Gedanken und Informationen rund um die Diskussion des

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Gedanken und Informationen rund um die Diskussion des
Hundeführscheins
Von Dr. Susanne Lautner
Tierärzte Team Hietzing
www.tierarztpraxis-lautner.at
Seit vielen Jahren wird von anerkannten Wissenschaftern ( z. B. Verhaltensbiologen ) in
verschiedenen Ländern, versucht, einen standardisierten Wesenstest und eine
Wesensbeurteilung von Hunden zu erstellen. Es ist seriöser Weise nicht möglich, denn es
spielen zu viele Faktoren eine Rolle.
Ein und der selbe Hund kann z.B. von unterschiedlichen Prüfern unterschiedlich beurteilt
werden , je nach dem ,ob man z.B. freundlich und hundegerecht oder aggressiv mit den
Hund umgeht (das ist ja bei uns Menschen nicht anders ), was der Wissensstand des
Prüfers ist ( sehr variabel , setzt fundierte Kenntnisse zur Ethologie des Haushundes
vorraus mit ständiger Weiterbildung ).
Es kommt drauf an , welche genetischen Eigenschaften ein Hund hat ( oft sogar innerhalb
eines Wurfes unterschiedlich ), wie der Hund als Welpe beim Züchter , in den ersten 4
Monaten und dann auch später beim Besitzer behandelt und gehalten wurde ( z.B.
welche Lernerfahrungen er gemacht hat , besonders in seinen sensiblen Phasen oder
Fremdelphasen: 8.-9. Woche, ca. 4 1/2 Monate, ca .9 Monate, zw. 16 -20 Monaten ) und
vieles mehr.
Prinzipiell kann man aus jedem Hund einen Angstbeisser machen und oft ist das
Verhalten ein und desselben Hundes unterschiedlich bei verschiedenen Haltern.
Es ist fast nie möglich ,in einer Prüfsituation einen „Fall „ genau nachzustellen, da man
nie mehr die damaligen Bedingungen wiederherstellen kann. Auch sind die Aussagen
immer sehr auf die eigene Wahrnehmung jedes Menschen bezogen, die in der gleichen
Situation unterschiedlich sind. So eine Test müsste sich über längere Zeit hinziehen ,
mehrere Tage dauern, mehrere Situationen, verschieden Menschen einbeziehen etc. und
wäre dann noch immer nicht 100% aussagekräftig. ( wen mehr interessiert , würde hier
den Rahmen sprengen : z.B Feddersen-Peterssen : , Ausdrucksverhalten beim Hund
;Mimik, Körpersprache, Kommunikation und Verständigung)
Das Thema ist sehr komplex, und tritt sehr oft in Großstädten auf, wo die Hundehaltung
immer problematischer ist als am Land. Unsere Hunde stehen , genau so wie wir ,oft
unter permanentem Stress . Hunde ( oder auch Menschen ) die unter Stress stehen,
haben ein höheres Aggressionspotential , verteidigen sich schneller und „gehen schneller
in die Luft „.Wir kennen das von uns : Wenn es in der Arbeit recht laut, viel zu tun, ,eben
„stressig „ war , kommen wir nach Hause und regen uns über Banalitäten auf, die wir
sonst nicht mal bemerken („dreh den Fernseher leiser !“ )
Was stresst unsere Hunde ?
Der Straßenlärm, die vielen Autos, die vielen Menschen, U-Bahn fahren, Autofahren,
nicht Zeit haben zum Schnüffeln und sich nicht entleeren können ,wann sie wollen, lange
allein zu Hause, Streit und Lärm in der Familie, sich nicht zurückziehen können, Wut und
harte Worte des Besitzers, oft auch im Zusammenhang der Erwartungsunsicherheit,
wenn er nicht weiss, was wir gerade von ihm wollen (z.B. Hundeplatz ), harte
Ausbildungsmethoden , die immer über Schmerz arbeiten ( Leinenruck,Würgehalsband,
Halti, Sprühhalsbänder, Antibell-Halsband, Elektrohalsbänder, Anbrüllen, auf den Rücken
werfen u.ä.) Krankheiten, Läufigsein bei der Hündin und Triebstau bei den Rüden, aber
auch zu lange Ballspielen, zuviel und zu lange Hundesport ( Agility, Obedience,
Dogdance, Vielseitigkeitsprüfung,.. ), zu aggressives Spielen , nicht ausreichend Schlaf ,
( Hunde denen es frei steht ,schlafen oft bis zu 15 h am Tag ) zu langes Spazierengehen
( länger als 3) , falsche Passung zwischen Hund und Mensch.
Oftmals sind es mehrere Ursachen bis „das Häferl voll ist „ und der Hund entweder
aggressiv wird oder abtaucht („ der brave Hund, dem nichts etwas ausmacht“).
Woran erkennen wir, dass unsere Hunde gestresst sind ?
Es gibt einige Symptome, die erkennen lassen, dass Hunde gestresst sind. Meist treten
mehrere gleichzeitig auf und es ist von Hund zu Hund , von Rasse zu Rasse und von der
allgemeinen Situation abhängig, was man sieht. Es kommt darauf an , diese
Verhaltensweisen im Zusammenhang zu sehen :
Ruhelosigkeit ( hin- und herlaufen) , erhöhte Schreckhaftigkeit, Überreagieren auf
Ereignisse, Gegenstände , Situationen, auf die der Hund normalerweise ruhig reagiert,
Beschwichtigungssignale ( siehe unten ), vermehrtes Koten und Urinieren, Durchfall,
Erbrechen, kein Appetit, aber auch dauerndes Wassertrinken ( ohne wirklich Durst zu
haben ) ,hektisches Fressen, Aufreiten ( oft fälschlich als Dominanz gedeutet),
Hervortreten der Penisspitze ( oft bei Trainingsstress am Hundeplatz ), veränderter
Sexualzyklus bei Hündinnen, übertriebene Körperpflege bis Wundlecken,
Hautkrankheiten und Allergien ( das Stresshormon senkt die körpereigene Abwehr ),
Gegenstände zerstören ( oft bei zu langem Alleinebleiben ), Hecheln, das Fell im
Nacken- und Rücken zur „Bürste „aufgestellt ( wird auch oft fälschlich als Aggression
fehlinterpretiert, denn Hunde tun das auch bei Freude, Angst Unsicherheit oder anderen
Gefühlsausbrüchen ), Haarausfall und vermehrtes Schuppen ( z.B. bei Tierarzt am Tisch
), Nase tropfen, Zittern, um-sich-schnappen ( kommt oft bei hektischem Rennspiel vor
oder wenn sich der Hund bedrängt fühlt – ein Alarmsignal, wo der Hund spätestens aus
der Situation herausgeholt werden sollte ), Zittern, in-die-Leine-beißen ( wirkt zunächst
als Spiel, der Hund reagiert sich aber oft nach angespannten und für ihn schwer zu
meisternden Situationen ab, oft bei Welpen am Hundeplatz ) , usw.
Es gibt Untersuchungen über Rasseverteilung bei Hunden und den Stresslevel, der zeigt
welche Rassen mehr oder weniger stressempfänglich sind:
:
Zur Erklärung :
Es handelt sich um einen Auszug aus dem Buch " Stress bei Hunden " von Martina
Nagel und Clarissa von Reinhardt .
Unter Stresspunkte versteht man statistisch ausgewertete Antworten von Besitzern von
224 Hunden, denen 40 Fragen zum alltäglichen Leben ihrer Hunde zu möglichen StressSymptomen gestellt wurden. Die 40 Fragen waren in verschiedenen Kategorien unterteilt
. Erster Teil: Allgemeine Angaben ( Rasse, Geschlecht ,Alter ..) ,der 2. Teil umfasste
Lebensbedingungen, der 3. Teil Krankheiten.
Als Mittel wurde 22,85 Stresspunkte ermittelt, das bedeutet: Hunde ,die Werte hatten
,die darunter liegen ,sind weniger stressanfällig ( = weniger aggressiv, weniger impulsiv,
sondern gutmütiger, toleranter und ausgeglichener als andere ) , Hunde, deren Werte
über diesem Wert liegen, aggressiver, schneller beißend, impulsiver, unberechenbarer
sind, weil sie über eine niedere Reizschwelle verfügen, was leicht zu Stress führen kann
und der Hund dann leichter überreagiert.
Die Tabelle für die Rassenverteilung zeigt, dass die fälschlich so bezeichneten
Kampfhunderassen (Terrier, Herdenschutzhunde bzw. Hirtenhunde,.. ) weit
darunter liegen und die Rassen der Gebrauchshunde, wozu die Schäferhunde
etc. dazu gehören, weit höhere Werte haben.
Alles Weitere im Buch, das ich sehr empfehlen kann.
Hunde, die normalerweise sehr sozial sind und natürlicherweise in Gruppen leben,
haben unter den Bedingungen in der Stadt ( Einzelhaltung, Sozialkontakt oft nur an der
Leine oder unter stressigen Bedingungen am Hundeplatz ) oft nicht die Möglichkeit, sich
ihrer Sprache ( z.B. calming signals ) zu bedienen oder haben es gar nicht gelernt oder
es wurde ihnen ( oft ohne es zu wissen ) vom Besitzer abtrainiert Quelle: Calming
signals von Turid Rugaas, Buch ,DVD ). Diese Beschwichtigungssignale, die Hunde
einsetzen um Aggressionen, Streitereien und Kämpfe erst gar nicht aufkommen zu
lassen, sind auf der ganzen Welt bei allen Hunden gleich und werden auch uns Menschen
gegenüber verwendet –sie sind sozusagen die Lebensversicherung für jeden Hund
weltweit. . Werden die schwächeren Signale nicht erkannt und darauf reagiert , werden
immer stärkere eingesetzt, bis der Hund verstanden wird.
Folgende Tabelle zeigt, wann /warum es bei Nichtbeachten der Beschwichtigungssignale
zu
bedrohlichen Situationen kommen kann. Wichtig ist, dass ein Hund lernt, wenn lange Zeit
( oft Monate bis Jahre ) seine einfacheren Signal ( grüner Bereich ) nicht beachtet wird
,muss er zu stärkeren Signalen wechseln , um beachtet zu werden.
Beispiele :
- Kinder wollen mit einem Hund spielen, er blinzelt, wendet den Kopf ab, verkriecht sich
unter der Bank, Kind geht hin, zerrt ihn heraus – er schnappt.
- Chihuahua am Arm: jeder tatscht ihn an, weil er soo süß ist, alles Blinzeln,
Kopfwegdrehen ( kann er oft nicht am Arm ) nützt nichts – er schnappt und wird das in
Zukunft immer tun, da alle anderen seiner Signale ignoriert wurden.
Abtrainieren bedeutet, z.B. dass der Besitzer seinen Hund an der kurzen Leine führt und
diesen - mit starkem Rucken an der Leine und /oder lautem Schimpfen – daran hindert
mit anderen Hunden Kontakt aufzunehmen ( Assoziation des Hundes : ich sehe einen
anderen Hund ,..- das tut weh - ich kann nicht mal meine Signale senden und damit die
Situation beruhigen – ich kann nicht kommunizieren – das verursacht mir Stress – ich
reagiere daher mit Aggression auf das was ich sehe : anderer Hund, Radfahrer, Jogger ..)
Besonders unangenehm kann es werden, wenn Hunde von Kindern (eigenen oder
fremden) bedrängt, und ihre anfänglich noch geringen Beschwichtigungssignale nicht
erkannt werden, und das über oft lange Zeit ( „ er hat nie was gemacht, er hat sich
immer alles gefallen lassen…. ). Es kann dann zu den“ unerklärlichen“ Beißereien
kommen, weil viele Besitzer ihre Hunde falsch einschätzen, die Hilferufe mittels ihrer
Sprache nicht erkennen und ihre Tiere dann oft genug auch noch bestrafen.
Kurz einiges zu den so genannten Beschwichtigungssignalen, die man täglich bei der
Kommunikation unserer Hunde mit uns und anderen Hunden beobachten kann:
Wozu dienen sie ?
• Einem Gegenüber die eigenen friedlichen Absichten mitzuteilen...
• ...oder auch ein „Sich-selbst-unwohl-Fühlen" in einer bestimmten Situation zu
signalisieren, z.B. wenn ein Artgenosse oder auch Mensch zu schnell und zu forsch auf
den Hund zu geht.
• Konflikte gar nicht erst aufkommen zu lassen.
• Bereits entstandene Aggression zu unterbrechen.
• Sich selbst zu beruhigen.
Fehlinterpretationen
Ist man geübt im Erkennen der Signale, erhalten viele vom Hund gezeigte
Verhaltensweisen plötzlich eine ganz andere Bedeutung, als man bisher annahm. Hier ein
paar Beispiele:
• Der Mensch ruft seinen Hund, worauf dieser langsam auf ihn zu schlendert, dabei in
einem Bogen geht, eventuell noch besonders gründlich im Gras schnüffelt. Frühere
Interpretation seines Verhaltens: „Der zögert, um seinen Menschen zu provozieren."
Oder auch: „Der nimmt Dich nicht für voll, mach mal mehr Druck, damit er weiß, dass er
gehorchen soll!" Heute wissen wir, dass er beschwichtigt, vielleicht gerade, weil sein
Herrchen oder Frauchen mit gereizter Stimme und energischem Ausdrucksverhalten
gerufen hat.
• Der Mensch geht mit seinem Hund im Kommando „Bei Fuß!" an der kurzen Leine eine
Straße entlang, direkt auf einen anderen Hund zu. Der Hund löst sich aus dem
Kommando, zieht auf die Seite, um einen kleinen Bogen zu laufen. Frühere
Interpretation seines Verhaltens: „Der will nicht gehorchen, verweigert das Kommando."
Heute wissen wir, dass er seinem Artgenossen in einem kleinen Bogen ausweichen will,
um nicht provozierend zu wirken. Ebenso kann es passieren wenn ein Mensch direkt auf
den Hund zugeht, oft auch zu schnell und der Hund beißt plötzlich zu ,weil er keine
Möglichkeit hatte, dieser für ihn bedrohlichen Situation auszuweichen ( oft bei Hunden,
die solche Situationen nicht gewöhnt sind oder ihnen zu lange ausgesetzt waren, ohne
sich daraus befreien zu können. )
• Zwei Hunde rasen spielerisch in großen Kreisen über eine Wiese. Ein dritter bringt sich
dazwischen und stoppt das wilde Rennspiel. Frühere Interpretation: „Das ist ein
Spielverderber. Der ist eifersüchtig und gönnt den anderen den Spaß nicht." Heute
wissen wir, dass dieser Hund über hohe soziale Fähigkeiten verfügt und durch Splitten
ein allzu wildes Toben unterbricht, das sich sonst schnell gefährlich aufheizen könnte.
Diese Beschwichtigungssignale, die oft auch gleichzeitig und individuell
unterschiedlich gezeigt werden, sind :
Den Blick verkürzen
Es gilt als unhöflich, unter Umständen sogar provozierend, einem Gegenüber lang
anhaltend in die Augen zu starren. Deshalb wird der Blickkontakt immer mal wieder kurz
unterbrochen.
Das Blinzeln
Auch hier geht es wieder darum, einen stechenden, stierenden Blick zu vermeiden. Die
Augen werden kleiner beim Blinzeln, so entsteht ein „harmloserer" Gesichtsausdruck.
Den Kopf abwenden
Den ganzen Kopf abzuwenden ist ein noch deutlicheres Signal als das Blinzeln. Der
Blickkontakt wird weitgehend vermieden, es wird klar gezeigt, dass nicht provoziert
werden soll.
Den Körper abwenden
Wird der gesamte Körper seitlich abgewendet, verstärkt sich die beschwichtigende
Wirkung nochmals.
Den Rücken zudrehen
Wird dem Gegenüber der Rücken zugewandt, ist dies eine klare Botschaft dafür, dass
kein weiterer Kontakt in dieser Form erwünscht ist.
Das Einfrieren
Eines der stärksten Signale überhaupt ist das vollständige, bewegungslose Verharren in
einer Situation. Alle Bewegung kommt zum Stillstand, um jedes Missverständnis
auszuschließen. Meist entspannt sich die Begegnung dann auch schnell.
Das geistige „Abtauchen"
Es ist eines der traurigsten Ausdruckselemente, das wir bei einem Hund erkennen
können. Ich habe es noch nie gegenüber einem Artgenossen gesehen, sondern immer
nur situationsbezogen oder gegenüber Menschen. Der Hund verabschiedet sich regelrecht
aus dieser Welt, taucht ab in eine Realität, die fern der unseren ist, weil er den Zustand,
in dem er sich befindet, sonst nicht ertragen kann. Häufig zu sehen bei Hunden, die an
der Kette oder im Zwinger gehalten werden, oder bei Hunden, die so oft und hart gestraft
werden, dass sie lieber gar nichts mehr tun, als einen Fehler zu machen, der nur wieder
neue Strafe nach sich zieht
Langsame Bewegungen
Sie wirken immer beruhigend und aggressionshemmend. Das Gegenüber hat Zeit, sich
auf die Begegnung/die nächste Aktion einzustellen. Der Hund will jedes Missverständnis
vermeiden, das durch allzu viel Hektik im Eifer des Gefechts entstehen könnte.
Über den Fang lecken
Dieses Signal wird häufig übersehen, weil es manchmal mit unglaublicher
Geschwindigkeit gezeigt wird. Der Hund leckt sich einmal oder auch mehrfach mit seiner
Zunge über den Fang.
Das Wedeln mit der Rute
Wird das Wedeln bei niedrig gehaltener, evtl. sogar leicht geklemmter Rute gezeigt, dient
es zur Beschwichtigung des Gegenübers.
Die Vorderkörpertiefstellung
Die Vorderkörpertiefstellung zur Beschwichtigung ist von der, die als Spielaufforderung
gemeint ist, deutlich zu unterscheiden. Bei der Spielaufforderung sehen wir eine hohe
Bewegungsintensität, der Hund hopst und springt, oft wird dies von fröhlich
aufforderndem Bellen begleitet. Die Vorderkörpertiefstellung zur Beschwichtigung
hingegen verläuft lautlos und zeigt eine niedrige Bewegungsintensität – der Hund
verharrt für ein paar Sekunden in dieser Position, ehe er sich entweder hinlegt oder
langsam wieder aufrichtet.
Hinsetzen/Hinlegen
Auch das Hinsetzen oder Hinlegen kann als Beschwichtigungssignal dienen. Große Hunde
setzen das Hinlegen zum Beispiel ein, um einem unsicheren Gegenüber ihre
Friedfertigkeit zu versichern. Junge Hunde setzen sich bei Unsicherheit abwartend hin,
um mit der Begegnung (insbesondere mit älteren) Artgenossen keinen Fehler zu machen,
der einen „Rüffel" nach sich ziehen würde.
Gähnen
Ein Hund gähnt nicht nur bei Müdigkeit, sondern auch, um eine angespannte Situation zu
entspannen. Ob das Gähnen als Beschwichtigungssignal eingesetzt wird oder ob der
Hund einfach nur müde ist oder aus einem anderem Grund gähnt, erkennt man am
restlichen Ausdrucksverhalten und natürlich an der Situationsbezogenheit.
Im Bogen gehen
Eines der häufigsten zu beobachtenden Signale ist das Bogen laufen. Es gilt als unhöflich
und kann leicht als Provokation vom Gegenüber aufgefasst werden, frontal aufeinander
zu zu rennen.
Schnüffeln
Ein Hund schnüffelt nicht nur, wenn er sich geruchlich orientieren will. Manchmal tut er
es auch, um ein Gegenüber zu beschwichtigen. Den Unterschied erkennt man daran,
dass er sich beim beschwichtigenden Schnüffeln mit verstohlenen Blicken versichert,
dass sein Signal dort ankommt.
Splitten
Das Splitten kann mit hohem Tempo (zum Beispiel während eines Rennspiels) oder auch
langsam schlendernd ausgeführt werden. Dabei bringt sich ein Hund meist seitlich
kommend zwischen zwei andere, zwischen denen er mehr Abstand gewahrt wissen
möchte.
Einen Vorderlauf anheben
Diese Verhaltensweise ist vermutlich aus dem Futterbetteln der Welpen abgeleitet. Der
Hund hebt einen der Vorderläufe deutlich sichtbar an und verharrt einen kurzen Moment
in dieser Position, um seine friedlichen Absichten kund zu tun.
Urinieren
Hier gilt es zunächst einmal zu unterscheiden, ob der Hund uriniert, weil er einfach „mal
muss" und die Blase entleeren möchte, oder ob er markiert, um eine Reviergrenze oder
Ähnliches zu kennzeichnen, oder ob er schließlich beschwichtigt, um die Spannung aus
einer Situation zu nehmen. Handelt es sich um Letzteres, kann dies deutlich dadurch
erkannt werden, dass der Hund – ähnlich wie beim Schnüffeln – vorsichtig zu seinem
Gegenüber schaut, um zu sehen, ob seine beabsichtigte Botschaft dort auch ankommt.
Übersprungshandlungen
Gerade junge Hunde, manchmal aber auch ältere, setzen ein betont verspieltes Verhalten
ein, um dem Gegenüber Ungefährlichkeit zu signalisieren. Sie hopsen, springen, bellen
und fiepen – zeigt sich das Gegenüber dann ebenfalls freundlich, beruhigen sie sich meist
schnell wieder. Auch bei Übersprungshandlungen – wie bei den meisten Verhaltensweisen
eines Hundes überhaupt – kommt es auf die Berücksichtigung des
Gesamtzusammenhanges an, will man erkennen, ob es sich um ein
Beschwichtigungssignal handelt oder ob es aus einem anderen Grund gezeigt wird. Denn
Übersprungshandlungen zeigt ein Hund auch, wenn er sich zum Beispiel nicht zwischen
unterschiedlich möglichen Handlungsweisen entscheiden kann und aus dieser
Unentschlossenheit heraus Unsicherheit überspielen will. Eine weitere Intention für das
Zeigen von Übersprungshandlungen ist die, einen Erregungsstau abzubauen, zum
Beispiel weil eine ursprünglich beabsichtigte Handlung nicht gezeigt werden kann.
Wie können wir diese Signale zur Kommunikation bei
Hunden einsetzen ?
Das Wissen über diese Sprache ist ebenso wichtig in unserem Kommunizieren mit
Hunden.
Beispiele :
Sie treffen auf einen Hund, der knurrt oder bellt . Wenn Sie blinzeln, den Kopf
wegdrehen, einen Bogen gehen mit abgewendetem Kopf oder seitlich drehen, stellen Sie
keine Gefahr mehr für ihn da.
Sie schimpfen mit ihrem Hund in aggressivem Befehlston. Der Hund verkürzt zuerst den
Blick, als das nichts nützt, wendet er den Blick ganz ab.
Wenn Sie ihr ( oder eine fremder ) Hund anspringt, wenden Sie ihm den Rücken zu und
bleiben ganz ruhig stehen.
Beugen Sie sich nicht über einen Hund, beim Begrüßen oder Streicheln. Gehen Sie
seitlich, streicheln Sie die Ihnen zugewandte Seite, und immer mit dem Handrücken.
Wenn Sie Ihrem Hund ein Kommando in aggressiven und zornigen Ton geben, wird der
Hund oft in seiner Bewegung erstarren und so tun, als hätte er nichts gehört. Das hat
NICHTS mit Dominanz oder Trotz zu tun ( menschliche Interpretation ), sondern er
versucht ganz einfach, Ihren Ärger zu beschwichtigen.
Wer mehr darüber wissen will, dem sei das Buch und die DVD „ Calming signals „ von
Turid Rugaas empfohlen.
Hundebisse statistisch:
Jährlich werden rund 5.900 Personen in Österreich durch Hundebisse so schwer verletzt,
dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. Bissverletzungen sind etwa 80
Prozent davon, die restlichen Verletzungen sind anderer Art wie beispielsweise Kratzer
oder durch umgestoßen werden.
Kinder unter 15 Jahre sind etwa 20 Prozent der Verletzten (jährlich). Die Zahlen beruhen
auf einem Durchschnitt der Jahre 2002-2007.
Davon meist , während Kinder mit den Vierbeinern spielen , wie eine Studie des
Kinderunfall-Forschungszentrums Graz aus dem Jahr 2005 besagt. 14 Prozent der Unfälle
passieren beim Vorbeigehen am Hund, jeder zehnte Hundebiss ereignet sich beim
Kuscheln mit dem Tier, beim Füttern passieren acht Prozent der Bisse.
Das höchste Risiko besteht bei Ein- bis Zweijährigen. Danach nimmt die
Wahrscheinlichkeit, gebissen zu werden, rasch ab. In den meisten Fällen kannten die
Kinder den Hund. Allerdings beißt zumeist nicht der Familienhund zu, sondern der Hund
von Nachbarn, Verwandten oder Freunden.
An erster Stelle der Beißstatistik stehen der Schäferhund und der Dobermann. Sie sind
für fast 40 Prozent der Unfälle verantwortlich.
(Quelle: Johannes Schalamon, Herwig Ainoedhofer et al: Analysis of Dog Bites in Children
Who Are Younger Than 17 Years, Große schützen Kleine)
Aufschlüsselung nach Hunderassen
2007
Besitzer auffälliger Hunde nach Geschlecht
(Quelle: Land OÖ, Abt. Statistik)
Diese Statistik resultiert daraus, dass Männer im Allgemeinen aggressiver mit
ihren Hunden spielen und härtere Erziehungsmaßnahmen bevorzugen.
Eine Studie z.B. beschäftigte sich mit der Entwicklung aggressiven Verhaltens innerhalb
des ersten Lebensjahres verschiedener Rassen ( Wolf, Deutscher Schäferhund, Alaskan
Malamute, Fila Brasiliero, Bullterrier, Labrador, Großpudel und Zwergpudel ) und es fielen
besonders die Zwergpudel durch sehr ausgeprägte Aggressionen auf und waren unfähig,
das soziale leben in einer Hundegruppe ohne den Partner Mensch zu regulieren ( aus
Federsson-Petersson: Ausdrucksverhalten beim Hund, S. 348 ).
Betrachtet man die zitierten Studien dann zeigt sich, dass eine besondere Gefährlichkeit
bestimmter Rassen aufgrund rassetypischer Wesensmerkmale somit weder von der
Definition des Wesens her noch auf der Basis bisheriger Untersuchungen über die
Beteiligung bestimmter Rassen an Beißvorfällen zulässigerweise abzuleiten ist. ( Aus
:Zur Frage der Gefährlichkeit von Hunden auf Grund der Zugehörigkeit zu bestimmten
Rassen (www.sommerfeld-stur.at/gefahren/rassen von Irene Sommerfeld-Stur .
Alle Untersuchungen zu diesem Thema würde ein eigenes Buch ergeben und sprengt hier
den Rahmen. Interessierte Leser sind u.a. auf die unten angeführten Quellen verwiesen.
Abschliessend ist zu sagen, dass es prinzipiell gut wäre, wenn alle Hundebesitzer einen
Hundeführschein bzw. einen Kurs ,machen um über das Wesen und Verhalten des
Hundes ( ihres Hundes, da es ganz unterschiedliche angeborene Verhalten je nach Hund
und Rasse gibt ), sein Lernverhalten, den Umgang mit ihnen etc. zu lernen ( auch sollten
viele Eltern über den Umgang, das Wesen, das Lernverhalten, die Psyche etc. von
Kindern lernen ). Wie aus allen Untersuchungen hervorgeht, kann man unter schlechten
Aufzuchtsbedingungen , aus Unverstand des richtigen Umgangs mit Hunden und mit viel
Gewalt aus fast JEDEM Hund einen Beißer machen, aber es kann nicht sein, dass das
Gesetz nur bestimmte Rassen betrifft, die in den Beißstatistiken am unteren Ende zu
finden sind, die man an den Pranger stellt, denn EIN Grund den Hundeführschein zu
machen, sollte und könnte sein, durch dieses Wissen das Leben unserer Hunde zu
verbessern und somit auch unser Leben mit ihnen.
Quellen:
Calming Signals ( Turid Rugaas ) ,Buch und DVD
Stress bei hunden ( Clarissa v. Reinhardt und Martina Nagel )
Das Alpha-Syndrom ( Anders Hallgren )
Die Neuropsychologie des Hundes ( James O`Heare )
Welpen ( Clarissa v. Reinhardt )
Trennungsangst beim Hund ( James O`Heare )
Mit den Ohren eines Hundes ( Joshua Leeds & Susan Wagner )
Ausdrucksverhalten beim Hund ( Dr. Dorit Urd Feddersen-Peterssen )
Alle Bücher und ähnliche Literatur können über die Autorin des Artikels bezogen werden.
Bitte per email unter www.tierarztpraxis-lautner.at
Gerne beantwortet die Autorin des Artikels auftretende Fragen, da der Artikel nur eine
Kurzfassung darstellt.
Für Kinder und deren Eltern :
Der Blaue Hund
Mit einer interaktiven CD-ROM sollen Kinder und Eltern lernen, wie man Hunde richtig
einschätzt. Die dazugehörige Broschüre erklärt den Hintergrund der Situationen und gibt
Tipps zur erfolgreichen Erziehung von Hunden.
Das länderübergreifende Projekt wurde von der Deutschen Veterinärmedizinischen
Gesellschaft (DVG) angeregt, um Bissverletzungen bei Kindern zwischen 3 und 6 Jahren
zu verhindern.
(Screenshot von der CD)
Der Blaue Hund, aus dem Englischen von Hildegard Jung, CD-ROM für Mac und
Windows, DVG Service 2007
Alle Bücher und ähnliche Literatur können über die Autorin des Artikels bezogen werden.
Bitte per email unter www.tierarztpraxis-lautner.at
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