Hunde-Verhalten Die Autorin: Brigitta Bartus (41) ist seit 2004 AgilitySportlerin. Sie macht Trainings zu Basis- und Dummyarbeit sowie für Agility »Wer nicht viel redet, veranlasst sein Gegenüber zum besseren Zuhören.« Brigitta Bartus Kommunikation mit dem Hund – Ohne Worte zur besseren Verständigung N un ist es soweit: Max zieht Franz aufgeregt an der Leine zur ersten Hürde. Franz leint ihn ab und beugt sich mit voller Körperpräsenz zu ihm runter. Er sagt laut „Sitz!“ worauf Max ihm ausweicht und sich halbherzig setzt. Franz entfernt sich von Max im Rückwärtsgang und streckt dabei den Arm aus. Er macht mit der Handfläche eine blockierende Geste und wiederholt 26 AgilityLive September/Oktober 2013 dabei mehrfach sein Sitzkommando. In dem Augenblick, in dem er den Arm nach unten senkt, rennt Max an ihm vorbei über den ersten Sprung und verschwindet im falschen Tunnelloch , ohne den zweiten Sprung überhaupt genommen zu haben. Hunde sind keine großen Redner Teams wie Franz und Max sind uns nicht fremd, sie gehören zum Turnieralltag. Sie zeigen deutlich das falsche Zusammenspiel von nonverbalen Gesten und verbalen Kommandos. In diesem Fall steigerten sie bei Max die Bereitschaft loszurennen, statt auf seine Startfreigabe zu warten. Warum reagieren unsere Hunde, die eigentlich Interpretationskünstler sind, im Deuten unserer Körpersignale in manchen Situationen sensibel? Weshalb verhalten sie sich konträr zu dem was wir sagen oder anzeigen? Hier ist es hilfreich, zu verstehen, dass wir Menschen ursprünglich „nonverbal“ veranlagt waren. Heute ist die verbale wie auch die nonverbale Kommunikation für uns selbstverständlich. Reden wird oft unterstrichen mit Gestik, Mimik, Körperhaltung und Augenkontakt. Es ist unsere Form der Kommunikation. Hunde hingegen kommunizieren mit ihren Artgenossen fast nur über ihre Körpersprache. Und selbst wenn sie „sprechen“ und Lautäußerungen wie bellen, jaulen oder knurren von sich geben, wird ihr Verhalten durch eine aktive, eindeutige Körpersprache unterstützt, die im Einklang steht zu den verbalen Lauten. Körpersprache zu unterstreichen. Kommunikation mit dem Hund ist im Grunde gar nicht so komplex und viel einfacher. Hunde sprechen international nur eine nonverbale Sprache Kommunizieren statt verwirren Hunde achten wie keine andere Spezies auf unsere Körpersprache und damit verbundene Signale, die wir teilweise unbewusst abgeben. Sie lesen uns wie ein offenes Buch – mit fremden Zeichen – und versuchen zu begreifen. Die Kommunikation wie sie Hunde untereinander praktizieren, scheitert bei uns, da wir häufig nicht die Fähigkeit haben, unsere Handlungen und Gefühle mit dem Verhalten das wir zeigen in Einklang zu bringen. Das wäre aber Voraussetzung, um unserem Hund eindeutige und verständliche Informationen zu geben. Es mag überraschend klingen, aber das nonverbale Kommunizieren ist eindeutiger für den Hund als der Einsatz von allen Kommunikationsformen die wir Menschen mitbringen. Dabei müssen wir uns nicht einmal Neues aneignen, sondern lediglich ein wenig umdenken. Im Berufsleben hat sicherlich der ein oder andere schon mal ein Rhetorikseminar besucht. In diesen Trainings wird der Mensch geschult, das was er sagt mit seiner Foto: privat; Illustration: Julia Christians Franz steht nervös am Start. Die Startsequenz besteht aus zwei versetzten Sprüngen und als drittes Hindernis eine offensichtliche Tunnelverleitung, die erfordert, vor dem Hund dort zu sein, um den richtigen Eingang anzuzeigen Bei den berüchtigten Frühstarts von Terrier Max hat das natürlich seine Tücken . . . Es gibt viel Literatur zur hündischen Kommunikation und in der ein oder anderen wird immer wieder davon gesprochen diese möglichst natürlich zu kopieren. Doch mal ehrlich: Wer von uns kann in vielfältiger Form seine Ohren bewegen oder drohend die Nackenhaare stellen? Wir können jedoch unsere eigenen Körpersignale einsetzen um uns dem Hund verständlich zu machen. Bei gängigen Kommandos wie „Sitz“ oder „Platz“ kommen unsere Hände und Arme ja schon erfolgreich zum Einsatz. Da wir im Idealfall dazu nur diese beiden Laute verwenden, können Hunde dieses deutlich miteinander verknüpfen und ein Kommando ohne Geste reicht am Ende aus. Eine große Bedeutung beim nonverbalen Training mit dem Hund hat der Blickkontakt. Häufig kann man sehen, wie Menschen mit Worten und Gesten versuchen, ihren Hund auf sich aufmerksam zu machen. Ein Hund der gelernt hat, dass der Blickkontakt zu seinem Menschen unerlässlich ist um miteinander zu kommunizieren, wird diesem wortlos folgen. Schaut man mehreren Hunden bei ihrer Kommunikation zu wird es schnell deutlich: Da wird kurz angeschaut, weggeschaut, fixiert, ein verharrende Körperhaltung eingenommen, die Artgenossen dazu veranlasst, gemeinsam einen Punkt anzusehen und vieles mehr. Das Einmaleins der MenschHund-Kommunikation Einfache Grundübungen, um sich selbst im Umgang mit dem Hund bewusster wahrzunehmen, sind manchmal vielleicht nur in Vergessenheit geraten. Gehen wir mit dem Hund spazieren, sollten wir einfach mal die Richtung wechseln ohne etwas zu sagen. Folgt der Hund uns, wird er in der Regel zu uns kommen und Blickkontakt anbieten. Schon sind wir mittendrin in der nonverbalen Kommunikation. Wer Angebote seines Hundes dieser Art positiv bestätigt, wird ihn ohne viel Aufwand darin bestärken. Ein Hund der distanzlos an uns hochspringt, hört damit schneller auf, wenn wir uns ihm mit aufrechter Körperhaltung in den Weg stellen und ihn mit ruhigen Blick abdrängen, als wenn wir ihn mit Händen und hochgezogenem Knie, verbunden mit Worten an seinem Tun zu hindern suchen. Was nützt es zu einem Hund, der sein Wartekommando auflöst, mehrfach Sitz, Bleib oder Warte zu sagen? Da Hunde überwiegend nicht schwerhörig sind, haben sie das erste Kommando offensichtlich erfolgreich ignoriert. Mit einem menschlichen Gesprächspartner der uns ignoriert, würden wir uns wohl kaum so viel Mühe geben, um wahrgenommen zu werden. Besser ist es, den Hund gelassen wieder an seine Warteposition zu bringen und ihm die Möglichkeit zu geben, uns zuzuhören. Erstaunliche Aha-Effekte kann man erzielen, indem man einfach mal den Selbstversuch macht und einen nonverbalen Tag mit dem eigenen Hund einlegt. In der Praxis ist an diesem Tag wie im fremdsprachlichen Urlaubsland jegliche Gestik erlaubt, um sich verständlich zu machen nur das Sprechen nicht. Wer nach so einem Tag reflektiert was alles erstaunlich reibungslos in der Kommunikation lief, wird, dass versichere ich, motiviert die nächsten Schritte angehen. Wir Menschen reden immer noch zu viel mit unseren Hunden anstatt bewusster zu kommunizieren. Könnten unsere Hunde ernsthaft sprechen würden Sie zu uns wohl mehr als gelegentlich sagen: „Hey! Schön dass du endlich aufhörst mich dauernd anzubellen“! Brigitta Bartus AgilityLive September/Oktober 27