Theorien internationaler Institutionen I. Auftakt 28.4.2006: Global Governance, Institutionen und die Frage der Legitimation 5.5.06: Situative Kooperationschancen und ihre Grenzen II. Verhandlungen 12.5.05: Doppelsitzung Kollektive Entscheidungen durch Verhandlungen (Bargaining) Verständigungsorientierte Kommunikation im Rahmen von Verhandlungen III. Internationale Institutionen als Entscheidungsapparate 19.5.06: Spontane vs. verhandelte Institutionen 26.5.06: Fällt aus (Tag nach Himmelfahrt) 2.6.06: Die Strukturierung des Verhandlungsraums und Festlegung von Entscheidungsregeln 9.6.06: Delegation, sekundäre Entscheidungen und die Ausdifferenzierung von Entscheidungsprozessen 16.6.06: Pfadabhängigkeit durch internationale Institutionen IV. Die transnationale Komponente 23.6.06: Mehrebenensituationen 30.6.06: Nicht-staatliche Akteure in internationalen Institutionen V. Aktuelle Aspekte des Regierens durch internationale Institutionen 7.7.06: Verrechtlichung der internationalen Beziehungen 14.7.06: Wechselwirkung zwischen internationalen Institutionen 21.7.06: Private Governance 28.7.06: Klausur I. Global Governance, Institutionen und die Frage der Legitimität. 1. Global Governance Suche nach dem Ort und den Zusammenhängen „des Politischen“ jenseits des Nationalstaates empirische Beobachtung: das politische System des Nationalstaates o verliert Steuerungskapazität o wird durch Steuerungsaktivitäten jenseits des Nationalstaates beeinflußt implizit zugrunde liegende Vorstellung von Politik als o Gegenstück zur Marktkoordination o Gegenstück zur machtbasierten Koord. o „zivilisierter“ Austrag von Konflikten o organisiert, aber nicht zentralisiert (keine Weltregierung) zentrale Fragen o Wer ist beteiligt (Staaten, substaatliche Einheiten [z.B. Gerichte, Ämter, Ministerien], NGOs, Firmen?) o In welcher Rolle jeweils ? o in welchem institutionellen Rahmen (polity) o Wie sehen die Machtverteilung und der Prozeß aus (politics) o welche Politikergebnisse entstehen ? o Wie legitim sind diese ? Übergreifende Beobachtungen Ausdifferenzierung der Global GovernanceStrukturen (mehr Akteure, Prozesse, Einflußbeziehungen) Internationale Institutionen (und EU) spielen eine zentrale Rolle o aber nicht mehr auf Staaten beschränkt Staaten und ihre nat. politischen Systeme sind nach wie vor von zentraler Bedeutung für die Politikgestaltung in der globalisierten Welt Legitimationskrise internationaler Institutionen Zahl der internat. Institutionen nimmt dramatisch zu Obwohl die Mitgliedstaaten die formalen Adressaten sind, nehmen sie zunehmend Einfluß auf gesellschaftliche Akteure (Umwelt, Menschenrechte, Wirtschaft) => Bedarf für einen gewissen Grad an Autonomie von den Staaten (durch Supranationalisierung, Verrechtlichung) ?? Kampagnenfähigkeit internationaler NGOs Öffnung von Internat. Institutionen für NGOs und Einrichtung von Accountability-Arrangements zunehmende Schwierigkeiten, internat. Regulierung gegen Widerstand von NGOs du gesellschaftlichen Kräften durchzusetzen wachsende Fähigkeit, eigene Anliegen international kooperationsfähig zu machen 2. Einige konzeptuelle Ansätze zur Analyse internationaler Institutionen a. kooperationstheoretischer Mainstream Ausgangsfrage: Unter welchen Bedingungen kann Koop. gelingen ? o Koop. = Anpassung individueller Verhaltensweisen kooperationstheoretisches Analyseinstrumentarium (insbes. Spieltheorie) => Struktur der jeweiligen Situation bestimmt Kooperationsmöglichkeiten => Es gibt Situationen, in denen institutionalisierte Kooperation möglich und vorteilhaft ist Annahmen: o Staaten als zentrale Akteure o kennen ihre Interessen o handeln einheitlich und nutzenmaximierend Folgen: o Kooperation in Pareto-suboptimalen Situationen möglich (einige [alle] Akteure können besser gestellt werden, ohne einen einzigen schlechter zu stellen) o Implizit: Verteilung von Kooperationsgewinnen spielt keine Rolle, solange die Pareto-Bedingung eingehalten wird o Implizit: Problemfelder werden unabhängig voneinander behandelt => funktionale Regimetheorie b. Neo-realistischer Theorieansatz Zentraler Ausgangspunkt: 'Anarchie des internat. Systems bestimmt nicht nur das Handeln der Staaten, sondern gefährdet auch ihre Existenz o Staaten können Verträge und Zusagen brechen o Interessen mit Gewalt durchsetzen o keine durchsetzungsfähige Instanz, an die Opfer sich wenden können Annahmen des Neorealismus o Staaten sind die zentralen Akteure o besonders wichtig: die großen Staaten o Staaten handeln rational (an ihren Interessen im internat. System orientiert) einheitlich ('mit einer Stimme') Folgen: o Staaten orientieren ihr Handeln an der Struktur des internat. Systems und ihrer jeweiligen Position darin o Staaten haben Interessenhierarchie: Sicherheit zuerst o sind bestrebt, ihre Macht relativ zu anderen Staaten zu maximieren Auswirkungen für die Institutionenkonzeption: o generelle Institutionenskepsis, aber: o Theorie hegemonialer Stabilität Regime bedürfen der Stützung durch einen starken Akteur (z.B. GATT, IWF, ursprüngliche Seerechtsordnung) aber: viele Regime (z.B. in Europa) kommen ohne einen Hegemon aus o Maximierung des relativen Nutzens Akteure sind nicht mit absoluten Kooperationsgewinnen zufrieden Verluste der relativen Machtposition werden stark berücksichtigt Es wird um Verteilung gerungen Nicht PD, sondern Koordinationsspiel mit Verteilungskonflikt Institutionen sind relevant, wenn und insoweit wie sie durch mächtige Akteure gestützt werden c. 'Kognitivistischer Theorieansatz Zentraler Ausgangspunkt: Die Welt ist komplex und tatsächlich existierende Akteure können ihre Präferenzen gar nicht vollständig kennen, z.B. o Unsicherheit über die Rahmenbedingungen des Handelns ("wie ernst ist der Klimawandel"?) o Unsicherheit über Lösungsansätze ("welche Auswirkungen haben unterschiedliche Lösungsansätze und welcher führt am besten ans Ziel"?) Implizite Annahmen: o Selbst wenn Akteure versuchen, ihren Nutzen zu maximieren, stoßen sie dabei auf Schwierigkeiten Folgen: o Präferenzen sind nicht stabil, sondern durch Institutionen beeinflußt o Bedeutung nicht-staatlicher Akteure (z.B. 'epistemic communities') f. Koop. o Bedeutung von Kommunikation und 'Ideen' d. 'Gemäßigter' Konstruktivismus Ausgangspunkt: Vermutung, daß Institutionen und internationale 'Gesellschaft' die Identität von Staaten (nat. Gesellschaften) verändern können o z.B. Veränderung der 'Identität' Deutschlands durch europ. Integration o Veränderung des polit. Systems Indonesiens unter dem Einfluß der internat. Menschenrechtsordnung => Suche nach Internalisierungsmechanismen Akteure folgen einer ‚logic of appropriateness’ Institutionen sind relevant, indem sie Akteure orientieren und ihre Präferenzen verändern