Einführung in die Diskrete Mathematik Sommersemester 2014 PD Dr. Nils Rosehr Inhaltsverzeichnis I II Einleitung Kombinatorik 1 Grundlagen der Kombinatorik 5 5 6 1.1 Standardbezeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.2 Endliche Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.5 Potenzmenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.6 Partitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.8 Schubfachprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.9 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.10 Prinzip der doppelten Abzählung . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.11 Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2 Binomialkoeffizienten 10 2.1 Permutationen und Fakultät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.3 Stirling-Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.6 Näherung von Binomialkoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.8 Ungeordnete Summationen und Multimengen . . . . . . . . . 14 2.9 Wege im Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.10 Vandermonde-Identität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.11 Polynommethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2 2.13 Differenzieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.14 Binomische Reihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.15 Multinomialkoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3 Abbildungen und Auswahlen 18 3.6 Auswahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.8 Abzählbare Wahrscheinlichkeitsräume . . . . . . . . . . . . . . 20 3.10 Erwartungswert und Varianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 4 Inklusion und Exklusion 23 4.1 Siebformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.2 Bonferroni-Ungleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.3 Fixpunktfreie Permutationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.4 Surjektive Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.5 Partitionen und Stirling-Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.6 Einschub: Endliche Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.8 Irreduzible Polynome über endlichen Körpern . . . . . . . . . 26 5 Erzeugende Funktionen 28 5.1 (Formale) Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 5.4 Anwendung farbige Kugeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 5.5 Fibonacci-Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 5.6 Lineare Rekursionsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 III Graphentheorie 31 6 Grundlegende Begriffe 31 6.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 6.2 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 6.3 Isomorphismen und Automorphismen . . . . . . . . . . . . . . 34 6.4 Teilgraphen und Konstruktionsmethoden . . . . . . . . . . . . 35 6.5 Nachbarschaften und Gradzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . 36 6.6 Handshake-Lemma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 6.7 Gradfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 24.06.2014–22:31 3 6.9 Der Satz von Turán . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 6.11 Extremale Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 6.12 Touren und Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 6.13 Euler-Touren und Hamilton-Kreise . . . . . . . . . . . . . . . 38 6.15 Kürzeste Wege und der Algorithmus von Dijkstra . . . . . . . 40 6.18 Matrixbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 7 Bäume und Wälder 42 7.1 Charakterisierung von Bäumen . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 7.2 Aufspannende Bäume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 7.3 Charakterisierung endlicher Bäume . . . . . . . . . . . . . . . 43 7.4 Der Satz von Cayley und Prüfercodes . . . . . . . . . . . . . . 44 8 Planare Graphen 44 8.1 Die reelle Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 8.2 Jordanscher Kurvensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 8.5 Flächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 8.6 Formel von Euler für planare Graphen . . . . . . . . . . . . . 45 8.8 Kantenabschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 8.10 Der Satz von Kuratowski . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 VI Übungsaufgaben Index 48 54 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 08.04.2014 I 5 Einleitung Die diskrete Mathematik ist keine Geheimwissenschaft, sondern vielmehr ist diskret hier als Abgrenzung zu kontinuierlich zu verstehen. Dabei wird der Begriff unterschiedlich allgemein gefasst. Häufig geht es um mathematische Probleme oder Theorien die mit endlichen oder abzählbaren Strukturen zu tun haben. Am besten wird dies vielleicht an einigen Beispielen deutlich. Beispiel 1. Nehmen wir an, wir wollen eine Treppe mit 11 Stufen besteigen und können mit einem Schritt entweder eine oder zwei Stufen nehmen. Für die ersten drei Stufen haben wir drei Möglichkeiten: 3 = 1 + 1 + 1 = 1 + 2 = 2 + 1. Für die gesamte Treppe von 11 Stufen gibt es 144 Möglichkeiten. Natürlich ist man in der diskreten Mathematik nicht an der Lösung dieses speziellen Problems interessiert, sondern fragt sich: Gibt es eine Formel für die Anzahl der Möglichkeiten in Abhängigkeit der Anzahl der Stufen? Kann man auch ähnliche Probleme lösen, etwa, wenn man es schafft 3 Stufen (oder alle) auf einmal zu nehmen? Gibt es ein allgemeines Verfahren, zu solchen Lösungsformeln zu kommen? Beispiel 2. Wir wollen ein Schachbrett aus 8 mal 8 Feldern mit 8 Farben so einfärben, dass in keiner Horizontalen oder Vertikalen eine Farbe doppelt auftritt. Dies ist auf vielerlei Weisen möglich und hängt auch gar nicht von der Zahl 8 ab. Solche Einfärbungen werden lateinische Quadrate genannt. Nun stellen wir die Frage, ob es zwei solche Einfärbungen gibt (sogenannte orthogonale lateinische Quadrate), so dass die von entsprechenden Feldern gebildeten Farbpaare alle 8 · 8 = 64 Farbkombinationen durchlaufen. Eine einfache (bejahende) Antwort lässt sich mit der algebraischen Struktur des endlichen Körpers mit 8 Elementen geben. Schon 1780 hat Euler die Frage gestellt, ob es auch orthogonale lateinische Quadrate der Ordnung 6 gibt. Er konnte diese Frage nicht beantworten und vermutete, dass dies für alle Ordnungen der Form 4k+2 nicht möglich sei. Heute weiß man, dass Euler nur für k = 1 Recht hatte. Beispiel 3. Viele kennen seit den Kindertagen das Haus vom Nikolaus. Dabei geht es darum in einem bestimmten Graphen einen Weg zu finden, der alle oder . Solch ein Weg heißt übrigens Kanten genau einmal durchläuft: Euler-Tour, nach Euler, der sich mit dem ähnlichen Königsberger Brückenproblem beschäftigt hat. Diese Touren haben durchaus eine praktische Relevanz, denn z.B. für die Müllabfuhr stellt solch eine Tour einen günstigen Weg dar. Hier ergeben sich viele Fragen: Ist eine solche Tour auch für andere Graphen möglich? Wenn nicht, gibt es ein Kriterium? Kann man die Touren auch mit gleichem Anfangs- und Endpunkt wählen? 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 08.04.2014 II 1 6 Kombinatorik Grundlagen der Kombinatorik 1.1 Standardbezeichnungen. Für die natürlichen Zahlen (ohne Null) schreiben wir N = {1, 2, 3, . . . }, N0 = {0}∪N und {1, . . . , n} = {k ∈ N : k ≤ n} für n ∈ N0 . Weiter benutzen wir Z ⊆ Q ⊆ R ⊆ C. Für die Potenzmenge einer Menge X (also die Menge aller Teilmengen von X) schreiben wir P(X) oder 2X . Wir benutzen die Gaußklammern zum Auf- und Abrunden: bxc := max{z ∈ Z : z ≤ x} und dxe := min{z ∈ Z : z ≥ x} für x ∈ R. 1.2 Endliche Mengen. Eine Menge A ist endlich, wenn es ein n ∈ N0 und eine Abzählung, d.h. eine Bijektion f : {1, . . . , n} → A gibt. Die Zahl n ist eindeutig bestimmt (siehe Übungsaufgabe 1.1) und heißt die Größe, Länge oder Mächtigkeit von A; wir schreiben |A| für die Mächtigkeit von A und nennen A eine n-Menge. Falls A nicht endlich ist, setzen wir |A| := ∞ (siehe Bemerkung nach Satz 1.4) und benutzen ∞ ± x = ±x + ∞ = ∞ + ∞ = ∞ sowie x < ∞ für x ∈ R. 1.3 Lemma. Seien A und B Mengen. (a) Es gilt |A| = 0 genau dann, wenn A = ∅. (b) Es ist A ∪ B genau dann endlich, wenn A und B endlich sind. (c) Es gilt |A ∪ B| + |A ∩ B| = |A| + |B|. (d) Aus B ( A folgt |B| < |A|, falls A (oder B) endlich ist. (e) Für eine Abbildung f : A → B gilt |f (A)| ≤ |A|. Beweis. (a) Die „leere Abbildung“ ∅ → A ist genau dann surjektiv, wenn A leer ist. (∗) Seien nun zunächst A und B endlich und disjunkt. Wir zeigen |A ∪ B| = |A| + |B| per Induktion über |A|: Den Induktionsanfang liefert (a). Für |A| > 0 können wir wieder nach (a) ein a ∈ A wählen. Es folgt |A \ {a}| = |A| − 1, denn ist f : {1, . . . , |A|} → A ein Abzählung, so ist g : {1, . . . , |A| − 1} → A \ {a} mit g(x) = f (x) für x 6= f −1 (a) und g(f −1 (a)) = f (|A|), falls f −1 (a) 6= |A|, eine Abzählung [vertausche a und f (|A|)]. Es folgt |(A \ {a}) ∪ B| = |(A ∪ B) \ {a}| = |A ∪ B| − 1 ebenso, da A und B disjunkt sind, und Induktion liefert die Behauptung. (d) In obigem Induktionsbeweis haben wir |A\{a}| = |A|−1 gezeigt für a ∈ A; daraus folgt die Behauptung per Induktion, wenn wir a ∈ A \ B wählen. [(∗) lässt sich nicht anwenden, da wir (noch nicht) wissen, dass B und A\B endlich sind.] 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 10.04.2014 7 (b) Sind A und B endlich, so folgt aus (∗), dass A ∪ B endlich ist. Aus (d) folgt die andere Implikation, weil A und B Teilmengen von A ∪ B sind. (c) Wegen (b) müssen wir nur noch den endlichen Fall zeigen: |A ∪ B| = |A \ (A ∩ B)| + |B| = |A| − |A ∩ B| + |B|. (e) Für unendliches A ist nichts zu zeigen. Wähle sonst eine Teilmenge A0 ⊆ A, so dass für jedes b ∈ f (A) die Faser f −1 (b) genau ein Element von A0 enthält [A0 ist also ein Repräsentantensystem für die Fasern von f .] Da f |A0 injektiv ist, folgt |f (A)| = |f (A0 )| = |A0 | ≤ |A| nach (d). 2 1.4 Satz. Für endliche Mengen A und B gilt |A| = |B| genau dann, wenn es eine Bijektion A → B gibt. Gilt dies, so ist eine Abbildung h : A → B genau dann bijektiv, wenn sie injektiv oder surjektiv ist. Beweis. Gilt n := |A| = |B|, so gibt es Bijektionen f : {1, . . . , n} → A und g : {1, . . . , n} → B, und wir können als Bijektion g ◦f −1 wählen. Ist umgekehrt eine Bijektion h : A → B gegeben, dann lässt sich diese mit einer Bijektion f : {1, . . . , |A|} → A verketten zu einer Bijektion h ◦ f : {1, . . . , |A|} → B. Es folgt |B| = |A|. Ist h injektiv, so ist h : A → h(A) bijektiv und nach dem schon gezeigten folgt |h(A)| = |A| = |B| und somit h(A) = B nach 1.3(d). Also ist h surjektiv. Ist h nicht injektiv, so gibt es ein a ∈ A mit h(A \ {a}) = h(A) und es folgt |h(A)| = |h(A \ {a})| ≤ |A \ {a}| < |A| = |B| nach 1.3. Also ist h nicht surjektiv. 2 Die erste Aussage des Satzes ist falsch für unendliche Mengen [die zweite sowieso]. Das liegt daran, dass es verschiedene unendliche Mächtigkeiten gibt, etwa |N| = ∞ = |R|, aber es gibt keine Bijektion N → R (Cantors zweites Diagonalargument). Die Forderung der Existenz einer Bijektion zwischen zwei Mengen macht aber auch für unendliche Menge Sinn und wir nennen daher zwei Mengen gleichmächtig, wenn es eine Bijektion zwischen ihnen gibt wie im Satz. Die Endlichkeit von Mengen lässt sich auch noch auf andere Art definieren: Eine Menge ist genau dann unendlich, wenn es eine Injektion von ihr in eine echte Teilmenge gibt. Für eine weitere Möglichkeit siehe Übungsaufgabe 1.4. 1.5 Satz (Potenzmenge). Für eine endliche Menge M gilt |2M | = 2|M | . Beweis. Wir führen Beweis per Induktion nach |M |. Für |M | = 0 haben wir M = ∅ und daher 2M = {∅}, also |2M | = 1. Sei nun |M | > 0. Wir können also 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 10.04.2014 8 m ∈ M wählen und setzen A := {X ⊆ M : m 6∈ X} und B := {X ⊆ M : m ∈ X}. Dann gilt 2M = A ∪ B und A ∩ B = ∅. Es folgt |2M | = |A| + |B|. Ferner ist A = 2M \{m} also |A| = 2|M |−1 per Induktion. Die Abbildung A → B, X 7→ X ∪ {m} ist eine Bijektion mit der Inversen Y 7→ Y \ {m}. Es folgt |A| = |B| und daher |2M | = 2|A| = 2|M | . 2 1.6 Partitionen. Eine Partition einer Menge M ist eine Menge von paarweise disjunkten Teilmengen von M , deren Vereinigung M ist. Für eine endliche Partition P einer Menge M gilt X |M | = |X|. X∈P Häufige Anwendung: |M | = P b∈B |f −1 (b)| für eine Abbildung f : M → B. Beweis. Für |P | = 0, 1 ist die Aussage trivial und für |P | = 2 ist die Aussage ein Spezialfall von 1.3(c). Die Behauptung folgt damit per Induktion über |P |. 2 1.7 Korollar. Für endliche Mengen A und B gilt |A × B| = |A| · |B| und |An | = |A|n für n ∈ N0 (mit 00 = 1). Beweis. Dies folgt aus 1.6, weil A × B die Partition P := {A × {b} : b ∈ B} hat und |A × {b}| = |A| sowie |P | = |B| gilt. Die zweite Behauptung folgt dann per Induktion über n. 2 1.8 Schubfachprinzip. Wenn n Objekte auf weniger als n Fächer verteilt werden, so finden sich in einem Fach mindestens zwei Objekte. Oder: Wenn n Objekte mit k < n Farben eingefärbt werden, so haben mindestens zwei Objekte die gleiche Farbe. Formal: Sind A und B endliche Mengen mit |B| < |A|, so ist jede Abbildung f : A → B nicht injektiv, d.h. es existiert ein b ∈ B mit |f −1 (b)| ≥ 2. Allgemeiner: Für f : A → B mit |B| < ∞ existiert ein b ∈ B mit |f −1 (b)| ≥ Beweis. Mit 1.6 folgt |A| = P b∈B |A| . |B| |f −1 (b)| ≤ |B| maxb∈B |f −1 (b)|. 2 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 15.04.2014 9 1.9 Anwendungen. Wir werden im Laufe der Vorlesung viele Anwendungen sehen; hier sind ein paar Beispiele dieser wichtigen Beweismethode: (a) Unter 15 Personen, sind immer mindestens 2 im gleichen Monat geboren, oder mindestens 3 am gleichen Wochentag. [Es existieren 70.000 Menschen mit exakt gleichvielen Haaren auf dem Kopf: ca. 7 · 109 Menschen, ca. 105 Haare] 2 (b) Unter 5 Punkten √ im Einheitsquadrat [0, 1] gibt es immer zwei mit Abstand höchstens 12 2: Zwei der 5 Punkte liegen in einem der 4 Teilquadrate mit √ Seitenlänge 1/2 wie im Bild und haben daher Abstand ≤ 12 2 (für Punkte auf den Trennlinien wählen wir willkürlich). (c) Sind a1 , . . . , an+1 ∈ {1, . . . , 2n}, so gibt es Indices i 6= j, so dass ai ein Teiler von aj ist: Wir schreiben ai = 2ei ui mit ei ∈ N0 und ui ∈ N ungerade. Wegen 1 ≤ ui ≤ 2n gibt es n Möglichkeiten für ui und das Schubfachprinzip liefert i 6= j mit ui = uj und etwa ei ≤ ej . Es folgt ai = ei ui | ej ui = aj . Für die n Zahlen n + 1, . . . , 2n ist die Folgerung falsch. (d) Sei n ∈ N und a1 , . . . , an2 +1 eine Folge von n2 + 1 verschiedenen reellen Zahlen. Dann gibt es eine monoton fallende oder monoton steigende Teilfolge der Länge n + 1: Wir definieren [Erdös und Szekeres folgend] zwei Abbildungen f, g : {1, . . . , n2 + 1} → N. Dabei sei f (i) (bzw. g(i)) die Länge der längsten steigenden (bzw. fallenden) Teilfolge, die bei ai endet (bzw. beginnt). Wir führen einen Widerspruchsbeweis, und nehmen daher (f (i), g(i)) ∈ {1, . . . , n}2 für alle i an. Das Schubfachprinzip liefert uns i < j mit (f (i), g(i)) = (f (j), g(j)). Damit können wir eine der beiden Folgen verlängern, nämlich, falls ai < aj , am Ende um aj , also f (j) > f (i), oder, falls ai > aj , am Anfang um ai , also g(i) > g(j). Beides ist ein Widerspruch zu (f (i), g(i)) = (f (j), g(j)). Die y-Koordinaten der 17 Punkte im Bild, sortiert von links nach rechts, enthalten monotone Folgen der Länge 5 (wie viele?), aber ohne den zentralen Ausnahmepunkt ist dies falsch. (e) Approximationssatz von Dirichlet: Für α ∈ R und n ∈ N existieren k, l ∈ Z mit 0 < k ≤ n und |kα − l| < 1/n. [(αZ + Z)/Z liegt dicht in R/Z] [Das Schubfachprinzip wird auch oft als Dirichlet-Prinzip bezeichnet.] Aus dem Approximationssatz folgt, dass es für irrationale α unendlich viele Brüche l/k gibt mit 0 < |α − l/k| < 1/k 2 ; für rationale α ist dies falsch. Beweis. Wir betrachten die n + 1 „Rundungsreste“ ai := iα − biαc ∈ [0, 1[ für i = 0, . . . , n. Nach dem Schubfachprinzip 1.8 liegen also in einem der n halboffenen Intervalle [r/n, (r + 1)/n[ für r = 0, . . . , n − 1 zwei Reste ai und 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 15.04.2014 10 aj mit i < j. Es folgt 1/n > |aj − ai | = |(j − i)α − (bjαc − biαc)| = |kα − l| mit k := j − i und l := bjαc − biαc. 2 1.10 Prinzip der doppelten Abzählung. Sei M eine endliche Menge, und seien P und Q Partitionen von M . Dann liefert 1.6 folgenden Zusammenhang: X X |X| = |M | = |Y |. X∈P Y ∈Q Häufig besteht M aus Paaren, also M ⊆ A × B. Dann hat man X X |M ∩ ({a} × B)| = |M | = |M ∩ (A × {b})|. a∈A b∈B 1.11 Beispiel. Bei einem Treffen ist die Anzahl der Personen, die einer ungeraden Anzahl von Leuten die Hände schütteln, gerade: Für die Menge A der Personen betrachten wir die Menge M der Paare (a, b) ∈ A2 von Personen die Hände miteinander schütteln. Wir zählen M auf zwei Weisen. Einerseits gilt für (a, b) ∈ M auch (b, a) ∈ M und a 6= b, also ist |M | = 2h gerade, P wobei h die Anzahl der „Händeschüttelungen“ ist. Andererseits folgt |M | = a∈A na , wobei na := |M ∩ ({a} × A)| die Anzahl der Leute ist, die mit a die Hände schütteln. Also muss die Anzahl der ungeraden na gerade sein. 2 Binomialkoeffizienten 2.1 Permutationen und Fakultät. Für eine Menge M bezeichnet Sym M die Menge aller Bijektionen von M nach M , die sogenannte symmetrische Gruppe auf M . Ihre Elemente werden Permutationen genannt. Für uns ist die endliche symmetrische Gruppe Sn := Sym{1, . . . , n} auf n ∈ N0 Ziffern interessant. Ihre Mächtigkeit |Sn | wird als Fakultät von n, in Zeichen n!, bezeichnet. Man überlegt sich leicht, dass die Rekursionsgleichung n! = n · (n − 1)! gilt für n ∈ N und zeigt per Induktion n! = n · (n − 1) · (n − 2) · · · 2 · 1 = Qn−1 i=0 (n − i); beachte 0! = 1. Für ein Element x eines kommutativen Rings Qk−1 Qk−1 und k ∈ N definieren wir xk := i=0 (x − i) und xk := i=0 (x + i) sowie x0 := x0 := 1 (steigende und fallende Faktorielle). Die Produkte xk und xk bestehen also aus k um 1 absteigende bzw. aufsteigende Faktoren beginnend mit x. Mit dieser Notation gilt n! = nn und nk = n!/(n − k)! . Erstaunlicherweise lässt sich die Fakultätsfunktion auf R≥0 R ∞fortsetzen [sogar noch weiter und holomorph] durch die Definition F (x) := 0 tx e−t dt. Es gilt F (0) = F (1) = 1 und F (x) = xF (x − 1) (partielle Integration). Durch Γ(x) := F (x − 1) wird die Gammafunktion definiert. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 24.04.2014 11 √ Das Wachstumsverhalten von n! entspricht n( ne )n mit annähernd konstantem relativen Fehler. Genauer hat man die folgende Abschätzung, die wir ohne Beweis (mit Gammafunktion) angeben. √ 1 2.2 Satz. Für n ∈ N und an := 2πn( ne )n gilt an ≤ n! ≤ an e 12n . Die schwächere Abschätzung e( ne )n ≤ n! ≤ en( ne )n lässt sich leicht per Induktion unter Benutzung von 1 + x ≤ ex für x ∈ R zeigen. 2.3 Korollar (Stirling-Formel). Es gilt lim √ n→∞ n! = 1. 2πn( ne )n 2.4 Definition. Für eine Menge M und k ∈ Z bezeichnen wir mit M := {X ⊆ M : |X| = k} k die Menge aller k-Teilmengen von M . Ist |M | = n ∈ N0 , so definieren wir den Binomialkoeffizient zu n und k durch M n . := k k Der Binomialkoeffizient nk hängt nicht von M , sondern nur von n = |M | ab. Er gibt also die Anzahl der k-Teilmengen jeder n-Menge an. Daher gilt n n = 1 = für n ∈ N0 und nk = 0 für k < 0 und k > n. 0 n Wir notieren grundlegende Eigenschaften von Binomialkoeffizienten: 2.5 Lemma. Für k, l, n ∈ N0 gilt n+1 n n (a) k+1 = k + k+1 , n n (b) k = n−k , Pn n n (c) k=0 k = 2 , Pn (d) (x+y)n = k=0 nk xk y n−k für Elemente x, y eines kommutativen Rings (binomischer Lehrsatz), n k n n−l (e) k l = l k−l für l ≤ n, k n(n−1)···(n−k+1) n n! (f) = nk! = k!(n−k)! für k ≤ n. k = k(k−1)···1 M Beweis. (a) Sei M eine (n + 1)-Menge und m ∈ M . Dann ist k+1 eine M \{m} M disjunkte Vereinigung von A := und B := {X ∈ k+1 : m ∈ X}. k+1 Weil B → M \{m} , X → 7 X \ {m} eine Bijektion ist, folgt k M n+1 n n = |A| + |B| = = + . k+1 k+1 k+1 k 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 24.04.2014 12 (b) Sei nun |M | = n. Die Komplementbildung X 7→ M \ X ist eine Bijektion M von M k auf n−k . (c) folgt aus 1.5 und 1.6, denn M k : k ∈ {0, . . . , n} ist eine Partition der Potenzmenge 2M . (d) folgt per Induktion aus (a) [oder direkt über die Definition von Binomialkoeffizienten durch Ausmultiplizieren des n-fachen Produktes]. (e) Wir zählen X := {(A, B) ∈ Ml × M : A ⊆ B} auf zwei Weisen gek n n−l n k mäß 1.10: l k−l = |X| = k l (einerseits wird zuerst A gewählt und dann durch eine (k − l)-Teilmenge von M \ A zu B ergänzt, und andererseits wird zuerst B gewählt und darin eine l-Teilmenge gewählt). n n−1 n (f) Für l = 1 gilt nach (e) die Gleichung nk k = n n−1 k−1 , also k = k k−1 für k ∈ N; die Gleichung folgt hieraus per Induktion. 2 Die Rekursionsformel 2.5(a) ist das Bildungsgesetz für das Pascal-Dreieck; dabei ist jeder Zahl die Summe der beiden Zahlen links und rechts darüber: 1 1 1 1 1 1 3 4 5 1 2 1 3 6 1 4 1 10 1 10 5 1 6 15 20 15 6 1 1 7 21 35 35 21 7 1 1 8 28 56 70 56 28 8 1 1 9 36 84 126 126 84 36 9 1 1 10 45 120 210 252 210 120 45 10 1 .. .. . . Lemma 2.5(b) drückt die Spiegel-Symmetrie des Dreiecks aus. Mit 2.5(f) kann man leicht zeigen, dass die Koeffizienten bis zur Mitte ansteigen (und dann fallen). Die Summe der Zahlen in einer Diagonalen (siehe fett gedruckte Zahlen im Pk Pk = Bild) ist wieder ein Binomialkoeffizient, genauer gilt l=0 n+l = l=0 n+l n l n+k+1 ; dies zeigt man leicht per Induktion. k Vermutung von Singmaster: Jede Zahl ab 2 tritt im Pascal-Dreieck höchstens 10 Mal auf. Singmaster hat 1975 bewiesen, dass unendlich viele Zahlen mindestens 6 Mal 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 24.04.2014 13 auftreten. Die Zahl 3003 = 3003 78 15 14 = = = 1 2 5 6 tritt 8 Mal auf; häufigeres Auftreten ist nicht bekannt. 2.6 Näherung von Binomialkoeffizienten. Für m ∈ N gilt 22m 2m 22m √ < <√ . m 2 m 2m √ √ 2m 1 Beweis. Wir betrachten P := 22m 2 zeigen. m und müssen 1 < 2 mP < Es gilt (2m)! 1 · 3 · 5 · · · · · (2m − 1) P = m , = (2 m!)2 2 · 4 · 6 · · · · · 2m und daher 2(2m)P 2 = 32 52 (2m − 1)2 · ··· >1 2·4 4·6 (2m − 2)(2m) | {z } (2m−1)2 = (2m−1)2 −1 >1 sowie (2m)P 2 < (2m + 1)P 2 = 1·3 3·5 (2m − 1)(2m + 1) · 2 ··· <1 22 4 (2m)2 {z } | = (2m)2 −1 <1 (2m)2 2 Die Stirling-Formel liefert etwas genauer √ 2m m 1 lim · 2m = √ , m→∞ 2 m π √ √ was zu 2 < π < 2 passt. Außerdem lässt sich mit Hilfe der Stirling-Formel zeigen, dass 2m m−t / 2m m 2 durch e−t /m approximiert wird, d.h. die normierten Binomialkoeffizienten verhalten sich wie die Gaußsche Glockenkurve. 2.7 Lemma (Erdös-Szekeres 1978). Je zwei Zahlen 6= 1 in einer Zeile des Pascal-Dreiecks haben einen gemeinsamen Teiler (> 1). Beweis. Für 0 < l < k < n gilt nk ist nl ein Teiler von nk kl . Wegen gemeinsamen Teiler. k n n−l und daher l = l k−l nach 2.5(e), k n n n l < l haben also l und k einen 2 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 29.04.2014 14 2.8 Ungeordnete Summationen und Multimengen. Auf wie viele Arten kann man 24 gleiche Stücke Schokolade an 5 Kinder verteilen? Allgemeiner ist dies die Frage nach der Mächtigkeit von Xn,k := {(s1 , s2 , . . . , sk ) ∈ Nk0 : s1 + s2 + · · · + sk = n} für k, n ∈ N0 . Wir notieren solche Summen durch Zeichenketten gebildet aus den Symbolen und (für Schokolade und Trenner). Die Summe 1 + 2 + 3 = 6 und die Summe 0 + 2 + 1 + 0 + 4 = 7 durch wird etwa durch dargestellt. Die Elemente aus Xn,k entsprechen eindeutig den Zeichenfolgen der Länge n+k−1 bestehend aus n Einheiten und k−1 Trennsym bolen . Das bedeutet aber, sie entsprechen den Teilmengen in {1,...,n+k−1} ; k−1 dabei gibt eine Teilmenge an, an welchen Stellen in der Zeichenkette das Sym bol steht. Also gilt |Xn,k | = n+k−1 k−1 . Für die Ausgangsfrage gibt es also 24+4 = 28·27·26·25 = 7 · 9 · 13 · 25 = 20475 Möglichkeiten. 4 4·3·2·1 Wir geben noch eine andere Interpretation von Xn,k . Sei A eine Menge. Dann heißt eine Abbildung M : A → N0 Multimenge über P A, die Werte M (a) heißen Häufigkeiten oder Gewichte von a, und |M | := a∈A M (a) wird als Gesamtgewicht oder Mächtigkeit von M bezeichnet. Dann gibt |Xn,k | = n+k−1 = n+k−1 die Anzahl der Multimengen über einer k-Menge mit Gek−1 n samtgewicht n an. [In unserem Beispiel haben wir also eine Multimenge von Kindern, und die Häufigkeit jedes Kindes gibt an, wie viel Stücke Schokolade es erhält.] Jetzt wollen wir etwas gerechter sein und jedem Kind mindestens ein Stück Schokolade zukommen lassen, wir suchen also |{(s1 , s2 , . . . , sk ) ∈ Nk : s1 + s2 + · · ·+sk = n}|. Dies führt zu Zeichenketten, die nicht enthalten und bei denen nicht am Anfang oder Ende steht, d.h. hinter jedem der ersten n − 1 Symbole kann jeweils höchstens einer der k − 1 Trenner stehen; dies bedeutet das Doppelzeichen muss (k−1)-mal auf n−1 verteilt werden. Als Anzahl Stellen 23 23·22·21·20 ergibt sich n−1 und für das Beispiel = = 23 · 11 · 7 · 5 = 8855. k−1 4 4·3·2·1 2.9 Wege im Gitter. Viele Formeln für Binomialkoeffizienten lassen sich auch über Wege in Gittern beweisen. Ein kürzester Weg in einem Gitter der Größe m × n von (0, 0) nach (m, n) besteht aus m + n Schritten, nämlich m Schritten nach rechts und n Schritten nach oben. (m, n) (0, 0) Jeder Weg ist eindeutig festgelegt durch die Schritte nach oben (oder durch m+n die Schritte nach rechts). Daher gilt m+n = , siehe 2.5(b). Jeder dieser m n Wege läuft entweder durch den Punkt (m, n − 1) oder durch (m − 1, n). Daher n+m−1 n+m−1 gilt n+m = + für die Anzahl solcher Wege, siehe 2.5(a). n n−1 n 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 29.04.2014 15 2.10 Satz (Vandermonde-Identität). Für n, m, k ∈ N0 gilt X k n+m n m = k l k−l und insbesondere l=0 2n n = n 2 X n l=0 l . 1. Beweis. Seien N und M disjunkte Mengen mit |N | = n und |M | = m. M Die Mengen Sl := {A ∪ B : A ∈ Nl , B ∈ k−l } für l = 0, . . . , k bilden eine Pk m Pk N ∪M n+m Partition von . Also folgt k = l=0 |Sl | = l=0 nl k−l nach 1.6 k und 1.7. 2 2. Beweis. Nach 2.9 ist n+m die Anzahl der kürzesten Wege im Gitter von k (0, 0) nach (n + m − k, k). Jeder der Wege verläuft durch genau einen der Punkte (n − l, l) mit 0 ≤ l ≤ k wie im Bild [auch für l > n]. (n − k, k) (n + m − k, k) (0, 0) (n, 0) Es gibt genau nl kürzeste Wege von (0, 0) nach (n − l, l), und von (n − l, l) m nach (n + m − k, k) genau (n+m−k)−(n−l)+k−l = k−l . 2 k−l 2.11 Polynommethode. Häufig lassen sich für natürliche Zahlen definierte Funktionen auf allgemeinere Zahlbereiche ausdehnen. Für ein Element z eines kommutativen Ringes, der Q enthält (also etwa Q, R, C oder C[x]), definieren wir in Verallgemeinerung von 2.5(f) z(z − 1) · · · (z − k + 1) z zk := = k k! k! für k ∈ N0 . Insbesondere ist xk z.B. ein Polynom in Q[x]. Für alle k ∈ N0 gilt die Identität z+1 z z = + k+1 k k+1 x+1 x z.B. für alle komplexen Zahlen z, denn f := k+1 − xk − k+1 ist ein Polynom vom Grad höchstens k + 1 in Q[x] mit den unendlich vielen Nullstellen n ∈ N wegen 2.5(a); und daher folgt f = 0, weil ein solches Polynom sonst höchstens k +1 Nullstellen hätte. Entsprechend gilt z.B. auch die Vandermonde-Identität für komplexe Zahlen. Direkt aus der Definition folgt −z k z+k−1 = (−1) . k k 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 29.04.2014 16 Jedes Polynom xk ∈ Q[x] hat an jeder Stelle x = n ∈ Z einen ganzzahligen Wert (Definition 2.4 und Formel für −n k ). Hier ist eine Umkehrung: 2.12 Satz (Pólya). Erfüllt ein Polynom f ∈ Q[x] die Bedingung f (N0 ) ⊆ Z, so ist f eine ganzzahlige Linearkombination von Polynomen xk mit k ∈ N0 . x Beweis. Die Polynome bilden eine Basis des Q-Vektorraums Q[x] k wegen Pm x x grad k = k. Daher existieren ak ∈ Q und m ∈ N mit f = k=0 ak k . Wegen 0 k = 0 für k ∈ N gilt a0 = f (0) ∈ Z. Wir führen Induktion über n und nehmen an a0 , a1 , . . . , an ∈ Z. Dann folgt Z 3 f (n + 1) = n X k=0 | also an+1 ∈ Z. m X n+1 n+1 n+1 + an+1 + , ak n+1 k k k=n+2 | {z } | {z } {z } =1 =0 ak ∈Z 2 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 06.05.2014 17 2.13 Differenzieren. Aus Polynomidentitäten wie oben lassen sich durch (formales) Differenzieren neue Identitäten Z.B. erhält man aus 2.5(d) Pn gewinnen: n k n für y = 1 die Gleichung (1 + x) = x . Differenzieren liefert n(1 + k=0 k Pn Pn n k−2 x)n−1 = k=1 k nk xk−1 und n(n − 1)(1 + x)n−2 = k=2 k(k − 1) x usw. k Pn Durch Einsetzen von x = 1 erhält man n2n−1 = k=1 k nk usw. 2.14 Binomische Reihe. Für r ∈ R und x ∈ C mit |x| < 1 gilt ∞ X r k r (1 + x) = x . k k=0 Beweisidee. Man differenziert die rechte Seite R(x) und stellt fest, dass sie der Differentialgleichung rR(x) = (1 + x)R0 (x) genügt; siehe Köhler, Analysis, Heldermann-Verlag 2006, Satz 16.3. 2 Wir notieren einige Spezialfälle: ∞ ∞ X X n+k−1 k −n x (−x)k = (1 − x)−n = k k (1 − x)−1 = √ 1+x= k=0 ∞ X k=0 xk k=0 ∞ 1 X 2 xk k=0 k (geometrische Reihe) = 1 + 12 x − 81 x2 · · · Für n ∈ N0 erhalten wir 1 1 1 1 11 2 = · −1 − 2 ··· −n n+1 (n + 1)! 2 2 2 2 n (−1) · 1 · 3 · 5 · · · (2n − 1) = n+1 2 (n + 1)! (−1)n (2n)! = n+1 · n 2 (n + 1)! 2 n! (−1)n 1 2n = 2n+1 · 2 n+1 n Dabei besteht der letzte Faktor aus den sogenannten Catalan-Zahlen 1 2n 2n 2n Cn := = − ∈ N0 , n+1 n n n+1 die uns später noch wieder begegnen werden. Man kann zeigen, dass Cn die Anzahl der Zeichenketten der Länge 2n gebildet aus den Klammerzeichen ‘(’ und ‘)’ mit korrekter Klammerung ist, siehe Übungsaufgabe 4.3. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 06.05.2014 18 2.15 Multinomialkoeffizienten. Sei t ∈ N0 und M eine n-Menge, und seien k1 , k2 , . . . , kt ∈ Z. Wir setzen M {A1 , A2 , . . . , At } ist Partition von M := (A1 , A2 , . . . , At ) : und für i = 1, 2, . . . , t gilt |Ai | = ki k1 , k2 , . . . , kt und nennen die Mächtigkeiten M n := k1 , k2 , . . . , kt k1 , k2 , . . . , kt Multinomialkoeffizienten [Achtung: Es werden „geordnete“ Partitionen gezählt, und die Partitionen dürfen ∅ enthalten]. Jede Teilmenge A von M definiert die Partition {A, M \ A}, also k1n,k2 = n n n k1 ,n−k1 = k1 = n−k1 für k1 + k2 = n. Allgemeiner gilt n n n − k1 n − k1 − k2 kt = ... k1 , k2 , . . . , kt k1 k2 k3 kt n! , = k1 !k2 ! · · · kt ! falls k1 , k2 , . . . , kt ∈ N0 mit k1 + k2 + · · · + kt = n, und sonst k1 ,k2n,...,kt = 0. Per Induktion zeigt man aus dem Binomischen Lehrsatz den multinomischen Lehrsatz: In kommutativen Ringen gilt X n (x1 + x2 + · · · + xt )n = xk1 xk2 · · · xkt t . k1 , k2 , . . . , kt 1 2 k1 ,k2 ,...,kt ∈N0 Die Multinomialkoeffizienten k1 ,k2n,...,kt geben auch die Anzahl der Wege in einem t-dimensionalen Gitter von (0, 0, . . . , 0) nach (k1 , k2 , . . . , kt ) an, sowie die Anzahl der Zeichenfolgen mit t Buchstaben, die jeweils genau ki -mal für i = 1, . . . , t vorkommen; vergleiche 2.9 und 2.8. Wie viele verschiedene Wörter kann man aus dem Wort MISSISSIPPI durch Umordnen der Buchstaben bilden? Antwort: 11 11! = 11 · 10 · 9 · 7 · 5 = 34 650 = 1! · 4! · 4! · 2! 1, 4, 4, 2 3 Abbildungen und Auswahlen 3.1 Definition. Für Mengen A und B sei B A = {f | f : A → B} = {(ba )a∈A : ba ∈ B} die Menge aller Abbildungen von A nach B. Wir haben B ∅ = {∅} und B N ist die Menge aller Folgen in B. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 06.05.2014 19 3.2 Satz. Für endliche Mengen A und B gilt B A = |B||A| . Beweis. Falls a ∈ A existiert, haben wir die Bijektion B A → B A\{a} × B : f 7→ (f |A\{a} , f (a)). Daher folgt für |A| < ∞ die Behauptung per Induktion wegen A A\{a} B = B · |B| = |B||A|−1 · |B| = |B||A| . 2 Aus Abschnitt 1 wiederholen wir: 3.3 Satz. Seien A und B endliche Mengen und f : A → B eine Abbildung. (a) Ist f injektiv, so gilt |A| ≤ |B| und |A| = |B| ⇐⇒ f bijektiv. (b) Ist f surjektiv, so gilt |A| ≥ |B| und |A| = |B| ⇐⇒ f bijektiv. (c) Ist |A| = |B| und f injektiv oder surjektiv, so ist f bijektiv. Anwendung: 3.4 Satz. Für die Anzahl π(n) aller Primzahlen in {1, . . . , n} gilt π(n) ≥ ln n ln 4 für alle n ∈ N, insbesondere gibt es unendlich viele Primzahlen. Beweis (Erdös). Jedes a ∈ {1, . . . , n} lässt sich eindeutig in der Form a = b2 c schreiben mit b,√ c ∈ N und c ein Produkt von verschiedenen Primzahlen. Für b gibt es höchstens n Möglichkeiten, und für c höchstens 2π(n) Möglichkeiten. Weil√ die Abbildung a 7→ (b, c) injektiv ist, liefern 1.7 und 3.3(a) die Ungleichung n ≤ n · 2π(n) , also n ≤ 4π(n) , also ln n ≤ π(n) ln 4. 2 3.5 Satz. Sind A und B endliche Mengen, dann gibt es genau |B| |B||A| = |B|(|B| − 1) · · · (|B| − |A| + 1) = |A|! |A| injektive Abbildungen von A in B. Insbesondere gilt | Sym A| = |A||A| = |A|!, und dies ist auch die Anzahl der linearen Ordnungsrelationen auf der Menge A. Beweis. Das zweite Gleichheitszeichen folgt aus 2.5(f), und die Behauptung ist trivial für |B| < |A|. Andernfalls gibt es zu jeder |A|-Teilmenge X von B eine Bijektion f0 : A → X und alle Bijektionen von A nach X erhält man eindeutig als g ◦ f0 für g ∈ Sym X. Wegen | Sym X| = |X|! = |A|! folgt die Behauptung. 2 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 08.05.2014 20 3.6 Auswahlen. Auf wie viele Arten kann man k Elemente aus einer n-Menge auswählen? Man muss präzisieren, ob die Reihenfolge berücksichtigt wird, und ob wiederholte Auswahlen erlaubt sind, d.h. ob sogenanntes Ziehen mit Zurücklegen vorliegt. Anzahl Auswahlen k aus n mathematisches Objekt Reihenfolge wichtig Reihenfolge egal ohne Zurücklegen nk injektive Abbildungen n k mit Zurücklegen k-Teilmengen = −n k Multimengen 2-Zeichenfolgen n+k−1 k nk Abbildungen 3.7 Beispiel. Wir zählen normierte Polynome vom Grad d = k über einem endlichen Körper K mit q = n Elementen, die in Linearfaktoren zerfallen. Die Linearfaktoren sind von der Form x − a für a ∈ K. Wir müssen also d Linearfaktoren aus q möglichen mit Zurücklegen und ohne Berücksichtigung der Reihenfolge (Kommutativität von K) auswählen. Es geht also um Multimengen über einer q-Menge mit Gesamtgewicht d, also gibt es q+d−1 solche d q+1 q 2 Polynome und daher q − 2 = 2 > 0 viele normierte irreduzible Polynome vom Grad 2. 3.8 Abzählbare Wahrscheinlichkeitsräume. Ein abzählbarer Wahrscheinlichkeitsraum ist eine abzählbare nichtleere Menge S zusammen mit einer Wahrscheinlichkeitsverteilung P : 2S → R≥0 definiert auf der Potenzmenge 2S von S mit [ X An = P (S) = 1 und P P (An ) n∈N n∈N für jede Folge (An ) paarweise disjunkter Teilmengen von S [beachte absolute Konvergenz und Vertauschbarkeit]. Die Teilmengen von S heißen Ereignisse und die Elemente von S Elementarereignisse. Die Wahrscheinlichkeitsfunktion P istSbestimmt durch P ihre Werte auf den Elementarereignissen, denn P (A) = P ( a∈A {a}) = a∈A P ({a}) für A ⊆ S. Man überlegt sich leicht, dass 0 ≤ P (A) ≤ 1 und P (S \ A) = 1 − P (A) für alle A ⊆ S gilt, und damit P (∅) = 1 − P (S) = 0. Gilt P ({s}) = P ({t}) für alle s, t ∈ S, so heißt P P Gleichverteilung oder Laplace-Verteilung auf S. Für s ∈ S folgt dann 1 = t∈S P ({t}) = |S|P ({s}) P und somit P (A) = a∈A P ({a}) = |A|/|S|; insbesondere ist S endlich. 3.9 Beispiele. (a) Durch den Wahrscheinlichkeitsraum S = {1, . . . , 6} mit der Gleichverteilung wird das Würfeln eines Spielwürfels modelliert. Die Ereignisse Z = {2, 4, 6} (eine durch zwei teilbare Zahl zu würfeln) und D = {3, 6} (eine durch drei teilbare Zahl zu würfeln) sind unabhängig, denn P (Z ∩ D) = P ({6}) = 61 = 12 · 13 = P (Z)P (D). 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 08.05.2014 21 (b) Zweimaliges Würfeln modelliert man durch S = {1, . . . , 6}2 und das Ereignis „Augensumme ist 4“ wird durch A = {(1, 3), (2, 2), (3, 1)} beschrieben; 3 1 seine Wahrscheinlichkeit ist |A| |S| = 36 = 12 . (c) Beim Lotto „6 aus 49“ ist S = {1,...,49} , und es liegt Gleichverteilung 6 vor mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu |S| = 49 = 13 983 816. 6 Das Ereignis „j ist eine der 6 gezogenen Zahlen“ ist gegeben durch Aj = {j} ∪ B : (48 |A | 5) 6 ≈ = 49 B ∈ {1,...,49}\{j} und hat daher die Wahrscheinlichkeit |S|j = 49 5 (6) 0,1224. (d) Das n-fache Werfen einer gezinkten Münze wird beschrieben durch PnS = {0, 1}n und P ({s}) = pe (1 − p)n−e für festes p ∈ [0, 1], wobei e := i=1 si die Anzahl der 1-en in s = (s1 , s2 , . . . , sn ) ist. Hier liegt nur für p = 1/2 Gleichverteilung, also eine ungezinkte Münze, vor. Wenn Sie der Münze Ihres Gegenspielers misstrauen, lassen Sie ihn zweimal werfen, und werten Sie (0, 1) als Kopf und (1, 0) als Zahl, und bei den Ausgängen (0, 0) oder (1, 1) lassen Sie die zwei Würfe wiederholen. Es liegt dann eine Gleichverteilung vor, denn P ({(0, 1)}) = p(1 − p) = P ({(1, 0)}). [Dieser Trick wird zur Verbesserung von physikalischen Zufallszahlengeneratoren benutzt.] 3.10 Erwartungswert und Varianz. Sei (S, P ) ein endlicher Wahrscheinlichkeitsraum [für S abzählbar unendlich müssten wir unten immer die Existenz der Reihen voraussetzen]. Eine Abbildung X : S → R heißt Zufallsvariable. Wir bezeichnen mit X E(X) := X(s)P ({w}) s∈S den Erwartungswert (oder Durchschnitt) von X und mit V (X) := E((X − E(X))2 ) die Varianz (oder Streuung) von X. Die Abbildung E ist R-linear, daher gilt V (X) = E(X 2 ) − E(X)2 , denn V (X) = E(X 2 − 2XE(X) + E(X 2 )) = E(X 2 ) − 2E(X)2 + E(X)2 . 3.11 Beispiele. (a) Sei X die Augenzahl beim Würfeln. Dann gilt E(X) = P6 P6 2(25+9+1) 1 3·7 7 1 7 2 = 35 i=1 i = 6 = 2 und V (X) = 6 i=1 (i − 2 ) = 6 6·4 12 ≈ 2,92. (b) Sei S := Sn = Sym({1, . . . , n}) für n ∈ N und X(s) die Anzahl der Fixpunkte von s ∈ S. Zur Berechnung von E(X) und V (X) betrachten wir die Zufallsvariablen Xi : S → {0, 1} mit ( 0 falls s(i) 6= i Xi (s) = 1 falls s(i) = i 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 08.05.2014 für s ∈ S und i = 1, . . . , n. Es gilt E(Xi ) = (n−1)! n! = 1 n 22 und daher n n X X 1 E(X) = E( Xi ) = E(Xi ) = n · = 1. n i=1 i=1 Weiter gilt 2 E(X ) = E X n 2 Xi i=1 = n X E(Xi Xj ) = i,j=1 und Xi2 = Xi , also E(Xi2 ) = E(Xi ) = E(Xi Xj ) = n X E(Xi2 ) + 2 i=1 1 n. X E(Xi Xj ) i<j Für i 6= j ist (n − 2)! 1 1 {s ∈ S : s(i) = i und s(j) = j} = = n! n! n(n − 1) und zusammen für n ≥ 2 n 1 1 = 1 + 1 = 2, E(X ) = n · + 2 n 2 n(n − 1) 2 also V (X) = E(X 2 ) − E(X)2 = 2 − 1 = 1. Permutationen haben also im Durchschnitt einen Fixpunkt, oder man sagt auch 1 ± 1 viele Fixpunkte. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 13.05.2014 4 23 Inklusion und Exklusion In diesem kurzen Abschnitt wollen wir ein weiteres Prinzip der Kombinatorik behandeln: 4.1 Satz (Siebformel). Für endliche Mengen A1 , A2 , . . . , An gilt n X \ [ |I|−1 (−1) Ai . Ai = i=1 i∈I ∅6=I⊆{1,...,n} Alternative Formulierung für endliches M ⊇ Ai mit Abkürzung n X [ \ |I| M \ Ai . (−1) Ai = i=1 T i∈∅ Ai := M : i∈I I⊆{1,...,n} Beweis. Für n = 1 ist die Aussage klar. Wir führen Induktion über n und nutzen die Induktionsvoraussetzung für A2 , . . . , An und A1 ∩ A2 , . . . , A1 ∩ An : [ [ n [ n n 1.3(c) |A1 ∪ Ai | = |A1 | + Ai − (A1 ∩ Ai ) i=2 i=2 \ i=2 \ X X = |A1 | + (−1)|I|−1 Ai − (−1)|I|−1 Ai . i∈I ∅6=I⊆{2,...,n} ∅6=I⊆{2,...,n} i∈{1}∪I 2 4.2 Bemerkung (Bonferroni-Ungleichungen). Für endliche Mengen A1 , A2 , . . . , An , ungerades u ∈ N und gerades g ∈ N gilt n m X X [ \ Ai ≤ βu mit βm := (−1)k−1 A βg ≤ i . i=1 I∈({1,...,n} ) i∈I k k=1 Für u, g ≥ n gilt Gleichheit wegen 4.1. Man erhält z.B. [ X n n X X n |Ai | − |Ai ∩ Aj | ≤ Ai ≤ |Ai |. i=1 i<j i=1 i=1 4.3 Fixpunktfreie Permutationen. Wir wollen die Anzahl dn der Permutationen aus Sn ohne Fixpunkte (derangements) bestimmen. Für Ai := T {σ ∈ Sn : σ(i) = i} haben wir AI := i∈I Ai ∼ = Sym({1, . . . , n} \ I) für I ⊆ {1, . . . , n}, also |AI | = (n − |I|)! nach 2.1. Mit Satz 4.1 folgt n [ X dn = Sn \ Ai = (−1)|I| (n − |I|)! i=1 = n X k=0 I⊆{1,...,n} n X n (−1)k (−1)k (n − k)! = n! k k! k=0 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 13.05.2014 24 Für die Wahrscheinlichkeit dn /n! der Fixpunktfreiheit in Sn gilt demnach ∞ X (−1)k dn lim = = e−1 ≈ 0,37. n→∞ n! k! k=0 Ferner haben wir mit der Restgliedabschätzung des Leibnizkriteriums ∞ X (−1)k Leibniz (−1)n+1 1 1 < n! |dn − n!e−1 | = n! (n + 1)! = n + 1 ≤ 2 , k! k=n+1 also ist dn die nächste bei n!/e liegende ganze Zahl. 4.4 Surjektive Abbildungen. Die Anzahl der surjektiven Abbildungen ei Pk l k n ner n-Menge auf eine k-Menge ist gegeben durch (−1) (k − l) = l=0 l Pk Pn k−l k n l n n (−1) l . Insbesondere gilt n! = l=0 (−1) l (n − l) und 0 = l Pkl=0 l k n (−1) (k − l) für n < k; siehe 3.3(b). l=0 l Beweis. Sei M = {1, . . . , k}{1,...,n} , also |M | = k n nach 3.2. Für l ∈ {1, . . . , k} sei Al = {f ∈ M : lT6∈ im f } = ({1, . . . , k} \ {l}){1,...,n} . Wieder folgt |Al | = (k−1)n und ebenso | l∈I Al | = (k−|I|)n für I ⊆ {1, . . . , k}. Die Siebformel 4.1 Sk P Pk liefert |M \ l=1 Al | = I⊆{1,...,k} (−1)|I| (k − |I|)n = l=0 (−1)l kl (k − l)n für die Menge der surjektiven Abbildungen. 2 4.5 Partitionen und Stirling-Zahlen. Für n, k ∈ N0 sei Sn,k die Anzahl der Partitionen einer n-Menge, die aus k nichtleeren Teilmengen bestehen, also Sn,k := |{X ⊆ 2{1,...,n} \ {∅} : X ist Partition von {1, . . . , n}, |X| = k}|. Beachte S0,0 = 1 und S0,k := 0 für k ∈ N. Diese Zahlen heißen StirlingZahlen 2. Art (die Stirling-Zahlen 1. Art sind die Anzahlen sn,k der Permutationen aus Sn mit genau k Zyklen einschließlich der Länge 1). Ist f : {1, . . . , n} → {1, . . . , k} surjektiv, so ist {f −1 (l) : l ∈ {1, . . . , k}} eine Partition von {1, . . . , n} mit genau k nichtleeren Komponenten. Umgekehrt bestimmt jede solche Partition genau k! solche surjektiven Abbildungen, denn wir betrachten ungeordnete Partitionen. Pk Pk Nach 4.4 gilt also k!Sn,k = l=0 (−1)l kl (k − l)n = l=0 (−1)k−l kl ln . 4.6 Einschub: Endliche Körper. Sei n eine natürliche Zahl, und für z ∈ Z sei rn (z) ∈ {0, 1, . . . , n − 1} der eindeutig bestimmte Rest bei Division von z durch n. Damit definieren wir eine Addition und Multiplikation auf Zn = {0, 1, . . . , n − 1} durch a ⊕ b := rn (a + b) und a b := rn (a · b) und (Zn , ⊕, ) wird damit zu einem kommutativen Ring, dem Restklassenring modulo n. Es ist Zn genau dann ein Körper, wenn n eine Primzahl ist; siehe Algebra WS11, Satz 10.7. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 13.05.2014 25 Sei nun K ein beliebiger Körper, z.B. der Restklassenkörper Zp für p ∈ P wie oben, und sei f ∈ K[x] ein Polynom über K mit grad f ≥ 1. Analog zur obigen Definition sei rf (g) der eindeutig bestimmte Rest bei Division von g durch f mit grad rf (g) < grad f . Ganz analog zu Zn definieren wir auf K[x]f := {g ∈ K[x] : grad g < grad f } eine Addition und Multiplikation durch a⊕b := rf (a+b) = a+b und ab := rf (a·b) und erhalten einen kommutativen Ring (K[x]f , ⊕, ), der genau dann ein Körper ist, wenn f ein irreduzibles Polynom ist, d.h. aus f = gh mit g, h ∈ K[x] folgt grad g = 0 oder grad h = 0, siehe Algebra WS11, Satz 10.4. Ist K ein endlicher Körper, so gilt |K[x]f | = |K|grad f . [Wie immer schreiben wir für ⊕ und meisten einfach + bzw. · .] Beispiele. Es gilt R[x]x2 +1 ∼ = C, denn (ax + b) (cx + d) = rx2 +1 (ac(x2 + 1) + (ad + bc)x + bd − ac) = (ad + bc)x + bd − ac. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 15.05.2014 26 Der Ring Z4 ist kein Körper, denn 22 = 0, aber Z2 [x]x2 +x+1 = {0, 1, x, x+1} mit x2 = x + 1 ist ein Körper mit 4 Elementen. 4.7 Satz. (a) Für jeden endlichen Körper K ist die Ordnung |K| eine Primzahlpotenz, und umgekehrt gibt es zu jeder Primzahlpotenz ab 2 einen Körper mit dieser Ordnung; zwei endliche Körper von gleicher Ordnung q sind isomorph. Man bezeichnet solch einen Körper mit Fq oder GF(q) von „GaloisFeld“. (b) Genau dann hat Fpa mit p ∈ P einen Teilkörper der Ordnung q, wenn q = pb und b | a; in dem Fall gibt es genau einen solchen Teilkörper. (c) Die multiplikative Gruppe K ∗ = K \ {0} eines endlichen Körpers K ist ∗ ∗ zyklisch, d.h. es gibt ein a ∈ K ∗ mit K ∗ = {a1 , a2 , . . . , a|K | } mit a|K | = 1. Beweis. Zitate aus Algebra WS11: Satz 17.2, Satz 17.3., Satz 9.5. 2 Beispiele: Es gibt Körper der Ordnungen 2, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 11, . . . aber nicht 6 oder 10. Der Körper F128 = F27 hat nur die Teilkörper F2 , F128 wegen 7 ∈ P und F256 = F28 hat genau die Teilkörper F2 , F4 F16 , F256 . 4.8 Irreduzible Polynome über endlichen Körpern. Sei K ein endlicher Körper mit q = |K| und IK (n) die Menge der irreduziblen normierten Polynome in K[x] vom Grad n ∈ N und Iq (n) := |IK (n)|. Seien p1 , . . . , pr die sämtlichen Primteiler von n. Dann gilt Iq (n) = 1 n X I⊆{1,...,r} (−1)|I| q nI mit nI := Q n i∈I pi . Beweis. Nach 4.7(b) hat L := Fqn einen zu Fq ∼ = K isomorphen Teilkörper, und wir können daher K ⊆ L annehmen. Weil L∗ = L \ {0} eine Gruppe n mit q n − 1 Elementen ist (oder mit 4.7(c)), gilt aq −1 = 1 für alle a ∈ L∗ n und daher aq = a für alle a ∈ L. Also sind alle Elementen von L Nullstellen n des Polynoms g := xq − Q x, und daher zerfällt g in paarweise verschiedene Linearfaktoren, also g = a∈L x − a. Wir betrachten die Menge E := {a ∈ L : L ist einziger Teilkörper X mit K ∪ {a} ⊆ X ⊆ L}. Gewöhnlich schreibt man K(a) = {h(a) : h ∈ K[x]} für den kleinsten Teilkörper von L, der K ∪ {a} enthält, es gilt also a ∈ E ⇐⇒ K(a) = L. Ist f ∈ K[x] das Minimalpolynom von a ∈ E, so folgt f | g wegen g(a) = 0. Also zerfällt mit g auch f über L in paarweise verschiedene Linearfaktoren. Da f irreduzibel ist, folgt, dass f das Minimalpolynom all dieser Nullstellen ist. Ferner überlegt man sich, dass K(a) ∼ = K[x]f gilt mit Isomorphismus h ∈ K[x]f 7→ h(a) ∈ K(a) 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 15.05.2014 27 (siehe Algebra WS11, Satz 13.6). Es folgt grad f = n wegen |L| = |K|n , also f ∈ IK (n). Ist umgekehrt f ∈ IK (n), so ist x ∈ L0 := K[x]f eine Nullstelle von f im Körper L0 . Wegen |L0 | = q n erhalten wir wie oben f | g, und daher zerfällt f auch über L in Linearfaktoren der Form x − a. Zu all diesen Nullstellen a ∈ L ist f Minimalpolynom, und wegen K(a) ∼ = L0 folgt a ∈ E. Wir haben gezeigt, dass E partitioniert wird in n-Mengen, die aus Nullstellen zu Polynomen f ∈ IK (n) bestehen, also gilt n · Iq (n) = |E|. Wir bestimmen |E|: Die Elemente von L \ E liegen in maximalen echten Teilkörpern von L. Nach 4.7(b) sind dies genau die Teilkörper |Ai | = q n/pi = q n{i} für T Ai von L mit nI i = 1, . . . , r. Für T I ⊆ {1, . . . , r} folgt | i∈I Ai | = q wegen ggTi∈I n/pi = nI mit 4.7(b), denn i∈I Ai ist der größte gemeinsame Teilkörper der Ai für i ∈ I, und daher X |E| = (−1)|I| q nI . I⊆{1,...,r} 2 Beispiele. Es gilt I2 (2) = 12 (22 − 21 ) = 1 mit x2 + x + 1 ∈ IF2 (2), I2 (6) = 1 6 54 1 8 240 3 2 1 4 6 (2 − 2 − 2 + 2 ) = 6 = 9 und I2 (8) = 8 (2 − 2 ) = 8 = 30. Die einfachste Abschätzung nach Bonferroni [oder |E| ≤ |L| in obigem Beweis] liefert Iq (n) ≤ n1 q n , und für große n ist diese Abschätzung recht gut. Da es genau q n normierte Polynome vom Grad n gibt, ist die Wahrscheinlichkeit für Irreduzibilität also etwa 1/n. 4.9 Bemerkung. Es gilt die Rekursionsformel X qn = dIq (d), d|n denn das Produkt der normierten irreduziblen Polynome über Fq vom Grad n d | n ist genau g = xq − x (Algebra WS11, Übungsaufgabe 12.2). [Man kann Sie auch rein analytisch mit erzeugenden Funktionen beweisen; siehe Cameron, Combinatorics, Abschnitt 4.7.] 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 20.05.2014 5 28 Erzeugende Funktionen 5.1 (Formale) Potenzreihen. Wir betrachten hier Potenzreihen meist etwas anders als in der Analysis. Soweit möglich verzichten wir auf Konvergenzbetrachtung und rechnen lediglich formal mit ihnen wie es in der Algebra präzisiert wird, siehe AlgebraP WS11, Definition 9.1. Formale PotenzP P reihen sind Ausdrücke der Form an xn = n∈N0 an xn = n≥0 an xn und können als Verallgemeinerungen von Polynomen betrachtet werden; dabei ist (an )n∈N0 eine Folge in einem kommutativen Ring R, etwa Z, Q, R oder C. Wir rechnenPmit ihnen P wie aus derPAnalysis P bekannt und P durch Polynome n n n n motiviert: c a x = (ca )x , a x + b x = (an + bn )xn und n n n n P P P Pn n n n ( an x )( bn x ) = n∈N0 ( k=0 ak bn−k )x . Auf diese Weise erhält man den Ring R[[x]] der formalen Potenzreihen, welcher den Polynomring R[x] enthält. P P n P Beispiel. Wir berechnen das Produkt ( xn )(1 − P x) = x − n≥1 xn = n 1. Dies bedeutet, dass die geometrische Reihe ist mit P nx invertierbar 1 im Ring Z[[x]]. Inversem 1 − x. Wir können also auch schreiben x = 1−x P 1 Quadrieren wir beide Seiten erhalten wir (n + 1)xn = (1−x) 2 , was sich auch durch formales Differenzieren ergibt. 5.2 Definition. Sei a = (an )n∈N0 eine Folge in P einem kommutativen Ring (z.B. Z, R oder C). Die (formale) Potenzreihe an xn heißt erzeugende Funktion von a. Idee von erzeugenden Funktionen: Eigentlich will man die Folge a besser verstehen – z.B. eine einfache Formel finden. Anstatt sich mit den unendlich vielen Folgengliedern herum zu schlagen ordnet man der Folge ein einziges Objekt zu, die erzeugende Funktion, und untersucht dieses, z.B. mit Hilfsmitteln der Analysis oder Algebra. Einfache Versionen dieser Methode haben wir schon in 2.11 und 2.13 kennen gelernt. 5.3 Beispiele. (a) Folge (1, 1, 1, . . . ) hat als erzeugende Funktion die geoP Die metrische Reihe xn = (1 − x)−1 . Wie wir oben gesehen haben, hat also (1, 2, 3, . . . ) die erzeugende Funktion (1 − x)−2 . (b) Nach 2.14 (binomische Reihe) ist (1 + x)r für r ∈ R die erzeugende Funktion von kr k∈N0 ; speziell ist (1 − x)−n die erzeugende Funktion von n+k−1 = n−1+k für n ∈ N. k n−1 k∈N0 k∈N0 (c) Für die erzeugende Funktion der Catalan-Zahlen Cn erhält man siehe 2.14. √ 1− 1−4x , x 5.4 Anwendung farbige Kugeln. Eine Kiste enthält 30 rote, 40 blaue und 50 grüne Kugeln, jeweils nicht unterscheidbar. Auf wie viele Arten kann man Kugeln 70 entnehmen? 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 20.05.2014 29 Wir suchen also alle Tupel i, j, k mit i ∈ {0, . . . , 30}, j ∈ {0, . . . , 40}, k ∈ {0, . . . , 50} und i + j + k = 70. Die Anzahl dieser Tupel entspricht genau dem Koeffizienten von x70 in f := (1 + x + · · · + x30 )(1 + x + · · · + x40 )(1 + x + · · · + x50 ). Zunächst gilt 1 + x + · · · + xk = X xn − xk+1 X xn = (1 − xk+1 ) X xn = 1 − xk+1 . 1−x und damit = (1 − x31 )(1 − x41 )(1 − x51 )(1 − x)−3 X n + 2 5.3(b) 31 41 51 = (1 − x − x − x + · · · ) xn , 2 41 31 21 1 so dass x70 den Koeffizienten 72 2 − 2 − 2 − 2 = 2 (72 · 71 − 41 · 40 − 31 · 30 − 21 · 20) = 1061 hat. f 5.5 Fibonacci-Zahlen. Die Folge der Fibonacci-Zahlen ist rekursiv definiert: F0 = 0, F1 = 1, Fn+2 = Fn+1 + Fn für n ∈ N0 . Hier ist eine Tabelle: n Fn 0 0 1 1 2 1 3 2 4 3 5 5 6 8 7 13 8 21 9 34 10 55 11 89 12 144 ··· ··· Diese Folge taucht so häufig in Mathematik und Natur auf, dass ihr eine eigene Zeitschrift, der Fibonacci Quarterly gewidmet ist. Wir wollen die erzeugende Funktion F bestimmen und rechnen (mit Fk = 0 für k ≤ 0) X X X F = Fn x n = Fn−1 xn + Fn−2 xn + x = xF + x2 F + x. Auflösen nach F gibt x . 1 − x − x2 Wir wollen nun die Koeffizienten der formalen Potenzreihe F direkt bestimmen, um eine explizite Darstellung für Fn zu erhalten. Seien α und β die Nullstellen von x2 − x − 1. Dann gilt 1 − x − x2 = (1 − αx)(1 − βx), denn Division durch x2 liefert 1 − x1 − x12 = (1 − αx )(1 − β1 ). Jetzt machen wir eine Partialbruchzerlegung, also den Ansatz F = F = a b + , 1 − αx 1 − βx dabei bestimmen wir a und b später durch Koeffizientenvergleich. Wir erhalten X X X F =a (αx)n + b (βx)n = (aαn + bβ n )xn , 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 20.05.2014 30 und daher die explizite Darstellung Fn = aαn + bβ n (∗) der Fibonacci-Folge. Die Nullstellen von x2 − x − 1 ergeben sich zu √ √ 1+ 5 1− 5 α= und β = 2 2 und durch Koeffizientenvergleich mit F0 = 0 und F1 = 1 ergibt sich a = −b = √ 1/(α − β) = 1/ 5 aus (∗), also √ n √ n 1+ 5 1− 5 1 − . Fn = √ 2 2 5 Dies ist eine erstaunliche Beschreibung der Fibonacci-Zahlen, denn diese natürlichen Zahlen werden durch Potenzen von irrationalen Zahlen dargestellt. √ Die Potenzen der Zahl β = 21 (1 − 5) = −0,618 . . . werden sehr schnell klein wegen |β| < 1, so dass aαn eine sehr gute Näherung für Fn darstellt, es gilt etwa aα12 = 144, 001 . . . . Außerdem ist das Verhältnis aufeinander folgender Fibonacci-Zahlen ungefähr α. √ Die Zahl α = 12 (1+ 5) = 1,618 . . . wird als Goldener Schnitt bezeichnet. Sie ist das Seitenverhältnis eines Rechtecks, das nach Abschneiden eines Quadrates in ein Rechteck mit gleichem Seitenverhältnis übergeht. α 1 1 2 1 5 3 1/α 1 5.6 Bemerkung (Lineare Rekursionsgleichungen). Ähnlich wie die Folge der Fibonacci-Zahlen lassen sich auch lineare Rekursionsgleichungen der Länge d ∈ N mit Koeffizienten zi ∈ C vom Typ f (n + d) = z1 f (n + d − 1) + z2 f (n + d − 2) + · · · + zd f (n) für alle n ∈ N0 durch erzeugende Funktionen lösen. Das Problem wird dabei zurück geführt auf die Bestimmung von Nullstellen von Polynomen vom Grad d. Siehe Aigner, Diskrete Mathematik, Satz 3.1. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 22.05.2014 31 5.7 Beispiel. Wir bestimmen für n ∈ N0 die Anzahl an der Abbildungen f : {1, . . . , n} → {1, . . . , n} mit im f = {1, . . . , k} für ein k ∈ N0 . Es gilt a0 = a1 = 1 und a2 = 3. Angenommen f bildet genau k Elemente auf 1 ab, dann können wir diese Elemente auf nk Arten wählen, und der Rest kann auf an−k Weisen auf {2, . . . , n} abgebildet werden. Wir erhalten die Rekursionsgleichung ( n n X X 1 für n = 0, n n an = an−k oder 2an = an−k + k k 0 für n > 0 k=1 k=0 und betrachten die erzeugende Funktion  von (an /n!)n∈N0 , die sogenannte exponentielle erzeugende Funktion von (an )n∈N0 und berechnen n n XX X 1 X n 1 an−k n x +1 = ex Â(x)+1, an−k xn +1 = 2Â(x) = n! k! (n − k)! k n n k=0 also Â(x) = k=0 ∞ ∞ ∞ 1 X ex k X 1 X k n xn 1 = , = 2 − ex 2 2 2k+1 n=0 n! k=0 k=0 n und durch Koeffizientenvergleich für x erhalten wir ∞ X kn an = . 2k+1 k=0 III 6 Graphentheorie Grundlegende Begriffe 6.1 Definition. Ein Graph ist ein Paar G = (V, E) von Mengen mit E ⊆ V 2 . Die Menge V heißt Eckenmenge oder Vertexmenge und E heißt Kantenmenge [englisch: edge set]. Für V und E schreiben wir auch V (G) bzw. E(G) [auch wenn die Mengen V und E anders heißen]. Ferner heißt G endlich, falls |V | < ∞. Endliche Graphen lassen sich gut durch Bilder angeben: Für jede Ecke zeichnet man einen Punkt und für jede Kante {v, w} eine Linie, die die Ecken v und w verbindet. So wird der Graph 2 ({1, 2, 3, 4, 5}, {{1, 2}, {1, 5}, {2, 3}, {2, 5}}) 1 durch 3 5 4 dargestellt. Für eine Kante {v, w} schreiben wir auch vw. Zwei Ecken v und w heißen Nachbarn oder benachbart oder adjazent, falls {v, w} ∈ E gilt, verschiedene Kanten heißen adjazent, falls ihr Schnitt nicht leer ist, und eine Ecke v und eine Kante e heißen inzident, falls v ∈ e gilt. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 22.05.2014 32 6.2 Beispiele. (a) Für eine Menge V heißt K(V ) := (V, V2 ) der vollständige Graph auf V . In ihm sind je zwei Ecken benachbart, und jeder solche Graph heißt vollständig. Für K({1, . . . , n}) mit n ∈ N0 schreiben wir Kn . Als anderes Extrem hat man den Graphen K(V ) = (V, ∅) ohne Kanten. Ferner heißt K0 = (∅, ∅) leerer Graph. K5 K2 K3 K4 (b) Für disjunkte Mengen V und W heißt jeder Graph der Form (V ∪W, {{v, w} : v ∈ V, w ∈ W }) vollständig bipartit; speziell betrachtet man Kn,m für V = {1, . . . , n} und W = {n + 1, n + 2, . . . , n + m} mit n, m ∈ N0 . K1,1 K1,2 K1,3 K2,2 K2,3 K3,3 (c) Für n ∈ N0 heißt der Graph Pn := ({0, 1, . . . , n}, {{i − 1, i} : i = 1, . . . , n}) Weg der Länge n, und 0 und n heißen Enden von Pn . Er hat n + 1 Ecken und n Kanten. P5 (d) Für n ≥ 3 heißt Cn := ({1, . . . , n}, {{1, 2}, {2, 3}, . . . , {n − 1, n}, {n, 1}}) Kreis der Länge n; für n = 3, 4, . . . sagt man auch Dreieck, Viereck, etc. Der Kreis Cn besteht aus n Ecken und n Kanten. Es gilt C3 = K3 . C4 C5 C3 (e) Der Graph J(n, k, i) für n ≥ k ≥ i ≥ 0 hat als Eckenmenge die Menge der k-elementigen Teilmengen von {1, . . . , n}, und zwei Ecken sind genau dann benachbart, wenn ihr Schnitt genau i Elemente enthält. Die Graphen K(n, k) := J(n, k, 0) heißen Kneser-Graphen, und einer der wichtigsten Graphen ist der Petersen-Graph K(5, 2). Er hat 10 Ecken und 15 Kanten, und jede Ecke hat genau drei Nachbarn. K(5, 2) 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 22.05.2014 33 (f) Der d-dimensionale Würfel Qd ist gegeben durch V (Qd ) = {0, 1}d , die Eckenmenge ist also die Menge der 0-1-Folgen der Länge d, und zwei Folgen sind genau dann adjazent, wenn sie sich an genau einer Stelle unterscheiden. Q1 Q2 Q3 (g) Ein interessanter unendlicher Graph ist der sogenannte zufällige Graph R := N0 , {k, n2k+1 + 2k + r} | k, n, r ∈ N0 , r < 2k . Man überlegt sich leicht, dass zwei Ecken k und l genau dann adjazent sind, wenn an der k-ten Stelle bk in der Binärdarstellung bm bm−1 . . . b1 b0 von l eine 1 steht, oder umgekehrt an der l-ten Stelle in derjenigen von k. Dieser Graph ist universell in dem Sinne, dass jeder endliche oder abzählbar unendliche Graph [als induzierter Teilgraph] in ihm enthalten ist. [Erklärung des Namens zufälliger Graph: Wählt man zufällig einen Graphen mit Eckenmenge N0 (dies ist nicht ganz leicht zu präzisieren), so erhält man mit Wahrscheinlichkeit 1 einen zu R isomorphen Graphen.] 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 27.05.2014 34 6.3 Definition. Zwei Graphen G = (V, E) und G0 = (V 0 , E 0 ) heißen isomorph, in Zeichen G ∼ = G0 , wenn es einen Isomorphismus von G nach G0 gibt, d.h. eine Bijektion f : V → V 0 , die die Äquivalenz {v, w} ∈ E ⇔ {f (v), f (w)} ∈ E 0 (∗) erfüllt; dies bedeutet, dass f eine Bijektion E → E 0 induziert. Ein Isomorphismus von G nach G heißt Automorphismus von G, und die Menge aller Automorphismen von G ist eine Untergruppe der Gruppe Sym(V ) aller Bijektionen von V , die Automorphismengruppe Aut G von G. Die Bedingung (∗) bedeutet, dass die Menge der Nachbarn von jeder Ecke v von G durch f auf die Menge der Nachbarn der Ecke f (v) von G0 abgebildet wird. Insbesondere sind die Grade, also die Anzahlen der Nachbarn von v bzw. f (v) gleich; die Umkehrung gilt nicht, denn zwischen den Eckenmengen der beiden Graphen ∼ 6 = gibt es zwar eine Bijektion, die Ecken mit gleich vielen Nachbarn aufeinander abbildet, aber sie ist kein Isomorphismus, da im linken Graphen die beiden Ecken mit genau drei Nachbarn benachbart sind und im rechten nicht. Alle Bijektionen von V sind Automorphismen von K(V ) und K(V ), also gilt Aut(K(V )) = Aut(K(V )) = Sym(V ). Für n ≥ 1 gilt | Aut Pn | = 2, denn jeder Automorphismus muss die Enden des Weges aufeinander abbilden, da die Anzahl der Nachbarn erhalten bleibt. ∼ P1 ∼ Es gelten die trivialen Isomorphien K1 ∼ = P0 ∼ = Q0 , K2 = = Q1 , K3 = C 3 , ∼ ∼ ∼ ∼ C4 = Q2 und K(n, 1) = Kn . Falls G = Pn oder G = Cn , etc., sagen wir auch G ist ein Weg bzw. ein Kreis, etc. Es gibt genau 64 Graphen (V, E) mit V 4 V = {1, 2, 3, 4}, denn die Menge V2 hat 2|( 2 )| = 2(2) = 26 = 64 Teilmengen; jeder dieser Graphen ist zu einem der folgenden 11 Graphen isomorph: Wir wollen uns überlegen, dass die Anzahl der Isomorphieklassen von Graphen n mit n Ecken trotzdem fast so schnell wächst wie 2( 2 ) . Auf der Eckenmenge V = {1, 2, . . . , n} gibt es n! Bijektionen. Jeder Graph (V, E) kann also höchstens zu n! Graphen (V, E 0 ) isomorph sein [genau n!, falls Aut(V, E) = {id}, sonst n (n2 ) weniger]. Also gibt es mindestens 2 n! und höchstens 2( 2 ) Isomorphieklassen. 2 Für die Anzahl A(n) der Isomorphieklassen gilt also wegen n2 = n2 (1 − n1 ) 2 n2 2 1 (1− n ) ≥ A(n) ≥ n n n 2 log2 n n2 1 2( 2 ) 2( 2 ) 2( 2 ) ≥ n = n log n = 2 2 (1− n − n ) . 2 n! n 2 2 1 Für jedes ε > 0 und n hinreichend groß wächst A(n) also schneller als 2n ( 2 −ε) , 2 also z.B. schneller als 1,4n . [All diese Graphen sind in R aus 6.2(g) enthalten.] 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 27.05.2014 35 6.4 Teilgraphen und Konstruktionsmethoden. Für zwei Graphen G = (V, E) und G0 = (V 0 , E 0 ) definieren wir die Vereinigung G∪G0 := (V ∪V 0 , E ∪ E 0 ) und den Schnitt G∩G0 := (V ∩V 0 , E ∩E 0 ) von Graphen. Ist G∩G0 = (∅, ∅) der leere Graph, so sagen wirG und G0 sind disjunkt. Das Komplement von G ist der Graph G := (V, V2 \ E). Leichte Übungsaufgaben: Aut G ∼ = Aut G, ∼ C5 . In obiger Liste der 11 Graphen auf 4 Ecken ist der i-te Graph C5 = Komplement vom (12 − i)-ten Graphen (für i ∈ 3, 6, 9 nur bis auf Isomorphie). Der Graph G0 heißt Teilgraph von G, in Zeichen G0 ⊆ G, wenn V 0 ⊆ V und E 0 ⊆ E gilt. Für eine Teilmenge U ⊆ V heißt der Teilgraph G[U ] := (U, U2 ∩E) auf U induzierter Teilgraph von G, und G0 heißt aufspannender Teilgraph von G falls V 0 = V und E 0 ⊆ E gilt. Ein Teilgraph G0 ⊆ G ist also genau dann induziert, falls zwei Ecken von G0 genau dann adjazent in G0 sind, wenn sie dies in G sind. Teilgraph induzierter Teilgraph aufspannender Teilgraph Der Kantengraph L(G) von G = (V, E) ist der Graph mit Eckenmenge E, in dem zwei Ecken (also Kanten von G) benachbart sind, wenn sie adjazent in G sind. Q3 L(Q3 ) Es gilt L(Kn ) = J(n, 2, 1) und L(Cn ) ∼ = Cn . 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 03.06.2014 36 6.5 Nachbarschaften und Gradzahlen. Sei G = (V, E) ein Graph. Die Menge der Nachbarn einer Ecke v von G wird mit N (v) = NG (v) bezeichnet. Der Grad d(v) = dG (v) := |N (v)| ∈ N0 ∪ {∞} einer Ecke v ∈ V ist die Anzahl der Nachbarn von v. Eine Ecke mit Grad 0 heißt isoliert. Die Zahl δ(G) := min d(V ) heißt Minimalgrad von G und die Zahl ∆(G) := max d(V ) heißt Maximalgrad für nichtleeres G. Wenn alle Ecken von G den gleichen Grad k haben, wird G regulär oder genauer k-regulär genannt. Der Würfel Qd ist d-regulär, die vollständigen (bipartiten) Graphen Kn+1 bzw. Kn,n sind n-regulär, Cn ist 2-regulär für n ≥ 3 und Pn ist nur für n ≤ 1 regulär. Für einen nichtleeren Graphen G = (V, E) gilt die Ungleichung δ(G) ≤ d(v) ≤ ∆(G) ≤ |V | − 1 für alle v ∈ V . Durch doppeltes Abzählen (siehe Übungsaufgabe 7.1) beweist man folgendes Lemma. P 6.6 Lemma. Es gilt v∈V d(v) = 2|E| für jeden Graphen (V, E) mit endlicher Kantenmenge. Insbesondere ist in jedem Graphen mit endlich vielen Kanten die Anzahl der Ecken mit ungeradem Grad gerade (Handshake-Lemma). 6.7 Gradfolgen. Für einen endlichen Graphen G = (V, E) mit n := |V | sei v1 , v2 , . . . , vn eine Aufzählung von V ; für die Grade di := d(vi ) nennen wir D = (d1 , d2 , . . . , dn ) eine Gradfolge von G, und wenn zusätzlich d1 ≤ d2 ≤ · · · ≤ dn gilt, nennen wir D die geordnete Gradfolge von G. Die geordnete Gradfolge ist eine Invariante des Graphen, d.h. isomorphe Graphen haben die gleiche geordnete Gradfolge. Wir haben schon andere Invarianten kennengelernt: |V |, |E|, δ(G), ∆(G); sie lassen sich alle aus D bestimmen. Es sind nicht alle endlichen Folgen in N0 Gradfolgen (z.B. wegen 6.6); zu (1, 1, 2, 4, 4) gibt es keinen Graphen, denn der auf {v1 , v2 , v3 , v4 } induzierte Teilgraph hätte die Gradfolge (0, 0, 1, 3), aber d1 = 0 und d4 = 3 widersprechen sich. Dieses Vorgehen ist die Idee für den folgenden Satz, der einen Algorithmus liefert zur Entscheidung, ob eine Folge eine Gradfolge ist. 6.8 Satz. Für eine Folge ganzer Zahlen D = (d1 , d2 , . . . , dn ) mit n > 1 und d1 ≤ d2 ≤ · · · ≤ dn definieren wir D0 := (d01 , d02 , . . . , d0n−1 ) durch ( di für i < n − dn und 0 di := di − 1 für i ≥ n − dn [dn viele Grade vermindert]. Dann ist D genau dann Gradfolge eines Graphen, wenn dies für D0 der Fall ist. Beweis. Eine Implikation ist einfach und motiviert die Definition von D0 : Sei G0 = ({1, 2, . . . , n − 1}, E) ein Graph mit Gradfolge D0 und d(i) = d0i für alle i. Dann hat der Graph G = G0 ∪(V (G0 )∪{n}, {{i, n} : i = n−1, n−2, . . . , n−dn }) die Gradfolge D. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 03.06.2014 37 Für die Umkehrung sei G die Menge aller Graphen G mit V (G) = {1, 2, . . . , n} und dG (i) = di für i ∈ V (G). Für G ∈ G definieren wir j(G) := max {0, 1, 2, . . . , n − 1} \ N (n) ≥ n − 1 − dn . Es gilt dann {j(G) + 1, . . . , n − 1} ⊆ N (n). Nach Voraussetzung ist G nicht leer, und wir können einen Graphen G mit minimalem j := j(G) wählen. ... 1 2 k i j n Wir zeigen nun j = n − 1 − dn , womit die Behauptung folgt, denn dann gilt N (n) = {j + 1, . . . , n − 1}, und der Graph G0 = G[{1, 2, . . . , n − 1}] hat die Gradfolge D0 . Wir nehmen j > n − 1 − dn an. Dann gibt es ein i < j mit i ∈ N (n). Ferner gibt es eine Ecke k ∈ N (j) \ N (i) wegen di ≤ dj und n ∈ N (i) \ N (j). Wir erhalten einen Widerspruch, denn der Graph G̃ ∈ G mit E(G̃) = (E(G) \ {in, jk}) ∪ {jn, ik} erfüllt j(G̃) < j(G) wegen jn ∈ E(G̃). 2 Wir wollen entscheiden, ob es einen Graphen mit der Gradfolge (1, 1, 1, 2, 2, 3, 4, 5, 5) gibt. Durch fortgesetzte Bestimmung von D0 wie im Satz und nötigenfalls Umsortieren erhält man: (1, 1, 1, 2, 2, 3, 4, 5, 5) → (1, 1, 1, 1, 1, 2, 3, 4) → (1, 1, 1, 0, 0, 1, 2) → (0, 0, 1, 1, 1, 1, 2) → (0, 0, 1, 1, 0, 0) → (0, 0, 0, 0, 1, 1) → (0, 0, 0, 0, 0). Die letzte Folge ist die Gradfolge von K5 , also existiert der gesuchte Graph. 6.9 Satz (Turán 1941). Sei 1 < t ∈ N und (V, E) ein endlicher Graph, der keine t-Clique, also keinen zu Kt isomorphen Teilgraphen, enthält. Dann gilt 2 1 |V | 1t−2 2 |E| ≤ 1 − = |V | . t−1 2 2t−1 Beweis. Wir führen Induktion über die Eckenzahl n = |V |. Für n = 1 ist die Behauptung klar wegen |E| = 0. Sei nun G = (V, E) ein Graph ohne t-Cliquen mit |V | = n und maximalem |E|. Der Graph G enthält eine (t − 1)-Clique C, Kanten da wir sonst Kanten hinzufügen könnten. Dann enthält C genau t−1 2 2 und V \C höchstens 21 t−2 t−1 (n−t+1) per Induktion. Da es keine t-Cliquen gibt, hat jede Ecke in V \ C höchstens t − 2 Nachbarn in C. Also gibt es höchstens (t − 2)(n − t + 1) Kanten zwischen C und V \ C. Wir erhalten t−1 1t−2 |E| ≤ + (n − t + 1)2 + (t − 2)(n − t + 1) 2 2t−1 1t−2 = (t − 1)2 + (n − t + 1)2 + 2(t − 1)(n − t + 1) 2t−1 1t−2 2 = n . 2 2t−1 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 05.06.2014 38 6.10 Korollar (Mantel 1907). Jeder endliche Graph (V, E) mit |E| > 14 |V |2 enthält ein Dreieck, also einen Teilgraphen isomorph zu C3 ∼ = K3 . 6.11 Extremale Graphen. Nach 6.10 gilt |E| ≤ 14 |V |2 für alle Graphen (V, E), die kein Dreieck enthalten. In der extremalen Graphentheorie fragt man sich allgemein: Für welche Graphen, die eine Ungleichung erfüllen, gilt die Gleichheit? Man kann zeigen, dass in 6.10 genau für die vollständig bipartiten Graphen Kn,n Gleichheit gilt. [Für |E| ≤ b 14 |V |2 c erhält man Kn,n oder Kn,n+1 als extremale Graphen und für 6.9 entsprechend „multipartite Graphen“.] 6.12 Touren und Zusammenhang. Eine Tour der Länge n von v nach w in einem Graphen G ist eine Folge p = (v0 , v1 , . . . , vn ) von Ecken mit v = v0 und w = vn , so dass vi−1 und vi für i = 1, 2, . . . , n benachbart sind. Die Ecken v und w heißen dann verbindbar; diese Relation ist eine Äquivalenzrelation. Die Tour p heißt einfach, wenn die Ecken v0 , . . . , vn paarweise verschieden sind, geschlossen, wenn v0 = vn gilt, und einfach geschlossen, wenn p geschlossen und (v1 , v2 , . . . , vn ) einfach ist. Die einfachen Touren definieren Wege in G und die einfach geschlossenen Touren definieren Kreise (jeweils mit Isomorphismus i 7→ vi ). Die Tour p stottert, falls es ein i ∈ {0, 1, . . . , n − 2} gibt mit vi = vi+2 . Der Abstand dG (v, w) = d(v, w) der Ecken v und w in G = (V, E) ist die kürzeste Länge einer Tour von v nach w (solch eine Tour ist einfach und kann somit als Weg aufgefasst werden); gibt es keine Tour von v nach w setzen wir d(v, w) = ∞. Das Supremum diam(G) := sup dG (V × V ) wird als Durchmesser von G bezeichnet. Es gilt etwa diam Kn = 1, diam Cn = bn/2c und diam Qd = d. Ein Graph G heißt zusammenhängend, wenn je zwei Ecken v und w verbindbar sind, und seine Zusammenhangs-Komponenten sind die Äquivalenzklassen bezüglich der Relation Verbindbarkeit. Ein Graph G = (V, E) heißt k-zusammenhängend für k ∈ N, wenn G[V \ X] zusammenhängend ist für jede Teilmenge X ⊆ V mit |X| < k. Die Wege Pn für n ≥ 2 sind zusammenhängend, aber nicht 2-zusammenhängend, die Kreise Cn sind 2-zusammenhängend. 6.13 Euler-Touren und Hamilton-Kreise. Hier geht es um Rundwege in einem endlichen Graphen G = (V, E). Eine Euler-Tour von G ist eine geschlossene Tour c = (v0 , v1 , . . . , vn ), die jede Kante genau einmal durchläuft, d.h. {{vi−1 , vi } : i = 1, . . . , n} = E und |E| = n. Nach Euler (1736) existiert eine Euler-Tour in einem Graphen G ohne isolierte Punkte genau dann, wenn G zusammenhängend und jeder Grad d(v) für v ∈ V 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 05.06.2014 39 gerade ist; siehe Übungsaufgabe 9.1. Königsberger Brückenproblem Ein Hamilton-Kreis von G ist eine einfach geschlossene Tour der Länge |V |; für |V | ≥ 3 bedeutet dies, dass G einen aufspannenden Kreis enthält; es werden alle Ecken genau einmal durchlaufen. Man nennt G hamiltonsch, falls in G ein Hamilton-Kreis existiert. Es ist keine Charakterisierung der hamiltonschen Graphen bekannt. Das Problem der Existenz eines Hamilton-Kreises für einen beliebigen Graphen ist NP-vollständig (Karp 1972). Dies ist sogar dann noch richtig, wenn man die Klasse der Graphen z.B. auf planare Graphen (siehe 8.3) mit Maximalgrad 3 einschränkt. Allerdings ist jeder 4-zusammenhängende planare Graph hamiltonsch (Tutte 1956). 6.14 Satz (Dirac 1952). Jeder endliche nichtleere Graph G mit Minimalgrad δ(G) ≥ 21 |V (G)| ist hamiltonsch. Beweis. Sei G = (V, E) ein Graph mit n = |V | ∈ N und δ(G) ≥ n/2. Dann ist G zusammenhängend, denn andernfalls hätte eine Zusammenhangskomponente C mit |C| ≤ n/2 Maximalgrad kleiner als n/2. Sei nun p = (v0 , v1 , . . . , vk ) eine einfache Tour maximaler Länge. Alle mindestens n/2 Nachbarn von v0 und von vk liegen auf dieser Tour. Also gibt es nach dem Schubfachprinzip unter den k < n Indizes i mit 0 ≤ i < k einen mit vi vk ∈ E und v0 vi+1 ∈ E wie im Bild. vi+1 ... v0 v1 vi ... vk Die Tour c := (c0 , . . . , ck+1 ) := (v0 , vi+1 , vi+2 , . . . , vk , vi , vi−1 , . . . , v0 ) ist einfach geschlossen. Sie ist ein Hamilton-Kreis, denn andernfalls könnte man wegen des Zusammenhangs von G eine Ecke ci von c mit einer Ecke v außerhalb von c verbinden und erhält so eine einfache Tour (v, ci , . . . , ck+1 =c0 , . . . , ci−1 ) der Länge k + 1 im Widerspruch zur Wahl von p. 2 [Verallgemeinerungen: Ore (1960), Bondy–Chvátal (1972), Chvátal (1972, siehe Diestel Theorem 10.2.1)] 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 12.06.2014 40 6.15 Kürzeste Wege und der Algorithmus von Dijkstra. Ein gewichteter Graph ist ein Paar (G, w) bestehend aus einem Graphen G = (V, E) und einer Gewichtsfunktion w : E → R≥0 . Dieser Begriff hat viele praktische Anwendungen, z.B. lässt sich das Straßennetz modellieren: Straßenkreuzungen als Ecken, Straßen als Kanten und z.B. Längen der Straßen oder mittlere Fahrzeit zwischen zwei Kreuzungen als Gewichte der Kanten. Ist p = (v0 , v1 , . . . , vn ) eine Tour, so ist n X w(p) := w({vi−1 , vi }) i=1 das Gesamtgewicht von p. In obigen Beispielen liefert w(p) die Gesamtdistanz von v0 nach vn bzw. die mittlere Fahrzeit entlang der Tour. In Anlehnung an das erste Beispiel spricht man auch von der Distanz von v0 nach vn entlang p. Wählt man für alle Kanten Gewicht 1, erhält man die Länge von p. Sei ein endlicher gewichteter Graph (G, w) mit G = (V, E) und eine Startecke v0 ∈ V gegeben. Der Dijkstra-Algorithmus bestimmt [für nichtnegative Gewichte] für jede Ecke v in der Zusammenhangskomponente von v0 eine Tour p von v0 nach v mit minimalem Gesamtgewicht, also eine Tour minimaler Distanz [oft auch „kürzester Weg“]. Initialisierung: Wir benötigen die folgenden drei Funktionen und Mengen, um während der Laufzeit des Algorithmus Buch zu führen: dist : V → R≥0 ∪ {∞} (aktuelle Distanz zu v0 ) vorg : X → V mit X ⊆ V \ {v0 } (Vorgänger in aktuell kürzestem Weg) Perm ⊆ V (Ecken, für die obige Daten endgültig) Setze dist(v0 ) := 0, dist(v) := ∞ für alle v ∈ V \ {v0 }, Perm := ∅, und sei vorg die leere Abbildung. Schleife: Solange dist(V \ Perm) \ {∞} 6= ∅ führe folgende Schritte aus. • Wähle eine Ecke cur ∈ V \ Perm mit minimalem dist(cur). • Füge cur zu Perm hinzu. • Für alle v ∈ N (cur) \ Perm bestimme d := dist(cur) + w({cur, v}) und, falls d < dist(v), setze dist(v) := d und vorg(v) := cur. Ergebnis: Die Menge Perm ist die Zusammenhangs-Komponente von G, die v0 enthält. Ferner gibt dist(v) für alle v ∈ Perm die Minimaldistanz zu v0 bezüglich der Gewichtsfunktion w an, und durch (v, vorg(v), vorg(vorg(v)), . . . , v0 ) ist rekursiv eine Tour von v nach v0 mit Gesamtgewicht dist(v) definiert. 6.16 Beispiel. Ein gewichteter Graph mit aufspannendem Baum [siehe Abschnitt 7] minimaler Distanzen von v0 : 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 12.06.2014 a 10 2 v0 7 3 5 8 1 4 d 4 2 1 4 h 4 k b 5 4 c k f 7 3 a 6 b 6 41 2 f 4 4 v0 2 1 c d 3 h 4 2 1 g e 2 g e 6.17 Satz. Dijkstras Algorithmus ist korrekt. Beweis. Es sind die drei Behauptungen unter Ergebnis zu zeigen. Wir zeigen per Induktion über die Anzahl der Schleifendurchläufe, dass am Ende eines Schleifendurchlaufs die Tour (cur, vorg(cur), vorg(vorg(cur)), . . . , v0 ) eine minimale Tour mit Distanz dist(cur) von cur ∈ Perm nach v0 liefert: Sei p = (v0 , v1 , . . . , vn−1 , vn ) irgendeine Tour von v0 nach cur, und bezeichne die Anfangstücke mit pi := (v0 , v1 , . . . , vi ) für i = 0, . . . , n. Wähle nun i < n maximal mit vi ∈ Perm \ {cur}. Per Induktion gilt w(pi ) ≥ dist(vi ). Wegen vi ∈ Perm \ {cur} folgt aus der Definition von dist(vi+1 ) für vi+1 ∈ N (vi ) im Schleifendurchlauf auch dist(vi+1 ) ≤ dist(vi ) + w({vi , vi+1 }), und somit nach Wahl von cur und wegen w(E) ≥ 0 die gewünschte Abschätzung w(p) ≥ w(pi+1 ) = w(pi ) + w({vi , vi+1 }) ≥ dist(vi+1 ) ≥ dist(cur). Weil ferner per Induktion (vorg(cur), vorg(vorg(cur)), . . . , v0 ) eine Tour minimaler Distanz von vorg(cur) nach v0 ist, gilt dies auch für (cur, vorg(cur), . . . , v0 ). Wir müssen noch zeigen, dass am Ende Perm die Zusammenhangskomponente von v0 ist. Andernfalls können wir eine Tour (v0 , . . . , vn ) minimaler Länge n wählen, so dass vn 6∈ Perm. Dann folgt wegen der Minimalität vn−1 ∈ Perm und daher dist(vn ) < ∞, ein Widerspruch zu dist(V \ Perm) \ {∞} = ∅. 2 6.18 Matrixbeschreibung. Sei G = (V, E) ein endlicher Graph. Die Adjazenzmatrix von G ist die quadratische (V × V )-Matrix A mit ( 1 falls vw ∈ E Avw := 0 falls vw 6∈ E. Die Inzidenzmatrix von G ist die (V × E)-Matrix B mit ( 1 falls v ∈ e Bve := 0 falls v 6∈ e. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 12.06.2014 42 Fasst man A und B als reelle Matrizen auf, so ist BB t −A eine Diagonalmatrix mit den Eckengraden auf der Diagonalen; auch die Potenzen Ak haben eine graphentheoretische Bedeutung, siehe Übungsaufgabe ??. 7 Bäume und Wälder Ein Wald ist ein Graph, der keine Kreise als Teilgraphen hat, und ein Baum ist ein zusammenhängender Wald. Ein Wald ist also ein Graph, dessen ZusammenhangsKomponenten Bäume sind. Hier ist ein Wald, der aus zwei Bäumen besteht: Weitere Beispiele für Bäume: Pn , K1,n , PV := (V, {{z, z + 1} : z ∈ V }) für V ∈ {N, Z}. Die Ecken vom Grad 1 in einem Wald heißen Blätter. Jeder endliche Baum mit mindestens zwei Ecken hat mindestens zwei Blätter, nämlich die Enden eines maximalen Weges. Für unendliche Bäume ist dies falsch: PN , PZ . 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 17.6.2014 43 7.1 Satz (Charakterisierung von Bäumen). Die folgenden Aussagen für einen Graphen T = (V, E) sind äquivalent. (a) T ist ein Baum. (b) Je zwei Ecken von T sind durch einen eindeutigen Weg verbunden. (c) T ist minimal-zusammenhängend, d.h. T ist zusammenhängend, und für jede Kante e ist T−e := (V, E \ {e}) unzusammenhängend. (d) T ist maximal-azyklisch, d.h. T enthält keinen Kreis, aber für je zwei nicht-benachbarte Ecken v und w enthält T+vw := (V, E ∪ {vw}) einen Kreis. Beweis. (a) ⇒ (b): Da T zusammenhängend ist, sind je zwei Ecken durch eine Tour verbunden, und damit auch durch einen Weg (Übungsaufgabe ??(??)). Dieser Weg ist eindeutig nach Übungsaufgabe ??(??). (b) ⇒ (c): Wäre T−e zusammenhängend, so gäbe es in T−e einen Weg zwischen den beiden Ecken von e und in T zusätzlich noch den Weg (e, {e}), was der Eindeutigkeit widerspricht. (c) ⇒ (d): Enthielte T einen Kreis C, so wäre T−e für eine Kante e von C zusammenhängend, da wir jede Tour in T , die die Kante e „enthält“ durch eine Tour die stattdessen den Weg C−e [definiert wie T−e ] „enthält“ ersetzen können. Enthielte T+vw keinen Kreis, so wäre T+vw ein Baum und somit nach dem schon Gezeigten minimal-zusammenhängend, und somit T nicht zusammenhängend. (d) ⇒ (a): Wir müssen zeigen, dass T zusammenhängend ist. Seien v und w zwei Ecken von T . Sind v und w nicht benachbart, so gibt es einen Kreis C in T+vw . Da T keine Kreise enthält, ist vw eine Kante von C und C−vw ist ein Weg von v nach w in T . 2 7.2 Korollar. Baum. Jeder zusammenhängende Graph hat einen aufspannenden Beweis. Ein maximaler azyklischer aufspannender Teilgraph des gegebenen Graphen ist nach 7.1 ein Baum. Die Existenz eines solchen Teilgraphen ist im endlichen Fall klar und folgt im unendlichen Fall mit dem Zornschen Lemma. 2 7.3 Korollar. Ein zusammenhängender endlicher nichtleerer Graph (V, E) ist genau dann ein Baum, wenn |V | = |E| + 1 gilt. Beweis. Ist (V, E) ein Baum, so zeigt man leicht per Induktion durch sukzessives Entfernen von Blättern, dass |V | = |E| + 1 gilt. Für die andere Implikation sei T ein aufspannender Baum von (V, E). Nach dem schon gezeigten gilt |V (T )| = |E(T )| + 1, und wegen V (T ) = V folgt |E(T )| = |V (T )| − 1 = |V | − 1 = |E| und somit (V, E) = T . 2 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 17.6.2014 44 Nach 7.2 und 7.3 gilt für alle zusammenhängenden Graphen |V | ≤ |E| + 1. Bäume sind also die extremalen zusammenhängenden Graphen. Für einen endlichen Graphen G bezeichne T (G) die Anzahl der aufspannenden Bäume von G. 7.4 Satz (Cayley 1889). Für jede n-Menge V 6= ∅ existieren genau nn−2 Bäume (V, E), d.h. T (Kn ) = nn−2 für n ∈ N. Beweisskizze mit Prüfercode. Wir können V = {1, . . . , n} und n ≥ 2 annehmen. Wir ordnen nun jedem Baum G0 = (V, E) eine Folge (v1 , v2 , . . . , vn−2 ) in V der Länge n − 2 zu. Dazu wählen wir das kleinste Blatt w1 von G0 (im Sinne der Ordnung auf V ⊆ N) und als v1 seinen eindeutigen Nachbarn. Nun entfernen wir w1 und definieren G1 := G0 [V \ {w1 }] und fahren so fort: Ist i < n − 2 und sind v1 , . . . , vi und G1 , . . . , Gi schon definiert, so wählen wir das kleinste Blatt wi+1 von Gi , für vi+1 den Nachbarn und setzen Gi+1 := Gi [V (Gi )\{wi+1 }]. So ist rekursiv der Prüfercode c = (v1 , . . . , vn−2 ) von G definiert. Es lässt sich zeigen, dass c den Baum G eindeutig bestimmt und dass jede Folge in V der Länge n − 2 so vorkommt. Also gibt es genauso viele solche Folgen wie Bäume auf V . Für einen Beweis mit „Wirbeltieren“ (also Bäumen mit zwei ausgezeichneten Ecken) siehe Übungsaufgabe ??. 2 1 7.5 Beispiel. 6 4 2 8 3 hat Prüfercode (6, 4, 4, 1). 5 Planare Graphen 8.1 Die reelle Ebene. Eine Kurve von f (0) nach f (1) ist das Bild f ([0, 1]) ⊆ R2 einer stetigen injektiven Abbildung f : [0, 1] → R2 (bezüglich der üblichen Metrik auf R2 ), und man nennt f ([0, 1]) eine Jordankurve wenn f : [0, 1] → R2 stetig ist, f (0) = f (1) gilt und f |[0,1[ injektiv ist. Die Zusammenhangskomponenten einer offenen Teilmenge U ⊆ R2 sind die Äquivalenzklassen bezüglich Verbindbarkeit durch Kurven C ⊆ U . 8.2 Jordanscher Kurvensatz. Sei C ⊆ R2 eine Jordankurve. Dann hat R2 \ C genau eine beschränkte und eine unbeschränkte Zusammenhangskomponente (das Innere bzw. Äußere von C), und C ist der gemeinsame Rand dieser beiden Zusammenhangskomponenten. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 24.06.2014 45 8.3 Definition. Ein Graph (V, E) heißt eben, falls V ⊆ R2 und zu jeder Kante e = {v, w} ∈ E eine Kurve Ce von v nach w gegeben ist mit Ce ∩ Ce0 = e ∩ e0 für alle e, e0 ∈ E mit e 6= e0 . Ein Graph heißt planar, falls er isomorph zu einem ebenen Graphen ist. Die planaren Graphen sind also die Graphen die sich in der Ebene überschneidungsfrei zeichnen lassen. Man kann zeigen, dass es möglich ist die Ce als Strecken zu wählen [Satz von Fáry, Wagner 1936, Fáry 1948, sogar V ⊆ {1, . . . , |V | − 1}2 ist möglich, Schnyder 1989]. 8.4 Beispiele. (a) Jeder Teilgraph eines planaren Graphen ist planar. (b) Q3 , K4 sind planar, K5 nicht (siehe 8.9), also auch Kn für n ≥ 5 nicht. (c) Alle Ecken-Kanten-Graphen von konvexen Polyedern sind planar [zuerst auf umhüllende Sphäre projezieren, dann stereographische Projektion in die Ebene]. (d) Der Petersen-Graph K(5, 2) ist nicht planar, siehe Übungsaufgabe ?? 8.5 Flächen. Jeder ebene Kreis definiert eine Jordankurve und zerlegt daher die Ebene R2 in zwei Teile, das Innere und das Äußere des Kreises. Ist G = (V, E) ein endlicher ebener Graph mit Kurven S Ce wie in 8.3, so nennen wir die Zusammenhangskomponenten von R2 \ e∈E Ce die Flächen von G; es gibt eine unbeschränkte (äußere) Fläche, die anderen (inneren) Flächen sind beschränkt. 8.6 Satz (Formel von Euler für planare Graphen, 1752). Sei (V, E) ein endlicher zusammenhängender ebener Graph mit f Flächen und V 6= ∅. Dann gilt |V | − |E| + f = 2. Insbesondere ist f endlich und unabhängig von der Einbettung in R2 . Beweis. Wir führen Induktion nach der Anzahl k der Kreise in G = (V, E). Für k = 0 ist G ein Baum und daher f = 1 [Induktion über |E| durch „entlang hangeln“ an Kante mit Blatt]; die Formel folgt mit 7.3. Sei nun k > 0 und e ∈ E eine Kante in einem Kreis C von G. Der Teilgraph G0 = (V, E \ {e}) ist zusammenhängend wegen e ∈ E(C), und per Induktion folgt |V | − |E \ {e}| + f 0 = 2 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 24.06.2014 46 für die Anzahl f 0 der Flächen von G0 . Da e nach dem Jordanschen Kurvensatz im Rand der zwei Flächen liegt, die C begrenzen, zerlegt e genau eine Fläche von G0 ; es folgt f = f 0 + 1. Damit folgt |V | − (|E| − 1) + f − 1 = 2. 2 8.7 Korollar. Für jeden endlichen ebenen Graphen (V, E) mit f Flächen z Zusammenhangskomponenten gilt |V | − |E| + f = 1 + z. [Komponenten können in einer Fläche einer anderen Komponente liegen.] Beweis. Jede Zusammenhangskomponente (Vi , Ei ) hat nach 8.6 genau 1 − |Vi | + |Ei | innere Flächen, und somit hat (V, E) genau z − |V | + |E| innere Flächen, also 1 + z − |V | + |E| Flächen. 2 8.8 Satz (Kantenabschätzung). Sei (V, E) ein endlicher zusammenhängender planarer Graph, und sei g ≥ 3 die Eckenanzahl eines kleinsten Kreises in (V, E). Dann gilt g (|V | − 2) ≤ 3|V | − 6. |E| ≤ g−2 Beweis. Der Rand jeder Fläche enthält mindestens g Kanten, und jede Kante liegt im Rand von höchstens zwei Flächen. Doppeltes Abzählen der Menge M der angrenzenden Kanten-Flächen-Paare liefert f g ≤ |M | ≤ 2|E|. Mit der Euler-Formel 8.6 folgt 2 2 = |V | − |E| + f ≤ |V | − |E| + |E| g 2 und daher |E| ≤ (1 − g2 )−1 (|V | − 2) ≤ 3(|V | − 2). 8.9 Korollar. Die Graphen K5 und K3,3 sind nicht planar. Beweis. Für K5 wäre |E| = 52 = 10 ≤ 3 · 5 − 6 = 9 und für K3,3 ist g = 4 (bipartit) und man hätte |E| = 9 ≤ 24 (6 − 2) = 8. 2 Eine Unterteilung eines Graphen ist ein Graph, der entsteht durch wiederholtes Ersetzen einer Kante {v, w} durch zwei Kanten {v, x} und {x, w}, wobei x eine neue Ecke ist. v w −→ v x w Eine Unterteilung eines Graphen ist genau dann planar, wenn der Ausgangsgraph planar ist. 8.10 Satz (Kuratowski 1930). Ein endlicher Graph ist genau dann planar, wenn er keinen Teilgraphen enthält, der zu einer Unterteilung von K5 oder K3,3 isomorph ist. Insbesondere lässt sich die Planarität rein graphentheoretisch entscheiden. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 24.06.2014 47 Beweis. Die eine Richtung ist 8.9, für die andere siehe Diestel, Satz 3.4.6. 2 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 24.06.2014 VI 48 Übungsaufgaben 1.1 Aufgabe. Beweisen Sie die folgende Aussage: Für n, m ∈ N0 existiert genau dann eine Bijektion f : {1, . . . , n} → {1, . . . , m}, wenn n = m gilt. 1.2 Aufgabe. Die folgende Figur ist aus zwei Quadraten und vier gleichseiten Dreiecken mit gleicher Seitenlänge zusammengesetzt. Finden Sie eine Zerlegung in 7 kongruente Teile (das sind bis auf Verschiebungen, Drehungen oder Spiegelungen gleiche Teile). 1.3 Aufgabe. Zwei Spieler spielen folgendes Spiel. Als Vorbereitung werden sechs Punkte auf ein Blatt Papier gezeichnet, so dass keine drei auf einer Geraden liegen. Jeder Spieler hat eine Farbe, und die Spieler zeichnen abwechselnd eine Strecke mit ihrer Farbe zwischen zwei noch nicht verbundene Punkte. Verloren hat, wer zuerst ein Dreieck komplett in seiner Farbe fertig stellen muss. Zeigen Sie, dass ein Unentschieden nicht möglich ist. 1.4 Aufgabe. Zeigen Sie, dass eine Menge M genau dann endlich ist, wenn es eine Abbildung f : M → M gibt, so dass für jede Teilmenge X ⊆ M die Inklusion f (X) ⊆ X nur für die offensichtlichen Fälle X = ∅ oder X = M gilt. 2.1 Aufgabe. Zeigen Sie, dass eine endliche nichtleere Menge genauso viele Teilmengen gerader wie ungerader Länge hat. 2.2 Aufgabe. Endlich viele Personen begrüßen sich mit einem Handschlag. Zeigen Sie, dass es zu jedem Zeitpunkt zwei Personen gibt, die der gleichen Anzahl von Leuten die Hände geschüttelt haben. 2.3 Aufgabe. Sei n ∈ N, und seien a1 , a2 , . . . , an ∈ Z. ZeigenP Sie, dass es eine nichtleere Teilmenge I ⊆ {1, . . . , n} gibt, so dass die Summe i∈I ai durch n teilbar ist. 2.4 Aufgabe. In der Ebene sei ein regelmäßiges n-Eck gegeben, n ≥ 3. Dabei seien R viele Ecken rot und B viele Ecken blau, so dass R + B = n gilt. Eine Kante sei rot, wenn sie zwischen zwei roten Punkten liegt und blau, wenn sie zwischen zwei blauen Punkten liegt. Kanten, die zwischen zwei Punkten verschiedener Farbe liegen, seien farblos. Sei r die Anzahl der roten und b die Anzahl der blauen Kanten. Zeigen Sie, dass R − B = r − b gilt. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 24.06.2014 49 3.1 Aufgabe. Das Letzte Lexikon zählt in alphabetischer (lexikographischer) Reihenfolge alle Wörter auf, welche jeden der 26 Grossbuchstaben genau einmal enthalten; es beginnt demnach mit dem Wort ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ und es endet mit dem Wort ZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA. (a) Wie lautet das letzte Wort der ersten Hälfte des Letzten Lexikons? (b) Welches Wort folgt unmittelbar auf den Eintrag JMZORTXLBPSYWVINGDUEQKHFCA? 3.2 Aufgabe. Erklären Sie wie folgender Trick mathematisch funktioniert: Die Zauberin benutzt ein französisches Blatt mit 52 Karten (also mit 13 Kartenwerten in jeweils 4 Farben) und fordert eine beliebige Person im Publikum auf, aus dem Blatt 5 Karten zufällig zu entnehmen und sie verdeckt ihrem Assistenten zu geben. Dieser wählt nach Inspektion eine Karte aus und gibt sie verdeckt ins Publikum zurück. Die übrigen 4 Karten deckt er nacheinander auf und die Zauberin nennt daraufhin Farbe und Kartenwert der Karte, die ins Publikum zurück ging. Dabei tauschen die Zauberin und ihr Assistent keine weiteren Informationen aus. Tipp: Es ist hilfreich, an das Schubfachprinzip und Permutationen von drei Elementen zu denken. 3.3 Aufgabe. Zeigen Sie, dass das Produkt von n aufeinander folgenden ganzen Zahlen durch n! teilbar ist. 3.4 Aufgabe. Bestimmen Sie für k, n ∈ N die Anzahl alle k-Teilmengen von {1, . . . , n}, deren verschiedene Elemente mindestens den Abstand 3 haben. 4.1 Aufgabe. Zeigen Sie, dass eine natürliche Zahl n ∈ N genau dann eine Primzahl ist, wenn alle Binomialkoeffizienten nk mit 1 ≤ k ≤ n − 1 durch n teilbar sind. 4.2 Aufgabe. Sei M eine endliche n-Menge. Finden Sie einen möglichst einfachen Ausdruck (ohne Summenzeichen) für (a) die Anzahl der Paare (A, B) ∈ 2M × 2M mit A ∩ B = ∅; (b) die Anzahl der Teilmengen A von M mit |A| ≡ 0 mod 4. Tipp: Setzen Sie in der binomischen Formel (x + 1)n = . . . für x geeignete komplexe Zahlen ein. 4.3 Aufgabe. Für n ∈ N0 definieren wir die n-te Catalan-Zahl durch 2n 2n 2n 1 = − . Cn := n+1 n n n+1 (a) Zeigen Sie, dass Cn die Anzahl der Zeichenketten der Länge 2n bestehend aus den Zeichen „(“ und „)“ mit korrekter Klammerung ist; diese Zeichenketten haben also n öffnende und n schließende Klammern, und jedes 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 24.06.2014 50 Anfangsstück enthält höchstens so viele schließende wie öffnende Klammern. n P Ck Cn−k für n ∈ N0 her. (b) Leiten Sie die Rekursionsgleichung Cn+1 = k=0 4.4 Aufgabe. Sieben Geometer und fünf Algebraiker sollen auf einer Konferenz in einer Reihe mit zwölf Plätzen sitzen. Wie viele Möglichkeiten gibt es, die Sitzplätze so zu verteilen, dass kein Algebraiker neben einem anderen Algebraiker sitzt? Wie viele Möglichkeiten der Sitzverteilung gibt es, so dass kein Geometer neben einem anderen Geometer sitzt? 5.1 Aufgabe. Sei e = ∞ P k=0 1 k! die eulersche Zahl und für n ∈ N sei fn die Anzahl der Folgen der Länge 0 bis n von verschiedenen Zahlen aus {1, 2, . . . , n}. Zeigen Sie fn = be · n!c. 5.2 Aufgabe. Sei k ∈ N. (a) Zeigen Sie, dass jedes n ∈ N0 eine eindeutige Darstellung der Form xk xk−1 x2 x1 n= + + ··· + + k k−1 2 1 mit xi ∈ N0 und xk > xk−1 > · · · > x2 > x1 für i = 1, . . . , k besitzt. (b) Beweisen Sie nun, dass Nk0 eine abzählbare Menge ist. 5.3 Aufgabe. Eine Warenlieferung enthält 50 intakte und 10 defekte Stücke. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Stichprobe vom Umfang 10 (a) genau zwei defekte Stücke enthält? (b) mindestens zwei defekte Stücke enthält? 5.4 Aufgabe. Angenommen Sie spielen Lotto »6 aus 49« und ein Bekannter schlägt vor, dass er Ihnen zwei Euro gibt, falls keine der gezogenen sechs Zahlen mit keiner der sechs getippten Zahlen übereinstimmt; andernfalls geben Sie ihm einen Euro. Würden Sie diesen Deal eingehen? 6.1 Aufgabe. Bei einer Befragung von 100 Personen ergibt sich folgendes Meinungsbild: Drei Politiker A, B und C werden von jeweils 65, 57 und 58 der Befragten für wählbar gehalten. Weiter halten 28 der Befragten sowohl A als auch B für wählbar, 30 halten A und C, und 27 halten B und C für wählbar. Ferner sind alle drei Politiker für 12 der Befragten wählbar. Was halten Sie von dieser Meinungsumfrage? 6.2 Aufgabe. Ein Stapel von n Spielkarten enthält drei Asse. Es wird gemischt bis Gleichverteilung vorliegt. Die Karten werden nun eine nach der 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 24.06.2014 51 anderen aufgedeckt bis das zweite Ass erscheint. Bestimmen Sie den Erwartungswert der Anzahl der dabei aufgedecken Karten. 6.3 Aufgabe. Beweisen Sie folgende Aussagen: (a) Seien n, r ∈ N, und seien a1 , a2 , . . . , ar ∈ N paarweise teilerfremd. Dann sind genau X |I| Q n (−1) i∈I ai I⊆{1,2,...,r} Zahlen in {1, 2, . . . , n} enthalten, die durch keine der Zahlen a1 , a2 , . . . , ar teilbar sind. (b) Für jede natürliche Zahl n definieren wir die eulersche ϕ-Funktion als die Anzahl der zu n teilerfremden Zahlen aus {1, . . . , n}. Sind p1 , p2 , . . . , pr die sämtlichen Primteiler von n, so gilt ϕ(n) = n r Y i=1 1 . 1− pi 6.4 Aufgabe. Das Spiel »Dual« geht so: Zwei Mathematikerinnen X und Y treten gegen einander an und müssen eine Aufgabe lösen. Es gibt drei Ausgänge des Duells: X löst die Aufgabe zuerst, Y löst die Aufgabe zuerst oder beide können die Aufgabe nicht lösen. Das Spiel Dual spielen 17 Mathematikerinnen und jede tritt genau ein Mal gegen jede andere an. Kann es passieren (nachdem alle Spiele gespielt wurden), dass jede Spielerin genau so oft gewonnen wie unentschieden gespielt hat? Ändert sich die Antwort, wenn es nur 16 Mathematikerinnen sind? Tipp: Zählen Sie gewonnene und unentschiedene Spiele aus der Sicht einer jeden Mathematikerin. 7.1 Aufgabe. Sei (V, E) ein endlicher Graph. Beweisen Sie folgende Aussagen: P (a) Es gilt v∈V d(v) = 2|E|; (b) Die Anzahl der Ecken mit ungeradem Grad ist gerade; (c) Für |V | ≥ 2 kommen die Grade 0 und |V | − 1 beide nicht vor; (d) Für |V | ≥ 2 existieren zwei Ecken mit gleichem Grad. 7.2 Aufgabe. Bestimmen Sie alle Graphen mit n ≥ 2 Ecken, deren Ecken n − 1 verschiedene Grade haben. 7.3 Aufgabe. Finden Sie alle nicht-isomorphen Graphen mit genau 7 Ecken, so dass jede Ecke Grad 4 hat. Tipp: Das Problem ist einfacher mit Grad 2 anstelle von 4. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 24.06.2014 52 7.4 Aufgabe. Betrachten Sie den Graphen G mit Ecken V = {1, . . . , 10} und Kanten {i, i + 1} für 1 ≤ i ≤ 7; {i, i + 5} für 1 ≤ i ≤ 3; {1, 4}, {5, 8}, {4, 9}, {2, 10}. (a) Bestimmen Sie |Aut(G)| und beschreiben Sie die Elemente von Aut(G). (b) Wie ändert sich die Anzahl der Automorphismen in a), wenn Sie statt G den Teilgraphen G0 betrachten, in dem die Ecke 10 und die Kante {2, 10} entfernt wurden? (c) Wie ändert sich die Antwort in b), wenn Sie im Graphen G0 zusätzlich die Ecke 9 und die Kante {4, 9} entfernen? Tipp: Finden Sie zuerst eine passende graphische Darstellung von G. 8.1 Aufgabe. (Über Konstruktion und Existenz von Graphen) (a) Gibt es einen Graphen mit 17 Ecken und Gradfolge (1, 5, 5, . . . , 5)? (b) Für welche n ∈ N gibt es einen Graphen mit Gradfolge (2, 3, . . . , 3, 4)? | {z } n Mal 8.2 Aufgabe. Ein Graph G mit |Aut G| = 1 heißt asymmetrisch. (a) Finden Sie einen asymmetrischen Graphen mit mindestens zwei Ecken. (b) Zeigen Sie, dass kein Graph G mit 2 ≤ |V (G)| ≤ 5 asymmetrisch ist. 8.3 Aufgabe. Sei G ein endlicher k-regulärer Graph mit n Ecken. (a) Zeigen Sie, dass k oder n gerade sind. (b) Zeigen Sie, dass das Komplement G von G ein (n − k − 1)-regulärer Graph ist. (c) Bestimmen Sie bis auf Isomorphie alle endlichen 2-regulären Graphen. (d) Bestimmen Sie bis auf Isomorphie alle 3-regulären Graphen mit n ≤ 6. ∼ S5 . 8.4 Aufgabe. Zeigen Sie Aut K(5, 2) = 9.1 Aufgabe. Sei G = (V, E) ein endlicher Graph, dessen sämtliche Ecken einen geraden Grad haben. Zeigen Sie folgende Aussagen: (a) Zu jeder Kante {v0 , v1 } ∈ E existiert eine geschlossene Tour (v0 , v1 , . . . , vk ), so dass die Kanten {vi−1 , vi } mit 1 ≤ i ≤ k paarweise verschieden sind. (b) Ist G zusätzlich zusammenhängend, so ist jede Tour wie in a) der maximalen Länge eine Euler-Tour von G. 9.2 Aufgabe. Zeigen Sie folgende Aussagen: (a) Der Kantengraph L(K4 ) des vollständigen Graphen K4 hat einen Eulerkreis. 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 24.06.2014 53 (b) Hat ein Graph einen Eulerkreis, so auch sein Kantengraph. (c) Gilt die Umkehrung von (b)? 9.3 Aufgabe. (Existenz von k-regulären Graphen) Für welche Paare (k, n) ∈ N × N existiert ein k-regulärer Graph G auf n Ecken? 9.4 Aufgabe. Eine Färbung eines Graphen G = (V, E) ist eine Abbildung f : V → F mit F eine Menge von Farben, so dass aus {u, v} ∈ E folgt f (v) 6= f (w). Die chromatische Zahl χ(G) sei die kleinste Anzahl an Farben, die zur Färbung von G benötigt wird, d. h. χ(G) := min{| im f | : f Färbung von G}. Bestimmen Sie χ(Pn ), χ(Cn ), χ(Kn ) und χ(Qn ). 10.1 Aufgabe. Beweisen oder widerlegen Sie: Ein endlicher Baum, der eine Ecke der Valenz k besitzt, hat mindestens k Blätter. 10.2 Aufgabe. Ein Graph heißt k-färbbar, wenn k Farben genügen, um diesen Graphen zu färben im Sinne der Aufgabe 9.4. Eine projektive Ebene ist ein 2färbarer Graph G mit diam(G) = 3 = δ(G), der keine Kreise der Länge 4 enthält. Zeigen Sie, dass jede projektive Ebene regulär ist. Tipp: Zeigen Sie zunächst, dass zwei Ecken im Abstand 3 gleichen Grad haben. 10.3 Aufgabe. Für einen Körper K sei der Graph G definiert, dessen Ecken die Unterräume des Vektorraums K 3 ungleich 0 und K 3 sind und in dem zwei Ecken genau dann benachbart sind, wenn die eine echt in der anderen enthalten ist. (a) Zeichnen Sie G für den Körper K = F2 = {0,1} und geben Sie einen Hamiltonkreis an. (b) Zeigen Sie, dass G eine projektive Ebene ist im Sinne der Aufgabe 10.2. 10.4 Aufgabe. (a) Zeigen Sie, dass es für zwei verbindbare Ecken v und w eines Graphen einen Teilgraphen W gibt, der isomorph zu einem Weg ist und dessen Enden v und w sind. (b) Seien P und Q zwei verschiedene Teilgraphen eines Graphen, die isomorph zu Wegen sind und gleiche Enden haben. Zeigen Sie, dass dann ein Kreis in P ∪ Q existiert. 24.06.2014–22:31 54 Index Äußere, 44 erzeugende Funktion, 28 exponentielle, 31 Abbildungen Euler-Tour, 38 injektive, 20 Exklusion, 23 Abstand, 38 exponentielle erzeugende Funktion, 31 abzählbarer Wahrscheinlichkeitsraum, extremal, 44 20 extremale Graphen, 38 Abzählung, 6 adjazent, 31 Faktorielle Algorithmus von Dijkstra, 40 fallende, 10 Approximationssatz von Dirichlet, 9 steigende, 10 asymmetrischer Graph, 52 Fakultät, 10 aufspannender Teilgraph, 35 fallende Faktorielle, 10 Automorphismengruppe, 34 Fibonacci-Zahlen, 29 Automorphismus, 34 Flächen, 45 Formale Potenzreihen, 28 Baum, 42, 43 Funktion benachbart, 31 erzeugende, 28 Binomialkoeffizient, 11 binomischer Lehrsatz, 11 Gammafunktion, 10 Blätter, 42 geometrische Reihe, 17, 28 Bonferroni-Ungleichungen, 23 geordnete Gradfolge, 36 Gesamtgewicht, 14, 40 Catalan-Zahlen, 17 geschlossen, 38 t-Clique, 37 Gewicht, 14 gewichteter Graph, 40 Dijkstra-Algorithmus, 40 gleichmächtig, 7 Dirichlet-Prinzip, 9 Gleichverteilung, 20 disjunkte Graphen, 35 Goldener Schnitt, 30 Distanz, 40 Größe, 6 doppelte Abzählung, 10 Grad, 34, 36 Dreieck, 32 Gradfolge, 36 Durchmesser, 38 geordnet, 36 Graph, 31 eben, 45 k-regulär, 36 Eckenmenge, 31 asymmetrisch, 52 einfach, 38 disjunkt, 35 einfach geschlossen, 38 endlich, 31 Elementarereignisse, 20 extremal, 44 Enden, 32 gewichtet, 40 endlich, 6 isomorph, 34 endlicher Graph, 31 leer, 32 Ereignisse, 20 planar, 45 unabhängig, 20 regulär, 36 Erwartungswert, 21 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 24.06.2014 universell, 33 Unterteilung, 46 vollständig, 32 zufälliger, 33 Graphen extremale, 38 Häufigkeit, 14 Hamilton-Kreis, 39 hamiltonsch, 39 Handshake-Lemma, 36 induzierter Teilgraph, 35 injektive Abbildungen, 20 Inklusion, 23 Inklusion und Exklusion, 23 Innere, 44 Invariante, 36 inzident, 31 irreduzibles Polynom, 25 isoliert, 36 isomorph, 34 Isomorphismus, 34 Jordankurve, 44 Jordanscher Kurvensatz, 44 Kantengraph, 35 Kantenmenge, 31 Kneser-Graphen, 32 Komplement, 35 k-regulärer Graph, 36 Kreis, 34 Kreis der Länge n, 32 Kurve, 44 k-zusammenhängend, 38 Länge, 6 Laplace-Verteilung, 20 leerer Graph, 32 Lehrsatz binomischer, 11 multinomischer, 18 lineare Rekursionsgleichungen, 30 Mächtigkeit, 6, 14 maximal-azyklisch, 43 55 Maximalgrad, 36 n-Menge, 6 minimal-zusammenhängend, 43 Minimalgrad, 36 Multimenge, 14, 20 Multinomialkoeffizienten, 18 multinomischer Lehrsatz, 18 Nachbar, 31 Partialbruchzerlegung, 29 Partition, 8 Pascal-Dreieck, 12 Permutationen, 10 Petersen-Graph, 32 planarer Graph, 45 Polynom irreduzibel, 25 Polynommethode, 15 Potenzmenge, 6 Prüfercode, 44 Prinzip der doppelten Abzählung, 10 regulärer Graph, 36 k-regulärer Graph, 36 Rekursionsgleichungen, lineare, 30 Restklassenring, 24 Schnitt, 35 Schubfachprinzip, 8 Sn , 10 steigende Faktorielle, 10 Stirling-Zahlen, 24 Stirlings Formel, 11 stottert, 38 Sym M , 10 Symmetrische Gruppe, 10 T (G), 44 Teilgraph, 35 aufspannend, 35 induziert, 35 Tour, 38 unabhängige Ereignisse, 20 Ungleichungen von Bonferroni, 23 universeller Graph, 33 24.06.2014–22:31 Vorlesung Einführung in die Diskrete Mathematik — 24.06.2014 56 Unterteilung, 46 Vandermonde-Identität, 15 Varianz, 21 verbindbar, 38 Vereinigung, 35 Vertexmenge, 31 Viereck, 32 vollständig, 32 vollständig bipartit, 32 vollständiger Graph, 32 Wahrscheinlichkeitsraum abzählbarer, 20 Wahrscheinlichkeitsverteilung, 20 Wald, 42 Weg, 34 Weg der Länge n, 32 Wirbeltieren, 44 zufälliger Graph, 33 Zufallsvariable, 21 zusammenhängend, 38 k-zusammenhängend, 38 Zusammenhangs-Komponenten, 38 Zusammenhangskomponente, 44 24.06.2014–22:31