Predigt von Pfr. Ralf Krust – Hardtheim-Höpfingen am 20. Januar 2008 // Sonntag Septuagesimae Thema: Gott auf der Anklagebank Text: Römer 9, 14-24 Bedeutet das etwa, dass Gott ungerecht ist? Auf keinen Fall. Denn Gott hat einmal zu Mose gesagt: „Ich erweise meine Güte, wem ich will. Und über wen ich mich erbarmen will, über den werde ich mich erbarmen.“ Entscheidend ist also nicht, wie sehr sich jemand anstrengt und müht, sondern dass Gott sich über ihn erbarmt. Wie erging es dem Pharao, dem König Ägyptens, der sich gegen Gottes Befehle auflehnte? Zu ihm sagte Gott: „Ich habe dich als König über Ägypten eingesetzt, damit an deinem Ungehorsam meine Macht allen sichtbar und dadurch der ganzen Welt mein Name bekannt wird.“ Gott schenkt also seine Barmherzigkeit, wem er will, aber er macht Menschen auch hart und gleichgültig, wenn er es will. Sicher werdet ihr mich jetzt fragen: „Wie kann Gott dann noch von unserer Schuld sprechen? Wer kann denn etwas gegen Gottes Willen unternehmen?“ Darauf kann ich nur antworten: Wer seid ihr denn eigentlich, ihr Menschen, dass ihr meint, Gott zur Rechenschaft ziehen zu können? Glaubt ihr wirklich, dass sich der Schöpfer vor seinen Geschöpfen verantworten muss? Schließlich kann auch ein Töpfer aus einem Klumpen Lehm ein wertvolles oder ein gewöhnliches Gefäß formen. Genauso wollte Gott an den Ägyptern seinen Zorn und seine Macht sichtbar werden lassen. Und obwohl sie ihrem Untergang nicht entgehen konnten, hat er große Geduld mit ihnen gehabt. An den Israeliten, die an seiner Herrlichkeit teilhaben sollen, wollte er dagegen seine Barmherzigkeit besonders beweisen. Wörtlich: An den Gefäßen der Barmherzigkeit. Zu ihnen gehören auch wir. Und er hat uns nicht nur aus dem jüdischen Volk, sondern aus allen Völkern berufen. Liebe Gemeinde, Sonntagmorgen in einer Familie: Ein Bruder packt die Fußballausrüstung zusammen und ab geht’s auf den Sportplatz. Der andere Bruder schwingt sich aufs Fahrrad um fit zu bleiben und macht eine Radtour. Die Eltern von den Beiden sind schon früh zu einer Wanderung aufgebrochen. Der dritte Bruder geht in die Kirche zum Gottesdienst und hält dort den Kindergottesdienst. Du mit Deinem religiösen Tick spotten die Brüder. Aber der dritte Bruder weiß: es ist allein Gottes Gnade, dass ich an Gott glauben darf und die anderen ohne Gott leben und dann auch ewig ohne Gott leben werden. Und er betet für sie, dass sie auch noch den Weg finden und gerettet werden. Für menschliche Ohren, für menschliches Denken und für menschliches Gerechtigkeitsempfinden sind diese Aussagen sehr anstößig, ja skandalös. Und da drängt sich die Frage geradezu auf: „Bedeutet das etwa, dass Gott ungerecht ist?“ (Vers 14a). Und so gibt es bis heute viele Menschen, die finden, dass Gott ungerecht ist: Warum lässt Gott all die Kriege und das Leid in der Welt zu? Oder: Ich hab doch meinen eigenen Glauben, ich brauche Jesus, die Bibel und die Kirche nicht. Warum sagen mir dann die Christen, dass ich ewig verloren gehe. Oder Menschen, die an Jesus Christus glauben, geht es schlechter als anderen die ein gottloses Leben führen und diese fragen: „Warum Gott?“ Die Frage, ob Gott ungerecht ist, setzt voraus, dass wir wissen oder zu wissen meinen, was Gerechtigkeit ist. Aber ist das wirklich so, hören wir darauf, wie Paulus die Gerechtigkeit Gottes erklärt: (Vers 14) Bedeutet das etwa, dass Gott ungerecht ist? Auf keinen Fall. (Vers 15) Denn Gott hat einmal zu Mose gesagt: „Ich erweise meine Güte, wem ich will. Und über wen ich mich erbarmen will, über den werde ich mich erbarmen.“ (Vers 16) „Entscheidend ist also nicht, wie sehr sich jemand anstrengt und müht, sondern dass Gott sich über ihn erbarmt.“ Es liegt also nicht an uns, zu bestimmen, was Gerechtigkeit ist. Es liegt an Gott. er hat die Welt geschaffen. Er hat uns Menschen geschaffen. Und damit hat er auch geschaffen, was gerecht ist. Nach menschlichen Maßstäben ist Gottes Gerechtigkeit anzweifelbar. Nur hat unsere Vorstellung von Gerechtigkeit wenig mit Gottes Gerechtigkeit zu tun. Gott zeigt, was wirkliche Gerechtigkeit ist. Eine Sache an der unsere Zeit krankt ist, dass jeder zu wissen meint, was richtig und gerecht ist und danach „seine“ Gerechtigkeit aufstellt und jeder seine eigenen Gesetze macht. Gerechtigkeit ist aber keine Sache über die wir diskutieren können. Gerechtigkeit ist vorgegeben, z.B. in den zehn Geboten und die Frage ist, wie ich mich zu dieser Gerechtigkeit stelle. Die Sache spitzt sich sogar noch mehr zu: es liegt nicht einmal daran, dass wir wollen oder die halbe Welt auf die Beine stellen. Dass jemand an Gott glauben, dass er nach seinen Geboten leben, dass er die Vergebung der Sünden durch Jesus Christus erlangen kann, liegt ganz allein an Gottes Erbarmen. Das widerspricht unseren menschlichen Gerechtigkeitsvorstellungen und unseren Leistungs- und Verdienstmaßstäben. Sie gelten bei Gott nichts. Der Mensch strebt und müht sich viel ab, aber allein Gottes Erbarmen rettet ihn. Das ist doch ungerecht da kann ich gar nichts machen, dann bin ich allein auf Gottes Erbarmen angewiesen. Was ist, wenn er sich nicht erbarmt? Hier ist sogar von einem Beispiel die Rede, wo Gott sich nicht erbarmt hat, wo Gott den Pharao, den ägyptischen König ins offene Messer laufen ließ. (Vers 17) „Wie erging es dem Pharao, dem König Ägyptens, der sich gegen Gottes Befehle auflehnte? Zu ihm sagte Gott: «Ich habe dich als König über Ägypten eingesetzt, damit an deinem Ungehorsam meine Macht allen sichtbar und dadurch der ganzen Welt mein Name bekannt wird.» (Vers 18) „Gott schenkt also seine Barmherzigkeit, wem er will, aber er macht Menschen auch hart und gleichgültig, wenn er es will.“ Wörtlich heißt es hier: „Gott verstockte das Herz des Pharao.“ Es sind also nicht menschliche Vorstellungen und Gedanken, die die Geschichte und dein Leben beeinflussen, sondern es ist Gottes Plan. Es liegt also alles an Gottes Plan. Seinen Plan hat Gott deutlich zum Ausdruck gebracht: „Gott will, dass allen Menschen geholfen werde, dass sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ Gott will sich über alle erbarmen. neben der Gerechtigkeit Gottes steht die Liebe Gottes. Die Gerechtigkeit Gottes sagt: du bist auf ewig verdammt und verloren. Die Liebe Gottes sagt: ich will dich retten. Unter der Gerechtigkeit Gottes stehen alle Menschen, sie werden sich im Gericht vor Gott verantworten müssen. Glücklich kann sich der Mensch schätzen, der die Liebe Gottes in Jesus Christus angenommen hat. Diese Liebe Gottes nimmt die Gerechtigkeit Gottes ernst: die Strafe, die er an dir vollstrecken müsst, nämlich den Tod, hat er an Jesus Christus vollstreckt. Und ich mache immer wieder die Beobachtung: „Nicht alle Menschen wollen sich helfen lassen.“ Das sehen wir an der Geschichte vom Pharao: Der Pharao wurde göttlich verehrt. Es war die Auseinandersetzung: „Wer ist wirklich Gott?“ Der Pharao hielt an seinem göttlichen Anspruch fest: „Er verstockte sein Herz“, setze alle seine Kraft gegen Gott ein. „Die ägyptischen Zauberer konnten auch ...“ Er beugte sich nicht vor dem machtvollen Gottes Handeln: „Sein Herz wurde verstockt.“ Auch die letzte Warnung, der Tod aller ältesten Söhne half ihm nichts, war ihm nicht Umkehr. Er ersoff mit Mann und Maus und Wagen im Roten Meer. Aber auch er hatte seinen Platz in Gottes Plan: „damit an deinem Ungehorsam meine Macht allen sichtbar und dadurch der ganzen Welt mein Name bekannt wird.“ Halten auch wir an unserem göttlichen Anspruch fest und meinen selbst zu wissen, was gut und gerecht ist. Oder beugen wir uns unter die Gerechtigkeit Gottes. So oder so haben wir unseren Platz in Gottes Plan. An dieser Geschichte wird auch deutlich, dass Verstockung eine höchst aktive Sache ist. Gott verstockte das Herz heißt, aber auch der Pharao verstockte sein Herz. Er wollt nicht. Das griechische Wort „Verstockung“ können wir am Begriff der Verkalkung deutlich machen. Der Mensch ist wie eine Kaffeemaschine. Es wird Kaffee gekocht und bei jedem Gebrauch lagert sich in den Leitungen Kalk ab. Irgendwann ist es soviel, dass kein Wasser mehr durchgeht, dann muss ich die Maschine entkalken. Das Wasser ist das Leben. Der Mensch lebt, und Schicht für Schicht lagert sich in seinem Inneren ab. Wenn der Mensch nun nicht durch die Vergebung ab und zu entkalkt wird, ist er irgendwann dicht für das Wort Gottes, er bekommt nichts mehr mit er ist zu. Das ist Verstockung. Lassen wir uns also ab und zu durch die Vergebung Gottes entkalken, damit wir nicht verstockt und unser Herz gegenüber dem Wort Gottes hart wird. Dann haben wir das Ziel unseres Lebens verfehlt, egal wie gut wir leben, egal wie viel Gutes wir tun. aber das ist doch nicht Unsere, das ist doch Gottes Schuld: Oder? (Vers 19) „Sicher werdet ihr mich jetzt fragen: «Wie kann Gott dann noch von unserer Schuld sprechen? Wer kann denn etwas gegen Gottes Willen unternehmen?“ (Vers 20) „Darauf kann ich nur antworten: Wer seid ihr denn eigentlich, ihr Menschen, dass ihr meint, Gott zur Rechenschaft ziehen zu können? Glaubt ihr wirklich, dass sich der Schöpfer vor seinen Geschöpfen verantworten muss? (Vers 21) „Schließlich kann auch ein Töpfer aus einem Klumpen Lehm ein wertvolles oder ein gewöhnliches Gefäß formen.“ Das ist eine typische Ausweichfrage. Sie soll von unserer Schuld ablenken und auf die Schuld Gottes hinweisen. Aber so geht das nicht, Paulus macht das klar: Das ist eindrückliches Beispiel, das ich hier mit Knet demonstrieren will. Ich habe zwei Figuren gemacht. Das ist meine Arbeit. Und nun steht mir zu, über diese zu bestimmen, ich kann eine zerknüllen und die andere ganz lassen, keiner kann mir das verbieten. Und es ist ein völlig abwegiger Gedanke, daß jetzt dieser Knet kommt und sich bei mir beschwert: „Pfarrer Krust, das kannst du nicht machen. Ich habe dir doch gar nichts Böses gemacht. Und jetzt zerdrückst du mich. Das finde ich ungerecht.“ So abwegig das ist, genauso abwegig ist es, wenn wir uns bei Gott beschweren. Auch wenn das jetzt wenig schmeichelhaft ist: in diesem Verhältnis stehst du zu Gott. Gott hat dich geschaffen. Es ist Gottes Wille der bestimmen kann, was mit dir geschieht. Es ist eine unendliche Gnade, dass Gott dich dabei ein Wörtchen mitreden lässt. Aber er hat das Mitreden auf zwei Worte beschränkt: auf Ja oder Nein. Nehme ich die Vergebung in Jesus Christus an und gestalte ich mein Leben mit Gott oder nicht. In diesem einen Punkt unterscheidest du dich von Knetfiguren. Du kannst dich dazu äußern, ob du Gott vertrauen und das ewige Leben haben willst, oder ob es dir letztendlich wie der anderen Figur geht, so wie es hier heißt: (Vers 22) „Genauso wollte Gott an den Ägyptern seinen Zorn und seine Macht sichtbar werden lassen. Und obwohl sie ihrem Untergang nicht entgehen konnten, hat er große Geduld mit ihnen gehabt. (Vers 23) „An den Israeliten, die an seiner Herrlichkeit teilhaben sollen, wollte er dagegen seine Barmherzigkeit besonders beweisen. Wörtlich: An den Gefäßen der Barmherzigkeit. (Vers 24) Zu ihnen gehören auch wir. Und er hat uns nicht nur aus dem jüdischen Volk, sondern aus allen Völkern berufen.“ Soll dies ein Gott der Liebe sein? Gott ist nicht nur ein Gott der Liebe, sondern auch ein Gott der Heiligkeit und der Gerechtigkeit. Wir dürfen diese Eigenschaften nicht gegeneinander ausspielen. Manche Leute verwechseln den Gott der Liebe mit dem lieben Gott. sie sind dann völlig erstaunt, wenn der angeblich „liebe“ Gott seinen Zorn zeigt. Gott ist auch ein Gott des Zorns. Sein Zorn zeigt sich darin, daß er die Kriege und das Leid in der Welt zulässt. Es ist sein Gericht an der Welt, in der die Menschen nicht an ihn glauben und ohne ihn leben. Weil er ein Gott der Liebe ist, erträgt er auch die Gefäße des Zorns und bringt sie nicht um Darum gibt es Krieg und Leid auf der Welt, aber die Möglichkeit von diesem Leid zu lassen und umzukehren zu Gott. Auch den Gottlosen, denen es in vielem besser geht als so manchem Frommen, gehen ihrem Gericht entgegen. In einem bekannten Kirchenlied zeigt die zweiten Strophe genau das, was die wichtigste Aussage des Textes ist: „Ich hatte nichts als Zorn verdient und soll bei Gott in Gnaden sein. Gott hat mich mit sich selbst versühnt und macht durchs Blut des Sohn mich rein. Wo kam dies her, warum geschieht’s. Erbarmung ist´s und weiter nichts.“ Amen.