Exzerpt Andreas Mohr: Einstimmen in die Möglichkeit des Singens Andreas Mohr – Einstimmen in die Möglichkeiten des Singens Vortrag beim 11. Kongress des Bundesverbandes deutscher Gesangspädagogen vom 9. bis 11. April 1999 in Freiburg i. Br. Quelle: http://www.kinderstimmbildung.d/bdgvortr.pdf Seite Inhalt eigene Anmerkungen 1 „Kinder sollen die Möglichkeit erhalten, „einstimmen“ zu können – sich „einstimmen“ zu lassen, also selbst erfahren zu dürfen, was Stimme ist, wie sie benutzbar ist und welche Möglichkeiten sie birgt.“ Dieser Aussage stimme ich ganz und gar zu, denn ein Kind sollte nicht in ein bestimmtes „Singverhalten“ oder „Singmuster“ gedrängt werden, sondern vielmehr die Möglichkeit haben, die Stimme selbst zu entdecken. 1 „Wenn sich nicht radikal etwas ändert in der Art und Weise, wie die Stimmentwicklung in den ersten 10 bis 15 Lebensjahren verläuft, werden wir sehr bald eine Nation von Nichtsingern werden.“ Das finde ich nun doch etwas übertrieben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die „Stimmerziehung“ wirklich so schlecht ist und habe auch bis zu diesem Artikel noch nie etwas von einer derartigen „Notlage“ gehört. 1 „Aus dem Schnarren, dem Schmatzen, dem Schnalzen, dem Krächzen wird sich die Lautierung, die Artikulation entwickeln, aus dem Jauchzen, dem Jubilieren, dem Weinen, dem Lachen wird sich die Klanglichkeit der Stimme bilden.“ Es ist für mich sehr interessant zu lesen, dass diese einfachen und für uns oft unbemerkten Äußerungen eines Babys so wichtig und folgeschwer sind und sich die Stimme daraus entwickelt. 2 „Auch klanglich gelingen dem Säugling bereits die verschiedensten Farben.“ Hätte ich nicht gedacht, dass ein Säugling bereits so viele verschiedene Klänge „erzeugen“ kann. Aber eigentlich ist das ja auch notwendig. Schließlich müssen sich Säuglinge ja auch bloß anhand des Klanges ihrer Stimme mitteilen. Helene Eibl – V1A1 November 05 Seite 1/6 Exzerpt Andreas Mohr: Einstimmen in die Möglichkeit des Singens 2 „Zuerst ahmt das Kind die Sprachmelodie nach, die es von seinen Bezugspersonen vernimmt.“ … „Nicht die Frequenz der wahrgenommenen Klänge wird imitiert, sondern das Spannungsgefüge der um die Kinder herum erklingenden Stimmen.“ Was ich hier sehr wichtig finde ist, dass heraus kommt, dass es nicht nur wichtig ist, dass man mit dem Kind spricht, sondern auch WIE!! 4 „Erst viel später – oft erst nach Jahrzehnten – hören wir von solcherart „aphon“ gewordenen Erwachsenen, dass ihnen etwas fehlt; oder dass sie gerne in einem Chor mitsingen würden, wenn sie nur singen könnten. Die Jahrzehnte mangelnden Stimmtrainings aufholen zu können, erweist sich häufig als hoffnungslos.“ Ich finde es sehr erschreckend, dass man „Singen“ später nur noch sehr schwer erlernen kann. Ich glaube, sehr viele Menschen sind sich dessen überhaupt nicht oder nur sehr gering bewusst. Vielleicht auch, weil darauf nicht genug aufmerksam gemacht wird. Jeder weiß, dass man höchstwahrscheinlich körperlich länger fit bleiben wird, wenn man Sport betreibt und dass das dem Körper gut tut. Jedoch bei der Stimme!? Ich denke, dass nur wenigen bewusst ist, dass man auch an ihr arbeiten und sie trainieren muss. 4 „Wir Erwachsenen sind beim Sprechenlernen der Kinder noch bereit, ihnen jede Freiheit der Stimmerprobung zuzubilligen.“ … „Bei der kindlichen Erprobung frequenzfixierter Töne in der nachsprachlichen Entwicklungsphase sind wir längst nicht so bereit, die Klangexperimente der Kinder zu dulden oder gar zu befördern.“… „So werden Kinder daran gehindert, die natürlichen Fähigkeiten des Gesamtstimmumfangs zu erproben und zu trainieren und weisen bereits ein Erfahrungs- und Trainingsdefizit im Umgang mit ihrer Singstimme auf, wenn die ersten Lieder gesungen werden.“ Dem kann ich nur zustimmen. Wenn Babys juchzen, „jaulen“ und laut „quicken“, staunt jeder Erwachsene nur so, freut sich und ist stolz auf jeden auch noch so nervigen Ton. Kleinkinder jedoch sollen sich immer möglichst ruhig verhalten und schon gar nicht ihre „Singversuche“ mit verschiedenen „Instrumenten“ (zB Topfdeckel) begleiten. Wenn Kinder ihrer Lebenslust und Freude durch die Stimme Ausdruck verleihen möchten, wird dies meist nicht geduldet, weil es endlich still sein soll und man endlich seine Ruhe haben will. Ich denke, Kinder sollten ihre Lust zu singen ausleben dürfen, und wenn die Eltern genervt sind, sollten sie entweder den Kindern einen eigenen „Sing- und Helene Eibl – V1A1 November 05 Seite 2/6 Exzerpt Andreas Mohr: Einstimmen in die Möglichkeit des Singens Musizierraum“ zur Verfügung stellen oder fixe Zeiten planen, in denen sie gemeinsam mit den Kindern musizieren und singen und auch dann sollte dem Kind nie das spontane und begeisterte Singen verboten werden. 4 „Weitere Hinderungen stellen natürlich jene Elternhäuser dar, in denen mit den Kindern keine oder nur sehr wenige Lieder gesungen werden.“ Ich finde gemeinsames Singen ist extrem wichtig und auch wunderschön. Kein Kind sollte das entbehren müssen. Natürlich kann ich aber schon verstehen, dass eine absolut unmusikalische Mutter nicht sehr gerne mit ihren Kindern singt. Aber es gibt immer eine Möglichkeit. Meine Tante ist auch sehr unmusikalisch und meine Cousins und Cousinen sind daher immer zu uns nach Hause gekommen und haben mit uns gesungen. 4 „So stellt sich die Schar der Kinder beim Eintritt in das Kindergartenalter (3 Jahre) bereits als Zwei- oder Dreiklassengesellschaft dar.“ … „Während die erste Gruppe von „Brummern“ sich wahrscheinlich sehr rasch in die singende Kinderschar eingliedern wird und bald keine Schwierigkeiten mehr hat beim Halten ihrer Tonhöhen, ist dies bei der letzten Gruppe von Kindern so schnell nicht erreichbar. Hier ist oft Trainingsrückstand von 3 Jahren nachzuholen, ja häufig erfahren diese Kinder im Kindergarten zum ersten Mal, was man mit dem Instrument Stimme anfangen kann – wenn sie es denn im Kindergarten erfahren.“ Das kann schon sein, aber ich denke nicht, dass dies so ein enormes Problem ist. Ich denke, mit diesem Alter ist es noch nicht zu spät und kleine Kinder lernen ja bekanntlich extrem schnell. Natürlich muss im Kindergarten dann etwas geschehen und getan werden. Aber solange dies der Fall ist, sehe ich, wie gesagt, kein so großes Problem und denke auch nicht, dass bereits ein grober Schaden entstanden ist. 5 „Dies alles hat sich das Kind erworben durch Zuhören, Nachmachen und Mitmachen.“ Finde ich sehr interessant, da deutlich gemacht wird, dass das Kind „alles sieht und hört“. Man muss sich Helene Eibl – V1A1 November 05 Seite 3/6 Exzerpt Andreas Mohr: Einstimmen in die Möglichkeit des Singens „… reagiert verstärkt auf andere Mitmenschen außer den bisherigen Bezugspersonen und wird selbstverständlich auch von diesen in seinen Lernfortschritten beeinflusst.“ dessen bewusst sein und bewusst handeln und sprechen. Außerdem finde ich es sehr wichtig, dass das Kind nicht verantwortungslos bei jeder beliebigen Person (Babysitter) gelassen wird. 5 „... und weil die Gitarre als Begleitinstrument eher zum Singen in tiefer Lage animiert als zum Singen in hoher Lage.“ Trotzdem ist die Gitarre für mich das beste Begleitinstrument und ich denke, dass das bestimmt nicht der Grund für tiefes Singen ist. Ich persönlich singe– ob mit oder ohne Gitarre – eher hoch 5 „Tatsache ist, dass Erzieherinnen und Erzieher fast flächendeckend über keinerlei Anleitung zum Singen mit Kindern verfügen; sie erfahren in ihrer Ausbildung nichts darüber und sind beim Singen mit den ihnen anvertrauten Kindern allein auf ihre eigenen Singerfahrungen angewiesen.“ Einerseits kann ich das nicht ganz glauben, weil erstens meine Cousine in die BAKIP gegangen ist und dort sehr wohl viel über Singen und Stimmbildung gelernt hat und zweitens, weil ich mich, wenn ich an den Kindergarten und die Schulzeit zurückdenke, sehr gut an das Singen erinnern kann und es in sehr, sehr positiver Erinnerung habe. Andererseits muss ich zugeben, dass ich sowohl im Kindergarten als auch in der VS sehr gute und begeisterte Sängerinnen als Tante/Lehrerin hatte und das auch daher kommen könnte. „Singen Kinder längere Zeit ausschließlich in der Lage bis zum zweigestrichenen C. so kommt es – besonders bei temperamentvollen Kindern – zu einer Isolierung des Brustregisters.“ „Die aus dem zu hohen Gebrauch des Brustregisters erfolgenden Schädigungen der Stimme bleiben – leider – lange Zeit unbemerkt, so dass Kinder, die so singen, selbst keine oder kaum negative Auswirkungen auf ihr Ist für mich logisch, da temperamentvolle Kinder wahrscheinlich noch ein bisschen mehr „antauchen“ und „Gas geben“ wollen und das Brustregister dadurch bestimmt sehr belastet wird. 5 6 Helene Eibl – V1A1 Wie oben schon erwähnt, finde ich es sehr erschreckend, dass man auf solche Schädigungen nicht ausreichend aufmerksam gemacht wird und es unbemerkt bleiben kann. November 05 Seite 4/6 Exzerpt Andreas Mohr: Einstimmen in die Möglichkeit des Singens Singen verspüren.“ 6 „Klanglich ist bei bruststimmig singenden Kindern eine Rauheit oder Brutalisierung der Stimme überhaupt nicht wahrzunehmen ist, was dazu führt, dass von Chorleitern dies für besonders »frisch«, »lebendig«, »ungekünstelt« gehalten und geradezu angestrebt wird.“ Ich finde das einfach furchtbar und muss auch sagen, dass ich durch diese Aussage etwas Angst bekomme, selbst später auch die Schäden bei den Kindern nicht bemerken bzw. feststellen zu können und dadurch alles noch zu verschlimmern. 6 „… immer stärker eingeschränkt wird – bis zum völligen Verlust der hohen Lage.“ Sehr erschreckend, dass die hohe Lage einfach verloren gehen kann. 6 „…das Mitsingen mit CD und Musik-Kassette, in aller Regel ist dies ein Singen in zu tiefer Lage und in zu lauter, zu reibender, zu aggressiver Stimmgebung. … Das Mitsingen mit der CD, dem Videoclip, der Hörspielkassette, dem Fernsehprogramm hat das Singen in der häuslichen Lebensgemeinschaft weitgehend abgelöst.“ Das ist sehr problematisch, denn ich denke, Kinder lieben es, bei Kassetten und CD´s mitzusingen. Und auch ich singe sehr gern zu Liedern aus dem Radio, von CD´s usw. mit, aber ich muss sagen, ich hätte mir noch nie gedacht, dass das schädlich sein könnte. Ich befürchte jedoch, dass es sehr schwierig ist, die Kinder davon abzubringen, denn gerade Veranstaltungen und Shows der heutigen Zeit, wie der Kiddy Contest, Starmania, Superstar,… fördern das Ganze noch mehr und regen die Kinder richtiggehend an zum Mitsingen. 7 „Auch die Musik, die gesungen wird, hat sich gewandelt. Dem kann ich nicht zustimmen, denn ich habe in der Das Volkslied ist seit der Zeit des Missbrauchs im Hauptschule hauptsächlich Volkslieder gesungen Nationalsozialismus noch nicht wieder auferstanden – (leider! ) wird es vielleicht auch nicht wieder – trotz aller Bemühungen in den Lehrplänen der Schulen.“ 7 „…dass vor allem wichtig ist, dass man miteinander etwas unternimmt, wobei die Qualität der Stimmentfaltung eher nachrangig zu sehen ist.“ Helene Eibl – V1A1 Hier muss ich aber sagen, dass auch ich der Meinung bin, dass es vorrangig ist, dass man überhaupt miteinander singt. November 05 Seite 5/6 Exzerpt Andreas Mohr: Einstimmen in die Möglichkeit des Singens 8 „Ein ganz besonders krasses Beispiel von Sorglosigkeit stellt das nächste Beispiel dar: Eltern und Kinder singen bei einer Weihnachtsfeier in einem brasilianischen Kindergarten in Österreich.“ Auch hier bin ich trotz allem der Meinung, dass ich es toll finde, wenn Eltern und Kinder bei Weihnachtsfeiern usw miteinander singen (auch wenn es evt. falsch ist) 8 „Es scheint ja so, dass in letzter Zeit das Singen sozusagen wiederentdeckt wird.“ Ich hatte nicht das Gefühl, dass das Singen einmal verschwunden war. 8 „Verzicht auf das Singen im Kindesalter, insbesondere auch im frühen Kindesalter, hat erhebliche Folgen in der Entwicklung der Persönlichkeit und ihrer emotionalen Prägung.“ Das ist für mich einer der wichtigsten Sätze dieses Vortrages und ich fühle mich gestärkt in meiner Meinung, dass es primär ist, dass die Kinder singen und nur sekundär, ob richtig oder falsch. Den Kindern muss das Singen erlaubt sein und am besten sollten, wie schon erwähnt, die Eltern mit den Kindern gemeinsam singen! 9 „Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Erzieherinnen und Erzieher in ihrer Ausbildung über die Kinderstimmbehandlung überhaupt etwas erfahren.“ Finde ich auch sehr wichtig, obwohl ich ehrlich gesagt, bis vor kurzem nicht wusste, wie wichtig das ist. Erst durch diesen Vortrag wurde ich darauf aufmerksam. 9 „Werden Erwachsene nämlich gefragt, was ihnen aus ihrer Grundschulzeit am ehesten in Erinnerung geblieben sei, was sie als wertvoll mitgenommen haben aus dieser Zeit, antworten viele ältere Erwachsene, dass das häufige Singen in vielen verschiedenen Fächern ihnen später wichtig erschienen sei.“ Auch ich denke, das Singen nicht nur im Musikunterricht vorkommen soll. Es gibt so viele verschiedene Lieder, zu so vielen verschiedenen Themen und daher Unterrichtseinheiten passend. Ich habe in der Praxis bereits selber erleben dürfen, wie viel Spaß Kinder am Singen haben und wie sie sich begeistern können. Daher - singen wir doch mit ihnen!! Helene Eibl – V1A1 November 05 Seite 6/6