IP/03/375 Brüssel, den 14. März 2003 EU-Forschung geht den Ursachen von Konflikten auf den Grund, um friedlichen Lösungen eine Chance zu geben Die komplexen Ursachen von Konflikten und mögliche Konfliktlösungen vom Balkan bis Zypern, vom Nahen Osten bis zur früheren Sowjetunion sind Gegenstand von fünf Forschungsprojekten der EU, die am heutigen Tag anlaufen. Bisher hat sich die Wissenschaft in erster Linie mit den wirtschaftlichen und politischen Spannungen als Hauptkonfliktursachen befasst. Die neuen EU-Studien werden über diesen Ansatz hinaus gehen. Sie beziehen andere Elemente, wie soziale und psychologische Faktoren, mit ein. Damit soll ein Beitrag zur Debatte über die neuen Dimensionen der Sicherheit und die Rolle Europas auf diesem Gebiet geleistet werden. „Wenn wir die Konfliktursachen besser verstehen, dann sind wir besser in der Lage, die Probleme, die zum Krieg führen, zu lösen,” so der EU-Kommissar für Forschung, Philippe Busquin. „Forschung ist nur ein Aspekt einer komplexen Reaktion auf komplexe Fragen, die Spannungen, die heute in der Welt herrschen, sind jedoch ein zwingendes Argument für verstärkte Anstrengungen in diesem Bereich.” Verstärkter Forschungsbedarf Die Europäische Union ist zunehmend gefordert, zur Konfliktverhütung und -lösung in Nachbarstaaten und anderswo in der Welt beizutragen. Es besteht ein dringender Bedarf an Forschung, die speziell auf die Auslöser von Konflikten und darauf angelegt ist, wie diesen vorgebeugt und sie abgefedert werden können. Der Aufbau von Wissen auf diesem Gebiet wird Europa in die Lage versetzen, sich besser auf internationale Krisen einzustellen und sich damit auseinander zu setzen und gewaltsame Konflikte innerhalb von Staaten zu verhindern. Die Förderung der Forschungszusammenarbeit und herausragender wissenschaftlicher Kompetenz ist eine der Herausforderungen für das 6. Forschungsrahmenprogramm (RP6 20032006) und den Europäischen Forschungsraum insgesamt. An den fünf Projekten, die im Rahmen des 5. EU-Forschungsrahmenprogramms finanziert wurden, sind 53 Forschungsteams aus 14 Ländern der EU (Luxemburg ist nicht beteiligt) und aus 9 Kandidatenländern (Bulgarien, Zypern, Tschechische Republik, Estland, Ungarn, Malta, Polen, Rumänien, Slowenien und die Türkei) sowie aus Israel teil. Das Projekt ist mit einem Budget von rund 4.280.000 EUR ausgestattet. Zudem ist dieser Tätigkeitsbereich einer der vorrangigen Bereiche im Rahmen der Forschung zum Thema „Bürger und modernes Regieren in der Wissensgesellschaft” des 6. Rahmenprogramms – eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen läuft noch bis 15. April 2003. Konfliktlösung durch Aufdeckung der eigentlichen Ursachen Das Verstehen der Grundursachen von Konflikten und der Hindernisse für eine Aussöhnung ist der Schlüssel zur Verhütung weiterer Gewalt und zu dauerhaftem Frieden. Auf einer Konferenz, die vor Kurzem von der Kommission organisiert wurde, hoben Prof. Arie Nadler von der Universität Tel Aviv und Prof. Munther Dajani von der Al Quds-Universität in Ostjerusalem beispielsweise die „wichtigen psychologischen Faktoren hervor, die für die Aussöhnung eine Rolle spielen: Empathie, gegenseitige Anerkennung des verursachten Schmerzes, Akzeptanz der Verantwortung für das Leiden des anderen, das Leiden der Opfer, Erniedrigung und Rache.” Sie fügten hinzu, dass die sozialen und psychologischen Faktoren zwar häufig bei der Erklärung und Behandlung von Konflikten ignoriert werden, dass sie jedoch nicht weniger wichtig sind als wirtschaftliche und politische Faktoren. Das zeigt sich beispielsweise in der Wahrnehmung von Grenzen als „Abgrenzung nach außen” oder als (ethnische oder andere) „Barrieren”. Mit den neuen EUForschungsprojekten wird versucht, diese Aspekte näher zu untersuchen und so zur Sicherheitspolitik der EU beizutragen. Neudefinierung des Sicherheitsbegriffs Eine Fehldiagnose der Konfliktursachen kann zu falschen „Lösungsansätzen” führen - die die Sicherheit weiter mindern, statt sie zu erhöhen. Gleichzeitig müssen gerade der Sicherheitsbegriff und die derzeitigen Sicherheitsstrategien im Lichte der sich ändernden Lage in der Welt und einer zunehmenden Verwischung von „innerer” und „äußerer” Sicherheit - mit den damit verbundenen Bedrohungen für den Frieden überdacht werden. Professor Didier Bigo, der an einem der neuen Projekte arbeitet, hob beispielsweise hervor, dass die unbeabsichtigten Auswirkungen der Terrorbekämpfung auf die staatsbürgerlichen Rechte auf nationaler und internationaler Ebene untersucht werden müssen. Das Netz zum Thema „verantwortungsvolle Außenpolitik”, das von Professor Christopher Hill koordiniert wird, wird eine Beobachtungsstelle für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik aufbauen und die Entwicklung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik mit Analysen unterstützen. Weitere Informationen sind erhältlich auf: http://improving-ser.sti.jrc.it/default/ (unter ‘Governance and citizenship’) http://www.cordis.lu/improving/socio-economic/conf_mideast.htm ftp://ftp.cordis.lu/pub/improving/docs/g_ser_conflict-security_agenda.pdf 2