Untitled - Ruhr-Universität Bochum

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Tumorgenetik
Krebs ist eine Erkrankung der Gene
Im Zellkern jeder menschlichen
Körperzelle
gibt
es
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Chromosomenpaare. Auf diesen
Chromosomen sind die Träger
der Erbanlagen, die Gene, auf
gereiht.
Jeweils
eines
der
Chromosomen
stammt
vom
Vater, das andere von der Mutter.
Jedes Gen ist also in jeder Zelle
doppelt vorhanden.
Stufen der Krebsentstehung
Die
Entstehung
eines
Tumors
über
gutartige
Vorläuferstadien ist ein Prozeß, der durch die schrittweise
Veränderung des Erbguts bedingt ist. Der Erwerb einer
bestimmten Veränderung des Ergbutes auf einer
Entwicklungsstufe führt zu einem Wachstumsvorteil
gegenüber den umgebenden Zellen, so dass sich die
Tochterzellen dieser Zellen schneller ausbreiten werden
(klonale Selektion).
Seit einiger Zeit ist bekannt, dass die Krebsentstehung Folge
von Veränderungen des Erbgutes einer Zelle sind. So lassen
sich anhand unserer Erbgutträger, den Chromosomen, bereits
auf mikroskopischer Ebene Veränderungen, z.B. in Form
größerer
Stückverluste
von
Chromosomenarmen,
nachweisen.
Dieser schrittweise Erwerb
der
Anhäufung
von
Veränderungen
des
Erbgutes läßt sich bei
Darmkrebs anhand der
sichtbaren Veränderungen
von der Entwicklung eines
kleinen Polypen (Adenom)
bis hin zum zerstörerisch
wachsenden
Krebs
nachweisen.
Ursachen für Veränderungen des
Erbgutes
Die Ursachen für die Veränderung des Erbgutes sind sowohl
in Umwelteinflüssen (exogene Faktoren) als auch in
genetischen Faktoren (endogene Faktoren) zu suchen. Für
den nicht-erblichen Darmkrebs sind vor allem Umwelteinflüsse
von Bedeutung.
Umweltfaktoren
Ernährung
Genußmittel
Körpergewicht
Umweltgifte
ballaststoffarm,
fleisch- und fettreich
Nikotin
Alkohol
Übergewicht
mangelnde körperliche
Aktivität
z.B. bei der
Nahrungsaufnahme
APC
K-ras, 18q-Del.,
(Gatekeeper) Smad4?, Smad2?
Normalepithel
Dysplastische ACF
Adenomstadium 1
p53, 17p-Del.,
weitere Veränderungen
Adenomstadium
2 und 3
Karzinom
Bösartige Tumoren des Dickdarmes sind in Deutschland
sehr häufig. Jährlich erkranken etwa 50.000 an
Darmkrebs. Darmkrebs ist somit für
30% aller Krebserkrankungen
verantwortlich .Wird Darmkrebs in
frühen Erkrankungsstadien erkannt,
ist eine Heilung in vielen Fällen
möglich.
Erblicher Darmkrebs
Nur etwa 5-10% aller Darmkrebserkrankungen
entstehen auf dem Boden eines vererbbaren Defektes
im Erbgut.
Die häufigste Form des erblichen Darmkrebses ist
HNPCC. H steht für hereditär - das heißt, dass es sich
um eine vererbbare Krankheit handelt. NP steht für
„nicht Polyposis“. CC steht für kolorektales Karzinom,
also eine Krebserkrankung des Dick- und Enddarms.
Wann besteht Verdacht auf HNPCC?
Verdacht auf HNPCC besteht immer dann, wenn eine
familiäre Häufung bestimmter Tumoren (v.a. Darm- und
Gebärmutterkrebs) besteht oder wenn ein Patient vor
dem 45.Lebensjahr erkrankt. Ein Verdacht besteht
auch, wenn ein Patient gleichzeitig oder nacheinander
an mehreren Krebsgeschwülsten erkrankt. Als Kriterien
zur Verdachtsdiagnose wurden die sogenannten
Amsterdam-Kriterien erstellt.
Gegenüber dem nicht-erblichen Darmkrebs ist der
Ausfall des Reparatursystems mit einem
„Brandbeschleuniger“ zu vergleichen. Es kommt zu
einer viel rascheren Anhäufung von Veränderungen
des Erbgutes in Tochterzellen. Im Verlauf kommt es
dann zur Entwicklung eines Tumors, wobei die
Entwicklungsstufen wahrscheinlich sehr viel schneller
durchlaufen werden.
Amsterdam-Kriterien:
(alle Kriterien müssen erfüllt sein)
• mind. 3 erstgradig Verwandte mit HNPCCTumor (Dickdarm, Gebärmutter, Eierstock,
Magen, Dünndarm, ableitende Harnwege)
• Erkrankungen in mind. 2 aufeinanderfolgenden Generationen
• Mind. 1 Patient mit Diagnose vor dem 50.
Lebensjahr
• Ausschluss einer FAP
Ursachen für die Entstehung von
Tumoren bei HNPCC
Für die Kontrolle unseres Erbgutes sind Reparaturgene
zuständig. Fehler des Ergutes entstehen ständig in
unseren Zellen. Dies ist normalerweise kein Problem.
Ursache für HNPCC ist ein vererbter Defekt in
einem Reparaturgen. Bei erblichem Darmkrebs ist
eine von zwei Kopien eines Reparaturgens von Geburt
an in allen Körperzellen defekt. Solange noch eine
„gesunde“ Reparatur-Genkopie vorliegt, ist die
Reparatur von Fehlern im Erbgut noch gewährleistet.
Entsteht nun zufällig in einer Körperzelle ein Defekt in
der zweiten Kopie des Reparatur-Gens, kann die Zelle
Veränderungen des Erbgutes nicht mehr korrigieren.
MMR-GenAPC
K-ras, 18q-Del.,
p53, 17p-Del.,
defekt
(Gatekeeper) Smad4?, Smad2? weitere Veränderungen
Normalepithel
Dysplastische ACF
Adenomstadium 1
Adenomstadium
2 und 3
Karzinom
Beschleunigung der Adenom-Karzinom- Sequenz
Obwohl in allen Körperzellen die Anlage (eine
defekte Kopie des Reparatur-Gens) vorhanden ist,
scheint es ein bestimmtes Muster von Organen zu
geben, die bevorzugt im Rahmen des erblichen
Darmkrebses Tumoren entwickeln, wobei auch
das Risiko einen Tumor dieses Organs zu
entwickeln z.T. sehr unterschiedlich ist.
betroffene
Organe
Darm
Gebärmutter
Magen
Eierstöcke
Gallenwege
Ableitende
Harnwege
Dünndarm
Gehirn
Krebs
Risiko
80%
40-60%
13-19%
9-12%
2-18%
4-10%
<4%
<4%
Vom Verdacht zur Diagnose „HNPCC“
In vielen Fällen ist somit das Risiko an Darmkrebs und einer
Reihe weiterer Tumoren zu erkranken vorhersagbar. Der
Gentest kann jedoch nicht vorhersagen, ob man an Krebs
Bei Verdacht auf das Vorliegen eines erblichen Darmkrebses erkrankt und wann die Krebserkrankung auftreten könnte. Hier
im Sinne von HNPCC findet eine mehrstufige Diagnostik statt. können nur Aussagen zu Wahrscheinlichkeiten gemacht
In einem ersten Schritt wird ein Vergleich zwischen Tumor- und werden.
normalem Gewebe eines an Krebs erkrankten Patienten
durchgeführt. Als Ausdruck des defekten Reparatursystems
finden sich zwischen Tumor- und normalen Gewebe bestimmte Was bedeutet die Diagnose HNPCC?
Unterschiede.
MSS = intaktes Reparatursystem Ausfall eines Reparaturgens
MSI = defektes Reparatursystem im Tumor (rechts)
Entsprechend gelten für Anlageträger (Gesunde Angehörige
mit
Nachweis
des
Gendefektes)
engmaschige
Vorsorgeempfehlungen:
•
Komplette Darmspiegelung
•
Ultraschall des Bauchraumes
•
Erweiterte frauenärztliche Vorsorge (mit Ultraschall
von der Scheide aus)
•
Urin-Untersuchung auf abnormale Zellen
•
Magenspiegelung (bei familiären Magentumoren)
Dieses engmaschige Vorsorgeprogramm beginnt im 25.
Da das Reparatursystem aus mehreren Genen besteht kann in Lebensjahr und muß jährlich durchgeführt werden.
einem nächsten Schritt mit einfachen Färbereaktionen
nachgewiesen
werden,
welches
Gen
betroffen
ist.
Typischerweise kommt es zu einem Verlust der Anfärbbarkeit Der Nutzen eines Vorsorgeprogrammes ist eindeutig
im Tumor.
belegt. So kann das Darmkrebs-Risiko durch regelmäßige
Darmspiegelungen um mehr als 60% gesenkt werden.
Im letzten wird der Defekt in diesem Reparaturgen genau
untersucht, indem man den genetischen Code dieses Gens in
den Blutzellen des Patienten entschlüsselt. In etwa 50-70% Durch den Gentest für gesunde Angehörige kann
gelingt es heute eine Veränderung in den Genen zu finden,
insbesondere bei Ausschluß der Anlage den betreffenden
wenn aufgrund der Vortests ein Verdacht besteht (s. PCMenschen die Angst an Krebs zu erkranken, genommen
Demonstration).
werden. Ebenso ist bei Ausschluß der Anlage das
Gelingt es bei einem Betroffenen eine Veränderung in einem engmaschige Vorsorgeprogramm nicht notwendig, da hier nur
Reparatur-System nachzuweisen, können alle weitere das allgemeine Krebsrisiko wie für die gesamte Bevölkerung
(gesunden) Angehörigen sich einem Gentest auf erblichen
besteht. Bei Nachweis einer Anlage ist die engmaschige
Darmkrebs (HNPCC) unterziehen. Aufgrund des Erbganges
besteht für jeden direkten Nachkommen eines Erkrankten mit Vorsorge von immenser Bedeutung um Krebs zu verhindern
nachgewiesener Veränderung der Erbanlage ein Risiko von oder in einem Frühstadium, das Heilung ermöglicht, zu
50% die Anlage geerbt zu haben.
entdecken.
Der Kenntnisstand in der Bevölkerung und in der Ärzteschaft
bezüglich erblichem Darmkrebs muß verbessert werden.
Genauso wichtig ist eine intensivierte Auseinandersetzung mit
den sich ergebenden ethischen, juristischen, psychischen,
sozialen und versicherungsrechtlichen Fragen.
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