Aufgaben und Funktionen deutscher Parteien – welche sollten sie erfüllen und welchen werden sie momentan gerecht? Ausarbeitung von Selina und Nora (mit Ergänzungen und Erläuterungen) Gliederung: 1.) Aufgaben deutscher Parteien 2.) Funktionen von Parteien 3.) Funktionen von Parteien laut Alemann 3.1.) Erfüllen sie diese Funktionen? 3.2.) Welchen Stellenwert haben diese Funktionen? 1. Aufgaben deutscher Parteien Die Aufgaben deutscher Parteien sind im Parteiengesetz festgehalten. In § 1 „ Verfassungsrechtliche Stellung und Aufgaben der Parteien“ heißt es: (1) Die Parteien sind ein verfassungsrechtlich notwendiger Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sie erfüllen mit ihrer freien, dauernden Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes eine ihnen nach dem Grundgesetz obliegende und von ihm verbürgte öffentliche Aufgabe. (2) Die Parteien wirken an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mit, indem sie insbesondere auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluß nehmen, die politische Bildung anregen und vertiefen, die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben fördern, zur Übernahme öffentlicher Verantwortung befähigte Bürger heranbilden, sich durch Aufstellung von Bewerbern an den Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden beteiligen, auf die politische Entwicklung in Parlament und Regierung Einfluß nehmen, die von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozeß der staatlichen Willensbildung einführen und für eine ständige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen sorgen. (3) Die Parteien legen ihre Ziele in politischen Programmen nieder. (4) Die Parteien verwenden ihre Mittel ausschließlich für die ihnen nach dem Grundgesetz und diesem Gesetz obliegenden Aufgaben.“ Die Parteien bilden sozusagen das Bindeglied zwischen der Regierung und der Wählerschaft. Sie helfen bei der Bildung des politischen Willens der Bürger und mobilisieren sie, an Wahlen und Abstimmungen teilzunehmen. 2.) Funktionen von Parteien Politikwissenschaftler und ihre verschiedenen Ansichten Politikwissenschaftler haben verschiedene Auffassungen bezüglich der Funktionen von deutschen Parteien. Während Ulrich von Alemann insgesamt sieben Funktionen für die Parteien festgelegt hat, beschränken sich andere nur auf vier bzw. fünf Hauptfunktionen. Rainer Bovermann zum Beispiel ist der Meinung, dass die Parteien sechs Funktionen zu erfüllen haben. Dazu zählen: 1) die Funktion der Interessenaggregation 2) Partizipationsfunktion 3) Programmfunktion 4) Elitenrekrutierung 5) Mobilisierungsfunktion 6) Herrschaftsfunktion Klaus Beyme wiederum hat den deutschen Parteien nur vier Grundfunktionen zugeteilt: 1) Zielfindung 2) Artikulation und Aggregation gesellschaftlicher Interessen 3) Mobilisierung von Anhängern 4) Elitenrekrutierung Auch Winfried Stefani teilt die Hauptfunktionen einer Partei in vier Sektoren ein. Der erste Sektor ist die Transmission, in dem die Parteien als Ausdruck sozialer Kräfte und Zielen bzw. Forderungen steht. Darauf folgt die Herrschaft, bei dem die Partei als Instrument der Machtausübung steht. Als dritten Sektor bezeichnet er die Legitimation. Hierbei werden die Parteien als Vermittler demokratischer Legitimation für verbindliche Entscheidungen zugeordnet. Der letzte Sektor befasst sich mit der Rekrutierung. Die Parteien sind Interessengruppen in eigener Sache und Vermittler politischen Führungspersonals. Zwei weitere Politikwissenschaftler (Zeuner(1969) & Greven (1977)) beschränkten die Funktionen von Parteien auf lediglich drei. Zeuner zählte Transmission, Selektion und Integration dazu und Greven definierte die Parteifunktionen als Transmission, Selektion und Legitimierung. 3.) Die Funktionen laut Ulrich von Alemann (2003) Wie oben schon genannt gibt es viele Politikwissenschaftler die sich mit der Funktionsfrage von Parteien beschäftigt haben. Sie alle kamen auf ein ähnliches Ergebnis, sodass es am Sinnvollsten erschien, diese in vier Hauptgruppen zu unterteilen: Transmission, Selektion, Integration und Legitimation. Ulrich von Alemann fügte ihnen jedoch noch 3 weite hinzu, welche er für wichtig hielt: Partizipation, Sozialisation und Selbstregulation. Außerdem hatte er unterschiedliche Ansichten, was die einzelnen Funktionen aussagen und hat sie dementsprechend anders als andere Politikwissenschaftler definiert. Partizipation: Allein die Teilnahme an Wahlen bedeutet nicht gleich die Partizipation der Bürger in die Politik. Die Parteien übernehmen mit der Partizipationsfunktion die Aufgabe, Bürgern die Möglichkeit der Mitwirkung in der Politik zu geben. Parteimitglieder können unter anderem Kandidaten für allgemeine Wahlen nominieren. Transmission: Zur Funktion der Transmission gehört zum Beispiel die Interessenaggregation. Dabei wandeln die Parteien gesellschaftliche Interessen in Wahl- bzw. Parteiprogramme um. Diese Programme werden dann in Wahlkämpfen präsentiert, also dem Wähler vermittelt. Fühlt sich dann ein Wähler von den Zielen einer Partei nicht angesprochen, kann er Alternativen wählen. Selektion: Der Selektionsfunktion sind gleich zwei Funktionen beigeordnet. Einmal die Funktion der Rekrutierung von Personal und zum anderen die Auswahl von Themen aus dem gesellschaftlichen Interessenspektrum. Parteien helfen ihren Mitgliedern häufig als Karriereleiter. Bestritten ist laut Alemann die Funktion, dass Parteimitglieder Kandidaten für Mandatsämter, z.B. Ministerposten, nominieren können. Der „einfache“ Wähler hat hier kein Mitbestimmungsrecht. Deshalb ist Alemann der Meinung, dass sich in den letzten Jahren die Ideologie einer Demokratie zu der einer „Expertokratie“, was sie viel heißt wie eine Regierung von Experten und Fachleuten, gewandelt hat. Integration: Aus der Partizipation, Transmission und Selektion ergibt sich die Funktion der Integration. Durch die Partizipationschancen in bzw. durch Parteien werden die Menschen in Strukturen integriert, die z.B. wichtig für den Gruppenzusammenhalt sind. Auch die Bündelung von Interessen (Transmission) führt zu einer Integration. Besonders größere Parteien, die mehr oder weniger in der Lage sind eine handlungsfähige Mehrheit zu bilden, koalieren mit anderen Parteien und verknüpfen ihre Interessen. Innerparteilich besitzt die Integrationsfunktion eine große Bedeutung, da ohne Integration der Kommunikationsprozess innerhalb dieser Partei zum erliegen kommen würde. Sozialisation: Die Funktion der Sozialisation ist ein besonderer Bestandteil der Integrationsfunktion. Alemann ist der Meinung, dass die beste politische Sozialisation in „learning by doing“ stattfindet. Parteimitglieder lernen vom Anfang an Politik durch Praxis (Anträge formulieren, Versammlungen leiten) und Schulungsmöglichkeiten in der Partei. Jedoch sind nur knapp 3,5% der Wähler Mitglied einer politischen Organisation und meistens stammen diese Menschen aus der gut ausgebildeten Mittelschicht des Volkes. Selbstregulation (Selbstreflektion): Diese Funktion besagt, dass eine Partei auch ein gewissen „Interesse an sich selbst“ zeigt. Sie sollen Zeit in ihre Eigenbeschäftigung setzen und das zeigt sich besonders bei Wahlkämpfen, wo auch hier die Fixierung auf die eigene Organisation, die Beobachtung Gegners, die Konkurrenz und die Untergruppen das Feld beherrschen. Legitimation: Ist eine Zusammenfassung aller Funktionen die eine Partei hat. Denn all diese legitimieren das politische System der Demokratie. 3.1.) Erfüllen die Parteien ihre Funktionen? Unserer Meinung nach werden einige Funktionen wahrgenommen; andere jedoch nicht. Wenn wir uns nun auf die Definition Alemanns bezüglich der Partizipationsfunktion konzentrieren, kommen wir zu dem Ergebnis, dass die Bürger bei großen Entscheidungen vor vollendete Tatsachen gestellt werden und gar nicht die Möglichkeit haben, mitzubestimmen. Ein Beispiel dafür ist die Einführung des Euros 2002. Bei dieser Entscheidung gab es keine Volksabstimmung, da Kritiker behauptet haben, Bürger und Bürgerinnen wären nicht in der Lage, dies zu entscheiden. Sie sagten, hätte es eine Abstimmung gegeben, wäre der Euro niemals eingeführt worden. Doch wie kommt man auf so was? In Irland klappte es doch schließlich auch noch mit dem Lissabon-Vertrag. Jedoch erst beim zweiten Anlauf. Dies zeigt uns, dass die Kritiker anscheinend Recht hatten. Doch wozu gibt es denn die Partizipationsfunktion? Wozu brauchen die Bürger mehr Beteiligung in Parteien, wenn sie sowieso kein Recht haben, zu entscheiden? Und sollte es eine Abstimmung geben, werden die Politiker die Bürger und Bürgerinnen so lange manipulieren, bis das gewünschte Ergebnis erreicht wurde. Dasselbe in Irland. Die Iren lehnten beim ersten Wahlgang den Lissabon-Vertrag ab. Danach wurde alles getan, um ihnen ein „Ja“ so „schmackhaft“ wie möglich zu machen, was am Ende dabei rauskam, war die Zustimmung der Iren zu dem Vertrag. Fazit: Die Partizipationsfunktion wird von Parteien (CDU und FDP) zum größten Teil nicht wahrgenommen. Die Transmissionsfunktion wird dagegen vollständig von den Parteien wahrgenommen. Jede Partei erstellt ihr eigenes Wahlprogramm und stellt dort ihre Interessen dar. Die Ziele der SPD sind zum Beispiel kleinere Klassen und mehr motivierte Lehrer, mehr individuelle Förderung und weniger Leistungsdruck für Kinder. Demgegenüber hat die FDP das Ziel, Blockzeiten für Eltern einzurichten, um den Schulalltag an den Berufsalltag anzupassen, da beide Elternteile heutzutage berufstätig sein müssen und auch wollen. Außerdem sind wir der Meinung, dass heutzutage verschlechtertes oder nicht gutes politisches Spitzenpersonal zur Verfügung gestellt wird. Daraus schließen wir, dass auch die Selektionsfunktion von den Parteien nicht vollständig wahrgenommen wird, da Elitenrekrutierung ein wichtiger Bestandteil dieser Funktion ist. Abschließend kann man sagen, das einige Funktionen wahrgenommen werden und andere wiederum nicht. Jede Partei ist anders und nimmt Funktionen unterschiedlich wahr. Welche Partei nun welcher Funktion nicht gerecht wird, ist dabei schwer zu sagen. 3.2.) Welchen Stellenwert haben diese Funktionen? Wir sind der Meinung, dass alle Funktionen der Parteien einen relativ ähnlichen Stellenwert bekommen sollten. Sicherlich ist die eine oder andere Funktion etwas wichtiger, z.B. die Partizipation, allerdings beruht die Legitimierung unseres politischen Systems auf dem Zusammenspiel all dieser Funktionen gleichzeitig. Durch Parteien wird den Wählern die Chance gegeben, auf den von den Parteien eingeschlagenen politischen Kurs unter Berücksichtigung ihrer Eigeninteressen Einfluss nehmen zu können. Dies ist die Grundlage für eine gegenüber den Wählern verantwortliche Regierung. Quellen http://books.google.de/books?id=CwSZp6sAc0C&pg=PA127&lpg=PA127&dq=rainer+bovermann+parteifunktionen&source=bl&ots=qXb O3unaPN&sig=Z1mgaJPjexT2XMBZiy3QR1MT0Ss&hl=de&ei=oydRTZTgFM7ssgbQo7HbBg&sa=X& oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CBgQ6AEwAA#v=onepage&q=rainer%20bovermann%20 parteifunktionen&f=false http://books.google.de/books?id=ONfMWzrNkAoC&pg=PA11&lpg=PA11&dq=klaus+beyme+parteifun ktionen&source=bl&ots=wkA3ZvK2WC&sig=faorvaeBSvcIFYQk4AYMbVx_8Bc&hl=de&ei=by1RTfP2B 83rsgbuoqTpBg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=6&ved=0CDcQ6AEwBQ#v=onepage&q=kl aus%20beyme%20parteifunktionen&f=false www.tagesschau.de www.cdu-politik.de http://www.e-politik.de/lesen/politisches-studium/politische-systeme/aufgabe-und-definition-derparteien/ http://www.medienwerkstatt-online.de/lws_wissen/vorlagen/showcard.php?id=4247&edit=0 http://www.bpb.de/popup/popup_druckversion.html?guid=AZJS0R http://www.tutoria.de/wiki/sozial-gemeinschaftskunde/306/aufgabe-und-funktionen-von-parteienhttp://www.dadalos.org/deutsch/parteien/Grundkurs3/funktionen.htm http://www.bpb.de/popup/popup_grafstat.html?url_guid=4TIH3H Ulbrich von Alemann, "Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland", VS-Verlag (4.Auflage, 2010)