Pankreasinzidentalome

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Leitthema
Chirurg 2007 · 78:713–720
DOI 10.1007/s00104-007-1373-x
Online publiziert: 14. Juli 2007
© Springer Medizin Verlag 2007
U. Hopt · T. Keck
Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Chirurgische Universitätsklinik, Freiburg
Pankreasinzidentalome
Bewertung und Therapie
Inzidentalome sind Tumoren, die keine klinischen Symptome hervorrufen
und daher zufällig bei Schnittbilduntersuchungen, die aus anderen Gründen veranlasst wurden, diagnostiziert werden. Grund für solche CT-/
MRT-Untersuchungen können Erkrankungen anderer Organe, wie z. B. eine
Nephrolithiasis sein, ferner ein spezielles Tumorscreening bei Patienten
mit genetisch erhöhtem Tumorrisiko oder ein allgemeines Tumorscreening im Rahmen von Voruntersuchungen [47]. Inzidentalome im weiteren Sinne sind auch die Pankreastumoren, die aufgrund eines subjektiv nicht bemerkbaren Anstiegs der
Gallengangs- und Pankreasenzyme
bei der nachfolgenden Schnittbilddiagnostik entdeckt werden.
Bei Nachweis eines Inzidentaloms im
Pankreas ergibt sich als erstes die Frage
nach der Dignität des Tumors. Zu unter­
scheiden ist hier zwischen sicher benigne,
prämaligne und maligne. Bei der Thera­
pieentscheidung muss zum einen bedacht
werden, wie sicher mit den heutigen di­
agnostischen Möglichkeiten eine Unter­
scheidung zwischen benigne auf der ei­
nen Seite und prämaligne und maligne
auf der anderen Seite möglich ist und wel­
che Konsequenzen eine verzögerte opera­
tive Therapie nach sich zieht. Auf der an­
deren Seite müssen das perioperative Ri­
siko einer Tumorresektion und die mög­
lichen postoperativen Folgezustände be­
rücksichtigt werden. Von Bedeutung sind
dabei die Art der Operation, die geplante
chirurgische Radikalität und natürlich
auch die spezifischen Risikofaktoren des
betreffenden Patienten.
Bei inzidentell im Pankreas gefun­
denen Tumoren hat die Unterscheidung
zwischen soliden und zystischen Tumo­
ren eine besondere Bedeutung. Die Dif­
ferenzialdiagnose, das Malignitätsrisi­
ko und auch das therapeutische Prozede­
re unterscheiden sich bei diesen Tumor­
enentitäten nämlich grundlegend.
Solide Pankreasinzidentalome
Duktales Adenokarzinom
Das duktale Adenokarzinom ist der bei
weitem häufigste Pankreastumor. Bei
über 80% der Patienten wird dieser Tu­
mor zu spät diagnostiziert und ist dann
nicht mehr kurativ resezierbar. Insofern
ist die zufällige Diagnose eines frühen Sta­
diums eines Pankreaskarzinoms für den
betreffenden Patienten hinsichtlich sei­
ner Langzeitprognose von zentraler Be­
deutung. Die 5-Jahres-Überlebensrate
nach Resektion eines Pankreaskopfkar­
zinoms liegt in den meisten Zentren nur
zwischen 20% und 30%. Kleinere Tumo­
ren haben bei fehlender Lymphknoten­
metastasierung (N0) eine deutlich besse­
re Prognose [9, 47].
EEine wirklich hohe Chance auf
Kuration besteht lediglich bei
Tumoren mit einer Größe von ≤1 cm.
Solche Tumoren weisen praktisch nie ei­
ne Lymphknotenmetastasierung, eine Ge­
fäßinfiltration, eine perineurale Infiltrati­
on oder Lebermetastasen auf. Bei Resek­
tion dieser Tumoren sind die Chancen auf
eine definitive Heilung ausgezeichnet [6].
Aufgrund der retroperitonealen La­
ge des Pankreas verursachen derart klei­
ne Tumoren keine klinischen Symptome.
Unspezifische Symptome, wie z. B. Ober­
bauchbeschwerden werden in den meisten
Fällen nicht durch den Tumor, sondern
durch andere Erkrankungen, wie z. B. ei­
ne chronische Gastritis hervorgerufen. Bei
einem Drittel der Patienten findet sich ei­
ne leichte Erhöhung der Leber-/Gallen­
gangs- oder Pankreasenzyme. Aufgrund
der extremen Aggressivität des Pankreas­
karzinoms führt bei Nachweis eines klei­
nen, inzidentell entdeckten Pankreaskar­
zinoms eine sich über Monate erstrecken­
de Diagnostik bzw. eine zuwartende Hal­
tung mit der Konsequenz einer Größen­
zunahme des Tumors von 1 cm auf 2 cm
Durchmesser zu einer katastrophalen
Verschlechterung der Langzeitprognose
des Patienten.
Neuroendokrine Pankreastumoren
ohne klinische Symptomatik
Neuroendokrine Tumoren sind charak­
terisiert durch den immunhistologischen
Nachweis von charakteristischen Diffe­
renzierungsmarkern wie neuronenspezi­
fische Enolase, Chromogranin A und Syn­
aptophysin. Häufig sezernieren sie große
Mengen an Hormonen, die dann zu klas­
sischen klinischen Symptomen führen.
Typische Beispiele sind das Insulinom,
das Gastrinom und das Vipom. Etwa ein
Viertel der neuroendokrinen Tumoren im
Pankreas sind aber klinisch stumm, da sie
entweder nicht oder nur in geringen Men­
gen Hormone sezernieren oder die sezer­
nierten Hormone keine klinischen Symp­
tome hervorrufen, wie z. B. das „pancre­
atic polypeptide“ [40]. Die Inzidenz der
neuroendokrinen Tumoren im Pankreas
ist gering. In Pankreaszentren weisen al­
Der Chirurg 8 · 2007 | 713
Leitthema
Abb. 1 9 Tpyische Inzidentalome im Pankreas: a Lipom, b Hibernom, c solider pseudopapillärer Tumor, d intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie
lerdings bis zu 10% der Patienten, die we­
gen eines Tumors einer Pankreasresektion
unterzogen werden, einen neuroendokri­
nen Tumor auf.
Bei fehlender oder klinisch nicht rele­
vanter Hormonsekretion können die Tu­
moren relativ groß werden, bis sie dann
zufällig entdeckt werden. Im Gegensatz
zum Insulinom, welches nur selten, d. h. in
weniger als 10% der Fälle maligne entartet,
weisen die anderen neuroendokrinen Tu­
moren ein hohes Malignitätspotenzial von
60–70% auf. Dies gilt auch für die nicht
aktiven neuroendokrinen Tumoren [25].
Das Malignitätsrisiko steigt zwar mit der
Tumorgröße. Es gibt aber auch Berichte
über eine maligne Entartung von neu­
roendokrinen Tumoren mit einer Größe
von 1–3 cm [37]. Hormonell inaktive Tu­
moren werden häufig erst sehr spät dia­
gnostiziert, dennoch ist die Langzeitpro­
gnose nach kurativer Resektion wesent­
lich besser als beim duktalen Pankreas­
karzinom [28]. Die 5­Jahres­Überlebens­
rate liegt bei über 50%.
Inzidentalome bei Patienten mit speziellen Erbkrankheiten
Für die Bewertung eines soliden Inziden­
taloms im Pankreas ist die Unterschei­
dung, ob es sich um eine sporadische Tu­
714 | Der Chirurg 8 · 2007
morentstehung handelt oder ob bei dem
Patienten eine genetische Systemerkran­
kung vorliegt, von spezieller Bedeutung.
Es gibt eine Reihe von erblichen Syndro­
men, die mit einem deutlich erhöhten Ri­
siko für die Entwicklung eines Pankreas­
karzinoms verbunden sind, wie z. B. die
hereditäre Pankreatitis, das Peutz­Jegers­
Syndrom oder das HNPCC („heredita­
ry non­polyposis colorectal carcinoma“)
[24]. Daneben gibt es auch Familien mit
einem massiv erhöhten Pankreaskarzi­
nomrisiko, bei denen der genetische De­
fekt noch nicht abgeklärt ist [43]. Falls bei
solchen Patienten im Rahmen von Vor­
sorgeuntersuchungen ein Inzidentalom
im Pankreas entdeckt wird, hat dies natür­
lich eine spezielle klinische Tragweite.
Auch neuroendokrine Pankreastumo­
ren können im Rahmen von Erbkrank­
heiten auftreten. Zu nennen sind hier das
MEN­1­Syndrom, die von Hippel­Lin­
dau­Erkrankung, die Neurofibromatose
und die tuberöse Sklerose [36]. Das MEN­
1­Syndrom ist eine autosomal­dominante
Erkrankung mit hoher Penetranz. Charak­
teristisch ist das Auftreten eines Hyperpa­
rathyreoidismus, von Hypophysenadeno­
men sowie von neuroendokrinen Tumo­
ren im Pankreas. Ein größerer Teil dieser
neuroendokrinen Tumoren im Pankreas
ist nicht funktionell aktiv und entspricht
damit den Charakteristika eines Inziden­
taloms. Bei MEN­1­Patienten treten typi­
scherweise die neuroendokrinen Tumo­
ren im Pankreas nicht isoliert, sondern
multiple auf [12]. Wichtig ist, dass die Pro­
gnose von Patienten mit MEN­1­Syndrom
letztendlich von den sich im Pankreas ent­
wickelnden Tumoren bestimmt wird.
Seltene Pankreastumoren
Seltene Pankreastumoren sind zwar diffe­
renzialdiagnostisch von Bedeutung, auf­
grund ihrer Inzidenz spielen sie jedoch
nur eine untergeordnete Rolle. In den
meisten Fällen erfolgt die definitive Di­
agnose erst bei histologischer Untersu­
chung des Operationspräparates.
Das primäre Pankreaslymphom ist ex­
trem selten. Weniger als 2% aller extrano­
dalen malignen Lymphome und etwa
0,5% aller Pankreastumoren sind primä­
re Pankreaslymphome. Die prä­ bzw. ggf.
postoperative histologische Sicherung
eines Lymphoms ist wichtig, da die The­
rapie der Wahl nicht die chirurgische Re­
sektion, sondern eine Kombination von
Chemotherapie und Bestrahlung oder die
Stammzelltransplantation darstellt [33].
In seltenen Fällen liegt einem bild­
morphologisch nachgewiesenen Pank­
reastumor auch ein Lipom oder ein Hi­
Zusammenfassung · Abstract
bernom zugrunde [20]. Diese Tumoren
sind grundsätzlich benigne. Typischer­
weise werden sie inzidentell entdeckt
(. Abb. 1 a,b). Differenzialdiagnostisch
muss ein primäres Pankreassarkom abge­
grenzt werden.
Solide pseudopapilläre Tumoren kom­
men vor allem bei jungen Frauen vor [19].
Sie sind in 10–15% der Fälle maligne. Et­
wa ein Drittel wird bei fehlenden Symp­
tomen inzidentell entdeckt (. Abb. 1 c).
Mehr als 90% der Patientinnen können
durch eine vollständige chirurgische Ent­
fernung geheilt werden. Wenn die Tumo­
ren groß werden, können sie zentral ein­
schmelzen. Solid papilläre Tumoren spie­
len daher auch bei der Differenzialdiag­
nose von großen zystischen Pankreastu­
moren eine Rolle.
Im Rahmen der Nachsorge nach Re­
sektion von extrapankreatischen Tumoren
können inzidentelle Läsionen im Pankre­
as entdeckt werden. Bei der Autopsie von
Patienten mit primärem Nierenzellkarzi­
nom wurden in 1–3% der Fälle Metasta­
sen im Pankreas gefunden. Metachrone
Pankreasmetastasen können auch viele
Jahre nach Resektion eines Nierenzellkar­
zinoms noch auftreten [16]. Sie sind häu­
fig zunächst symptomlos. Falls es sich um
isolierte Metastasen handelt, ist die Indi­
kation zur Resektion durchaus gegeben.
Pseudotumoren
Ursache eines Inzidentaloms im Pankre­
as können auch Pseudotumoren sein [2].
Am häufigsten handelt es sich um ent­
zündliche Pseudotumoren, die im Verlauf
einer chronischen Pankreatitis, einer Au­
toimmunpankreatitis oder einer Paradu­
odenalpankreatitis auftreten können. Die
Patienten weisen chronische oder rezidi­
vierende Beschwerden im Oberbauch auf.
Im Rahmen der rezidivierenden Untersu­
chungen der Patienten fällt dann gelegent­
lich plötzlich eine fokale Läsion auf, oh­
ne dass sich die bereits seit längerem be­
stehende klinische Symptomatik geändert
hätte. Solche Läsionen können deswegen
im weiteren Sinne ebenfalls als Inzidenta­
lome bezeichnet werden.
Es gibt Hinweise darauf, dass die chro­
nische Pankreatitis einen Risikofaktor für
die Entstehung eines Pankreaskarzinoms
darstellt. Die zentrale Problematik besteht
darin, dass bei Patienten mit chronischer
Pankreatitis ein de novo entstandenes
duktales Pankreaskarzinom von einem fo­
kalen entzündlichen Pseudotumor weder
klinisch noch bildmorphologisch mit an­
nehmbarer Sicherheit unterschieden wer­
den kann (s. unten) [42]. Die Differen­
zialdiagnose ist deswegen so schwierig,
da das Pankreaskarzinom typischerwei­
se eine starke desmoplastische Bindege­
websreaktion und eine ausgeprägte peri­
tumoröse Entzündung aufweist. Bei der
Autoimmunpankreatitis kann das Vor­
liegen von anderen Autoimmunerkran­
kungen, die Mitbeteiligung der Gallen­
gänge außerhalb des Pankreas und ein
hoher IgG4-Spiegel auf die Diagnose hin­
weisen. Beweisend ist ein rasches Anspre­
chen auf eine Kortikoidtherapie [3]. Die
Paraduodenalpankreatitis ist charakteri­
siert durch die Ausbildung eines Pseudo­
tumors in unmittelbarer Nachbarschaft
zur Duodenalwand, meist im Bereich der
Minorpapille.
>Pseudotumoren treten im
Verlauf einer chronischen
Pankreatitis auf
Weitere Ursachen für einen Pseudotu­
mor, der in der Bildgebung als Inzidenta­
lom imponieren kann, sind das Pseudo­
lymphom, die heterotope akzessorische
Milz und Granulome im Rahmen einer
Sarkoidose.
Differenzialdiagnose
Der Nachweis eines Inzidentaloms im
Pankreas erfolgt normalerweise mittels
Schnittbildgebung, d. h. mittels CT, MRT
oder perkutanem Ultraschall. Die enor­
men technologischen Fortschritte vor
allem im Bereich des CT und des MRT
haben in den letzten Jahren dazu geführt,
dass immer kleinere Tumoren entdeckt
werden [30]. Die Artdiagnose ist aber wei­
terhin problematisch. Klassischerweise ist
ein duktales Adenokarzinom hypovasku­
larisiert und zeigt deswegen ein verrin­
gertes Enhancement, während neuroen­
dokrine Tumoren typischerweise hyper­
vaskularisiert sind und ein vermehrtes
Kontrastmittelenhancement aufweisen.
Trotzdem ist eine Differenzialdiagnose
zwischen diesen beiden Tumorentitäten
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DOI 10.1007/s00104-007-1373-x
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U. Hopt · T. Keck
Pankreasinzidentalome.
Bewertung und Therapie
Zusammenfassung
Aufgrund der Fortschritte in der Schnittbildtechnologie werden Inzidentalome im Pankreas zunehmend häufiger diagnostiziert.
Wichtig ist die Unterscheidung nach soliden und zystischen Tumoren. Eine definitive Artdiagnose ist häufig weder bei soliden noch bei zystischen Tumoren präoperativ möglich. Die Operationsindikation richtet sich nach dem Risiko einer malignen Entartung. Dementsprechend ist die Operationsindikation bei soliden Inzidentalomen in Abhängigkeit vom Zustand des Patienten und
unabhängig von der Größe des Tumors fast
immer gegeben. Bei zystischen Inzidentalomen sollten benigne Veränderungen soweit
als möglich ausgeschlossen werden. Ansonsten besteht eine Operationsindikation bei einer Größe von >2 cm. Bei Vorliegen einer intraduktalen papillären muzinösen Neoplasie
mit entsprechenden Risikofaktoren wird eine Operationsindikation bei einer Größe von
≥1 cm empfohlen.
Schlüsselwörter
Inzidentalom · Solider Pankreastumor · Zystischer Pankreastumor · Differenzialdiagnose ·
Operationsindikation
Pancreatic incidentalomas.
Correct assessment and therapy
Abstract
Due to recent advances in CT/MRI technology, incidentalomas of the pancreas are detected with increasing frequency. Pancreatic incidentalomas should be differentiated into solid and cystic tumors. In both subgroups
definitive classification of the tumor is often not possible. Operative therapy is recommended in premalignant or malignant pathologies. Thus solid incidentalomas should
be resected independently of their size, if the
patient is without serious comorbidities. In
case of cystic incidentalomas, benign cystic
lesions should be excluded as far as possible.
Otherwise they should be resected if their
size is ≥2 cm. In case of IPMN with specific
risk factors, resection is recommended when
the tumor size exceeds 1 cm.
Keywords
Cystic pancreatic tumor · Differential diagnosis · Incidentaloma · Indication for operation ·
Solid pancreatic tumor
Der Chirurg 8 · 2007 | 715
Leitthema
häufig nicht mit ausreichender Sicher­
heit möglich. Noch wesentlich problema­
tischer ist der Versuch bildmorphologisch
ein Pankreaskarzinom von einem ent­
zündlichen Pseudotumor, z. B. bei chro­
nischer Pankreatitis zu unterscheiden. Le­
diglich Lipome lassen sich im CT/MRT
mit ausreichender Sicherheit diagnosti­
zieren [13].
>Die Artdiagnose ist
problematisch
Der endoskopische Ultraschall (EUS) ist
hervorragend geeignet, das Pankreas dar­
zustellen. Es wird immer wieder betont,
dass der EUS in geübter Hand dem CT/
MRT überlegen ist [27]. Zu bedenken ist
allerdings, dass der EUS extrem unter­
sucherabhängig ist. Dies wird durch die
Tatsache unterstrichen, dass bei Beurtei­
lung desselben Befundes durch drei ver­
schiedene, sehr erfahrene Untersucher
die Überstimmung der EUS-Befunde nur
sehr mäßig ist [4]. Die mittels EUS durch­
geführte Feinnadelbiopsie ist sicher we­
sentlich aussagekräftiger als die früher
propagierte Bürstenzytologie. Die Spe­
zifität hinsichtlich des Nachweises eines
Malignoms ist sehr hoch, die Sensitivität
aber weiter­hin unzureichend. Dies gilt vor
allem bei gleichzeitigem Vorliegen von
chronisch entzündlichen Veränderungen
wie z. B. bei der chronischen Pankreati­
tis [45]. Selbst bei Befunden, bei denen
von der Biopsie her ein maligner Tumor
sicher ausgeschlossen wird, liegt die Ra­
te an falsch-negativen Befunden weiter­
hin bei 10–25%. Ein negativer Befund der
Feinnadelbiopsie kann demnach nicht
zum Ausschluss einer Operationsindika­
tion führen.
Sinn eines PET oder PET-CT bei Vor­
liegen eines Inzidentaloms ist der Nach­
weis oder Ausschluss einer malignen Ent­
artung des Tumors. Leider ist die Sensi­
tivität des PET bzw. PET-CT bei kleinen
Tumoren immer noch unzureichend. Es
gibt ferner falsch-positive und falsch-ne­
gative PET-Befunde. Der negativ prädik­
tive Wert des PET-CT für maligne Pank­
reastumoren liegt lediglich bei 64% [15].
Prämaligne Tumoren sind ohnehin PETnegativ. Ob bei Vorliegen eines kleinen
Pankreastumors ein negativer PET-Be­
fund einen Einfluss auf das Ausmaß und
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die Radikalität der Operation hat, ist um­
stritten.
Die Somatostatin-Rezeptor-Szinti­
graphie ist hochspezifisch und hat einen
positiv prädiktiven Wert von annähernd
100%. Leider ist die Rate an falsch-nega­
tiven Befunden gerade bei hormoninak­
tiven Tumoren sehr hoch. Die Sensitivität
liegt bei unter 70% [26]. Die Somatosta­
tin-Rezeptor-Szintigraphie ist ferner aus­
schließlich zum Nachweis eines neuro­
endokrinen Tumors, nicht aber zur Dif­
ferenzialdiagnose zwischen benigne und
maligne geeignet.
Der Einsatz von Tumormarkern zur
Differenzialdiagnose zwischen benignen
und malignen soliden Inzidentalomen ist
wenig sinnvoll. Der Überlappungsbereich
für beide Entitäten ist sehr groß [29]. Je
nach Cutt-off-Level steigt die Spezifi­
tät bei gleichzeitiger Reduktion der Sen­
sitivität und vice versa. Bei kleinen, in­
zidentell diagnostizierten Tumoren sind
auch im Falle einer malignen Entartung
die Tumormarker im Blut verständlicher­
weise nicht oder nur mäßig erhöht. Der
Versuch im Pankreassaft genetische Ver­
änderungen wie zum Beispiel K-ras-Mu­
tationen etc. nachzuweisen, ist zur Bestä­
tigung oder zum Ausschluss einer malig­
nen Läsion im Pankreas im Moment noch
nicht Erfolg versprechend [21].
ESämtliche uns derzeit zur Verfügung
stehenden Untersuchungsverfahren
sind demnach nicht in der Lage, mit
ausreichender Sicherheit benigne von
prämalignen bzw. malignen Tumoren
im Pankreas zu unterscheiden.
Beim sicheren Nachweis eines soliden In­
zidentaloms im Pankreas mittels Schnitt­
bilddiagnostik sind deswegen weitere dia­
gnostische Verfahren nicht angezeigt. Falls
im CT/MRT nur der Verdacht auf ein soli­
des Inzidentalom besteht, ist eine zusätz­
liche EUS-Untersuchung indiziert.
Operationsindikation und
Radikalität der Operation
Da die überwiegende Mehrzahl der so­
liden Tumoren im Pankreas prämaligne
oder maligne ist, besteht bei inzidentellem
Nachweis eines solchen Tumors im Pank­
reas immer eine Operationsindikation.
Lediglich bei MEN-1-Patienten mit hor­
moninaktiven neuroendokrinen Tumo­
ren <1 cm kann unter Umständen zuge­
wartet werden. Auch bei Verdacht auf ein
primäres Pankreaslymphom ergibt sich
ein anderes Vorgehen. Bei solchen Pati­
enten sollte eine Diagnosesicherung mit­
tel Biopsie oder laparoskopischer Lymph­
knotenentnahme versucht werden, da die
Therapie dieses Tumors primär mittels
Chemotherapie bzw. Strahlentherapie er­
folgt. Bei hochgradigem Verdacht auf ei­
ne Immunpankreatitis ist unter Umstän­
den zunächst ein kurzfristiger Therapie­
versuch mit Steroiden angezeigt.
>Die Operation sollte
onkologisch radikal erfolgen
Wegen des hohen Malignitätsrisikos sollte
die Operation in der Regel onkologisch ra­
dikal erfolgen [22]. Bei neuroendokrinen
Tumoren wird gelegentlich vorgeschlagen,
diese nur zu enukleieren bzw. organerhal­
tend durch Pankreasteilresektion zu re­
sezieren [10]. Dabei ist allerdings zu be­
denken, dass die Fistelrate nach Enuklea­
tion deutlich höher ist als nach einer Re­
sektion. Die Frage, ob ein Tumor malig­
ne ist, lässt sich häufig im Schnellschnitt
nicht klären. Es ist weiterhin zweifelhaft,
ob z. B. der partielle Erhalt des Pankreas­
kopfes oder der Duodenalpassage lang­
fristig eine wesentliche Verbesserung der
Lebensqualität im Vergleich zur klas­
sischen Pankreaskopfresektion mit sich
bringt. Bei linksseitig gelegenen, inziden­
tell entdeckten neuroendokrinen Tumo­
ren sind aber durchaus Verfahren mit ein­
geschränkter Radikalität wie eine milzer­
haltende Pankreaslinksresektion oder ei­
ne zentrale Pankreasresektion zu disku­
tieren. Ähnlich ist die Situation bei MEN1-Patienten mit multiplen neuroendokri­
nen Tumoren [5]. Hier wird eine Pankre­
aslinksresektion und die Enukleation der
dann noch verbleibenden Tumoren aus
dem Pankreaskopf empfohlen, um diese
Patienten nicht einer totalen Pankreatek­
tomie mit sekundärem insulinpflichtigem
Diabetes zuführen zu müssen.
Zystische Pankreasinzidentalome
Zystische Veränderungen im Pankreas
werden mit der modernen Bildgebung
immer häufiger entdeckt. In der Mehr­
zahl der Fälle handelt es sich um Pank­
reaspseudozysten. Die Patienten haben
dann in der Regel eine typische Anam­
nese hinsichtlich einer akuten bzw. chro­
nischen Pankreatitis. Bei 10–20% handelt
es sich aber um zystische Tumoren [34].
Diese verursachen, solange sie klein sind,
keine klinischen Symptome und werden
deshalb in der Regel inzidentell entdeckt.
Wie bei den soliden Inzidentalomen gibt
es auch bei den zystischen Pankreastu­
moren ganz unterschiedliche Tumorenti­
täten, die entweder als grundsätzlich be­
nigne, als prämaligne oder als definitiv
maligne eingestuft werden müssen.
Seröses Zystadenom
Der Tumor besteht in der Regel aus vie­
len kleinen Zysten und weist deswegen in
der Bildgebung eine bienenwabenartige
Struktur auf. Es gibt aber auch eine ma­
krozystische Variante. Fast 80% der se­
rösen Zystadenome finden sich bei älteren
Frauen. Die Tumoren sind immer gutar­
tig, können aber wachsen. Bei einer Größe
von unter 2 cm ist die Wachstumstendenz
offensichtlich sehr gering. Bei einer Grö­
ße von ≥4 cm scheint die Wachstumsge­
schwindigkeit deutlich erhöht [44]. Symp­
tomatisch werden seröse Zystadenome le­
diglich aufgrund ihrer Größe.
Muzinöses Zystadenom
Das muzinöse Zystadenom (MCN) ist
ein makrozystischer Tumor bestehend
aus einer oder mehreren Zysten. Charak­
teristisch sind die Mucinproduktion des
Zystenepithels sowie ein „ovarähnliches“
Stroma. Die Läsion kommt fast nur bei
Frauen um die Menopause vor und ist fast
immer im Pankreaskorpus oder im Pank­
reasschwanz lokalisiert [34]. Eine Verbin­
dung zum Pankreasgang besteht nicht.
Muzinöse Zystadenome sind potenziell
maligne. Bei kurativer Resektion ist das
Rezidivrisiko sehr gering. Etwa 15–20%
der MCN sind definitiv maligne. Sie wer­
den dann als muzinöses Zystadenokarzi­
nom bezeichnet.
Intraduktale papilläre
muzinöse Neoplasie
Unter den mucinproduzierenden Pank­
reastumoren ist zwischenzeitlich die in­
traduktale papilläre muzinöse Neoplasie
(IPMN) als eigenständiges Krankheits­
bild definiert (. Abb. 1 d). Unterschie­
den wird die „Main-Duct“-IPMN und
die „Branch-Duct“-IPMN [34]. Charak­
teristisch für die „Main Duct“-IPMN ist
ein auf über 1 cm erweiterter Pankreas­
hauptgang, der mit hochviskösem Mucin
angefüllt ist. Beweisend für das Vorliegen
einer IPMN ist bei der endoskopisch re­
trograden Cholangiopankreatikographie
(ERCP) der Nachweis von zähflüssigem
Mucin, welches sich aus der stark promi­
nenten Papille ergießt. Betroffen von der
„Main-Duct“-IPMN sind meistens Män­
ner in der 6. und 7. Lebensdekade.
Bei der „Branch-Duct“-IPMN be­
schränkt sich der mucinproduzierende
Tumor auf einen oder mehrere Seitenäste
des Pankreashauptganges. Diese sind zys­
tisch aufgeweitet. Häufig davon betroffen
ist der Processus uncinatus. In seltenen
Fällen gibt es auch multifokale Befunde.
>Die IPMN ist ein potenziell
maligner Tumor
Die IPMN ist ein potenziell maligner Tu­
mor. Die Dignität wird histologisch ein­
geteilt in benigne, borderline und maligne
(nichtinvasiv/invasiv). Die „Main-Duct“IPMN hat mit 70% ein deutlich höheres
Malignitätsrisiko als die isolierte „BranchDuct“-IPMN mit 25%. Das Vorhanden­
sein von klinischen Symptomen, eine Tu­
morgröße von über 3 cm, der Nachweis
von knotigen Veränderungen in der Wand
(„mural nodules“) und eine Aufweitung
des Pankreashauptganges auf über 6 mm
stellen Risikofaktoren für das Vorliegen
einer malignen Entartung dar [41]. Ande­
rerseits weisen bis zu 20% der Patienten
mit einer weitgehend oder völlig asympto­
matischen IPMN im histologischen Prä­
parat ein Carcinoma in situ oder ein in­
vasives Karzinom auf [35]. Bei Operation
im prämalignen Stadium ist eine defini­
tive Heilung erreichbar. Postoperative Re­
zidive sind allerdings auch bei negativem
Schnittrand nicht ungewöhnlich und wei­
sen auf ein multifokales Geschehen oder
eine globale Störung des Pankreasgang­
epithels hin. Bei Vorliegen eines infiltra­
tiv wachsenden Karzinoms ist die Progno­
se mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von
40% nur wenig besser als beim duktalen
Pankreaskarzinom.
Seltene zystische Tumoren
Bei raschem Größenwachstum oder ge­
störter Gefäßversorgung können auch bei
primär soliden Tumoren durch eine zen­
trale Nekrose zystische Bereiche entstehen
[31]. Beschrieben ist dies für neuroendo­
krine Tumoren, das duktale Adenokarzi­
nom und den solid-pseudopapillären Tu­
mor. Typisch ist die Kombination von zys­
tischen und soliden Tumoranteilen. Eine
Abgrenzung von den typischen zystischen
Tumoren ist bildmorphologisch in der Re­
gel nur sehr eingeschränkt möglich.
Kongenitale Pankreaszysten
Grundsätzlich abgegrenzt werden müs­
sen von den zystischen Pankreastumoren
die kongenitalen Pankreaszysten. Sie fin­
den sich gehäuft bei Patienten mit einer
von Hippel-Lindau-Erkrankung, bei Pati­
enten mit polyzystischen Nieren- und Le­
bererkrankungen oder auch bei Vorliegen
einer zystischen Fibrose. Da es sich nicht
um zystische Tumoren handelt, sind diese
Zysten immer benigne und haben in der
Regel keine klinische Relevanz.
Differenzialdiagnose
Nach Ausschluss von kongenitalen Zys­
ten in Folge von Erbkrankheiten (s. oben)
muss zunächst unterschieden werden
zwischen Pankreaspseudozysten und zys­
tischem Pankreastumor. Entscheidend ist
die Anamnese hinsichtlich einer akuten
oder einer chronischen Pankreatitis. Oft
finden sich dann die typischen bildmor­
phologischen Zeichen einer chronischen
Pankreatitis wie Parenchymverkalkungen
und Gangveränderungen. Typischerwei­
se ist die gesamte Drüse bildmorpholo­
gisch verändert. Abzugrenzen davon sind
aber die Patienten, bei denen die Ätiolo­
gie der Pankreatitis ungeklärt ist. Das­
selbe gilt für CT-Befunde, bei denen die
Verkalkungen ausschließlich in der Zys­
tenwand nachweisbar sind und bei de­
Der Chirurg 8 · 2007 | 717
Leitthema
nen das gesamte übrige Pankreasparen­
chym sich völlig normal darstellt. Bei die­
sen Patienten ist die Wahrscheinlichkeit,
dass der zystische Befund nicht eine Pseu­
dozyste, sondern einen zystischen Tumor
darstellt, sehr hoch. Bei der Zystenpunk­
tion ergibt sich bei der Pankreaspseudo­
zyste typischerweise ein hoher Amylase­
wert und ein niedriger bis nicht nachweis­
barer CEA-Wert.
EBei einem signifikanten Anteil
der zystischen Befunde kann aber
letztendlich nicht mit ausreichender
Sicherheit präoperativ zwischen
Pankreaspseudozyste und zystischem
Tumor unterschieden werden [23].
Klarheit darüber ergibt sich dann erst
durch die histologische Untersuchung der
Zystenwand im Rahmen einer ausgedehn­
ten Biopsie oder nach Resektion des Ge­
samtbefundes. Dementsprechend wurden
in einzelnen operativen Serien bis zu 50%
der resezierten zystischen Pankreastumo­
ren primär als Pseudozyste fehldiagnosti­
ziert [34].
Die Unterscheidung zwischen gene­
rell benignen zystischen Tumoren wie
dem serösen Zystadenom und poten­
ziell malignen/definitiv maligne entar­
teten zystischen Tumoren wie dem muzi­
nösen Zystadenom, dem muzinösen Zyst­
adenokarzinom und der IPMN ist häufig
bildmorphologisch nicht mit letzter Si­
cherheit möglich [32]. Es gibt zwar häu­
fig typische Befunde wie das bienenwa­
benartige Bild beim serösen Zystadenom
oder den stark dilatierten Pankreashaupt­
gang bei der „Main-Duct“-IPMN, die ei­
ne weitgehend sichere Diagnose ermögli­
chen. Andererseits gibt es aber sehr häu­
fig überlappende und nicht eindeutige Be­
funde. Hinsichtlich der Differenzialdiag­
nose kann dann die Berücksichtigung der
typischen Alters- und Geschlechtsvertei­
lung sowie der typischen Lokalisation der
verschiedenen zystischen Pankreastumo­
ren hilfreich sein [34]. Ein weiteres, wich­
tiges Unterscheidungsmerkmal zwischen
der IPMN und der MCN ist die Tatsache,
dass die IPMN im Gegensatz zur MCN
immer eine Verbindung zum Pankreas­
gangsystem hat.
Obwohl immer wieder enthusiastische
Bericht über die Möglichkeiten des EUS
718 | Der Chirurg 8 · 2007
publiziert werden, gibt es auch bei diesem
Verfahren einen großen Graubereich bei
der Differenzialdiagnose von zystischen
Pankreastumoren [7]. Die zytologische
Diagnostik der Zystenflüssigkeit nach
EUS-geführter Feinnadelbiopsie ist nur
selten hilfreich. Hinsichtlich der Diagnose
eines mucinproduzierenden Tumors liegt
die Genauigkeit bei nur 54%. Eine bessere
diagnostische Aussagekraft hat die Unter­
suchung der Zystenflüssigkeit auf Amy­
lase und CEA [46]. Hohe Amylasewer­
te weisen auf eine Verbindung der zysti­
schen Läsion zum Pankreasgangsystem
hin. Typisch ist dies bei der Pankreaspseu­
dozyste und bei der IPMN. Hohe CEAWerte sind charakteristisch für mucinpro­
duzierende Tumoren wie die IPMN und
die MCN, niedrige CEA-Werte typisch
für Pseudozysten und das seröse Zystade­
nom. Bei niedrigem CEA-Wert kann al­
lerdings ein mucinproduzierender Tumor
nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen
werden. In der Literatur werden zur Di­
agnose eines mucinproduzierenden Tu­
mors unterschiedliche, mehr oder weni­
ger willkürlich festgelegte Cutt-off-Werte
der CEA-Konzentration in der Zystenflüs­
sigkeit empfohlen. Am häufigsten wird
ein Cutt-off-Wert von 192 ng/ml genannt
[8]. Je höher der Cutt-off-Wert festgelegt
wird, desto mehr steigt verständlicherwei­
se die Spezifität, allerdings mit dann sin­
kender Sensitivität. Wirklich hilfreich bei
der Therapieentscheidung sind letztend­
lich nur sehr hohe oder kaum nachweis­
bare CEA-Werte.
>Die IPMN hat im Gegensatz zur
MCN immer eine Verbindung
zum Pankreasgangsystem
Die Aussagekraft eines PET ist bei zysti­
schen Pankreastumoren noch wenig un­
tersucht. Bei positivem Befund besteht ei­
ne hohe Wahrscheinlichkeit auf eine be­
reits vorhandene maligne Entartung [38].
Die Rate an falsch-negativen Befunden ist
bisher aber noch nicht bekannt. Prämalig­
ne Befunde, die ebenfalls eine Operations­
indikation darstellen, werden durch das
PET nicht erfasst. Der zusätzliche Nutzen
einer PET-Untersuchung bei zystischen
Inzidentalomen hinsichtlich der OP-In­
dikation ist demnach fragwürdig.
Operationsindikation und
Radikalität der Operation
Pankreaszysten/zystische Tumoren mit
einem Durchmesser unter 2 cm, die kei­
ne Symptome verursachen, keine Septen,
keine knotigen soliden Veränderungen in
der Wand und kein Kontrastmittelenhan­
cement in der Schnittbildgebung aufwei­
sen, haben ein extrem geringes Risiko der
malignen Entartung. Sie können ohne Ri­
siko beobachtet und kontrolliert werden
[14]. Das schließt aber nicht aus, dass es
sich um prämaligne Befunde handelt,
die im weiteren Verlauf operationspflich­
tig werden [11]. Bei Vorliegen von Symp­
tomen und Risikofaktoren in der Schnitt­
bildgebung (s. oben) können allerdings
auch solch kleine Befunde bereits eine
Operationsindikation darstellen.
Seröse Zystadenome sind immer be­
nigne und stellen per se keine Operati­
onsindikation dar. Da sie ab einer Größe
von 4 cm aber eine erhöhte Wachstums­
tendenz aufweisen und damit zunehmend
mechanische Probleme verursachen kön­
nen, kann bei Patienten mit längerer Le­
benserwartung und geringem Operati­
onsrisiko eine Resektion erwogen wer­
den [44].
>Mucinproduzierende Tumoren
können generell als prämaligne
angesehen werden
Mucinproduzierende Tumoren können
generell als prämaligne angesehen wer­
den. In Abhängigkeit vom Allgemeinzu­
stand und den Begleiterkrankungen des
Patienten besteht demnach eine grund­
sätzliche Operationsindikation. Von Be­
deutung für die Operationsindikation
und Operationstaktik sind die Größe des
Befundes, die Frage, ob Symptome beste­
hen und das Vorliegen von malignitäts­
verdächtigen Befunden in der Schnittbild­
gebung. Bereits das Vorliegen von Symp­
tomen erhöht die Wahrscheinlichkeit ei­
ner malignen Entartung bei zystischen
Pankreastumoren von 23% auf 66% [39].
Bei der IPMN gibt es aktuelle Leit­
linien einer Konsensuskonferenz [41].
Demnach stellt eine „Main-Duct“-IPMN
eine grundsätzliche Operationsindikation
dar. Bei der „Branch-Duct“-IPMN mit ei­
ner Größe unter 1 cm kann zunächst zu­
gewartet werden. Bei einer Größe von 1–
3 cm kann bei fehlenden Risikofaktoren,
d. h. fehlender klinischer Symptomatik,
Pankreasgang <6 mm, keine knotigen
Befunde in der Wand („mural nodules“)
ebenfalls zugewartet werden. Bei Tumo­
ren mit einer Größe von über 3 cm bzw.
bei einer Größe von 1–3 cm und Vorlie­
gen der erwähnten Risikofaktoren sollte
die Resektion erfolgen.
Falls beim serösen Zystadenom die
Operationsindikation gestellt wird, kann
die Operation eingeschränkt radikal erfol­
gen. Falls technisch möglich genügt eine
Enukleation. Eingeschränkt radikale Ver­
fahren wie eine zentrale Pankreasresekti­
on, eine milzerhaltende Pankreaslinksre­
sektion oder eine duodenumerhaltende
Pankreaskopfresektion sind möglich. Zu
bedenken ist allerdings, dass insbesonde­
re bei lokaler Enukleation die Häufigkeit
von postoperativen Pankreasfisteln deut­
lich erhöht ist.
Prämaligne Tumoren, d. h. alle mucin­
produzierenden zystischen Tumoren und
zystische Tumoren unklarer Dignität soll­
ten radikal reseziert werden [18]. Je nach
Lokalisation ist die onkologische Pankre­
askopfresektion bzw. Pankreaslinksresek­
tion indiziert. Der Nutzen einer Lymph­
adenektomie ist umstritten, da maligne
entartete zystische Pankreastumoren im
Gegensatz zum duktalen Pankreaskarzi­
nom sehr selten lymphogen metastasie­
ren. Bei kleinen, exzentrisch gelegenen
muzinösen Zystadenomen wird gelegent­
lich auch die Enukleation empfohlen [39].
Vorteil ist das geringere Ausmaß der Ope­
ration, der Erhalt von gesundem Pankre­
asparenchym und die Möglichkeit, den
Eingriff laparoskopisch durchführen zu
können. Eine solche Entscheidung muss
immer abhängig gemacht werden vom in­
dividuellen Risiko einer bereits vorhande­
nen malignen Entartung (s. oben). Zu be­
denken ist ferner, dass mit allen derzeit zur
Verfügung stehenden Untersuchungsver­
fahren eine maligne Entartung nicht mit
ausreichender Sicherheit ausgeschlossen
werden kann, dass die definitive Festle­
gung, ob eine maligne Entartung vorliegt,
auch im Schnellschnitt häufig nicht mög­
lich ist und dass damit immer das Risiko
besteht, einen malignen Tumor intraope­
rativ eröffnet bzw. onkologisch nicht aus­
reichend reseziert zu haben. Ob ein prä­
operativ negativer PET-Befund dieses Ri­
siko deutlich reduziert, ist noch unklar.
Während die Indikation zur Opera­
tion bei der IPMN seit kurzem gut defi­
niert ist, steht das Ausmaß der Resektion
weiterhin zur Debatte [35, 41]. Von vielen
wird vor allem bei der „Main-Duct“-IP­
MN die klassische onkologische Pankre­
askopf- bzw. Pankreaslinksresektion un­
ter Berücksichtigung des Schnellschnitt­
ergebnisses empfohlen. Bei der „BranchDuct“-IPMN werden dagegen häufig ein­
geschränkte Resektionsverfahren ange­
wandt. Andererseits wird bei multifoka­
len Befunden z. T. auch die Indikation zur
totalen Pankreatektomie gesehen. Klare
Entscheidungskriterien für den Einzelfall
müssen erst erarbeitet werden.
Fazit für die Praxis
Inzidentalome im Pankreas werden zunehmend häufiger diagnostiziert. Bei soliden Inzidentalomen ist wegen des hohen Malignitätsrisikos die Operationsindikation sehr weit zu stellen. Das gilt
auch für Tumoren mit einem Durchmesser von ≤1 cm. Von Bedeutung ist dabei
die katastrophale Prognose von größeren duktalen Pankreaskarzinomen.
Bei zystischen, inzidentell entdeckten
Pankreasprozessen sollten zunächst so
weit als möglich kongenitale Zysten und
Pseudozysten ausgeschlossen werden.
Bei Verdacht auf einen zystischen Pankreastumor kann bei einer Tumorgröße
von ≤2 cm zugewartet werden. Zu bedenken ist allerdings, dass bei 50% dieser kleinen Tumoren ein prämaligner Zustand vorliegt und dass sie bei Wachstumstendenz unbedingt reseziert werden müssen [11]. Eine zuverlässige Überwachung der Patienten ist deswegen
absolut notwendig. Dementsprechend
kann auch bei jüngeren Patienten ohne spezielles Risiko und dringendem Verdacht auf einen mucinproduzierenden
Tumor durchaus auch die Operationsindikation bei Tumoren ≤2 cm gestellt werden. Gleiches gilt auch für Patienten mit
„Main-Duct“-IPMN und bei Patienten
mit „Branch-Duct“-IPMN und entsprechenden Risikofaktoren.
Da bei Patienten mit einem Inzidentalom im Falle einer Operation häufig prämaligne oder gar vollständig benigne Tu-
Leitthema
moren entfernt werden, muss das Operationsrisiko so gering wie möglich gehalten werden. Das gilt speziell für die postoperative Mortalität nach Pankreaskopfresektion. Diese liegt in Pankreaszentren
heutzutage bei deutlich unter 5% [1, 9].
Zu bedenken ist, dass formale Pankreasresektionen bei kleinen Tumoren nicht
einfacher, sondern wegen des in der Regel völlig unveränderten und sehr weichen Pankreasparenchyms eher schwierig sind [17, 47]. Inzidentalome im Pankreas sind relativ selten. Ihre Differenzialdiagnose ist schwierig. Patienten mit
derartigen Befunden sollten deswegen
in Zentren mit entsprechender Erfahrung
behandelt werden. Nur dort kann eine
nach unserem derzeitigen Wissen sinnvolle Entscheidung hinsichtlich Zuwartens bzw. Operation getroffen werden.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Dr. h.c. U. Hopt
Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie,
Chirurgische Universitätsklinik,
Hugstetter Straße 55, 79106 Freiburg
[email protected]
Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor
gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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