Artikel aus der Stuttgarter Zeitung vom 09.09.2002 Kurs lehrt Omas und Opas das Gespräch mit den Enkelkindern Wie der Kommunikationstrainer Kay Rurainski Großeltern auf die vielen Stunden mit den lieben Kleinen vorbereitet - Neues Seminar des Kolping-Bildungswerkes Erstmals bietet das Kolping-Bildungswerk eine Großelternschule an. Grund dafür sei das oft vorkommende Dilemma zwischen der großen Zuneigung und der tatsächlich erlebten Belastung. An zwölf Vormittagen werden kinderliebe Senioren oder Wahlgroßeltern enkelfit gemacht. Von Inge Jacobs "Wir sind stolz, dass wir da was Innovatives machen", sagt Wolfgang Holzwarth. Er leitet beim Kolping-Bildungswerk den neuen Fachbereich Zweite Lebenshälfte. "Die Lebenswelt der Kinder hat sich verändert, und die Großelterngeneration hat nur begrenzte Nerven", sagt Holzwarth. Häufig höre man, es seien ja "nette Enkel", aber Oma und Opa seien auch "froh, wenn sie wieder fort sind". So entstand die Idee mit der Großelternschule. Vier Vormittage lang vermittelt eine ehemalige Buchhändlerin klassische und neuere Kinderliteratur sowie Möglichkeiten, wie man das Vorlesen oder die Beschäftigung damit zum allseitigen Vergnügen gestalten kann, jeweils gestaffelt nach Altersgruppen. An acht Vormittagen erklärt der Kommunikationstrainer Kay Rurainski, "wie Sie Ihren Enkelkindern zeigen können, worauf es in Wirklichkeit ankommt". Da mag der unvoreingenommene Zeitgenosse stutzen. Weshalb sollte es nötig sein, wird sich der fragen, erfahrenen Großeltern zu zeigen, wo"s langgeht bei der Beschäftigung mit Kindern? Müssten nicht gerade Omas und Opas so was aus dem Effeff können? Nein, sagt Kay Rurainski. "Vielen Eltern, Großeltern und den meisten Menschen fehlen die Verkehrsregeln für die Kommunikation - kaum einer beherrscht das rechts vor links." Oder, anders ausgedrückt: "Die meisten wissen nicht, wann sie senden und wann sie empfangen müssen", erklärt der Heilpädagoge und Kommunikationstrainer. Das sei keinesfalls nur ein Problem der Senioren, sondern auch der Kinder- und Enkelgeneration. "Die meisten Probleme, die Kinder heute haben, sind Kommunikationsprobleme", meint Rurainski. Dahinter steckten nichts anderes als "vererbte Gewohnheiten und Gefühle". Diese Gewohnheiten seien deshalb oft schlecht, weil sie andere verletzten. Es nicht so zu tun, bedeute allerdings einen Verzicht auf Macht, auf Drohungen und auf Einschüchterungen. Der andere Weg, das Konfliktlösungstraining nach Gordon, setze dafür auf Vertrauen in die Einsichtsfähigkeit und in das Verantwortungsbewusstsein des anderen. Dies erfordere ein Umdenken, vor allem aber die kritische Arbeit mit sich selbst. Rurainski, der sein Geld auch mit dem Training von Führungskräften verdient, erläutert die Gordon"sche Strategie an einem klassischen Beispiel: Kind lässt Hockeyschläger in der Küche liegen, Mutter ist sauer. Klassische Reaktion: "Wenn du den Hockeyschläger noch einmal da liegen lässt, zertrümmer ich ihn in tausend Stücke." Die klassische Reaktion des Kindes (oder des sonst von einer Du-hast-das-falsch-gemacht-Kritik Betroffenen): es bockt oder flucht, je nach Temperament, die Beziehungsebene ist stärker beeinträchtigt als nötig. "Du-Botschaften sind nicht hilfreich fürs Verhalten", erklärt Rurainski. Dies gelte auch für positive Du-Botschaften, etwa: "Du hast aber ein schönes Bild gemalt." Denn das Kind wolle keine Wertung, sondern wolle wissen, wie es der andere erlebe. Aus Rurainskis Sicht richtig wäre die Bemerkung: "Dein Bild gefällt mir aber gut." Eine IchBotschaft. Im Beispiel des Hockeyschlägers müsste die richtige Antwort der Mutter lauten: "Du hast den Hockeyschläger zum dritten Mal dort liegen lassen. Heut wäre ich deshalb beinahe hingefallen. Jetzt bin ich sauer." Fertig. Mehr nicht. Keine Vorwürfe, und um Himmels willen keine Lösung, kein "Könntest du nächstes Mal . . ." und schon gar kein "Wenn du das noch einmal machst, dann . . ." Es seien im Grunde genommen "supereinfache Prinzipien, aber in der Praxis schwer anzuwenden", räumt Rurainski ein. Weil man dann gegen seine Gewohnheiten handeln müsse. Im Großelternkurs wird das in Form von Rollenspielen aus dem Alltag erprobt. Konfliktsituationen werden quasi unter Zeitlupe betrachtet und analysiert und die Fertigkeiten, mit ihnen beziehungsschonend umzugehen, geübt. "Das ist kein Großeltern-Säuseltraining", betont Rurainski. "Sondern Kommunikation ist wie Geige spielen - beides muss gelernt werden." Streng genommen, meint der Verhaltenstrainer, müssten auch alle Eltern geschult werden, alle Erzieherinnen und alle Lehrer. Denn auch Schule "vererbe" ihre Gewohnheiten. Aber dies erfordere eben nicht zuletzt die mühevolle Auseinandersetzung mit Autorität, mit Macht. "Aber da fängt Friede an", sagt Rurainski. Das Beispiel des Hockeyschlägers ist noch nicht zu Ende erzählt. Denn das Kind wird aller Erfahrung nach auch auf die Soft-Variante, also die neutral formulierte IchBotschaft der Mutter, trotzig reagieren, etwa so: "Warum sagst du das gerade mir. Du hast doch auch schon mal was rumliegen lassen." Wer jetzt nicht verlieren will als Erziehungsberechtigter, greife in Rurainskis Trickkiste nach Gordon: Nicht provozieren lassen, sondern umschalten auf aktives Zuhören: "Du meinst also, ich lasse auch mal was rumliegen." So lasse sich das kritisierte Kind emotional wieder herunterholen. So ergebe sich eine gute Chance, den Konflikt vollends zu überwinden - ohne Verlierer. Die Großelternschule beginnt am 12. September bei KISS, Marienstraße 9, dauert zwölf Vormittage und kostet 118 Euro (Ehepaare 175 Euro). Anmeldung unter Telefon 7 65 62 54 beim Kolping-Bildungswerk oder unter http://www.kolping-bildungswerk.de./ Infos über Konfliktlösungsseminare unter http://www.rurainski.de/ Artikel aus den Stuttgarter Nachrichten vom 24.12.2003 Wenn unterm Tannenbaum Tränen kullern In der Großelternschule lernen Oma und Opa Kinder ernst zu nehmen Liebevolle Großeltern können die Kindheit bereichern. Oma und Opa überliefern Familiengeschichte(n) und sind Bindeglied zu den anderen Verwandten. Sie geben ihre Erfahrung weiter, sind verständnisvolle Zuhörer und gute Spielgefährten. Doch was, wenn an Weihnachten die Tränen kullern, weil das falsche Geschenk unterm Baum liegt? Von unserer Reporterin EVA FUNKE Damit Großeltern den richtigen Zugang zur Welt der Kinder finden, bietet das KolpingBildungswerk in Stuttgart sporadisch in Zusammenarbeit mit dem Heilpädagogen Kay Rurainski eine "Großelternschule" an. Zwölf Omas und fünf Opas haben bisher daran teilgenommen und fühlen sich jetzt gewappnet für Probleme mit den Enkelkindern und andere Konfliktsituationen. Mit sechs Enkeln im Alter von fünf bis zwölf Jahren ist Gunthild Schmid eine erfahrene Großmutter. Weil ihr die fünf Mädchen und der Junge "sehr wichtig" sind, besuchte sie die Großelternschule. "Ich will die Kinder nicht erziehen. Aber ich will ihnen schöne Erlebnisse und Wertvorstellungen mit auf den Weg geben", sagt die 62-Jährige. Unter der Großelternschule konnte sie sich zunächst gar nichts vorstellen. "Familie hat sich gewandelt. Als Kind wurde ich autoritär erzogen", sagt sie und war neugierig, was sie aus dem Kurs mitnehmen könnte. Gelernt habe sie: aktiv zuzuhören, nachzufragen und ihre eigenen Gefühle zu benennen. Eine aus ihrer Erfahrung gerade für Weihnachten typische Konfliktsituation: Ein Enkel bekommt nicht das Wunschgeschenk und ist enttäuscht. Es kullern Tränen. Schmid: "Früher hätte das damit enden können, dass ich beleidigt war. Jetzt frage ich nach, warum das Kind so enttäuscht ist. Wichtig ist, dass keiner als Verlierer aus dem Gespräch geht." Trainer Rurainski bestätigt: "Dem Kind aus Verärgerung ein Geschenk wegzunehmen oder ihm durch die eigene Enttäuschung über die misslungene Überraschung ein schlechtes Gewissen einzuflößen, führt nicht weiter. Das Kind hat ein Recht auf seine Enttäuschung. Doch sollte es erkennen, dass es selbst ein Problem hat und dafür auch selbst eine Lösung finden." Die Lösung könne so aussehen, dass ihr Enkel vorschlägt, den Wunsch am Geburtstag erfüllt zu bekommen, so Schmid. Auch Hans-Joachim Sander hat den Kurs gemacht, "weil man so ein Angebot wahrnehmen muss". Der 61-jährige Göppinger verbringt pro Woche drei bis vier Stunden mit seinen drei Enkeln und übernimmt auch manchmal das Babysitten. Sein Fazit: Die Großelternschule hat ihn nicht nur im Umgang mit meinen Enkelkindern, sondern im Umgang mit Menschen generell weitergebracht. Seine Aufgabe sieht er darin, die Enkel bei ihrer Entwicklung zu frohen Menschen zu unterstützen. Wichtig für ihn dabei ist, nicht das Erziehungskonzept der Eltern zu durchkreuzen. Heiligabend verbringen Sander und seine Frau allein. Doch am ersten Feiertag kommen die Zwillinge Simon und William und ihre Schwester Aurelia mit ihren Eltern und einer Tante zu Besuch. "Wir spielen und singen zusammen und bauen die Holzeisenbahn auf", sagt die Großmutter, Maria Sander, die selbst Pädagogin ist. Das Kolping-Bildungswerk bietet erst wieder im Herbst eine Großelternschule an. Kurse mit Kay Rurainski gibt es auch bei Spielraum Fortbildung für Eltern und Pädagogen. Infos unter Telefon 08 00 / 7 74 35 72. Artikel aus den Stuttgarter Nachrichten vom 05.09.2003 Großmama wird enkelfit KNITZ würde Großmutter gern fragen, wie sie eigentlich "enkelfit" geworden sei, so ganz ohne pädagogische Anleitung. Aber sie lebt ja längst nicht mehr, und wenn, würde sie sagen: "Ach Kind, zu unserer Zeit hat sich das eben so ergeben." Heutzutage ergibt sich das nicht nur so. Ein "Dilemma zwischen großer Zuneigung und der tatsächlich erlebten Belastung" trübe häufig das Verhältnis der Generationen, weiß der Diplom-Pädagoge Wolfgang Holzwarth vom Kolping-Bildungswerk in Stuttgart. "Die Lebenswelt der Kinder hat sich verändert, und die Großeltern haben nur begrenzte Nerven." Das hatte Großmutter sicher auch. Und wenn es damals schon Kommunikationstrainer . .. Also: Am 11. September startet das Bildungswerk wieder eine Großelternschule. In zwölfmMal zwei Stunden werden Großmamas, Großpapas, auch Wahlgroßeltern, "enkelfit" gemacht. Sie lernen, kurz gesagt, die "Verkehrsregeln für die Kommunikation". Großeltern werden ist nicht schwer, Großeltern sein dagegen sehr. Das hat bereits der erste Kurs im Herbst gezeigt, bei dem eine Teilnehmerin nebenbei auch für den Umgang mit dem Mann profitierte. Sie könne ihm jetzt besser zuhören . . . Ein Patentrezept hält der Kommunikationstrainer Kay Rurainski, der acht Vormittage gestaltet und den Kurs nicht als "Säuseltraining" missverstanden haben möchte, zwar nicht feil. Aber er lässt, auch mit Rollenspiel, Brücken bauen. Gespräch heißt die Brücke zwischen den Generationen. "Denn die meisten Probleme der Kinder sind Kommunikationsprobleme." Ach Großmutter, und wir kannten noch nicht mal dieses sperrige Wort! Doch du hast uns Geschichten erzählt und vorgelesen und die Fantasie beflügelt. Das war eine tolle Trainingseinheit, ohne dass du es wusstest. Im Kurs (Kosten 118 Euro) wird nämlich eine Buchhändlerin Kinderliteratur vorstellen und ein Papiertheater basteln lassen. Und dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Nur eines ist nötig: Die rasche Anmeldung bei Wolfgang Holzwarth, Telefon 7 65 62 54. Ob KNITZ so was auch braucht, Großmutter, was meinst du?