Hyperhidrose - Thieme Connect

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Schwerpunkt
Monika Sonntag, Thomas Ruzicka
Hautklinik, Universitätsklinikum, Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf
psychoneuro 2005; 31 (6): 315–320
S
chwitzen ist eine natürliche
Funktion des Körpers, die in erster Linie der Steuerung des Wärmehaushaltes (Thermoregulation)
dient. Bei Wärme wird die Schweißabsonderung der ekkrinen Schweißdrüsen gesteigert und damit Verdunstungskühlung erzeugt. Unter
maximaler thermischer Stimulierung
können vom Körper kurzfristig bis zu
3 l Schweiß/h sezerniert werden. Der
Mensch besitzt gut zwei Millionen
ekkrine Schweißdrüsen, die überall
an der Haut vorkommen, besonders
zahlreich aber an den Handflächen,
Fußsohlen, der Stirn und den Achselhöhlen. Ekkrine Schweißdrüsen sind
die einzigen Strukturen der Haut, die
über das sympathische Nervensystem mit Azetylcholin als Neurotransmitter innerviert werden.
Ekkriner Schweiß ist eine geruchslose, klare wässrige Flüssigkeit,
die vorwiegend Natrium-, Kalium-,
Kalzium-, Magnesium- und Chloridionen enthält, außerdem Laktat,
Harnstoff und Spuren von Aminosäuren, biogenen Aminen und Vitaminen. Die Schweißdrüsen an Handflächen, Fußsohlen und in den Achselhöhlen stehen vorwiegend unter
emotionaler Kontrolle. Die entwicklungsgeschichtliche, physiologische
Bedeutung der hohen Zahl von
Schweißdrüsen an Handflächen und
Fußsohlen liegt in der optimalen
Hyperhidrose bedeutet eine Überproduktion an Schweiß aus ekkrinen Schweißdrüsen. Sie wird
unterteilt in eine generalisierte Form, welche die ganze Haut betrifft, und in eine fokale Form
(z.B. axilläre und palmoplantare Hyperhidrose). Patienten mit einer Erhöhung der Schweißproduktion leiden unter einem enormen psychosozialen Stress, sowohl im Berufs- als auch im
Privatleben. Falls der Hyperhidrose keine primäre Ursache (z.B. hormonelle oder psychische
Störungen, insbesondere Hyperthyreose, Phäochromozytom oder Angstneurose) zugeordnet
werden kann, ist eine Behandlung nur symptomatisch möglich. Die generalisierte Hyperhidrose sollte durch Anticholinergika therapiert werden, wobei hier der limitierende Faktor häufig
die auftretenden Nebenwirkungen sind. Für die Hyperhidrosis axillaris hat sich Aluminiumchlorid als das Mittel der Wahl bewährt, eine gute Alternative stellt auch Botulinumtoxin dar.
Eine Kürettage oder Liposuktion sollte erst nach Versagen der konservativen Methoden erfolgen. Für die Behandlung der Hyperhidrosis palmoplantaris sollte der Leitungswasser-Iontophorese den Vorzug gegeben werden. Als Alternative ist die Behandlung mit Botulinumtoxin zu
empfehlen. Die endoskopische thorakale Sympathektomie stellt eine viel versprechende langanhaltende Behandlung dar, die aufgrund des invasiven Charakters jedoch nur bei ausgewählten Patienten erfolgen sollte.
Durchfeuchtung der Hornschicht,
um eine möglichst hohe Reibung für
sicheren Griff und sicheren Tritt bei
Jagd und Flucht zu gewährleisten. So
steigert Stress über eine Aktivierung
des Sympathikus die Schweißproduktion. Die axillären Schweißdrüsen dienen wahrscheinlich dazu,
präformierte geruchsaktive Substanzen durch Verdunstung als Duftwolke freizusetzen. Damit bilden
apokrine und ekkrine Schweißdrüsen zusammen in der Achselhöhle
ein atavistisches Organ (1, 2).
Definition und Einteilung
Definiert wird eine Hyperhidrose als eine generalisierte oder
lokalisierte Überfunktion ekkriner
Schweißdrüsen, die symptomatisch
im Rahmen von internistischen bzw.
neurologischen Erkrankungen oder
genuin vorkommen kann (1).
Eine Einteilung des Schwitzens
kann nach Ursache (idiopathisch
oder sekundär) und nach Ausbreitung (fokal oder generalisiert) vorgenommen werden.
Die als sekundäre oder symptomatisch bezeichnete Hyperhidrose
zeigt sich vorwiegend bei endokrinologischen Erkrankungen mit
Überfunktion von Hypophyse oder
Schilddrüse, bei Diabetes mellitus
oder bei Zuständen, die mit erhöhter
Katecholaminausschüttung einher-
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Hyperhidrose – Ursachen
und aktuelle Behandlungsmöglichkeiten
Tab. 1 Sekundäre Formen
der Hyperhidrose
Hyperhidrose als Symptom von Systemerkrankungen
• Malignome (Lymphome)
• Infektionserkrankungen (Tuberkulose, Endokarditis, Borreliose)
• Hypertonie
• Autoimmunerkrankungen
• Hypoglykämie
Hyperhidrose bei neurologischen Störungen
• Morbus Parkinson
• Läsionen des Rückenmarks
• Dysregulation nach Querschnittslähmung
• Karpaltunnelsyndrom, Halsrippe
• Plexuslähmung
• Enzephalitis
Hyperhidrose bei endokrinologischen Störungen
• Hyperthyreose
• Klimakterium
• Phäochromozytom
• adrenogenitales Syndrom
• Diabetes mellitus
• Karzinoid
Hyperhidrose exogen induziert
• Vergiftungen mit Insektiziden, Herbiziden
und Quecksilber
• Alkohol, Koffein, Nikotin
• cholinerg wirkende Medikamente
gehen wie Schock, Hypoglykämie
und Phäochromozytom. Ferner
kommt sie bei neurologischen Erkrankungen mit partieller Schädigung sympathischer Bahnen, beispielsweise der Halsrippe, dem Karpaltunnelsyndrom oder bei Läsionen des Rückenmarks (Tabes dorsa-
lis, Hemiplegie, Syringomyelie, Tumorerkrankungen) vor. Die Hyperhidrose kann dann halbseitig oder
herdförmig auftreten. Eine exogen
induzierte Hyperhidrose kann auch
durch die Einnahme von Phytosubstanzen wie Lindenblüten entstehen
(2) (Tab. 1). Weitere assoziierte Erkrankungen sind bei der generalisierten Hyperhidrose die Häufung
von grippalen Infekten aufgrund der
ständigen Verdunstungskälte am
Körper, sowie das vermehrte Auftreten von Mykosen, Verrucae vulgaris,
Erythrasma oder gramnegativen
Fußinfekten. Häufiger erweisen sich
diese Erkrankungen als therapieresistent, bis es gelingt, gleichzeitig
nicht nur die Erreger, sondern im
Sinne der Terrainsanierung auch die
Hyperhidrose zu beseitigen.
Die als genuine oder emotional
bezeichnete Hyperhidrose ist eine
konstitutionell bedingte Überfunktion ekkriner Schweißdrüsen in bevorzugten Körperarealen (axillär,
palmoplantar, Gesicht, Nacken).
Auslösend sind Faktoren, die zu einer emotionellen Anspannung führen wie Schmerz, Angst, Lampenfieber oder Freude. Zusätzlich verstärkend wirken Nikotin und Koffein;
auch eine erhöhte Wärmebelastung
wirkt konditonierend. Bei längerem
Bestehen kommt es häufig zu einer
vollständig autonomen Fehlsteuerung, so dass die Patienten auch
plötzliche Schweißausbrüche ohne
jeden erkennbaren Anlass erleiden.
Patienten mit genuiner Hyperhi-
Abb. 1 Hyperhidrosis palmaris Grad III
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psychoneuro 2005; 31 (6)
drose sind häufig Astheniker mit
Zeichen psychovegetativer Übererregbarkeit wie Pseudoleukoderma
angiospasticum und Akrozyanose.
Die genaue Ätiologie ist letztendlich
nicht bekannt. Pathogenetisch kann
eine „Übersteuerung“ der sympathischen Innervation der Schweißdrüsen nachgewiesen werden. Die neuronale Impulsrate kann dabei nicht
nur durch thermische, sondern auch
und gerade durch emotionale Faktoren gesteigert werden. Die Erkrankung beginnt oft schon im Kindesalter, vielfach findet man auch eine
familiäre Häufung (3). In der Ausprägung reicht das Spektrum von
mäßig durchfeuchteten Hand- und
Fußflächen bis zum ständigen Abtropfen des Schweißes (Abb. 1). Eine
Verringerung der Symptomatik wird
oft im höheren Lebensalter gefunden. Der Nachweis der Hyperhidrose
wird in der Regel durch den IodStärke-Test nach Minor gestellt, der
die Methode bereits 1928 beschrieb.
Hierbei wird durch eine Farbreaktion, vermittelt durch Iod, Stärke
und Chloridionen des Schweißes,
die sichtbare Darstellung von neu
austretendem Schweiß ermöglicht.
Zur Quantifizierung der Hyperhidrose kann die Gravimetrie zur Hilfe
genommen werden. Hierbei wird
ein Filterpapier für eine definierte
Zeiteinheit (1 min) auf das schwitzende Areal (idealerweise Axilla,
Hände, Füße) aufgebracht, um den
abgesonderten Schweiß abzufangen.
Mittels einer Feinwaage wird die Gewichtszunahme nachher gegenüber
vorher ermittelt. Eine deutliche Hyperhidrose liegt bei > 30 mg/min für
Hände und bei > 50 mg/min für Axillen vor.
Die Hyperhidrosis palmoplantaris und die Hyperhidrosis axillaris
werden in drei Schweregrade eingeteilt. Für die Hyperhidrosis palmoplantaris bezieht sich Grad I auf eine
Anfeuchtung der Hand- und Fußflächen. Grad II bedeutet die Bildung
von Schweißperlen, jedoch beschränkt sich das Schwitzen streng
auf Palmae und Plantae. Bei einer
starken Hyperhidrose Grad III bilden
sich Schweißperlen auch an den distalen dorsalen Flächen von Fingern,
Zehen und am seitlichen Fußrand
sowie ein Abtropfen des Schweißes.
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Schwerpunkt
Schwerpunkt
Allgemeine Behandlungsmaßnahmen
Bei der Behandlung der Hyperhidrose sollten mit dem Patienten allgemeine Therapiemaßnahmen besprochen werden. Dies beinhaltet
die Vermeidung zusätzlicher Stimuli
der Hyperhidrose. Der Patient sollte
passende Kleidung (lockere Baumwollkleidung, keine Kunstfaser) und
Schuhwerk (Lederschuhe, keine
Gummi- oder Kunststoffsohlen) tragen. Die Ernährung sollte überprüft
werden. Meidung von Kaffee, Tee,
Alkohol, heißen und scharfen Speisen, Umstellung auf kleine, kalorienreduzierte Kost ist sinnvoll. Maßnahmen der täglichen Körperhy-
giene wie duschen und Antiperspiranzien können eine Hyperhidrose
ebenfalls beeinflussen.
Spezifische Behandlungsmaßnahmen
Bei den spezifischen Behandlungsmaßnahmen muss unterschieden werden, ob eine generalisierte
oder eine fokale (lokalisierte) Hyperhidrose vorliegt.
Generalisierte Hyperhidrose
Liegt eine generalisierte Hyperhidrose vor, sollte eine systemische
Therapie mit Antihidrotika in Betracht gezogen werden. Die gebräuchlichsten Medikamente sind
die Anticholinergika wie Bornaprin
und Methantheliniumbromid. Der
Einsatzbereich von Anticholinergika
wie dem Bornaprin gilt vor allem der
Parkinsonkrankheit.
Die beiden auf dem deutschen
Markt erhältlichen und für die Indikation Hyperhidrose zugelassenen
Präparate Bornaprin (Sormodren®)
und Methantheliniumbromid (Vagantin®) wirken über eine Blockade
der Muskarinrezeptoren. Beide Präparate können aufgrund ihrer parasympathikolytischen Wirkung bei
empfindlichen Patienten systemische Nebenwirkungen wie Obstipation, Schlafstörungen, Tachykardien,
Mundtrockenheit und Akkomodationsstörungen auslösen (5).
Kontraindikationen für den Einsatz von Anticholinergika sind u.a.
Blasenentleerungsstörungen, Tachyarrhythmien und das Engwinkelglaukom. Im Allgemeinen wird Methantheliniumbromid (Vagantin®)
besser als Bornaprin (Sormodren®)
vertragen.
Die Dosierung für Bornaprin
sollte einschleichend erfolgen. Die
mittlere Tagesdosis in der Parkinson-Behandlung liegt bei 6–12 mg (1
Tablette entspricht 4 mg). Zur Behandlung der Hyperhidrose empfiehlt es sich, mit einer viertel bis
halben Tablette zu beginnen und alle
zwei Wochen um eine viertel Tablette zu steigern. Häufig wird eine
antihidrotische Wirkung mit einer
Tagesdosis von 4–8 mg erreicht. Für
die Patienten bedeutet das eine
spürbare Erleichterung, aber in den
meisten Fällen keine vollständige
Beseitigung. Der limitierende Faktor
dieser Therapie besteht im Auftreten
von den oben genannten systemischen Nebenwirkungen, die zu einer
Reduzierung oder Absetzen des Medikamentes zwingen.
Methantheliniumbromid ist ein
quarternäres Ammoniumderivat mit
anticholinerger Wirkung, das sich
von Atropin durch das Überwiegen
der Blockade der ganglionären gegenüber der peripheren muskarinischen Übertragung unterscheidet.
Die Dosierung sollte mit 50 mg/d begonnen werden und kann im Einzelfall bis zu 150 mg erhöht werden. In
der Regel sind 50 mg morgens und
mittags eingenommen ausreichend.
Als häufige Nebenwirkung wird bei
der Einnahme von Methantheliniumbromid über eine vorübergehende Mundtrockenheit geklagt (6).
Auch pflanzliche Mittel vor allen
Dingen auf der Grundlage von Salbeiextrakten werden von einigen
Patienten als durchaus hilfreich beschrieben. Die antihidrotische Wirkung von Salbei und anderen pflanzlichen Extrakten erwies sich allerdings bisher nicht als objektivierbar.
Als unterstützende Therapiemaß-
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In Anlehnung an die Hyperhidrosis palmoplantaris bezieht sich Grad
I bei der Hyperhidrosis axillaris lediglich auf eine verstärkte Anfeuchtung der Haut, die Schwitzflecke in
der Kleidung betragen 5–10 cm im
Durchmesser. Bei Grad II bilden sich
Schweißperlen auf der Haut,
Schwitzflecke messen 10–20 cm im
Durchmesser. Grad III besagt, dass
der Schweiß von der Haut abtropft
und die Schwitzflecken in der Kleidung mehr als 20 cm im Durchmesser betragen (4).
Für die Patienten bedeutet die
Hyperhidrose häufig eine massive
Einschränkung ihres Berufs- und Soziallebens und somit ihrer Lebensqualität. Die weitverbreitete Erkrankung kann in ihrer akzentuierten
Form zur sozialen Ausgrenzung und
psychischen Belastung der Betroffenen und ebenso zu dermatologischen Folgeerkrankungen führen. Da
die Hyperhidrosis axillaris und palmaris als peinlich empfunden wird,
entsteht ein Circulus vitiosus mit zusätzlicher psychischer Belastung,
welche die Hyperhidrose wiederum
verstärkt. Viele Patienten empfinden
diese Hyperhidrose als ein soziales
Stigma und haben einen ausgeprägten Behandlungswunsch. Somit entsteht meist ein pragmatischer,
symptombezogener Therapieansatz,
sofern sich kein Hinweis auf systemische Manifestationsfaktoren wie
hormonelle oder psychische Störungen, insbesondere Hyperthyreose,
Phäochromozytom oder Angsterkrankung findet.
Abb. 2 Injektionsschema
Injektionsschema zur Behandlung der Hyperhidrosis palmaris mit Botulinumtoxin Typ A
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Abb. 3 Leitungswasser-Iontophorese
nahmen können sich diese Präparate (z.B. Sweatosan „N“, 3 x 2
Kps./d) dennoch nützlich erweisen.
Fokale Hyperhidrose
Die fokalen (lokalisierten) Formen des idiopathischen Schwitzens
vom emotionalen Muster, also vorwiegend die axilläre und palmoplantare Hyperhidrose, sind den externen therapeutischen Maßnahmen sehr gut zugänglich. Verschiedene therapeutische Interventionen
stehen zur Behandlung der fokalen
Hyperhidrose zur Verfügung: Metallsalze wie Aluminiumchlorid als
wichtigster Vertreter der Lokaltherapeutika, Leitungswasser-Iontophorese, intrakutane Botulinumtoxin-A-Injektionen sowie operative
Verfahren wie axilläre Kürettage
oder die transthorakale endoskopische Sympathektomie (7).
Für die Hyperhidrosis axillaris
hat sich in erster Linie die topische
Anwendung von Aluminiumchlorid,
in Form von Aluminiumchloridhexahydrat (AlC3 x 6 H2O) bewährt.
Aluminiumchloridhexahydrat kann
als Gel, wässrige oder alkoholische
Lösung in einer Magistralrezeptur
hergestellt werden (2). In genügender Konzentration (10–30%) ange-
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wandt, bewirkt es eine Obstruktion
des Ausführungsganges im Bereich
der unteren und mittleren Epidermis. Als Resultat bildet sich ein obstruktiver Pfropf aus Metallionen,
Mukopolysacchariden und nekrotischen Zellen. Die Behandlung sollte
anfangs alle zwei bis drei Tage
abends durchgeführt werden. Wichtig ist dabei die abendliche Anwendung, da nachts die Sympathikusaktivität minimal ist und die Lösung
durch den Schweiß nicht sofort weggewaschen wird. Das Metallsalz
kann somit tief in die Schweißdrüse
eindringen, um seine Wirkung vollständig zu entfalten. Als Nebenwirkung treten unmittelbar nach der
Anwendung gelegentlich stechende
Schmerzen, Prickeln oder Juckreiz
auf. Nach wiederholten Anwendungen verschwindet dieses subjektiv
störende Symptom fast vollständig.
Aufgrund des niedrigen pH-Wertes
der Lösung sollten die Patienten darauf aufmerksam gemacht werden,
dass die Textilien beschädigt werden
können.
Gerbsäuren zeigen ebenfalls eine
antihidrotische Wirkung, wenn auch
im Vergleich zu Aluminiumchlorid
im geringerem Ausmaß. Gerbsäuren
wirken eiweißfällend und erzeugen
bei äußerlicher Anwendung durch
die Denaturierung des Keratins einen Verschluss des Schweißdrüsenausführungsganges. Dieser ist allerdings nur kurzfristig wirksam, da
mit der oberflächlichen Desquamation der Hornzellen der Pfropf wieder beseitigt wird.
Bei Versagen dieser Behandlungsmaßnahmen kann eine Therapie mit Botulinumtoxin-A-Injektionen in Erwägung gezogen werden.
Zur Verfügung stehen mittlerweile
drei Präparate Dysport®, Xeomin®
und Botox®, wovon Botox® seit
Herbst 2003 die Zulassung zur Behandlung der therapieresistenten
Hyperhidrosis axillaris besitzt. Die
Durchführung der BotulinumtoxinA-Injektionen ist bei der Hyperhidrosis axillaris leicht zu erlernen, in
der Regel kann hierbei auf eine
Lokalanästhesie verzichtet werden.
Zur Abgrenzung des zu behandelnden Areals sollte ein Iod-Stärke-Test
nach Minor erfolgen. Für die Behandlung beider Axillen werden ca. 100 U
Botox® und 500 U Dysport® benötigt,
dies entspricht jeweils einer Ampulle
Botulinumtoxin A. Das Toxin wird
mit 5 ml Kochsalzlösung 0,9% verdünnt. Die Injektionspunkte werden
in ca. 1–1,5 cm Abständen in dem zu
behandelnden Areal verteilt. Meist
werden 8–12 Injektionen/Axilla benötigt. Die Injektionen erfolgen tief
intrakutan, bei der Verwendung von
Botox® werden ca. 5 U/Injektion und
bei Dysport® ca. 20 U/Injektion appliziert (Abb. 2). Die Wirkung setzt
nach ca. drei bis fünf Tagen ein und
hält für ca. sechs Monate an, danach
gewinnen die betroffenen Schweißdrüsen ihre Funktionstüchtigkeit
graduell durch Einsprossung neuer
Nervenendigungen aus den angrenzenden Regionen zurück. Die Behandlung kann je nach Bedarf des
Patienten in ca. 6–8-Monatsabständen wiederholt werden (9).
Operative Verfahren sind bei Patienten zu diskutieren, bei denen
konservative Methoden keine zufrieden stellende Wirkung erzielt
haben. Für die Hyperhidrosis axillaris stehen zwei Operationsmethoden zur Verfügung. Zum einen die
Schweißdrüsenexzision mit Kürettage und zum anderen die subkutane Schweißdrüsensaugkürettage.
Bei der ersten Methode wird ein Teil
des hidrotischen Areals exzidiert,
die Wundränder unterminiert und
weitere Schweißdrüsen kürettiert.
Anschließend erfolgt der primäre
Wundverschluss. Bei der subkutanen Schweißdrüsensaugkürettage
erfolgt die Entfernung durch Absaugen (Liposuktion) des entsprechenden Areals oder mit einem scharfen
Löffel durch kleine Hautschnitte (7).
Beide Therapieoptionen sollten nur
durch erfahrene Operateure durchgeführt werden, um die Nebenwirkungen von Wundheilungsstörungen und ungenügender Schweißreduktion möglichst gering zu halten.
Zur Behandlung der Hyperhidrosis palmoplantaris stellt die Leitungswasser-Iontophorese die Therapie der ersten Wahl dar. Die Wirkung dieser Therapie ist zwar noch
nicht vollständig geklärt, doch
scheint eine reversible Störung des
Ionentransports im sekretorischen
Knäuel der ekkrinen Schweißdrüse
einzutreten. Als Wirkungsmechanis-
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Schwerpunkt
Schwerpunkt
auch Nebenwirkungen im Sinne von
Missempfindungen, wie Kribbeln
und Brennen, und Irritationen der
Haut, wie Erytheme und Bläschenbildung auftreten. Ebenfalls können
durch abrupte Spannungsänderungen wie schnelles Herausnehmen einer Extremität Stromschläge in
Form eines so genannten „Weidezauneffektes“ entstehen. Um diese
Nebenwirkungen zu reduzieren,
wurden neuere Geräte mit gepulstem Gleichstrom entwickelt (11, 12).
Die Effektivität der gepulsten
Gleichstromgeräte ist etwas geringer als bei Geräten mit kontinuierlichem Gleichstrom, es empfiehlt sich
jedoch, Kinder mit gepulsten Gleichstromgeräten zu behandeln, um bei
unsachgemäßem Gebrauch Stromschläge im Sinne des Weidezauneffektes möglichst zu vermeiden.
Kontraindikationen für die Durchführung der Leitungswasser-Iontophorese bestehen bei Patienten mit
einem implantierten elektronischen
Gerät (z.B. Herzschrittmacher) und
Metallimplantaten sowie Frauen in
der Schwangerschaft, Frauen mit
Intrauterinpessaren und Patienten
mit Herzrhythmusstörungen.
Die Verordnung eines Heimgerätes ist möglich und wird auch bei der
Mehrzahl der Patienten von den
Krankenkassen erstattet. Es existieren jedoch Unterschiede zwischen den angebotenen Geräten
Tab. 2 Spezifische Therapiemaßnahmen
Typ der Hyperhidrose
generalisiert
axillär
palmoplantar
Frey-Syndrom
Ross-Syndrom
Naevus sudoriferus
Therapiemöglichkeiten
systemische Antihidrotika
Methantheliniumbromid
Bornaprin
pflanzliche Mittel
Salbeiextrakte
Aluminiumchloridhexahydrat
Botulinumtoxin A
Gerbsäuren
Leitungswasser-Iontophorese
Leitungswasser-Iontophorese
Botulinumtoxin A
Aluminiumchloridhexahydrat
Botulinumtoxin A
Aluminiumchloridhexahydrat
Botulinumtoxin A
Aluminiumchloridhexahydrat
Botulinumtoxin A
Aluminiumchloridhexahydrat
hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit
und Benutzerfreundlichkeit, der Nebenwirkungen und Kosten.
Ähnlich wie bei der Hyperhidrosis axillaris besteht auch bei der Hyperhidrosis palmoplantaris die Möglichkeit der Therapie mit Botulinumtoxin A. Die Dosierung und Verdünnung erfolgt gemäß den Vorgaben
der axillären Hyperhidrose. Die
Durchführung der Injektionen im
Bereich der Palmae und Plantae erfordert in einigen Fällen noch die
Verabreichung einer entsprechenden Analgesie. Diese kann mittels eines chlorethanhaltigen Kühlspray
oder Lokalanästhetikum in Form eines Handwurzel- oder Fußwurzelblocks erfolgen. Hilfreich kann auch
die Kombination von Emla-Creme®
(Lidocain- und Prilocain-Gemisch)
mit 1 000 mg Paracetamol sein. Bei
dieser Therapie sollten die Patienten
über diskrete reversible Muskellähmungen aufgeklärt werden, da es in
geringen Fällen zur leichten Diffusion von Botulinumtoxin A in die
entsprechenden Muskelgruppen
kommen kann.
Als operative Möglichkeit steht
bei der Hyperhidrosis palmaris die
transthorakale endoskopische Sympathektomie zur Verfügung. Diese
sollte jedoch erst bei einer massiven
Hyperhidrose und einem ausgeprägten Leidensdruck des Patienten in
Erwägung gezogen werden. Hierbei
werden über kleine Hautschnitte an
der seitlichen Brustwand eine Kameraoptik und Instrumente in den
Brustraum eingeführt. Der sympathische Grenzstrang schimmert
durch die transparente Pleura an der
Brusthöhlenrückwand. An den entsprechenden Ganglien wird der
Grenzstrang durch Metallklammern
oder durch Hitze zerstört. Postoperative Komplikationen treten selten
auf und umfassen den Pneumothorax, den Hämatothorax sowie das
Horner-Syndrom (Engstellung der
Pupille, Hängen des Oberlids,
Zurücktreten des Bulbus in die Augenhöhle). Als häufigste Nebenwirkung (> 50%) des Eingriffs kann ein
kompensatorisches Schwitzen an
anderen Körperstellen, vor allem am
Stamm und an der unteren Extremität auftreten (13). In geringer Ausprägung wird sie von den Patienten
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mus wird eine postsynaptische
Störung des sekretorischen Epithels
im Sinne einer Störung der Stimulus-Sekretion-Kopplung diskutiert
(10). Strukturelle Veränderungen
durch die Iontophorese wurden an
den Schweißdrüsen bislang nicht
gefunden.
Die Durchführung der Iontophorese kann unter fachkundiger ärztlicher Aufsicht an nichtärztliches Personal delegiert werden. Im Prinzip
werden Hände und Füße in kleine
Wannen mit reinem Leitungswasser
getaucht, durch das schwache
Gleichströme geleitet werden (Abb.
3). Der Füllungsgrad der Wannen
soll so bemessen sein, dass beim
Eintauchen der Hände oder Füße lediglich Fußsohlen bzw. Handflächen
sowie die dorsalen Endglieder der
Zehen oder Finger vom Wasser bedeckt sind. Eine Therapiesitzung
dauert je nach Gerät für zwei Extremitäten ca. 15–30 min. Am Anfang
sollte die Therapie mit ca. vier Sitzungen/Woche durchgeführt werden. Sobald sich eine antihidrotische
Wirkung eingestellt hat, kann die
Behandlungsfrequenz
reduziert
werden. Häufig sind zwei Sitzungen/Woche ausreichend. Nach Abbruch der Therapie muss damit gerechnet werden, dass sich die Hyperhidrose nach ca. zwei Wochen
wieder einstellt. Neben einer hohen
Effektivität (> 90%) können jedoch
319
als wesentlich weniger störend
empfunden als die ursprüngliche
palmare Hyperhidrose. Bei starker
Ausprägung kann sie allerdings die
vorbestehenden Beeinträchtigungen
übertreffen.
Das Frey- und das Ross-Syndrom
sowie der Naevus sudoriferus stellen
Sonderformen der fokalen Hyperhidrose dar. Das Frey-Syndrom beschreibt ein gustatorisches Schwitzen häufig im Bereich der Aurikulotemporalregion. Diese Hyperhidrose
resultiert wahrscheinlich aus einer
postoperativen Regeneration des N.
auriculotemporalis mit Einwachsen
postganglionärer sympathischer Fasern. Das Frey-Syndrom kann nach
Herpes zoster, Parotitis oder anderen Verletzungen auftreten.
Das Ross-Syndrom beinhaltet
den Symptomenkomplex aus unilateraler tonischer Pupille und Areflexie mit einer segmentalen progressiven Hypohidrose. Diese wird von
den Patienten meist nicht wahr genommen, stattdessen wird das Restschwitzen, das kompensatorisch
verstärkt ist, als besonders störend
empfunden.
Der Naevus sudoriferus bezeichnet eine unilaterale, scharf umschriebene Hyperhidrose, die durch
eine nävoide Fehlbildung mit Vermehrung von Schweißdrüsen bedingt ist. Auch bei diesen Sonderformen der Hyperhidrose ist eine gute
Behandlungsmöglichkeit die Therapie mit Botulinumtoxin-A-Injektionen (14) (Tab. 2).
Insgesamt lässt sich sagen, dass
die oben beschriebenen Therapieoptionen individuell auf den Patienten abgestimmt werden sollten.
Neuere Studien zeigen, dass eine
ausgeprägte Hyperhidrosis axillaris
durchaus auch von einer systemischen Therapie mit Methantheliniumbromid profitieren kann, und bei
einer generalisierten Hyperhidrose
kann es sinnvoll sein, einzelne
Areale zusätzlich mit Externa wie
Aluminiumchlorid oder Botulinumtoxin A zu behandeln (15).
Hyperhidrosis – Causes and Current
Therapeutic Strategies
Overproduction of sweat by the
eccrine sweat glands is called hyperhidrosis. It is differentiated into two
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psychoneuro 2005; 31 (6)
forms – a generalised form that affects the entire skin and a localised
(e.g. axillary, palmar and plantar hyperhidrosis) form. Patients with increased sweat production often suffer
from enormous psychosocial stress
because they are restricted in their
professional and private lives. If the
hyperhidrosis is not caused by a primary disease (e.g. endocrinologic or
mental disorders, especially thyrotoxicosis, pheochromozytoma or anxiety neurosis), then only symptomatic treatment is possible. The treatment of generalised hyperhidrosis
should be tried with systemic anticholinergic drugs, but it is often limited because of the profile of adverse
effects. For axillary hyperhidrosis, local application of aluminium chloride
seems to be the method of choice, a
successful alternative is botulinum
toxin. Curettage with a scraper and
liposuction should not be considered
until conservative methods have failed. The method of choice in treating
palmoplantar hyperhidrosis is tap
water iontophoresis. Botulinum toxin
can be an effective alternative. The
endoscopic thoracic sympathectomy
is a promising long-term solution,
but should only be considered in
well-justified cases because of its invasive character.
Key words
hyperhidrosis – anticholinergic drug –
aluminium chloride – botulinum toxin
– iontophoresis
nerge Therapie der fokalen Hyperhidrose
mit Methantheliniumbromid (Vagantin®).
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Korrespondenzadresse:
Dr. Monika Sonntag
Hautklinik Universitätsklinikum Düsseldorf
Moorenstraße 5
40225 Düsseldorf
[email protected]
Dieser Artikel ist bereits erschienen
in der Zeitschrift für Allgemeinmedizin (ZFA), 2004; 7: 289–294.
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