Nur für professionelle Anleger und Berater Wer wird die kommende Schwemme an Staatsanleihen kaufen? Werden private Anleger die Lücke füllen, die asiatische Zentralbanken und quantitative Lockerungsmaßnahmen hinterlassen haben? Keith Wade, Chefökonom & Stratege James Bilson, Volkswirt September 2012 Eine der wenigen Gewissheiten im Investmentbereich ist derzeit, dass es in den kommenden Jahren keinen Mangel an Staatsanleihen geben wird. Die Staatsschulden steigen kontinuierlich, Laut den neuesten Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) werden sie bis Ende dieses Jahres 110 % des BIP erreichen und sich dann 2013 weiter erhöhen. Man muss bis in die Zeit kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zurückgehen, um ein ähnliches Verschuldungsniveau der Industrieländer zu finden (Abb. 1). Man könnte argumentieren, dass die Probleme heute noch größer sind als vor 67 Jahren, denn heute profitiert die Weltwirtschaft nicht von einer Friedensdividende durch Demobilisierung und Wiederaufbau. Abbildung 1: Schuldenniveau bewegt sich in Richtung früherer Rekordstände BIP in % 160 140 120 100 80 60 40 20 0 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 G7: Staatsschulden/BIP-Verhältnis Quelle: Reinhart und Rogoff (2010), IWF, Thomson Datastream, Schätzungen von Schroders. Aktualisiert 14. August 2012. Weitere Einzelheiten im Anhang. Diese Aussichten haben Befürchtungen geweckt, dass die Renditen von Staatsanleihen in den kommenden Jahren stark anziehen werden, wenn die Anleger versuchen, das erhöhte Emissionsvolumen aufzufangen. Verstärkt werden diese Befürchtungen noch durch die Anzeichen dafür, dass China seine Käufe von US-Staatsanleihen zurückgefahren hat. Außerdem drohen zukünftig Probleme, wenn die quantitativen Lockerungsmaßnahmen (QE) auslaufen und die USNotenbank Fed und andere Banken ihre Bilanzen nicht weiter vergrößern. Nachdem wir in einem früheren Artikel den Ausblick für das zukünftige Angebot an Staatsanleihen untersucht haben 1, befassen wir uns in diesem Talking Point mit der Frage, wie sich die Nachfrage nach Staatsanleihen wahrscheinlich entwickeln wird. Als spezifisches Beispiel ziehen wir den Markt für US-Treasuries heran. Wer könnte das staatliche 1 „Cutting debt and deficits“; Januar 2012. Schroders Talking Point http://www.schroderstalkingpoint.com/?id=a0j50000000vMl4AAE Mehr als 200 Jahre Investments für Ihre Zukunft Talking Point Wer wird die kommende Schwemme an Staatsanleihen kaufen? Nur für professionelle Investoren chinesische Devisenamt (State Administration for Foreign Exchange, SAFE) und die US-Notenbank Fed als Hauptkäufer von US-Staatsanleihen ersetzen? Können private Käufer an ihre Stelle treten und wird die US-Regierung dazu Druck auf sie ausüben müssen? Finanzielle Repression, also die Verpflichtung von Finanzinstituten, staatliche Finanzwerte aus „regulatorischen Gründen“ zu unattraktiven Preisen zu halten, ist ein weiteres Instrument, das staatliche Stellen einsetzen können, um sicherzustellen, dass ihr Bedarf an Finanzmitteln gedeckt wird. Für Anleger kann dies – genau wie Inflation und Zahlungsausfall – eine erhebliche mittelfristige Bedrohung ihrer Portfoliorenditen darstellen. Unsere Schlussfolgerungen lauten: • • Der bevorstehende Umfang der Neuemissionen aus Industrienationen, insbesondere aus den USA, ist immens. Wir schätzen, dass bis 2017 neue US-Staatsanleihen mit einem Volumen von mehr als 5 Bio. USDollar emittiert werden könnten, ohne die mögliche Auflösung des QE-Programms der US-Notenbank. In der letzten Zeit haben vor allem die US-Notenbank und der externe Sektor (insbesondere asiatische Zentralbanken) US-Treasuries gekauft. Sie dürften kaum in gleichem Umfang wie bisher in neu emittierte Papiere investieren, so dass ein erhebliches Defizit entstehen wird. • Nach unseren Schätzungen werden Banken, institutionelle Anleger und andere private Investoren in den nächsten fünf Jahren zusätzliche 1,4 Bio. US-Dollar in US-Treasuries pumpen müssen. Dies entspricht einem Anstieg um mehr als 50 % gegenüber dem Vergleichszeitraum. • Schuldenabbau, die demografische Entwicklung und ein Mangel an sicheren Vermögenswerten treiben die Finanzinstitute bereits jetzt in diese Richtung. Das Ausmaß der Investitionen dürfte die Anleger allerdings abschrecken, so dass die Anleiherenditen mittelfristig steigen werden. • Dies muss nicht notwendigerweise negativ sein: Steigende Renditen und die Rückkehr der Wächter des Anleihenmarktes könnten dem politischen Stillstand ein Ende setzen und die Aufmerksamkeit der Politiker wieder auf die Senkung des Haushaltsdefizits lenken. • Allerdings könnten sich die staatlichen Stellen aufgrund der Kombination aus Konjunkturschwäche und politischen Spaltungen in Washington für die Lösung ihrer Finanzierungsprobleme an den Gesetzgeber wenden. Die Banken sehen sich bereits jetzt mit zunehmender Regulierung konfrontiert, aber selbst mit diesen Maßnahmen hat der Staat noch beträchtliche Möglichkeiten, Pensionsfonds und Versicherungsunternehmen unter Druck zu setzen, ihre Bestände an US-Staatsanleihen aufzustocken. • Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ergebnisses steigt noch durch die zunehmend ablehnende Haltung der Politik gegenüber weiteren quantitativen Lockerungsmaßnahmen seitens der US-Notenbank. • Der Reiz finanzieller Repression besteht für die Politik darin, dass sie scheinbar keine Opfer hat. Allerdings werden die Kosten von denjenigen getragen werden müssen, die versuchen, heute Geld für ihren Ruhestand anzusparen, denn sie werden in der Zukunft von niedrigeren Renditen und einem niedrigeren Lebensstandard betroffen sein. Wie groß ist das Emissionsvolumen, das die Anleger absorbieren müssen? Wir ziehen die IWF-Prognosen des US-Haushaltsdefizits als Basis für die Nettoemissionen der nächsten sechs Jahre heran und gehen von der Annahme aus, dass die US-Notenbank ihren Bestand in diesem Zeitraum weder aufstockt noch abbaut. Auf dieser Grundlage ergibt eine einfache Addition eine Summe von insgesamt 5,6 Bio. US-Dollar (37 % des BIP 2011) an staatlicher Kreditaufnahme. Diesen Betrag verwenden wir als Schätzwert für das nominale NettoEmissionsvolumen (Abb. 2, unten). Insgesamt wird das Emissionsvolumen jedoch höher ausfallen, da die Regierung fällig werdende Anleihen refinanzieren muss. Wenn die US-Notenbank ihr QE-Programm abwickelt und US-Treasuries wieder auf dem Markt verkauft, würde das 2 Angebot an Anleihen natürlich steigen. Wenn sie zum Beispiel Papiere im Wert von etwa 1 Bio. US-Dollar verkauft , dann würden in den nächsten sechs Jahren Anleihen in einem Volumen von über 6 Bio. US-Dollar ausgegeben, etwa 40 % des BIP 2011. 2 Ungefähr 60 % ihrer derzeitigen Positionen, damit würde ihr Treasury-Bestand wieder etwa auf Vorkrisenniveau liegen. Nur für professionelle Investoren Talking Point Wer wird die kommende Schwemme an Staatsanleihen kaufen? Abbildung 2: Die Angebots-Pipeline tn $ 7 Bio.USD 6 5.62 5 6 5 4 4 3 3 2 2 1 1 0 0 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Gesamt (2012-17) Haushaltsdefizit Gesamt (ohne QE Gesamt (mit QE-Abwicklung -Abwicklung) von 1 Bio. USD) QEAbwicklung Defizitbedingte Emission Quelle: IWF, Schätzungen von Schroders. Aktualisiert 14. August 2012. Die Senkung des US-Haushaltsdefizits wäre sicherlich der bevorzugte Weg, um dieses kommende Emissionsvolumen zu verkleinern, und es gibt bereits niedrigere Defizitschätzungen. Zum Beispiel geht das Congressional Budget Office 3 (CBO) davon aus, dass das Defizit 2012–2017 insgesamt unter 3 Bio. US-Dollar liegen wird , doch die jüngste Geschichte deutet darauf hin, dass diese Prognosen in der Regel allzu optimistisch sind. Außerdem scheint sich die politische Debatte in den USA eher auf die Größe und Funktion der Regierung und weniger auf die Senkung des Haushaltsdefizits zu konzentrieren. Wir verwenden daher die IWF-Prognosen als unser Basisszenario, erkennen jedoch an, dass ein mittelfristig besserer Fiskalausblick die von uns angesprochenen Probleme mindern würde. Finanzierung der US-Regierung: Die US-Notenbank hat den Stab von Asien übernommen In den vergangenen fünf Jahren war eine dramatische Verlagerung der Finanzierungsquellen zu beobachten. Dabei sind die Käufe durch den externen Sektor (vor allem asiatische Zentralbanken) deutlich zurückgegangen, da viele offizielle Anleger aufgrund der Finanzkrise dazu übergingen, ihre Devisenbestände zu Ungunsten der USA zu diversifizieren. Dieser Rückgang wurde größtenteils von der US-Notenbank aufgefangen, die sich zwischen 2007 und 2011, als das QE-Programm ins Leben gerufen wurde, von einem Nettoverkäufer zum größten Käufer von USStaatsanleihen gewandelt hat. Die Käufe von Banken, institutionellen Anlegern und Inhabern von Geldmarktfonds sind geringfügig gestiegen. Allerdings ist der externe Sektor nach wie vor der zweitgrößte Käufer von US-Staatsanleihen, obwohl sein Anteil an den Gesamtkäufen zurückgegangen ist (siehe Abb. 3). 3 Haushaltsprognosen des CBO, März 2012, zu finden unter http://www.cbo.gov/publication/43119 Talking Point Wer wird die kommende Schwemme an Staatsanleihen kaufen? Nur für professionelle Investoren Abbildung 3: Wer kauft US-Staatsanleihen? Käufe nach Sektor Nettokäufe in % der Nettoemissionen 120% 80% 40% 0% -40% 2007 Fed 2008 Extern 2009 BBD 2010 P&I Fonds 2011 MM&M Fonds BBD: Banken, Broker und Dealer. P&I Funds: Pensions- und Versicherungsfonds. MM&M Funds: Investment- und Geldmarktfonds. Quelle: Federal Reserve Flow of Funds, Thomson Datastream, Schätzungen von Schroders. Aktualisiert 14. August 2012. Der externe Sektor hält nach wie vor die größten Bestände an US-Staatsanleihen: Auch wenn sein Anteil an den ausstehenden Schulden von 49 % auf 45 % gesunken ist, liegt er dennoch deutlich vor der US-Notenbank mit 15 % (siehe Abb. 4). Im externen Sektor hat China Japan seit 2007 als größter Inhaber von US-Staatsanleihen überholt, unterstützt durch eine Reihe von beträchtlichen Leistungsbilanzüberschüssen. Die Auswirkungen des Schuldenabbaus Bei den anderen Sektoren haben wir Zuwächse bei Banken und Brokern sowie bei Privathaushalten und Unternehmen außerhalb der Finanzbranche festgestellt. Daran zeigen sich die Auswirkungen des Schuldenabbaus: Die Privathaushalte und Unternehmen fahren ihre Kreditaufnahme zurück, sodass die Einlagen in Relation zu den Darlehen im Bankensektor steigen. Als Reaktion darauf haben die Banken ihre Überschussreserven in US-Treasuries investiert. Darüber hinaus haben Privathaushalte und Unternehmen aufgrund der gestiegenen Risikoscheu mehr Geld in Staatsanleihen gesteckt und ihre Investitionen in die Realwirtschaft und Finanzassets wie Aktien verringert. Unter dem Druck der Aufsichtsbehörden und Aktionäre bauen auch die Banken ihre Risiken ab (siehe unten). Unterdessen stehen bundesstaatliche und lokale Regierungen in den USA unter akutem Finanzdruck und haben ihren Anteil von 11 % auf 4 % reduziert. Talking Point Wer wird die kommende Schwemme an Staatsanleihen kaufen? Nur für professionelle Investoren Abbildung 4: Wer ist am Markt für US-Treasuries beteiligt? Positionen nach Sektor Dezember 2007 Summe: 4,9 Bio. USD Sonst.** 16,9% März 2012 Fed 15,1% Summe: 10,6 Bio. USD Sonst.** MM&M Fonds 7,3% Fed 15,6% MM&M Fonds 8,0% P&I Fonds 11,0% BBD 1,2% 17,3% P&I Fonds 9,8% Extern* 48,5% BBD 4,6% Extern* 44,7% BBD: Banken, Broker und Dealer. P&I Funds: Pensions- und Versicherungsfonds. MM&M Funds: Investment- und Geldmarktfonds. *Extern bezieht sich auf US-Staatsanleihen im Besitz von sowohl offiziellen ausländischen Instituten (etwa 75 % des Gesamtvolumens) als auch privaten ausländischen Anlegern (25%). **Sonstige bezieht sich auf finanzfremde Unternehmen, Privathaushalte, gemeinnützige Organisationen, bundesstaatliche und lokale Regierungen usw. Quelle: Federal Reserve Flow of Funds, Thomson Datastream, Schätzungen von Schroders. Aktualisiert 14. August 2012. Die zukünftige Gestalt des Marktes Wenn wir nun wieder zu unserem Basisszenario eines Emissionsvolumen von knapp über 5,5 Bio. US-Dollar bis 2017 zurückkehren, wie werden dann die verschiedenen Käufer wahrscheinlich reagieren? Zunächst nehmen wir an, dass der Bestand der US-Notenbank an US-Treasuries am Ende dieses Zeitraums genauso 4 hoch sein wird wie aktuell , dass also die Fed (netto) keine Titel dieser Emissionen kauft. Dies sollte nicht überraschen, denn die QE gilt nur als temporäre Maßnahme zur Unterstützung der Konjunktur mit Zinsen von nahezu null. Allerdings fällt bei dieser Annahme ein Hauptkäufer aus dem Markt heraus und die Last des Emissionsvolumens verteilt sich stärker auf andere Sektoren. Wie oben gesehen befindet sich der Großteil der US-Treasuries derzeit im Besitz des externen Sektors, und unseres Erachtens wird sich daran bis 2017 auch nichts ändern. Gleichzeitig wird damit gerechnet, dass der Anteil dieses Sektors am Markt für US-Treasuries kontinuierlich zurückgeht, da die Handelsüberschüsse sinken und folglich die Schwellenländer, insbesondere China, auch weniger Notwendigkeit für einen Eingriff in die offiziellen Wechselkurse sehen. Anhand der IWF-Prognosen berechnen wir für die nächsten sechs Jahre den kumulierten Leistungsbilanzüberschuss der Länder, die maßgeblich US-Treasuries kaufen. Anhand dieser Zahl haben wir daraufhin berechnet, in welcher Höhe mit den Überschüssen wahrscheinlich US-Treasuries gekauft werden. Demnach würde der externe Sektor bis 2017 US-Treasuries mit einem Volumen von geschätzten 1,8 Bio. US-Dollar kaufen. Dem gegenüber stehen 2,4 Bio. US-Dollar in den vergangenen fünf Jahren. Kann der Privatsektor aufstocken? Bei unserer Schätzung, dass der externe Sektor Papiere im Volumen von 1,8 Bio. US-Dollar kauft und die USNotenbank keine Anleihen erwirbt, bleiben noch 3,8 Bio. US-Dollar übrig, die der Privatsektor übernehmen müsste. Von 2007 bis 2012 hat dieser Sektor Anleihen im Volumen von 2,4 Bio. US-Dollar gekauft. Damit müsste der Privatsektor seine Käufe um über 50 % aufstocken. 4 In diesem Zeitraum könnte sich das Volumen der US-Treasuries im Bestand der US-Notenbank erheblich verändern, wenn zusätzliche QEProgramme aufgelegt oder bestehende QE-Gelder abgezogen werden. Für den Zeitraum von sechs Jahren gehen wir indes von der vereinfachenden Annahme aus, dass sich diese Änderungen unter dem Strich gegenseitig aufheben. Nur für professionelle Investoren Talking Point Wer wird die kommende Schwemme an Staatsanleihen kaufen? Ist dies ohne einen deutlichen Anstieg der Renditen möglich? Offen gesagt weiß niemand die Antwort, da mit dieser Frage zahlreiche Variablen verknüpft sind. Wir können jedoch die Anforderungen an jeden Sektor identifizieren und den Spielraum für zusätzliche Käufe beurteilen. Bei den Banken haben wir bereits die Auswirkungen des Schuldenabbaus im Privatsektor angesprochen, der die Banken zum Kauf von Staatsanleihen zwingt. Außerdem nimmt der regulatorische Druck zu. Nach der Finanzkrise wurden in großem Stil Maßnahmen ergriffen, damit Banken sicherere, risikoärmere Unternehmen werden und nicht erneut mit öffentlichen Geldern gerettet werden müssen. Basel III wurde mit diesem Ziel ins Leben gerufen, und auch wenn die US-Banken dieses Regelwerk nicht bis ins kleinste Detail befolgen, so ist es doch wahrscheinlich, dass sie ihre Bestände an US-Treasuries, die als risikofrei gelten, aufstocken. Striktere Liquiditätsvorschriften dürften ebenfalls zu höheren Beständen an US-Staatsanleihen führen, denn sie sind die wichtigsten zugelassenen Vermögenswerte zur Erfüllung der neuen Mindestliquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio). Versicherungsgesellschaften stehen unter ähnlich hohem Druck, ihr Kapital- und Liquiditätsprofil zu optimieren (in der EU zum Beispiel in Gestalt von Solvency II). Damit gewinnen Staatsanleihen aufgrund der Kapitalanforderungen an Attraktivität gegenüber Unternehmensanleihen. Bei Lebensversicherern besteht ebenfalls ein naheliegendes Interesse an Papieren mit langen Laufzeiten, um die Diskrepanzen zwischen den Laufzeiten ihrer Anlagen und denen ihrer Verbindlichkeiten zu minimieren. Staatsanleihen eignen sich dafür am besten. Auch wenn sich Pensionsfonds aufgrund der Krise nicht in gleichem Umfang aufsichtsrechtlichen Kontrollen unterziehen mussten, werden sie dennoch zunehmend gezwungen, sich Fragen zu ihrem Liability-Matching zu stellen. Inflationsgebundene Staatspapiere mit längeren Laufzeiten sind oft die einzigen Vermögenswerte, die diesen Ansprüchen gerecht werden. Der Spielraum für die finanzielle Repression institutioneller Anleger Die US-Regierung wird vor der starken Versuchung stehen, institutionellen Anlegern (Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften) strengere Beschränkungen aufzuerlegen. Wir schätzen, dass sich der Gesamtwert der Vermögenswerte institutioneller Anleger mit Stand Ende März 2012 auf etwa 18 Bio. US-Dollar belief. Ungefähr 6 % davon waren in US-Treasuries investiert. Was würde zum Beispiel geschehen, wenn die Behörden vorschreiben würden, dass US-Treasuries 15 % der Vermögenswerte ausmachen müssen? Nach unseren Schätzungen müssten dafür Staatspapiere mit einem Wert von rund 1,7 Bio. US-Dollar gekauft werden – ein erheblicher Anteil der 5,6 Bio. US-Dollar, die nach unseren Prognosen bis 2017 emittiert werden. Natürlich hätten mehr oder weniger strenge Vorschriften unterschiedliche Auswirkungen auf die Menge an Anleihen, die institutionelle Anleger kaufen müssten (siehe Abb. 5). Abbildung 5: Die Auswirkungen verstärkter Investitionen institutioneller Anleger in US-Treasuries Bio. USD 6 5,6 5,6 5 5,6 4 3,5 3 1,7 2 1 0 0,8 Treasuries/Vermögenswerte insgesamt 10% Treasuries/Vermögenswerte insgesamt 15% Treasuries/Vermögenswerte insgesamt 25% Hypothetische Nachfrage von Pensions- und Versicherungsfonds * Geschätzte Gesamtemission (2012-17) *Bei der hypothetischen Nachfrage wird davon ausgegangen, dass US-Treasuries x % des Gesamtvermögens (Stand März 2012) von Fonds ausmachen müssen. Quelle: Federal Reserve Flow of Funds, Thomson Datastream, Schätzungen von Schroders. Aktualisiert 14. August 2012. Nur für professionelle Investoren Talking Point Wer wird die kommende Schwemme an Staatsanleihen kaufen? Auch wenn es unwahrscheinlich sein mag, dass die US-Regierung eine derartige Aufstockung an US-Treasuries per Gesetz vorschreibt, so gibt es doch andere Kräfte, die institutionelle Anleger dazu drängen. Eine dieser Kräfte ist die ausführlich besprochene demografische Verschiebung, die den Bedarf an Vermögenswerten mit langen Laufzeiten immer mehr erhöhen wird, wenn sich die Generation der Baby-Boomer dem Ruhestand nähert. Knappes Angebot sicherer Vermögenswerte Über den Druck, der durch einen Mangel an sicheren Vermögenswerten entsteht, wird weniger umfassend berichtet. Die Finanzkrise hat die Zahl der Vermögenswerte, die als sicher eingestuft werden, verringert. Wertpapiere, die mit Hypotheken und anderen Vermögenswerten besichert sind, gelten nun als toxisch. Das Problem wurde vor dem globalen Hintergrund der Eurokrise noch verschärft, denn dadurch sind auch italienische und spanische Anleihen aus dem Spektrum der sicheren Vermögenswerte herausgefallen. Institutionelle Anleger haben deshalb oft kaum eine andere Wahl als US-Treasuries (oder britische Gilts) zu kaufen, wenn sie einen sicheren Hafen für ihr Kapital suchen. Durch die quantitative Lockerung, in deren Rahmen die Zentralbanken in beträchtlichem Umfang Staatsanleihen gekauft haben, wurde die Situation noch erschwert. Vergleicht man zum Beispiel eine Gruppe sicherer Vermögenswerte von heute mit dem Stand von vor fünf Jahren, dann sieht man, dass dieses Spektrum um etwa 8 Bio. US-Dollar oder 20 % des weltweiten BIP geschrumpft ist (siehe Tabelle 1). Tabelle 1: Die globale Finanzkrise hat das Spektrum „sicherer“ Vermögenswerte verkleinert in Mrd. USD Von öffentlichen Anlegern gehaltene USSchuldtitel Im Besitz der US-Notenbank Im Besitz privater Anleger GSE-Anleihen Agency-Papiere und GSE-besicherte Hypothekenpools Privat emittierte ABS in % des weltweiten BIP 2007 2011 9,2 % 15,8 % 2007 5,136 2011 10,692 736 4.401 1.700 8.992 1,3 % 7,9 % 2,5 % 13,3 % 2,910 4,464 2,023 6,283 5,2 % 8,0 % 3,0 % 9,3 % 3,901 1,277 7,0 % 1,9 % Britische Staatsanleihen (ohne Bestände der BoE) Deutsche und französische Staatsanleihen Italienische und spanische Staatsanleihen 980 1,508 1,8 % 2,2 % 2,492 2,380 3,270 3,143 4,5 % 4,3 % 4,8 % 4,7 % „Sichere“ Vermögenswerte 21,528 13,770 38,7 % 20,2 % Hinweis: Britische Staatsschulden zum entsprechenden Wechselkurs per Jahresende umgerechnet in US-Dollar (2007: £1=$2, 2011: £1=$1,55). Quelle: Barclays Equity Gilt Study 2012, Debt Management Office, Bloomberg, Schätzungen von Schroders. Aus der Kombination dieser Daten können wir schätzen, wie sich die USA in den nächsten fünf Jahren finanzieren werden. Der externe Sektor wird nach wie vor den größten Beitrag leisten, aber Pensions- und Versicherungsfonds werden sich mit 1,7 Mrd. US-Dollar in ähnlichem Umfang engagieren. Banken, Broker und Dealer werden laut Prognosen US-Treasuries mit einem Volumen von fast 1 Mrd. US-Dollar kaufen (siehe Abb. 6). Talking Point Wer wird die kommende Schwemme an Staatsanleihen kaufen? Nur für professionelle Investoren Abbildung 6: Aufschlüsselung der Finanzierung nach der jeweiligen Quelle: 2012 - 17 100% Sonst. 0,8tn BBD 0,9tn MM&M Fonds 0,5tn 80% 60% 5.6tn P&I Fonds 1,7tn 40% 20% Extern 1,8tn 0% Prognostizierte Nachfrage nach neuen Treasuries (in USD) Gesamtemission (in USD) – Angebot BBD: Banken, Broker und Dealer. P&I Funds: Pensions- und Versicherungsfonds. MM&M Funds: Investment- und Geldmarktfonds. Quelle: Schätzungen von Schroders. Aktualisiert 14. August 2012. In Bezug auf die Kapitalströme implizieren diese Zahlen eine deutlich andere Sektorverteilung bei den Käufen von USStaatsanleihen. Dabei füllen Banken und institutionelle Anleger die Lücke, die die US-Notenbank und der externe Sektor hinterlassen (siehe Abb. 7). Abbildung 7: Wer wird US-Treasuries kaufen? Prognostizierte Finanzierung 2012– Anteil gekaufter Nettoemissionen von US-Staatsanleihen 50% 40% 30% 20% 10% 0% Fed 17 Extern BBD 2007-11 P&I Fonds MM&M Fonds Sonst. Prognose 2012-2017 BBD: Banken, Broker und Dealer. P&I Funds: Pensions- und Versicherungsfonds. MM&M Funds: Investment- und Geldmarktfonds. Quelle: Federal Reserve Flow of Funds, Thomson Datastream, Schätzungen von Schroders. Aktualisiert 14. August 2012. Abb. 8 zeigt, wie der Markt für US-Treasuries im Jahr 2017 anhand dieser Daten aussehen würde. Der Anteil, der auf Banken und institutionelle Anleger entfällt, steigt um etwa 10 Prozentpunkte, der Anteil der Fed und des externen Sektors gibt um jeweils etwa 5 Prozentpunkte nach. Talking Point Wer wird die kommende Schwemme an Staatsanleihen kaufen? Nur für professionelle Investoren Abbildung 8: Der Markt für US-Treasuries im Jahr 2017? Summe: 16,2 Bio. USD Sonst.* 16.3% Fed 10.2% MM&M Fonds 8.3% Extern 40.2% P&I Fonds 16.7% BBD 8.3% BBD: Banken, Broker und Dealer. P&I Funds: Pensions- und Versicherungsfonds. MM&M Funds: Investment- und Geldmarktfonds. Quelle: Schätzungen von Schroders. Aktualisiert 14. August 2012. Im historischen Kontext entsprechen diese Zahlen in etwa dem Engagement, mit dem Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften in den 1980ern am Markt für US-Treasuries vertreten waren. Dagegen würden sich Banken und Broker weiter deutlich unter dem Niveau vor den 1990ern bewegen, als die Regulierung strenger war (Abb. 9). Manche könnten dies als Anzeichen dafür sehen, dass die Anforderungen an die Banken noch viel strikter gestaltet werden könnten. Abbildung 9: Anteil der Banken aus historischer Sicht weiter niedrig Anteil gehaltener ausstehender US-Treasuries 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1952 1957 1962 1967 1972 1977 1982 1987 1992 1997 2002 2007 2012 2017 Fed Extern Pensions- und Versicherungsfonds Banks, Brokers & Dealers Quelle: Federal Reserve Flow of Funds, Thomson Datastream, Schätzungen von Schroders. Aktualisiert 14. August 2012. Auf dem Weg in eine Finanzierungskrise? Diese Berechnungen zeigen, wie die US-Regierung die in den nächsten fünf Jahren erforderlichen Finanzmittel aufbringen könnte. Es sind nur Annahmen, aber sie zeigen, dass der Privatsektor ohne QE-Programme und bei verhalteneren Käufen ausländischer Anleger eine erhebliche Last wird schultern müssen. Wir haben versucht, diese Last zu quantifizieren und uns auf die wahrscheinlichen Anforderungen an institutionelle Anleger zu konzentrieren. Diese Anforderungen dürften beträchtlich sein. Die Käufe von US-Staatsanleihen durch den Privatsektor werden in den nächsten sechs Jahren um fast 60 % steigen müssen. Dabei werden die Banken eine wichtige Rolle spielen, wenn sie aufgrund neuer Vorschriften sicherere Vermögenswerte halten müssen. Doch ausgehend von unseren Berechnungen Talking Point Wer wird die kommende Schwemme an Staatsanleihen kaufen? Nur für professionelle Investoren könnten institutionelle Anleger etwa 30 % der Nettoemissionen der nächsten fünf Jahre kaufen, verglichen mit weniger als 10 % in den vergangenen fünf Jahren bis 2011. Aus Anlegersicht stellt sich die Frage, ob dieser Zuwachs ohne einen erheblichen Anstieg der Renditen erreicht werden kann. Eine Folge der Finanzkrise ist der derzeitige Mangel an sicheren Vermögenswerten mit hoher Bonität. Vor der Krise hätten sich Anleger bei der Suche nach „sicheren“ Vermögenswerten für private forderungsbesicherte Wertpapiere (ABS) oder eine Vielzahl europäischer Staatsanleihen entscheiden können. Heute dagegen gehören USTreasuries zu den wenigen sicheren Häfen. Dies ist einer der Gründe, warum die Renditen für US-Treasuries und britische Gilts auf ein Rekordtief gefallen sind, obwohl Erstere ihr AAA-Rating verloren haben und Letzteren das gleiche Schicksal droht. Doch auch in einer Welt, in der sichere Häfen rar sind und der demografische Druck die Anleger in Staatsanleihen zwingt, dürften die Pensions- und Versicherungsfondsmanager vor dem Ausmaß der erforderlichen Käufe zurückschrecken. Daher ist ein mittelfristiger Anstieg der Anleihenrenditen eine der Schlussfolgerungen dieser Studie. Dies ist keine kurzfristige Prognose, denn die Geldpolitik wird die Zinsen entlang der gesamten Kurve niedrig halten. Blickt man jedoch weiter in die Zukunft, dann deutet das Verhältnis von Angebot zu Nachfrage auf höhere Renditen hin. Politische Optionen: die Verlockung finanzieller Repression Die Frage lautet also: Wie reagieren die staatlichen Stellen? Wenn sich die Konjunktur erholt, dann könnten die Zinsschrauben bereits angezogen werden und höhere Realrenditen wären gerechtfertigt. Ein stärkeres Wachstum würde zu einer Reduzierung der Haushaltsdefizite beitragen. Dies würde die Finanzierungsgleichung optimieren, und der Staat und die Märkte wären zufrieden. Wenn dagegen, wie diese Analyse nahelegt, der Druck auf die Renditen durch eine Finanzierungskrise entsteht, dann gibt es mehrere mögliche Vorgehensweisen. Die bevorzugte Option wäre, dass die Regierung auf die Märkte eingeht und ihr Haushaltsdefizit verringert. Die steigenden Renditen könnten dann als die Rückkehr der Wächter des Anleihenmarktes angesehen werden, die Politiker zum Handeln zwingen, entweder in Form von Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen. Wenn die politische Lage jedoch schwierig bleibt und die Konjunktur weiter schwach ist, dann wird die US-Notenbank erheblich unter Druck geraten, einzugreifen und neue QE-Programme einzuleiten. Dieses Szenario ist recht wahrscheinlich. Allerdings bleibt die ablehnende Haltung verschiedener Vertreter der US-Politik gegenüber der quantitativen Lockerung so heftig und lautstark wie eh und je. Dies zeigt sich daran, dass sich Mitt Romney entschieden hat, mit dem überzeugten Fed-Kritiker Paul Ryan als Vizepräsident in den US-Wahlkampf zu gehen. Das Anwerfen der Notenpresse zur Lösung einer Finanzierungskrise ist mittelfristig keine nachhaltige Lösung. Daher dürfte sich die US-Regierung für die finanzielle Repression entscheiden, um das Haushaltsdefizit zu stopfen. Ein Vorteil dieser Taktik besteht darin, dass sie scheinbar keine Opfer hat. Doch Sparer werden die großen Verlierer sein, denn ihre Anlagerenditen und Pensionen werden weit hinter dem zurückbleiben, was zur zukünftigen Aufrechterhaltung ihres Lebensstandards erforderlich ist. Anhang Gleich gewichteter Durchschnitt des Verhältnisses von Bruttostaatsschulden zu BIP für die G7-Länder. Für Deutschland und Italien wird die Gesamtsumme der Staatsschulden (zentral und dezentral) angegeben. Für Großbritannien wurden die Nettoschulden der Zentralregierung verwendet. Bei einigen Ländern bestehen Berichtslücken, diese wurden für diesen Zeitraum ausgelassen. Talking Point Wer wird die kommende Schwemme an Staatsanleihen kaufen? Nur für professionelle Investoren Wichtiger Hinweis Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stammen von Keith Wade, Chefökonom & Stratege und James Bilson, Volkswirt, und stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar. Nur für professionelle Anleger und Berater. Dieses Dokument ist nicht für Privatkunden geeignet. Dieses Dokument dient nur Informationszwecken und ist keinesfalls als Werbematerial gedacht. 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