Telefon: 030 - 4 01 29 25 Telefax: 030 - 4 01 3675 Email: [email protected] Web: www.nvl.de Ansprechpartner: Uwe Rauhöft, Geschäftsführer Ingo Bettels, Verbandssprecher P R E S S E I N F O R M A T I O N Nr. 17/2010 vom 11. Juni 2010 Praktikableres Steuerrecht an Stelle großer Steuerreform Politik, Gerichtsbarkeit und Finanzverwaltung auf dem NVL - Verbandstag Berlin, 11. Juni 2010 Begrenzte finanzielle Spielräume lassen eine grundlegende Reform der Einkommensteuer in dieser Wahlperiode nicht zu. Die Marschrichtung des Bundesfinanzministeriums geht daher in Richtung struktureller Steuervereinfachungen im bestehenden System. Ankündigungen, die beim Verbandstag des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine (NVL) im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin auf das Wohlwollen der Vertreter der 130 Mitgliedervereine der bundesweit agierenden Dachorganisation stießen. Sie wurden darüber hinaus auch von Vertretern der Finanzgerichtsbarkeit, der Steuerverwaltung, sowie Parteienvertretern von Regierung und selbst der Opposition befürwortet. Ein "großen Wurf" im Einkommensteuerrecht hat unter den obwaltenden Umständen keine Befürworter. "Arbeitnehmer-Steuerpolitik in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise"- gleichzeitig Motto des Verbandstags und Titel einer Podiumsdiskussion - soll sich zukünftig an den Eckpunkten der Einnahmesicherung und der Schaffung von Wachstum und damit zukunftsorientierter Lenkungswirkung orientieren. Die Änderungsfrequenz des bestehenden Einkommensteuerrechts herunterzusetzen, wertet Ralph Brinkhaus, Mitglied der CDU-CSU-Bundestagsfraktion und des Finanzausschusses, bereits als eine erste Vereinfachung des Steuerrechts. Grundprobleme des Einkommensteuerrechts allerdings sei, dass eine hundertprozentige Einzelfallgerechtigkeit angestrebt werde. Für den Diplom-Ökonomen und Steuerberater ein Ding der Unmöglichkeit. Eine Politik der kleine Schritte in Sachen Steuervereinfachung findet nach Aussage von Nicolette Kressl, der finanzpolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion auch die Zustimmung ihrer Fraktion: "Wir haben die Schuld einer ernsthaften Prüfung. "Die Bringschuld der Veränderungsvorschläge liege jedoch bei der Regierung. Diese setzt auf Vereinfachungen in den Bereichen Besteuerungsverfahren, Verwaltungsverfahren und materielles Steuerrecht. "Wir haben dabei den Anspruch, die Praktikabilität gesetzlicher Regelungen für Steuerpflichtige, Beraterschaft und Finanzverwaltung zu verbessern", betonte Jörg Kraeusel vom BMF in Vertretung des Parlamentarischen Staatssekretärs Hartmut Koschyk. Materielle Steuerrechtsvereinfachungen sollen vor allem durch den verstärkten Einsatz von Typisierungen und Pauschalierungen bei der Einkommensermittlung erreicht werden, die jedoch realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde zu legen haben. Pauschalen, so auch die Forderung von NVL- Geschäftsführer Uwe Rauhöft, seien nur dort festzulegen, wo sie tatsächlich Aufwand vereinfachend erfassten. Pauschalen und Freibeträge müssen zielgenau Aufwendungen abdecken. Mitnahmeeffekte und Doppelbegünstigungen in Verbindung mit steuerfreien Erstattungen seien zu vermeiden. Oranienburger Chaussee 51 Telefon +49 30 401 29 25 13465 Berlin Telefax +49 30 401 36 75 Registergericht Berlin VR 14074 NZ Vorstand: Jörg Strötzel StB (Vorsitzender) Petra Erk, Heinz Brockerhoff Christian Munzel RA, Ali Tekin Bürozeiten: Montag bis Donnerstag 8 – 15 Uhr Freitag 8 – 13.00 Uhr Seite 2 zur NVL-Presseinformation vom 11.06.2010 "Die Arbeit wird uns nicht ausgehen", sieht Professor Dr. Joachim Kanzler, Vorsitzender Richter des 6. Senats beim Bundesfinanzhof (BFH), auch in Zeiten angestrebter Steuervereinfachungen weiterhin juristischen Klärungs- und Erläuterungsbedarf. Schon seit den siebziger Jahren habe es immer wieder Bestrebungen von Steuervereinfachungen gegeben, mit meist minderem Erfolg, ließ Willi Reinemann, als ehemaliger Finanzamtsleiter und Leiter der Thüringer Steuerverwaltung auch ein Mann der Praxis, Skepsis gegenüber dem "Heilmittel" Steuervereinfachung erkennen. Nach Einschätzung des Bundesfinanzministeriums ist auf "dem sicherlich langen Weg zu wirksamer Steuervereinfachung" ein Zusammenwirken aller Beteiligter, insbesondere auch der Praktiker aus Wirtschaft und Verwaltung unverzichtbar. Als Grundlage dieser Zusammenarbeit nennt das Ministerium das NVL Steuerkonzept für eine leistungsrechte und zeitgemäße Arbeitnehmerbesteuerung" in einem Atemzug mit dem Maßnahmenkatalog der Finanzminister der Länder. Man sehe Übereinstimmung in der grundsätzlichen Ausrichtung und werde die Vorschläge in die Überlegungen einbeziehen. Steuerpolitik - so die aktuelle Fortschreibung der NVL- Konzeption - ist neben der Funktion der Einnahmeerzielung auch Wachstumspolitik. Dieser Grundsatz sei nicht nur bei der Unternehmensbesteuerung, sondern gleichermaßen auch bei der Einkommensbesteuerung zu beachten. Daher, so die NVL- Forderung, müsse das Steuerrecht gezielt und kontinuierlich Bereiche wie Bildung und Familie fördern. Ziele, insbesondere die Familienförderung, die das Bundesfinanzministerium über das Konjunkturpaket II mit der Anhebung des Grundfreibetrags und durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz mit Anhebung der Kinderfreibeträge sowie der Erhöhung des Kindergeldes realisiert sieht. Zustimmung erntete bei der NVL - Podiumsdiskussion zudem die Absicht der Bundesregierung, Leistungen im Unterhalts-, Steuer-, Sozial- und Familienrecht zu harmonisieren und auf wissenschaftlicher Grundlage zu evaluieren. In der von NVL- Verbandsprecher Ingo Bettels moderierten Diskussionsrunde sprach sich Professor Kanzler allerdings gegen unsystematische Eingriffe in das Steuerrecht aus, zumal diese wie das Beispiel des verminderten Mehrwertsteuersatzes für das Hotelgewerbe zeige, die Steuermoral untergrabe. Die Rücknahme dieses Steuerprivilegs nannte Nicoletta Kressl "ihren Lieblingskonsolidierungsvorschlag". Der Anwendungsbereich des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes steht auf Wunsch der Bundestagsfraktionen auf dem Prüfstand. Eine wissenschaftliche Studie soll Strukturen von Regel- und ermäßigten Steuersätzen bewerten und Handlungsempfehlungen für eine zukünftige Ausgestaltung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes unter Berücksichtigung der geltenden EU-Rechtslage aufzeigen. Oranienburger Chaussee 51 Telefon +49 30 401 29 25 13465 Berlin Telefax +49 30 401 36 75 Registergericht Berlin VR 14074 NZ Vorstand: Jörg Strötzel StB (Vorsitzender) Petra Erk, Heinz Brockerhoff Christian Munzel RA, Ali Tekin Bürozeiten: Montag bis Donnerstag 8 – 15 Uhr Freitag 8 – 13.00 Uhr