Universität Ulm Abgabe: 14.11.11, vor der Übung Prof. W. Arendt M. Gerlach Wintersemester 11/12 16 Punkte Lösungen zu Maßtheorie Blatt 3 9. Zeige oder widerlege die folgenden Aussagen. (4) (a) Es sei J ∈ B(R) sowie Bj ∈ B(R) für alle j ∈ J. Dann ist ∪j∈J Bj ∈ B(R). (b) Es sei (Ω, Σ) ein messbarer Raum und (An ) ⊂ P(Ω)\Σ. Dann ist ∪n∈N An 6∈ Σ. (c) In (R, B(R), λ) ist ∅ die einzige offene Nullmenge. (d) Es sei (Ω, Σ, µ) ein Maßraum und S ⊂ Σ derart, dass σ(S) = Σ und µ(A) = 0 für alle A ∈ S. Dann ist µ(A) = 0 für alle A ∈ Σ. Lösung: (a) Falsch. Es sei E ⊂ [0, 1] die nicht-messbare Menge aus der Vorlesung und J = [0, 1]. Wir setzen Bj := {j} falls j ∈ E und Bj = ∅ sonst. Dann ist ∪j∈J Bj = E 6∈ B(R). (b) Falsch. Wir betrachten wieder die bekannte nicht-messbare Menge E ⊂ [0, 1] und setzen A1 := E und An+1 := R\E für alle n ∈ N. Dann ist ∪n∈N An = R und somit messbar. (c) Richtig. Es sei U ⊂ R offen und nicht-leer. Dann gibt es a < b mit [a, b) ⊂ U und somit ist λ(V ) ≥ b − a > 0 für alle V ∈ B(R) mit U ⊂ V . (d) Falsch. Betrachte Ω = {1, 2}, Σ = P(Ω) und S = {{1}}, versehen mit dem Maß µ(∅) = µ({1}) = 0 und µ(Ω) = µ({2}) = 1. 10. Es sei Ω := N und S := P(2N), die Menge aller Teilmengen von N, die nur aus geraden Zahlen bestehen. (a) Charakterisiere die Elemente von Σ := σ(S). (2) (b) Es sei µ = δ2011 , das Dirac-Maß im Punkt 2011. Entscheide, ob der Maßraum (1) (Ω, Σ, µ) nicht-messbare Nullmengen enthält. (c) Es sei µ = δ2012 , das Dirac-Maß im Punkt 2012. Entscheide, ob der Maßraum (1) (Ω, Σ, µ) nicht-messbare Nullmengen enthält. Lösung: (a) Es ist Σ = {M ⊂ N : M enthält alle ungeraden Zahlen oder keine ungerade Zahl } =: A. Man sieht leicht, dass die Menge A eine σ-Algebra ist und dass S ⊂ A. Andererseits gilt für jede Menge M ∈ A, dass entweder M ∈ S oder M c ∈ S, weshalb A ⊂ σ(S). (b) Es sei N ⊂ N eine µ-Nullmenge, d.h. es gibt eine Menge A ∈ Σ mit N ⊂ A und µ(A) = 0. Dann ist 2011 6∈ A und nach Teil (a) enthält A somit keine ungerade Zahlen. Also enthält auch N keine ungeraden Zahlen, d.h. N ∈ S ⊂ Σ. Es gibt folglich keine nicht-messbaren Nullmengen. c 2011 Universität Ulm (c) Betrachte die Menge N := {1, 2} 6∈ Σ. Da N ⊂ N ′ := {2} ∪ {2n − 1 : n ∈ N} ∈ Σ und µ(N ′ ) = 0, ist N eine nicht-messbare Nullmenge. 11. Wir betrachten die Grundmenge Ω = [0, 1] mit der Borel-σ-Algebra B([0, 1]) und dem Lebesguemaß λ. Es sei 3n−1 [−1 3k 3k + 1 3k + 2 3k + 3 Cn := ∪ (n ∈ N) , , 3n 3n 3n 3n k=0 und C := \ Cn . n∈N (a) Zeichne die Mengen C1 , C2 und C3 sowie C1 ∩ C2 ∩ C3 . (2) (b) Entscheide, ob die Menge C Borel-messbar ist. Berechne ggf. ihr Lebesguemaß λ(C). (3) Hinweis: Betrachte die Mengen Ak = ∩n≤k Cn . (c) Zeige, dass C überabzählbar ist. (3) Hinweis: Finde für eine potenzielle Abzählung (xn ) der Menge C eine monoton fallende Folge abgeschlossener Intervalle (An ) ⊂ [0, 1], sodass xn 6∈ An und ∩n∈N An ⊂ C. Lösung: (a) Siehe Übung. (b) Die Mengen Cn sind abgeschlossen als endliche Vereinigung abgeschlossener Intervalle. Somit ist auch die Menge C abgeschlossen als Durchschnitt abgeschlossener Mengen. Also ist C ∈ B([0, 1]). Definiere k \ Cn (k ∈ N). Ak := n=1 Dann ist die Folge (Ak ) monoton fallend mit λ(Ak ) = (2/3)k und somit k \ \ 2 λ(C) = λ Ak = lim λ(Ak ) = lim Cn = λ = 0. k→∞ k→∞ 3 n∈N k∈N (c) Wir nehmen an, dass die Menge C abzählbar wäre, d.h. dass C = {xn : n ∈ N} für eine Folge (xn ) ⊂ [0, 1]. Wir betrachten erneut die monoton fallende Folge Ak := k \ Cn (k ∈ N). n=1 Beachte, dass Ak = [ m m + 1 , 3k 3k m∈M (k) für eine gewisse endliche Menge M (k) ⊂ N. Wähle nun induktiv für alle k ∈ N ein Intervall mk mk + 1 Ik,mk = k , 3 3k mit mk ∈ M (k) derart, dass xk 6∈ Ik,mk und Ik+1,mk ⊂ Ik,mk für alle k ∈ N. Dann ist \ Ik,mk = {x} k∈N für ein x ∈ C aber x 6= xk für alle k ∈ N im Widerspruch zur Wahl der Folge (xn ).