„Sozialpsychologie des Unterrichts“ – Blockseminar Dozentin: J. Zimmermann Magdalena Zeiler SoSe 2007 „Soziale Aspekte des Lehrens und Lernens“ 1. Text: „Die Bedeutung von Modellen: Die sozial-kognitive Lerntheorie“ Gisela Steins (2005) Die sozial-kognitive Lerntheorie von BANDURA ● man lernt durch Imitation ● Bandura unterscheidet zwischen lernen (= Speicherung wahrgenommener Reize und Reizfolgen im Langzeitgedächtnis) und ausführen ● nicht nur Lernen bestimmt menschliches Verhalten, sondern auch andere Variablen bspw. Motivation Lernen ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Verhalten ● Vier Teilprozesse des Lernens nach Bandura Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Verhalten, Motivation ● Einflussgröße der Motivation: Selbstwirksamkeit ● Modelllernen: Lernen erfolgt auch über vermittelnde Prozesse durch Beobachtung und Imitation von Verhalten der Modelle der Umwelt wird gelernt ● Modelle können leibhaftiger (Personen) und symbolischer (Medien) Natur sein ● Modelle werden imitiert in Abhängigkeit von den beobachteten Kontingenzen zwischen Verhalten des Modells und daraus resultierenden Konsequenzen für es Die Anwendung auf den schulischen Alltag ● Lehrerinnen und Lehrer als Modelle: - gute Modelle, wenn: kann die Aufmerksamkeit der Schüler lenken; individuell angemessene Lernstrategien für Schüler einführen, schafft es Schüler intrinsisch zu motivieren, kennt Effizienzerwartungen der Schüler, versucht diese positiv zu beeinflussen, demonstriert, dass ihr ihr Fach Spaß macht - Nachteil: Lehrpersonen fungieren nicht wie Peers als vergleichbare Modelle ● Selbstwirksamkeit im Schulalltag bei Lehrpersonen - wenn Lehrperson sich durch eigene Überzeugung auch in schwierigen Situationen um konstruktive Lösungen und Einfälle bemüht gutes Modell für Schüler ● Peers als Modelle: - Einfluss der Peers ist relevant - Untersuchungen zeigen: Schüler lernen am besten, wenn sie einen gleichgeschlechtlichen erfolgreichen Peer beobachtet haben Vermutung: Identifikation mit uns ähnlichen Personen fällt leichter und intensiver bilden bei deren Beobachtungen höhere Effizienzerwartungen heraus - wichtig: stimmige Lernumgebung führt zu besseren Leistungen und sozial angemessenerem Verhalten 1 2. Text: „Entscheidung und Leistung in Gruppen“ Hans-Werner Bierhoff (2006) Gruppenformen und ihre Merkmale Kleingruppen ( 3-20 Mitglieder): ● sind Mitglieder von einander abhängig -Mitglieder durch einen sozialen Austausch verbunden dieser zielt auf das Erreichen positiver Konsequenzen -innerhalb der Gruppe entsteht ein Wir-Gefühl dieses steht in Kontrast zu einer gewissen Distanz gegenüber Außengruppen ● Man unterscheidet zwischen zwei Gruppenformen: 1. formelle Gruppen haben länger Bestand, Mitglieder übernehmen bestimmte Funktionen, bearbeiten vorgegebenen Aufgaben, eine Person übt Leistungsfunktion aus, ist durch Normen strukturiert 2. informelle Gruppen bilden sich spontan um bestimmte Bedürfnisse ihrer Mitglieder zu befriedigen ( Sicherheit, Steigerung des Selbstwertgefühls, Informationsaustausch, Erwerb von Wissen, erreichen bestimmter Ziele weiter differenzierte Gruppenformen: Projektgruppe, Selbsthilfegruppen Gruppensozialisation und Gruppenkohäsion ● Gruppensozialisation: Prozess der Entwicklung der Gruppenmitgliedschaft ist gekennzeichnet durch verschiedene Phasen: 1. Suche nach der passenden Gruppe 2. psychologische Annäherung neuer Mitglieder an die Gruppe 3. gegenseitige Akzeptanz und Rollenverteilung in der Gruppe 4. Divergenzen in der Gruppe 5. evtl. Auflösung oder Verlassen der Gruppe ● in Gruppen besteht ein Druck in Richtung auf Meinungskonformität funktionalistisches Modell des sozialen Einflusses ● Gruppenkohäsion (= hohe Ausprägung des Zusammenhalts, Bindung an die Gruppe) für Aufrechterhaltung der Gruppenmitgliedschaft wichtig Gruppenkohäsion beruht auf verschiedenen Faktoren: - Bestehen von äußeren Bedrohungen - Kleine und exklusive Gruppen im Unterschied zu großen Gruppen - Erfolge - Befriedigende Rollenverteilung besteht - Hohes Maß an gemeinsam verbrachter Zeit ● Gruppenkohäsion beruht auf interpersoneller (=persönliches Mögen) und sozialer (=positive Einstellung gegenüber Mitgliedern der Binnengruppe, die depersonalisiert ist) Attraktion Partizipation und Entscheidungsautonomie Partizipation: gemeinsame Entscheidung unter den Beteiligten, die unter Einbeziehung von Vorgesetzen und Mitarbeitern erfolgt Partizipativer Führungsstil 2 Studien zeigen insgesamt einen positiven Effekt der partizipativen Entscheidungsfindung Delegative Führung Vorgesetzter gibt bestimmte Verantwortlichkeiten an Mitarbeiter ab Verteilung der Arbeit in einer Hierarchie durch Aufteilung der Verantwortung auf unterschiedliche Entscheidungsebenen gekennzeichnet ● wenn sich Gruppenmitglieder an Entscheidungen innerhalb der Gruppe aktiv beteiligen dürfen, steigt ihr Engagement für die Gruppe faire Berücksichtigung der Interessen von Unternehmern und Mitarbeitern ist wichtige Voraussetzung für Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter und Erfolg des Unternehmens Gruppenentscheidungen ● Gruppendiskussion führt dazu, dass die ursprüngliche Tendenz der individuellen Meinung verstärkt wird ● Gruppenentscheidungen unterliegen einer Polarisation (= extremere Stellungnahme im Vergleich zu dem Standpunkt, der anfangs von der Mehrheit der Mitglieder bevorzugt wird) Richtung der Polarisation ist davon abhängig, welche Meinung unter den Teilnehmern von Anfang an überwiegt Gruppendenken: Wenn Entscheidungen in ein Fiasko führen ● Gruppendenken: Ein Entscheidungsprozess, bei dem das Streben nach Einmütigkeit den Wunsch der rationalen Entscheidungsfindung übertrifft kann in Krisensituationen zu Fehlentscheidungen führen (hängt mit autoritärer Führung, nicht vorhandenen methodischen Regeln zur Entscheidungsfindung und hoher Homogenität der Gruppenmitglieder zusammen Gegenmaßnahmen minimieren die Gefahr von Fehlentscheidungen) - individuelle Fähigkeit schützt nicht vor den Auswirkungen des Gruppendenkens ● Gruppendenken wird intensiviert, wenn die Gruppe unter Stress gerät, wenn ein hoher Erfolgsdruck vorliegt Symptome des Gruppendenkens: - Selbstüberschätzung der Gruppe - Dogmatismus des Denkens - Uniformitätsdruck Strategie zur Reduktion des Gruppendenkens: Eine Person übernimmt die Rolle eines Kritikers so können alternative Positionen hinreichend in die Diskussion mit einbezogen werden Konsultation unabhängiger Experten Gruppe in Subgruppen unterteilen Gruppenarbeit: Wie sich die Chancen nutzen lassen 3 ● unterschiedliches Wissen von Mitgliedern kann in Gruppen zu Lösung komplexer Aufgaben sinnvoll genutzt werden Problem: es wird dann eher gemeinsames Wissen besprochen, als nicht-gemeinsames Wissen ausgetauscht ● teilautonome Arbeitsgruppe (= eine kleine Gruppe von Mitarbeitern, denen die Erstellung eines kompletten (Teil-)Produktes oder einer Dienstleistung mehr oder weniger verantwortlich übertragen wurden) ermöglicht Selbststeuerung und Selbstkontrolle der Arbeit durch die Gruppenmitglieder ● Autonomie bezieht sich auf: 1. Erweiterung der Tätigkeiten des einzelnen Mitglieds 2. Erweiterung der Entscheidungsbefugnisse der Gruppe ● Gruppen sind eine Quelle für zusätzliche Motivation der Mitglieder Motivationsgewinne in Gruppen beruhen auf: sozialer Aktivierung, Vorbild der Leistungsstarken für Leistungsschwache, sozialer Kompensation, Gruppenidentifikation Nachteile von Gruppenarbeit: Auftreten sozialer Bewertungsangst, Trittbrettfahren ● um mit Gruppenarbeit Erfolg zu erzielen muss - diese Form der Arbeit in einer Übergangsphase vorbereitet und eingeführt werden Gruppenarbeit als Investition in die Zukunft - die Mitsprache der Mitarbeiter bei wichtigen Fragen der Organisation der Arbeit verbunden mit einer partizipativen Führung gewährleistet sein 3. Text: „Erziehungseinflüsse“ Wolfgang Schnotz (2006) ● Erziehung: gezielte soziale Beeinflussung der motivationalen und kognitivaffektiven Aspekte der Persönlichkeit des Individuums durch Eltern und andere Erziehungsagenten ● Zielgruppen der Erziehungsziele von Eltern: soziale Anpassung, Autonomie, prosoziales Verhalten, seelische Gesundheit ● Erziehungsziele: - sind Teil der gesellschaftlichen Normen - unterliegen dem historischen Wandel - unterscheiden sich je nach soziokulturellem Milieu ● Erziehungsmittel: Maßnahmen zur Einwirkung auf die Persönlichkeit eines Individuums ● Grenze: potentieller Gegenstand von Verhandlungen zwischen Individuum und Erzieher, wobei Grenzverlauf und Sanktionen im Falle einer Überschreitung kooperativ festgelegt und verbindlich vereinbart werden können 4 ● Erziehungsstile: Häufig auftretende Muster des Erziehungsverhaltens hinsichtlich des Einsatzes von Erziehungsmitteln; man unterscheidet: - autoritärer Stil hohes Maß an Lenkung, zu enge Grenzzeihung, restriktive Atmosphäre - demokratischer bzw. autoritativer Stil mittleres Maß an Lenkung, adäquate Grenzziehung, positive Atmosphäre - Laissez-faire-Stil geringes Maß an Lenkung, zu weite Grenzziehung, negative Atmosphäre kann permissiv-nachgiebig oder vernachlässigend sein ● Stile lassen sich auf unterschiedliche Ausprägungen zweier Grunddimensionen („Grad der Lenkung“ und „ emotionale Wärme/Kälte“) zurückführen ● Je nach Auftreten der Häufigkeit von Verstärkung und Bestrafung wird unterschieden zwischen: gebotsorientierter und verbotsorientierter Erziehung ● das Kind als seelisch gesunde Persönlichkeit - kann sich sozial anpassen - kann sich autonom verhalten - kann sich prosozial verhalten günstig für diese Entwicklung ist ein positives Erziehungsklima ( hier erfahren Kinder Wertschätzung, einfühlendes Verstehen, Echtheit und es wird nur ein mittleres Maß an Lenkung praktiziert) ● soziale Anpassung: durch klare und nachvollziehbare Setzung von Grenzen die soziale Anpassung von Kindern fördern ● Autonomie: günstige Anregungen für den Kompetenzerwerb schaffen; Handlungsspielraum zur Entfaltung eigenständiger Aktivitäten schaffen, Toleranz gegenüber auftretenden Fehlern ● prosoziales Verhalten: Voraussetzung: Fähigkeit sich in andere Menschen einzufühlen und Übernahme ihrer Perspektiven ● Moralische Erziehung: dem Individuum werden die kognitiven, affektiven und motivationalen Voraussetzungen für ein Handeln vermittelt, das mit dem geltenden Wertesystem übereinstimmt das als moralisch „gut“ anerkannt wird ● 3 Hauptstufen moralischen Denkens: präkonventionelle Stufe, konventionelle Stufe, postkonventionelle Stufe ● weitere Voraussetzungen für moralisches Handeln: moralische Sensitivität (=Fähigkeit zu erkennen, dass man sich in einer Situation befindet, in der Entscheidungen das Wohlergehen anderer beeinflussen) moralische Motivation (= Bereitschaft, entsprechend einem moralischen Urteil zu handeln und diese Handlungsweise aufrecht zu erhalten) voraus ● indirekte moralische Erziehung: Individuum wird unterstützt über sein eigenes Wertesystem zu reflektieren ● direkte moralische Erziehung: es wird versucht dem Individuum durch Modelllernen und Anregungen zum eigenen Handeln unmittelbar bestimmte Werte zu vermitteln 5 beide Formen können kombiniert werden 6