Universität Trier SS 2009 Fachbereich I, Philosophie Proseminar

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Universität Trier
SS 2009
Fachbereich I, Philosophie
Proseminar: Kognitive Ethologie
Dozent: Thomas Hoffmann M.A.
Protokollant: Lukas Stutz
Stundenprotokoll zur Sitzung am 26.06.09
Text: “Animal Language: Methodological and Interpretive Issues”, Sue SavageRumbaugh, Karren E. Brakke
1.1 Überblick
Der in der Sitzung behandelte Text befasst sich mit der Frage nach Sprachfähigkeit bei Tieren,
insbesondere bei Affen. Die Autorinnen beschreiben, wie Affen die Verwendung von Symbolen und
von Sprache beigebracht wurde und vergleichen diese Entwicklung mit der von menschlichen Kindern.
Auch widmen sie sich der Frage, inwiefern die Ausdrucksform der Affen dem Wesen der
menschlichen Sprache ähnelt oder sich davon unterscheidet. Die zu stellenden Fragen sind hier, ob
Sprache spezifisch für den Menschen ist oder nicht und in welchem Bezug sie zu kognitiven
Fähigkeiten wie etwa der Selbstbezüglichkeit steht.
1.2 Begriffserläuterung: Reference
Im Zusammenhang mit Sprache spielt im Text der Begriff Reference (deutsch: Bezug) eine wichtige
Rolle. Er bezeichnet (hier primär pragmatisch verstanden) einen Prozess zwischen verschiedenen
Individuen, in dem versucht wird, das Gegenüber bzw. das soziale Umfeld durch Verwendung
bestimmter Symbole für Gegenstände bzw. Sachverhalte zu beeinflussen, etwa um eine bestimmte
Handlungsweise oder eine bestimmte Art zu denken hervorzurufen. Die Sprache ist ein wichtiges
Instrument dieses Vorgangs, da Wörter solche Symbole sind, mit deren Hilfe Absichten vermittelt und
Einflussnahmen auf das Verhalten anderer Individuen vorgenommen werden können. Im
menschlichen Zusammenleben spielt dieser Bezug zu Anderen eine große Rolle, was die Autorinnen
schon bei Kleinkindern beobachten. Die Sprache als solche ist nicht das einzige, wohl aber ein sehr
wichtiges Instrument dazu.
1.3 Zur Sprache
Im Verlauf der Sitzung wurden anhand des Textes einige Aspekte von Sprache erarbeitet. Die
Sprache ist ein wichtiges Instrument zur Erfassung der Umwelt. Sie bezieht sich auf Objekte, die allen
Kommunikationsteilnehmern gemeinsam sind, die also in deren Umwelt und Bewusstsein sind. Damit
dient sie der Verarbeitung des Gehaltes der wahrgenommenen Welt. Die Verarbeitung besteht auch
darin, die Welt zu beeinflussen. Der Sprecher richtet die Sprache auf etwas in der Welt, mit der
Absicht, beim Hörer eine Reaktion in Bezug auf den betreffenden Gegenstand auszulösen. Tritt die
Reaktion ein, so verändert sich die Situation der Kommunikationsteilnehmer.
In der menschlichen Wahrnehmung ist die Sprache offenbar von großer Bedeutung für die Konzeption
propositionaler Einstellungen. Wir verstehen das Verhalten von Tieren in der Regel, als ob sie z.B.
etwas hoffen oder wünschen (z.B. „der Hund will in den Garten, weil dort ein Knochen vergraben ist) .
Jedoch können wir nicht ohne weiteres sagen, ob diese Einstellungen als von der Sprache gelöst
betrachtet werden können. Es stellt sich die Frage, ob Tiere zu solchen Einstellungen fähig sind, oder
ob diese nur dem Menschen vorbehalten sind, beziehungsweise, ob sie die Zugehörigkeit zu einem
komplexen Sprachsystem voraussetzen, welches ihre „Ausformulierung“ erlaubt.
Um die gestellten Fragen zu beantworten, wird die Fähigkeit, Sprache zu erlernen, untersucht. Das
Erlernen von Sprache ist ein langwieriger Prozess, in dessen Verlauf Kinder lernen, Begriffe
bestimmten Objekten zuzuordnen und durch den Gebrauch bestimmter Worte gewünschte
Reaktionen ihrer Umwelt zu bewirken. Die Kinder lernen also Begriffe als Symbole für Objekte zu
benutzen. Das setzt eine Bezugnahme auf eine gemeinsam mit den Adressaten des Geäußerten
wahrgenommene Umwelt voraus. Die Experimente mit Affen, die Savage-Rubaugh und Brakke in dem
Aufsatz beschreiben zielten darauf ab, den Tieren beizubringen, beispielsweise Plastikchips mit realen
Objekten zu assoziieren (S.272). Die Plastikchips dienten hier also als Symbole.
Der Affe, dem man diese Assoziation beibrachte, benutzte diese Symbole jedoch nicht selbstständig,
zum Beispiel zur Vermittlung von Wissen. Das bedeutet einerseits, dass die Fähigkeit des Tieres zu
„sprechen“ in Frage gestellt werden kann. Die Autorinnen sehen hier jedoch eher einen Fehler im
Experimentaufbau.
In diesem Zusammenhang wird auch Alex, der auf Sprache trainierte Papagei, der bereits in der
letzten Sitzungen thematisiert wurde, erwähnt. Ihm war beigebracht worden, Fragen über bestimmte
Eigenschaften von Dingen zu beantworten, wobei er jedoch nicht einfach Vorgesagtes wiederholte,
sondern offenbar seine Antworten spontan und auf die konkrete Frage bezogen gab. In seinem Fall
war auch eine gewisse Eigenständigkeit zu erkennen, insofern er zum Beispiel von sich aus Wasser
verlangte.
Andere Affen lernten, menschliche Sprache bis zu einem gewissen Grad zu verstehen und zu
gebrauchen. Damit wurde ein wesentliches Problem gelöst. Dieses besteht darin, dass die
Kommunikation mit Affen schwierig ist, da es kein gemeinsames Sprachsystem gibt. Die Affen
konnten sich nach ihrem Training des menschlichen Sprachsystems ähnlich bedienen, wie dreijährige
Kinder es tun.
Wie in der Sitzung jedoch festgestellt wurde, ist Sprache keine ursprüngliche kognitive Fähigkeit,
sondern sie wird erlernt. Der Mensch scheint allerdings die Veranlagung zur Sprache von Natur aus
zu besitzen, muss aber das Sprachsystem, also Worte, Grammatik und dergleichen lernen. Bei
Schimpansen verhält es sich, wie die Versuche nahe legen, ähnlich.
1.4 Ausblick
Die Komplexität und Bedeutung des behandelten Themas veranlassten eine Verteilung der
Bearbeitung des Textes auf zwei Sitzungen. In der kommenden Sitzung wird der Text weiter
besprochen werden. Das lässt weitere Ergebnisse in der Frage nach der Bedeutung der Sprache als
kognitive Leistung und nach der Sprachfähigkeit von Tieren erhoffen. Diese Ergebnisse können
eventuell die Frage klären, ob Sprache den Menschen auszeichnet oder ob sie mehreren Tierarten
gemeinsam ist.
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