Predigt Shine through me 1 3.März 2013; Pfr. B. Botschen Shine through me 1. Unsere Berufung: Licht sein Jesus sagt kurz und bündig: „Ihr seid das Licht der Welt“ (Matth.5,14). Die Aussage ist klar: Unser ganzes Leben ist wie ein heller Lichtstrahl, der unsere Umwelt erhellt. Wir bringen Licht, wo immer Dunkelheit herrscht. Im Johannes-Evangelium sagt Jesus: „Wer an mich glaubt, … von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fliessen.“ (Joh.7,38). Segensströme gehen von uns aus. Ströme der Liebe und Freundlichkeit, ermutigende Worte, all das fliesst von uns in unsere Familie, in unsere Umgebung, in diese Welt hinein. Weil wir „Kinder des Lichts“ sind (Joh.12,36), heisst es im Philipperbrief auch: „Euer Leben wird hell und makellos sein, und ihr werdet als Gottes vorbildliche Kinder mitten in dieser verdorbenen und dunklen Welt wie Sterne in der Nacht leuchten.“ (Phil.2,15). Wir Menschen sind unterschiedlich. Am letzten Sonntag war ich auf einem Familienfest. Dort hat eine junge Frau vorgetanzt. Sie hatte schon so ein offenes Gesicht, ein ansteckendes Lachen, eine Blume im Haar. Manche Menschen haben eben von Natur aus eine freundliche Ausstrahlung. Auf der anderen Seite habe ich letzte Woche von einem Mann gehört, den jemand als „trockener Knochen“ bezeichnet hat. Es gibt eben auch Menschen, die nichts mit Gefühlen anfangen können. Es fällt ihnen schwer, Liebe zu fühlen und zu zeigen. Wir sind nicht alle Typen, die voller Liebe zu anderen sind und von alleine ihre Umgebung erleuchten. Und trotzdem sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Ihr seid das Licht der Welt.“ Trotzdem geht er davon aus, dass Ströme lebendigen Wassers von uns fliessen. Ich weiss nicht, wie es euch geht, wenn ihr diese Verse hört. Sagt ihr euch: „Ja, stimmt, so könnte man mein Leben beschreiben. Ich leuchte wirklich wie ein Stern in der Nacht. Von mir strömt Liebe und Freundlichkeit aus. Ich bin ein Licht für diese Welt!“? Oder geht es euch wie mir und ihr fühlt euch eher wie eine altersschwache Taschenlampe, die nur ein müdes Glimmen produziert? Wenn es unsere Berufung ist, Licht zu sein – wie kann das gehen? 2. Wie es nicht geht Während dem nächsten Punkt der Predigt werde ich eine Idee probieren, die ich in der nächsten Sitzung der Kirchenpflege vorschlagen könnte. Mein Idee lautet: Um Kosten fürs Licht zu sparen, könnte der Pfarrer während seiner Predigt auf einem Hometrainer Strom erzeugen. Deshalb steht hier schon der Hometrainer auf der Bühne. Ich werde also probieren, so viel Strom zu produzieren, dass wir genügend Licht haben. (Der Versuch, selber genügend Licht zu erzeugen, gelingt nicht). Selber genügend Licht zu erzeugen geht schief. Wenn ich mich bemühe, geht es eine Zeitlang. Aber irgendwann wird das Ganze ein einziger Krampf! Ich kann auf Dauer nicht selber genug Licht erzeugen. Und das gilt nicht nur hier im Gottesdienst, sondern auch in unserem Leben. Manche Christen verbringen ihr Leben auf dem christlichen Hometrainer. Sie versuchen, aus eigener Kraft Licht für diese Welt zu sein. Sie versuchen, mit Disziplin und mit gutem Willen ein bisschen Licht zu erzeugen. Aber es ist mühsam, wenn man sich bemüht, nach aussen hin freundlich zu sein, während man sich innerlich über andere aufregt. Man baut eine Fassade auf, hinter der nichts steckt. Predigt Shine through me 2 3.März 2013; Pfr. B. Botschen So etwas funktioniert nicht auf Dauer. Ich habe in meiner Heimatgemeinde in Österreich genau so eine Person kennen gelernt: Ein Mann, der als Christ gelebt hat. Er hat mit strahlenden Augen von seinem Glauben erzählt. Er war die Freundlichkeit in Person. Aber bei ihm hat diese Freundlichkeit genau bis zu seiner Wohnungstüre gereicht. Kaum war er zu Hause, kam der ganze innere Ärger, die Ungeduld, die Unfreundlichkeit zum Vorschein. Paulus schreibt einmal über solche Menschen: „Nach aussen tun sie zwar, als seien sie fromm, aber von der Kraft des wirklichen Glaubens wissen sie nichts.“ (2.Tim.3,5). Das sind Menschen, die sich bemühen, nach aussen hin freundlich und christlich zu sein, obwohl sich innerlich nichts geändert hat. Aber eben: Dieses bisschen Licht, das man selber erzeugen kann, reicht nicht weit. Manchmal reicht es nur für die Kontakte nach aussen, aber nicht mehr für die Familie. Manchmal bleibt unser Licht ein schwaches Glimmen, das keinen wirklichen Unterschied ausmacht. 3. Woher kommt die Kraft für ein Leben im Licht? Könnt ihr euch an das Bild von vorher erinnern, auf dem man Mond und Erde sah? Der entscheidende Punkt ist: Der Mond strahlt nicht selber. Er ist keine Lichtquelle. Er reflektiert nur das Licht, das die Sonne auf ihn wirft. So ist es auch mit dem Leben als Christ. Die grosse Quelle des Lichts ist Gott. Er ist die Quelle der Liebe, er ist die Kraft, die alles durchströmen kann. „Shine through me“ bedeutet, dass ich Gottes Licht durch mich hindurch wirken lasse. Vorhin habe ich eine Person erwähnt, die als trockener Knochen beschrieben wurde. Das hat mich an ein Bild erinnert, dass der Prophet Hesekiel beschreibt (Hes.37,1-14): Hesekiel hat eine Vision von einem weiten Feld, auf dem überall verstreut vertrocknete Menschenknochen herumliegen. Gott fragt Hesekiel: „Denkst du, dass diese Gebeine je wieder lebendig werden?“ Das ist, wie wenn ich als normaler Mensch mit all meiner Lieblosigkeit, Ungeduld und Egoismus vor Gott stehen würde und ihn fragen würde: Gott, kannst du aus diesen toten Knochen etwas machen? Da aber fordert Gott Hesekiel auf: „Sprich zu diesen dürren Knochen, und fordere sie auf: Hört, was der Herr euch sagt: Ich erfülle euch mit meinem Geist und mache euch wieder lebendig!“ Und so geschieht es: Gott erfüllt die toten Knochen mit neuem Leben! Gott will uns durch seinen Geist immer wieder neu erfüllen. Deshalb sagt Jesus: „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht. Denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“ (Joh.15,5). Dieser Vers fasst alles zusammen. Frucht bringen und Licht sein meint dasselbe. Nur mit diesem engen Kontakt zu Jesus kann sich etwas in unserem Leben verändern. Nur wenn wir in ihm bleiben, wenn wir uns Zeit für ihn nehmen, wenn wir seinem Wort Raum geben, wenn wir an seiner Hand durch den Tag gehen, kann sein Licht durch uns scheinen. 4. Scheine durch mich Bei der Bitte „Scheine durch mich“ denke ich an zwei Bereiche: Erstens geht es um Themen, in denen wir mit Dunkelheit in uns kämpfen. Habt ihr auch so Problembereiche? Ein paar Beispiele: Ihr könnt Euch nicht vom Fernsehen oder Computer wegreissen. Es geht nicht ohne Alkohol. Ihr kommt mit Versuchungen im sexuellen Bereich nicht zurecht. Ihr habt das Gefühl, gar keine wirkliche Liebe für andere zu empfinden. Ihr seid im Umgang mit Geld nicht frei, euer Herz hängt daran. Ihr schafft es nicht, geduldig zu bleiben, sondern verletzt andere mit euren Worten. Ihr werdet von Sorgen bedrückt und schafft es nicht, sie an Gott abzugeben. Jedes dieser Beispiele verhindert, dass wir in einem Bereich Licht sein können. Bei mir waren zwei so Themen, dass ich mich vom Fernsehen abhängig gefühlt habe. Es hat mich sowieso nie zufrieden gemacht, stundenlang vor der Glotze zu sitzen. Aber es fiel mir schwer, diese Zeit zu reduzieren. Das Gleiche habe ich mit dem Geld erlebt. Ich fühlte mich Predigt Shine through me 3 3.März 2013; Pfr. B. Botschen nicht frei, wirklich viel davon abzugeben. Dabei ist Geld für wohlhabende Menschen eine grossartige Möglichkeit, um für andere Licht zu sein. Oft versuchen wir, gegen diese Schwächen anzukämpfen. Manchmal ist es ein endloser Kampf gegen Abhängigkeiten, gegen Charakterprobleme und Sorgen, in dem wir immer wieder scheitern. Aber besser, als gegen Dunkelheit zu kämpfen, ist es, einfach mehr von Gottes Licht in unser Leben zu lassen. Wenn ich mein Leben ansehe, muss ich sagen: Je mehr Licht von Gott, je mehr Zeit mit ihm, desto besser gelingt mir mein Leben in diesen Bereichen. Je mehr Zeit ich mit Gott verbringe, desto besser gelingt es mir, innerlich frei zu sein. Je mehr wir „in Jesus sind“, desto mehr Kraft und Licht erleben wir und können wir ausstrahlen. Zweitens ist unser Licht oft in Beziehungen zu anderen Menschen gefragt. Jetzt sind gerade die Ferien vorbei. Wir haben viel Zeit in der Familie verbracht. Und da kann es schon soweit kommen, dass mich ein Teenagerkind so stresst, dass ich meine gute Einstellung zu ihm verliere. Ich ärgere mich. Ich merke, wie es mir schwer fällt, in schwierigen Momenten – dann wenn es am Wichtigsten wäre - mit Liebe zu reagieren. Das gibt es nicht nur in der Familie: Auch im Hauskreis, in der Kirchgemeinde, bei der Arbeit kann es dazu kommen, dass man plötzlich Vorbehalte gegenüber jemand anderem hat. Ich spüre das, wenn ich plötzlich schlecht von jemandem denke, jemanden innerlich verurteile oder schlecht von ihm rede – und es stört mich. Ich will versöhnt sein mit den Menschen um mich herum. Natürlich kann man dann versuchen, sich Dinge vorzunehmen: Bei meinem Kind nicht zu schnell los zu schimpfen. Nicht schlecht über andere zu reden. Damit verbreite ich zwar weniger Dunkelheit. Aber wenn das alles ist, funktioniere ich wie jeder andere Mensch, der nicht an Gott glaubt. Ich versuche es mit dem christlichen Hometrainer. Ein bisschen wird es vielleicht helfen, aber „Scheine durch mich“ ist das noch nicht. Gottes Licht kann dann durch uns scheinen, wenn wir zu beten anfangen. Eben, wie es Jesus gesagt hat: „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht.“ Wenn ich für mein Kind bete, wenn ich Gott für eine Person bitte, mit der ich Mühe habe, dann verändert mich Gott. Wenn man da treu dranbleibt, wird der Weg frei, um für andere zum Segen zu werden. Vielleicht habt Ihr auch so Punkte, bei denen Ihr euch denkt: „Ich komme von meinen Gefangenheiten nicht los!“ Oder: „Ja, diese Beziehung könnte ein bisschen Licht vertragen!“ Jesus sagt: Von unserem Leib werden Ströme lebendigen Wassers fliessen. Das geht nicht, wenn wir in eigener Kraft losgehen. Viel weiter kommen wir, wenn wir Gott suchen. Er ist die Quelle für alles Licht. Er will durch euch in diese Welt hinein scheinen. AMEN.