Krankenbericht Im Rahmen der Intensivklinik vom 20.01. – 02.02.2003 in der 1. Medizinischen Tierklink - Reptilienklinik – der XXX xxx Behandelnder Tierarzt: Dr. med. vet. xxx xxx -1/4- 1) Tierbesitzer: 2) Einlieferungsdatum: 3) Patientendaten a) Tierart: b) Alter: c) Geschlecht: d) Herkunft: e) Länge: f) Gewicht: 4) Es handelt sich um ein Institutseigenes Tier 14.1. 2003 Boa constrictor subadult nicht bekannt nicht bekannt, da Abgabetier ca. 70cm 315g Behandelnder Tierarzt: Dr. xxx xxx 5) Vorbericht: Das Tier wurde am Sonntag, den 12.1.03 tief in die Erde des Terrariums eingegraben vorgefunden, zu diesem Zeitpunkt betrug die Temperatur im Terrarium ca. 50° C, da der Thermostat des Heizsystems defekt war. Die letzte Temperaturkontrolle, bei der alles in Ordnung war, war 2 Tage zuvor (Freitag), woraus sich schließen lässt, das das Tier unter Umständen bis zu 2 Tage lang zu hohen Temperaturen ausgesetzt war. Haltung: das Tier wird einzeln in einem handelsüblichen Terrarium (ca. 100 cm x 50cm x 50 cm), das mit Kokoserde befüllt und mit einem Wasserbecken sowie einer Versteckmöglichkeit ausgestattet ist. Die Luftfeuchtigkeit beträgt ca. 70%, die Temperatur betrug bisher ca. 25-30°C, Beleuchtung erfolgt ca. 12h/d durch Leuchtstoffröhren. Die Schlange wird ca. einmal in der Woche mit einer Maus gefüttert. 6) Klinische Untersuchung – Status praesens: a) Allgemeine Untersuchung: Allgemeinbefinden: mgr. gestört Körperhaltung: Die Schlange windet und verknotet sich regelrecht wenn man sie in der Hand hält, im Terrarium erscheint die Haltung ebenfalls unphysiologisch „verknotet“ und die Schlange zeigt eine Kopfschiefhaltung. Verhalten: leicht apathisch Ernährungszustand: gut Entwicklungszustand: Da das Alter nicht genau bekannt ist, nicht beurteilbar Pflegezustand: gut Atemfrequenz: 24 Atemzüge pro Minute (bei Manipulation) Herzfrequenz: 48 Herzschläge pro Minute (bei Manipulation) b) Spezielle Untersuchung: Haut und Unterhaut: Schleimhäute: Augen: Kreislaufapparat: Atmungsapparat: Verdauungsapparat: Harnapparat: Geschlechtsapparat: Nervensystem: Die Haut ist am ganzen Körper glatt anliegend, es sind keine Verletzungen oder Verbrennungen erkennbar; Die Maulschleimhäute sind blaß-rosa, ohne Verletzungen oder Auflagerungen Pupillen gleich weit geöffnet, Form symmetrisch, nicht eingesunken, keine Verletzungen nicht untersucht Nasenöffnungen ohne Ausfluß und symmetrisch, Larynx und Trachea ohne besonderen Befund vorberichtlich unauffällig; Maul und Kloake ohne besonderen Befund nicht untersucht nicht untersucht Dreht man die Schlange auf den Rücken, dauert es mehrere Minuten bis sie sich wieder vollständig umgedreht hat, man spricht von einem deutlich reduziertem Stellreflex. Das Verknoten -2/4- um die Hand und um sich selbst ist als hochgradige Ataxie zu bewerten. 7) Weitergehende Untersuchungen: a) Blutausstrich: Im Blutausstrich finden sich polymorph-kernige Erythrozyten und vereinzelt Zellen in der Größe von Erythrozyten mit basophiler Innenstruktur, was auf geplatzte Kerne hinweisen könnte. 8) Differentialdiagnosen a) Paramyxo-Virus-Infektion: Bei einer Infektion mit Paramyxo-Viren können unter Umständen auch neurologische Symptome wie die oben beschriebenen auftreten, die Hauptsymptome sind aber Erbrechen und schleimiger Kotabsatz und bakterielle Sekundärinfektionen der Lunge mit entsprechenden Symptomen. Die Diagnose kann nur am toten Tier mittels Histologie und einer Immunperoxidase-Reaktion gestellt werden. b) Boid Inclusion Body disease: Diese, erst seit relativ kurzer Zeit bekannte Krankheit wird vermutlich durch Retroviren verursacht. Die Symptome sind Erbrechen, bei chronischen Fällen häufig zentralnervöse Störungen wie Disorientierung, Verdrehen des Kopfes und Lähmungen. Betroffene Tiere zeigen häufig eine Leukozytose, die Diagnose kann aber nur durch Nachweis der Einschlusskörperchen in Gewebebiosien (z.B. Leber, Magen oder Ösophagus, bisweilen auch in peripheren Lymphozyten) sicher gestellt werden. c) Hyperthermie: Die wahrscheinlichste Ursache für die neurologischen Symptome des Tieres, da die Überhitzung de Terrariums vorberichtlich bekannt ist. 9) Diagnose: Hyperthermie 10) Pathogenese: Schlangen gehören zu den sog. ektothermen Vertebraten, d.h. sie bilden vergleichsweise wenig eigene Stoffwechselwärme, die durch die schlechte thermische Isolation auch noch schnell verloren geht und sind so von äußeren Wärmequellen abhängig. Ektotherme regulieren ihre Körpertemperatur hauptsächlich durch ihr Verhalten, sprich sie bewegen sich an wärme oder kühlere Orte um ihre Körpertemperatur in jeweiligen Optimum zu halten. Alle Ektothermen haben eine kritische Maximaltemperatur, oberhalb der sie nur kurze Zeit überleben können; die liegt bei allen Arten unter 45°C. Die absolute obere Grenze ist die Temperatur bei der Proteine denaturieren, jedoch werden schon bei niedrigeren Temperaturen essentielle physiologische Vorgänge behindert, so sinkt z.B. die Sauerstoffsättigung des Blutes bei hohen Temperaturen rapide ab und eine Hypoxie ist die Folge. Zudem kommt es durch den Versuch durch vermehrte Atmung Wärme abzugeben zu einer Dehydratation, was die Hypoxie noch weiter verschlimmert. Die Boa constrictor hatte in ihrem Terrarium keine andere Möglichkeit der hohen Temperatur auszuweichen als sich in die Erde einzugraben. Vermutlich kam es aber trotzdem schon zu einer Hypoxie im Gehirn, evtl zu einem Hirnödem und daraus resultierend zu den neurologischen Symptomen. 11) Therapie: Die Schlange wurde sofort aus dem überhitzen Terrarium in eine kühlere Umgebung verbracht. Medikamentelle Therapie: 1. Tag: 10ml/kg Ringer subkutan zur Flüssigkeitssubstitution 0,3 mg/kg STRESS-VITAM-N® (ein Multi-Vitaminpräparat) zur Vitaminversorgung subkutan Im weiteren Verlauf erhält das Tier tägl. 10ml/kg hypertone Infusionslösung subkutan, täglich wechselnd 1ml/kg Vitamin-B-Komplex sowie 1ml/kg Traumeel® Injektionslösung subkutan (Homöopathisches Kombinationspräparat bei Verletzungsfolgen, Ödemen und Weichteilschwellungen und entzündlichen degenerativen Prozessen) 12) Prognose: Quo ad vitam: gut -3/4- Quo ad restitutionem: vorsichtig bis gut. 13) Epikrise: Schon nach wenigen Tagen medikamenteller Behandlung zeigte die Boa ein ungestörtes Allgemeinbefinden, zeigte aber immer noch einen verzögerten Stellreflex und bisweilen ein Kopfschiefhaltung. Nach insgesamt 14 Tagen waren diese Symptome jedoch auch weitgehend verschwunden und das Tier konnte als gesund entlassen werden. xxx, den 06.02.03 -4/4-