einer juristischen Person 49% des Kapitals nicht überschreiten, auch wenn der Bank- und Finanzsektor beteiligt ist. Mit teilstaatlichen Banken sind Banken gemeint, die an denen eine Einrichtung der syrischen Regierung einen Anteil bzw. Beteiligung i.H.v mindestens 25% des Eigenkapitals der Bank hat. Für die „Teilstaatlichen Banken“ gibt es keine Legaldefinition. Laut § 1 G-28 von 2001 sind nur staatliche Banken, das öffentliche Versicherungsunternehmen und andere Institute für Ersparnisse des Publikums zur Beteiligung und zur Gründung mit privatem Sektor zugelassen. Diese Beteiligung solcher Institutionen erfordert eine Zustimmung des Kabinetts (§ 1 G-28). Nach § 11 G-28 unterstehen Teilstaatliche Banken – unabhängig von der Höhe der Beteiligung - nicht den auf den öffentlichen Sektor angewendeten Vorschriften und Regeln. Das bedeutet, dass die in Zukunft zu gründenden teilstaatlichen Banken nur G-28 und den folgenden Gesetzen unterwerfen würden. Bisher gibt es aber keine zugelassenen teilstaatlichen Banken. 157 Regeln und Standards der Rechnungslegung - dir International Financial Reporting Standards (IFRS)494 - berücksichtigt. Die vorgesehenen Beteiligungsverhältnisse – also sowohl 5%495, 49% als auch 60% - müssen jederzeit eingehalten werden, d.h. nicht nur bei der Antragstellung, sondern dauerhaft, also ununterbrochen während der Dauer der Ausübung der Banktätigkeiten und des Erbringens von Finanzdienstleistungen. Nach § 2 (exekutive Anweisungen zu G-28) von 2001 müssen die Gründer (natürliche Personen oder Vorstände von juristischen Personen) den Antrag (Muster 2) unterzeichnen. Der Erlaubnisantrag muss ausführliche Informationen über folgende Tatsachen enthalten: 1. Bezeichnung bzw. Name der zu errichtenden Bank und ihre Rechtsform (privat oder gemeinsam mit dem Staat, also teilstaatlich), 2. Mindestanfangskapital, Nominalkapital, 3. Anzahl der Anteile und Wert des einzelnen Anteils (mindestens 500 L.S., ca. 10 USDollar), 4. Sitz und Anschrift (auch Sitzadressen der Zweigniederlassungen, wenn es solche gibt), 5. die vollständigen Namen der Gründer (Nach-, Vor- und Vatersname) sowie deren Staatsangehörigkeit und die Art ihrer Mitwirkung; ferner deren Anschriften, Namen der beteiligten juristischen Personen und deren Sitzadressen, ihre Staatsan- 6. gehörigkeit, ihre Anteile am Kapital; Angaben über die Beteiligungen der öffentlichen Hand (Name, Anschrift), Kapitalbeteiligungen in Prozent (höchstens 25%), Registrierziffer, Eingangsdatum und Datum der Entscheidung der Regierung, 7. Namen und Anschriften der Gründer, die den Erlaubnisantrag vertreten (damit evtl. weitere Informationen eingeholt werden können, um so die Dokumente erforderlichenfalls zu vervollständigen). Der Antrag muss bei der Zentralbank (beim Regierungskommissariat für die Banken) eingereicht werden. Die Zentralbank kann auch zusätzliche Erklärungen, Informationen und Dokumente - wenn nötig - anfordern. 494 495 158 Internationale Rechnungslegungsgrundsätze, die vom International Accounting Standards Board (IASB) herausgegeben werden und ab 2005 von kapitalmarktorientierten Mutterunternehmen in der EU bei der Erstellung des Konzernabschlusses zu befolgen sind. Anteil der natürlichen Person. c) Mindestanfangskapital Das Anfangskapital darf gem. §§ 1, 4 G-3 vom 30.12.2009 mindestens 10 Mrd. L.S. für private bzw. 15 Mrd. L.S.496 für islamische Banken nicht unterschreiten.497 Für die islamischen Banken wurde in § 4 G-35 von 2005 festgelegt, dass 50% des Nominalkapitals bei der Antragstellung bezahlt werden müssen. Aber dieselbe Regel (Bezahlung der Hälfte des Nominalkapitals)498 befindet sich in § 7 von G-28 von 2001. § 2 G-35 von 2005 verweist, wenn es dort keine Regelung gibt, auf das G-28, es werden hierbei Regeln über allgemeine Angelegenheiten wie z.B. Erlaubnis- und Gründungsverfahren, Beschränkung der Beteiligungen … etc. gemeint. Der Gesetzgeber hat also eine hohe Mindestanfangskapitalbeteiligung für neue Erlaubnisanträge gefordert. Mehrere Gründe stehen dahinter. Es geht vor allem darum, die großen, reichen, Weltruf genießenden Banken in Syrien investieren zu lassen und/oder zu beschränken. Damit sollen international renommierte Banken mit ihren Erfahrungen ins Boot geholt werden, die auch sachkundige, erfahrene Mitarbeiter mitbringen und internationale Standards im syrischen Markt etablieren. Unter diesen Voraussetzungen können die zu gründenden Banken die potenziellen Anfangsverluste besser auffangen und den laufenden Geschäftsbetrieb abdecken. d) Weitere Angaben bei der Antragstellung Zudem müssen entsprechend § 4 der exekutiven Anweisungen der Regierung zu G-28 zu- sätzliche Angaben und Dokumente über die beantragte Bank beigefügt werden, damit das Regierungskommissariat den Antrag genau beurteilen kann. Dabei gelten diese Daten und Dokumente als regulatorisch wirkender Bestandteil des Antrags. d.1) In Bezug auf die beantragte Bank Die zu errichtende Bank muss gem. § 5 G-28 von 2001 ihren Hauptsitz im Zentrum einer Provinz lokalisieren. Der Hauptsitz muss mit der Antragstellung angegeben werden. Die Bank darf auf Antrag ihres Vorstandes und mit Zustimmung der Zentralbank Zweigstellen in den übrigen Provinzen und Städten sowie auch im Ausland errichten. 496 497 498 Die jeweiligen Beträge entsprechen 200 Mio. bzw. 300 Mio. Dollar, Ansprache des Gouverneurs der syrischen Zentralbank, Adib Meyala, am 01.10.2010 auf der Konferenz in Beirut zum Schengen-Abkommen auf Bankebene (Syrien, Libanon, Türkei). Quelle: Website der Zentralbank. Zuerst waren es 1,5 Mrd. L.S. für Privatbanken gem. § 6 G-23 von 2001, und 5 Mrd. L.S. für islamische Banken gem. § 4 G-35 vom 2005. Die andere Hälfte des Aktienpreises muss binnen sechs Monaten nach der Erlaubniserteilung eingezahlt werden. 159 Folgende Unterlagen sind in dreifacher Ausfertigung einzureichen:499 d.1.1) Der Vertrag(sentwurf) zur Gründung der Bank, der normalerweise die allge- meinen Angaben enthalten muss. Der vom Antragsteller entworfene Vertrag ist sehr bedeutsam für die zuständige Behörde, da mit ihm die wesentlichen Tatsachen über beteiligte Personen, Verpflichtungen, Rechte, Organe und deren Zusammensetzung, den Sitz der Bank (im Zentrum einer der syrischen Provinzen), den Termin der Geschäftsaufnahme, den Geschäftszweck und das geplante Anfangskapital usw. genannt werden. Anzugeben bzw. beizufügen sind ferner (ebenfalls jeweils in drei Exemplaren) 1. das Schema der vorgeschlagenen organisatorischen Struktur, das interne Kontrollverfahren, der Organisationsaufbau der Bank in Form eines Organigramms, die vorgesehene Funktionsverteilung zwischen den Antragstellern innerhalb der Geschäftsleitung sowie die vorgesehenen Standorte der Zweigstellen, 2. eine detaillierte, präzise Untersuchung zum voraussichtlichen wirtschaftlichen Nutzen (Wirtschaftlichkeitsbetrachtung) der einzurichtenden Bank, 3. Haushaltsvoranschläge für die ersten drei Jahre, Vorstellungen zum Geschäftsplan, zu Planbilanzen, zu Plangewinn- und -verlustrechnungen für die ersten drei Geschäftsjahre; der Geschäftsplan soll die erwartete künftige Entwicklung aufzeigen; 4. der Beschluss des Ministerrates, der dessen Zustimmung zu den an der Errichtung der Bank zu beteiligenden ausländischen natürlichen und juristischen Personen ausweist; 5. der Beschluss des Ministerrates, der dessen Zustimmung zur Teilnahme des öffentlichen Bank- und Finanzdienstleistungssektors Syriens an der Errichtung der teilstaatlichen Bank enthält; 6. Unterlagen der ausländischen bankaufsichtlichen Behörde, die deren Zustimmung die Beteiligung einer zu ihrem Aufsichtsbereich gehörenden Bank an der Errichtung einer Bank in Syrien betreffend – enthält. Wenn eine ausländische Bank in den syrischen Bankenmarkt eintreten will, muss die Zustimmung der im (fremden) Sitzland zuständigen Bankenaufsichtsbehörde unbedingt vorliegen und 7. eine Quittung der Zentralbank, die belegt, dass die Gebühr der Prüfungs- und Untersuchungskosten für das Verfahren eingezahlt wurde. 499 160 § 4 Nr. 1 der exekutiven Anweisungen der Regierung über das G-28 vom 2001 (Ministerium für Wirtschaft und Handel). d.2) In Bezug auf Antragsteller in Gestalt natürlicher Personen Anzugeben bzw. beizufügen sind:500 1) die Namen der Unternehmen und Institute, in denen die natürlichen Personen beschäftigt bzw. an denen sie beteiligt sind und die zur Gründung beitragen werden, die Höhe der jeweiligen Beteiligung, Aussagen darüber, ob der Gründer ein Mitglied des Vorstandes des Unternehmens oder Instituts oder der Generaldirektor ist, die Staatsangehörigkeit, der Sitz und die Anschrift dieser Unternehmen bzw. Gesellschaften; 2) eine Erklärung zur finanziellen Lage des Unternehmens, die Benennung stiller Gesellschafter, und ggf. noch anderer geschäftlicher Tätigkeiten sowie Aussagen zu eventuellem Eigentum an landwirtschaftlicher Fläche für die einzelnen Gründer, und zur Art der Tätigkeit dieser Unternehmen. Die Erklärung muss durch einen juristischen Prüfer und die zuständige Kammer501 beglaubigt sein; 3) eine Stellungnahme über die finanzielle Situation des Antragstellers und andere wichtige Informationen - und ob zuvor einer der Gründer in Insolvenz gegangen ist; 4) ein detailliertes Statement hat wieder die persönlichen Daten der Antragsteller zu enthalten, dazu auch Aussagen über berufliche Bankerfahrungen sowie zur wissenschaftlichen Qualifikation; 5) Auskünfte über enge Verbindungen zu anderen Personen - sowohl zwischen den Antragstellern untereinander als auch zu den Vorsitzenden oder den Generaldirektoren der beteiligten Gesellschaften. Das ist eine Erweiterung gegenüber der Praxis der einfachen Beaufsichtigung bedeutender Beteiligungen. Die Antragsteller sind verpflichtet, alle relevanten Tatsachen anzugeben; 6) zudem Erklärungen zu der Frage, welche Arbeitsbeziehungen es zwischen den Antragstellern gibt, sowohl natürliche als auch juristische Personen als Antragsteller betreffend; 7) persönliche Identifikationen: Ausweispapiere, ständige Adressen sowie gültige Aufenthaltsdokumente und 8) ein aktueller Auszug aus dem Strafregister des jeweiligen Antragstellers als Anhaltspunkt für den Regierungskommissariat bei der Beurteilung über die persönliche Zuverlässigkeit des Antragstellers und demzufolge des Vorstandes der Bank. 500 501 § 4 Nr. 2 der exekutiven Anweisungen der Regierung über das G-28 vom 2001 (Ministerium für Wirtschaft und Handel). Örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk sich der Aufenthalt bzw. der Wohnsitz des Antragstellers befindet. 161 d.3) In Bezug auf den Vorsitzenden, die Mitglieder des Vorstands und die Generaldirektoren der beteiligten juristischen Personen Nach § 4 Nr. 3 der exekutiven Anweisungen der Regierung sind detaillierte Informationen beizubringen über die Vorsitzenden, die Mitglieder und die Generaldirektoren der an der einzurichtenden Bank beteiligten Gesellschaften, also der involvierten juristischen Personen. Dazu gehören Name, Staatsangehörigkeit, die Beteiligungsquote der jeweiligen Person an dieser Gesellschaft, Auskunft über ihre finanzielle Lage und darüber, ob gegen eine von ihnen ein Insolvenzverfahren durchgeführt wurde; ferner werden erfragt: die fachlich-wissenschaftliche Eignung der Person, insbesondere im Bereich des Bankwesens, Angaben über Beziehungen und Verwandtschaften untereinander, Angaben über Arbeitsbeziehungen zwischen den Gründern und den anderen natürlichen und juristischen Personen; zudem sind persönliche Angaben zu machen, wie etwa zum Besitz eines aktuellen, gültigen Ausweises, über die ständige Wohnadresse sowie ist ein aktueller Auszug aus dem Strafregister vorzulegen. Die angeforderten Unterlagen müssen durch die zuständigen Stellen bestätigt sein. Dabei wird darauf abgezielt, die Höhe der Beteiligungen und welchen Einfluss diese haben könnten zu klären, und ob die Beteiligungen die gesetzlichen Beschränkungen in § 1 G-3 vom 2009, der den § 6 G-28 novelliert hat, überschreiten würden. e) Erlaubnisantrag Der Erlaubnisantrag soll gem. § 1 Abs. a der exekutiven Anweisungen 502 i.V.m. § 4 G- 28503 vom 16.04.2001 der Zentralbank (zunächst dem Regierungskommissariat für die Banken) vorgelegt werden. Für den Antrag benutzt man ein vorgedrucktes Formular, bestehend aus zwei Musterblättern, die von den Vertretern der Gründer (den Antragstellern) auszufüllen sind. Das Musterblatt (1) gilt nicht schon als offizieller Antrag, sondern als eine Absichtsanzeige zum Antrag. Aber nachdem die Zentralbank daraufhin Erkundigungen eingeholt hat und falls alle Angaben als positiv einzustufen sind, kann der Vertreter der Gründer das Musterblatt (2) ausfüllen. Ab dem Datum von dessen Abgabe läuft die Frist, die der Zentralbank für die Rückantwort eingeräumt wird. Für islamische Banken soll ausdrücklich hingewiesen werden, dass die zu gründende Bank eine islamische Bank ist, und die Bezeichnung der Bank soll einen entsprechenden Hinweis enthalten. Darüber hinaus darf das Mindestanfangskapital nicht unterschritten werden. 502 503 162 Exekutive Anweisungen der Regierung über das G- 28 vom 2001 (Ministerium für Wirtschaft und Handel). G- 28 vom 16.04.2001 in Bezug auf die Genehmigung der Bankenerrichtung, welches das erste Gesetz für die Zulassung von privaten Banken in Syrien bildet. f) Verfahren und Prüfung Das Erlaubnisverfahren ist gem. § 4 Nr. 6 G-28 von 2001 gebührenpflichtig. Der Ge- setzgeber hat den verlangten Betrag nicht genau festgelegt, sondern stattdessen den Minister für Wirtschaft und Handel beauftragt, diesen zu fixieren. Die Kosten belaufen sich auf 500.000 L.S,504 die Kosten der Eintragung in das Register beim Regierungskommissariat für die Banken betragen aber 3.000.000 L.S. (§ 2 Beschluss Nr. 562). Die Gebühr für das Verfahren und die Prüfung sind für beide Arten von Banken – für islamische wie für private - einheitlich. Nach Abgabe der geforderten Unterlagen und Dokumente gibt die Zentralbank (das Regierungskommissariat für die Banken) eine Erklärung ab, durch die der Erhalt des Antrags bestätigt wird (§ 5 exekutive Anweisungen der Regierung über das G-28 von 2001). Das Datum dieser Mitteilung ist sehr wichtig, weil es den Beginn der Frist für die Rückantwort über die Erteilung oder die Versagung der Erlaubnis markiert. Die Beantwortung des Antrages erfolgt (gem. § 6 exekutive Anweisungen der Regierung über das G- 28 vom 2001) in 4 Stufen: 1) Regierungskommissariat für die Banken: Aufgabe dieser Stelle ist die Überprü- fung der Richtigkeit aller Informationen im Antrag, z.B. über den Antragsteller selbst (zur Zuverlässigkeit und fachlichen Qualifikation der Geschäftsführer und des Vorstandes). Außerdem muss die Bonität der beteiligten Gesellschaften und Antragsteller untersucht werden. Von Bedeutung für die Erlaubniserteilung in Syrien ist vor allem ein Kriterium: nur solche Gesellschaften in den syrischen Bankenmarkt eintreten zu lassen, die einen guten Ruf genießen und in Bankgeschäften erfahren sind. Die Untersuchung bezieht sich auch auf die Frage, ob die beantragenden Gesellschaften die internationalen finanztechnischen Standards505 (insbesondere im Rechnungswesen, beim Risikomanagement und bezüglich der Anforderungen des Basler Ausschusses) befolgen. Außerdem wird als entscheidendes Kriterium die Notwendigkeit der Errichtung dieser Bank berücksichtigt in Anbetracht der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Syrien generell und insbesondere im anvisierten Gebiet bzw. in der anvisierten Provinz. 504 505 § 1 Beschluss Nr. 562 des Ministeriums der Wirtschaft und Handel. Bezug genommen wird hier auf internationale Regeln und Standards der Rechnungslegung wie die International Financial Reporting Standards (IFRS); s. oben, Fn. 494. 163 Danach reicht die Zentralbank (der Regierungskommissariat) die Ergebnisse der Untersuchung und Überprüfung beim Rat für Geld- und Kreditpolitik ein - unter Kundgabe ihrer Ermessenserwägungen in der Frage der Erteilung oder Versagung der Erlaubnis. 2) Der Rat für Geld- und Kreditpolitik wertet diese Ermessenserwägungen aus und fasst einen Beschluss. Er muss den Beschluss aber danach dem Ministerpräsident vorlegen, der wiederum seine Einschätzung zur Sache kundtun muss. 3) Letztendlich trifft das Kabinett506 die endgültige Entscheidung auf Grund der Untersuchungen sowie der Einschätzungen und Meinungen der genannten Stellen. Nach § 7 der exekutiven Anweisungen der Regierung über das G-28 von 2001 muss der Ministerrat binnen dreier Monate seine Entscheidung – negativ oder positiv - treffen. Diese Frist beginnt ab dem Datum der Erklärung der Zentralbank, die den Erhalt der eingereichten Unterlagen bestätigt. Wenn der Ministerrat seine Entscheidung vor Ablauf der genannten Dauer nicht getroffen hat, gilt der Antrag als abschlägig beschieden. In beiden Fällen der Ablehnung (explizit oder implizit) dürfen die Antragsteller oder ihre gesetzlichen Vertreter die Gründe und die Rechtfertigung der Ablehnung seitens der Zentralbank oder einer anderen der o.g. Behörden einsehen.507 Die Gebühr für das Antragsverfahren ist gem. § 8 Buchstabe (g) nicht rückzahlbar, d. h. der Antragsteller kann die Gebühr auch im Falle der Versagung der Erlaubnis nicht zurückfordern. Der Antragsteller hat das Recht, erneut einen Antrag auf Erlaubniserteilung zu stellen. Er muss dabei jedoch die Ablehnungsbegründung berücksichtigen und überdies zuerst die Gründe und Ursachen der Versagung beseitigen. Es versteht sich, dass der zweite Antrag auf Eröffnung eines Erlaubnisverfahrens wiederum gebührenpflichtig ist - gem. § 8 Buchstabe (g). Die Frist für den Abschluss des Antragsverfahrens beträgt auch bei der Wiederbeantragung drei Monate. Nach § 8 Buchstabe (b) der exekutiven Anweisungen ist es untersagt, das Stellen eines Antrages auf Erlaubniserteilung mehr als zweimal innerhalb einer Spanne von drei Jahren zu wiederholen. Es kann sich aber ergeben, dass ein danach gestellter Antrag wiederum ab- 506 507 164 Vor Erlass des Gesetzes Nr. 21 vom 09.02.2011 gab es für die Erteilung einer Banklizenz vier Stufen, da früher noch der Minister für Wirtschaft und Handel in das Verfahren - als dritte Stufe - einbezogen war. Er sollte seine Einschätzung, ggf. um modifizierende Vorschläge ergänzt, dem Ministerrat unterbreiten. § 8 Buchstabe (g) der Exekutiven Anweisungen der Regierung. schlägig beschieden wird, da die Zentralbank nicht verpflichtet ist, eine solche Erlaubnis zu erteilen. g) Versagungsgründe für die Erlaubnis Dem Gesetz 28 von 2001 fehlt eine ausdrückliche Vorschrift zum Problem der Versagung eines Erlaubnisantrags, es findet sich kein gesonderter Artikel zur Bestimmung der Versagungsgründe für eine Erlaubnis. Man kann aber die Versagungsgründe durch eine widerspruchsfreie Auslegung des Gesetzes ermitteln, insbesondere in den Fällen, in denen das Gesetz an anderer Stelle zwingende Anforderungen an die Gründung einer Bank stellt. Zur Vermeidung einer Wiederholung genügt es deshalb, diese Gründe aufzuzählen: g.1) Zwingende Versagungsgründe 1) Nicht ausreichendes Anfangskapital, d.h. dass das Anfangskapital nominal nicht den Umfang von 10 Mrd. L.S. für Privatbanken und 15 Mrd. L.S. islamische Banken erreicht, 508 2) Überschreitung der Obergrenzen der zulässigen Beteiligung natürlicher oder juristischer Personen, wie oben unter Verweis auf § 1 G-3 von 2010 detaillierter dargelegt wurde. g.2) Versagungsgründe im Ermessen einer an der Erlaubniserteilung beteiligten Behörde Bemerkenswerterweise ist das syrische Gesetz frei von einem Passus des Inhalts, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Erlaubniserteilung hat. Das lässt sich so deuten, dass die Behörden in Syrien über einen weiten Ermessensspielraum bei solchen Entscheidungen – insbesondere für eine Ablehnung - verfügen. Das betrifft folgende Punkte: die Zuverlässigkeit der beteiligten Personen, weil aus ihrer Mitte künftig der Vorsitzende und die Mitglieder des Vorstandes der zu gründenden Bank ausgewählt werden; ferner die Qualifikation, den Ruf, das internationale Renommee sowie die Bonität (unter Berücksichtigung der internationalen Standards) der beteiligten Unternehmen. Zudem wird der Bedarf an Bankdienstleistungen der syrischen Wirtschaft insgesamt und insbesondere in der betroffenen Provinz, in der der Verwaltungssitz liegen würde, abgeschätzt. Bisher haben aber alle in Syrien tätigen Banken - außer einer - ihren Sitz in Damaskus gewählt. Eine einzige Bank, die ihren Sitz nicht in Damaskus hat, hat ihren Sitz zwar außerhalb der Hauptstadt (in Rif Dimaschq), aber in deren Nähe, in Damaskus-Land. 508 §§ 1 bzw. 4 G-3 vom 4. Januar 2010; Zentralbank of Syria-Web-Site. 165 h) Fehlen der Erlaubnis h.1) Erlöschen der Erlaubnis Nach § 91 G-23 kann die Erlaubnis erlöschen, wenn 1) die Bank dies beantragt (Verzicht); 2) die Bank von ihrer Erlaubnis nicht innerhalb eines Jahres seit ihrer Eintragung in das Bankenregister beim o.g. Regierungskommissariat Gebrauch gemacht hat; 3) die Bank ihren Geschäftsbetrieb einstellt, ohne um vorherige Zustimmung des Rates für Geld- und Kreditpolitik ersucht zu haben. Der Rat für Geld- und Kreditpolitik muss in diesen Fall eine Frist (mit der Wirkung einer Verwarnung) für die Fortsetzung der Tätigkeit der Bank festlegen und kann mit dem Fristablauf im Fall fortgesetzter Inaktivität der Bank das Erlöschen der Erlaubnis verfügen; 4) die Bank gegen ihre eigene Satzung, gegen Gesetze, Bestimmungen, Verordnungen und Verfügungen verstößt, die ihre Tätigkeit regulieren sollen, und so Schaden für die Einleger und Aktionäre verursacht oder 5) Liquidität und Bonität der Bank in hohem Maße gefährdet sind. Nach § 91 Abs. 2 G- 23 entscheidet der Ministerpräsident über das Erlöschen der Erlaubnis auf Basis eines Vorschlags des Rates für Geld- und Kreditpolitik. Der Rat muss in diesem Falle zuerst den Vertretern der betreffenden Bank über die zum Erlöschen der Erlaubnis führenden Tatsachen Mitteilung machen; die Bank kann (und muss) innerhalb von zehn Tagen nach Empfang dieser Benachrichtigung ihre Stellungnahme beim Rat einreichen. Der Entscheid muss begründet und innerhalb von 20 Tagen erlassen werden. h.2) Rechtsfolgen bei Beendigung der Erlaubnis Die Beendigung der Erlaubnis führt zunächst zur Streichung aus dem Register der Regierungskommissars für die Banken und zur Liquidation der Bank. Diese Liquidation muss unter Mitwirkung der Zentralbank durchgeführt werden. Der Zweck der Beteiligung der Zentralbank an der Liquidation ist der Schutz des Vertrauens der Öffentlichkeit in das Bankensystem insgesamt sowie auch der Schutz der Einleger- und Gläubigerrechte.509 509 166 § 91 Abs. 3 G-23 von 2002. C. Zusammenfassung und Vergleich Es wurde deutlich, dass der Antrag in Deutschland formlos gestellt werden kann und es keine vorgedruckten Formulare dafür gibt. In Syrien dagegen gibt es ein vorgedrucktes Antragsformular, das die Antragsteller ausfüllen und unterzeichnen müssen. Das Mindestanfangskapital ist in Syrien sowohl für die privaten als auch für die islamischen Banken wesentlich höher als in Deutschland. In beiden Ländern muss der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis bei der jeweils zuständigen Behörden-Abteilung vorliegen, da in beiden Ländern gibt es bestimmte Fachbehörden für jede Art von Banken. Da es in Syrien islamische Banken gibt, erfordert es andere vorgedruckte Formulare für diese Arten von Instituten, weil im Antrag darauf hingewiesen werden muss, dass es sich um eine islamische Bank handelt. In beiden Ländern ist klar, dass sich die Erlaubniserteilung bzw. -verweigerung nach dem persönlichen Charakter des Erlaubnisträgers in spe richtet. Dabei kann es keinen automatischen Übergang einer Erlaubnis im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtnachfolge geben. Die Erlaubnis muss immer jeweils erneut beantragt werden. Es gibt eine Ähnlichkeit zwischen den beiden Ländern hinsichtlich des Erlaubnisantrags, der geforderten Voraussetzungen und der verlangten Angaben, die dem Antrag beigefügt werden müssen. Der Hauptunterschied zwischen beiden Ländern besteht dabei in den bedeutenden Beteiligungen. Während die bedeutende Beteiligung in Deutschland erst ab 10% des Nominalkapitals oder der Stimmrechte vorliegt, und es dafür keine Begrenzung für diese Beteiligung gibt, darf dagegen eine natürliche Person (ein Mann mit seinen Ehefrauen und minderjährigen Kindern) in Syrien nicht mehr als 5% des Nominalkapitals halten und dürfen sich juristische Personen mit nicht mehr als 60% am Nominalkapital beteiligen. Bezüglich des Hauptsitzes der zu errichtenden Bank finden wir ebenfalls einen expliziten Unterschied: Während der Sitz der Bank in Syrien im Zentrum der jeweiligen Provinz liegen muss, gibt es im Gegensatz dazu keine solche Regelung in der Bundesrepublik Deutschland (im Kreditwesengesetz). Bei Erlaubniserteilung ist das antragstellende Institut in Deutschland automatisch einer Entschädigungseinrichtung zuzuordnen (§§ 6, 7 EAEG). Die (Kredit-)Institute (und deren Kunden) werden durch diesen damit gegebenen kreditwirtschaftlichen Verbund erheblich ge167 sichert. Dagegen wurde in Syrien kürzlich zwar über eine solche Regelung bzw. Einrichtung diskutiert,510 aber realisiert wurde in diesem Punkt bisher leider nichts. Bezüglich des Erlaubnisantrags gibt es in Syrien mehrere Stellen und Stufen bzw. Instanzen bis zur eigentlichen Entscheidung: die Zentralbank, den Rat für Geld- und Kreditpolitik und den Ministerrat. Und zudem gibt es ein zweistufiges Verfahren, eines ist die Autorisierung der Gründung und das zweite ist die Registrierung der erteilten Erlaubnis bei dem Regierungskommissariat. Im Gegensatz dazu entscheidet in Deutschland die BaFin allein, ob eine Erlaubnis erteilt oder versagt wird. Bei der Frist bis zur Beantwortung des Erlaubnisersuchens gibt es ebenfalls einen Unterschied: Während sie in Deutschland sechs Monate beträgt, beläuft sie sich dagegen in Syrien auf nur drei Monate. Zudem muss die BaFin in ihrer Antwort über den Erlaubnisantrag entweder positiv oder negativ entscheiden. In Syrien dagegen übt die Zentralbank ein Ermessen aus und unterbreitet einen Vorschlag zum vorgelegten Erlaubnisantrag. Trotz der nicht ausdrücklichen Erwähnung, dass die Erlaubniserteilung in schriftlicher Form zu ergehen hat, bleibt das in Syrien ohne große Bedeutung, da der Ausgangspunkt für die Ausübung von Bankaktivitäten die Einschreibung in das Bankenregister beim Regierungskommissariat ist. In Deutschland dagegen ist die Erteilung der Banklizenz das Startsignal/die Genehmigung für das Betreiben bzw. Erbringen von Bank- und Finanzdienstleistungen. Es gibt einen weiteren wesentlichen Unterschied zwischen beiden Ländern: Während das deutsche KWG eine ausdrückliche Regelung für die Versagungsgründe der Erlaubnis enthält, befindet sich in den einschlägigen, für Syrien gültigen Bestimmungen dagegen keine solche Festlegung, was im weitesten Sinne der Transparenz nicht dient. Überdies wird im deutschen KWG vorgeschrieben, dass jeder Antragsteller einen Anspruch auf Erlaubniserteilung hat, wenn keine Versagungsgründe gem. § 33 KWG bestehen, dagegen kennt das syrische Gesetz Nr. 28 von 2001 oder auch das Gesetz Nr. 35 von 2005 eine solche Norm nicht. Die BaFin in Deutschland überprüft die Zuverlässigkeit der vorgeschlagenen Geschäftsführer der Bank vor der Erlaubniserteilung; dagegen werden derzeit für die syrischen Banken vor der Erlaubniserteilung noch keine Geschäftsführer benannt. Die Ernennung der Generaldirektoren und die Wahl des Vorstandes erfolgen in Syrien erst nach der Erlaubniserteilung, aber vor der Eintragung in das Bankenregister, da die Erteilung der Erlaubnis in zwei Stufen erfolgt. 510 168 Syrian Bourse Club, Rede des Gouverneurs Adib Mayala, 03.01.2011. Teil IV Eigenkapital, Liquidität und Kredite Einleitung Das Thema „Eigenkapital“ rangiert weltweit an der Spitze des Interesses der verschiedenen nationalen und internationalen finanziellen Gremien und Ausschüsse. Wiederholte Finanzkrisen drängten Notenbankchefs und Bankenaufseher dazu, ihre Bemühungen zu koordinieren und ein Mindestmaß an Zusammenarbeit bei der Durchsetzung bankaufsichtlicher Forderungen zu garantieren. Dabei ist zum Ersten der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht und dessen als sog. Baseler Eigenkapitalempfehlung (Basel I)511 unterbreitetes Konsultationspapier (Juli 1988) bezüglich der Kapitalausstattung der Banken512 zu den Ecksteinen der internationalen Koordinierung der Bankenaufsicht zu zählen. Der Basler Ausschuss hat später dann neue Versionen von Empfehlungen in Form von Basel II 2004513 und Basel III 2010514 erstellt, da insbesondere international tätige Banken grundsätzlich auf konsolidierter Basis beaufsichtigt werden sollen. Banken nehmen gewerbsmäßig einerseits fremde Gelder entgegen - von zahlreichen Einlegern Depositen sogar in Kleinbeiträgen mit kurzen Kündigungsfristen - und leihen andererseits diese Gelder im Gegenzug in auch größeren Beträgen in Form von normalerweise langfristigen Darlehen an Kreditnehmer aus. Dabei können die Banken vielfältigen Risiken und Gefahren ausgesetzt sein. Als besondere Gefahr ist der Liquiditäts- oder Solvenzmangel zu nennen.515 Eigenmittelmangel verursacht Zahlungsunfähigkeit der betroffenen Bank gegenüber ihren Gläubigern. Dies wiederum kann zu diversen Problemen und wirtschaftlichen Spannungen führen516: 511 512 513 514 515 516 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht, April 2001, S. 16: Veröffentlichung der Baseler Eigenkapitalvereinbarung (Basel I). Das Regelwerk Basel I hat im Juli 1988 die Mindesteigenkapitalausstattung insbesondere für international tätige Banken auf 8% der gewichteten Risikoaktiva (Kreditpositionen einer Bank) festgelegt. 1975 wurde der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht von den Präsidenten der Zentralbanken der Länder der Zehngruppe (G 10-Staaten) gegründet. Der Sitz des Baseler Ausschusses befindet sich bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel. S. bereits oben, Fn. 5. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWF, 2008, zu § 10 RN. 2. Mit dem Basel II-Rahmenwerk wurden (erstmals in Januar 1996) durch den Baseler Ausschuss „drei Säulen“ vorgesehen - Säule 1: Mindeseigenkapitalanforderungen, Säule 2: Aufsichtliches Überprüfungsverfahren, und Säule 3: Erweiterte Offenlegung. Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln für Banken, 2011. Im September 2010 beschloss der Baseler Ausschuss ein weiteres Reformpaket, durch sich künftig die Risikoabsorptions- und Verlusttragfähigkeit der Banken deutlich verstärken und stabilisieren sollte. Übelhör/Warns, Basel II Auswirkungen auf die Finanzierung, 2004, S. 15. Ebd. 169 Gläubiger der Bank fordern innerhalb eines kurzen Zeitraums ihre Einlagen zurück, vor allem auf Grund eines Vertrauensverlusts. Die Bank kann wegen der gewährten Langfristkredite und infolge unzureichender Liquidität solche Forderungen nicht schnell genug begleichen. Schuldner kommen den aus den aufgenommenen Darlehen vertragsgemäß resultierenden Forderungen der Bank nicht oder nicht fristgerecht nach. Diese Verzögerung wiederum kann einen Liquiditätsengpass verursachen, der die Bank in die Insolvenz führt, zumindest aber eine Herabstufung ihrer Bonität bewirkt. Erfahrungen haben gezeigt, dass der Zusammenbruch einer Bank nicht nur lokal, sondern auch regional einen Banken-Run oder sogar eine globale Finanzkrise hervorrufen kann. Das geschah ja in der Tat beim Zusammenbruch der US-amerikanischen Bank Lehman Brothers im Jahr 2008. Die Bankenaufsicht verfolgt das Grundziel, Prioritäten zu setzen, die eine stabile, kontinuierliche Tätigkeit des Bankensektors sichern. Diese Prioritäten sind der Einlegerschutz, d.h. der Schutz der Gläubiger vor etwaigen Vermögensverlusten, die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des gesamten Kreditapparats und die Abwehr von Gefahren für die Gesamtwirtschaft (so § 6 Abs. 2 KWG). Eigenmittel sind für Banken zum Betreiben von Bankgeschäften oder zur Erbringung von Finanzdienstleistungen nur insofern nicht notwendig, als die zur Durchführung der Bankgeschäfte oder der Dienstleistungen erforderlichen Mittel komplett durch die Aufnahme fremder Gelder verfügbar gemacht werden können. Die zwei Hauptfunktionen der Eigenmittel sind die Haftungsfunktion und die Verlustausgleichsfunktion, deren Sicherung die Tätigkeit der Bankenaufsicht in besonderem Maße dient.517 Die Haftungsfunktion der Eigenmittel bezieht sich auf den Insolvenzfall von Banken/ Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituten; die Verlustausgleichsfunktion der Eigenmittel soll dagegen das Weiterbetreiben / die Weiterführung des Kreditinstituts selbst sichern, d. h. die Eigenmittel eines Instituts dienen dazu, Verluste aus dem laufendem Geschäft buchmäßig auszugleichen.518 Üblicherweise wird dies „Auffangen von Verlusten“ genannt. Darüber hinaus erfüllen die Eigenmittel eines Instituts eine besondere, weitere Funktion: die sog. Repräsentationsfunktion, die für die Geschäftsanbahnung mit Neukunden und für die 517 518 170 Bieg/Krämer/Waschbusch,.Bankenaufsicht in Theorie und Praxis, 3. Auflage 2009, S. 67. AaO, S. 69 - 70. Beurteilung der Bonität (der Bank) durch Geschäftspartner von Bedeutung ist. Es gilt der Satz: Je umfänglicher die Eigenmittelausstattung ist, desto besser ist die Bonität der Bank. 519 Die Eigenmittel einer Bank oder eines Kreditinstituts, die sich aus verschiedenen Bestandteilen zusammensetzen, müssen der bilanziellen Gleichung genügen, nach der die Aktiva (also die Vermögenswerte) jederzeit die Passiva (die Verbindlichkeiten) übersteigen sollten, damit die Bank als im „grünen Bereich“ agierend bezeichnet werden kann. Eine besondere Rolle spielen die Eigenmittel einer Bank sowohl für die Rating-Agenturen520 bei der Beurteilung der Solidität einer Bank als auch bei der Abschätzung der Wettbewerbsfähigkeit von Kreditinstituten. Daher hat die Definition der Eigenmittel eine besondere Bedeutung – soll sie doch gewährleisten, dass bankaufsichtsrechtliche Determinationen auf einer quantitativ fassbaren Größe - dem Eigenmittelbestand der Banken oder Kreditinstitute – basieren.521 A. Bundesrepublik Deutschland 1 Angemessene Eigenmittelausstattung Die maßgebliche Norm für die Definition und die Bestandteile der Eigenmittelausstattung ist § 10 KWG, der seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts immer wieder in immer kürzeren Zeiträumen novelliert worden ist. Der Ursprung des § 10 ist auf das erste bundeseinheitliche Kreditwesengesetz vom 10. Juli 1961522 zurückzuführen.523 § 10 beinhaltet die gesetzliche Grundregelung, dass ein Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut über ein angemessenes haftendes Eigenkapital verfügen muss.524 § 10 Abs. 1 Satz 1 KWG lautet: „Die Institute sowie die Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen … müssen im Interesse der Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, insbesondere der Sicherheit der ihnen anvertrauten Vermögenswerte, angemessene Eigenmittel haben“. Dabei müssen die dem Institut zur Verfügung stehenden Eigenmittel 519 520 521 522 523 524 AaO, S. 70. Gabler Wirtschaftslexikon definiert Rating als „eine Methode zur Einstufung von Sachverhalten, Gegenständen, oder Personen“. Ratings der Ratingagenturen im Finanz- und Bankwesen dienen der Beurteilung von Finanzierungstiteln oder Wirtschaftssubjekten, sie beurteilen die Gläubigerposition eines Investors am Finanzmarkt und Risikoposition eines Emittenten, außerdem beurteilen sie die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens.usw. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 10 RN. 5. Gesetz über das Kreditwesen von 1961 (BGBl. I S. 881), das am 01.01.1962 in Kraft getreten ist. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 10 RN. 1. Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), § 10 KWG RN. 1. 171 den beiden folgenden generellen Anforderungen genügen: sie müssen sowohl ausreichend sein, damit das Institut seinen Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern nachkommen kann, als auch zur Sicherung der ihm anvertrauten Vermögenswerte dienen können. Daher sieht § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 KWG vor, dass dem beantragenden Institut die (Betriebs-)Erlaubnis zu versagen ist, wenn „die zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel, insbesondere ein ausreichendes Anfangskapital im Sinne des § 10 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6, im Inland nicht zur Verfügung stehen.“525 § 10 legt ausführlich fest, aus welchen Bestandteilen sich die angemessenen Eigenmittel zusammensetzen. Früher wurde die Angemessenheit der Ausstattung mit Eigenmitteln nicht direkt im KWG normiert, sondern durch den sog. Grundsatz I konkretisiert, der als „rechtsnormkomplettierende Verwaltungsvorschrift“526 angesehen wurde, aber selbst keinen Rechtsnormcharakter hatte. Grundsatz I enthielt z.B. keine Bußgeldtatbestände. Deshalb – aber vor allem im Hinblick auf die Anforderungen bei der Umsetzung der bankrechtlichen Vorgaben der EU - wird nun auf den Grundsatz I verzichtet, insbesondere mit dem Erlass der Solvabilitätsgrundsätze und der Liquiditätsregeln auf Basis einer Rechtsverordnung.527 Gegenwärtig ist das Bundesministerium der Finanzen (BMF) gem. § 10 Abs. 1 Satz 9 KWG ermächtigt, durch Rechtsverordnungen im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank maßgebliche Bestimmungen über die angemessene Eigenmittelausstattung (Solvabilität) der der Bankenaufsicht unterstehenden Institute zu erlassen. Entsprechend § 10 Abs. 1 Satz 10 kann das BMF die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die BaFin mit der Maßgabe übertragen, dass diese im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank handelt. Die Umsetzung der 2. Bankrechtskoordinierungsrichtlinie528 und der EG-Eigenmittelrichtlinie529 im KWG (sowie späterer Änderungen) wirkt sich auch inhaltlich deutlich aus.530 Mit dieser Umsetzung durch die 4. KWG-Novelle 525 526 527 528 529 530 531 172 531 wurde die Unterscheidung zwischen Bieg/Krämer/Waschbusch, Bankenaufsicht in Theorie und Praxis, 3. Auflage 2009, S. 68. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 10 RN. 4. AaO, zu § 10 RN. 5. Zweite Bankrechtskoordinierungsrichtlinie (89/646/EWG) des Rates vom 15. 12. 1989, ABI. EG Nr. L 386 S. 1, über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute. Diese Richtlinie regelt die Grundlagen für eine Harmonisierung des europäischen Bankenaufsichtsrechts und den rechtlichen Rahmen für Banken im europäischen Binnenmarkt. In ihr wurde die Festlegung der vollständigen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit normiert. Das Inkrafttreten der Regelungen musste bis 1. November 1993 erfolgen. Quelle: Wirtschaftslexikon 24.net. Richtlinie des Rates über die Eigenmittel von Kreditinstituten (89/299/EWG) vom 17. April 1989, ABl. EG Nr. L 124 S. 116, ersetzt durch Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates (2000/12/EG) vom 20. März 2000, diese aufgehoben mWv 20. 7. 2006 durch Art. 158 der Richtlinie (20o6/48/EG) v. 14. 6. 2006, ABl. Nr. L 177 S. 1. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 10 RN. 5. Gesetz vom 21. 12. 1992 (BGBl. I S. 2211), in Kraft ab 01.01.1993. Kernkapital und Ergänzungskapital erster und zweiter Klasse zum ersten Mal bekannt und eingeführt.532 Mit der 6. KWG-Novelle533 ist die Kapitaladäquanzrichtlinie534 in das KWG transformiert worden, einschließlich der Einführung einer neuen Eigenkapitalkategorie: der sog. Drittrangmittel.535 Keine inhaltliche Änderung hat § 10 insoweit mit der 7. KWG-Novelle vom 17.11.2006 erfahren; die Vorschrift ist allerdings gründlich umstrukturiert und systematisch verändert worden. Bereits mit der 3. KWG-Novelle536 von 1983 wurde § 10a ins Gesetz eingefügt, der eine Beaufsichtigung der Kreditinstitute auf konsolidierter Basis bezweckte. Der Grund seiner Einführung war, den veränderten Risikopositionen, die aus dem Wachstum, der Verflechtung und der Internationalisierung der Finanzmärkte resultieren, besser Rechnung zu tragen und vor allem die aus der Verbindung von Mutter- und Tochterinstituten resultierenden Risiken zu berücksichtigen 537. Mit der 7. KWG-Novelle 538 werden durch § 10a eindeutig bestimmt: die Abgrenzung der bankaufsichtlichen Konsolidierungskreise, die Risikopositionen, die Pflichten der Mutterinstitute und die Verfahren zur Berechnung der zusammengefassten Eigenmittel. § 10 bleibt im Wesentlichen der Bezugspunkt für die als angemessen geltende Eigenmittelausstattung für beide Institutsformen, d.h. sowohl für Einzelinstitute als auch für Instituts- und Finanzholding-Gruppen. Dagegen beschränkt sich § 10a auf die technischen Angelegenheiten.539 § 10b wurde am 01.01.2005540 mit dem Gesetz zur Umsetzung der FinanzkonglomerateRichtlinie541 in das KWG aufgenommen.542 § 10b Abs. 2 Satz 1 sieht vor, dass die BaFin die Angemessenheit der Eigenmittelausstattung überprüft. Satz 2 regelt, dass das Mutterinstitut des Finanzkonglomerats der BaFin und der Deutschen Bundesbank die für die Überprüfung 532 533 534 535 536 537 538 539 540 541 542 Das Ergänzungskapital erster Klasse muss auf 100% des Kernkapitals begrenzt sein, dagegen muss sich das Ergänzungskapital zweiter Klasse innerhalb der 100%-Grenze auf 50% des Kernkapitals beschränken (§ 10 Abs. 2 Satz 2 und 4 KWG). Gesetz vom 28. 10. 1997 (BGBl. I S. 2518), in Kraft ab 1. 1. 1998. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 10 RN. 7. Ebenda. Gesetz vom 20. Dezember 1984 (BGBl. I S. 1693), Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 10a RN. 1. Gesetz vom 17. November 2006 (BGBl. I S. 2606), in Kraft ab 1. Januar 2007. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 10a RN. 5. Gesetz vom 21. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3610). Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 . Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 10b NR. 1. 173 der Angemessenheit der Eigenmittelausstattung auf Konglomeratsebene erforderlichen Angaben einzureichen hat. 1.1 Eigenmittel-Komponenten Ganz allgemein üblich ist nachstehende Gleichung als Aufzählung der wesentlichen Eigenmittelkomponenten: Eigenmittel setzen sich wie folgt zusammen: Kernkapital + Ergänzungskapital – Abzugspositionen = haftendes Eigenkapital. Haftendes Eigenkapital + Drittrangmittel = Eigenmittel543 Wie zuvor erwähnt, wurden mit der 4. KWG-Novelle (1993) zum ersten Mal die Eigenkapitalkomponenten Kern- und Ergänzungskapital voneinander abgegrenzt. Diese Differenzierung leitet ihre erhebliche Bedeutung daraus ab, dass Kernkapital unbegrenzt aufgenommen werden kann, Ergänzungskapital dagegen Kernkapital in einer gewissen gegenseitigen Relation voraussetzt. Nach dem geltenden § 10 Abs. 2 Satz 1 setzen sich die Eigenmittel eines Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituts zusammen aus dem haftenden Eigenkapital und den Drittrangmitteln (diese bestehen aus partiellem Nettogewinn durch hypothetische Glattstellung aller Handelsbuchpositionen + kurzfristigen, nachrangigen Verbindlichkeiten).544 Das haftende Eigenkapital besteht wiederum aus dem Kern- und dem Ergänzungskapital (Abs. 2 Satz 2). Als Kernkapital im Falle einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien und von Gesellschaften mit beschränkter Haftung gelten gem. § 10 Abs. 2a Satz 2 nach Abzug der Positionen des Satzes 2 545 das eingezahlte Grund- oder Stammkapital ohne die Akti- en, die mit einem nachzuzahlenden Vorzug bei der Verteilung des Gewinns ausgestattet sind (kumulative Vorzugsaktien), und die Rücklagen546. Kurz ausgedrückt: Das Kernkapital besteht aus dem eingezahlten, nicht rückzahlbaren Kapital und den Rücklagen. 543 544 545 546 174 Krumnow/Gramlich, Gabler Bank Lexikon, 13. Auflage 2002, S. 396. AaO, S. 405. Zuletzt geändert und eingeführt m.W.v. 31.12.2010 durch G v. 19.11.2010 (BGBl. I S. 1592). Hierzu gilt - nur auf Aktiengesellschaften beschränkt - nach Abs. 2a Satz 2: Abzugspositionen i.S. des Satzes 1 sind: 1) der Bilanzverlust, 2) die immateriellen Vermögensgegenstände, 3) der Korrekturposten gemäß Absatz 3b, 4) Kredite an den Aktionär, den Kommanditaktionär oder Anteilseigner an einem Institut des öffentlichen Rechts, dem mehr als 25% des Kapitals (Nennkapital, Summe der Kapitalanteile) des Instituts gehören oder dem mehr als 25% der Stimmrechte zustehen, 5) Kredite an stille Gesellschafter usw. Das Ergänzungskapital besteht dagegen aus dem langfristig zur Verfügung stehenden, für die Gläubiger haftenden Kapital und bestimmten Reserven.547 Drittrangmittel setzen sich gem. § 10 Abs. 2c Satz 1 Nr. 1, 2 und 3 zusammen aus dem Nettogewinn und den sog. kurzfristigen, nachrangigen Verbindlichkeiten - plus Positionen, die als Ergänzungskapital wegen dessen Kappung nicht anerkannt werden können. Drittrangmittel können als Eigenmittel zur Abdeckung folgender Risikoarten (gem. § 4 Abs. 1 SolvV)548 eingesetzt werden549: Fremdwährungsrisiko, Rohwarenrisiko, Optionspreisrisiko, Markt- und Ausfallsrisiken gem. Handelsbuch und im Zusammenhang mit (Über-)Großkrediten gem. Handelsbuch … usw. Die aufgeführten Drittrangmittelbestandteile dürfen gem. § 10 Abs. 2c Satz 2 zusammen mit dem Ergänzungskapital, das nicht zur Unterlegung von Adressenausfall- und von operationellen Risiken benötigt wird, den Gegenwert von 250% des Kernkapitals nicht übersteigen. Zur Berechnung der Eigenmittel muss dem mit der 6. KWG-Novelle eingeführten „Prinzip der effektiven Kapitalaufbringung“550 Rechnung getragen werden, wonach Gelder oder Kapital, das von Dritten oder von Gesellschaftern eingebracht worden ist, nur dann angerechnet werden dürfen, wenn diese Gelder dem Institut tatsächlich zugeflossen sind. Das Prinzip der effektiven Kapitalaufbringung551 findet für die Beziehungen zwischen dem Institut und seinen Tochterunternehmen ebenfalls Anwendung. Die nachfolgende Abbildung führt die Eigenmittelbestandteile nach § 10 KWG vor Augen:552 547 548 549 550 551 552 Krammig, Das Recht der Bankenaufsicht in Deutschland und Südafrika, 2001, S. 179. Solvabilitätsverordnung (SolvV) vom 14. Dezember 2006 (BGBI. I S. 2926). Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 10a RN. 188. AaO, zu § 10 RN. 47. AaO, zu § 10 RN. 47, 49. M.I: Ergä.Kapital ist hier Abkürzung des Worts „Ergänzungskapital“. 175 Nach Bieg/Krämer/Waschbusch, Bankenaufsicht in Theorie und Praxis, 3. Auflage 2009, S. 76. Eigenmittelbestandteile nach § 10 KWG in Deutschland Rücklagen sind bei allen Rechtsformen von Kreditinstituten Bestandteile des Kernkapitals. Für sie sieht Abs. 3a Satz 1 vor, dass „nur die in der letzten für den Schluss eines Geschäftsjahres festgestellten Bilanz als Rücklagen ausgewiesenen Beträge“ als solche gelten - mit Ausnahme der Passivposten, die erst bei ihrer Auflösung zu versteuern sind. 1.2 Risikomessverfahren Gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 KWG dürfen Institute sowie Institutsgruppen und FinanzholdingGruppen im Rahmen der Beurteilung der Angemessenheit der Eigenmittelausstattung interne Risikomessverfahren anwenden, jedoch nur nach vorheriger Zulassung durch die BaFin. Die zugelassenen Ratingsysteme betreffen insbesondere Risikofelder, wie interne Marktrisiken, oder dienen der Schätzung von Parametern des Adressenausfallrisikos und zur Bestimmung des operationellen Risikos. 176 1.3 Erhebung personenbezogener Daten Die Sätze 3 bis 8 sind in den § 10 Abs. 1 KWG im Hinblick auf die Regulierung der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten553 (von Kunden oder anderen Personen, z.B. in der Verhandlungsphase) übernommen worden – nämlich solcher, die man für das Risikomessverfahren, insbesondere Adressenausfallrisiken betreffend, benötigt. Die Daten enthalten neben den personenbezogenen nach § 3 BDSG noch andere Daten, die zu den finanziellen Beziehungen einer Person gehören. Nach Satz 6 sind die für die Abschätzung des Adressenausfallrisikos erheblichen Daten die folgenden: „1) Einkommens-, Vermögens- und Beschäftigungsverhältnisse (– pauschal: wirtschaftliche Verhältnisse -) des Betroffenen, 2) das Zahlungsverhalten und die Vertragstreue des Betroffenen, 3) vollstreckbare Forderungen sowie eventuelle Zwangsvollstreckungsverfahren und Maßnahmen gegen den Betroffenen und 4) etwaige Insolvenzverfahren über das Vermögen des Betroffenen“. Exkurs: Statische und dynamische Eigenmittelkomponenten Durch die 5. und weitergehend die 6. KWG-Novelle wurde eine Abkehr von der statischen Betrachtungsweise vollzogen und ein neues Konzept für die Ermittlung der bankenaufsichtsrechtlich anerkannten Eigenmittelbestandteile eingeführt. Mit der sog. „Herabsetzungsautomatik“554 ist es möglich, unterjährige Anpassungen zu verwirklichen. Daher haben Kreditinstitute sowie Finanzdienstleistungsinstitute bei der Berechnung ihrer Eigenmittel der jetzigen, aktuellen Eigenmittelsituation Rechnung zu tragen. Dagegen wird eine unterjährige Erhöhung des haftenden Eigenkapitals eines Kreditinstituts nur zugelassen, wenn dies auf Grund eines geprüften Zwischenabschlusses geschieht. Durch diesen Vorgang realisieren die Kreditinstitute bei der Berechnung ihrer bankaufsichtlichen Eigenmittel eine Dynamisierung des haftenden Eigenkapitals sowie auch eine vollständige Dynamisierung ihrer Drittrangmittel. Diese Betrachtungsweise bedeutet eine Abkehr von dem Prinzip, dass nur der für das Ende des letzten Geschäftsjahres festgestellte Jahresabschluss als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der bankaufsichtlichen Eigenmittelbestandteile geeignet ist.555 Daher 553 554 555 Nach § 3 Abs. 1 BDSG, Bundesdatenschutzgesetz, vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2814) geändert worden ist, sind personenbezogene Daten „Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person“. Bieg/Krämer/Waschbusch, Bankenaufsicht in Theorie und Praxis, 3. Auflage 2009, S. 96. Ebenda. 177 war als Hauptfunktion der Dynamisierung der Eigenmittelkomponenten in der 6. KWGNovelle von 1997 in der Begründung der Bundesregierung genannt: „.eine sehr eng an den geschäftspolitischen Bedürfnissen ausgerichtete Eigenmittelsteuerung“.556 Der Dynamisierung der bankaufsichtlichen Ermittlung kommt eine erhebliche Bedeutung zu, insbesondere dem § 10 Abs. 2 Satz 5 KWG und dem oben besprochenen Prinzip der effektiven Kapitalaufbringung. Nach diesem Prinzip dürfen die einem Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut von Dritten zur Verfügung gestellten Eigenmittel nur dann mitgerechnet werden, wenn diese dem Institut tatsächlich zugeflossen sind.557 Nachstehende Abbildung verdeutlicht die Struktur der Eigenmittelkomponenten, zeigt jeweils an, welche Bestandteile davon statisch oder dynamisch sind, und benennt zudem die auf § 10 bezogene Rechtsgrundlage der einzelnen Bestandteile. Eigenmittel gem. § 10 Abs. 2 Satz 1 KWG Kernkapital gem. § 10 Abs. 2a KWG Eingezahltes Kapital (Geschäfts-, Grund-, Stamm- oder Dotationskapital Satz 1 Nr. 1-6 dynamisch sowie Geschäftsguthaben) Offene und versteuerte Rücklagen einschl. Emissionsagio Sonderposten für allgemeine Bankrisi- Satz 1 Nr. 1-6; Abs. 3a statisch/dynamisch Satz 1 Nr. 7 statisch Satz 1 Nr. 8 dynamisch Bilanzgewinn Satz 1 Nr. 9 statisch Freies Vermögen § 64e Abs. 5 dynamisch Nachgewiesene Zwischengewinne § 10 Abs. 3 dynamisch Bilanzverlust Satz 2 Nr. 1 statisch Immaterielle Vermögensgegenstände Satz 2 Nr. 2 dynamisch Marktunübliche Gesellschaftskredite Satz 2 Nr. 4-5 dynamisch Hälftiger Betrag der Abzugsposten Satz 2 Nr. 6 ken (§ 340g HGB) Vermögenseinlagen stiller Gesell- schafter Abzüglich nach § 10 Abs. 6, 6a. 556 557 178 AaO, S. 97. Ebenda. statisch/dynamisch Hälftiger Betrag der Eigenkapitalun- Satz 2 Nr. 6 terlegung nach § 12 Abs. 1. §§ 13, 13a dynamisch und 15 Negativer Ergänzungskapitalsaldo Satz 2 Nr. 7 Entnahme der Kredite an Personenhan- Satz 1 Nr. 1-2 delsgesellschafter Kumulative Vorzugsaktien dynamisch dynamisch Satz 1 Nr. 2 dynamisch Satz 1 Nr. 3 dynamisch Geschäftsguthaben ausscheidender Genossen einschl. diesen zustehender Anteile an den Ergebnisrücklagen Kernkapital (Netto) Ergänzungskapital (§ 10 Abs. 2b KWG) Vorsorgereserven nach § 340f HGB Satz1 Nr. 1 statisch Kumulative Vorzugsaktien Satz 1 Nr. 2 dynamisch Neubewertungsreserven Grundstücke Satz 1 Nr. 6 (45%) Wertpapiere (45%) Satz 1 Nr. 7 Genussrechtsverbindlichkeiten Satz 1 Nr. 4 (abzügl. zur Marktpflege zurückge- statisch dynamisch dynamisch nommene eigene, verbriefte Genussrechte) Längerfristige Nachrangverbindlich- Satz 1 Nr. 5 keiten (abzügl. zur Marktpflege zu- max. 50% des Erg.Kap. rückgenommene dynamisch eigene verbriefte Nachrangverbindlichkeiten) Haftsummenzuschlag Satz 1 Nr. 8 dynamisch Wertberichtigungsüberschuss Satz 1 Nr. 9 dynamisch Abzüglich Hälftiger Betrag der Abzugsposten Satz 2 Nr. 6 nach § 10 Abs. 6, 6a Hälftiger Betrag der Eigenkapitalunter- Satz 2 Nr. 6 statisch/dynamisch dynamisch legung nach § 12 Abs. 1 §§ 13, 13a und 15 179 evtl. Korrektur auf Höhe des Kern- Satz 2 kapitals dynamisch Ergänzungskapital (netto) Kernkapital (netto) + Ergänzungskapital (netto) = Haftendes Eigenkapital (brutto) Korrekturposten nach § 10 Abs. 3b Satz 1 KWG Festsetzung BaFin = Haftendes Eigenkapital (§ 10 Abs. 2 Satz 2 KWG) Drittrangmittel (§ 10 Abs. 2c KWG) Nettogewinn Satz 1 Nr. 1 Kurzfristige Nachrangverbindlichkei- Satz 1 Nr. 2 ten Nach § 10 Abs. 2b Satz 2, 3 gekapptes Satz 3 Ergänzungskapital Dynamisch Dynamisch Dynamisch Abzüglich Schwer realisierbare Aktiva sowie Satz 4 Verluste von Tochterunternehmen Evtl. Korrektur auf 250% (200%) des Satz 2 Kernkapitals Dynamisch Dynamisch = Drittrangmittel (netto) haftendes Eigenkapital + Drittrangmittel (netto) = Eigenmittel (§ 10 Abs. 2 Satz 1 KWG) Statische und dynamische Bestandteile der Eigenmittelkomponenten Quelle: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 3. Auf. 2008, zu § 10 RN. 43 1.4 Entwicklung der Solvabilitätsverordnung als Bankenaufsichtsinstrument Zur Bestimmung der Angemessenheit der Eigenmittelausstattung von Kreditinstituten hatte das ehemalige BAK im Jahr 1962 die maßgeblichen Anforderungen in Form von Grundsätzen erlassen. Während Grundsatz I dieser Angemessenheit des Eigenkapitals gewidmet wurde, beinhaltete Grundsatz II die Normen der Liquiditätserfordernisse. Es gab überdies einen 180 Grundsatz „Ia“ zur Limitierung von bestimmten Preisänderungsrisiken sowie einen Liquiditätsgrundsatz III (die aber beide ab 1999 nicht mehr gültig sind).558 Anfang 2007 lösten einander ab: die Solvabilitätsverordnung (SolvV) vom 14. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2926)559 den ehemaligen Grundsatz I und die Liquiditätsverordnung (LiqV) vom 14. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3117) den Grundsatz II.560 Dadurch wurde den Instituten näher erläutert, wie die Angemessenheit der Eigenkapital- und der Liquiditätsausstattung nach Auffassung der BaFin in der Praxis beurteilt wird. Hierzu gibt es zwei Möglichkeiten: Erstens - bei wiederholten oder erheblichen Unter- oder Überschreitungen der verordnungsgemäßen Grenzen gilt die Vermutung als begründet, dass die Eigenkapital- und die Liquiditätsausstattung unzureichend sind und demzufolge entsprechende Maßnahmen durch die BaFin ergriffen werden müssen. Zweitens - bei wiederholten erheblichen Verletzungen der festgelegten Grenzen werden Zweifel an der Eignung der Geschäftsleitung des Instituts und an der Ordnungsmäßigkeit seiner internen Organisation begründet. 561 Zu einer Überarbeitung und Neufassung der Vorschriften (in Form von Verordnungen) kam es auf Grund des internationalen Übereinkommens zum Mindesteigenkapital von Kreditinstituten, das durch den Baseler Ausschuss562 für Bankenaufsicht (Basel II) am 26. Juni 2004 verabschiedet wurde. Die Zielsetzung des Baseler Ausschusses ist es, eine internationale Harmonisierung der Bankenaufsicht zu erreichen. Es sei dabei nicht vergessen, dass durch die Eigenkapitalübereinkunft (Basel I) ein international einheitlicher Eigenkapitalgrundsatz, der die mit Adressenausfallrisiken verbundenen Geschäfte betrifft, eingeführt wurde.563 Die durch den Baseler Ausschuss fixierten Normen (in Form von Empfehlungen) sind Mindestanforderungen. Jeder beteiligte Staat darf also schärfere - aber nicht weichere – Regeln in das jeweilige nationale Recht aufnehmen. 558 559 560 561 562 563 Boos / Fischer / Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu SolvV § 1 RN. 5. Die Solvabilitätsverordnung wurde vom Bundesministerium der Finanzen im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank und nach Anhörung der Spitzenverbände der Institute erlassen. Diese Verordnung wurde auf Grund von § 1a Abs. 9 Satz 1 und 3, § 10 Abs. 1 Satz 9, § 10 Abs. 9 Satz 6 und des § 10a Abs. 9 Satz 1 und 3 KWG erlassen. Boos / Fischer / Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu SolvV § 1 RN. 6. Ebenda. Die Anfänge zur erstmaligen globalen Vereinheitlichung der bankaufsichtlichen Normen liegen im Sommer 1988 in der Baseler Eigenkapitalübereinkunft (Baseler Ausschuss für Bankbestimmungen und –überwachung, Internationale Konvergenz der Kapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen). Diese Vorgaben haben weltweit Anwendung in mehr als 100 Staaten gefunden; s. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu SolvV § 1 RN. 10. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, ebd. 181 Die Einhaltung der vorgesehenen Eigenmittelquote durch die betroffenen Institute garantiert deren Solvabilität; dies wiederum hat nachhaltige, positive Auswirkungen auf das gesamte Kredit- und Finanzdienstleistungssystem. Die Vereinbarung (Basel I) zur Sicherung des Bankensystems bestimmte, dass das Eigenkapital eines Instituts eine Mindestquote in Höhe von acht von Hundert (8%) der gewichteten Forderungspositionen („Risikoaktiva“) erreichen muss. Zudem wurde erstmals das Eigenkapital der Kreditinstitute in „hartes Kernkapital“ und „weiches Ergänzungskapital“ untergliedert.564 Letztendlich hatte die SolvV eine nationale Umsetzung der Vorgaben zur Mindest-Eigenkapital- und zur Eigenmittel-Ausstattung der Institute zur Beherrschung des Kredit- und des Adressenausfallrisikos sowie des operationellen Risikos gemäß den EU-Richtlinien 2006/48/EG, 2000/12/EG und 93/6/EG 565 zum vorrangigen Zweck hat. Beschreibung der Solvabilitätsverordnung (SolvV)566 a) Die Verordnung über die Angemessenheit der Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen (Solvabilitätsverordnung, SolvV) besteht aus sieben Teilen, die sich wiederum in 340 Bestimmungen (Paragrafen) aufgliedern. Davon umfasst Teil 1 die §§ 1-7: Allgemeine Vorschriften. Teil 2 umfasst § 8 und sechs Kapitel; dieser Teil (2) endet mit § 268 und beschäftigt sich mit Adressrisiken. Teil 3 besteht aus vier Kapiteln zu den §§ 269-293; es handelt sich hier um das operationelle Risiko. Teil 4, bestehend aus sechs Kapiteln zu den §§ 294-318; er widmet sich den Marktrisikopositionen. Teil 5 setzt sich aus drei Kapiteln zusammen (§§ 319 - 337) und regelt die Offenlegung. Teil 6 (§§ 338- 340) enthält letztlich dann die Übergangs- und die Schlussbestimmungen. Die neue SolvV sollte am 01.01.2007 in Kraft treten; dabei hat § 339 Abs. 9 den Instituten die Möglichkeit eröffnet, bis zum 31.12.2007 die Eigenkapitalanforderungen auf der Basis des Grundsatzes 1 zu ermitteln.567 564 565 566 567 182 Ebenda. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu SolvV, Vorbemerkung: Allgemeine Einführung der BaFin vom 18. Januar 2008. Die SolvV vom 14. Dezember 2006 (BGBI. I S. 2926) dient der Umsetzung der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. EU Nr. L 177 S. 1) und der Richtlinie 2006/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (ABl. EU Nr. L 177 S. 201). Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu SolvV. § 340 RN. 1. Letztlich war die Solvabilitätsverordnung die deutsche Umsetzung der Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.06.2006 (2006/48/EG, 2006/49/EG) über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen bezüglich der Aufnahme und Ausübung der Geschäftstätigkeit von Kreditinstituten. b) Anwendungsbereich der Solvabilitätsverordnung § 1 SolvV legt den Geltungsbereich der Verordnung fest. Nach § 1 Satz 1 sind die SolvV- Vorschriften anzuwenden auf: 1) Kreditinstitute, die Bankgeschäfte i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG betreiben (Nr. 1); 2) gem. Satz 1 Nr. 2 einige Finanzdienstleistungsinstitute i.S.d. § 1 Abs. 1a KWG, die z.B. Eigenhandel betreiben oder als Anlagevermittler, Abschlussvermittler oder Finanzportfolioverwalter zu agieren oder befugt sind, sich Eigentum oder Besitz an Geldern oder Wertpapieren von Kunden zu verschaffen oder auf eigene Rechnung mit (anderen) Finanzunternehmen Handel treiben, sowie 3) Kapitalanlagegesellschaften nach § 6 des Investmentgesetzes (Nr. 3). Darüber hinaus erstreckt sich der Anwendungsbereich der SolvV-Vorschriften auf Unternehmen einer Kreditinstituts- und Finanzdienstleistungsinstitutsgruppe bzw. einer Finanzholding-Gruppe (gem. § 10 Abs. 1 Satz 9 KWG)568. Keine Anwendung dagegen finden die Regelungen der Eigenmittelunterlegung von Handelsbuch-Risikopositionen nach §§ 298-307 auf Nichthandelsinstitute (§ 1 Satz 2 SolvV i.V.m. §§ 13 Abs. 1, 2 Abs. 11 KWG). c) Allgemeine Begriffe für anrechnungspflichtige Positionen Zunächst ist es hier notwendig, einige Begriffe i.S.d. SolvV zu klären: Adressenausfallrisiko ist nach § 4 Abs. 2 Satz 2 SolvV das Risiko, „dass eine natürliche oder juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft, gegenüber der das Institut einen bedingten oder unbedingten Anspruch hat, nicht oder nicht fristgerecht leistet oder das Institut gegenüber einer Person oder Personenhandelsgesellschaft auf Grund der Nichtleistung eines Dritten zu leisten verpflichtet ist, sowie das finanzielle Risiko des Instituts in Bezug auf Beteiligungen“. Adressrisikopositionen (gemäß § 4 Abs. 2 SolvV) sind Positionen mit Adressenausfallrisiko, Sachanlagen mit Wertverschlechterungsrisiko, Positionen mit Veritätsrisiko (nur bei IRBA-Instituten) und Handelsbuchpositionen mit Abwicklungsrisiko. 568 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu SolvV. § 4 RN. 29. 183 Operationelles Risiko ist gem. § 269 Abs. 1 Satz 1 SolvV „die Gefahr von Verlusten, die infolge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren und Systemen, Menschen oder infolge externer Ereignisse eintreten“. Zu den einschlägigen Marktrisikopositionen gehören: Währungsrisiko (§§ 294, 295), Rohwarenpositionen (§§ 296-297), Handelsbuch-Risikopositionen (§§ 298-307), Optionspositionen (§§ 308-311), andere Marktrisikopositionen (§ 312) SolvV. Anrechenbare Eigenmittel (§ 2 Abs. 6 Satz 3 SolvV) „sind das modifizierte verfügbare Eigenkapital und die zur Unterlegung der Anrechnungsbeträge für Marktrisikopositionen und die für Optionsgeschäfte genutzten Drittrangmittel“. Fremdwährungsrisikopositionen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 SolvV) „sind Ansprüche oder Verpflichtungen einschließlich Beteiligungen in fremder Währung und in Gold sowie Kassenbestände in fremder Währung und Bestände in Gold“. Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 haben die Institute nach §§ 294 und 295 Währungsgesamtpositionen zu erstellen. Satz 3 sieht vor, dass der Gegenwert von Gold und Sortenbeständen 128.000 Euro nicht übersteigen darf. Rohwarenrisikopositionen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 SolvV) „sind Ansprüche oder Verpflichtungen, die sich auf Waren sowie Warenbestände beziehen“. Dazu lassen sich aufzählen: Produkte der Urproduktion, z.B. der Landwirtschaft (Reis), Bodenschätze (Öl) und Halbfabrikate (Metalle oder Raffinerieprodukte usw.) sowie Fertigprodukte (Zucker); außerdem sind Silber und Platin dieser Gruppe zugehörig569. Bei der Ermittlung des Anrechnungsbetrags der Rohwarenpositionen dürfen physische Bestände an Silber- und Platinmetallen eine Höhe von 26.000 Euro nicht überschreiten (Satz 3). Für die Ermittlung der Rohwarenpositionen sind die §§ 296 und 297 maßgeblich (Satz 2). Schuldnergesamtheit (§ 4 Abs. 8 Satz 1SolvV): Eine solche Eigenschaft (als eine derartige Gesamtheit zu gelten) haben zwei oder mehrere natürliche oder juristische Personen, wenn sie in ihren rechtlichen und tatsächlichen Geschäftsverhältnissen so miteinander verbunden sind, dass Zahlungsschwierigkeiten bei einer der Personen zu Schwierigkeiten bei den anderen führen würden. Daher müssen die betreffenden Personen aus einer Kreditaufnahme resultierenden Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Institut vollständig nachkommen. In § 4 Abs. 8 Satz 2 handelt es sich um den Fall, dass eine der o.g. Personen einen beherrschenden Einfluss auf eine - oder mehrere andere - Personen ausüben kann: Dann darf das Institut nur in begründeten Fällen von der Bildung einer Schuldnergesamtheit absehen. 569 184 AaO, zu SolvV. § 4 RN. 15. d) Angemessenheit der Eigenmittelausstattung eines Instituts § 2 SolvV kommt eine zentrale Bedeutung als maßgebliche Norm zur Ermittlung der An- gemessenheit der Eigenmittelausstattung von Instituten zu. § 2 enthält Bestimmungen darüber, ob ein Institut über angemessene Eigenmittel verfügt oder nicht, und in der Folge kann die BaFin entsprechende Maßnahmen gemäß den KWG-Vorschriften ergreifen.570 § 2 Satz 1 legt dar: „Ein Institut verfügt über angemessene Eigenmittel, wenn es täglich zum Geschäftsschluss sowohl die Eigenmittelanforderungen für Adressrisiken und das operationelle Risiko nach Absatz 2 als auch die Eigenmittelanforderungen für Marktrisiken nach Absatz 3 erfüllt“. Als Bezugspunkt der geforderten ständigen Einhaltung der Eigenkapitaloder Eigenmittelanforderungen für verschiedene Risiken ist der Geschäftsschluss bestimmt (§ 2 Satz 1). Im Satz 2 wird zur Bestimmung des Geschäftsschlusses ausdrücklich auf die Millionenkreditverordnung verwiesen. § 1 Abs. 1 GroMiKV 571 sieht vor, dass der Geschäfts- schluss täglich um 24:00 Uhr MEZ/MESZ ist. Jedoch ist die Festlegung auch eines anderen Zeitpunkts auf Antrag des Instituts bei der BaFin zulässig. Nach § 2 Abs. 2 SolvV werden „die Eigenkapitalanforderungen für Adressrisiken und das operationelle Risiko erfüllt, wenn der Gesamtanrechnungsbetrag für Adressrisiken (GABAdresse) und der gem. §§ 269 bis 293 SolvV ermittelte Anrechnungsbetrag für das opera- tionelle Risiko (ABopRisik) insgesamt das modifizierte verfügbare Eigenkapital (EKmod) eines Instituts nicht überschreiten.“. Absatz 2 ist die deutsche Umsetzungsregelung zur Bankenrichtlinie 2006/48/EG572 (Art. 75 Buchstabe a und d), wo dies durch nachstehende formelle Gleichung beschrieben wird573: GAB Adress ABopRisk EK mod Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 werden die Eigenmittelanforderungen für Marktrisiken erfüllt, „wenn die Summe der Anrechnungsbeträge für die Marktrisikopositionen (ABmarkt) und - im Falle des § 308 Abs. 2 und 3 Satz 1 - der Anrechnungsbeträge für die Optionsgeschäfte eines Instituts (ABOption) die Summe aus dem um die Eigenkapitalanforderungen für Adressrisiken und das operationelle Risiko verringerten modifizierten verfügbaren Eigenkapital des Instituts und den verfügbaren Drittrangmitteln (EMDritt) täglich bei Geschäftsschluss nicht überschrei- 570 571 572 573 AaO, zu SolvV. § 2 RN. 1. Großkredit- und Millionenkreditverordnung (GroMiKV) vom 14. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3065). Diese europäischen rechtlichen Vorgaben enthalten Mindesteigenkapitalausstattung der Kreditinstitute für Kredit-/Adressenausfallrisiko und das operationell Risiko. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu SolvV § 2 RN. 4. 185 ten“. Absatz 3 ist dabei die Umsetzungsnorm zu Art. 13 Abs. 2 der Kapitaladäquanzrichtlinie.574 Diese Gleichung wird abgekürzt wie folgt ausgedrückt: AB AB EK markt Option mod GAB Adress ABopRisk EM Dritt § 2 Abs. 5 Satz 1 setzt Art. 75 der Bankenrichtlinie und Art. 18 Abs. 1 der Kapitaladäquanz-Richtlinie um. Gem. Abs. 5 Satz 1 müssen die Größenverhältnisse unter Beachtung der Eigenkapital- bzw. Eigenmittelanforderungen täglich zum Geschäftsschluss ermittelt werden. Vom Prinzip der täglichen Ermittlung kann abgewichen werden, wenn ein Institut durch geeignete interne Maßnahmen sicherstellt, dass die Anforderungen der Absätze 2 und 4 erfüllt werden und zudem die Gesamtkennziffer nach Abs. 5 einen Wert von 8,4% der gewichteten Forderungspositionen „Risikoaktiva“ nicht überschreitet.575 Derzeit ist die Angemessenheit der Eigenmittel gem. § 2 Abs. 5 SolvV täglich zu ermitteln. Dazu kann festgestellt werden, dass der Gesetzgeber die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute zur Bildung eines obligatorischen Puffers in einer Höhe von 0,4% (Sicherheitskorridor) verpflichtet hat.576 Aus § 2 Abs. 6 Satz 1 ergibt sich, dass die Gesamtkennziffer zum Ende eines jeden Kalendervierteljahres ermittelt werden muss.577 Zur Ermittlung der Gesamtkennziffer (GKZ), die als anschauliches Maß für die Eigenmittelausstattung gilt, sieht Satz 2 vor: „Die Gesamtkennziffer (GKZ) gibt das prozentuale Verhältnis zwischen den anrechenbaren Eigenmitteln (EManrechenbar) nach Satz 3 als Zähler und der mit 12,5 multiplizierten Summe aus dem Gesamtanrechnungsbetrag für Adressrisiken (GABAdress), dem Anrechnungsbetrag für das operationelle Risiko (ABopRisk) und der Summe der Anrechnungsbeträge für Marktrisikopositionen (∑ABMarkt) einschließlich der Optionsgeschäfte (∑ABOption) als Nenner an“. Dies in mathematischer Form dargestellt: 578 GKZ 574 575 576 577 578 186 12,5 GAB Adress EM anrechenba r ABopRisk AB Markt ABOption AaO, zu SolvV § 2 RN. 7. Die formale Mindestanforderung an das Kern- und das Ergänzungskapital beträgt gem. Basel I 8% der risikogewichteten Aktiva. Aber jeder Staat darf schärfere Anforderungen verabschieden. Künftig ist nach Basel III dieser Puffer bei der Eigenkapitalplanung nicht mehr zu berücksichtigen, weil dann durch den obligatorisch vorzuhaltenden Kapitalerhaltungspuffer (im Gegenwert von 2,5%) die gewünschte „Dämpfungsfunktion“ übernommen wird. Die neuen Vorgaben des Basel III werden in Teil V dieser Arbeit ausführlicher untersucht. Nach Grundsatz I musste die Gesamtkennziffer jedoch jeden Monat ermittelt werden, Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu SolvV § 2 RN. 17. AaO, zu SolvV § 2 RN. 18. Dabei entspricht der Faktor (12,5) im Nenner einem Wert von 8% (da 1/12,5 = 8%). Diese Gleichung lässt sich in eine Ungleichung verwandeln: GAB Adress EM anrechenba r 1 AB opRisik AB Markt ABOption Wenn man dann beide Seiten der Gleichung mit 8% multipliziert, ergibt sich die Gesamtkennziffer gem. Satz 1: GKZ EM anrechenbar 1 0,08 GAB Adress ABopRisik AB Markt ABOption 12,5 Daraus lässt sich also schließen, dass die Gesamtkennziffer bei Handelsbuchinstituten 8% nicht überschreiten darf579. Nach § 3 Abs. 1 SolvV gelten die in § 2 SolvV enthaltenen Vorschriften entsprechend auch für Instituts- und Finanzholding-Gruppen (gem. § 10a KWG), da die Solvabilitätsverordnung auch auf konsolidierter Basis erfüllt werden muss. § 3 Abs. 2 Satz 1 SolvV betrifft folgenden Fall: Wenn ein Institut einer Instituts- oder Finanzholding-Gruppe angehört, so unterliegt auch die Instituts- oder Finanzholding-Gruppe den Vorschriften der §§ 298 - 307 in Bezug auf Handelsbuch-Risikopositionen. Umgekehrt aber liegt gem. § 3 Abs. 2 SolvV der Fall des Nichthandelsbuchinstituts (gem. der Legaldefinition nach § 2 Abs. 11 KWG). Daher ist dieses von der Anwendung der Vorschriften der §§ 298-307 über Handelsbuch-Risikopositionen befreit. Aus Vereinfachungsgründen dürfen Instituts- und Finanzholding-Gruppen, die im Ausland Unternehmen unterhalten, bei der Ermittlung der zusammengefassten Anrechnungsbeträge für die Marktrisikopositionen und Optionsgeschäfte auf die Gruppenebene abstellen, aber für ihre im Ausland tätigen Tochterunternehmen diese Beträge selbst auf der Einzelebene anrechnen (§ 3 Abs. 3). Diese Ausnahme ist dann gut nachvollziehbar, wenn die geltende Marktrisikoregelung im Aufnahmestaat durch mit der SolvV vergleichbare Vorschriften sichergestellt werden kann. e) Meldungen zur Eigenmittelausstattung § 6 SolvV hat die Hauptfunktion der Regelung der Meldeanforderungen an die Institute. § 6 setzt Art. 74 Abs. 2 Satz 2 der Bankenrichtlinie und Art. 35 der Kapitaladäquanzrichtlinie 579 Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG 2008, zu SolvV § 2 RN. 19-23. 187 um. Beide Vorschriften legen die Meldeanforderungen an die Institute i.V.m. den Empfehlungen des Ausschusses der Europäischen Bankenaufseher (CEBS)580 für ein vereinheitlichtes europäisches Solvenzmeldewesen fest.581 Die Institute haben nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SolvV der Deutschen Bundesbank Meldungen zu den Anforderungen der Angemessenheit der Eigenmittelausstattung (nach § 2 SolvV) nach dem Stand zum Meldestichtag jeweils am Ende eines Kalendervierteljahres einzureichen. Diese Meldung bezieht sich auf alle Vorgänge des Instituts in der genannten Meldefrequenz. Eingereicht werden müssen zudem - ebenfalls nach Stand zum Meldestichtag – Sonderinformationen über das Institut (einmal pro Kalenderjahr). Die beiden Meldefristen können bis zum fünfzehnten Geschäftstag des auf den Meldestichtag folgenden Monats ausgedehnt werden. Die BaFin kann gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 die Meldefrist auf Antrag des Instituts verlängern. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 werden die übergeordnete Institute (auch Dachinstitute oder Mutterunternehmen genannt) verpflichtet, ihre Meldungen zu denselben Meldefristen und in derselben Meldefrequenz bei der Deutschen Bundesbank einzureichen. Dazu schreibt Abs. 2 Satz 1 vor, dass Institute ihre Meldungen im papierlosen Verfahren einzureichen haben. Nach Satz 2 ist die Deutsche Bundesbank verpflichtet, diese elektronischen Meldungen (Dateneinreichung) auf ihrer Website zu veröffentlichen. Sie stellt sie auf diesem Wege dem Publikum zur Verfügung. Darüber hinaus muss die Deutsche Bundesbank gemäß Satz 3 die erhaltenen Meldungen an die BaFin weiterleiten. Institute und übergeordnete (Dach-)Institute haben nach Satz 4 die Meldungen für das laufende Kalenderjahr und die zwei vorhergegangenen Kalenderjahre aufzubewahren. Darüber hinaus haben Institute nach Satz 5 die Marktpreisdaten für den letzten Meldestichtag, für den laufenden Meldezeitraum und für die Meldestichtage der vorhergegangenen 24 Monate vorzuhalten. Die Marktpreisdaten müssen auf Verlangen der BaFin oder der Deutschen Bundesbank zur Verfügung gestellt werden. Die zweijährige Aufbewahrungsfrist entspricht denen für die Meldungen nach § 13 KWG (Großkredite) und § 14 KWG (Millionenkredite); diese gaben den Ausschlag für die Festlegung dieser Frist. 580 581 188 Dieser Ausschuss ist derzeit ein Bestandteil der EBA (Europäische Bankenaufsichtbehörde), errichtet auf Grund der EU-Richtlinie Nr. 1093/2010, die ab Anfang 2011 in Kraft getreten ist, d.h. die EBA ist die Nachfolgeorganisation des CEBS; vgl. bereits Teil I.2.5. dieser Arbeit. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu SolvV.§ 6 RN. 1. Falls die Gesamtkennziffer gem. § 2 Abs. 6 Satz 2 SolvV den Wert von 8,4 % der gewichteten Forderungspositionen „Risikoaktiva“ unterschreitet, sind die Institute verpflichtet, die jeweiligen Marktdaten und die Berechnung nach der SolvV für die letzten 30 Handelstage vorzuhalten. Dagegen wird bei Instituten, die mit ihrer Gesamtkennziffer den Wert von 8,4 überschreiten, auf das tägliche Vorhalten von Marktpreisdaten verzichtet. Der Zweck dieser Regelung ist, eine Möglichkeit zur Nachprüfung der Berechnungen zwischen den Meldestichtagen zu schaffen. In der Praxis verlangt die BaFin manchmal von einigen Instituten ohne besonderen Anlass, sämtliche Marktdaten und SolvV-Berechnungen aufzubewahren.582 f) Anzeigen bei Nichteinhaltung der Eigenmittelanforderungen gem. § 7 § 7 Abs. 1 Satz 1 SolvV regelt, dass Institute eine etwaige Nichteinhaltung der nach § 2 Abs. 2 und 3 SolvV zu erfüllenden Eigenkapital- bzw. Eigenmittelanforderungen zwischen den Meldestichtagen unverzüglich anzuzeigen haben. Eine Anzeige muss schriftlich bei der BaFin und der Deutschen Bundesbank erstattet werden. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 muss das Institut in seiner Anzeige unbedingt den Betrag nennen, um den von den Eigenkapital- bzw. Eigenmittelanforderungen abgewichen wird, da die Nichteinhaltung dieser Anforderungen eine besondere Gefahr für das Institut darstellt und so die BaFin geeignete Gegenmaßnahmen rechtzeitig ergreifen können soll. Nach § 7 Abs. 3 gelten die Anzeigepflichten - gem. Abs. 1 - für übergeordnete (Mutter-)Unternehmen einer Instituts- oder Finanzholding-Gruppe entsprechend. Finanzdienstleistungsinstitute aber, die nicht auf eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handeln, müssen gem. § 7 Abs. 2 die Nichterfüllung der Anforderungen nach § 2 Abs. 4 SolvV zwischen den Meldestichtagen der BaFin und der Deutschen Bundesbank schriftlich unverzüglich anzeigen. 1.5 Berechnung der Eigenmittelausstattung von Instituts- und FinanzholdingGruppen § 10a KWG enthält einige Legaldefinitionen für Institutsgruppen,583 nachgeordnete (Tochter-)Unternehmen und Finanzholding-Gruppen 584 im Sinne des KWG. 582 583 AaO, zu SolvV. § 6 RN. 6. Abs. 1 Satz 1 definiert die Institutsgruppe als bestehend „aus einem Institut mit Sitz im Inland (übergeordnetes Unternehmen) und nachgeordneten Unternehmen (gruppenangehörige Unternehmen).“ Darüber hinaus definiert Abs. 1 Satz 2 nachgeordnete Unternehmen als „die Tochterunternehmen eines Instituts, die selbst Institute, Kapitalanlagegesellschaften, Finanzunternehmen oder Anbieter von Nebendienstleistungen sind“. 189 Nach § 10a, der zum ersten Mal durch die 3. KWG-Novelle von 1984585 eingeführt wurde586, sollte die Beaufsichtigung der Kreditinstitute auf konsolidierter Basis erfolgen, d.h. es sollten mehrere Tatsachen, wie z.B. die veränderte Risikosituation im Gefolge der zunehmenden weltweiten Verflechtung der Finanzmärkte, berücksichtigt werden.587 Es wurden hierbei insbesondere die Risiken betont, die sich aus dem Verbund vom Mutter- und Tochterinstituten ergeben könnten.588 Danach hat es eine Reihe von Novellierungen / Änderungen von § 10a gegeben, zuletzt durch die 7. KWG-Novelle, die in § 10a grundsätzliche Tatsachen regelt, wie: die Ermittlung der bankaufsichtlichen Konsolidierungskreise, die Verfahren zur Berechnung der zusammengefassten Eigenmittel, Risikopositionen und die Pflichten der übergeordneten (Mutter-)Unternehmen. Nach § 10a Abs. 1 Satz 3 übernimmt die BaFin in Zweifelfällen und wenn das Mutterunternehmen nicht genau bestimmt ist, die Aufgabe der Bestimmung des übergeordneten (Mutter-)Unternehmens. Zur Bestimmung des übergeordneten Unternehmens einer Institutsgruppe legt § 10a Abs. 2 Satz 2 KWG dasjenige gruppenangehörige Einlagenkreditinstitut (§ 1 Abs. 3d Satz 1) oder Wertpapierhandelsunternehmen (§ 1 Abs. 3d Satz 2 KWG) mit Sitz im Inland nach dem Kriterium der höchsten Bilanzsumme fest. Bei gleich hoher Bilanzsumme entscheidet die BaFin, welches das übergeordnete Unternehmen der Institutsgruppe ist. In § 10a Abs. 1 bis 5 KWG wird der Anwendungsbereich der Konsolidierung präzisiert und näher dargelegt. Es handelt sich hierbei vor allem um Institute oder Unternehmen, die einer Instituts- oder Finanzholding-Gruppe angehören; hinzu kommen qualifizierte Minderheitsbeteiligungen. Bei den angewandten Konsolidierungsverfahren lassen sich verschiedene Arten voneinander abgrenzen: 584 585 586 587 588 190 Eine Finanzholding-Gruppe gem. 3 Satz 1 besteht, „wenn einer Finanzholding-Gesellschaft…. mit Sitz im Inland Unternehmen iSd Abs. 1 Satz 2 nachgeordnet sind, von denen mindestens ein Einlagenkreditinstitut, E-Geld-Institut oder .... mit Sitz im Inland der Finanzholding-Gesellschaft als Tochterunternehmen nachgeordnet ist.“ Drittes Gesetz vom 20.12.1984 zur Änderung des KWG (BGBl. I S. 1693), mWv. 29.12.1984. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 10a RN. 1. Ebenda. Unterstützt wird die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis durch die Auffassung der von Bundesminister der Finanzen eingesetzten Studienkommission im Jahre 1974 zu „Grundsatzfragen der Kreditwirtschaft“. Die Kommissionsmitglieder sind in ihrem Bericht der Meinung, „dass der Anteilsbesitz von Kreditinstituten an anderen Kreditinstituten grundsätzlich keine mehrfache Ausnutzung des haftenden Eigenkapitals ermöglichen sollte“. Ähnlich motiviert wird die Richtlinie des Rates über die Beaufsichtigung der Kreditinstitute auf konsolidierter Basis von 1983. Diese verpflichtete die Mitgliedstaaten, bei einem Vorliegen von Mehrheitsbeteiligung von mehr als 50% die Vorschriften der Konsolidierung im jewieligen nationalen Recht bis zum 01.07.1985 umzusetzen. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, ebenda. Vollkonsolidierungsverfahren betreffen den Fall von Tochterunternehmen einer Institutsoder Finanzholding-Gruppe, die durch die 5. KWG-Novelle vom Quoten- auf das Vollkonsolidierungsverfahren umgestellt worden sind.589 Dafür wird jedoch eine Pflichtkonsolidierungsschwelle von 40% an Beteiligungen und von mehr als 50% der Kapitalanteile oder Stimmrechte vorausgesetzt. Quotenkonsolidierungsverfahren sind anzuwenden nur noch im Falle qualifizierter Minderheitsbeteiligungen (wenn gem. § 10a Abs. 4 Satz 1 KWG ein gruppenangehöriges Unternehmen mindestens 20% der Kapitalanteile der Kapitalanlagegesellschaft, des Finanzunternehmens oder des Anbieters von Nebendienstleistungen unmittelbar oder mittelbar hält und diese Institute gemeinsam mit anderen Unternehmen leitet und für ihre Verbindlichkeiten auf ihre Kapitalanteile beschränkt haftet) – unabhängig davon, ob der Sitz des nachgeordneten (Tochter-)Unternehmens im In- oder im Ausland liegt. Konsolidierte bankaufsichtliche Meldungen müssen von den Instituts- und FinanzholdingGruppen vierteljährlich abgegeben werden (§ 10 Abs. 1e KWG). Zudem haben Instituts- und Finanzholding-Gruppen die Risikopositionen nach § 2 Abs. 1 und 2 SolvV auch auf konsolidierter Ebene täglich zum Geschäftsschluss zu ermitteln. 590 § 10a Abs. 6 Satz 1 KWG regelt die Frage: Haben gruppenangehörige Unternehmen insgesamt angemessene Eigenmittel? Daher ist das übergeordnete (Mutter-)Unternehmen verpflichtet, seine maßgeblichen Positionen mit denen der anderen gruppenangehörigen Unternehmen zusammenzufassen. Mit der 7. KWG-Novelle wurde Abs. 7 in § 10a KWG eingefügt.591 § 10a Abs. 7 Satz 1 sieht vor, dass ein übergeordnetes Unternehmen einer Institutsgruppe verpflichtet ist, nach den Vorschriften des Handelsbuchs einen Konzernabschluss aufzustellen. Ein übergeordnetes Unternehmen einer Institutsgruppe muss dabei gem. Abs. 7 Satz 1 die übernommenen internationalen Rechnungslegungsstandards anwenden. In § 10a Abs. 8 Satz 1 wird festgelegt, dass man bei der Ermittlung der zusammengefassten Eigenmittel auch die Risikopositionen dem Konzernabschluss zugrunde zu legen hat. Als Eigenmittel gelten gem. Abs. 7 Satz 1 die Bestandteile, die den nach § 10 KWG anerkannten Bestandteilen entsprechen. 589 590 591 AaO, zu § 10a RN. 38. AaO, zu § 10a RN. 39. AaO, zu § 10a RN. 5. 191 1.6 Liquidität gem. § 11 KWG § 11 Abs. 1 Satz 1 konzentriert sich auf die Verpflichtung der Kreditinstitute, jederzeit über eine ausreichende Zahlungsbereitschaft (sprich: -fähigkeit) zu verfügen. Die Bankbetriebsmittel haben ihrem Umfang nach diesem Zweck zu entsprechen. Dabei bedeutet „ständige Zahlungsbereitschaft“ zweierlei zugleich: Erstens, das Institut kann jederzeit seine Gläubiger befriedigen, und zweitens, flüssige Mittel müssen verfügbar sein, um auch jederzeit berechtigte Kreditwünsche erfüllen zu können.592 Bei Mangel an flüssigen Mitteln würde der Ruf eines Kreditinstituts erheblich beeinträchtigt, wenn also offenbar würde, dass das Kreditinstitut in die Lage geraten ist, kaum mehr Kreditwünsche der Kunden erfüllen zu können. 593 Für Kreditinstitute / Banken, die ja die Funktion eines finanziellen, zwischen Gläubigern und Schuldnern vermittelnden Intermediäres haben, bestehen durchaus häufig beträchtliche Liquiditätsrisiken, da ein großer Teil der Bankaktiva in langfristigen und illiquiden Vermögensgegenständen investiert ist, während die Verbindlichkeiten dagegen typischerweise kurzfristige Natur haben.594 Mit § 11 Abs. 1 Satz 2 KWG wird klargestellt, dass das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ermächtigt ist, per Rechtsverordnung - im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank - die Bestimmungsgrößen für die „ausreichende“ Liquidität festzulegen. Die Ermächtigung des BMF wiederum kann aber gem. § 11 Abs. 1 Satz 4 KWG durch Rechtsverordnung auf die BaFin übertragen werden. Diese Rechtsverordnung soll ebenfalls im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank ergehen. Zur Bestimmung des Umfangs liquider Mittel eines Instituts bzw. einer Bank seitens des Instituts selbst spielen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kunden des Instituts in der Vergangenheit eine große Rolle. Es gibt dazu aber normalerweise allgemeine theoretische Grundsätze, denen nach liquide Mittel im großen Umfang verfügbar sein müssen bzw. das Institut gewissen Terminen Rechnung tragen muss, als da zu nennen wären: saisonale Notwendigkeiten, Weihnachtsgeschäftszeiten, Urlaubszeiten/Ferien, Steuerfälligkeitstermine usw.595 592 593 594 595 192 Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 11 RN. 1. Ebenda. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 11 RN. 1. Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 11 RN. 1. Zurzeit ist die gültige RVO zur Liquidität von Instituten die sog. Liquiditätsverordnung vom 14. Dezember 2006 (LiqV) (BGBl. I S. 3117), zuletzt geändert durch Art. 13 des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten E-Geld-Richtlinie vom 01.03.2011 (BGBl. I S. 288).596 Die neue Liquiditätsverordnung (LiqV) bildet einen Rahmen mit einem in vier FristenBänder untergliederten Schema. In dieses Schema müssen die dem Institut während der künftigen zwölf Monate zur Verfügung stehenden liquiden Aktiva und die tatsächlichen sowie die potenziellen Liquiditätsabschlüsse eingeordnet werden.597 Die Beurteilung der Liquiditätslage eines Instituts muss grundsätzlich anhand einer monatlich zu meldenden Liquiditätskennziffer - d.h. anhand einer Ein-Monats-Kennzahl – möglich sein. Diese ergibt sich als Quotient aus den liquiden Aktiva und den Liquiditätsabflüssen während des auf den Meldestichtag folgenden Monats. Wenn die Liquiditätskennziffer Werte gleich oder größer 1 annimmt, verfügt das Institut über ausreichende Liquidität – m.a.W.: Die Zahlungsbereitschaft des Instituts wird dann als ausreichend beurteilt.598 Dieser Ausweis ist eine Ein-Monats-Kennzahl; danach muss aber ergänzend die Beobachtungskennzahl für die Liquidität des Instituts, bezogen auf die darauf folgenden elf Monate, nach derselben Methode berechnet werden. Als anrechenbare Zahlungsmittel gelten erstens: der Bestand an jenen Aktiva, die die Eigenschaft einer jederzeitigen und uneingeschränkten Veräußerbarkeit ohne Wertverlust haben (sog. Liquidität erster Klasse), und zweitens: diesen Zahlungsmitteln sind diejenigen Bilanzaktiva (mit gegebenen Restlaufzeiten) hinzuzurechnen, die im Betrachtungszeitraum fällig werden.599 Zudem kann die BaFin gem. § 11 Abs. 2 KWG in Analogie zur Solvabilitätsverordnung im Einzelfall Sonderregelungen gegenüber Instituten anordnen, wenn diese Maßnahmen notwendig sind, um die nachhaltige Liquidität eines Instituts zu sichern. Die Liquiditätsverordnung gilt für Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute einschließlich der jeweiligen Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz im Ausland i.S.v. § 53 KWG. Außerdem findet die LiqV Anwendung für inländische Zweigniederlassungen eines im 596 597 598 599 Früher traf das ehemalige BAKred die in den Liquiditätsgrundsätzen II und III enthaltenen Liquiditätsregeln. Diese Liquiditätsgrundsätze beruhten insoweit auf dem Prinzip der indirekten Methode. „Der indirekte Liquiditätsgrundsatz begrenzt die Anlagen des Kreditinstituts in illiquiden Vermögenswerten durch einen bestimmten Prozentsatz der Verbindlichkeiten. Im direkten Liquiditätsgrundsatz wird vorgeschrieben, dass ein bestimmter Prozentsatz an Verbindlichkeiten durch liquide Mittel gedeckt sein muss“; Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 11 RN. 3. Boos / Fischer / Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 11 RN. 8. Ebenda. AaO, zu § 11 RN. 9. 193 EWR ansässigen Unternehmens nach § 53b KWG. Dagegen sind Kreditinstitutsgruppen, Finanzholding- und Finanzdienstleistungsgruppen von der Anwendung des § 11 KWG ausgeschlossen, weil sich die LiqV ausschließlich auf einzelne Institute bezieht.600 Exkurs: Begrenzung von qualifizierten Beteiligungen gem. § 12 KWG: § 12 Abs. 1 Satz 1 KWG schreibt vor, dass ein Einlagenkreditinstitut keine qualifizierte Beteiligung601 an einem Unternehmen außerhalb des Finanzsektors602 halten darf, wenn der Nennbetrag 15% seines haftenden Eigenkapitals (dieses Einlagenkreditinstituts) übersteigt. Nach Abs. 1 Satz 2 dürfen sämtliche Beteiligungen an Unternehmen insgesamt 60% seines haftenden Eigenkapitals nicht übersteigen. Nach Abs. 1 Satz 4 dürfen Einlagenkreditinstitute die gesetzlich bestimmten Beteiligungsbesitzgrenzen nur mit vorheriger Zustimmung der BaFin überschreiten. Diese Zustimmung darf nur erteilt werden, wenn das beantragende Institut den Überschreitungsbetrag bezüglich der Beteiligungen (in den vorgeschriebenen Grenzen, d.h. 15% bzw. 60%) mit haftendem Eigenkapital unterlegt. 1.7 Kreditgeschäft Um eine bessere bankaufsichtliche Tätigkeit zu garantieren und damit die Ziele der Bankenaufsicht zu erreichen, ist es erforderlich, zunächst die Gewährung von Krediten – insbesondere die Großkreditgeschäfte eines Instituts – zu regulieren. Die Beobachtung des Kreditgeschäfts der Institute steht bis heute im Mittelpunkt der Aufgaben der Bankenaufsicht und der Zentralbanken und hat eine besondere Bedeutung.603 Es ist selbstverständlich, dass die Konzentration von Krediten auf eine geringe Zahl von Kreditnehmern eine erhebliche Gefahr für die Solvenz des Kreditinstituts darstellt. Deshalb entstanden in Deutschland seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Begrenzungsund Diversifikationsnormen für Großkredite. Der Zweck war eine möglichst weitgehende Beschränkung der maximalen Verlustrisiken sowohl für den Kreditgeber als auch für die Kun- 600 601 602 603 194 AaO, zu § 11 RN. 10. Nach § 1 Abs. 15 Satz 1 KWG besteht eine qualifizierte Beteiligung, „wenn eine Person oder ein Unternehmen an einem anderen Unternehmen unmittelbar oder mittelbar über ein oder mehrere Tochterunternehmen oder ein gleichartiges Verhältnis mindestens 10% des Kapitals oder der Stimmrechte hält oder auf die Geschäftsführung des anderen Unternehmens einen maßgeblichen Einfluss ausüben kann.“ § 12 Abs. 1 Satz 1 KWG nennt außerhalb des Finanzsektors (Institute) folgende Unternehmen: Kapitalanlagegesellschaften, Finanzunternehmen, Erst- und Rückversicherungsunternehmen und Anbieter von Nebendienstleistungen. Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), Vorwort zu §§ 13-20 RN. 1. den und/oder eine Gruppe verbundener Kunden.604 Das Reichsgesetz über das Kreditwesen von 1939 beschränkte die Kreditvergabe an einen einzelnen Kreditnehmer auf zunächst 10% und später auf 15% des haftenden Eigenkapitals eines Kreditinstituts.605 Die deutschen Großkreditnormen wurden mehrere Male geändert, insbesondere durch die 5. KWG-Novelle von 1995606 in Umsetzung der EU-Großkreditrichtlinie.607 Mit der 5. KWG-Novelle wurden alle offenen Positionen bei der Groß- und Millionenkreditberechnung berücksichtigt, die das Adressenausfallrisiko beeinflussen. Später war eine Überarbeitung und Neufassung dieser Regeln in Umsetzung der EU-Kapitaladäquanzrichtlinie – CAD (dies wiederum in Umsetzung von Basel I) notwendig und ist mit der 6. KWG-Novelle von 1998 auch erfolgt. Eine Konsequenz dessen war die erstmalige Aufteilung der beaufsichtigten Institute in Handelsbuch- und Nichthandelsbuchinstitute.608 Als anerkannte, feste Norm für die Obergrenze eines Großkredits wird immer noch auf die Höhe des haftenden Eigenkapitals eines Kreditinstituts abgestellt.609 §§ 13 bis 13b KWG regeln die Großkredite; es gibt dazu ergänzende Vorschriften für Groß- bzw. Millionenkredite (GroMiKV). Aus § 22 KWG ergibt sich für das BMF eine Rechtsverordnungsermächtigung.610 Es handelt sich bei der GroMiKV um materielle Vorschriften zur Bemessung von Risikoaktiva, zur Adressenbestimmung und -gewichtung, zur Berücksichtigung von Sicherheiten und zu Kapitalanforderungen bei Überschreitung der Obergrenzen.611 a) Der Begriff des Kredits und des Kreditnehmers gem. § 19 Der Begriff des Kredits besagt gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 KWG: „Kredite i.S.d. §§ 13 bis 13b und 14 (KWG) sind Bilanzaktiva, Derivate mit Ausnahme der Stillhalterverpflichtungen aus Kaufoptionen sowie die dafür übernommenen Gewährleistungen und andere außerbilanzielle Geschäfte“. 604 605 606 607 608 609 610 611 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, Einführung zu §§ 13 bis 13b RN. 1. Ebenda. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen vom 28.09.1994 mWv. 31.12.1995 (BGBl. I S. 2735). Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, Einführung zu §§ 13 bis 13b RN. 1. AaO, Einführung zu §§ 13 bis 13b RN. 3. AaO, Einführung zu §§ 13 bis 13b RN. 1. AaO, Einführung zu §§ 13 bis 13b RN. 5. Ebenda. 195 b) Großkredite Durch die 6. KWG-Novelle wurde eine Abkehr vom statischen Eigenkapitalkonzept (oder vom Bilanzstichtagsprinzip oder vom Eigenkapitalfestsetzungsverfahren) vollzogen. Damit wird das Eigenkapital dynamisiert, und daraus ergibt sich, dass Kapitalbestandteile eines Instituts bereits zum Zeitpunkt ihres tatsächlichen Zuflusses auf ihre Kapitalausstattung angerechnet werden müssen. Das ist der sog. dynamische Eigenkapitalbegriff, der zu betragsmäßigen Schwankungen bei der Definition der Großkreditobergrenze führt.612 Denn wenn die Lage des haftenden Eigenkapitals eines Instituts als prekär beurteilt wird, ist jeder Kredit als Großkredit zu qualifizieren.613 Durch die 7. KWG-Novelle wurde der Begriff des modifizierten verfügbaren Eigenkapitals in § 10 Abs. 1d Satz 1f eingeführt. b.1) Großkredite von Nichthandelsbuchinstituten Boos et al. definieren Nichthandelsbuchinstitute wie folgt: „Institute, deren nach § 1a Abs. 1 (KWG) dem Handelsbuch zuzurechnenden Positionen die in § 2 Abs. 11 (KWG) festgelegten Bagatellgrenzen nicht überschreiten“.614 Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KWG hat man es mit einem Großkredit eines Nichthandelsbuchinstituts zu tun, wenn dessen Kredite an einen (einzigen) Kreditnehmer insgesamt 10% des haftenden Eigenkapitals des Instituts erreichen oder übersteigen. Ein Nichthandelsbuchinstitut hat der Deutschen Bundesbank diese Überschreitung unverzüglich anzuzeigen, doch kann gem. Satz 2 statt der unverzüglichen Anzeige eine regelmäßige Sammelanzeige nach § 22 KWG vorgesehen werden. Die Deutsche Bundesbank muss die von den Instituten eingereichten Anzeigen aber mit ihrer Stellungnahme an die BaFin weiterleiten. Im Abs. 2 handelt es sich um den Fall, dass das Nichthandelsbuchinstitut in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft agiert. Es darf in diesem Falle unbeschadet der Wirksamkeit der Rechtsgeschäfte einen Großkredit an einen Kreditnehmer gewähren - aber nur, wenn dies auf der Grundlage eines einstimmigen Beschlusses sämtlicher Geschäftsleiter des Instituts erfolgt. Nach Abs. 2 Satz 2 soll dieser Beschluss v o r der Kreditgewährung gefasst werden. Bei Eilbedürftigkeit des Geschäfts darf der Beschluss aber später - innerhalb eines Monats nach der Kreditgewährung - nachgeholt werden. Wenn der Beschluss binnen eines Monats nicht gefasst wird, muss dies das Institut der BaFin und der Deutschen Bundesbank unverzüglich anzeigen. Der Beschluss zur Kreditgewährung muss gem. Satz 4 aktenkundig gemacht werden. 612 613 614 196 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 13 RN. 5. AaO, zu § 13 RN. 4. AaO, zu § 13 RN. 1. § 13 Abs. 3 beschäftigt sich mit dem Problem der Großkreditobergrenze. Dabei sieht Satz 1 vor, dass ein Nichthandelsbuchinstitut – unbeschadet der Wirksamkeit seiner Rechtsgeschäfte - ohne Zustimmung der BaFin Kredite an einen Kreditnehmer nicht gewähren darf, wenn diese in ihrer Gesamtheit ein Volumen von 25% des haftenden Eigenkapitals des Instituts überschreiten; das ist die besagte „Großkreditobergrenze“. Wenn der Kreditnehmer ein verbundenes Unternehmen ist, so darf der Kredit den jeweils höheren Wert - entweder 25% des haftenden Eigenkapitals oder 150 Mio. Euro - nicht übersteigen.615 Das großkreditgewährende Nichthandelsbuchinstitut muss gem. Satz 6 unverzüglich auf jeden Fall, auch wenn die BaFin ihre Zustimmung erteilt hat, der BaFin und der Deutschen Bundesbank die Kreditgewährung anzeigen. Darüber hinaus ist das Institut gem. Satz 6 verpflichtet, den Betrag, um den der Großkredit die Großkreditobergrenze überschreitet, jeweils hälftig mit Kern- und Ergänzungskapital zu unterlegen. b.2) Großkredite von Handelsbuchinstituten Boos et al. definieren Handelsbuchinstitute als „Institute, deren nach § 1a Abs. 1 KWG dem Handelsbuch zuzurechnende Positionen eine der in § 2 Abs. 11 festgelegten Bagatellgrenzen überschreiten.“616 Daher sind Handelsbuchinstitute verpflichtet, ihre mit einem Adressenausfallrisiko behafteten Positionen dem gehaltenen Handelsbuch oder dem Anlagebuch zuzuordnen. Darüber hinaus lässt sich die Ermittlung des Kreditrisikos gegenüber einem Kreditnehmer für beide Bücher (Handels- und Anlagebuch) abgrenzen.617 Nach § 13a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 KWG hat man es mit einem Gesamtbuch-Großkredit eines Handelsbuchinstituts zu tun, wenn die Gesamtheit der Kredite an einen Kreditnehmer (die kreditnehmerbezogene Gesamtposition) 10% der Eigenmittel erreicht oder überschreitet. Die Gesamtkredite eines Handelsbuchinstituts ergeben sich gem. Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 (als sog. kreditnehmerbezogene Gesamtposition) aus der Addition der dem Anlagebuch zugeordneten Kredite an einen Kreditnehmer (die sog. kreditnehmerbezogenen Anlagebuch-Gesamtposition) und der dem Handelsbuch zugeordneten Kredite an denselben Kreditnehmer (sog. kreditnehmerbezogene Handelsbuch-Gesamtposition).618 615 616 617 618 Absatz 3 wurde neu gefasst mit Wirkung vom 31.12.2010 durch Gesetz vom 19.11.2010 (BGBl. I S. 1592). Nach der alten Vorschrift durfte ein Nichthandelsbuchinstitut an ein verbundenes Unternehmen ohne Zustimmung der BaFin keine Kredite gewähren, wenn der Kredit 20% seines haftenden Eigenkapitals überschreitet. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 13a RN. 1. AaO, zu § 13a RN. 2. Ebenda. 197 Dagegen besteht ein Anlagebuch-Großkredit eines Handelsbuchinstituts nach Halbsatz 2, wenn die Gesamtheit der Kredite an einen Kreditnehmer ohne Berücksichtigung der kreditnehmerbezogenen Handelsbuchgesamtposition 10% des haftenden Eigenkapitals des Instituts erreicht oder überschreitet. Hierzu ist klarzustellen, dass bei Handelsbuchinstituten die Großkreditgrenzen relativ zu beiden Bezugsgrößen - Eigenmittel und Eigenkapital des Instituts – bemessen bzw. berechnet werden. Liegt ein Großkredit gem. Abs. 1 Satz 3 vor, dann hat das Handelsbuchinstitut dies der Deutschen Bundesbank anzuzeigen. Die Deutsche Bundesbank leitet gem. Abs. 1 Satz 2, der auf § 13 Abs. 1 Satz 2 verweist, die Anzeigen mit ihrer Stellungnahme an die BaFin weiter. Abs. 2 verweist auf die Vorschriften des § 13 Abs. 2, denen nach z.B. die Gewährung eines Großkredits einen einstimmigen Beschluss sämtlicher Geschäftsleiter des Instituts erfordert. Laut Abs. 3 Satz 1 hat ein Handelsbuchinstitut sicherzustellen, dass die kreditnehmerbezogenen Anlagebuch-Gesamtpositionen 25% des haftenden Eigenkapitals (Anlagebuch-Großkreditobergrenze) nicht ohne Zustimmung der BaFin überschreiten. Bei Abs. 4 Satz 1 handelt es sich um die Gesamtbuch-Großkreditobergrenze. Dabei hat ein Handelsbuchinstitut sicherzustellen, dass die kreditnehmerbezogene Gesamtposition nicht ohne Zustimmung der BaFin die Grenze von 25% seiner Eigenmittel überschreitet. Bei einem Handelsbuchinstitut dürfen die Gesamtbuch-Großkredite ohne Zustimmung der BaFin das Limit des Achtfachen seiner Eigenmittel nicht überschreiten (Gesamtbuch-Großkreditobergrenze). In Abs. 5 geht es um die Fälle der Überschreitung der Obergrenze für die kreditnehmerbezogene Handelsbuch-Gesamtposition eines Handelsbuchinstituts. Dabei darf diese gem. Satz 1 höchstens das Fünffache der Eigenmittel des Handelsbuchinstituts, die nicht zur Unterlegung der Risiken aus dem Anlagebuch, der Adressrisiken des Handelsbuchs sowie der operationellen Risiken benötigt werden, betragen. Nach Maßgabe des Satzes 2 hat das Handelsbuchinstitut den Fall der Überschreitung der Obergrenze unverzüglich der BaFin und der Deutschen Bundesbank anzuzeigen und den Überschreitungsbetrag mit Eigenmitteln zu unterlegen. 198 b.3) Großkredite von Instituts- und Finanzholding-Gruppen gem. § 13b Kreditinstitutsgruppen sind seit der Einführung der bankaufsichtlichen Konsolidierungspflicht verpflichtet, die Großkreditvorschriften auf zusammengefasster Basis einzuhalten.619 Der Zweck dieser Vorschrift war es zu verhindern, dass Kreditinstitute durch Beteiligungen an anderen Kreditinstituten oder durch Gründung von Tochterunternehmen die in §§ 13 - 13a festgelegten Grenzen für Großkredite überschreiten oder Großkreditvorschriften von Großkreditnehmern auf solchen Wegen umgangen werden.620 Im Prinzip müssen alle einem Kreditnehmer von der Institutsgruppe gewährten Kredite zusammengefasst werden; damit werden auch die Großkreditrisiken aller gruppenangehörigen Institute zusammengefasst - und diese Kredite sind in Relation zum gem. § 10a tatsächlich vorhandenen Eigenkapital der Gruppe zu setzen.621 Nach § 13b Abs. 1 i.V.m. §§ 13 und 13a liegt ein Großkredit dann vor, wenn die Kredite der gruppenangehörigen Unternehmen an einen Kreditnehmer insgesamt 10% des haftenden Eigenkapitals bzw. der Eigenmittel der Gruppe erreichen oder überschreiten. Wenn ein gruppenangehöriges Unternehmen einem Kreditnehmer Kredit im Gegenwert von 5% oder mehr seines haftenden Eigenkapitals gewährt, hat es gem. Abs. 5 sein übergeordnetes (Mutter-/Stamm-)Unternehmen zu unterrichten. Danach prüft das übergeordnete Unternehmen, ob die Gruppe insgesamt dem betroffenen Kreditnehmer einen Großkredit noch innerhalb der bezeichneten Grenzen gewährt hat.622 1.8 Millionenkredite gem. § 14 Die Gewährung von Krediten ab einer bestimmten Größenordnung birgt grundsätzlich erhebliche Risiken für ein Institut, da Verluste - insbesondere aus Millionenkrediten - sogar für große Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen können.623 Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 haben Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, Finanzunternehmen und die in § 2 Abs. 2 genannten Stellen der bei der Deutschen Bundesbank geführten Evidenzzentrale vierteljährlich anzuzeigen, wenn die Verschuldung eines Kreditnehmers 1.500.000 Euro oder mehr beträgt - d.h. bei einem dann sogenannten „Millionenkredit“. In der Vergangenheit hat die Möglichkeit des Verschweigens weiterer Kreditinanspruchnahmen eines Kreditnehmers bei anderen Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituten 619 620 621 622 623 Die Einführung erfolgte durch die Dritte KWG-Novelle von 20.12.1984 (BGBl. I S. 1693). Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz, zu § 13b KWG RN. 1. Ebenda; vgl. auch Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 13b KWG RN. 1. AaO, zu § 13b KWG RN. 12. Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 14 KWG NR. 1. 199 reale Gefahren mit sich gebracht.624 Von daher ist die Funktion der Evidenzzentrale klar: Die Anzeige der einem Kreditnehmer gewährten Kredite ermöglicht es dem Kreditgeber zu erkennen, wann die Verschuldung anderthalb Millionen Euro oder mehr beträgt. Darüber hinaus dienen die Kreditmeldungen dazu, der Bankenaufsicht einen allgemeinen, aktuellen Einblick in die Kreditstruktur und zudem Kenntnis über die bedeutendsten Kreditgeber und -nehmer sowie über die Aufteilung der Kredite nach Wirtschaftszweigen zu geben.625 Mit dieser Vorschrift wird klar, dass das Prinzip des Bankgeheimnisses in gewissem Maße durchbrochen ist. Es gibt heutzutage die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen den in der EU bestehenden Evidenzzentralen, damit sich die Institute Informationen über die Kreditaufnahme ihrer Kunden im Ausland besorgen können. Daher sieht Abs. 4 vor, dass die bei der Deutschen Bundesbank gespeicherten Daten über Kreditnehmer unter Berücksichtigung des § 4b des Bundesdatenschutzgesetzes den ausländischen Evidenzzentralen weitergegeben werden. Dies ermöglicht den dortigen - im Ausland ansässigen - Kreditgebern, Kenntnis über die Verschuldung der anfragenden voraussichtlichen Kreditnehmer zu erlangen. Bisher aber sind die Übermittlung und die Weiterleitung von Kreditnehmerdaten an die in anderen EU-Staaten ansässigen Institute (Kreditgeber) in nur begrenztem Umfang praktiziert worden, seit dem Inkrafttreten des 4. Finanzmarktförderungsgesetzes aber doch schon etwas ausgeprägter.626 § 14 Abs. 2 Satz 1 sieht vor, dass die Deutsche Bundesbank die anzeigenden Unternehmen zu benachrichtigen hat, wenn einem Kreditnehmer durch einen von ihnen Millionenkredite gewährt worden sind. Das Millionenkreditmeldeverfahren kann durch die Deutsche Bundesbank und die beteiligten Unternehmen - was die Meldung, die Benachrichtigung und die Mitteilung nach Maßgabe dieser Vorschrift betrifft - im Wege der elektronischen Datenübertragung durchgeführt werden (§ 14 Abs. 2 Satz 6). Ein anzeigepflichtiges Unternehmen darf die von der Deutschen Bundesbank mitgeteilten Angaben Dritten nicht offenbaren (Abs. 2 Satz 10). Nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 sind mehrere (verbundene) Schuldner in den Anzeigen als Einzelschuldner anzugeben, obwohl diese Schuldner als e i n Kreditnehmer gelten (Abs. 3). Das BMF hat am 01.01.1998 auf Grund der in § 22 KWG verankerten Rechtsverordnungsermächtigung erstmals nähere Bestimmungen für Groß- und Millionenkredite (GroMiKV) er624 625 626 200 Ebenda. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 14 KWG RN. 1; Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 14 KWG RN. 1. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 14 KWG RN. 1. lassen. Diese ergänzenden Verordnungen legen gem. § 22 Satz 1 fest „die Regelungen zur Bestimmung der Kreditanrechnungsbeträge, zu den Kreditnehmern, zur Kreditrisikominderung, zur Abgrenzung zwischen Handelsbuch- und Nichthandelsbuchinstituten, zu den Benachrichtigungspflichten in Rahmen des Millionenkreditverfahrens und zur Anzeige der von den Instituten gewährten Groß- und Millionenkredite“, wobei zu Einzelheiten des Verfahrens ausdrücklich gem. Abs. 2 Satz 7 auf die Rechtsverordnung nach § 22 KWG verwiesen worden ist. Eine Mitteilung an die Deutsche Bundesbank über einen Millionenkredit erfolgt gem. Abs. 2 Satz 4 auf Antrag des anzeigepflichtigen Unternehmens. Dabei muss in dem Antrag über den Schuldenstand des Kreditnehmers bzw. voraussichtlichen Kreditnehmers informiert werden. 1.9 Organkredite gem. § 15 Organkredite werden nach § 15 an bestimmte Personen und Unternehmen gewährt (Geschäftsleiter, Gesellschafter, Mitglieder von Aufsichtsorganen, Prokuristen und zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte des Instituts sowie deren Angehörige), die eng mit dem kreditgewährenden Institut verbunden sind. Etwaige daraus resultierende Gefahren ergeben sich aus Befürchtungen, dass eine Kreditgewährung an solche Personen oder Unternehmen nicht selten durch unsachliche Einflussnahme, Kollision der Institutsinteressen mit den Eigeninteressen der Organe oder sachfremde Erwägungen beeinflusst werden könnte.627 § 15 regelt die Organkredite in der Weise, dass mögliche Interessenkonflikte berücksichtigt werden und den sich hieraus ergebenden Gefahren durch das Versagen unberechtigter Kreditwünsche entgegengewirkt wird.628 Deswegen hat der Gesetzgeber eine Beschränkung in diese Vorschrift eingebaut, wonach ein Organkredit gem. Abs. 1 Satz 1 nur dann als zulässig gilt, wenn der Kredit auf Grund eines einstimmigen Beschlusses sämtlicher Geschäftsleiter des Instituts und mit ausdrücklicher Zustimmung des Aufsichtsorgans gewährt wird. Eine Ausnahme von den Voraussetzungen des 2. Halbsatzes von Abs. 1 Satz 1 ist eng begrenzt: Auf den einstimmigen Beschluss sämtlicher Geschäftsleiter und die Zustimmung des Aufsichtsorgans darf verzichtet werden, „wenn für einen Kredit an ein Unternehmen nach 627 628 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 15 KWG NR. 1. Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 15 KWG NR. 1. 201 Satz 1 Nr. 9 und 10 gem. § 10c Abs. 1 ein KSA-Risikogewicht629 von 0% verwendet werden kann.“ Abs. 1 Satz 5 legt fest, dass die nicht zu marktmäßigen Bedingungen gewährten Organkredite auf Anordnung der BaFin jeweils hälftig mit Kern- und Ergänzungskapital zu unterlegen sind. Nach Abs. 2 Satz 1 kann die BaFin durch Anordnung im Einzelfall die Obergrenze bei der Gewährung von Organkrediten bestimmen. Abs. 3 benennt einige Ausnahmen, d.h. Abs. 1 gilt nicht: - gem. Nr. 1 für Kredite an Prokuristen und zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte (vgl. § 48 bzw. § 54 BGB), wenn der Kredit ein Jahresgehalt der betreffenden Person nicht übersteigt; - gem. Nr. 2 für Kredite an genannte Personen oder Unternehmen nach Abs. 1 Satz 6 bis 11, wenn der Kredit weniger als 1% des haftenden Eigenkapitals des Instituts oder weniger als 50.000 Euro beträgt; - gem. Nr. 3, wenn der Kredit auf weniger als 10% des nach Satz 1 beschlossenen Betrages beschränkt ist. Wurde ein Kredit entgegen diesen Vorschriften einer der genannten Personen oder Unternehmen gewährt, so ist dieser Kredit gem. Abs. 5 sofort zurückzuzahlen, auch ohne Berücksichtigung der Vereinbarung. Aber dieses Vorgehen ist nur bei nachträglicher Einholung der Zustimmung durch einen Beschluss sämtlicher Geschäftsleiter binnen zweier Monate oder auf Basis eines Beschlusses des Aufsichtsorgans binnen vier Monaten gem. Abs. 4 zulässig. § 17 KWG enthält die Vorschriften zur Haftungsbestimmung und zur Schadenersatzpflicht der Geschäftsleiter und Mitglieder des Aufsichtsorgans eines Kreditinstituts gegenüber dem Kreditinstitut selbst und dessen Gläubigern, falls sie ihre Pflichten gem. § 15 verletzt und entgegen diesen Vorschriften einen Organkredit gewährt haben. Diese Regelung entspricht den Vorschriften des Aktiengesetzes über die Sorgfaltspflicht und die Verantwortlichkeit der Vorstands und des Aufsichtsorganmitglieder, insbesondere §§ 93, 116 AktG.630 Die Organmitglieder haben nach Boos et al. i.V.m. § 421 BGB im Falle eines eingetretenen Schadens dem Kreditinstitut gegenüber als Gesamtschuldner zu haften.631 Nach Abs. 3 beträgt die Verjährungsfrist für die in Abs. 1 genannten Ersatzansprüche fünf Jahre. 629 630 631 202 Für Zentralregierungen wird nach § 26 SolvV ein KSA-Risikogewicht von 0% verwendet. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 17 KWG NR. 1. AaO, zu § 17 KWG, RN. 2. 1.10 Kreditunterlagen und Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse gem. § 18 Generell haben Kreditinstitute bei der Gewährung von Krediten die Pflicht, höchste Vorsicht walten zu lassen und die Sicherheitsbestimmungen zu beachten, da sie vorwiegend mit Geldern des Publikums (Fremdgeldern) arbeiten. Dieses Prinzip entspricht einem alten kaufmännischen Grundsatz, der darin besteht, dass die Kreditwürdigkeit eines potenziellen Kreditnehmers die bedeutsamste Voraussetzung für die Gewährung von Krediten oder die Stundung von Warenforderungen ist.632 Kreditinstitute sind gem. § 18 Abs. 1 KWG verpflichtet, einen Kredit, der insgesamt 750.000 Euro oder 10% des haftenden Eigenkapitals überschreitet, nur unter der Voraussetzung zu gewähren, dass sie sich zuvor vom Kreditinteressenten dessen wirtschaftliche Verhältnisse - insbesondere durch Vorlage der Jahresabschlüsse - haben offenlegen lassen. Kreditinstitute sind gemäß dieser Regelung verpflichtet, die Kreditwürdigkeit des voraussichtlichen Kunden - sowohl vor als auch während der Kreditgewährung - sorgfältig zu prüfen bzw. zu überwachen.633 Mit Inkrafttreten der Änderung des KWG vom 28.05.2005 634 wurde die 10%-Klausel hinzugenommen; damit wurde der Großkreditobergrenze gem. § 13 KWG Genüge getan.635 Diese Verpflichtung der Kreditinstitute ist eine Vorkehrung der Bankenaufsicht, die gewährleisten soll, dass diese Institute die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden permanent überprüfen bzw. überprüfen lassen. Die Vorschriften des § 18 und der §§ 13 bis 13b, 14 sowie 19 sehen qualitative und quantitative bankaufsichtliche Anforderungen an das Betreiben des Kreditgeschäfts vor, insbesondere die Überwachung der Kreditwürdigkeit und die Vermeidung von Konzentrationen der Kreditvergabe an einen einzigen Kreditnehmer. Dies wiederum dient allgemein der Begrenzung der Kreditrisiken.636 Die Unterlagen haben gem. Schreiben der BaFin vom 09.05.2005 aussagekräftig zu sein und müssen eine Vielzahl von Auskünften erteilen (über die wirtschaftliche Lage, wie die Bonität usw. des Kreditnehmers), flankiert von Gutachten der Ratingagenturen. Darüber hinaus nennt § 18 Abs. 2 bis 4 KWG einige Ausnahmen zur Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Kunden in besonderen Fällen: z.B. zur Qualität der gestellten 632 633 634 635 636 Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG), zu § 18 KWG RN. 1. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 18 KWG RN. 1. Gesetz vom 22.05.2005 (BGBl. I S. 1373). Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum KWG, 2008, zu § 18 KWG, RN. 1. Ebenda. 203 Sicherheiten oder ob die Bonität der Mitverpflichteten außer Zweifel steht (z.B. im Falle der Finanzierung von Wohneigentum) sowie als Ausnahme bei Krediten an ausländische öffentliche Stellen. Im genannten Absatz 2637 wird klargestellt, dass Institute verpflichtet sind, auch die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu prüfen, jedoch v o r dem Abschluss eines Vertrags (eines Verbraucherdarlehensvertrags) über eine entgeltliche Finanzierungshilfe (§§ 491 ff. BGB). 1.11 Ausnahmen von den Verpflichtungen nach §§ 13 bis 13b und 14 § 20 regelt die Ausnahmen für den Bereich der Groß- und Millionenkredite nach §§ 13 bis 13 b und 14 KWG. Obwohl diese Kredite alle Eigenschaften gemäß dem in § 19 KWG benutzten Kreditbegriff haben, wurden für sie die Ermittlung des sog. Klumpenrisikos (Granularitätsrisiko) als nicht relevant erachtet.638. Daher finden die Groß- und Millionenkreditvorschriften keine Anwendung, wenn ein Kredit einen der Ausnahmetatbestände gem. § 20 erfüllt. B. Syrische Arabische Republik „Syrien“ 1 Bestimmung der Angemessenheit der Eigenmittelausstattung 1.1 Rechtsverordnung Nr. 253 Der syrische Gesetzgeber hat die Verantwortung zur Festsetzung der Angemessenheit der Eigenmittelausstattung - der Liquidität von Banken - dem Rat für die Geld- und Kreditpolitik auferlegt (übertragen). Der Rat für Geld- und Kreditpolitik übernimmt die Verantwortung für den Erlass von Rechtsverordnungen, weil er als oberste bankaufsichtliche Behörde in Syrien fungiert. Teil 4 Abschnitt 4 § 99 G-23 von 2002 regelt die Auftragsübertragung unter der Bedingung, dass der Rat durch die zu erlassenden entsprechenden Verordnungen die Gleichbehandlung der Banken, die analoge Tätigkeiten ausüben bzw. vergleichbare Geschäfte realisieren, sicherstellen muss. Dementsprechend hat der Rat eine Rechtsverordnung (Nr. 253/mn/b4 vom 24.01.2007) erlassen. Diese Verordnung lehnt sich an § 99 G-23 an und leitet ihre rechtliche Existenz aus diesem Gesetzes-Abschnitt ab. Darüber hinaus werden in dieser Verordnung die Basel-Aus- 637 638 204 Mit Wirkung vom 11.06.2010 durch Gesetz vom 29.07.2009 (BGBl. I S. 2355). Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zum Gesetz über das Kreditwesen, 2008, zu § 20 KWG NR. 1. schuss-Regeln von 1988, 1996 und Basel II von 2004 als maßgebliche Grundsätze explizit erwähnt. 1.2 Beschreibung der Rechtsverordnung Nr. 253 Die Regelungen zur Solvabilität bestehen aus 13 Paragraphen und 14 Abbildungen. § 13 regelt das Inkrafttreten der Rechtsverordnung, das auf den 01.07.2007 festgelegt wurde. Durch die Anwendung der Anweisungen des Rates für Geld- und Kreditpolitik, die in den Abbildungen dargestellt sind, realisieren die Banken die Berechnung der Risikoaktiva und der gebundenen Marktrisikopositionen. Der Rat für Geld- und Kreditpolitik hat das Wort „Solvabilität“ benutzt. Die Angemessenheit der Eigenmittelausstattung entsteht nach dem Verständnis des syrischen Gesetzgebers gem. Abschnitt 1 § 1 Verordnung Nr. 253, wenn die Solvabilität einen Wert in Höhe von 8% jederzeit nicht unterschreitet. Zur Ermittlung der Angemessenheit der Solvabilität wurde in § 1 mit knappen Worten vorgeschrieben, dass das erforderliche Verhältnis aus den konsolidierten Bilanzen / Geschäftsabschlüssen des Mutterunternehmens, der Tochterunternehmen, der Zweigstellen sowie der Banken und diesen untergeordneter Gesellschaften sowohl in Syrien als auch im Ausland ermittelt werden muss. Die Bestimmung der Eigenmittel beschränkt sich daher nicht allein auf die betroffene Bank, sondern auf alle mit ihr verbundenen Gesellschaften und Zweigstellen. Dadurch kann die Zentralbank ihre bankaufsichtlichen Aufgaben gegenüber in Syrien tätigen Banken wirksam ausüben. Als klare, ausdrückliche Voraussetzung für die Ermittlung des als ausreichend anzusehenden Eigenkapitals (und damit der „Solvabilität“) hat § 1 den Grundsatz festgesetzt, dass das insgesamt erforderliche Eigenkapital einer Bank auf keinen Fall das durch § 6 G-28 von 2001 und seine Novellierungen festgelegte Anfangskapital unterschreiten darf 639 Dement- sprechend dürfen die Eigenmittel einer Bank zu keiner Zeit unter das gesetzlich durch G-28 von 2001 und später durch G-35 von 2005 bestimmte Limit sinken. 1.3 Anwendungsbereich der Rechtsverordnung Nr. 253 In § 1 RVO Nr. 253 von 2007 wurden nur B a n k e n erwähnt - vielleicht, weil es damals gar keine anderen Finanzinstitute auf dem syrischen Markt gab. Es wäre inzwischen zwei639 Das erforderliche Mindestanfangskapital gem. § 6 G-28 vom 16.04.2001 betrug 1 Mrd. L.S. für Privatbanken, aber nach der 1. Novellierung für G-28 und G-35 von 2005 durch G-3 vom 04.01.2010 soll das Mindestanfangskapital für Privatbanken 10 Mrd. L.S. und für islamische Banken 15 Mrd. L.S. betragen. 205 fellos erforderlich, eine neue, vervollkommnte Solvabilitätsverordnung durch den Rat für Geld- und Kreditpolitik verabschieden zu lassen. Dies wird auf Grund der Umsetzung der neuen internationalen Bankenaufsichtsanforderungen (d. h. das Basel III-Reformpaket) geschehen. Diese Anforderungen werden voraussichtlich ab 01. Januar 2013 in Kraft treten. 1.4 Rechtsverordnungen zu Risiken Der Rat für Geld- und Kreditpolitik hat in Bezug auf die möglichen Arten von Risiken jeweils die erforderlichen Regelungen für Banken wie auch zur Verantwortung ihrer Vorstände im Falle des Eintritts bestimmter Risikoumstände verabschiedet. Die einschlägigen Rechtsverordnungen wurden auf der Grundlage von G-23 vom 17.03.2002 erlassen. Speziell in der RVO Nr. 74 vom 19.09.2004 geht es um die Liquiditätsrisiken, denen eine Bank durch geeignete interne Strategien und Bestimmungen zur Vermeidung der aus Liquiditätsmangel und Zahlungsunfähigkeit resultierenden Gefahren und Risiken dauerhaft Paroli bieten sollte. Die hierzu aufgeführten Anforderungen und Anweisungen beziehen quantitative wie auch qualitative Ziele ein, deren Verfolgung die Aufsichtsbehörden von den Banken verlangen, um einen wirklich gesunden, soliden risikotragfähigen Bankensektor am Funktionieren zu halten. RVO Nr. 74 von 2004 enthält jedoch keine Legaldefinition für Liquiditätsrisiko. Die RVO Nr. 106 vom 13.02.2005 enthält aber Richtlinien bezüglich des Umgangs mit operationellen Risiken und außerdem wichtige Anweisungen für das Bankmanagement, die darauf abzielen, jene Fähigkeit der Institute (weiter zu) entwickeln, die für das Bestimmen, das Auswerten, die Kontrolle und das Tragen entstehender oder zu erwartender Risiken erforderlich sind. Diese Anweisungen stellen eine bankinterne Anleitung für das Handeln in Fällen eines hohen operationellen Risikos dar. Operationelle Risiken können durch die steigende Abhängigkeit von den modernen Informationstechnologien, durch Naturkatastrophen (Erdbeben), durch terroristische Anschläge (World Trade Center in New York, USA von 2001) oder durch organisatorische Mängel und Nachlässigkeit der Beschäftigten verursacht sein. Darüber hinaus hat der Rat die RVO Nr. 107 vom 13.02.2005 in Bezug auf das Management von Zinsänderungsrisiken erlassen. Zudem regeln einige Rechtsverordnungen die Pflichten des Managements (des Vorstands) einer Bank, das sog. „Risikomanagement“. Dies leistet die RVO Nr. 390 vom 05.05.2008. Überdies gibt es allgemeine Hinweise und Anweisungen in Bezug auf die Pflichten und Ver206 antwortlichkeiten der Vorstandsmitglieder für eine Verwaltung des Bankensektors im Ganzen. Es ist im Übrigen hinzuzufügen, dass die o.g. Rechtsverordnungen ihrem Inhalt nach nur den Charakter von Anweisungen, Hinweisen oder Richtlinien haben. 1.5 Eigenmittel bzw. “Eigenkapital“-Komponenten Die Eigenmittel von Banken setzen sich gem. § 7 RVO Nr. 253 zusammen zunächst aus dem Kern- und dem Ergänzungskapital. Das erste Hauptelement ist dabei das „Kernkapital“, das wiederum aus eingezahltem Anfangs- oder Stammkapital, Aktiennennwerten, den offenen Rücklagen, Reserven und den realisierten, einbehaltenen Gewinnen besteht. Bestimmte Positionen sind vom Kernkapital abzuziehen, wie z.B. noch nicht eingezahlte Raten des AnfangsKapitals, Verluste (sowohl realisierte - in Buchwerten - als auch von Investitionen her erwartete Verluste) usw. Das andere Hauptelement des Eigenkapitals ist das „Ergänzungskapital“, das sich ebenfalls aus verschiedenen Bestandteilen zusammensetzt, wie z.B. - aus der Differenz zwischen der Bewertung und Neubewertung der Sicherheiten / Wertgegenstände, - aus der Hälfte der nichtrealisierten Gewinne aus im Depot befindlichen Wertpapieren und Finanzinstrumente, - aus Vorsorgereserven,640 - und zudem aus Finanzinstrumenten zweiten Ranges bzw. zweiter Klasse (Ergänzungskapital) oder Darlehen641 (Subordinated Debt oder “Bedingte Schulden“), mit einer vertraglichen Laufzeit von mindestens einer Fünfjahrperiode. Nach § 8 Ziffer 1 RVO Nr. 253 darf das Volumen des Ergänzungskapitals ausschließlich der Subordinated Debt (m.a.W.: der „bedingten Darlehen“; Ergänzungskapital erster Klasse) die Größe des Kernkapitals einer Bank nicht übersteigen. Gemäß § 8 Ziffer 2 darf Subordinated Debt (Ergänzungskapital zweiter Klasse) das Kernkapital einer Bank volumenmäßig nicht überschreiten. Es müssen darüber hinaus als Abzugsposition vom Ergänzungskapital berücksichtigt werden: jährlich 20% des Werts der Finanzinstrumente oder der Darlehen für die verbleibende Zeit bis zum Stichtag der Fälligkeit des Finanzinstruments (d.h. der Wert wird abgeschmolzen). Die nachfolgende Abbildung erklärt die Bestandteile des Eigenkapitals nach der in Syrien geltenden RVO Nr. 253. 640 641 In der RVO Nr. 253 von 2007 zu der Klassifizierung zwischen beiden Arten des Ergänzungskapitals wurde auf das sog. Ergänzungskapital erster und zweiter Klasse nicht hingewiesen. Der Wortlaut schweigt bezüglich einer Erwähnung beider Kategorien. Diesbezügliche Bestandteile, namentlich der Gewinn der Wertpapiere und Vorsorgereserven müssten zusammen das sog. Ergänzungskapital erster Klasse bilden. Subordinated Debt oder „Bedingte Darlehen“ müssen dem Ergänzungskapital zweiter Klasse entsprechen. 207 Eigenkapital der Bank Kernkapital Ergänzungskapital Ergänzungskapital erster Klasse Ergänzungskapital zweiter Klasse Bestandteile des Eigenkapitals in Syrien a) Ermittlung der Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung (Solvabilität) Zur Ermittlung der Eigenmittelanforderungen hat der Rat für Geld- und Kreditpolitik eine Regel festgelegt: in § 2 RVO Nr. 253 vom 24.01.2007. § 2 ist die zentrale Norm der syrischen Solvabilitätsverordnung. Nach dieser Norm beurteilt die bankaufsichtliche Behörde regelmäßig, ob eine Bank über angemessene Eigenmittel verfügt oder nicht. „Solvabilität“ nach § 2 bedeutet also das sich ergebende prozentuale Verhältnis entsprechend einer mathematischen Division. Sie ergibt sich nach § 2 als prozentuale Relation zwischen den anrechenbaren Eigenmitteln. Nach der syrischen RVO wird im Zähler immer E i g e n k a p i t a l benutzt und im Nenner die Summe aus den folgenden, jeweils gewichteten Positionen: (1) Kreditrisiko + Bestandsrisiko + Risiken aus außerbilanziellen Geschäften, (2) Marktrisikopositionen verschiedener Finanzinstrumente, im Einzelnen folgende Positionen, die jeweils mit dem entsprechenden Risikograd gewichtet werden: a) Zinsbezogene Finanzinstrumente, die die Bank für den Handel (zum Wiederverkauf) hält, aktienkursbezogene Finanzinstrumente, die die Bank für Handelszwecke hält b) Fremdwährungsrisikopositionen einschließlich Gold, (3) Operationelle Risiken Hier endet § 2 RVO Nr. 253 ohne weitere Ergänzung oder Erklärung. § 3 verweist aber auf die Abbildungen 2 bis 10. Die Abbildungen bezeichnen verschiedene anrechenbaren Risikopositionen (risikogewichtete Positionswerte), die von den Banken berechnet werden sollen, 208 wonach die sich ergebenden Werte wieder in Abbildung (1) und Abbildung (1-a) einzutragen sind. Dementsprechend ergibt sich die Solvabilität nach Berechnung der Risikopositionen gemäß ihrer jeweiligen Gewichtung. Zur Berechnung der angemessenen Eigenmittelausstattung einer Bank ist es erforderlich, in einem ersten Schritt die Risikopositionen - gemäß einer von den Bankaufsichtsbehörden vorher festgesetzten Gewichtung - zu ermitteln bzw. zu berechnen. Nachdem die Risikoaktiva berechnet wurden, lassen sie sich dem haftenden Eigenkapital gegenüberstellen. Die Risikoaktiva sämtlicher Bilanzen der Einheiten, die der Bank zugehören oder mit denen sie verbunden ist, lassen sich jederzeit mit mindestens 8% des haftenden Eigenkapitals unterlegen, so dass sie nach dieser RVO insgesamt auf das 12,5-Fache dieser Bezugsgröße beschränkt bleiben. 209 Formblatt (1) Ermittlung der Angemessenheit des Eigenkapitals von Banken Grundsatz Solvenz im Prozentsatz Detail Vorherig a) Eigenkapital a) 1. Kernkapital (Abs. (c) von Formblatt 2) a) 2. Ergänzungskapital (Abs. (d) von Formblatt 2) Formblatt (3) b) gewichtete Risikoaktiva b) 1. Kreditrisiken u.a. Aktivarisiken Formblatt (4) c) Gewichtete außerbilanzielle Geschäfte d) Marktrisiken Formblatt (5) d) 1. Zinspreisbezogene Geschäfte d) 2 allgemeine zinspreisbezogene Finanzinstrumente Formblatt (6) d) 2. 1. Zinsen weniger als 3% Formblatt (7) d) 2. 2. Zinsen mehr als 3% Formblatt (8) d) 3. Aktienbezogene Finanzinstrumente Formblatt (9) d) 4. Marktrisiken aus Fremdwährungen einschl. Gold Formblatt (10) e) Operationelle Risiken Solvenz im Prozentsatz = a ÷ (b + c + d + e) Aktuell Formblatt (2) ………. ………. ………. ………. ………. ………. ………. ………. ………. ………. ………. ………. ………. ………. ………. ………. ………. ………. ………. % ………. % Quelle: Rechtsverordnung Nr. 253 von 2007, S. 16. Das vorhandene Rest-Eigenkapital muss, nachdem es die Lastsumme für Kreditrisiken abgedeckt hat, noch mindestens 28,5% der sonstigen Marktrisiken gemäß Abbildung bzw. Formblatt (1 - a) abdecken. Formblatt (1- a) Ermittlung der Angemessenheit des Eigenkapitals von Banken a) Risikogewichteten Aktiva, die sich aus dem gewichteten Kreditrisiko und anderen Bilanzaktiva ergeben. [sämtliche Posten des Formblatts (3) × 8%] b) Verbindlichkeiten, die sich aus derivativen außerbilanziellen Geschäften ergeben. [sämtliche Posten des Formblatts (4) von RVO 253 × 8%] c) Sämtliche Verbindlichkeiten auf Kreditrisiken [c) = a) + b)] d) Reste der Kreditrisiken, die nicht vom Ergänzungskapital abgedeckt wurden. Sämtliche Verbindlichkeiten auf Kreditrisiken [gesamt c) – Ergänzungskapital (gesamt d) in Formblatt (2)] e) Der sich ergebende Rest nach Subtraktion der Kreditrisiken (die nicht vom Ergänzungskapital abgedeckt sind) gilt als vom Ergänzungskapital abzuziehender Subtrahend [gesamt c) von Formblatt (2) – d) ] f) 28,5% der Marktrisikopositionen [gesamt d) von Formblatt (1) × 28,5%] g) Saldo (e) muss mindestens der Saldo (f) gleichen [e) – f) ≥ 0] a) b) c) d) e) f) g) Quelle: Rechtsverordnung Nr. 253, S. 17. Der Rat für Geld- und Kreditpolitik hat die in der RVO Nr. 253 niedergelegten bankaufsichtlichen Regelungen nicht ausführlich vorgestellt, sondern beschränkt sich auf einige kon210 krete Formblätter (Abbildungen). Durch diese Formblätter wird den Banken die Berechnung der Angemessenheit der Eigenmittelausstattung ermöglicht. Jedes Formblatt enthält Positionen gemäß dem jeweiligen Buchwert mit Gewichtungen und dem entsprechenden Gewichtungswert. Nachstehende Abbildung 2 zeigt die Bestandteile des Eigenkapitals einer Bank. Diese befindet sich auf S. 18 der Verordnung Nr. 253/mn/br vom 24.01.2007. haftendes Eigenkapital RechnungsCode 29710 29720 29730 29740 29750 29760 29770 23720 29300 29400 29500 13510 13700 13900 29780 29300 29200 ___ ___ ___ Die Daten Kernkapital Gezeichnetes Anfangskapital Pflichtige Rücklage Sonderposten (Rücklage) für allgemeine Bankrisiken Sonstige Rücklagen (außer der Differenz zwischen Neubewertungen) mit Einwilligung des Regierungskommissariats als freie Rücklagen geführt) Staatliche Zuschüsse Rücklagen zur Förderung landwirtschaftlicher Investmentprojekte Resultierender Überschuss der Ausgaben und Fusion Sonstige Rücklagen (auch wenn sie weder zur Abdeckung von Risiken noch anderer Kosten gedacht sind) mit Zustimmung des Regierungskommissariats Nettogewinne aus Zwischenabschlüssen (nach Zustimmung des Rechnungsprüfers) Nettogewinne oder –verluste des letzten Rechnungsjahres Gewinne (oder Verluste) aus Vorperioden Davon abzuziehen sind Nicht eingezahlter gezeichneter Kapitalbetrag Aktien und Beteiligungen an anderen Banken oder sonstigen finanziellen Instituten Immaterielle Vermögensgegenstände Wiedergekaufte Aktien der Bank selbst Verluste bis zum Ende der laufenden Periode (Verluste aus Zwischenabschlüssen) Nichtrealisierte Verluste, aus Investitionen resultierend Fehlende Rücklagen für noch ausstehende Forderungen (gerechnet, aber nicht realisiert) Fehlende Rücklagen für andere Gegenstände (berechnete, aber noch nicht realisierte Reserven) Kredite an große Beteiligte oder Vorstandsmitglieder Kernkapital = Kapitalelemente (a) – Abzugspositionen (b) Dazu hinzuzufügen: Ergänzungskapital „Unterstützendes Kapital“ (1) Die Beträge zuvor aktuell ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) 211 RechnungsCode 29000 29100 29200 29600 Die Daten Die Beträge zuvor aktuell Differenz zwischen Bewertung und Neubewertung der (eigenen) Immobilien und Gebäude (2) Differenz aus Bewertungen für Fremdwährungen Nichtrealisierte Nettogewinne aus Investitionen in noch nicht verkaufte Instrumente (aber nach Abzug der Hälfte) Bedingte Verbindlichkeiten, resultierend aus Schuldverschreibungen oder anderen gem. § 7 Nr. 2 dieser Verordnung (3) Eigenkapital = Kernkapital (c) + Ergänzungskapital (d) Formblatt / Muster Nr. 2: Bestandteile des Eigenkapitals von Banken Quelle: Verordnung des Rates für Geldund Kreditpolitik Nr. 253, S. 18. Bezüglich der vorstehenden Ziffern (1), (2) und (3) sind die folgenden Grundsätze zu beachten, welche die Vorschriften und Regelung des § 8 RVO Nr. 253 konkretisieren: Das Ergänzungskapital darf auf keinen Fall das Kernkapital der Bank volumenmäßig überschreiten. Nachrangverbindlichkeiten (Subordinated Debt), die sich aus von anderen Instituten genommenen Krediten ergeben, dürfen die Größe der Hälfte (50%) des Kernkapitals nicht überschreiten. Die Differenz aus Bewertung und Neubewertung von Vermögensgegenständen muss vom externen Rechnungsprüfer bestätigt werden. Im 4. Abschnitt (§ 10) hat der Rat die Risikoaktiva - insbesondere Marktrisiken in Form von Zinsänderungsrisiken - definiert und festgelegt. 1.6 Ermittlung der Angemessenheit der Eigenmittelausstattung Nach § 4 RVO Nr. 253 müssen die der Zentralbank gegenüber berichtspflichtigen Banken ihre Solvenz zweimal jährlich ermitteln und den sich ergebenden o.g. Quotienten auf Rechtskonformität hin kontrollieren. Das bedeutet, die Banken haben der Zentralbank Meldung über die Erfüllung oder Nichterfüllung der Anforderungen zur Eigenmittelausstattung gem. RVO Nr. 253 zu erstatten – nach dem Stand zum Meldestichtag jeweils am Ende eines Kalenderhalbjahres. Dazu findet nach § 4 eine erste Halbjahreskontrolle Ende Juni und eine zweite Ende Dezember statt. Die Ergebnisse sind spätestens binnen eines Monats nach Ende eines jeden Halbjahres, auf den sich die Ermittlung bezieht, dem Regierungskommissariat für Banken einzureichen. Das heißt, die erste Einreichung / Meldung muss spätestens bis zum 31. Juli, die zweite spätestens bis zum 31. Januar stattfinden. 212 Die anzuzeigenden Ermittlungsergebnisse müssen unbedingt vor der Einreichung beim Regierungskommissariat von einem externen Rechnungsprüfer bestätigt werden. 1.7 Meldungen zur Eigenmittelausstattung (Meldefrequenz) Nach Maßgabe der Grundsätze für ein wirksames Kreditrisikomanagement des Baseler Ausschusses - also von „Basel II“ von Juni 2006 - hat der Rat für Geld- und Kreditpolitik die RVO Nr. 597/mn/b4 vom 09.12.2009 verabschiedet. § 3 dieser RVO hat die Meldefrequenz und das Meldeverfahren zur Einstufung von Risiken (Adressenrisiken und Adressenausfallrisiken) und zur Bildung von Rücklagen und Reserven festgelegt. Dabei haben Banken gem. § 3 RVO Nr. 597 dem Regierungskommissariat für die Banken bei der Zentralbank zu den Anforderungen dieser RVO vierteljährlich (also am Ende eines Kalendervierteljahres) ihre Meldungen - per CD, ferner auch ein schriftlich ausgefertigtes, unterzeichnetes Exemplar - bis zum 15. Geschäftstag des auf den Meldestichtag folgenden Monats einzureichen. Darüber hinaus müssen diese Meldungen von einem externen Rechnungsprüfer bestätigt sein. Zudem hat der Rechnungsprüfer seine Einschätzung über die Einhaltung der RVOen und Anweisungen der bankaufsichtlichen Behörden seitens der betroffenen Bank beizufügen. § 4 RVO Nr. 597 weist außerdem auf den Beginn des Inkrafttretens der neuen Meldebestimmungen für die Banken hin. Entsprechend dieser RVO müssen Banken diese neuen Bestimmungen ab dem Ende der Jahresabschlüsse für 2009 befolgen und die Risiken aus ihren Kreditvergaben bzw. Finanzdienstleistungen ausweisen. 1.8 Personenbezogene Daten und deren Erhebung Der Rat für Geld- und Kreditpolitik hat drei Rechtsverordnungen zu diesem Thema erlassen. Davon galt RVO Nr. 71/mn/b1 vom 29.08.2004 dem umsichtigen und sorgsamen Umgang der Banken mit ihren Kunden. § 1 RVO Nr. 71 enthielt ausdrückliche Hinweise für die Banken bezüglich ihrer Politik bei der Aufnahme neuer Kunden wie auch gegenüber Bestandskunden. Diese Hinweise betonen die Anforderungen an ein umsichtiges diesbezügliches Management der Banken, damit sie in der Lage sind, von den Kunden ausgehende Gefahren namentlich Adressausfallrisiken - möglichst zu minimieren. Dazu hat der Rat für Geld- und Kreditpolitik betont, dass Banken bei ihren Tätigkeiten - Betreiben von Bankgeschäften bzw. Erbringung von Dienstleistungen - nicht nur über direkte Kunden selbst, sondern sogar über die zugunsten dieser betriebenen oder erbrachten Transaktionen vollständige Informationen und Auskünfte sammeln müssen. Nach § 1 Nr. 7 RVO Nr. 71 haben Banken die kundenbezogenen Akten, Daten und Informationen zu anderen Sondertransaktionen für eine Dauer 213 von fünf Jahren aufzubewahren. Es versteht sich, dass diese Frist ab der Zeit der Kündigung (z.B. Sperrung des Kontos) oder ab dem Datum der Erledigung der Transaktion beginnt. Überdies haben Banken ausreichende personenbezogene Informationen und Daten auch über die elektronischen oder per Korrespondenz eröffneten Konten vorzuhalten. Außerdem sind Banken verpflichtet, die Quellen der Einkommen ihrer Kunden und deren finanzielle Lage sorgfältig zu erkunden. Darüber hinaus schließt die RVO Nr. 71 einige Hinweise zum Umgang mit Korrespondenzbanken (avisierende Banken) ein, darunter z.B. zu Erkundigungen über den Vorstand der jeweiligen Korrespondenzbank, über den Ort ihrer Haupttätigkeiten oder Aktivitäten, über ihre Maßnahmen zur Einhaltung der Geldwäschebekämpfungsgesetze, zu sonstigen Informationen über die Kunden (u.a. über ihre Aktivitäten als Exporteure) und über die Reichweite der Einhaltung der Geldwäschebekämpfungsgesetze im jeweiligen Land allgemein. Die Bankenaufsicht, also der Rat, fordert in § 1 Nr. 14 und 15 RVO Nr. 71 von den Banken die dauerhafte Überwachung und Kontrolle der Konten ihrer Kunden, insbesondere über große, nichtnormale (‚unlogische’) Einkommen bzw. Einlagen oder sonstige verdächtige Transaktionen. Der Rat für Geld- und Kreditpolitik setzt darauf, dass die Banken durch ihre Maßnahmen den zuständigen bankaufsichtlichen Behörden bei der wirksamen Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus helfen werden. Darüber hinaus hat der Rat für Geld- und Kreditpolitik die RVO Nr. 95 vom 19. Dezember 2004 - bezüglich der Überwachung, Kontrolle und Vermeidung potenzieller Adressenausfallrisiken - erlassen. Darin werden die Banken aufgefordert, gesonderte Akten für gewisse Kunden zu führen, damit die Institutsleitung permanent aktuelle Auswertungen zu etwaigen Adressrisiken vornehmen kann. Diese bei den Banken geführten Akten sind mindestens einmal jährlich oder bei jedem neu eintretenden bemerkenswerten Ereignis / Vorgang oder bei jeder erheblichen Transaktion zu aktualisieren. Diese Akten müssen sämtliche (finanzielle, wirtschaftliche, kommerzielle und berufliche) Informationen enthalten - sowie solche, die mit dem Ruf der Kunden zusammenhängen. Zudem muss die Kreditabteilung die Ergebnisse umfassender Untersuchungen über den Kunden und dessen wirtschaftliches Betätigungsfeld zusammen mit einer Analyse über von ihm ausgehende potenzielle Risiken - mit einer diesbezüglichen Stellungnahme - bereithalten. Eine Kundenakte muss über den Umfang der bislang gewährten Kredite im Verhältnis zum Eigenkapital des Kunden wie auch zum Eigenkapital der Bank selbst Auskunft geben, des Weiteren 214 auch über seine Akkreditivgeschäfte und Einlagen / Guthaben, sein Einkommen und dessen Quellen. Die Stellungnahme der Kreditabteilung bzw. Geschäftsabteilung muss überdies die Bonität des Kunden einschätzen und dessen Fähigkeit zur Stabilisierung seiner Finanzlage sowie die Erfolgsaussichten und / oder Entwicklungsmöglichkeiten, die dem betreffenden Kunden gegeben sind. Der Kunde ist verpflichtet, der Bank seine finanzielle Lage für die letzten drei Jahre zu erklären und dies mit Protokollen des Abschlussprüfers und sonstigen relevanten Tatsachen / Dokumenten zu untersetzen, nämlich Jahresabschluss, Einkommensquellen, Ergebnis (Gewinn oder Verlust), Auflistung der Geldzuflüsse während dieser drei Jahre, Änderungen in Bezug auf das Eigenkapital und Genussrechte der Aktionäre und sonstige einschlägige Angaben zur (Aktien-)Gesellschaft. Dagegen muss ein Einzelkunde (eine natürliche Person) nur seine/ihre finanzielle Lage für die letzten drei Jahre anhand der geforderten Dokumente zur Kenntnis geben. Die RVO enthält zudem zahlreiche Anforderungen für die Durchführung von Kreditvergaben, Finanzdienstleistungen oder Vergünstigungen, die die Banken bei jeder Transaktion zu berücksichtigen haben. Für beide Arten (Einzelpersonen oder Gesellschaften) und immer dann, wenn der Kredit für eine unternehmerische Tätigkeit (für ein Projekt) gewährt wurde bzw. werden soll, muss die Wirtschaftlichkeit des Projekts analysiert werden. 2 Liquidität Der Rat für Geld- und Kreditpolitik, der die zuständige bankaufsichtliche Oberbehörde ist, hat ferner die RVO Nr. 73/mn/b4 vom 19.09.2004 auf Grund des § 99 Abschnitt (b) G-23 642 verabschiedet. Der Zweck dieser RVO ist es zu erreichen, dass die Banken eine stets ausreichende „Liquidität“ bereithalten. Denn die Mittel einer Bank haben - wie dargelegt - eine Hauptfunktion zu erfüllen: eine jederzeit ausreichende Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit) zu gewährleisten. § 1 RVO Nr. 73 von 2004 sieht vor, dass die Banken täglich ein prozentuales Verhältnis von Liquidität zu Eigenkapital - über alle Währungen (syrische und Fremdwährungen) gerechnet von 20% nicht unterschreiten dürfen. Der Rat hat in § 2 RVO Nr. 73/mn/b4 die 642 G-23 vom 17.03.2002 hat den vollen Namen: Gesetz über die Zentralbank und die Grundlagen des Geldsystems. 215 Bestandteile der Zähler in Abbildung Nr. 1 und die Bestandteile des Nenners in Abbildung Nr. 2 der RVO aufgeführt. Die Banken haben gem. § 3 Buchstabe (a) ihren täglichen Liquiditätsquotienten für alle Währungen zu bestimmen. Sie haben darüber hinaus gem. § 3 Buchstabe (b) diesen Quotienten auch monatlich zu berechnen. Nach § 4 haben die Banken ihre Meldungen über die Liquidität an das Regierungskommissariat spätestens bis zum 15. Geschäftstag des auf den Meldestichtag folgenden Monats einzureichen. Den in Papierform eingereichten Meldungen müssen CD beigefügt werden. Die RVO Nr. 73 von 2004 wurde durch § 7 der RVO Nr. 588 vom 22.11.2009 definitiv aufgehoben. Mit der neuen RVO Nr. 588 wurden zwei Methoden zur Bestimmung der Angemessenheit und Wirksamkeit der Liquidität eingeführt. Eines der beiden Bestimmungsverfahren für den Umfang der liquiden Mittel, die eine aktive Bank zur Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen vorhalten muss, ist das konventionelle Liquiditätsverhältnis; das andere heißt Rang der Fälligkeit von Verbindlichkeiten. § 1 RVO Nr. 588 von 2009 definiert die beiden Begriffe. Unter „Liquidität“ versteht man die Fähigkeit einer Bank, der Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten nachzukommen, ohne dass sie sich gezwungen sieht, einen Teil ihrer Aktiva zu liquidieren - und damit ihre Fähigkeit, ohne Weiteres auch unerwartete Auszahlungen zu tätigen oder neue Kredite zu vergeben. Es versteht sich, dass das Liquidieren von Aktiva höhere Verlustgefahren für eine Bank bedeutet und dass daher ein umsichtiges Management derartige Liquidierungen normalerweise vermeidet. Das Liquiditätsverhältnis gem. § 2 RVO Nr. 588 von 2009 darf 20% der verschiedenen Verbindlichkeiten in syrischer Währung und 30% in anderen, fremden Währungen643 nicht unterschreiten. Dieses Verhältnis ist der Quotient einer mathematischen Division von hochliquiden Aktiva als Zähler geteilt durch die erwarteten Zahlungsabflüssen (also Einlagen und bilanzielle und einschließlich der außerbilanziellen Verbindlichkeiten) als Nenner. 643 216 In die alte Rechtsverordnung Nr. 73 vom 19.09.2004 wurde eine Unterscheidung zwischen den Liquiditätsverhältnisanforderungen für beide Arten - syrische Währung und fremde Währungen - gem. RVO Nr. 588 von 2009 eingefügt. Zudem enthält RVO Nr. 588 von 2009 neben der alten Methode (Liquiditätsverhältnis gem. RVO Nr. 73 von 2004) noch eine neue Methode (Liste der Fälligkeiten von Verbindlichkeiten) zur Ermittlung der liquiden Mittel von Banken. Bei der Berechnung der Liquiditätsanforderungen haben die Banken den geforderten Prozentsatz der Pflichtrücklagen bei der Zentralbank (der sog. Mindestreservesatz), bezogen auf das Volumen der ihnen anvertrauten Einlagen, auszunehmen.644 Zum zweiten Begriff „Rang der Fälligkeit von Verbindlichkeiten“ nach § 2 RVO Nr. 588 von 2009 wird eine Methode zum Messen des Mittelvolumens (Liquidität) vorgeschrieben, die sich an der Gegenüberstellung von künftigen, erwarteten Zuflüssen und Abflüssen der Gelder bzw. Mittel in bestimmten Zeiträumen orientiert. Zur Ermittlung der Liquidität wird ein Erfassungsschema gem. § 3 RVO Nr. 588 genutzt, das sich in sieben Laufzeitbänder gliedert. Nach § 3 Nr. 1 müssen die Zu- und Abflüsse von Geldern gemäß ihren Fälligkeitsterminen eingruppiert / spezifiziert werden. Die Laufzeitbänder sind gem. § 3 Nr. 2 für die folgenden sieben Zeiträume eingerichtet: täglich bis zu sieben Tagen, über sieben Tage bis zu einem Monat, über einem Monat bis zu drei Monaten, über drei Monate bis zu sechs Monaten, über sechs Monate bis zu neun Monaten, über neun Monate bis zu zwölf Monaten, und mehr als zwölf Monate. Die RVO gilt für alle in Syrien tätigen Banken. Es besteht dabei kein Unterschied zwischen privaten und islamischen Banken; vielmehr gibt es solche nur bei den verschiedenen zu erbringenden Nachweisen bzw. Tabellen für die Anzeigen, die von den Banken ausgefüllt und dem Regierungskommissariat bei der Zentralbank übermittelt werden müssen. Nach § 4 RVO Buchstabe (a) Nr. 588 von 2009 haben alle Banken ihren Liquiditätsquotienten t ä g l i c h zu ermitteln und dem Regierungskommissariat bei der Zentralbank monatlich mitzuteilen. 644 In Höhe des jeweiligen Prozentsatzes der pflichtigen Rücklagen auf die verschiedenen Einlagearten (Giro-, Spar- und Termineinlagen) haben Banken Mittel bei der Abteilung für Girokonten bei der Zentralbank einzulegen / dorthin zu überweisen. Pflichtige Rücklagen der Einlagen müssen am Ende jeder Woche berechnet werden. Die gebildeten Rücklagen müssen in syrischer Währung für die syrischen Einlagen und in USDollar oder Euro für Einlagen in anderen fremden Währungen sein. Nach Rechtsverordnung Nr. 767/mn/b4 vom 24.08.2011 beträgt der Prozentsatz der pflichtigen (obligatorischen) Rücklagen für Institute der Mikrofinanzierung 5% der sämtlichen verschiedenen Einlagenarten. Dieser Prozentsatz (5% der Einlagen) gilt nach § 1 Rechtsverordnung Nr. 72/mn/b4 vom 12.09.2004 auch für in Syrien öffentliche und private Banken, ausgenommen werden die Einlagen für Zwecke des Wohnungs- und Häusereigentums. Die obligatorischen monetären Reserven müssen auf der Grundlage des Guthabens der gesamten Einlagen Ende jeder Woche berechnet werden. Diese Reserven lassen sich gem. § 3 RVO. Nr. 72 von 2004 entsprechend der Währung der ursprünglichen Einlage in der zuständigen Abteilung bei der Zentralbank ohne Entgelt (zinslos) einlegen. 217 Dagegen haben Banken gem. Buchstaben (b) den Rang der Fälligkeit ihrer Verbindlichkeiten m o n a t l i c h zu ermitteln und die Nachricht hierüber dem Regierungskommissariat am Ende jedes Monats zukommen zu lassen. Die ermittelten Liquiditätsnachweise müssen gem. Buchstaben (c) spätestens bis zum siebenten Tag des Folgemonats dem Regierungskommissariat eingereicht werden. Die Banken haben der in Papierform einzureichenden Pflichtanzeige die entsprechende CD beizufügen. Bar(/-Mindest)reservepflicht: Die Zentralbank fordert für alle den (Geschäfts-)Banken anvertrauten Einlagen die Überweisung eines bestimmten Prozentsatzes auf ein von ihr geführtes Konto, quasi als Garantie. Nach § 1 RVO Nr. 389 vom 05.05.2008 müssen die Banken 10% der bei ihnen deponierten Gelder auf dieses Zentralbankkonto überweisen. Die Währung dieser Barreserven kann bei ihrer Berechnung am Ende jeder Woche entweder das syrische Pfund, der US Dollar oder der Euro sein (§ 2 RVR Nr. 389).645 3 Obergrenze für gewährte Kredite und Dienstleistungen Zur Frage der Großkredite und der Großkreditobergrenze(n) von Banken hat der Rat für Geld- und Kreditpolitik die RVO Nr. 395 vom 29. Mai 2008 erlassen. Die RVO Nr. 395 besteht aus zwei Paragraphen. Paragraph 1 gliedert sich in acht Abschnitte, Paragraph 2 ist der Offenlegung gewidmet. Die RVO Nr. 395 basiert auf § 99 Abschnitt 2 Buchstabe (h) G-23 von 2002, die auch der Einleitung der RVO zufolge ausdrücklich an die einschlägigen Grundsätze und Empfehlungen des Basler Ausschusses vom September 1997 angelehnt wurde.646 645 646 218 Neben der RVO Nr. 389 gibt es auch eine andere RVO Nr. 738 vom 31.01.2011, in der einige Ausnahmen für bestimmte Investitionen, Dienstleistungen und Unternehmungen (Umweltunternehmen, Landwirtschaft, Tourismus, Industrie, Mikrofinanzierung und für Menschen mit besonderen Bedürfnissen) geregelt wurden. Diese werden durch den Abzug von Barreserven für Banken gegeben, die deren Kreditvergabe an derartige Unternehmungen einen bestimmten Prozentsatz erreicht. Dafür ein Beispiel: Nach § 2 Nr. 2 RVO Nr. 738 müssen 2 Punkte von den obligatorischen Barreserven abgezogen werden, wenn die Kreditvergabe derartiger Unternehmungen zu dem sämtlichen Portfolio der Kreditvergabe einer Bank 16 bis 25% beträgt, 4 Punkte, wenn 26 bis 35%, 6 Punkte, wenn 36 bis 45%, und sogar 10 Punkte, wenn mehr als 45% der sämtlichen Kreditvergabe erreicht. Die aufgezählten Grundlagen sind zum einen § 3 Abschnitt G Nr. 3 G-35 für islamische Banken von 2005. Darin wurde der Rat für Geld- und Kreditpolitik ermächtigt, die Obergrenze der Verpflichtungen einer Person gegenüber einer islamischen Bank festzulegen. Darüber hinaus basiert die Rechtsverordnung Nr. 395 von 2008 auf Art. 7 und 9 der Kernprinzipien des Baseler Ausschusses vom Juli 1997 und den geänderten Prinzipien von 2006. Ferner hinaus ist diese Rechtsverordnung auf die vom „Islamic Financial Services Board (IFSB)“ erlassenen Prinzipien bezüglich des vernünftigen Risikomanagements für islamische Institute gestützt. Die RVO Nr. 395 ist später durch die RVO Nr. 661 vom 27.05.2010 novelliert worden. Eine Einzelperson gem. § 1 Nr. 3 RVO Nr. 395 bedeutet eine juristische oder natürliche Person, die selbst eine komplette, vollverantwortliche gesetzliche Einheit ist. In diesem Sinne wird auch eine mit dem Kunden der Bank verbundene Personengruppe als eine Einzelperson aus Sicht der RVO betrachtet, insbesondere bei maßgeblichem Einfluss solcher Personen. Mit einer Einzelperson oder einer Institutsgruppe hat man es in einem der folgenden Fälle zu tun: wenn Unternehmen einer Institutsgruppe von dem Kunden der Bank unmittelbar oder mittelbar – indem er Einfluss nimmt - gesteuert werden, wenn ein Kunde die Mehrheit am Kapital oder an den Stimmrechten des Unternehmens hält oder irgendwie sonst einen strategischen Einfluss auf das Unternehmen hat, wenn die erbrachten Dienstleistungen über gemeinsame Konten laufen, wenn der Kunde einer der Partner ist, wenn der Kunde eine Bürgschaft abgegeben hat oder wenn ein Kunde unmittelbar oder mittelbar im Unternehmen irgendwie mitwirkt oder beteiligt ist und dies wiederum (gem. Abschnitt 1 der RVO 661/mn/b4 vom 27.10.2010) in der Weise erfolgt, dass das Unternehmen 1) vollständig von diesem Kunden besessen wird, 2) der Kunde einer der Gesellschafter der betroffenen Personenhandelsgesellschaft ist, 3) der Kunde ein Gesellschafter der betroffenen Kommanditgesellschaft ist, 4) der Kunde 40% des Kapitals der betroffenen Kommanditgesellschaft hält und gleichzeitig während der Kreditgewährung bei der Geschäftsführung mitwirkt, 5) der Kunde 20% des Kapitals der Aktiengesellschaft hält und gleichzeitig während der Kreditgewährung an der Geschäftsführung beteiligt ist. Nach § 1 Abschnitt 1 RVO Nr. 395 darf eine Bank einem einzelnen Kreditnehmer647 Kredite aller Formen nicht gewähren, die insgesamt 25% des haftenden Eigenkapitals der Bank erreichen oder übersteigen (Großkrediteinzelobergrenze). Der Ausdruck „alle Formen“ bedeutet: alle Arten der Innen- oder Außenfinanzierung wie Kredite, Dienstleistungen, Vergünstigungen, Akkreditive, Bürgschaften, Akzepte und jede Art von entsprechend eingestuften Finanzierungen. Nach § 1 Nr. 2 hat eine Bank sicherzustellen, dass alle Großkredite zusammen - d.h. die Gesamtheit der an alle Kreditnehmer gewährten Großkredite, die jeweils 10% des haftenden 647 Für den Kreditnehmer nach syrischem Verständnis gelten die oben aufgezählten Voraussetzungen und Eigenschaften des Kunden, daher wurden diese ausführlicher erwähnt. 219 Eigenkapitals der Bank übersteigen - das Achtfache ihres haftenden Eigenkapitals nicht überschreiten (sog. Großkreditgesamtobergrenze). Es besteht hier leider ein klarer Mangel bei der Formulierung des Abschnitts Nr. 2 .Der Wortlaut beginnt mit o.g. Nr. 1, Nr. 2, aber der Wert (10%) wurde nur implizit signalisiert. Aber trotz dieses juristischen Formulierungs-Mangels kann davon ausgegangen werden, dass eine Bank einem Kreditnehmer keine Kredite geben darf, die 10% ihres haftenden Eigenkapitals überschreiten (Großkredit). Zur Feststellung, ob ein Großkredit vorliegt oder nicht, müssen zunächst von der Gesamtheit der dem Kreditnehmer zur Verfügung gestellten Kredite und Finanzdienstleistungen (Gesamtbestand) folgende Positionen abgezogen werden: Rücklagen, Garantien und Gewinne, die die Bank für die Vergabe eines Kredits als Bar- oder andere Sicherheiten vorhält. Das Regierungskommissariat ist ermächtigt, gem. Nr. 4 festzulegen, ob einer der Kreditnehmer (ein Kunde) eine Institutsgruppe ist oder nicht. Im Falle einer Einwendung der Bank gegen diese Einstufung trifft der Rat für Geld- und Kreditpolitik die endgültige Entscheidung. Die Entscheidung des Rates in diesem Zusammenhang ist gem. Nr. 4 nicht anfechtbar. Die Banken haben gem. Nr. 5 zwei Meldungen monatlich dem Regierungskommissariat für Geld- und Kreditpolitik zu erstatten: eine davon bezieht sich auf die Großkredit-Einzelobergrenze, die andere auf die Großkredit-Gesamtobergrenze. Die Banken sind darüber hinaus verpflichtet, die entsprechenden CDs dem Regierungskommissariat zu übersenden. Für die geforderten Anzeigen hat der Rat für Geld- und Kreditpolitik bestimmte Formate festgelegt. Es ist von Bedeutung, in diesem Zusammenhang hinzuzufügen, dass der Rat zwischen Privatbanken und islamischen Banken bezüglich des Formats der Anzeigen und Meldungen Unterschiede vorgesehen hat. Nr. 6 regelt den Fall der Überschreitung der Großkredit-Obergrenzen. Dabei hat die Bank binnen eines Monats – gerechnet von dem Zeitpunkt der Entdeckung der Überschreitung an – diese rückgängig zu machen. Es versteht sich, dass das Beheben der Überschreitung bedeutet, den Betrag, um den die Großkredit(einzel- oder –gesamt)obergrenze überschritten ist, mit haftendem Eigenkapital zu unterlegen.648 648 220 Zu erwähnen ist hier als Beispiel die Rechtsverordnung Nr. 364/mn/b4 vom 21.02.2008, die eine Zustimmung des Rates für Geld- und Kreditpolitik - betreffend eine Bareinlage bei der syrischen Zentralbank vom strategischen Gründer der Bank (Audi-Bank) zur Unterlegung oder zur Sicherung des überschrittenen festgelegten Großkredits in Rechtsverordnung Nr. 101 vom 02.01.2005 – enthält. Rechtsverordnung Nr. 364 setzt drei Bedingungen voraus, nämlich dass weder unmittelbare noch mittelbare Beziehungen zwischen Nach Nr. 7 steht es dem Rat im Falle der Nichteinhaltung der oben festgelegten Verhältnisse in Bezug auf die Großkreditobergrenze(n) zu, harsche Maßnahmen zu ergreifen. Zweifellos macht sich die regelverletzende Bank strafbar. Ausgenommen werden gem. § 3 RVO 661/mn/b4 vom 27.05.2010 (d.h. gem. der novellierten RVO) diejenigen Überschreitungen der Großkreditobergrenze(n), die von der syrischen Regierung selbst und / oder von der Regierung autorisierten öffentlichen Einrichtungen bedingungslos verbürgt sind. Im Übrigen ist es erforderlich, auf die Kredite an Mitarbeiter von Banken hinzuweisen, da § 100 Nr. 3 Buchstabe (a) G-23 vom 17.03.2002 den Banken Geschäfte und Kreditvergaben einschließlich Akkreditivgeschäften und Dienstleistungen aller Arten zugunsten des Vorstandsvorsitzenden, der Vorstandmitglieder oder des Generaldirektors verbietet. Das Verbot bezieht außerdem deren Verwandte bis zum dritten Grade und deren Frauen und auch deren Verwandte bis zum zweiten Grade ein. Überdies impliziert Buchstabe (b) ein weiteres Verbot für Banken - nämlich, dass eine Bank keine Finanzierungen irgendwelcher Art an ihre Mitarbeiter, Rechnungsprüfer oder mit der Bank verbundene Beamte und deren Frauen realisieren darf. Der Rat für Geld- und Kreditpolitik hat letztlich noch die RVO Nr. 338 vom 12.12.2007 erlassen - als abmildernde Bestimmung speziell für die Mitarbeiter der Bank mit der Möglichkeit, von diesen verminderte Zinsen zu verlangen. Der vergebene Kredit darf dabei einen Betrag von 1.500.000 L.S. nicht überschreiten. Den Rahmenbedingungen und Grenzen für diese Ausnahmen für die jeweilige Bank muss vorher durch die Zentralbank zugestimmt werden. a) Millionenkredite Die syrische Rechtsordnung erwähnt diesen Begriff nicht. Dies kann auf den niedrigen Wert der syrischen Währung (der syrischen Lyra) im Vergleich zum Euro oder auch zum USDollar zurückgeführt werden. Der Rat für Geld- und Kreditpolitik hat die RVO Nr. 238 vom 29.11.2006 erlassen, in der er eine Schwelle für die Kreditvergabe nennt. § 1 RVO Nr. 238 legt ein Kreditvolumen von 25 Mio. L.S. (ca. eine halbe Million $ US) fest, ab dem die von der Audi-Bank und den begünstigten Kreditnehmern bestehen und zudem die betroffene Bank (Audi-Bank) dem Regierungskommissariat einen regelmäßigen Bericht erstatten muss. 221 den Banken geführten Akten über den Kunden, die in RVO Nr. 95 vom 19.12.2004 genannt sind, bestimmten Sorgfaltskriterien genügen müssen. Namentlich müssen die eingereichten wirtschaftlichen Erklärungen ab dieser Schwelle (25 Mio. L.S.) sowohl pro Einzelperson als auch für eine Personengesellschaft von einem anerkannten Abschlussprüfer von der Zentralbank unterschrieben und gemäß internationalen Rechnungslegungsstandards erstellt werden. § 2 RVO Nr. 238 beschreibt den gewährten Kredit als die Gesamtheit der unmittelbaren und mittelbaren Kredite und Finanzdienstleistungen und einem Kreditnehmer gewährten Akkreditive – egal, ob von einer einzigen Bank gewährt oder vom gesamten Bankensektor (also von anderen in Syrien tätigen Banken). Dazu hat der Kreditnehmer eine Erklärung abzugeben, mit der er seine rechtliche Verantwortung für alle ihm gewährten Kredite bestätigt. b) Begrenzung der gewährten Kredite Die syrische Gesetzgebung schweigt über dieses Thema (Großkredite). Eine Ausnahme da- von ist die RVO Nr. 113 vom 28.05.2005, die sich der Gewährung von Großkrediten bzw. Finanzdienstleistungen ausschließlich zwischen den syrischen Banken untereinander (privat, staatlich, teilstaatlich oder islamisch) widmet. Das heißt, dass diese Regel für die anderen Unternehmen, Firmen oder für natürliche Personen, die keine Banken sind, keine Anwendung finden darf. § 1 RVO Nr. 113 legte das Limit eines Kredits in einer Höhe von 500 Mio. L.S. fest; außerdem soll dieser Kredit über ein Kreditorenkonto zu Gunsten der Kreditnehmer-Bank gewährt werden. Der Zinssatz soll zwischen diesen beiden Banken vereinbart werden. Aus Sicherheitsgründen setzt § 2 voraus, dass die Schuldner-Bank (die Bank des Kreditnehmers) einen Teil ihres Kreditportfolios als Garantie zur Tilgung des Kredits der Kreditgeber-Bank zur Verfügung stellen muss. Nach § 3 RVO Nr. 113 bedarf die Gewährung derartiger Kredite (zwischen den Banken) einer vorherigen Zustimmung des Rates für Geld- und Kreditpolitik. c) Konzentration von Risiken auf eine Institutsgruppe und andere Rechtsformen In Syrien wird der Umfang der von einer Bank finanzierten Investitionen in Abstimmung mit anderen, verbundenen Instituten, Unternehmen oder Gesellschaften in einer Institutsgruppe durch den Rat für Geld- und Kreditpolitik überwacht. Daher dürfen gem. § 1 RVO Nr. 751 vom 18.07.2011 sämtliche (Netto-)Einlagen, Investitionen und finanzielle Verbindlichkeiten 222 einschließlich der von dieser Institutsgruppe emittierten Wertpapiere einen bestimmten Gegenwert von 100% des Eigenkapitals einer Bank nicht überschreiten. Darüber hinaus darf bei Banken nach § 1 Nr. 1 RVO Nr. 751 die Summe sämtlicher Transaktionen im Nettobetrag (bilanziell und außerbilanziell) auch inklusive der von dieser Institutsgruppe emittierten Wertpapiere 150% des Eigenkapitals einer Bank nicht übersteigen.649 Nach § 1 Nr. 2 RVO Nr. 751 wird der Umfang sämtlicher Konzentrationen von Geld im Ausland an einer Korrespondenzbank (einschl. ihrer Institutsgruppe), wenn es keine andere rechtliche Verbindung gibt, auf 100% des Eigenkapitals der Bank festgelegt650 Die oben festgelegten Prozentsätze schließen die von der Institutsgruppe emittierten Wertpapiere ein. Der Zweck dieser Regelung ist es, keine Konzentration vom Eigenkapital in einem einzelnen Korb zuzulassen und damit die Banken vor höheren Risiken zu schützen. Es versteht sich, dass eine starke Abhängigkeit der Banken von anderen Gesellschaften oder Unternehmen, insbesondere von solchen, mit denen die Bank in einer Rechtsform wie Institutsgruppe, Finanzholding-Gruppe, Mutter-, Schwester- oder Tochterunternehmen verbunden ist, oft Gefahren - wie denen einer Insolvenz – Vorschub leistet. Es wurde klar darauf abgestellt, Bankverlusten durch höhere Anteile von vertraglich gesicherten Verbindlichkeiten vorzubeugen und Einleger der Bank vor Verlusten ihrer Vermögenswerte zu schützen und potenzielle Risiken möglichst zu minimieren, um somit die Ziele einer professionellen Bankenaufsicht zu erreichen. Wie oben erwähnt, enthält § 1 der RVO Nr. 501 von 2009 wichtige Begriffsbestimmungen für Institute und Unternehmen, zu denen eine syrische Bank gehört – entweder als Mutterunternehmen oder - umgekehrt – als Tochterunternehmen einem solchen nachgeordnet oder auch im Falle einer Gleichstellung (Schwesterunternehmen). Darüber hinaus nennt § 1 RVO Nr. 501 den Begriff des Kollegialinstituts, das eine Bank oder ein Institut einer anderen Rechtsform sein kann und erheblichen Einfluss auf die finanzielle und operationelle Geschäftspolitik einer Bank hat - oder umgekehrt. Sicherlich kann dieser Einfluss auch durch die Institutsgruppe, der das Institut angehört, realisiert oder vorstellbar sein. 649 650 Für dieses Thema hat der Rat für Geld- und Kreditpolitik nacheinander drei Rechtsverordnungen erlassen. Die oben genannte RVO Nr. 751 von 2011 war die letzte. Dagegen enthielt RVO Nr. 501 vom 10.05.2009 zahlreiche Regeln und Begriffsbestimmungen, z.B. Institutsgruppe, untergeordnetes / übergeordnetes Institut, Mutter-, Schwester- und Tochterunternehmen und bedeutender Einfluss (Kontrolle). RVO Nr. 501 von 2009 bildete darüber hinaus eine Novellierung für RVO Nr. 100 vom 02.01.2005. Damals waren die Verhältnisse der Konzentration der Investition erheblich geringer. Das heißt, der Rat hat diese Verhältnisse allmählich angehoben. Dies bleibt von den Rechtsverordnungen Nr. 100 von 2005 und Nr. 510 von 2009 unberührt. 223 „Erheblicher“ Einfluss bedeutet die Fähigkeit, durch eine bedeutende Beteiligung an der Finanz- und Geschäftspolitik einer Bank mitzuwirken, um Nutzen aus der Geschäftstätigkeit der Bank zu ziehen. Erheblicher Einfluss wird ausgeübt, wenn ein Institut 20 bis 50% der Stimmrechte einer Bank unmittelbar oder durch ihre nachgeordneten Unternehmen hält. Ein erheblicher Einfluss kann von einem anderen Institut auch bei weniger als 20% Anteil an den Stimmrechten ausgeübt werden, wenn einer oder mehrere von folgenden Fällen realisiert ist: maßgeblicher Einfluss auf 20 bis 50% der Stimmrechte einer Bank gemäß einem Abkommen mit anderen Investoren, maßgeblicher Einfluss auf die finanzielle Geschäftspolitik einer Bank gemäß einem Gesetz oder durch Vertrag, die Fähigkeit oder Autorität zur Ernennung oder Abberufung eines der Vorstandsmitglieder der Bank, Steuerung einer hinreichenden Zahl der einflussreichsten Vorstandsmitglieder einer Bank, Austausch administrativen oder technischen Know-Hows und sonstiger Erfahrungen, Abwicklung einer großen Transaktion oder hoher Umsätze zwischen der Bank und dem Institut, die von relativ großer Bedeutung für die Bank sind, oder: die Bank oder - umgekehrt - das Institut bietet an, Immobilien oder andere Sachwerte und Vermögen ohne Entgelt oder gegen einen geringen Betrag abzugeben. Auf jeden Fall sollen in Syrien tätige Banken es nach § 7 RVO Nr. 501 von 2009 vermeiden, Umgang mit Bank- und Finanzinstituten, die hoch mit Risiken belastet sind, zu pflegen oder mit diesen zu handeln oder in instabilen Regionen und Staaten zu investieren. Zudem haben Banken aus Gründen der Sicherheit und des Schutzes des gesamten Bankensystems Investitionen in Staaten, deren Systeme Überweisungen von Geld erschweren oder verhindern, zu vermeiden. Dagegen besteht ein Kontroll- oder Steuerungsverhältnis nach syrischem Rechtsverständnis, wenn ein Institut gem. § 1 RVO Nr. 501 von 2009 unmittelbar oder mittelbar durch seine ihm nachgeordneten Unternehmen die Hälfte der Stimmrechte der Bank hält. Ein Kontroll- oder Steuerungsverhältnis kann aber auch mit weniger als 50% der Stimmrechte der Bank gegeben sein, jedoch nur unter einer oder mehreren der folgenden Voraussetzungen: 224 die Kontrolle kann sich dennoch auf mehr als 50% der Stimmrechte erstrecken, jedoch gemäß einem Abkommen mit anderen Investoren, das Recht einer Kontrolle der finanziellen Geschäftspolitik einer Bank besteht auf Grund eines Gesetzes oder Vertrages, es besteht die Befugnis zur Ernennung bzw. Abberufung der Mehrheit der Vorstandsmitglieder der Bank oder die Möglichkeit einer Steuerung der Mehrheit der Vorstandsmitglieder während ihrer Willlensbildung. 3.2 Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse Bei einer intensiven Analyse der syrischen Gesetzgebung konnte festgestellt werden, dass weder die einschlägigen Gesetze noch die von dem Rat für Geld- und Kreditpolitik sukzessive erlassenen Rechtsverordnungen Regelungen erwähnen bzw. enthalten, welche Banken verpflichtet sind, bei der Gewährung von Großkrediten sich die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse ihrer Kreditnehmer offenlegen zu lassen. Allgemein beschäftigen sich aber mehrere Rechtsverordnungen mit ähnlichen Themen, z.B. „Strategie bzw. Politik der Aufnahme von Kunden“ (RVO Nr. 71 vom 29.08.2004) oder „RVO zu den Angaben über und den Akten von Kunden“ (RVO Nr. 95 vom 19.12.2004) usw. Aber ungeachtet dessen, dass sich der Gesetzgeber zu diesem Thema ausgeschwiegen hat, garantieren natürlich die über den jeweiligen Kunden gesammelten Informationen und Auskünfte, die vor und bei einer Kreditvergabe regelmäßig eingeholt werden, die vorsichtige und sorgfältige Überwachung und Kontrolle. Nicht vergessen seien dabei die Garantien, Bürgschaften und Sicherheiten, die ein Kunde seiner Bank offerieren - also zumindest anbieten – muss, um überhaupt einen Kredit oder eine Finanzdienstleistung zu erhalten. C. Zusammenfassung und Vergleich Bei genauerer Untersuchung lässt sich ein klarer Unterschied zwischen den beiden Rechts- ordnungen bei den in Rede stehenden Themen feststellen. In der Bundesrepublik Deutschland existieren sehr wohl Vorschriften in Form von längst in Kraft getretenen Gesetzen (auch in Form von Rechtsverordnungen) zu den Themen dieses Kapitels (nämlich Groß- und Millio225 nenkreditverordnung, Solvabilitätsverordnung, außerdem die im Kreditwesengesetz niedergelegten Bestimmungen in Bezug auf die Eigenmittel, das Eigenkapital usw.). Der deutsche Gesetzgeber hat diese Themen zudem in guter, verständlicher Form behandelt. Daher kann man auf diese Vorgaben - wenn nötig – jederzeit zurückgreifen. Darüber hinaus sind diese Bestimmungen deutlich und klar abgefasst - und außerdem stehen dazu viele Kommentare und dazu verfasste (spezielle) Literatur zur Verfügung. Im Gegensatz dazu hat der syrische Gesetzgeber gemäß § 99 G-23 vom 17.03.2002 diese Themen und alle damit verbundenen Angelegenheiten dem Rat für Geld- und Kreditpolitik zur Wahrnehmung übertragen. Der Rat hat seine bankaufsichtlichen Zuständigkeiten mittels Erlasses der erforderlichen Rechtsverordnungen (RVO) wahrgenommen. Das Delegieren solcher Tätigkeiten in die Hände des Rates, der das Instrument der RVO einsetzt, kann der - zumindest vermuteten - Flexibilität und Spezialisierung der Mitglieder des Rates in der Frage des Erlasses derartiger Regelungen (im Vergleich mit dem Parlament) geschuldet sein. Die Schwäche beim Herausfinden neuer Tatsachen und Problemkomplexe ist darauf zurückzuführen, dass sich die Gliederung der RVO nach dem Datum und nicht nach den Themen richtet. In diversen RVO wurden nur einige Paragraphen oder Abschnitte geändert, hinzugefügt oder manchmal nur aufgehoben. Außerdem findet man leider keine einheitlichen Vordrucke und Veröffentlichungen oder von ausgewiesenen Experten verfasste, einigermaßen gehaltvolle Literatur zu diesen Themen, die diesen Mangel bzw. diese Lücke beheben könnten. In punkto Entwicklungsstand ist ein wesentlicher Unterschied bei den Phasen und Stadien des Verlaufs dieser Entwicklung zu konstatieren. In Deutschland haben sich die bankaufsichtlichen Anforderungen bezüglich der Angemessenheit der Eigenmittelausstattung, der Großkredite und der Liquidität stufenweise entwickelt. Dies kann auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden. Dazu lassen sich u.a. die Notwendigkeiten der Koordinierung zwischen den EU-Mitgliedstaaten im Hinblick auf die europäischen Bankenrichtlinien (wie z.B. Mindesteigenkapitalausstattung, Kapitaladäquanzrichtlinie usw.), und dazu noch die Empfehlungen (die später durch EU-Recht als verbindlich erklärten Regelungen) des Baseler Ausschusses aufzählen. Im Gegensatz dazu hat der syrische Rat für Geld- und Kreditpolitik seine RechtsVOen bezüglich dieses Themas nach der Verabschiedung der Regelungen von Basel II im Jahre 2007 einfach daraus übernommen. Darüber hinaus gibt es im nahöstlichen Raum bislang 226 keine internationale Organisation oder regionale Koordinierung im Bereich der Bankenaufsicht. In den untersuchten Rechtsordnungen haben sich unterschiedliche Begriffe für das von Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituten bzw. Banken zu haltende Eigenkapital etabliert. Während die deutsche Gesetzgebung die „Eigenmittel-Komponente“ definiert und immer auf diese Bezug nimmt, hat sich die syrische Rechtsordnung auf den Begriff „Eigenkapital“ beschränkt. Darüber hinaus gibt es einen klaren Unterschied zwischen beiden Rechtsordnungen hinsichtlich der deutschen Eigenmittel- und der syrischen Eigenkapital-Komponenten. Nach dem deutschen Kreditwesengesetz bestehen diese Komponenten aus drei Bestandteilen - nämlich: Kernkapital + Ergänzungskapital – Abzugspositionen = haftendes Eigenkapital. Haftendes Eigenkapital + Drittrangmittel = Eigenmittelkomponenten. Dagegen setzt die Bankenaufsichtsbehörden für die Angemessenheit der Eigenmittel der in Syrien voraus: Kernkapital + Ergänzungskapital – Abzugspositionen = Eigenkapital der Bank, ohne dass Banken Drittrangmittel kalkulieren bzw. mitzurechnen. Der Eigenkapitalausstattung kommt in beiden Rechtsordnungen eine besondere Bedeutung zu. Dies verdeutlicht sich klar auf der deutschen Seite durch die weitgehenden Änderungen des § 10 KWG seit 1961 bis heute. Obwohl dieses Thema nach syrischer Ansicht bei den bankaufsichtlichen Behörden höchste Aufmerksamkeit verdient, findet man dafür nur eine Rechtsverordnung (Nr. 253 vom 24.01.2007) als einzige Regelung der Frage der Angemessenheit des Eigenkapitals und der Solvenz von Banken. Es existiert nur eine unwesentliche Änderung dieser RVO durch die Rechtsverordnung Nr. 388 von 2008. Die in RVO Nr. 253 von 2007 fixierten Vorschriften betreffen alle in Syrien tätigen Banken - sowohl private und staatliche als auch islamische Banken. Zudem müssen alle Banken die vorgeschriebenen Schemata und Formblätter für ihre Anzeigen an das Regierungskommissariat ausfüllen. M.a.W.: Islamische Banken müssen identische Begriffe für Positionen benutzen – egal, ob es sich um Privatbanken oder staatliche Banken handelt und ohne Rücksicht auf die Unterschiede zwischen beiden Bankenarten und auf die Besonderheiten der islamischen Banken. 227 Diese Gesetzeslücke kann nur (bzw. muss) durch Übernahme der internationalen Regelungen (der Accounting and Auditing Organisation for Islamic Financial Institutions, AAOIFI651) überwunden oder behoben werden. Hinsichtlich der Angemessenheit der Eigenmittel von Banken besitzt dieses Thema für beide Rechtsordnungen eine besondere Stellung. In der Bundesrepublik Deutschland werden die Vorschriften besonders auf Grund der wachsenden Rolle des Europäischen Wirtschaftsraums und namentlich auf Grund der erforderlichen Harmonisierung auf Ebene der international anstehenden bankaufsichtlichen Aufgaben immer wieder geändert und dabei neue Bestandteile sowie neue Begriffe (Drittrangmittel, Kernkapital…usw.) eingeführt - und dann in das KWG transformiert. Darüber hinaus hat der deutsche Gesetzgeber neue Gesetze erlassen, damit die neuen Entwicklungen in diesem Zusammenhang (EWR und internationale Ebene) berücksichtigt werden können. Das deutsche Bundesministerium der Finanzen hat für eben diese Zwecke die Solvabilitätsverordnung, die Groß- und Millionenkreditverordnung von 2006 in Umsetzung der Bankenrichtlinien und in Umsetzung der Basler Ausschuss-Empfehlungen erlassen. Diese Sondergesetze (RVOn) konkretisieren den großen Unterschied zwischen beiden staatlichen Rechtsordnungen. Die Solvabilitätsverordnung regelt im Teil 2 Adressenrisiken für Banken bzw. Kreditinstitute wie auch z.B. Risikopositionen, den Kreditrisiko-Standardansatz usw. Die Solvabilitätsverordnung dient der weiteren Umsetzung der Richtlinie 2006/48/EG zur Mindesteigenkapitalausstattung der Kreditinstitute für das Kredit/Adressenausfallrisiko und das operationelle Risiko wie auch der Kapitaladäquanzrichtlinie 2006/49/EG.652 Beide Richtlinien wurden durch das Europäische Parlament und den Rat am 14.06.2006 erlassen. Dagegen hat der Rat für Geld- und Kreditpolitik nur einmal und von Anfang an die RVO Nr. 253 von 2007 unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Baseler Ausschusses (Basel II) erlassen. Darüber hinaus ist ein weiterer Unterschied zwischen den Rechtsordnungen beider Länder zu bemerken, da man in Deutschland beide Begriffe - Eigenmittel und Eigenkapital - benutzt. In Syrien findet man hingegen nur das „Eigenkapital“ als einzigen geläufigen Begriff. Auf syrischer Seite existiert als einzige, unzureichende und gekürzte Rechtsverordnung die Nr. 253 von 2007, die insgesamt 51 Seiten umfasst, wovon 14 Seiten dem Thema Solvabilität und Angemessenheit des Eigenkapitals gewidmet sind und es 14 konkrete Darstellungen von Kreditrisikopositionen, Marktrisikopositionen, gewichteten außerbilanziellen 651 652 228 Website: http://www.aaoifi.com/aaoifi/; vgl. Grais/Pellegrini, Corporate Governance and Shariah Compliance in Institutions Offering Islamic Financial Services, 2006. Vorbemerkung: Allgemeine Einführung der BaFin vom 18.01.2007. Positionen und Zinsänderungsrisiken usw. gibt. RVO Nr. 253 wurde auf der Basis von § 99 G-23 von 2002 erlassen, d.h. es liegt diesem Erlass keine Mindestkoordinierung mit einer ausländischen bankaufsichtlichen Behörde zugrunde, sondern nur eine Umsetzung der Baseler Ausschuss-Empfehlungen. Lediglich eine Koordination mit dem Exekutiv-Ausschuss des Internationalen Währungsfonds findet statt, in Form von Konsultationen. Einen klaren Unterschied gibt es bei der Nennung und bei der Struktur der von Kreditoder Finanzdienstleistungsinstituten gehaltenen Mittel. Während die deutsche Gesetzgebung den Begriff „Eigenmittel-Komponenten“ gebraucht, hat sich die syrische RVO Nr. 253 hingegen auf den Begriff „Eigenkapital-Komponente“ beschränkt. Außerdem gibt es eine andere erhebliche Verschiedenheit zwischen beiden untersuchten Rechtsordnungen hinsichtlich der Elemente oder Bestandteile der deutschen Eigenmittel- und der syrischen Eigenkapital-Komponenten. In der Bundesrepublik Deutschland sind diese Komponenten wie in folgender Formel dargestellt: Kernkapital + Ergänzungskapital – Abzugspositionen = haftendes Eigenkapital. Haftendes Eigenkapital + Drittrangmittel = Eigenmittel. In Syrien dagegen besteht die Eigenkapital-Komponente von Banken nur aus dem Kernund dem Ergänzungskapital - jedoch abzüglich der jeweiligen Abzugspositionen. Das heißt, dass die syrische Rechtsordnung nicht vom Element „Drittrangmittel“ spricht oder solche von den Banken fordert. Der Verzicht auf Drittrangmittel seitens des syrischen Gesetzgebers hat praktisch eine hohe Bedeutung, da diese Mittel den Banken kurzfristig zur Verfügung stehen und überdies nicht dieselbe Qualität wie das Kern- und das Ergänzungskapital haben. Es gibt weiter einen klaren Unterschied zwischen den Rechtsordnungen beider Länder in Bezug auf die Angemessenheit der Eigenmittelausstattung (Gesamteigenmittelanforderungen). Hinsichtlich des Gesamteigenmittelkoeffizienten „Solvabilitätskoeffizient“ verlangen beide Rechtsordnungen die Erfüllung derselben Anforderungen. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass beide Länder ihre Normen aus derselben Quelle abgeleitet haben: aus den „Empfehlungen“ des Baseler Ausschusses. Das bedeutet, dass Banken in beiden Ländern Mindestanforderungen bei der Ausstattung mit Eigenmitteln mit einem Gegenwert von 8,0% der Risikoaktiva einzuhalten haben, wenngleich der deutsche Gesetzgeber die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute auf einen zusätzlichen Korridor im Gegenwert von 0,4% der Risikoaktiva verpflichtet hat (§ 2 Abs. 5 Satz 2 SolvV). 229 Beide Rechtsordnungen haben fast gleiche Zeitabstände für die Ermittlung der Angemessenheit der Eigenmittelanforderungen festgelegt. Während die deutsche Vorschrift die tägliche Ermittlung der Eigenmittelangemessenheit vorsieht, und zwar zum Geschäftsschluss um 24:00 Uhr, benutzt die syrische Rechtsnorm den Ausdruck „jederzeit“, wenngleich dies die implizite Bedeutung von „täglich“ hat. Beim Vergleich der Meldevorschriften zur Eigenmittelausstattung nach beiden Rechtsordnungen fällt der deutliche Unterschied bei den Meldefrequenzen ins Auge. Während in Deutschland die Institute solche Meldungen nach dem Stand zum Meldestichtag jeweils am Ende eines Kalendervierteljahres einzureichen haben (§ 6 Abs. 1 Satz 2 SolvV), müssen dagegen in Syrien tätige Banken gem. § 4 RVO Nr. 253 die solvenzbezogenen Meldungen nach dem Stand zum Meldestichtag am Ende eines Kalenderhalbjahres zu erstatten. Darüber hinaus besteht noch ein weiterer Unterschied bezüglich der formellen Einreichung und des Verfahrens der Meldungen an die zuständigen Aufsichtsbehörden beider Länder. So verlangt der deutsche Gesetzgeber die bei der Deutschen Bundesbank einzureichenden Meldungen in papierloser Form, also elektronische Meldungen. Im Gegensatz dazu schweigt sich die RVO Nr. 253 zum Verfahren der Meldeeinreichung aus. Aber in RVO Nr. 597 von 2009 bezüglich der Adressenrisiken und Rücklagen fordert der Rat für Geld- und Kreditpolitik schriftliche, unterschriebene Exemplare - neben einer CD. Noch ein Unterschied kann hinzukommen: Die erste zuständige Stelle in Deutschland, an die sich die Meldung richtet, ist die Deutsche Bundesbank. Dann leitet die Deutsche Bundesbank die Meldungen an die BaFin weiter. Dagegen haben die Banken in Syrien ihre Meldungen (nur/direkt) beim Regierungskommissariat einzureichen. Beide Rechtsordnungen haben Risiken benannt. Die deutsche Seite ist dabei deutlich ausführlicher und weitgehender - im Vergleich zu dem in syrischer Seite. Die deutsche Solvabilitätsverordnung enthält Legaldefinitionen für Begriffe wie: Adressenausfallrisiko, Adressrisikopositionen, Fremdwährungsrisikopositionen, Rohwarenrisikopositionen sowie operationelles Risiko usw. Dagegen enthalten die vom syrischen Rat für Geld- und Kreditpolitik herausgegebenen Vorschriften nur Rechtsverordnungen für die Handhabung des Risikomanagements, des Zinsänderungsrisikos, des operationellen Risikos und des Liquiditätsrisikos, ohne für diese Legaldefinitionen zu geben. Die syrischen Rechtsverordnungen in diesem Sinne beschränken sich auf Anweisungen und Empfehlungen – und nicht mehr. 230 Der konsolidierten bankaufsichtlichen Meldung, die vierteljährlich erstattet werden muss, kommt vonseiten der deutschen Gesetzgebung eine besondere Bedeutung zu. Diesem Zweck wurde in der Bundesrepublik Deutschland § 10a KWG gewidmet, gemäß dem sich Institutsund Finanzholding-Gruppe auf allen Ebenen (Mutter-, Tochter- und Schwester-Unternehmen) auf konsolidierter Basis beaufsichtigen lassen. Insbesondere ist hier der Verweis auf § 2 Abs. 1 und 2 SolvV gemeint - bezüglich der Ermittlung der Risikopositionen und dementsprechenden Ermittlung der Eigenmittelausstattung auf Ebene der Finanzinstituts-Gruppen auf konsolidierter Basis. Zudem besteht gem. § 10a Abs. 7 KWG die Pflicht, dass das übergeordnete Unternehmen einer Institutsgruppe nach den Vorschriften des Handelsbuchs einen Konzernabschluss aufstellt. Für Syrien dagegen ist bislang leider offensichtlich keine verbindliche RVO für bankaufsichtliche Meldungen auf konsolidierter Basis ergangen. Vielleicht könnte dies auf die noch jungen Erfahrungen auf bankaufsichtlichem Gebiet zurückgeführt werden. Es ist jedoch nicht zu vergessen, dass in der syrischen RVO Nr. 253 von 2007 die Ermittlung der Eigenkapitalausstattung auf sämtliche Jahresabschlüsse aller involvierten Hauptverwaltungen und deren in In- und Ausland ansässigen Filialen bzw. Zweigstellen zuzüglich anderer Banken und deren nachgeordnete Institute zu beziehen ist. Obwohl der Rat die RVO Nr. 661 von 2010 zur Definition von Institutsgruppen erlassen hat, hat er über die Meldung auf konsolidierter Basis jedoch nicht gesagt. Beide Rechtsordnungen haben bezüglich der Liquidität der Kreditinstitute bzw. Banken normative Regelungen verabschiedet, da Zahlungsunwilligkeit oder -unfähigkeit einen erheblichen Negativeinfluss auf den gesamten Banksektor und demzufolge indirekt auf die gesamte Volkswirtschaft eines Landes hat. Während die deutsche Liquiditätsverordnung vom 14. Dezember 2006 auf nur einem Schema und einer Methode für die Beurteilung der Liquiditätslage eines Instituts beruht, hat die syrische Liquiditätsverordnung dagegen zwei Methoden zur Beurteilung der Liquidität von Banken festgelegt. Nach der deutschen Methode müssen im Rahmen eines in vier Fristen-Bänder untergliederten Schemas die während der künftigen zwölf Monate dem Institut zur Verfügung stehenden liquiden Aktiva und die tatsächlichen sowie potenziellen Liquiditätsabflüsse erfasst werden. Dabei muss die Liquiditätskennziffer monatlich anhand einer Ein-Monat-Kennzahl durch einen mathematischen Divisionsvorgang ermittelt werden - mit den liquiden Aktiva im Zähler und den Liquiditätsabflüssen während des auf den Meldestichtag folgenden Monats im 231 Nenner. Wenn der sich ergebende Quotient Werte gleich oder größer als Eins annimmt, gilt die Zahlungsbereitschaft des Instituts als ausreichend. Dagegen hat sich die syrische Liquiditätsverordnung für zwei Methoden entschieden. Die erste hält sich dabei an einen bestimmten Prozentsatz (20% in syrischer Währung und 30% für die Fremdwährungen). Die andere Methode beruht auf einem in sieben Laufzeit-Bänder untergliederten Schema für die potenziellen Zu- und Abflüsse von Geldern, das sog. Ranking (Auflistung) der Fälligkeit von Verbindlichkeiten; dann wird die Differenz zwischen den Zuund Abflüssen ermittelt. Das Thema „Kreditgeschäft“ haben beide Rechtsordnungen reguliert, da sich dieses Geschäft weltweit als das Rückgrat jedweder Banktätigkeit oder Finanzdienstleistung erweist. Dabei ließ sich feststellen, dass die deutsche Gesetzgebung eine eigene, konkrete Definition für den Begriff „Kredit“ in § 19 Abs. 1 Satz 1 KWG enthält. Im Gegensatz dazu schließen die syrische RVO Nr. 395 von 2008 und ihre Folgenovellen keine derartige Definition ein, und darüber hinaus hat der Rat für Geld- und Kreditpolitik den Begriff „Kredit“ nicht explizit verwendet, sondern allgemeine Wörter wie z.B. „zulässige Finanzierungen“, „Dienstleistungen“ oder „Vergünstigungen“ benutzt, unter denen „Kredit“ verstanden wird (bzw. werden kann). Zudem fällt ein weiterer, klarer Unterschied zwischen den beiden untersuchten Gesetzgebungen schnell ins Auge: Das ist die Unterscheidung zwischen Nichthandels- und Handelsbuchinstituten. Während der deutsche Gesetzgeber zwischen beiden Instituten differenziert und bestimmte, gesonderte Regelungen der jeweiligen Ausrichtung (Handelsbuch- oder Nichthandelsbuchinstitut) auch zum Thema „Kredit“ widmet, hat der Rat in Syrien diese Begriffe nicht genutzt oder nicht wenigstens erwähnt. Hinsichtlich der Großkredite von Nichthandelsbuchinstituten nach deutschem KWG hat ein solches Institut einen Kredit an einen Kreditnehmer in Höhe von 10% seines haftenden Eigenkapitals der Deutschen Bundesbank anzuzeigen (Großkredit); dagegen darf ein Nichthandelsbuchinstitut einen Kredit an einen Kreditnehmer ohne Zustimmung der Bundesanstalt (BaFin) nicht gewähren, wenn der Kredit den jeweils höheren Wert von entweder 25% seines haftenden Eigenkapitals oder einen Betrag 150 Mio. EUR übersteigt (Großkredit-Obergrenze). Handelsbuchinstitute sind (ebenfalls nach deutschem KWG) verpflichtet, im Handels- und im Anlagebuch mit Adressenausfallrisiko behaftete Positionen auszuweisen. 232 Danach besteht ein Gesamtbuch-Großkredit, wenn die Gesamtheit der Kredite an einen Kreditnehmer 10% des Volumens der vom Institut zu haltenden Eigenmittel erreicht oder übersteigt (kreditnehmerbezogene Gesamtpositionen), dagegen besteht ein Anlagebuch-Großkredit ab einem Limit von 10% des haftenden Eigenkapitals des Instituts. In beiden Fällen hat ein Handelsbuchinstitut der Deutschen Bundesbank unverzüglich Anzeige zu erstatten. Auch darf bei einem Handelsbuchinstitut die kreditnehmerbezogene Anlagebuch-Gesamtposition nicht ohne Zustimmung der Bundesanstalt 25% des haftenden Eigenkapitals erreichen. Dagegen hat der syrische Rat für Geld- und Kreditpolitik das Anlage- und das Handelsbuch - wie beim deutschen KWG – bisher nicht eingeführt, wenngleich die syrische RVO Nr. 395 von 2008 in Bezug auf Großkredite eine Ähnlichkeit zu den Großkreditlimiten für Handelsbuchinstitute aufzeigt. Darüber hinaus enthalten § 13 und § 13a KWG mehrere Limite und Obergrenzen und zahlreiche Bestimmungen zum Thema Großkredite, wohingegen die RVO Nr. 395 von 2008 Großkredite an einen Kreditnehmer wie folgt erwähnt: - 10% (Großkredit), - 25% (Großkrediteinzelobergrenze) und – das Achtfache (Großkreditgesamtobergrenze) jeweilig (des haftenden Eigenkapitals). Großkredite und die Großkreditobergrenze bedürfen bei Handelsbuch- oder Nichthandelsbuchinstituten nach dem deutschen KWG entweder der unverzüglichen Anzeige bei der Deutschen Bundesbank oder - im Falle einer Überschreitung dieser Grenze – der vorherigen Zustimmung der BaFin. Nach der syrischen RVO besteht ein absolutes Verbot für alle Arten der Grenzüberschreitung bei bzw. durch Kreditvergaben. Des Weiteren hat der Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland das bedeutsame Thema „Millionenkredite“ in § 14 KWG behandelt. Alle Kredit-, Finanzdienstleistungsinstitute und Finanzunternehmen, sogar Stellen, Institute und Unternehmen, die von den Vorschriften der Bankenaufsicht ausgenommen sind, unterliegen der vierteljährlichen Anzeigepflicht bei der Deutschen Bundesbank (als Evidenzzentrale), wenn die Verschuldung des Kreditnehmers 1.500.000 Euro oder mehr beträgt. Dagegen hat der syrische Rat für Geld- und Kreditpolitik die Millionenkredite nur in einem einzigen Fall gem. RVO Nr. 113 von 28.02.2005 – für den Fall von Interbankenkrediten – geregelt und nur für kurzfristige Ausleihungen und mit der unbedingten Auflage, dass diese Kredite nur mit vorheriger Zustimmung des Rates für Geld- und Kreditpolitik gewährt werden dürfen. 233 Einen klaren Unterschied zwischen beiden Rechtsordnungen sieht man bei der Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers. Während die deutsche Gesetzgebung eine solche Offenlegung (durch Vorlage der Jahresabschlüsse) den Kreditinstituten aufgibt, wenn der Kredit insgesamt 750.000 Euro oder 10% des haftenden Eigenkapitals überschreitet, verlangt die syrische Gesetzgebung in derartigen Fällen keine solche Offenlegung. 234 Teil V Basel III A. Einleitung Der Begriff „Basel III“653 gehört derzeit zu den absoluten Topthemen, da alle Welt dieses Rahmenwerk diskutiert, das sich allerdings nicht auf den Bankensektor oder das Finanzsystem beschränkt. Die Erwartungen an das Rahmenwerk oder - wie oft gesagt wird: an das „Reformpaket“ - sind hochgespannt. Sie sind prinzipiell so begründet, dass durch die neuen Anforderungen hinsichtlich der Eigenkapitalstandards ein stabiles, solides Finanzsystem bzw. ein entsprechend standfester Bankensektor aufgebaut werden kann. Dadurch sollte sich künftig die Risikoabsorptions- und Verlusttragfähigkeit der Banken deutlich verstärken und stabilisieren. Die Ertüchtigung des Finanz- und Bankensektors wiederum sollte positive Auswirkungen auf sämtliche Bereiche der Volkswirtschaft(en) insgesamt haben. Die mit der Einführung der novellierten einschlägigen Vorschriften verknüpften Erwartungen und Hoffnungen sind auch auf Seiten der Steuerzahler groß, da die Banken durch die Verstärkung ihrer Finanzbasis in Verlustfällen auf sich gestellt bleiben werden und nicht mehr staatliche Unterstützung erwarten dürfen. M.a.W.: Die Rahmenvereinbarung Basel III zielt auf die Umsetzung neuer, strengerer Anforderungen und somit darauf ab, ein stets solides, überlebensfähiges Finanzsystem - namentlich einen krisenfesten Bankensektor - zu etablieren bzw. sicherzustellen. 1 Erste Reaktionen auf das neue Rahmenwerk Es gab viele verschiedene Reaktionen bezüglich der schärferen, durch Basel III vorgese- henen Auflagen, wie sie vor kurzem vereinbart wurden. Z. B. äußerte Josef Ackermann654, der 653 654 Zum „Baseler Ausschuss“: Nach dem Zusammenbruch der Kölner Herstatt-Bank 1974 riefen die Zentralbanken und die Bankenaufsichtsbehörden der zehn größten Industrieländer (G 10) den Baseler Ausschuss ins Leben. Der Sitz dieses Ausschusses befindet sich bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel, Schweiz. Seine Aufgaben bestehen darin, einheitliche Standards im Bereich Bankenaufsicht zu entwickeln und dafür Richtlinien und Empfehlungen herauszugeben. Website: http://www.bis.org/bcbs/. Basel I: Der Ausschuss verabschiedete 1988 die erste Eigenkapitalvereinbarung, die 1992 in Kraft trat. Darin wurde festgelegt, dass das Mindestkapital der Bank ein Maßstab für die Risikobegrenzung ist. Daher wurden die Banken verpflichtet, ein Eigenkapital von mindestens 8% ihrer ausgereichten Kredite und anderer Forderungen vorzuhalten. Basel II 2004: Mit dieser Vereinbarung wurden striktere Eigenkapitalanforderungen beschlossen, die enger am tatsächlichen Risiko orientiert wurden. Basel III: Am 12. September 2010 beschloss der Baseler Ausschuss wiederum ein Reformpaket, das der Gegenstand dieses Teils ist. Die damals gefassten Beschlüsse sollten bis Ende 2012 in die nationalen Rechtssysteme umgesetzt werden. Gleichzeitig von 2003 bis 2012 Chef des Instituts of International Finance (IIF). 235 (ex-)Chef der Deutschen Bank, ein klares Lob: „Basel III ist ein gutes, rundes Paket, das wir sehr unterstützen.“ Kritiker befürchten dagegen, dass die neuen Regeln steigende Gebühren bei der Kreditvergabe mit sich bringen - wegen der den Banken dann in geringerem Umfang zur Verfügung stehenden Mittel. Dies ist die Meinung des Bundesverbands Öffentlicher Banken (VÖB), der auch die Interessen der Landesbanken vertritt.655 Die deutsche Bundesregierung befürchtet hingegen keinen Schaden. Der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble äußerte dazu: „Wir haben ausreichend Übergangsfristen“.656 Zur Beantwortung der Frage: „Wozu brauchen wir Basel III?“ schrieben B. Willams/U. Herrmann/S. Kosch in einem Aufsatz in der Tageszeitung (taz.de) vom 14.09.2010 unter der Überschrift „Was Basel III bringt - Mehr Eigenkapital für die Banken“: „Die jüngste Finanzkrise 657 kam den Steuerzahler sehr teuer: Allein die Regierungen der zwanzig größten Industrie- und Schwellenländer gaben 718 Milliarden Euro für die Rettung ihrer Banken aus. Die Finanzinstitute verspekulierten sich bei Hypothekengeschäften und riskanten Produkten und konnten diese Verluste nicht aus eigenen Mitteln bezahlen“. Festzuhalten ist, dass auch große Banken bankrott gingen und viele andere mit in den Abgrund zogen, was eine weltweite, schmerzhafte Finanzkrise auslöste. 2 Die Grundlagen von Basel III Im September 2010 wurde eine Einigung über die Ausgestaltung eines Reformpakets in Bezug auf Eigenkapital und Liquidität erreicht, Basel III genannt. Diese neue Version von „Basel“ soll weltweit eine radikale Verstärkung der Eigenkapitalstandards und damit des gesamten Finanzsystems herbeiführen.658 Seit Ausbruch der letzten Finanzkrise wurde sowohl im Baseler Ausschuss für die Bankenaufsicht als auch im Financial Stability Board darüber nachgedacht, wie ein sicheres, solides Finanzsystem zu errichten sei, das überdies gerade in Spannungszeiten eine möglichst hohe Widerstandsfähigkeit garantiert. 655 656 657 658 236 Wallstreet: online, 13.09.2010, Strengere Regeln für Banken - Kritik an Basel III hält sich in Grenzen. Ebenda. Die Finanzkrise begann im Sommer 2007 auf dmn USA-Hypothekenmarkt und verschärfte sich später in mehreren Wellen und auf anderen Märktne deutlich. Diese Zuspitzung wurde durch die Insolvenz der USBank Lehman Brothers im Herbst 2008 ausgelöst; s. Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank von 2008, S. 14. Jaime Caruana, Basel III: Gestaltung eines sichereren Finanzsystems, Ansprache des Generaldirektors der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, 15.09.2010, S. 1. Jaime Caruana659 äußerte dazu am 15.09.2010 auf der dritten Standard International Banking Conference: „Die Krise hat eine Reihe von Mängeln bei Unternehmensführung, Risikomanagement, Sorgfaltspflichten usw. ans Licht gebracht. Diese Mängel müssen vom privaten Sektor selbst behoben werden“. Basel III – ein Mosaikstein im Bereich der internationalen Bankenaufsicht: Eine der gut zutreffenden Beschreibungen dieses Projekts lautet: „Basel III ist ein Mosaikstein im System der Beaufsichtigung.“ Der Hintergrund dafür ist, dass Basel III lediglich ein Element ist unter vielen - zur grundlegenden Restrukturierung des bisherigen Ansatzes.660 Dabei werden diverse Bereiche des Finanz- und Bankensektors von Änderungen betroffen. Beispiele dafür sind: Abdeckung der Risiken, Unternehmenssteuerung, Umstrukturierung der Markt- bzw. Finanzinstrumente (OTC-Derivate) etc. Wie bereits erwähnt: Einer der bedeutendsten Anlässe für das Reformvorhaben war der Ausbruch der Finanzkrise, da aus den durch sie gemachten Erfahrungen eine Vielzahl von Neuerungen und Maßnahmen resultieren musste. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat zur Vermeidung - oder ehrgeiziger: zur Vorbeugung gegenüber - einer neuen Finanzkrise am 16.12.2010 zwei umfassende Rahmenwerke veröffentlicht: „Basel III: Internationale Rahmenvereinbarung über Messung, Standards und Überwachung in Bezug auf das Liquiditätsrisiko“ (12/2010). „Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen für widerstandsfähigere Banken und Banksysteme“ (12/2010; aktuelle Fassung vom 01.06.2011),661 Ein besonderes Merkmal von Basel III besteht darin, dass abweichend von der üblichen, bisherigen Umsetzungspraxis in der Europäischen Union die Vorgaben nach Vorschlag der EU-Kommission in der Rechtsform von EU-Verordnungen und n i c h t in Form von (nicht unmittelbar verbindlichen) Richtlinien verabschiedet und umgesetzt werden sollen. D.h., dass diese EU-Vorgaben unmittelbar für die EU-Mitgliedstaaten wirksam werden und einheitlich 659 660 661 Derzeit Generaldirektor der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Hall/Leach/Kasprowics/ Ott/ Köckritz/Rückbeil,.„Basel III - Handlungsdruck baut sich auf: Implikationen für Finanzinstitute, Januar 2011. S. 4. Cutting through complexity (KPMG), Financial Services http://www.kpmg.de/docs/KPMG_Basel_3_FRM_2011web.pdf. Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, 2011, S. 7. Die Basel III-Regelungen für Bankenaufsicht sind vor allem im „globalen Regulierungsrahmen“ enthalten. 237 umgesetzt werden.662 Die EU-Mitglieder müssen im Rahmen der erlassenen EU-Vorgaben die EU-Rechtsakte nach Art. 288 AEUV663 betrachten. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) wird eine besondere Rolle im Rahmen der Umsetzung von Basel III genießen und in diesem Sinne eine erhebliche Kompetenzerweiterung erfahren. Dies wird aus Sicht einiger Institutionen (insbesondere aus der deutschen AG Mittelstand) als kritisch angesehen, da die vorgesehenen Zuständigkeiten der EBA zu beträchtlichen Eingriffen in Strukturen der europäischen Bankensysteme führen können. Dies stellt an sich einen Widerspruch zu den bisherigen Strukturen und Kompetenzen des europäischen Aufsichtssystems dar.664 Den Planungen nach soll Basel III rasch in die EU- wie in die nationalen Gesetzgebungen transformiert werden, so dass diese Regelungen bereits ab 1. Januar 2013 schrittweise in Kraft treten können. Wie bereits im § 10 Abs. 1 Satz 1 KWG vorgesehen: „Die Institute müssen im Interesse der Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, insbesondere im Interesse der Sicherheit der ihnen anvertrauten Vermögenswerte, über eine angemessene Eigenkapitalausstattung verfügen“. Denn das Eigenkapital eines Instituts dient hauptsächlich: erstens dem Ausgleich geschäftsbetrieblicher Verluste aller Arten (going concern) und der Befriedigung der Ansprüche der Gläubiger im Insolvenzfall (gone concern); zweitens der Begrenzung der sich aus bestimmten Geschäften ergebenden Verlustrisiken durch gesetzliche Vorgabe der Mindestrelationen zwischen verfügbarem Eigenkapital und erlaubterweise eingegangenen Risikopositionen.665 Da Banken zuletzt unter schwerwiegenden Qualitäts- und Quantitätsproblemen bei den Eigenmittelbestandteilen gelitten haben, hat dies wiederum die Funktion der Verlustabsorption deutlich negativ beeinflusst. Darüber hinaus konnten Banken die wegen der Schwäche im Finanzsektor resultierenden Risiken nicht rechtzeitig erkennen.666 Daher sah sich der Baseler Ausschuss gezwungen, erweiterte Kapitalanforderungen für Kontrahenten- 662 663 664 665 666 238 Kulitz/Möhrle/Gerhard/Peter, Gemeinsame Resolution zu Basel III Stuttgart, Januar 2012. Die Autoren fordern hier eine Beschränkung der weitreichenden Befugnisse der EBA (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), weil die EBA zunächst eine Vielzahl von Detailregelungen in Form von sog. „Technischen Standards“ zu entwickeln hat. Die EBA ist mittels EU-VO 1093/2010 vom 24. November 2010 zum 1. Januar 2011 errichtet worden, als Einrichtung der Europäische Union. Der AEUV ist wie der Lissabon-Vertrag insgesamt am 1.12.2009 in Kraft getreten, Text in: ABl. EG Nr. C 115 vom 9.5.2008, S. 47. Arbeitsgemeinschaft Mittelstand, Basel III: Unternehmensfinanzierung im Mittelstand sichern, November 2011: http://www.ihkwiesbaden.de/linkableblob/1668018/.3./data/Basel_III_Unternehmensfinanzierung_im_Mittelstand_sichern _Posit-data.pdf;jsessionid=D7CE08A620994BCDBAE5146C59725975.repl2. Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln für Banken, 2011, S. 8. Ebenda. risiken und zur Bildung von zusätzlichen Kapitalpuffern einzuführen.667 Zudem werden neue Regeln für Kreditbewertung vorgesehen.668 Einer der Gründe der jüngsten globalen Finanz- und Wirtschaftskrise ist die relativ hohe Abhängigkeit von hybriden Bestandteilen669 des Eigenkapitals, die sich - von den guten Eigenkapitalkomponenten einmal abgesehen – auch aus schwachen Fremdkapitalmerkmalen erklärt, was wiederum eine nur eingeschränkte Verlustabsorptionsfähigkeit, Krisenfestigkeit etc. bedingt.670 Durch die Finanzkrise sahen sich die Staaten - angesichts gravierender Verluste - zur Sicherstellung des Fortbestands der Institute und damit des Finanzmarkts als Ganzes zu erheblichen Kapitalzuführungen an die betroffenen Häuser gezwungen. Sicherlich vereinbart sich die einsetzende wirtschaftliche Erholung nicht mit einer Verringerung oder Reduzierung des Volumens der Kreditvergabe in einer Volkswirtschaft. Daher lautete der Auftrag der G20-Staats- und Regierungschefs an den Baseler Ausschuss, bei der Gestaltung der Neuregulierung der Eigenkapital- und der Liquiditätsanforderungen die beginnende wirtschaftliche Erholung nicht massiv zu schwächen oder zu unterbrechen. Deswegen müssen die Neuvorgaben zum Eigenkapital, zum Kapitalpuffer und zu den neuen Abzugsregeln raten- bzw. schrittweise eingeführt werden - dies jedoch mit Rücksicht darauf, dass in der Zukunft einige durch Basel III nun nicht mehr anerkennungsfähige Kapitalkomponenten in die Aufzählung der Bestandteile des haftenden Eigenkapitals mit negativem Vorzeichen eingehen werden. Der Baseler Ausschuss hat vor allem die voraussichtliche Widerstandsfähigkeit des Bankensektors durch eine grundlegende Novellierung der Eigenkapitalregelungen gestärkt. Diese beruht auf den drei „Säulen“671, also der Rahmenbedingungen aus Basel II. Das Reformpaket sieht qualitative und quantitative Verbesserungen der regulatorischen Eigenkapitalbasis vor und kräftigt darüber hinaus die Risikodeckung durch die in ihm implizierte Eigenkapitalregelung. Hinzugekommen ist zudem die „Höchstverschuldungs-Quote“ (oder Leverage Ratio), die als Korrektiv der risikobasierten Eigenkapitalmessgrößen dient. Diese Quote soll den Aufbau 667 668 669 670 671 Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, S. 7. Ebenda; dies wird CVA, Credit Value Adjustment (Anpassung der Kreditbewertung) genannt. Hybridkapital ist Kapital, das eine Position zwischen dem stimmberechtigten Eigenkapital und dem erstrangigen Fremdkapital einer Bank einnimmt; vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, Mezzanine-Finanzierung. Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln für Banken, 2011, S. 8. Die drei Säulen sind: Säule 1: Mindesteigenkapitalanforderungen, Säule 2: Aufsichtliches Überprüfungsverfahren, Säule 3: Erweiterte Offenlegung, vgl. Übelhör/Warns, Basel II Auswirkungen auf die Finanzierung, 2004, S. 15. 239 übermäßiger Fremdfinanzierungen im Bankensystem mindern oder zumindest eindämmen und zusätzlichen Schutz vor Modellrisiken und Messfehlern gewährleisten.672 zukünftig Ergänzungskapital 2. Klasse hartes Kernkapital hartes Kernkapital Verlustabsorption going concern Innovatives Hybridkapital (max. 15% des Tier 1) harte Kernkapitalquote max. 50% des Tier 1 zusätzliches Kernkapital Kernkapitalquote Ergänzungskapital 1. Klasse Hybrides Kernkapital Tier 1 max. 50% des Tier 1 max. 100% des Tier 1 Ergänzungskapital Gesamtkapitalquote Tier 2 Drittrangmittel Verlustabsorption gone concern Tier 3 aktuell Abbildung: Prinzipielle Eigenkapitalstruktur 673 Zusätzlich werden Drittrangmittel-Eigenkapital-Instrumente, die zuvor nur zur Deckung von Marktrisiken verwendet werden durften, durch die neuen Regelungen außer Funktion gesetzt. 3 Neuregelungen von Basel III Der Baseler Ausschuss hat mit seinem Reformpaket vor allem das Ziel anvisiert, eine Stei- gerung der Qualität des bankaufsichtlich relevanten Kapitals durch sog. „hartes Kernkapital“ zu erreichen. Die Neuversion von „Basel“ hat die Verlustabsorptionsfähigkeit des Bankensystems unterstützt - durch Aufstockung dieses Teils des Kapitals, das schon seit Basel I von 672 673 240 Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen für widerstandsfähigere Banken und Banksysteme - Dezember 2010 (rev. Juni 2011), S. 8. http://www.bis.org/publ/bcbs189_de.pdf Loeper (Deutsche Bundesbank), Die Auswirkungen von Basel III auf Eigenkapital und Liquidität, Vortrag vor dem Arbeitskreis „Strategie und Controlling in Banken“ der Schmalenbach-Gesellschaft, Frankfurt am Main, 25. März 2011, S. 4, http://www.wiwi.uni-muenster.de/fcm/downloads/praxis/schmalenbach/tagung_2011-03-25/Loeper.pdf; Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln für Banken, 2011, S. 11; ferner Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, S. 14. 1988 als besonders bedeutsam unter den in Rechnung zu stellenden Faktoren empfohlen wurde.674 3.1 Mindestkapitalanforderungen und Kapitalpuffer Wie oben erwähnt, wies das Bankensystem bei Ausbruch der letzten Finanzkrise eine unzureichende Ausstattung mit Eigenkapital hoher Qualität auf. Eines der zentralen Elemente der neuen Regelungen ist daher die Definition von „Eigenkapital“, die dem harten Kernkapital (Grundkapital) ein höheres Gewicht beimisst. Antizyklischer Puffer 2,5 % Kapitalerhaltungspuffer aus hartem Kernkapital 1,875% 1,25 % 1,875% 2,5 % 0,625% 0,625% 1,25 % 2% 2% 2% 2% 2% 1,5 % 1,5 % 1,5 % 1,5 % 1,5 % 4,5 % 4,5 % 4,5 % 4,5 % 4,5 % 2015 2016 2017 2018 2019 8% 2,5 % 4% 3,5 % 1,5 % 4% 1% 2% 3,5 % 4% 2013 2014 2% 2012 Hartes Kernkapital Zusätzliches Kernkapital Ergänzungskapital Abbildung : Quantitative Kapitalanforderungen675 a) Definition des Eigenkapitals - Eigenkapitalkomponenten Das regulatorische Eigenkapital besteht nach Basel III aus der Summe folgender Be- standteile: (1) Kernkapital, das seine Hauptfunktion bei der ständigen Fortführung des Geschäftsbetriebs eines Instituts hat. Das Kernkapital besteht wiederum aus: 674 675 Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln für Banken, 2011, S. 10. AaO, S. 20; sowie auch Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, S. 15. 241 a) hartem Kernkapital, b) zusätzlichem Kernkapital. (2) Ergänzungskapital 3.2 Mindestkapitalquoten, bezogen auf den jeweiligen Bestandteil Nachstehende Bestandteile des Eigenkapitals bleiben nach Berücksichtigung der entsprechenden regulatorischen Anpassungen aufzulisten, und es ist folgenden Mindestanforderungen (Restriktionen) Rechnung zu tragen: Das harte Kernkapital muss jederzeit ein Volumen von mindestens 4,5% der risikogewichteten Aktiva haben. Das gesamte Kernkapital muss sich jederzeit auf mindestens 6,0% des Umfangs der risikogewichteten Aktiva belaufen. Das Gesamtkapital (d.h. Kernkapital + Ergänzungskapital) muss in seiner Größe jederzeit mindestens 8,0% der risikogewichteten Aktiva erreichen. 3.3 Verbesserung der Eigenkapital-Qualität Die Hauptforderung des Reformpakets Basel III besteht darin, die bei der Verlustabsorption aufgetretenen Schwächen zu überwinden und auch andere Lücken zu überbrücken. Vor allem diese Motivation hat den Baseler Ausschuss veranlasst, die Qualität des Eigenkapitals, insbesondere des „Kernkapitals“ von Instituten, zu steigern. Aus diesem Grund hat sich der Baseler Ausschuss auf diesen Teil besonders fokussiert und mehr Gewicht auf die Neufassung des Begriffs „hartes Kernkapital“ gesetzt, da dieses das qualitativ beste und relevanteste Element des Eigenkapitals darstellt. Die Erhöhung seiner Qualität dient künftig dem nach Stabilität strebenden Bankensektor insgesamt. a) Hartes Kernkapital Im September 2009 haben sich die G20-Staats- und Regierungschefs676 auf ihrem Gipfel in Pittsburgh auf seine Abgrenzung nach der Rechtsform verständigt. Beispielsweise dürfen bei aktiven AG-Instituten nur folgende Bestandteile als „hartes Kernkapital“ eingestuft bzw. anerkannt werden: einbehaltene Gewinne, ausgegebene Aktien sowie Aufgeld.677 676 677 242 Die Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G 20) haben bei ihrem Treffen am 12. November 2010 in Seoul außer der geplanten Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF) auch die neuen Eigenkapitalanforderungen von Basel III gebilligt; vgl. Süddeutsche.de „Mehr Milliarden, mehr Sicherheit“, 12.10.2010. Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln für Banken, 2011, S. 10. Für Sparkassen jedoch ist zukünftig nach Basel III das harte Kernkapital nur aus den folgenden Bestandteilen zusammengesetzt: a. Aktiennennwert b. Aktienagio c. einbehaltene Gewinnen (d.h. offene [Gewinn-]Rücklagen) d. kumulierte sonstige, dem Gesamtergebnis zuzurechnende Erträge und sonstige offengelegte Rücklagen (z.B. aus durch den Abschlussprüfer bestätigten Zwischengewinnen) e. Reserven oder Sonderposten gem. § 340g HGB und f. Kapitalinstrumente, sofern sie den entsprechenden Kriterien genügen. Die diesbezügliche EU-Verordnung (CRR-E)678 schreibt gem. Art. 26 Erleichterungen für Genossenschaften und Sparkassen vor. Zur Erfüllung des Inhalts des Art. 26 EU-VO müssen nicht alle 14 aufgezählten Kriterien buchstabengetreu eingehalten sein, sondern die angestrebten Instrumente müssen die relevanten Anforderungen in punkto Verlusttragfähigkeit und Dauerhaftigkeit genauso wie das Stamm- oder Grundkapital sicherstellen.679 Art. 26 (1) CRR-E legt bezüglich der Kriterien zur Anrechnung als hartes Kernkapital folgendes fest (hier auf nur einige Kriterien beschränkt aufgezählt): I. die Instrumente werden vom Institut mit vorheriger Zustimmung des Besitzers oder des Leitungsorgans des Instituts direkt begeben; II. sie sind eingezahlt und ihr Kauf wird weder direkt noch indirekt durch das Institut finanziert; III. die Instrumente sind in der Bilanz der Jahresabschlüsse des Instituts eindeutig und gesondert offengelegt; IV. sie sind nicht besichert oder durch das Institut, seine Mutter- oder Tochtergesellschaft oder durch miteinander verbundene Unternehmen garantiert; V. sie müssen die Verluste des Instituts auffangen können; VI. sie sind bei Insolvenz oder Liquidation des Instituts nachrangig gegenüber allen anderen Ansprüchen; VII. sie verleihen ihren Besitzern im Falle einer Liquidation einen Anspruch auf die Restaktiva des Instituts; diese werden ermittelt jedoch erst nach Zahlung aller vorrangigen Forderungen - proportional zur Summe der ausgegebenen Instrumente - und VIII. für sie bestehen keine vertraglichen oder sonstigen Vereinbarungen, die den Besitzern bei Insolvenz oder bei Liquidation einen höheren Rang zugestehen. 678 679 EUROPÄISCHE KOMMISSION, Entwurf zur Verordnung über Eigenkapitalanforderungen (CRR-E) vom 20.07.2011,, KOM(2011) 453 endgültig, 2011/0203 (COD). Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, 2011, S. 17. 243 Nach aktuellen Erwartungen schätzen Experten, dass - wie bislang - die wesentlichen Bestandteile bzw. Elemente des Kernkapitals (offene Rücklagen und Reserven)680 in Zukunft als hartes Kernkapital eingestuft bleiben. Von Nachteil ist jedoch ein vorübergehend deutlich schwacher Institutsertrag, weil ja die Bildung zusätzlichen harten Kernkapitals aus einbehaltenen (thesaurierten) Gewinnen gespeist werden muss. b) Zusätzliches Kernkapital Dieses Element bildet zusammen mit dem bereits vorhandenen harten Kernkapital das Kernkapital insgesamt. Insoweit entspricht diese Kapitalklasse dem herkömmlichen sog. hybriden Kernkapital. Eigenschaften der innovativen Kapitalinstrumente sind: Sie werden zeitlich befristet begeben oder sind mit Anreizen zur vorzeitigen Rückzahlung verknüpft. Daraus ergibt sich, dass für diese Instrumente wegen ihrer Schwächen bzw. Defizite die Eigenschaften der optimiert uneingeschränkten Verlustteilnahme sowie der dauerhaften Verfügbarkeit entfallen.681 Das zusätzliche Kernkapital besteht aus einer Summe von Elementen: erstens aus Kapitalinstrumenten, die die Kriterien für die Anrechnung als zusätzliches Kernkapital erfüllen; zweitens aus Agio (Aufgeld) aus der Emission von Instrumenten, die dem zusätzlichen Kernkapital zugeordnet sind.682 Außerdem gelten Vorzugsaktien als Kapitalinstrumente zur Generierung zusätzlichen Kernkapitals, sofern sie die für diese maßgeblichen Kriterien erfüllen.683 Nach Ansicht der Deutschen Bundesbank haben also die beiden Kernkapitalbestandteile (hartes und zusätzliches Kernkapital) fast dieselben Eigenschaften bzw. erfüllen die gleichen Kriterien: effektive Kapitaleinzahlung, Verlustteilnahme, Dauerhaftigkeit sowie Flexibilität der Ausschüttungen. Aber abweichend vom harten Kernkapital darf der Emittent (also das Institut) die zusätzlichen Kernkapitalinstrumente frühestens nach fünf Jahren und nur mit vorheriger Zustimmung der Aufsicht kündigen bzw. Rückkäufe/-zahlungen tätigen.684 Daher dürfen Erwartungen bei den Investoren, ihr Kapital zu einem bestimmten Zeitraum zurückgezahlt zu bekommen, nicht erst geweckt werden. Die genannten Instrumente verleihen ihren Besitzern nur 680 681 682 683 684 244 In der Bundesrepublik Deutschland sind diese Bestandteile in § 340g HGB niedergelegt. Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln für Banken, 2011, S. 14. Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, S. 17. Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln für Banken, 2011, S. 14. Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, 2011, S. 17. nachrangige Ansprüche gegenüber Einlegern, Kreditgebern und anderen nachrangigen Gläubigern der Bank. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband vertritt die Meinung, dass Sparkassen zurzeit über keine Eigenkapitalinstrumente verfügen, die die Eigenschaften zusätzlichen Kernkapitals erfüllen. Denkbar ist jedoch, Vermögenseinlagen stiller Gesellschafter durch Vertragsanpassungen zu diesem Bestandteil so zu qualifizieren, dass sie als zusätzliches Kernkapital gelten können.685 Früher galten Vermögenseinlagen stiller Gesellschafter als Kernkapital des (Kredit-)Instituts, § 10 Abs. 4 KWG. Nach § 64m Abs. 1 KWG gelten diese wiederum bis zum 31. Dezember 2040 als sonstiges Kapital nach § 10 Abs. 2a Satz 1 Nr. 10 KWG. Kriterien für die Anrechnung von (Finanz-)Instrumenten als zusätzliches Kernkapital gemäß Art. 49 (1) CRR-E686 1. ausgegeben und eingezahlt 687 2. Nachrangigkeit gegenüber Einlegern, nicht bevorrechtigten Gläubigern und nachrangigen Schuldinstrumenten der Bank 3. weder besichert noch durch eine Garantie des Emittenten oder einer mit diesem verbundenen Gesellschaft gedeckt; keine sonstigen Bestimmungen, die gegenüber Gläubigern der Bank den Rang der Forderung in rechtlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht erhöhen 4. zeitlich unbegrenzt, d.h. kein Fälligkeitstermin, keine Zinserhöhungsklauseln oder andere Tilgungsanreize 5. kündbar auf Initiative des Emittenten erst nach mindestens fünf Jahren 6. jegliche Rückzahlung von Kapitalbeträgen (z.B. in Form von Rückkäufen oder Tilgung) muss vorab durch die zuständige Aufsichtsinstanz genehmigt werden, und die Banken sollten nicht davon ausgehen bzw. Erwartungen am Markt wecken, dass diese Genehmigung auch erteilt wird. 7. Ermessensspielraum bei Dividenden/Kupons: Es muss jederzeit im vollen Ermessen der Bank stehen, Ausschüttungen bzw. Zahlungen zu annullieren. Die Annullierung diskretionärer Zahlungen darf nicht als Ausfallereignis eingestuft werden. Die Banken müssen uneingeschränkt auf die annullierten Zahlungen zugreifen können, um fälligen Verpflichtungen nachzukommen. 685 686 687 AaO, S. 22. Baseler Ausschuss, Ein globaler Regulierungsrahmen für widerstandsfähige Banken und Bankensysteme, Dezember 2010, S. 23. Es besteht keine direkte Rechtswirkung des Basel III-Regelwerks auf die EU-Kreditinstitute. Aber am 20. Juli 2011 hat die EU-Kommission ihre Gesetzgebungsvorschläge zur Umsetzung von Basel III vorgelegt; vgl. Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, S. 7. D.h. die zu erfüllenden Instrumente lassen sich von der Bank selbst ausgeben, und sie dürfen nicht Teil des harten Kernkapitals sein. Darüber hinaus muss der Wert von Finanzinstrumenten der Emissionsbank bezahlt werden. 245 Durch die Annullierung von Ausschüttungen bzw. Zahlungen dürfen für die Bank keine Einschränkungen entstehen - ausgenommen Ausschüttungen an die Stammaktionäre. 8. Dividenden/Kupons sind aus den ausschüttungsfähigen Positionen zu zahlen. 9. Das Instrument darf kein Dividendenmerkmal aufweisen, das mit der Bonität verknüpft ist, das also darin besteht, dass Dividenden/Kupons in regelmäßigen Abständen ganz oder teilweise an die Bonitätseinstufung der Bank angepasst werden. 10. Sieht das Insolvenzrecht eines Landes einen Bilanztest vor, bei dem geprüft wird, ob die Verbindlichkeiten größer als die Vermögenswerte sind, darf das Instrument nicht als Verbindlichkeit berücksichtigt werden. 11. Instrumente, die für Zwecke der Rechnungslegung als Verbindlichkeit klassifiziert werden, müssen Verluste auffangen können, entweder durch I) Umwandlung in Stammaktien bei einem objektiven, im Voraus festgelegten Auslösewert oder durch II) einen Wertberichtigungsmechanismus, der dem Instrument bei Erreichen eines im Voraus festgelegten Auslösewerts Verluste zuteilt. Die Wertberichtigung hat folgende Wirkungen: Sie reduziert die Forderung des Instruments im Liquidationsfall. Sie reduziert den Rückzahlbetrag, wenn eine Kündigungsoption ausgeübt wird. Sie reduziert ganz oder teilweise die Kupon- bzw. Dividendenzahlungen des Instruments. 12. Weder die Bank noch eine nahestehende Partei, über die die Bank Kontrolle ausübt oder auf die sie wesentlichen Einfluss hat, dürfen das Instrument erworben haben; ferner darf die Bank weder direkt noch indirekt den Erwerb des Instruments finanziert haben. 13. Das Instrument darf keine Merkmale aufweisen, die eine Rekapitalisierung beeinträchtigen, wie z.B. Bestimmungen, nach denen der Emittent die Anleger zu entschädigen hat, wenn ein neues Instrument während eines bestimmten Zeitraums zu einem niedrigeren Preis ausgegeben wird. 14. Wird das Instrument nicht von einer Geschäftseinheit oder der Holdinggesellschaft der konsolidierten Gruppe (z.B. einer Zweckgesellschaft – „SPV“) begeben, muss der Erlös der Geschäftseinheit oder der Holdinggesellschaft der konsolidierten Gruppe unmittelbar und uneingeschränkt zur Verfügung stehen, wobei sämtliche übrigen Kriterien für die Einbeziehung in das zusätzliche Kernkapital erfüllt bzw. übertroffen werden müssen. b.1) Ergänzungskapital Das Ergänzungskapital besteht aus Kapitalinstrumenten, die im Falle der Nichtfortführung des Geschäftsbetriebs eines Instituts als „Gone Concern Capital“ den Gläubigern zur Verfügung stehen.688 Das heißt, die Notwendigkeit des Ergänzungskapitals ist auf die besonderen 688 246 Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen für widerstandsfähigere Banken und Bankensysteme, Dezember 2010 (rev. Juni 2011). S. 25, http://www.bis.org/publ/bcbs189_de.pdf. Umstände von Insolvenz- bzw. Liquidationsfällen beschränkt bzw. durch sie hervorgerufen. Die Anerkennung dieser Eigenkapitalinstrumente erfolgt durch die Erfüllung des Kriterienkatalogs des Art. 60 CRR-E, der 9 Punkte enthält. Die Tendenz des Baseler Ausschusses geht zukünftig in Richtung einer Reduzierung des Ergänzungskapitals. Diese erfolgt durch Verringerung der anerkennungsfähigen Elemente im Ergänzungskapital und den Wegfall des Ergänzungskapitals erster Klasse, und im Ergebnis dessen kann diese Tendenz festgestellt werden. Dem Ergänzungskapital erster Klasse rechnet man u.a. in Deutschland die Genussrechte689 zu. Aller Voraussicht nach werden langfristige Nachrangverbindlichkeiten den größten Teil dieser Kapitalkategorie ausmachen. Darüber hinaus können Vorzugsaktien jedoch bei entsprechender Vertragsausgestaltung bzw. –justierung als Ergänzungskapital eingestuft werden.690 Es versteht sich, dass künftig das Ergänzungskapital eine verringerte Bedeutung für den Aufbau des regulatorischen Kapitals der Banken haben wird. Zukünftig besteht das Ergänzungskapital aus folgenden Elementen: erstens aus Kapital-instrumenten, die die neuen Kriterien für das Ergänzungskapital erfüllen; zweitens aus Agio (Aufgeld) aus der Emission von Instrumenten, die dem Ergänzungskapital zugerechnet werden. Ab Januar 2013 werden (durch das Inkrafttreten von CRR-E) stille Vorsorgereserven nach § 340f HGB voraussichtlich nicht mehr als Ergänzungskapital berücksichtigt. Ebenfalls nicht mehr als Ergänzungskapital anrechenbar sind nach den Neuregelungen die Rücklagen nach § 6b EStG sowie Neubewertungsreserven.691 3.4 Quantitative Anforderungen an das Eigenkapital Das Reformpaket enthält nicht nur qualitative, sondern auch quantitative Anforderungen an das Eigenkapital von Instituten. Nach den Neuregelungen wird das nunmehr vorgeschriebene harte Kernkapital bis Ende 2014 auf 4,5% der risikogewichteten Aktiva steigen. Das harte Kernkapital wird unter Einbeziehung des Kapitalerhaltungspuffers in Höhe von 2,5% deutlich - auf 7% - erhöht. Das zusätzliche Kernkapital muss 1,5% betragen. 689 690 691 Nach dem früheren § 10 Abs. 5 KWG galten Genussrechte unter bestimmten Voraussetzungen als Teil des Ergänzungskapitals. Die Änderung erfolgte durch Art. l des Gesetzes v. 19.11.2010 (BGBl. I S. 1592). Zu erwähnen ist, dass die Inhaber der Genussrechte weder über Stimmrechte noch über sonstige Mitgliedschaftsrechte verfügen. Daher gewähren Genussrechte nur einen rein schuldrechtlichen, aber keinen mitgliedschaftsrechtlichen Anspruch. Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln für Banken, 2011, S. 16. Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, S. 2011, S. 24. 247 Die geforderte Kernkapitalquote steigt auf 8,5% (ohne Kapitalerhaltungspuffer: 4,5% + 1,5% = 6% der risikogewichteten Aktiva). Im Falle einer Sparkasse muss jedoch vorübergehend die Quote des zusätzlichen Kernkapitals durch das harte Kernkapital mit abgedeckt bzw. erfüllt werden, weil bislang keine Kapitalinstrumente die Kriterien dieser Kategorie erfüllen.692 Diese Regel führt letztendlich zu einer Gesamtkapitalquote in Höhe von 10,5 % der risikogewichteten Aktiva (einschl. des Kapitalerhaltungspuffers i.H.v. 2,5%); ohne den antizyklischen Puffer beträgt die Quote des Kernkapitals 8,5%. Das Ergänzungskapital wird sich nach den neuen Anforderungen auf 2% belaufen.693 Darüber hinaus wird man auch einen zusätzlichen antizyklischen Kapitalpuffer i.H.v 2,5% (bestehend aus hartem Kernkapital) verlangen. Dabei wird sich die Gesamtkapitalquote auf 13% belaufen, wobei sich dieser zusätzliche Puffer nach nationalem Ermessen der zuständigen Behörden - aber nur bei einem exzessiven Kreditwachstum - einführen lässt. Als bedeutsam ist hierbei zu beachten, dass in Zukunft durch Basel III eine Mindestkapitalquote für die Kapitalbestandteile (Tier/s) fixiert wird, wohingegen die Kappungslimits des aufsichtlich vorgeschriebenen Kapitals entfallen. Als Beispiel dafür: Das Ergänzungskapital darf gem. derzeitiger Rechtslage 100% des Kernkapitals nicht übersteigen. Dementsprechend werden Institute ein Ergänzungskapital von mehr als 2% halten.694 Es lässt sich erkennen, dass es hierbei immer um Mindestkapitalquoten geht, d.h. die Institute dürfen höhere Quoten für die genannten Bestandteile veranschlagen, aber keine niedrigeren. Aus diesem Grund ist durchaus denkbar, dass ein Institut sich bezüglich der Gesamtkapitalquote ausschließlich auf Instrumente des harten Kernkapitals beschränkt. Jaime Caruana695 vertritt die Meinung, dass die nationalen Bankenaufsichtsbehörden höhere Standards festlegen könnten oder sollten, wenn sie dies angesichts der Verhältnisse und der wirtschaftlichen Lage in ihrem Staat als angemessen ansehen. Ggf. könnten diese Behörden kürzere Übergangsfristen bestimmen, wie es das Beispiel der größten Banken der Schweiz zeigt: Die dortige Bankenaufsichtsbehörde (Finma) möchte für die Banken UBS und Credit Suisse schärfere Voraussetzungen festlegen, die um zwei bis drei Prozent höher sind als nach Basel III.696 692 693 694 695 696 248 AaO, S. 27. Derzeit hat das Ergänzungs- bezogen auf das Gesamtkapital einen Anteil i.H.v. 4%. Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln für Banken, 2011, S. 19. Jaime Caruana, Generaldirektor der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Basel III: Gestaltung eines sichereren Finanzsystems, Ansprache vom 15.09.2010, S. 1. Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA), Jahresbericht 2011, S. 37 f., http://www.finma.ch/d/finma/publikationen/Documents/finma_jb_2011_d.pdf. Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Neuregelungen von Basel III einen wichtigen Meilenstein des Finanz- und Bankenaufsichtswesens darstellen, weil die Banken damit mehr auf ihr Eigenkapital angewiesen sein werden und die Hilfe des Staates in einer Krisensituation seltener als bisher nötig sein dürfte. Es wundert angesichts der Erfahrungen der letzten Jahre wohl niemanden, dass die Banken künftig doppelt so viel Eigenkapital wie bislang vorhalten müssen. Darüber hinaus ist ein möglichst hohes Eigenkapital auch künftig oft eine Voraussetzung für die Fremdfinanzierung solcher Institute. 249 Verlaufsjahr Mindestanforderung für hartes Kernkapital Kapitalerhaltungspuffer Mindestanforderung für hartes Kernkapital zzgl. Kapitalerhaltungspuffer Abzüge vom harten Kernkapital Mindestanforderung für Kernkapital Mindestanforderung für Gesamtkapital Mindestanforderung für Gesamtkapital zzgl. Kapitalerhaltungspuffer Eigenkapitalinstrumente, die nicht mehr zum Kern- oder Ergänzungskapital zählen 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 3,50% 4,00% 4,50% 4,50% 4,50% 4,50% 4,50% - - - 0,625% 1,25% 1,875% 2,50% 3,50% 4,00% 4,50% 5,125% 5,75% 6,375% 7,00% - 20% 40% 60% 80% 100% 100% - 4,50% 5,50% 6,00% 6,00% 6,00% 6,00% 8,00% 8,00% 8,00% 8,00% 8,00% 8,00% 8,00% 8,00% 8,00% 8,00% 8,625% 9,25% 9,875% 10,50% Schrittweises Auslaufen ab 2013 über einen 10Jahreszeitraum Abbildung 3: Übergangsbestimmungen697 3.5 Finanzbeteiligungen Die Regelungen von Basel III und des CRR-E legen den Abzug von Kapitalbeteiligungen (= Abzüge vom harten Kernkapital) an Banken-, Finanz- sowie Versicherungsunternehmen fest. Dabei sind gemäß den kommenden Normen nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Finanzbeteiligungen vom harten Kernkapital abzuziehen - Art. 22 (17) CRR ist für die mittelbaren Finanzbeteiligungen maßgeblich. Die Einbeziehung mittelbarer Finanzbeteiligungen in die neuen Abzugsverpflichtungen lässt wenig Spielraum für eine Argumentation über etwaige Verlustpuffermöglichkeiten des zwischengeschalteten Unternehmens.698 Zu den mittelbaren Finanzbeteiligungen gehören z.B. Derivate, Zertifikate oder Fonds, Aktien von relevanten Unternehmen, d.h. dass auch solche Arten von Anlagen abgezogen werden müssen. a) Bedeutende Finanzbeteiligungen Eine bedeutende Finanzbeteiligung liegt gem. Art. 40 CRR-E vor, wenn eine der folgenden Konditionen erfüllt ist: 697 698 250 Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, 2011, S. 40. AaO, S. 31. Das Institut hält mehr als 10% des harten Kernkapitals, das vom Beteiligungsunternehmen herausgegeben wurde. Das Institut hat eine enge Verbindung zu dem Beteiligungsunternehmen und hält harte Kernkapitalinstrumente dieses Beteiligungsunternehmens oder: Das Institut hält harte Kernkapitalinstrumente des Beteiligungsunternehmens, dieses ist aber nicht in den aufsichtsrechtlichen Konsolidierungskreis699 des Instituts einbezogen, wird wohl aber für die Zwecke der Rechnungslegung nach dem anwendbaren Rechnungslegungsstandard im gleichen konsolidierten Abschluss berücksichtigt wie das Institut. Besteht eine bedeutende Finanzbeteiligung an einem Beteiligungsunternehmen, die ausschließlich am harten Kernkapital des Finanzunternehmens sein muss, so muss sie nur im Rahmen der Schwellenwert-Abzüge (10% oder 15% des harten Kernkapitals des Instituts nach Art. 45 CRR-E) betrachtet werden. Der Abzug aus dem Kernkapital erfolgt nur dann, wenn die Summe aller bedeutenden Beteiligungen und die Summe der Abzüge der aktiven latenten Steuern bestimmte Schwellen übersteigen.700 b) Nicht bedeutende Finanzbeteiligungen Nicht bedeutende Finanzbeteiligungen lassen sich im Rahmen des sog. „Kleinen Topfes“ zusammenfassen. Wenn der Überschuss der Summe dieser Beteiligungen 10% des harten Kernkapitals übersteigt, ist der überschreitende Betrag abzuziehen.701 Bisher wurde sowohl vom Basel-Regelwerk als auch vom CRR-E nicht genau festgelegt, bis auf welche Ebene die Beteiligungskette im Hinblick auf die Abzugsregelungen nachverfolgt werden muss. Es lässt sich hinzufügen, dass die Abzüge je nach die „Eigenkapitalklasse“ erfolgen sollen, also analog zur Verwendung des Kapitals beim beteiligten Unternehmen. Abzüge von Beteiligungen am Ergänzungskapital beispielsweise werden vom Ergänzungskapital - nicht vom anderen Kapitalbestandteil - durchgesetzt werden. 699 700 701 Mit diesem Begriff werden die in § 10a KWG aufgezählten Unternehmen und Institute (Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen wie z.B. Tochterunternehmen eines Instituts usw.) gemeint. Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, 2011, S. 34. AaO, S. 35. 251 3.6 Eigenkapitalpuffer Eine der Aufforderungen an den Baseler Ausschuss seitens des G-20-Gipfels in Seoul 2010 war die Verpflichtung der Banken, Kapitalpuffer zu bilden. Das Ziel besteht darin, künftig die Wirkungen von Finanzkrisen – mit verursacht durch den Mangel an bankaufsichtlich verordnetem Eigenkapital - möglichst zu vermindern. Damit Banken dieses Ziel erreichen, müssen sie einen Kapitalpuffer vorhalten oder aufbauen. Die Hauptfunktion dieses Puffers ist es, in Stress- bzw. Krisenphasen die Abfederung der dann bestehenden Risiken zu gewährleisten, indem die Banken die aufsichtlichen Mindesteigenkapitalquoten nicht unterschreiten.702 Gemäß dem Regelwerk Basel III sollen die Banken daher neben dem geforderten Gesamtkapitalstock i.H.v. 8% der risikogewichteten Aktiva zwei zusätzliche Kapitalpuffer vorhalten. Die Bedeutung des Kapitalpuffers lässt sich wie folgt verdeutlichen: Die Nichterfüllung der aufsichtlich dekretierten Eigenkapitalanforderungen würde zum Entzug der Bankerlaubnis führen; im Gegensatz dazu folgt im Falle der Nicht-Existenz des verlangten Kapitalerhaltungspuffers nicht die sofortige Schließung des Instituts, sondern zunächst nur eine Ausschüttungsbeschränkung.703 Außerdem wird nach den Neuregelungen ein sog. „Antizyklischer Kapitalpuffer“ eingeführt. Der Idee nach soll dieser zusätzliche Puffer prozyklischen Wirkungen bankaufsichtlicher Eigenkapitalanforderungen entgegenwirken und eine permanente Versorgung der Wirtschaft mit Krediten - auch in Krisenzeiten - gewährleisten. Der Aufbau des Puffers soll in Zeiten übermäßigen Kreditwachstums erfolgen. Der Kapitalerhaltungspuffer soll gem. Basel III (und Art. 149 CRD-E) ab dem 01.01.2016 eingeführt werden. Er beträgt anfänglich 0,625% der risikogewichteten Aktiva und wird dann schrittweise jährlich erhöht. Letztendlich soll der Kapitalpuffer zum 01.01.2019 das vorgesehene Volumen von 2,5% der risikogewichteten Aktiva erreichen. 3.7 Antizyklischer Kapitalpuffer Durch den antizyklischen Kapitalpuffer, für den bislang keine festen Zielvorgaben - außer im Art. 125 ff. CRD-E - existieren, sollen Phasen exzessiven Kreditwachstums vermieden werden. Danach dürfen die Institute den Kapitalpuffer in Abschwungphasen abbauen, nachdem sie ihn in konjunkturellen Boomphasen aufgebaut haben. Nach Art. 126 CRD-E liegt die 702 703 252 Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln, 2011, S. 19. Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, S. 58. Feststellung der Phase eines übermäßigen Kreditwachstums und damit die Höhe des Kapitalzuschlags im Ermessen der jeweiligen nationalen Bankenaufsichtsbehörden. Daraus ergibt sich, dass der Aufbau des zusätzlichen (antizyklischen) Kapitalpuffers von Land zu Land unterschiedlich verlaufen wird, da er von den makroökonomischen Indikatoren des jeweiligen Landes bestimmt wird. Es versteht sich auch, dass die einzelnen Staaten den Pufferaufbau beschleunigen und schärfere Regelungen festlegen können. Der Erlass weicherer Vorschriften (wie z.B. niedrigere Eigenkapitalquoten oder längere Zeiträume für deren Umsetzung) seitens der Einzelstaaten hingegen ist unzulässig. Ausgenommen davon wird nur der zusätzliche Kapitalpuffer, d.h. dass nationale Aufsichtsbehörden den zusätzlichen Puffer zu senken oder sogar ganz aufzuheben ermächtigt sind. Das Material des Kapitalpuffers soll genauso wie der Kapitalerhaltungspuffer aus hartem Kernkapital bestehen. Die Höhe des antizyklischen Kapitalpuffers wird in einer Bandbreite von 0% bis 2,5% der risikogewichteten Aktiva liegen. Eine Überschreitung dieses Wertes ist zulässig. Die Einführung des zusätzlichen Kapitalpuffers ist gem. Art. 149 CRD-E stufenweise ab 01. Januar 2016 vorgesehen. Das heißt, dass dann der Pufferaufbau um jährlich 0.625% möglich wäre.704 3.8 Höchstverschuldungsquote (Leverage Ratio) Der Baseler Ausschuss ist - nach entsprechender fachlicher Einschätzung und Analyse der Meinung, dass ein Hauptursachenfaktor der jüngsten Finanzkrise war, dass sich im Bankensystem eine exzessive bilanzwirksame und außerbilanzielle Verschuldung aufgebaut hatte. Immer wieder wurde vom Baseler Ausschuss festgestellt: „In vielen Fällen haben Banken übermäßige Verschuldungsraten erreicht, während sie noch starke risikobasierte Eigenkapitalquoten ausweisen. In der schlimmsten Phase der Krise sah sich der Bankensektor durch den Markt dazu gezwungen, seine Verschuldung in einer Weise abzubauen, die den Abwärtsdruck auf die Preise von Vermögenswerten erhöhte, wodurch sich die positive Rückkopplung zwischen Verlusten, schrumpfendem Eigenkapital der Banken und Kreditverknappung noch verstärkte“.705 Aus den Lehren der Finanzkrise wurde geschlossen, dass das unterlegte Eigenkapital unzureichend gewesen ist; dieser Fall schien am deutlichsten bei Instituten gegeben zu sein, die 704 705 Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, 2011, S. 61. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen für widerstandsfähigere Banken und Banksysteme Dezember 2010 (rev. Juni 2011), S. 68. 253 zur Unterlegung von Marktpreisrisiken interne Modelle verwendeten. Aus diesem Grund wurde auf dem G-20-Gipfel in Pittsburgh beschlossen, als Ergänzung zu den von Basel II formulierten Eigenkapitalanforderungen eine nicht-risikosensitive706 bankaufsichtliche Kennzahl einzuführen (aber dieser Begriff wurde vom Baseler Ausschuss als „nicht-risikobasierte Eigenkapitalquoten“ bezeichnet). Diese Kennzahl hat dann ihre Umsetzung durch den Baseler Ausschuss mit der Einführung des sog. Höchstverschuldungsgrades gefunden.707 Der Zweck der Festlegung einer Verschuldungsquote gemäß dieser Rahmenvereinbarung besteht darin zu sichern, dass die Fremdverschuldung von Instituten ein bestimmtes Limit nicht überschreitet. Es versteht sich dabei, dass die Verschuldungsquote weitgehend von den bilanziellen Verhältnissen des Instituts und nicht von der risikobasierten Eigenkapitalermittlung abhängig sein soll.708 Diese führt gemäß Baseler Ausschuss zu einer Begrenzung des Auflaufens von Verschuldung im Bankensektor insgesamt, und das wiederum führt zu einer Verringerung der Wahrscheinlichkeit von Schädigungen einzelner Volkswirtschaften bzw. der internationalen Wirtschaft en bloc (was im schlimmsten Fall aber nicht ausgeschlossen werden kann). 3.9 Fixierung einer Verschuldungsquote als antizyklische Maßnahme In der Finanzkrise haben sich die Zeitwerte bestimmter Aktivpositionen (insbesondere bei Verbriefungen) reduziert. Dies hat Verluste und mithin Abschreibungen für die Institute verursacht. Abschreibungen beeinflussen die Eigenkapitalausstattung unmittelbar negativ und die dann geschrumpfte Eigenkapitaldecke veranlasste die Institute, ihr Portfolio kräftig abzubauen, um weitere Verluste zu vermeiden und nicht in die ansonsten drohende Insolvenz zu geraten, weil bei einer geringeren Eigenkapitalquote die Verlusttragfähigkeit bzw. Verlustabsorptionsfähigkeit der Institute sinkt. Daher wird die Bestimmung einer Verschuldungsquote als antizyklische Maßnahme angesehen. a) Berechnung der Verschuldungsquote Die Verschuldungsquote ergibt sich aus der Division des bankaufsichtlichen Eigenkapitals durch die Summe der bilanziellen und außerbilanziellen Positionen (Exposure).709 Sie muss von jedem Institut ermittelt werden - unabhängig davon, ob das Institut den Basel-II-Stan- 706 707 708 709 254 Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, 2011, S. 69. Ebenda. Ebenda. So bezeichnet, es ist aber das „Kernkapital“ gemeint. dard-Ansatz oder den IRB-Ansatz verwendet.710 Dazu hat der Baseler Ausschuss beschlossen, dass eine Beobachtungsphase zur Untersuchung und zur Berechnung der Höchstverschuldungsquote von 1. Januar 2013 bis zum 1. Januar 2017 vorgesehen werden muss. Während dieser Phase wird der Ausschuss testen, ob ein Höchstverschuldungsgrad von mindestens 3%711 des Kernkapitals eingehalten wird.712 Die Institute haben die Verschuldungsquote gem. den Neuregelungen quartalweise aus dem Durchschnitt der sich ergebenen Verschuldungsquoten der Monatsultima zu errechnen. Die nachfolgende Formel zeigt die Kennzahl der Verschuldungsquote: Quelle: Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III Zu der Formel: Allein das Kernkapital ist für die Ermittlung der Verschuldungsquote (Leverage Ratio, „LR“) nach Basel III qualifiziert, da der Qualität des Eigenkapitals bei der Bestimmung der Verschuldungsquote eine besondere Bedeutung zukommt. Diese Qualität kann aber nur durch das aufsichtliche Kernkapital verwirklicht werden, wogegen Ergänzungskapitalinstrumente (fremdkapitalbasierte) diese Eigenschaft nicht erreichen können. Bilanzielle Positionen entsprechen der Bilanzsumme; Außerbilanzielle Positionen sind: Garantien, Derivate etc. a.1) Übergangsbestimmungen Wie zuvor erwähnt, hat die Einführung der Verschuldungsquote keine sofortige Auswirkung, sondern erfolgt nachträglich und stufenweise. Der Übergangszeitraum umfasst eine aufsichtliche Prüfungsphase und eine parallel dazu laufende Beobachtungsphase: Die aufsichtliche Prüfungsphase begann am 1. Januar 2011. In dieser Phase erfolgt die Entwicklung von Schemata für die einheitliche Überwachung der Komponenten und der sich aus ihnen ergebenden Verschuldungsquote. 710 711 712 Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen, 2011, S. 69. Am Jahresende 2009 betrug die durchschnittliche „modifizierte bilanzielle Eigenkapitalquote“ nach Angaben der Deutschen Bundesbank auf Einzelinstitutsebene 3,88%, am Jahresende 2010 aber belief sie sich auf 3,55%. Deutscher Bundestag, Drucksache 17/8524 vom 01.02.2012, S. 1 ff.: Antwort der Bundesregierung auf die Frage: „Wie lautet die derzeitige durchschnittliche LR der deutschen Kreditwirtschaft nach KWG etc.“, http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/085/1708524.pdf Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen, 2011, S. 69. 255 Die Beobachtungsphase erstreckt sich über den Zeitraum von 1. Januar 2013 bis zum 1. Januar 2017. In diesem Zeitraum werden die Höchstverschuldungsquote und ihre Komponenten sowie ihre Entwicklung in Relation zu den risikobasierten Kennzahlen beobachtet. Ab 1. Januar 2015 müssen die Aufsichtsbehörden die Konsequenzen aus den faktischen Verschuldungsquoten und ihren Komponenten für die Institute offenlegen, d.h. veröffentlichen.713 3.10 Liquiditätsanforderungen (Liquidity Coverage Ratio) Im Zuge der Finanzkrise und der Turbulenzen, die mit ihr einhergingen, erlangte die Bedeutung des Liquiditätsrisikos und eines effizienten Liquiditätsrisikomanagements für einen verlusttragfähigen Banken- bzw. Finanzsektor einen hochrangigen Stellenwert. Deswegen hat die Neuversion von Basel III (das „Reformpaket“) die Messung von, neue Standards für und die Überwachung von Liquiditätsrisiken eingeführt. Die neue Rahmenvereinbarung fixiert neben den im Jahr 2008 veröffentlichten qualitativen „Prinzipien für ein solides Liquiditätsrisikomanagement und deren Aufsicht“ – quantitative Mindestanforderungen an ein effizientes Liquiditätsrisikomanagement.714 Die Neuregelung umfasst zwei neue Kennzahlen - jeweils für die Definitionen von „Liquiditätsdeckungsquote“ (Liquidity Coverage Ratio - LCR) sowie von „Stabile Refinanzierungsquote“ (Net Stable Funding Ratio - NSFR). Die beiden eingeführten Kennzahlen beziehen sich auf verschiedene, aber einander ergänzende Ziele (kurzfristige sowie längerfristige Krisenfestigkeit einer Bank): a) Liquiditätsdeckungsquote Die vorzusehende Norm der „Liquiditätsdeckungsquote LCR“ soll sicherstellen, dass ein Institut seinen Zahlungsverpflichtungen in einer definierten Stresssituation mindestens für einen Zeitraum von einem Monat (30 Kalendertagen) nachkommen kann. Die Einhaltung dieser Kennzahl soll ausreichende Liquidität und demnach dauerhafte Zahlungsbereitschaft gewährleisten.715 Die in dieser Kennzahl implizierten Anforderungen enthalten nicht nur quantitative (Mindestvolumen), sondern sie umfassen auch qualitativ hochliquide Aktiva des Kapitalpuffers. 713 714 715 256 Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, 2011, S. 76. Engels/Siwik/Cluse (Hrsg.: Deloitte Financial Risk Solution), Basel III - die neuen Baseler Liquiditätsanforderungen“, aktualisierter Stand: 6. Januar 2011, S. 2, http://www.deloitte.com/assets/DcomGermany/Local%20Assets/Documents/15_ERS/2010/de_WP_ERS_FRS_WP3_%2006012011.pdf Angelkurt/Stuwe, Basel III und Mittelstandsfinanzierung (Hrsg.: Friedrich-Ebert-Stiftung), 2011, S. 9, http://library.fes.de/pdf-files/managerkreis/08507.pdf Zu den Aktivainstrumenten gehören: Barmittel, Zentralbankguthaben und einige wenige qualitativ hochwertige, liquidierbare Wertpapiere. Diese Wertpapiereigenschaft ist bei bestimmten Finanzinstrumenten, wie z.B. Schuldtiteln öffentlicher Stellen - insbesondere der Zentralregierung oder der Zentralbank - gegeben, die deshalb als Stufe-1-Aktiva in vielen Ländern qualifiziert bzw. eingestuft werden. Ungedeckte (Nichtfinanz-)Unternehmensanleihen und Pfandbriefe privater Emittenten (Stufe-2-Aktiva) dürfen aber - zukünftig unter bestimmten Voraussetzungen - 40% des Liquiditätspuffers nicht übersteigen.716 b) Stabile Refinanzierungsquote (NSFR) Die zweite strukturelle Kennzahl „Stabile Refinanzierungsquote NSFR“ soll sicherstellen, dass das Institut über Stabilität seiner Refinanzierung über den 1-Jahreshorizont hinaus (auch genannt: längerfristige Liquiditätskennziffer) verfügt.717 Die Notwendigkeit dieser Regel wurde damit begründet, dass eine Ursache des Refinanzierungsdefizits in der Finanzkrise exzessive Fristeninkongruenzen zwischen den beiden grundlegenden Säulen - Aktivgeschäft und Refinanzierung - gewesen war.718 Der Baseler Ausschuss schreibt überdies ergänzend zu den beiden Kennzahlen weitere „Beobachtungskennzahlen“ vor, die sowohl auf Einzelinstituts- als auch auf Institutsgruppenebene Anwendung finden müssen. Die Umsetzung einer LCR-Norm soll laut Baseler Ausschuss erst ab 2015 erfolgen, dagegen sollen die NSFR-Vorschriften nach dem Ablauf einer Beobachtungsphase ab 2018 eingehalten werden.719 Zukünftig wird die Umsetzung der Baseler Rahmenvereinbarung in das europäische Recht mittels einer EU-Verordnung erfolgen. In den entsprechenden Entwurf, der von der Europäischen Kommission am 20. Juli 2011 (CRR-E) veröffentlicht wurde,720 werden die beiden Kennzahlen (LCR, NSFR) übernommen. Die Vorgaben der Europäischen Verordnung (CRRE) werden ab Anfang 2013 als Grundlage für das künftige Meldewesen zum Grad der Einhaltung der beiden Liquiditätskennzahlen veröffentlicht. Bisher umfassen die Vorschriften des EU-Verordnungstextes nicht alle Anforderungen und lassen daher Raum für zahlreiche Ergänzungen und Details offen (Art. 400 - 415 CRR-E). 716 717 718 719 720 Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln, 2011, S. 32. Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, 2011, S. 82. Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln, 2011, S. 32. Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, 2011, S. 82. Angelkurt/Stuwe, aaO, S. 7, 8. 257 Laut Art. 444 (3) CRR-E soll die Liquiditätsdeckungsquote (LCR) frühestens ab 01.01.2015, spätestens aber ab 31.12.2015 verbindlich werden. Über die verbindliche Einhaltung der Stabilen Refinanzierungsquote (NSFR) soll während der Beobachtungsphase entschieden werden.721 Die Liquiditätsstandards sind zukünftig wie folgt definiert: Stresstest-Kennziffer LCR (bis 30 Kalendertage) Strukturkennziffer NSFR (bis zum 1-Jahres-Horizont) Quelle: Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregeln für Banken, 2011, S. 32 Es ist plausibel, dass hochliquide Aktiva oder ein Bestand an lastfreien liquiden Aktiva bedeuten, dass die Instrumente in Stressphasen unverzüglich innerhalb des festgelegten Zeitbands von 30 Kalendertagen ohne nennenswerte Abschläge liquidierbar sein können. Deswegen legt Art. 401 (1) CRR-E fest, dass Institute genügend hochliquide Vermögenswerte vorzuhalten haben. Nach Art. 413 CRR-E sind die Liquiditätszuflüsse auf 75% der erwarteten Liquiditätsabflüsse begrenzt, d.h. dass von den Instituten stets ein Mindestbestand an hochliquiden Aktiva – dies ist der sog. Zahlungsmittelpuffer - im Gegenwert von 25% der Zahlungsmittelabflüsse vorzuhalten sind. Die Nutzung eines solchen Puffers erfolgt in einer Stressperiode während eines Zeitraums von 30 Tagen. Damit lassen sich die auftretenden Refinanzierungslücken zwischen den Zahlungszu- und -abflüssen schließen. Die Liquidity Coverage Ratio ist von den Kreditinstituten mindestens monatlich, die Net Stable Funding Ratio dagegen quartalerweise – in einer einheitlichen Währung - zu ermitteln und zu berichten. In einer Stressphase kann eine andere - z.B. eine höhere Berichtsfrequenz nach Ermessen der zuständigen nationalen Behörde festgelegt werden.722 721 722 258 Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden asel III, aaO, S. 83. Engels/Siwik/Cluse (Hrsg.: Deloitte Financial Risk Solution), Basel III und die neuen Baseler Liquiditätsanforderungen, Aktualisierter Stand: 6. Januar 2011, S. 3. Zahlungsmittelzuflüsse + 100 Forderungen Verbindlichkeiten 100 80 Kredite Institute Einlagen Institute Kredite Privatkunden / Unternehmen Einlagen Privatkunden / Unternehmen < 30 Tage < 30 Tage Zahlungsmittelabflüsse - 80 20 Ei genkapital Nettoabfluss = -20 Kein Liquiditätspuffer Abbildung 4: Institut ohne Liquiditätspuffer Zahlungsmittelzuflüsse + 80 Forderungen Verbindlichkeiten 80 80 Kredite Institute Einlagen Institute Kredite Privatkunden / Unternehmen Einlagen Privatkunden / Unternehmen < 30 Tage < 30 Tage 20 20 Liquiditätspuffer Eigenkapital Zahlungsmittelabflüsse - 80 Nettoabfluss = 0 Mindestliquiditätspuffer = 25 % * 80 = 20 Abbildung 5: Institut mit Liquiditätspuffer723 3.11 Die quantitative Behandlung von Kontrahentenausfallrisiken unter Basel III Der Baseler Ausschuss hat - neben den verschärften Anforderungen in Bezug auf die zuvor untersuchten Themen (wie z.B. Mindesteigenkapitalquote, Liquiditätsdeckungskennziffer, Höchstverschuldungsquote, Abzüge etc.) neue Regeln zur Eigenmittelunterlegung bestimmter 723 Abbildungen 4 und 5 aus: Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, S. 85. 259 Risikopositionen vorgeschrieben. Hierbei werden insbesondere neue Kapitalanforderungen für das Kontrahentenausfallrisiko benannt.724 a) Begriffsbestimmung Der Begriff „Kontrahentenrisiko (Counterpart Credit Risik CCR) meint das Risiko, das darin besteht, dass der Kontrahent einer Transaktion vor der endgültigen Abwicklung der resultierenden Zahlungsverpflichtungen ausfällt“. Dieses Risiko „CCR“ unterscheidet sich von einem Darlehen, da durch die Kreditvergabe nur der Gläubiger durch das Verlustrisiko gefährdet ist (einseitiges Risiko), wohingegen das Risiko aus einer Kontrahententransaktion ein zweiseitiges Verlustrisiko ist. Dieses kann sich ergeben, wenn der Marktwert der Transaktion im Laufe der Zeit entsprechend der Entwicklung der zugrundeliegenden Marktschwankungen variiert - genauer: wenn er sinkt. Solche Änderungen haben dann während des Vertragsverlaufs negativen oder positiven Einfluss auch auf andere Kontrahenten.725 Nicht börslich gehandelte Derivate „Over The Counter (OTC)“ b) Die Finanzkrise hat darüber hinaus strukturelle Defizite in der Marktinfrastruktur von nicht börslich gehandelten Derivaten - sog. „Over the counter (OTC)“ - ans Licht gebracht. Unter OTC-Derivaten versteht man Derivate, die nicht an einer Börse oder anderen Handelsplattformen gehandelt werden, sondern nur - vereinbarungsgemäß - zwischen Verkäufer und Käufer. Diese Finanzinstrumente umfassen in ihrem Inhalt Kontrahentenrisiken. Daher bieten solche Instrumente eine nur unzureichende Besicherung, außerdem auch eine gewisse Intransparenz bezüglich der Qualität der gehaltenen Risikopositionen, was nun durch das Rahmenwerk Basel III zu einer grundlegenden regulatorischen Neuausrichtung geführt hat. Denn die jetzt vorgesehene Verrechnung über zentrale Kontrahenten - „Central Counter party (CCP) Clearing“ - ist ein wirksames Instrument zur Beseitigung dieser Defizite.726 Die „European Market Infrastructure Regulation (EMIR)“ regelt die künftige Organisation der Abrechnung über zentrale Kontrahenten sowie das Risikomanagement für das verbleibende bilaterale Geschäft. Dazu muss aber die „European Securities And Markets Authority (ESMA)“ die Derivateklassen definieren, die in der Zukunft auf Europaebene als standar- 724 725 726 260 Banh/Cluse/Schwake (Hrsg.: Deloitte), Basel III - Die quantitative Behandlung von Kontrahentenausfallrisiken, White Paper Nr. 44 – Stand: 6. Juni 2011, S. 2. Ebenda. Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, 2011, S.119. disiert gelten werden. Dann müssen OTC-Derivate über das CCP-Clearing abgerechnet werden.727 Im Gefolge der Neuvorgaben des Baseler Ausschusses ist zu erwarten, dass die Kapitalunterlegung von Kontrahentenrisiken erhöht werden wird. Die Erhöhung der Anforderungen an die Kapitalunterlegung solcher Kontrahentenrisiken soll für alle Derivate erfolgen. Das Rahmenwerk Basel III und die (künftige) EU-Verordnung legen folgende Neuregelungen fest: die Eigenkapitalunterlegung des Risikos einer Bonitätsverschlechterung des Kontrahenten, Credit Value Adjustment (CVA), die Eigenkapitalunterlegung für Handelspositionen gegenüber einem zentralen Kontrahenten (CCP) und die Eigenkapitalunterlegung des Beitrags zum Ausfallfonds eines CCP. 3.12 Anforderungen an das Risikomanagement Die Finanzkrise deckte darüber hinaus noch zahlreiche Defizite und Mängel beim Risikomanagement auf. Nach Sachverständigen-Meinung hat das mangelnde Risikomanagement in gewissen Maßen zur Entstehung der Finanzkrise oder auch zur Verschärfung ihrer Auswirkungen beigetragen. Dazu wurden durch das Rahmenwerk Basel III neue, ergänzende Anforderungen an das Risikomanagement und die Kapitalplanungsprozesse der Banken definiert. Die Ergänzung betrifft folgende Forderungen:728 Forderung nach einer gruppenweiten Risikosteuerung und nach einer aktiven Einbindung der Geschäftsleitung in das Risikomanagement Formulierung spezieller Risikoarten (u.a. Konzentrationsrisiken; außerbilanzielle Positionen - insbesondere im Zusammenhang mit Verbriefungen; Reputationsrisiken; Bewertungsrisiken; Liquiditätsrisiken) Formulierung spezieller Anforderungen an die Ausgestaltung von Stresstests und für die Vergütungspraktiken. 727 728 Ebenda. Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln, 2011, S. 35. 261 a) Ausgewählte Bereiche des Risikomanagements a.1) Risikokonzentration Als Lehre aus der Finanzkrise wurde als eines der Risikomanagementdefizite die Tatsache identifiziert, dass viele Institute die Risikokonzentrationen (die Risikoballungen) innerhalb einigen Risikoarten und die z.T. engen Beziehungen zwischen den einzelnen Risikoarten unterbewertet haben. Zudem wurden diese Risikokonzentrationen meistens im Rahmen des Risikomanagements nur unvollständig oder manchmal überhaupt nicht erfasst. Daher hat sich der Basel III-Ausschuss auf die Ausgestaltung der Risikomanagementprozesse zur Behandlung dieser Defizite (dieser Risikokonzentrationen) im Bankensektor fokussiert. Die Leitlinien sind die folgenden: Identifizierung von Risikokonzentrationen, Zusammenfassung aller Positionen, die sich aus einem gemeinsamen Risikotreiber ergeben, sowie Übernahme der Verantwortlichkeit durch die Geschäftsleitung für die Festlegung von Vorsichtsstrategien zum Management von Risikokonzentrationen. a.2) Stresstests Bisher hatte sich das Risikomanagement der Banken nach dem Prinzip „Value-at-Risik“ zu stark an vergangenheitsbezogenen Daten ausgerichtet. In Zukunft wird auf der Grundlage der Baseler III-Empfehlungen dieser retrospektive Ansatz durch auf mögliche künftige Risiken bezogene Stresstests ergänzt. Die Basel III-Empfehlungen enthalten u.a. Vorschläge zur Nutzung von Stresstests, zur Auswahl von Methoden sowie mögliche Szenarien und eine Darstellung bestimmter Risiken. Diese Themen erlangten erhebliche Bedeutung insbesondere im Laufe der jüngsten Finanzkrise und sollen deshalb künftig stärker berücksichtigt werden.729 Diese Empfehlungen an die Aufseher betreffen die Beurteilung der Umsetzung der diversen Hinweise an die Banken sowie die Wertung von Stresstest-Ergebnissen im Zuge des laufenden Überprüfungsprozesses. a.3) Reputationsrisiko Hinter dem Begriff „Reputationsrisiken“ verbergen sich die Gefahren aus Verlusten, sinkenden Erträgen oder einem verringerten Unternehmenswert aufgrund unerwarteter Geschäftsvorfälle oder riskanter Transaktionen, die das Vertrauen des Publikums in die Bank be729 262 Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln, 2011, S. 35. einträchtigen könnten. Das Reputationsrisiko entsteht normalerweise auf mehreren Ebenen, d.h. bei Kunden, bei Investoren oder Geschäftspartnern sowie bei den Ratingagenturen. Darüber hinaus können sich Reputationsrisiken auch aus sonstigen Vorfällen oder Ereignissen wie z.B. Umweltrisiken, Beschäftigten- und Rechtsrisiken - ergeben oder ergänzend zu ihnen auftreten.730 Der Baseler Ausschuss fordert von den Banken, genau zu identifizieren, durch welche Aktivität ihre Reputation gefährdet werden könnte. Dann sollten in diesen Zusammenhang – neben den geläufigen Fakten bzw. Vorgängen, wie z.B. normalen Geschäften, Dienstleistungen, Produkten und Märkten - zusätzliche zu Verbindlichkeiten führende vertragliche Verpflichtungen sowie außerbilanzielle (mittelbare) Geschäfte untersucht werden. Durch eine solche Analyse könnten die Banken erkennen, welche von diesen (Verbindlichkeiten etc.) bei Nichtoder nicht vollständiger Erfüllung dann mit nennenswerter Wahrscheinlichkeit zu Reputationsschäden führen. Die Banken sollten die identifizierten Risiken dann berücksichtigen und in ihre Risikosteuerungsprozesse aufnehmen; zudem sollten sie bei ihren internen Prozessen darauf achten, die Risikotragfähigkeit und die Liquiditätsvorsorge sicherzustellen.731 Exkurs: Grundsätze der Unternehmensführung – „Corporate Governance“ Die Finanzkrise machte die Bedeutung einer guten Corporate Governance bei Finanzinstituten sichtbar. Obwohl Governance-Schwächen nicht der direkte Auslöser der Finanzkrise gewesen waren, hatten sie erheblichen Anteil an bestimmten Misserfolgen und Fehlentwicklungen. Mängel bei diversen Aspekten der Unternehmensführung und -kontrolle wurden besonders bei systemrelevanten Finanzinstituten in Bezug auf die Systemstabilität als kritisch und problematisch erkannt. Damit wird es nötig, gem. dem Rahmenwerk die Umsetzung der Empfehlungen in Form des Corporate Governance-Leitfadens des Baseler Ausschusses zu forcieren und stets im Blick zu behalten, dass die mangelnde Umsetzung der in Kraft getretenen Vorschriften als das zentrale, zur Krise führende Kernproblem eingestuft wurde.732 Das Rahmenwerk Basel III zählt einige Anforderungen an die fälligen Nachbesserungen auf - u.a. die Notwendigkeit einer angemessenen und nachhaltigen Qualifizierung der Mitglieder der Leitungs- und Aufsichtsgremien. Deswegen sollten der Auswahl und der Nachfolge, der fortlaufenden Weiterbildung und - vor allem auch - dem notwendigen Engagement der 730 731 732 COMMERZBANK: Reputationsrisiko-Management, http://nachhaltigkeit2009.commerzbank.de/reports/commerzbank/annual/2009/nb/German/701055/reputati onsrisiko-management.html. Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln für Banken, 2011, S. 36. Ebenda. 263 Mitglieder der Leitungs- und Aufsichtsgremien sowie der laufenden Auswertung ihrer Arbeit insgesamt vermehrt Interesse und Sorgfalt gewidmet werden. a.4) Vergütung Zu den vorstehend geschilderten wesentlichen Einflüssen auf die Entstehung bzw. Verschärfung der Finanzkrise zählen nach Ansicht von Experten die verfehlten Vergütungssysteme im Finanzsektor, weil diese zu Fehlanreizen und dadurch zur Krise geführt haben. Der Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board FSB)733 hat im Jahr 2009 Prinzipien734 und Standards formuliert und veröffentlicht, und diese Prinzipien wurden später dann von der Europäischen Union im Rahmen der sog. CRD-III-Richtlinienänderung735 übernommen; zuvor aber wurden diese Vorgaben zum Teil verschärft.736 Die neuen Anforderungen enthalten Vorgaben und Überprüfungsmechanismen für die Vergütungssysteme der Institute. Die Anforderungen sollen krisentreibenden Fehlanreizen bei der Entlohnung im Finanzsektor vorbeugen. „Entsprechend sollen die Vergütungssysteme auf langfristige Institutsziele orientiert sein; Anreize zum Eingehen unverhältnismäßig hoher Risiken sollen vermieden werden“.737 3.13 Großkreditvorschriften Keinerlei Änderung finden im Rahmen der Implementierung von Basel III die Großkreditvorschriften. Auf Europäischer Ebene jedoch führt die EU-Kommission den Begriff „Eligible Capital“ als Bemessungsgrundlage für „Großkreditobergrenzen“ ein (Art. 4 Abs. 23 CRR-E). 733 734 735 736 737 264 Der Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board, FSB) ist ein internationales Gremium. Aufgaben des FSR sind die Koordinierung, Förderung und Aufsicht über Aktivitäten der internationalen Finanzmärkte. Die Gründung des FSB erfolgte im Jahre 2009 aus Anlass der internationalen Finanzmarktkrise als Nachfolger des Forums für Finanzstabilität (Financial Stability Forum, FSF) durch die G20. FSB-Mitglieder sind Finanzministerien, Notenbanken und Aufsichtsbehörden der G20-Länder sowie anderer weltweit wichtiger Finanzzentren. Die wichtigsten internationalen Standardsetzer sowie internationale Organisationen und Institutionen mit Verantwortung für die Finanzsystemaufsicht und –stabilität sind ebenfalls Mitglieder des FSB; vgl. www.financialstabilityboard.org. Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln für Banken, 2011, S. 37. Richtlinie 2010/76/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Weiterverbriefungen und im Hinblick auf die aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik, ABl. EU Nr. L 329 v. 14.12.2010, S. 3. In Bundesrepublik Deutschland wurden die Richtlinienvorgaben in das Gesetz über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen und in die Instituts-Vergütungsverordnung im Jahr 2010 vom 06.10.2010 (BGBl. I S. 1374) transformiert und umgesetzt, mit Wirkung ab 2011. Deutsche Bundesbank, Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapitalregeln für Banken, 2011, S. 37. Die Definition des Gesamtkapitals unterscheidet sich nach Basel III im Vergleich zur bisherigen Definition, da nach Basel III das Ergänzungskapital auf höchstens 25% des Gesamtkapitals für diese Zwecke begrenzt wird. Dagegen beträgt das Ergänzungskapital gemäß den in Kraft tretenden Regeln max. 50% des Gesamtkapitals. Aus diesem Grund muss die 25%-Kappung bei der Berechnung der Großkreditobergrenze im Lichte der Änderung der Kernkapitalausstattung berücksichtigt werden. Deswegen sollen die Effekte jeweils pro Einzelinstitut individuell betrachtet werden.738 Die EU-Kommission soll ergänzend den Auftrag übernehmen, die Angemessenheit der Bemessungsgrundlage für Großkreditzwecke bis zum 31. Dezember 2013 zu überprüfen, da bisher durch die neuen Regelungen - also Basel III – dieses Thema noch nicht vollständig detailliert wurde.739 B. Zusammenfassung - Erwartungen Konsequenzen für den Finanzsektor und das Bankgeschäft aus den Basel III-Vorschriften: 1.1 a) Auswirkungen für den Finanzsektor Reduziertes Risiko einer systemischen Bankenkrise Die Umsetzung der verschärften Anforderungen an die Kapital- und Liquiditätspuffer sowie die erhebliche Fokussierung auf verbesserte Risikomanagementstandards sollen in der Zukunft nicht nur das Risiko eines Zusammenbruchs einzelner Institute reduzieren, sondern auch das des Kollapses wechselseitig miteinander verbundener Institute.740 b) Reduzierte Kreditvergabekapazität Trotz des längerfristigen Umsetzungszeitraums der Basel III-Regelungen könnte es durch die erhöhten Anforderungen an die Eigenkapital- und Liquiditätsquoten von Seiten der Institute zu einer erheblichen Reduzierung der Geschäftsaktivitäten kommen. Diese Reduzierung ergäbe sich grundsätzlich aus dem erwarteten erheblichen Anstieg der Kreditvergabekosten.741 Die erhöhten Anforderungen an das regulatorische Kapital dürften zu einer Verteu- 738 739 740 741 Andrae/Lippert, Umsetzungsleitfaden Basel III, Version 1.0, 2011, S. 167. Ebenda. Hall/Leach/Kasprowics/Ott/Köckritz, Holger/ Rückbeil, Basel III - Handlungsdruck baut sich auf: Implikationen für Finanzinstitute, Januar 2011, S. 14. Cutting through complexity (KPMG), Financial Services, http://www.kpmg.de/docs/KPMG_Basel_3_FRM_2011web.pdf. Ebenda. 265 erung der Finanzierung an sich führen. Es versteht sich aber, dass die Kosten auf Unternehmensebene nicht isoliert zu betrachten sind, vielmehr sind sie mit anderen Geschäftsbereichen der Volkswirtschaft verbunden.742 c) Minderung der Anreize für Investoren Sie ergibt sich daraus, dass die Dividenden sinken und die resultierende Profitabilität der bei Banken hinterlegten Vermögenswerte bzw. der im Finanzsektor investierten Finanzinstrumente zurückgeht und die Institute außerdem ihre Kapitalquoten mit einbehaltenen Gewinnen (thesaurierten Gewinnen) stärken müssen. Diese Faktoren würden – zusammen mit anderen zu einer wahrscheinlich rückläufigen Wertpapieremission der Institute für Investoren führen, was zu einem gravierenden Verlust an Attraktivität für die Investoren führen könnte.743 d) Gefahr der Regulierungsarbitrage Diese Gefahr entsteht aus internationaler Sicht bei einer unterschiedlichen Implementie- rungsweise der Basel III-Vorschriften seitens der jeweiligen Einzelstaaten bzw. -nationen, die in der Folge die Stabilität des Finanzsystems insgesamt gefährden würde. Darüber hinaus besteht die Gefahr der Verlagerung von Geschäften in aktuell nicht vergleichbar regulierte „Schattenbanken“.744 Der von den G-20-Staaten eingerichtete Financial Stability Board (FSB) kennzeichnet das Schattenbankensystem als „System der Kreditvermittlung, an dem Unternehmen und Tätigkeiten außerhalb des regulären Bankensystems beteiligt sind“.745 1.2 a) Auswirkungen für einzelne Institute Druck auf die Renditen Die Basel III-Anforderungen, die u.a. bestehen in: erhöhten Eigenkapitalquoten, steigenden Finanzierungskosten, Notwendigkeit einer Reorganisation und Implementierung regulatorischer Reformen, werden künftig Druck auf die Margen und die operativen Kapazitäten ausüben. Damit würden die von den Investoren erwarteten Erträge früher oder später abnehmen. Es ist unerläss- 742 743 744 745 266 Angelkort, Asmus / Stuwe, Alexander, Basel III und Mittelstandsfinanzierung, 2011, S. 15. Ebenda. Ebenda. Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Aktueller Begriff, Schattenbanken (Mock, M./ Holtkamp, A.), S. 1 f. lich, dass die Institute dem in Zukunft Rechnung tragen und durch entsprechende Investitionen die geforderten Kapitalquoten und -puffer aufbauen. 746 b) Transformation / Verlagerung von kurz- zu langfristiger Finanzierung Die Einführung der neuen Liquiditätskennzahlen sollte - nach verbreiteter Einschätzung - die Institute weg von kurzfristigen hin zu längerfristigen Finanzierungsgestaltungen führen. Allerdings wird diese Änderung Auswirkungen auf die Preisstrukturen und auf die erzielbaren Margen haben bzw. sich darin widerspiegeln.747 1.3 a) Auswirkungen auf Geschäftsfelder und Produkte Profitabilität des Bankgeschäfts Die neuen, von Basel III erhobenen Forderungen - also namentlich die qualitativ und quantitativ erhöhten Kapitalquoten, die Limitierungen des Höchstverschuldungsgrades (Leverage Ratio) sowie die vorgeschriebene Liquiditätsdeckungsquote (Liquidity Coverage Ratio LCR) – werden sämtliche Geschäftsfelder und Produkte belasten und dadurch zur Absenkung der Profitabilität der Bankgeschäfte führen. Besonders zu nennen sind hierbei margenschwache Geschäftsfelder im klassischen Firmenkundengeschäft, die weiter an Profitabilität verlieren, falls diese Belastungen nicht an die Kunden weitergegeben werden können.748 Darüber hinaus wird das Kreditgeschäft verglichen mit anderen Bankgeschäften weniger profitabel, infolgedessen wird das Kreditangebot wohl abnehmen.749 a.1) Auswirkung auf einzelne Geschäftsbereiche Kapitalerhöhungen betreffen künftig die Bankgeschäfte oder die Finanzdienstleistungen nicht im gleichen Maße. Dabei ist das Mengengeschäft mit Privatkunden voraussichtlich von der Kapitalerhöhung nicht allzu massiv betroffen, wohingegen das Konsumentenkreditgeschäft und Spezialfinanzierungsgeschäfte aufgrund höherer Risikogewichtung unverhältnismäßig bzw. überproportional belastet sein werden. Diese Änderungen zwingen die Institute, die betroffenen Portfolios den Neuregelungen anzupassen. Als Beispiel wäre hier das Marktrisiko zu erwähnen; im Geschäftsfeld Investmentbanking ist insbesondere das Kapital- 746 747 748 749 Angelkort, Asmus / Stuwe, Alexander, Basel III und Mittelstandsfinanzierung, 2011, S. 15. Ebenda. Ebenda. Berg, Tobias / Uzik, Martin, Auswirkungsstudie Basel III. Die Folgen für den deutschen Mittelstand, Bundesverband mittelständische Wirtschaft, August 2011, S. 12. 267 marktgeschäft betroffen (hauptsächlich Produkte wie Over The Counter – OTC - oder nichtbörslich gehandelte Derivate, Verbriefungen und Liquiditätslinien).750 a.2) Kapital- und Geschäftssteuerung: Die Vorschriften des Rahmenwerks Basel III werden sich stark auf nahezu alle Geschäftsfelder sowie produktspezifisch besonders im Bereich der Liquidität und der Finanzierung auswirken, mit Blick auf individuelle Änderungen der Kapitalunterlegung jedoch ungleichmäßig. Daher besteht künftig eine gewisse Herausforderung für das Management darin, die Geschäftsfeld- und Produktsteuerung im Sinne risikokapital- und finanzadjustierter Profitabilität bei gleichzeitiger Beachtung von Aspekten der Bilanzoptimierung strategisch zu gestalten bzw. auszurichten. Daher erlangt eine integrierte Kapital- und Geschäftssteuerung zunehmende Bedeutung.751 750 751 268 Angelkort, Asmus / Stuwe, Alexander, Basel III und Mittelstandsfinanzierung, 2011, S. 15. Ebenda. Fazit Hinsichtlich einer wirksamen „prudenziellen“ Bankenaufsicht ist festzustellen, dass beide Länder – Deutschland wie Syrien - dem Problem der Regulierung/der Aufsichtstätigkeit spezielle Gesetze und Rechtsverordnungen gewidmet haben. In der Bundesrepublik Deutschland galt seit 1934 bzw. 1962 das KWG zur Regulierung und zur Beaufsichtigung des Bankengewerbes; in Syrien hingegen unterscheidet man drei Etappen; 1) diejenige vor der Vereinigung mit Ägypten bis 1958, 2) die sozialistische Umgestaltung bzw. Umwandlung Verstaatlichung des Bankensektors von 1958 bis 1991, und 3) die seit dem 2001 geltenden Gesetz zur Zulassung von Privatbanken. Der mit dieser Materie Befasste bemerkt zunächst ganz generell den großen Unterschied zwischen diesen beiden Ländern in punkto Verfügbarkeit einschlägiger Literatur. Nach eingehenderer Untersuchung lässt sich aber dennoch der klare Unterschied zwischen den beiden Rechtsordnungen bei dem in Rede stehenden Problemkreis feststellen. In der Bundesrepublik Deutschland existieren zahlreiche Vorschriften in Form von bereits vor langer Zeit in Kraft getretenen Gesetzen und auch in Form von Rechtsverordnungen zu den Gegenständen dieser Arbeit. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Themen zudem in guter, verständlicher Form behandelt. Daher kann man auf diese Regelungen jederzeit als Maßstab des Verhaltens und der Aufsicht zurückgreifen. Die Bestimmungen sind deutlich und klar abgefasst und außerdem durch zahlreiche Kommentare und spezifische Literatur eingehend erläutert. Im Gegensatz dazu hat der syrische Gesetzgeber gemäß § 99 G-23 vom 17.03.2002 diese Aufgabenstellungen und alle damit verbundenen Angelegenheiten dem Rat für Geld- und Kreditpolitik auferlegt. Der Rat hat seine bankaufsichtlichen Zuständigkeiten bislang mittels Erlass der erforderlichen RechtsVOen wahrgenommen. Bis dato (20.09.2012) hat er 888 RechtsVOen752 zu diversen Problemen – auch Allgemeines betreffend - erlassen. Das Delegieren solcher Tätigkeiten in die Hände des Rates, der das Instrument der RechtsVOen einsetzt, kann in der - zumindest vermuteten – Flexibilität und Spezialisierung der Mitglieder des Rates in der Frage des Erlassens derartiger Regelungen (im Vergleich mit dem Parlament) begründet sein. Zu den schwerwiegenden, häufigen Problemen zählt man bspw. das unvorhergesehene Auftauchen neuer Tatsachen und Problemkomplexe, da einige 752 Zentralbank-Website http://www.banquecentrale.gov.sy/main-ar.htm. 269 RechtsVOen nachweislich mehrfache Novellierungen vorher verabschiedeter Verordnungen sind, ohne dass das – zumindest andeutungsweise - beim Leser bzw. Forscher sichtbar wird. Diese Schwäche ist u.a. darauf zurückzuführen, dass sich die Gliederung der RechtsVOen nach dem Datum und nicht nach den Themen richtet. In diversen RechtsVOen wurden nur einige Paragraphen oder Abschnitte geändert, hinzugefügt oder manchmal nur aufgehoben. Außerdem findet man leider keine einheitlichen Vordrucke und Veröffentlichungen oder von ausgewiesenen Experten verfasste, einigermaßen gehaltvolle Literatur zu diesen Themen, die diesen Mangel bzw. diese Lücke beheben könnten. In beiden Ländern wurden die zuständigen Behörden zum Erlass von Rechtsverordnungen im Rahmen einer wirksamen - sowohl quantitativen als auch qualitativen - Beaufsichtigung ermächtigt, da die betreffenden Gesetze in beiden Ländern nicht jeweils alle Regeln und Normen im Detail umfassen. Das wurde im Rahmen dieser Arbeit an verschiedenen Stellen aufgezeigt - für Deutschland z.B. anhand der Solvabilitätsverordnung (SolvV) und der Groß- und Millionenkreditverordnung (GroMiKV) usw. Auf der syrischen Seite erließ der Rat für Geldund Kreditpolitik zahlreiche Rechtsverordnungen in Ergänzung der Gesetzgebung für verschiedene Angelegenheiten (wie bspw. zur Frage der Angemessenheit des Eigenkapitals, der Liquidität, des Risikos usw.). In beiden Ländern gibt es spezielle Fachbehörden, denen die Bankenaufsichtsaufgaben zugewiesen sind und die dafür einschlägigen Befugnisse obliegen. In Deutschland ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht der Träger der Bankenaufsicht gem. § 6 Abs. 1 KWG, kurz als „Bundesanstalt (BaFin)“ bezeichnet. Die BaFin nimmt die Beaufsichtigung des Kredit- und Versicherungswesens sowie des Wertpapierhandels wahr. Damit gilt die BaFin als Allfinanzaufsichtsbehörde. In Syrien besteht ein anders geartetes System des Aufbaus der Bankenaufsicht, indem das Regierungskommissariat für die Banken (das Kommissariat) bei der Zentralbank die Beaufsichtigung über sämtliche Banken, Mikrofinanzinstitute, Geldhandelshäuser und Investmentbanken auszuüben befugt ist. Das Kommissariat nimmt seine Zuständigkeit und Funktionen unter dem Dach der Zentralbank wahr. Hierdurch erkennt man den ersten Hauptunterschied zwischen beiden Rechtsordnungen, der darin besteht, dass in Deutschland die zuständige Bankenaufsichtsbehörde eine Bundesanstalt ist, das Kommissariat in Syrien dagegen eine Abteilung der Zentralbank. Daher ist die Befugnis zum Erlass von Rechtsverordnungen nicht der Hand des Kommissariats, sondern der des Rates anvertraut. Daraus leiten sich bedeutende Unterschiede sowohl für den Aufbau der Bankenaufsicht selbst als auch für die Zusammenarbeit mit anderen Stellen oder Behörden ab. In Bezug auf die Zusammenarbeit verpflichtet § 7 KWG zu einer engen Kooperation zwischen der BaFin 270 und der Deutschen Bundesbank, weil die Bundesbank durch die laufende Überwachung und anhand von Statistiken (Meldungen und Anzeigen) über die Institute und Unternehmen bereits selbst zahlreiche Informationen sammeln kann. Dagegen kennt das syrische Gesetz keine Notwendigkeit für eine solche Regel (für die Zusammenarbeit), weil das Kommissariat ein Amt (eine Abteilung) der Zentralbank ist. Das KWG sieht eine andere Form der Zusammenarbeit mit ausländischen bzw. europäischen Behörden vor (mit der EU-Kommission, der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA sowie mit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, ESMA), insbesondere was den erforderlichen Informationsaustausch zu grenzüberschreitenden Bank- und Finanzdienstleistungen und über die Zweigstellen ausländischer Institute und Tochtergesellschaften betrifft. Diese Zusammenarbeit stellt die Stabilität der Beaufsichtigung auf den Finanzmärkten sicher, um Finanzkrisen oder auch Störungen geringeren Ausmaßes in diesen Märkten möglichst zu vermeiden. Durch den Informationsaustausch zwischen den Finanz- bzw. Bankaufsichtsstellen kann man aufkommende Probleme frühzeitig erkennen und ihren schädigenden Wirkungen vorbeugen. In Syrien bedarf eine ausländische Beteiligung an syrischen Banken der Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde - und umgekehrt: Inländische Banken bedürfen für eine Investition (Beteiligung) im Ausland der Zustimmung der syrischen Zentralbank. Syrien gehört aber leider bisher keiner internationalen wirtschaftlichen Organisation an.753 Beide Rechtsordnungen kennen Vorschriften, die die Pflicht der Beantragung einer Banklizenz, zur Einhaltung einer angemessenen Eigenmittelausstattung, zum Einreichen von Anzeigen und Meldungen usw. festschreiben. Beide Rechtsordnungen unterwerfen aktive Banken bzw. Institute den nationalen Behörden der Bankenaufsicht, um die Lieferung von Informationen seitens der Banken und damit deren laufende Überwachung sowie eigenständige Prüfungen durch diese Behörden zu ermöglichen. Bei Verstößen gegen diese Vorschriften werden die zuständigen Behörden beider Länder Strafen verhängen. Jedoch ist in diesem Zusammenhang nochmals anzumerken, dass in Deutschland die BaFin eine selbstständige Bundesbehörde ist, in Syrien hingegen das Kommissariat eine Abteilung unter dem Dach der Zentralbank - und zudem, dass als zuständige Stelle für das Verhängen von Sanktionen der Rat für Geld- und Kreditpolitik – aber aufgrund eines Vorschlags des Kommissariats – fungiert. In beiden Ländern können eventuelle Sank- 753 Syrien ist bisher nur ein Beobachter (Observer government), kein Mitglied der World Trade Organisation, s. http://www.wto.org/english/thewto_e/whatis_e/tif_e/org6_e.htm. Im Gegensatz dazu ist Syrien seit 10. April 1947 Vollmitglied des Internationalen Währungsfonds, http://www.imf.org/external/np/sec/memdir/memdate.htm. 271 tionen übereinstimmend von der Warnung über ein Bußgeld bis zur Abberufung von Geschäftsleitern und sogar bis zum Erlöschen oder zum Entzug der Bankerlaubnis reichen. Einen Unterschied zwischen beiden Ländern sieht man bei einem Blick auf den Katalog der Bankgeschäfte in Deutschland: Dort darf ein Unternehmen nur dann ein Bankgeschäft betreiben, wenn es die dafür erforderliche Erlaubnis beantragt hat und sie ihm erteilt worden ist. In Syrien dagegen muss sich eine zu errichtende Bank beim Einreichen eines Bankerlaubnisantrags nicht auf bestimmte Geschäfte beschränken, d.h. es steht nicht geschrieben, dass sie eine solche Erlaubnis zum Betreiben nur eines bestimmten Bankgeschäfts erhalten kann. In Bezug auf das Betreiben eines der im Katalog aufgeführten Bankgeschäfte oder das Erbringen einer der im Katalog genannten Finanzdienstleistungen muss das Unternehmen als Kreditinstitut oder als Finanzdienstleistungsinstitut qualifiziert und der Aufsicht der BaFin unterworfen sein. Dagegen muss ein von Haus aus zunächst nichtfinanzielles Unternehmen einen Antrag stellen, um die Eigenschaft als Bank zuerkannt zu bekommen. Ohne vorherigen Erwerb einer solchen Zulassung (schriftliche Bankerlaubnis) wird jegliche Art von Bankgeschäften als verboten und strafbar angesehen. Die Pflicht, um eine Erlaubnis nachzusuchen, besteht für jede ausländische Bankzweigstelle in Deutschland. Mit einer Erlaubnis ausgestattete Tochtergesellschaften unterstehen der deutschen Bankenaufsicht, also den KWG-Vorschriften. Ausgenommen vom Prinzip der Erlaubnispflicht sind Zweigstellen europäischer Unternehmen (EWR-ansässige Unternehmen). Dies beruht auf den europäischen Richtlinien über die Anerkennung von Erlaubniserteilungen sowie über die herkunftsstaatliche Beaufsichtigung von EWR-Instituten und das Mitteilungsverfahren gemäß § 53b KWG und anderen Regelungen des KWG. Damit werden in einem EWR-Staat zugelassene Institute im gesamten EWR anerkannt und genießen den Vorteil, ihre Geschäfte in allen Staaten des EWR betreiben zu dürfen (sog. „EU-Pass“). Entsprechend den europäischen Kontrollvorschriften wird zugunsten der Kontrolle durch den Herkunftsstaat (das Heimatland) auf diejenige des Aufnahmestaates (Gastlandes) verzichtet. Dagegen bedarf jedes ausländische Unternehmen, das in Syrien eine Bank gründen will, ausnahmslos der vorherigen schriftlichen Erlaubnis und unterliegt damit der syrischen Bankenaufsicht. Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Rechtsordnungen fällt auf, der darin besteht, dass in Syrien nur Gesellschaften in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft Banken gründen oder Bankgeschäfte betreiben dürfen. Dagegen dürfen sie in Deutschland in allen Rechtsformen Bankgeschäfte (außer der Rechtsform des Einzelkaufmannes) betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen. Nennenswert ist hierbei nur, dass für einen Erlaubnisantrag 272 mindestens zwei qualifizierte Geschäftsführer erforderlich sind. Ausgenommen ist der Fall der Wertpapierhandelsunternehmen in der Rechtsform des Einzelkaufmanns. Natürliche Personen unterstehen in beiden Ländern der Bankenaufsicht. Nur sie bzw. ihre Institute / oder Banken nach deren Gründung dürfen Begriffe, wie z.B. „Bankier, Bank usw.“, verwenden. Eine irreführende Nutzung dieser Begriffe ist strafbar. Beide Rechtsordnungen legen übereinstimmend fest, dass für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörden befugt sind, die Erfüllung der Voraussetzungen und Kriterien einer Bankerlaubnis bei den Banken durchzusetzen. Bei Nichterfüllung derselben wird der Antrag in Deutschland abschlägig beschieden. Dagegen schweigt sich der syrische Gesetzgeber zu diesem Thema (Versagungsgründe) aus. Einige Kriterien, wie z.B. kompetente Geschäftsführung, geordnete Eigentumsverhältnisse und -verbindungen (Beteiligungen), qualifizierte Unternehmensplanung und strukturierte Kontrollmechanismen innerhalb der Bank müssen die Behörden beider Länder überprüfen. Die Erlaubnis wird in Deutschland von der BaFin erteilt, dagegen gibt es in Syrien ein mehrstufiges System - und letztendlich wird die beantragte Erlaubnis dann durch das Kabinett gegeben. Für Beteiligungen an Banken sehen beide Rechtsordnungen Regeln vor. Für eine natürliche Person als Anteilseigner gilt in Syrien die Besitzgrenze von 5% des Eigenkapitals der Bank, die nicht überschritten werden darf; dagegen besteht in Deutschland nur eine Aufklärungspflicht, wenn 10% des Kapitals oder der Stimmrechte des Instituts gehalten werden oder die Absicht dazu vorliegt („bedeutende Beteiligung“). In Syrien sind Beteiligungen oberhalb bestimmter Anteilverhältnisse verboten. Beide Rechtsordnungen sehen übereinstimmend vor, dass Institute / Banken ständig über eine angemessene Eigenmittelausstattung verfügen müssen. Die Bankenaufsichtsbehörden beider Länder haben dafür Rechtverordnungen erlassen und die Empfehlungen des Baseler Ausschusses (Basel II) zur Geltung gebracht. Die Eigenkapitalkomponenten in Syrien bestehen aus Kernkapital + Ergänzungskapital – Abzugspositionen = haftendes Eigenkapital. Dagegen sind in Deutschland noch „Eigenmittelkomponenten“ genannt, die auch Drittrangmittel einbeziehen - wie folgt: Haftendes Eigenkapital + Drittrangmittel = Eigenmittelkomponenten. Nach syrischer Auffassung werden Drittrangmittel hier nicht zugerechnet - vielleicht, weil die Bank kurzfristig zur Verfügung stehenden Verbindlichkeiten zurückführen könnte, etwa wenn Drittrangmittel zur Abdeckung von Fremdwährungs-, Rohwaren-, Optionspreis-, und/oder Markt- und Ausfallsrisiken eingesetzt werden. 273 Beide Rechtsordnungen verlangen denselben Gesamteigenmittelkoeffizienten (den sog. „Solvabilitätskoeffizienten“), weil sie übereinstimmend Empfehlungen des Baseler Ausschusses umgesetzt haben. Das heißt, dass Banken in beiden Ländern Mindestanforderungen bei der Ausstattung mit Eigenmitteln mit einem Gegenwert von 8,0% der Risikoaktiva zu erfüllen haben, wenngleich der deutsche Gesetzgeber für die in seinem Bereich tätigen Banken einen zusätzlichen Korridor im Gegenwert von 0,4% der Risikoaktiva gefordert hat. Für das Thema Meldefrequenzen zur Eigenmittelausstattung erkennt man einen klaren Unterschied. Während in Deutschland Institute solche Meldungen nach dem Stand zum Meldestichtag jeweils am Ende eines Kalendervierteljahres vorzulegen haben, müssen Banken in Syrien hingegen ihre solvenzbezogenen Meldungen nach dem Stand zum Meldestichtag am Ende eines Kalenderhalbjahres einreichen. Beide Rechtsordnungen haben bereits Vorschriften zum Thema „Liquidität“ erlassen, jedoch mit unterschiedlichen Anforderungen an die Methode zur Messung der Liquidität. Sie beide messen der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit der Banken großen Wert bei, da umgekehrt Zahlungsunwilligkeit oder -unfähigkeit einen erheblichen Negativeinfluss auf die gesamte Volkswirtschaft eines Landes hat. Nach der deutschen Methode müssen im Rahmen eines in vier Fristen-Bänder untergliederten Schemas die während der künftigen zwölf Monate dem Institut zur Verfügung stehenden liquiden Aktiva und die tatsächlichen sowie potenziellen Liquiditätsabflüsse erfasst werden. Dabei muss die Liquiditätskennziffer monatlich anhand einer Ein-Monat-Kennzahl durch einen mathematischen Divisionsvorgang ermittelt werden. Im Gegensatz dazu sieht die syrische Liquiditätsverordnung zwei Methoden vor: Die erste hält sich an einen bestimmten Prozentsatz (20% in syrischer Währung und 30% in Fremdwährungen „Anforderungen je nach Währung“). Die andere Methode basiert auf einem in sieben Laufzeit-Bänder untergliederten Schema für die potenziellen Zu- und Abflüsse von Geldern, das sog. Ranking (Auflistung) der Fälligkeit von Verbindlichkeiten; danach wird die Differenz zwischen den Zuund Abflüssen ermittelt. Zu den Unterschieden zwischen den beiden Rechtsordnungen gehört zudem die Differenzierung zwischen Nichthandels- und Handelsbuchinstituten. Während der deutsche Gesetzgeber zwischen beiden Instituten differenziert und gesonderte Regelungen der jeweiligen Organisationsform widmet, hat der Rat in Syrien hingegen diese Begriffe nicht genutzt und sogar nicht erwähnt. Aber aus der Bewertung der Eigenschaften beider Institutsarten könnte gefolgert werden, dass man die Banken in Syrien aus der Warte der deutschen Klassifizierung 274 als Nichthandelsbuchinstitute einstufen sollte. Dies ergibt sich durch den Vergleich der Großkredite nach Maßgabe der beiden Rechtsordnungen. Beide Rechtsordnungen ziehen dieselbe Grenze für das Volumen eines einem einzelnen Kreditnehmer gewährten Großkredits: 10% des haftenden Eigenkapitals. Hier erfordert § 13 KWG eine Anzeige bei der Deutschen Bundesbank, d.h. in Deutschland dürfen Institute mehr als 10% gewähren. Dagegen verbietet die syrische RVO Nr. 395 die Überschreitung dieser Grenze. Und sowohl Deutschland als auch Syrien legen die Obergrenze für einen an einen Kreditnehmer gewährten Kredit i.H.v. 25% des haftenden Eigenkapital fest. Eine Überschreitung dieser Grenze ist von deutscher Seite nicht verboten, bedarf dafür aber der Zustimmung der Bundesanstalt (BaFin). In Syrien wiederum ist eine Überschreitung dieser Schwelle nicht zulässig. Bezüglich der Handelsbuchinstitute (in Deutschland) hat man es mit einem GesamtbuchGroßkredit zu tun, wenn die Gesamtheit der Kredite an einen Kreditnehmer 10% des Volumens der vom Institut zu haltenden Eigenmittel erreicht oder übersteigt (kreditnehmerbezogene Gesamtpositionen), dagegen handelt es sich um einen Anlagebuch-Großkredit ab einem Limit von 10% des haftenden Eigenkapitals des Instituts. Auch darf bei einem Handelsbuchinstitut die kreditnehmerbezogene Anlagebuch-Gesamtposition nicht ohne Zustimmung der BaFin 25% des haftenden Eigenkapitals erreichen. Die Analyse berührt in nicht unerheblichem Maße die künftig erwarteten Vorgaben des Reformpakets, das im Dezember 2010 durch den bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) angesiedelten Baseler Ausschuss als „Basel III“ veröffentlicht wurde. Demnächst – ab 2013 - soll in der Europäischen Union die Umsetzung der neuen, verschärften Eigenkapitalanforderungen erfolgen. Die neuen Regelungen treten schrittweise über einen längerfristigen Zeitraum (von 2013 bis 2019) in Kraft. Viele Hoffnungen verknüpfen sich an die Umsetzung der neuen Eigenkapitalstandards „Basel III“, wie z.B. die Schaffung eines soliden, stabilen Finanzsystems und damit eines standfesten Bankensektors. Das wesentliche Element dafür ist hauptsächlich eine Verstärkung der Risikoabsorptions- und Verlusttragfähigkeit der Banken, was eine gravierende, positive Auswirkung auf die Gesamtvolkswirtschaft jeweiligen Landes und wiederum auf die internationalen Finanzmärkte haben wird. Die Basel III-Vorgaben sind nicht auf die Eigenkapitalanforderungen – bei aller Anerkennung ihrer Bedeutsamkeit – beschränkt, sondern sind ein Mosaikstein im System der Beaufsichtigung, da diese Regelungen letztendlich eine grundlegende Reform des bisherigen Ansatzes erzielen. Die Basel III-Vorgaben werden ihre ehrgeizige Ziele realisieren durch Erhöhung der quantitativen Eigenkapitalanforderungen, 275 Erhöhung der Qualität der Kapitalbestandteile selbst, Einführung der Höchstverschuldungsquote (Leverage Ratio), die von den bilanziellen Verhältnissen des Instituts und nicht von der risikobasierten Eigenkapitalermittlung abhängig sein soll, Liquiditätsanforderungen, nämlich 1)- Liquiditätsdeckungsquote: dies bedeutet die Erfüllbarkeit der Zahlungsverpflichtungen eines Instituts in einer definierten Stresssituation für mindestens 30 Tage; ihre Umsetzung erfolgt erst ab 2015. Und 2)- Stabile Refinanzierungsquote über den Einjahreshorizont hinaus (auch genannt: längerfristige Liquiditätskennziffer); diese muss nach dem Ablauf einer Beobachtungsphase ab 2018 eingehalten werden, Quantitative Behandlung von Kontrahentenausfallrisiken unter Basel III (Basel III sieht z.B. vor, dass nicht börslich gehandelte Derivate wegen unzureichender Besicherung und Intransparenz bezüglich der Qualität der gehaltenen Risikopositionen einer Verrechnung über zentrale Kontrahenten bedürfen – zwecks Beseitigung ihrer Defizite) - sowie Erhöhte Anforderungen an das Risikomanagement. Basel III bringt darüber hinaus wegen der erhöhten Eigenkapitalquoten und der steigenden Finanzierungskosten einige - aber vorübergehend - unerwünschte Auswirkungen mit sich, wie z.B. reduzierte Kreditvergabekapazität, Minderung der Anreize für Investoren, und Absenkung der Profitabilität der Bankgeschäfte. Trotzdem sind die Hoffnungen weiterreichend als die erwarteten Nachteile. Die Umsetzung der Basel III-Vorschriften wird viele Änderungen für den Banken- bzw. Finanzsektor und die Bankenaufsicht mit sich bringen. Bisher (bis zum Abschluss dieser Arbeit im Oktober 2012) ist aber nicht erkennbar, ob, wann und wie die Anforderungen des Basel-III-Pakets noch in das syrische Recht aufgenommen werden. Es darf nicht übersehen werden, wie tief und gravierend die Sanktionen der Europäischen Union und der westlichen Länder auch für die syrischen Banken und insbesondere für die Zentralbank sind. Und vielleicht haben die verhängten Sanktionen bisher auch die Verspätung beim Erlass der maßgeblichen Regelungen zu Basel III in Syrien veranlasst, wenn auch nicht gerechtfertigt. 276 Quellenverzeichnis I. Literatur - Abu Ghedda Abdessattar, „Bai Muajjal“, Islamic Development Bank, Das islamische Institut für Forschung und Ausbildung. 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