Die Zukunft des Euro: Gut, schlecht oder hässlich? Euroraum Großbritannien USA BIP (2010, in % z.Vj.) 2,1 1,8 2,8 Verbraucherpreise (letzter Monatswert, in % z.Vj.) 2,7 4,5 3,4 Haushaltsdefizit (2010, in % des BIP) -4,9 -10,0 -8,9 Staatsverschuldung (2010, in % des BIP) 71,6 74,0 94,3 3,1 -5,4 -0,3 -0,5 -3,2 -3,2 Tabelle 1: Euroraum, Großbritannien und USA: Ausgewählte Konjunkturindikatoren Felix Martin Economist Realwirtschaft Staatsfinanzen Der Euro: Eine Glaubensfrage? Jean Monnet, der bescheidene CognacHändler aus dem Charente-Tal und spätere Vater der europäischen Integration, beschrieb das europäische Projekt gerne als etwas für Idealisten. „Wir bringen keine Staaten zusammen“, meinte er etwas herablassend, „wir vereinigen Völker.“ Jean Monnets Nachfolger haben keine Gelegenheit ausgelassen, die europäische Integration zu einem recht ermüdenden, bürokratischen Prozess zu machen. Dennoch gibt es in Europa nur wenige derart ideologisch belastete Themen wie die Zukunft der EU. Beim Euro, der für viele Menschen größten Errungenschaft der EU, entwickeln nicht wenige dann einen geradezu religiösen Eifer. Es gibt Gläubige, die ein Auseinanderbrechen der Währungsunion für unmöglich halten, und Ungläubige, die sich nicht vorstellen können, dass sie hält. Die Gläubigen argumentieren, dass der Euroraum insgesamt gar nicht so schlecht dasteht, trotz der offensichtlichen Schwierigkeiten einzelner Mitgliedsländer. Wie Tabelle 1 zeigt, braucht sich der Euroraum in Punkto Wachstum keineswegs zu verstecken. Auch die Kreditvergabe an den privaten Sektor steigt wieder, und mit zurzeit 2,7% ist die Inflation niedriger als in den USA und Großbritannien, wo die Kreditvergabe der Banken im letzten Jahr geschrumpft ist. Die Leistungsbilanz des Euroraums ist mehr oder weniger im Gleichgewicht, während die USA und Großbritannien noch immer auf ausländische Ersparnisse angewiesen sind. Und beim Staatsdefizit und der Staatsverschuldung können die USA, Großbritannien und erst Recht Japan von www.thamesriver.co.uk Finanzsektor Kredite an den privaten Sektor (letzter Monatswert in % z.Vj.) Außenwirtschaft Leistungsbilanzdefizit (2010, in % des BIP) Quelle: Haver Analytics den Zahlen des Euroraums nur träumen. Hier betragen das Haushaltsdefizit 4,9% und die Schuldenstandsquote, also das Verhältnis von Staatsschulden zum BIP 74%. Wenn man eine internationale Reservewährung sucht, so die Gläubigen, wäre der Euro aufgrund dieser Daten der glaubwürdigste Kandidat. bei denen ausländische Anleihegläubiger mit Geld bezahlt werden, das im Land selbst eingespart wird, würden auf Dauer nicht politisch durchsetzbar sein. Der einzige Weg Wenn der Euroraum eine Einheit wäre, sei das ja vielleicht wirklich so, sagen die Ungläubigen. Aber genau das ist er aus ihrer Sicht nicht. Weil der Euroraum weder eine politische Union noch eine Fiskalunion ist, seien die Unterschiede zwischen den Mitgliedsländern wichtig. Einige Volkswirtschaften seien schon lange nicht mehr wettbewerbsfähig und hätten langfristig untragbare Schulden angehäuft. Um die Rettungspakete zu begründen, könnten IWF und EU zwar Wachstumsraten, Anleiherenditen und Haushaltsreformen annehmen, bei denen die Schuldenstandsquoten langfristig zurückgehen. Aber in der Praxis würden sich diese optimistischen Annahmen niemals bewahrheiten. Wenn alle Regierungen sparen, so die Ungläubigen, wird das Wachstum enttäuschend sein. Die Skepsis der Renteninvestoren werde die Renditen steigen lassen. Und ambitionierte Sparprogramme, Annual Investment Conference Am 13. September 2011 findet im IMAX Theatre in London die nächste jährliche Investmentkonferenz von F&C Thames River statt. Um ihren Platz zu reservieren, rufen Sie bitte +44 (0)20 7360 3550 an oder schreiben Sie eine E-Mail an [email protected]. +49 170 780 1048 Deutschland AKTUELL Telefonkonferenzen Aktuelle Informationen der Portfoliomanager über ihre Fonds und Assetklassen gibt es in regelmäßigen Telefonkonferenzen. Als Ansprechpartner steht Ihnen Cora Pfab (Sales Manager, Germany), telefonisch unter +49 170 7801048 oder per E-Mail unter [email protected] gerne zur Verfügung. +44 207 360 3550 Grossbritannien aus der Schuldenfalle sei ein Zahlungsausfall in Verbindung mit einer Währungsabwertung. Und das wäre das Ende des Euro in seiner gegenwärtigen Form. Mit ihrer Schwarz-Weiß-Malerei haben sowohl die Gläubigen als auch die Ungläubigen Unrecht. Wie die endlosen Irrungen und Wirrungen in diesem Sommer gezeigt haben, ist eine schnelle und endgültige Lösung der Euroraum-Krise unwahrscheinlich, egal wie. Stattdessen gibt es mindestens drei andere Möglichkeiten zwischen den beiden Extremszenarien der Gläubigen und der Ungläubigen. Nennen wir sie, in Anlehnung an den gleichnamigen Kultfilm, the Good, the Bad and the Ugly – gut, schlecht und hässlich. In allen drei Szenarien würde der Euro überleben. Wenn es gut kommt … Das gute Szenario ist allgemein bekannt. Die Euroraum-Länder entscheiden sich für eine tragfähige Fiskalunion. Gläubigerländer wie Deutschland müssten hohe Transferzahlungen an die Krisenländer leisten. Schuldnerländer wie Griechenland müssten hinnehmen, dass ihnen nicht nur vorübergehend – im Rahmen eines IWF-Hilfsprogramms – die Haushaltsautonomie entzogen wird, sondern dauerhaft – im Rahmen eines Vertrags. So würde es sein, wenn der Euroraum die vorgeschlagenen Eurobonds einführt, gemeinsam und zusätzlich von den einzelnen Ländern besicherte Anleihen, durch die die Mitgliedsländer ihre alten Fremdkapitalinstrumente ersetzen können (bis zu einem bestimmten Anteil am BIP). Für dieses Szenario gibt es aber große Hürden. Zunächst einmal müssten die EUVerträge grundlegend geändert werden, was die Parlamente der Mitgliedsländer dann zu ratifizieren hätten. Dies ist nicht nur ein technischer Vorgang, sondern auch ein politischer. Die Wähler müssten akzeptieren, dass die Souveränität der Mitgliedsländer eingeschränkt wird, ein Grundprinzip der EU seit ihrer Gründung. Der Gesetzgebungsprozess ist zeitintensiv. Noch wichtiger ist aber der politische Faktor: Falls nicht alles noch viel schlimmer kommt, dürften die nationalen Politiker ihre Wahlchancen kaum durch eine solche Reform gefährden wollen. Andererseits: Solange weder in Deutschland noch anderswo eine ernstzunehmende Partei auftritt, die die europäische Integration zurückdrehen Abbildung 2: Engagement Europäischer Banken in den PIIGS, 2010 Quelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich 2 will, ist das „gute“ Szenario das mittelfristig Wahrscheinlichste. Eine solche politische Kraft ist allerdings nicht in Sicht. Wenn es schlecht kommt … Es gibt aber auch ein schlechtes Szenario: Zahlungsausfall oder Umschuldung, ohne den Euro zu verlassen. Für die Politiker ist dies aus zwei Gründen attraktiv. Zunächst würde die Schuldenlast der überschuldeten Länder verringert, so dass, anders als im ersten Szenario, ihre Solvenzprobleme sofort angegangen würden. Zum anderen hätten die privaten Anleihegläubiger zumindest einen Teil der Kosten zu tragen. Im guten Szenario werden alle Kosten und Risiken von den Steuerzahlern übernommen, sei es in den Schuldnerländern (in denen drastische Sparprogramme nötig wären) oder in den Gläubigerländern (die die Rettungsfonds mit Kapital ausstatten müssten). Bei Zahlungsausfällen oder Umschuldungen werden hingegen Dritte beteiligt. Banken und andere Anleihegläubiger müssten einen Teil der Lasten übernehmen. Leider macht genau dies die Umsetzung des schlechten Szenarios so schwierig. Es besteht nämlich das Risiko von Dominoeffekten, weil die europäischen Banken auch in ihren Nachbarländern engagiert sind. Abbildung 1 zeigt, dass die europäischen Banken mit 130 Mrd. US-Dollar in Griechenland, 194 Mrd. US-Dollar in Portugal, 463 Mrd. US-Dollar in Irland und über 780 Mrd. US-Dollar in Italien engagiert waren, als diese Zahlen letztmalig erhoben wurden. In diesen Zahlen sind auch erhebliche Kredite der Länder untereinander enthalten. Eine „kontrollierte Explosion“, also der Ausfall eines Staates ohne Auswirkungen auf die Liquidität und Solvenz von Banken und anderen Gläubigern, scheint nur schwer vorstellbar. Aber auch hier kann der erste Eindruck täuschen. Die letzten Statistiken der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zeigen, dass sich die grenzüberschreitenden Engagements europäischer Banken in Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und Italien von 2009 bis 2010 fast halbiert haben, von 3,9 auf 2,2 Bio. US-Dollar. Als die Welt zum bislang letzten Mal mit einer großen, zeitgleichen Überschuldung vieler Länder fertig werden musste, während der lateinamerikanischen Schuldenkrise in den späten Achtzigern und frühen Neunzigern, war die Lösung nämlich genau das: eine geregelte Umschuldung, sobald die Banken sie verkraften konnten. Dies lässt vermuten, dass das, was viele Ungläubige für den Beleg der Unzurechnungsfähigkeit europäischer Politiker halten, durchaus Methode hat. Man spielt auf Zeit und bereitet sich auf eine Umschuldung vor, sobald die grenzüberschreitenden Kredite auf ein Abbildung 3: Reale effektive Wechselkurse im Euroraum Deutschland 135 Irland Griechenland Portugal 130 125 120 115 110 105 100 95 90 85 2011-02 2010-09 2010-04 2009-11 2009-06 2009-01 2008-08 2008-03 2007-10 2007-05 2006-12 2006-07 2006-02 2005-09 2005-04 2004-11 2004-06 2004-01 2003-08 2003-03 2002-10 2002-05 2001-12 2001-07 2001-02 2000-09 2000-04 1999-11 1999-06 1999-01 1998-08 1998-03 1997-10 1997-05 1996-12 1996-07 1996-02 1995-09 1995-04 1994-11 1994-06 1994-01 80 Quelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich erträgliches Niveau zurückgegangen sind und die Banken ausreichende Rückstellungen gebildet haben. Das eigentliche Problem Dennoch haben die Ungläubigen Recht, wenn sie auf den entscheidenden Haken sowohl der guten als auch der schlechten Lösung hinweisen. Das eigentliche Problem ist noch immer das Wachstum. Wenn die griechische Volkswirtschaft nicht wächst, kann die Schuldenstandsquote kaum zurückgehen. Allmählich beginnen die Marktteilnehmer zu glauben, dass der Schlüssel zum Wachstum der europäischen Peripherie nicht Austerität oder eine Umschuldung allein sein kann, sondern Wettbewerbsfähigkeit. Lange bevor die ausufernden Haushaltsdefizite und die immer weiter steigenden Schulden Griechenlands und Portugals die Anleger an der Sicherheit von Staatsanleihen zweifeln ließen, sprach man von Eurosklerose, jener gefährlichen Mischung aus einem unterdurchschnittlichen Produktivitätswachstum und einer überdurchschnittlichen Inflation. Sie war das eigentliche Problem. Für die südeuropäischen Länder gab es eine einfache und bewährte Lösung: regelmäßige Währungsabwertungen. Aber genau das ist seit der Mitgliedschaft im Euroraum nicht mehr möglich. Abbildung 2 zeigt, dass der reale Wechselkurs Deutschlands in den letzten 15 Jahren abgewertet hat, während die realen Wechselkurse Portugals, Irlands und Griechenlands zwischen 9% und 19% gestiegen sind. Weder eine umfassende Umschuldung Griechenlands noch die wundersame Umwandlung in Eurobonds kann die griechische Volkswirtschaft wettbewerbsfähiger und wachstumsstärker machen. Ohne Wachstum gibt es aber keine Lösung der Schuldenkrise. Die Vergangenheit lehrt, dass eine Abwertung alternativlos ist, meinen die Ungläubigen, und genau deshalb sehen sie für den Euro keine Zukunft. Wenn es hässlich wird ... Doch selbst dieses scheinbare Totschlagargument der Ungläubigen bedeutet nicht, dass der Euro zwangsläufig auseinanderbricht. Es gibt noch eine weitere Möglichkeit. Nennen wir sie die hässliche. Die Gläubigen wollen den Euro so, wie er ist behalten, die Ungläubigen wollen ihn zugunsten einer neuen, weicheren Währung aufgeben. Aber warum geht nicht beides? Was spricht gegen eine nichtkonvertierbare, lokale Währung neben dem Euro, wobei sämtliche Zahlungsverpflichtungen im Land selbst in der neuen Währung zu leisten wären, aber für Zahlungsverpflichtungen gegenüber Ausländern nach wie vor der Euro gilt. Dann hätte man die Vorteile der Abwertung ohne die Kosten eines Endes des Euroraums. Für die Puristen wäre ein solches System mit zwei Währungen keine Lösung. Nicht ohne Grund bezeichnen wir es als die „hässliche Lösung“. Sie würde aber für eine rasche Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sorgen, ohne dass ein Land den Euroraum verlassen müsste. Diese Lösung bietet jedem etwas, den Schuldnern ebenso wie den Gläubigern. Aber die Wahrheit ist, dass diese hässliche Lösung trotz ihrer grundsätzlichen Attraktivität auf kurze Sicht kaum offizielle EU-Politik werden dürfte. Der jüngste EuroraumGipfel hat stattdessen bestätigt, dass das wahrscheinlichste Szenario ein weiteres, stolperndes Bemühen um das gute Szenario ist – möglicherweise angereichert um einige Elemente des schlechten, um die deutschen und französischen Steuerzahler zu beruhigen. Global Credit: Unsere Strategie Unser Team bereitet sich daher auf dieses Hauptszenario vor, bleibt aber wachsam. Langfristig wird der Markt unserer Ansicht nach ein solches Mischergebnis skeptisch sehen, was den Euro schwächen und die Normalisierung der Euroraum-Renditen verzögern dürfte. Noch länger werden sich Unsicherheit und Erleichterung regelmäßig abwechseln. Durch diese Volatilität wird es auch in Zukunft Chancen für kurzfristige Investoren geben. Wir glauben, mit unserer Strategie davon profitieren zu können. Diese von Thames River Capital LLP („Thames River”, bzw. das „Unternehmen”), einem Teil der F&C-Gruppe, herausgegebene Broschüre dient ausschließlich der Information. Thames River unterliegt der Aufsicht der Financial Services Authority („FSA“) und hat von ihr die Genehmigung zum Geschäftsbetrieb erhalten. Aussagen zu nichtregulierten gemeinschaftlichen Anlagevehikeln sind nur für zum Empfang dieser Informationen berechtigte (Eligible Counterparties), professionelle Anleger oder Investoren bestimmt. Andere Personen dürfen sich nicht auf die Richtigkeit dieser Angaben verlassen. Diese Broschüre ist kein Angebot von Thames River zum Abschluss eines Vertrages oder einer Vereinbarung und auch kein Angebot zum Kauf oder Verkauf eines Anlageinstruments. Nichts in dieser Broschüre sollte in irgendeiner Weise als Finanz- oder Anlageberatung bzw. andere professionelle Beratung verstanden werden. Der Inhalt dieser Broschüre beruht auf Informationsquellen, die wir für verlässlich halten. 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