Elternmerkblatt Zeckenbiss Zecken haben als Überträger von Krankheitserregern für Menschen eine große Bedeutung. Man unterscheidet grundsätzlich zwei Erreger die durch den Speichel der Zecken übertragen werden können: Borrelien sind recht häufig, die übertragene Krankheit heißt LymeBorreliose. Eine Impfung existiert nicht, aber die Erreger (spiralförmige Bakterien) können mit Antibiotika gut und effektiv behandelt werden. FSME-Viren sind seltener und kommen nicht überall in Deutschland vor. Bei einer Infektion können sie eine lebensgefährliche Gehirnentzündung verursachen, die am häufigsten im Frühsommer auftritt. Deshalb wird die Erkrankung auch Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) genannt. Eine medikamentöse Behandlung der Erkrankung ist nicht möglich, hingegen ist eine Impfung verfügbar. Die Region Mittelfranken gilt, wie auch die anderen bayerischen Regionen, als FSME-Risikogebiet. Von den ca. 450 FSME-Meningitisfällen, die im Jahr 2009 in der Bundesrepublik gemeldet wurden, ereigneten sich mehr als 50% in Bayern (230 Fälle). Wie gefährlich sind Zeckenstiche? Zecken gehören zu den Spinnentieren und kommen überall in Mitteleuropa bis zu einer Höhe von ca. 1500 m vor. Der bevorzugte Lebensraum sind eher feuchte Stellen in Laub- und Mischwäldern mit üppigem Unterholz (Gräser, Sträucher, Büsche). Zecken sitzen gerne auf niedrig wachsenden Pflanzen, warten auf einen vorübergehenden Wirt und lassen sich von diesem abstreifen. Zecken fallen nicht von den Bäumen! Die Gefahr von Zecken befallen zu werden ist, durch den Klimawandel bedingt, mittlerweilen von Februar bis Ende November anzusetzen. Normalerweise befallen Zecken kleine Nagetiere, Vögel, Hasen, Rehe, Haustiere (Katzen, Hunde) und - leider - auch den Menschen. Damit sich Zecken entwickeln können, müssen sie in jedem Entwicklungsstadium - als Larve, Nymphe und erwachsenes Tier - einmal Blut saugen. Der Saugvorgang dauert bei Larven zwei bis drei Tage, bei ausgewachsenen Weibchen sieben bis elf Tage. Dabei kann das Gewicht dieser 0,5 bis 6 mm großen Tiere um bis das hundertfache zunehmen. Die Zecken besitzen einen Art Rüssel, mit dem sie sich in die Haut bohren. Mit Hilfe vieler kleiner Zähne, die D:\68611742.doc Land Stand 12.10.2010 als Widerhäkchen dienen, halten sie sich in der Haut fest und lassen sich daher nur schwer wieder herausziehen. Beim Stich sondern sie eine betäubende Substanz ab, so dass man es nicht bemerkt. Zeckenenzephalitis FSME Zecken, die das FSME-Virus beherbergen, kommen nur in gewissen Gebieten, den so genannten Endemiegebieten vor. Dort tragen etwa 1 % der Zecken das Virus in sich. Gegen die Zeckenenzephalitis FSME kann man sich mit einer sicheren und wirksamen Impfung schützen. Die Zeckenenzephalitis, auch Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) genannt, zeigt im typischen Fall zwei Krankheitsschübe. In der ersten Phase können etwa 7 bis 14 Tage nach Zeckenstich bei einem Teil der Personen sehr unspezifische Beschwerden wie Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit oder Gelenkbeschwerden auftreten. Diese grippeähnlichen Symptome verschwinden nach wenigen Tagen, und ein Zusammenhang mit dem Zeckenstich wird nur selten hergestellt. Für die meisten Patienten ist damit die Krankheit vorüber und sie sind wahrscheinlich lebenslänglich immun dagegen. Bei etwa 5-15% der Patienten kommt es nach einem beschwerdefreien Intervall zu einer zweiten Krankheitsphase mit Befall des zentralen Nervensystems. Die Symptome der Hirnhaut- oder Gehirnentzündung sind starke Kopfschmerzen, Lichtscheu, Schwindel, Konzentrationsstörungen, Sprechstörungen oder Gehstörungen. Die Symptome können Wochen bis Monate andauern. Bei einem Teil der Patienten bleiben Lähmungen der Arme, Beine oder der Gesichtsnerven als bleibende Behinderung zurück. Etwa 1 % der Patienten stirbt an dieser Krankheit. Bei Kindern verläuft diese Form der Krankheit meist gutartiger als bei Erwachsenen - dennoch schwere Verlaufsformen mit bleibenden Schäden sind auch hier bekannt. Gegen die Krankheit gibt es keine spezifische Therapie; die Behandlung kann lediglich Krankheitssymptome lindern aber nicht heilen. Lyme-Borreliose Es sind 5-30% aller Zecken mit Borrelienbakterien infiziert. Die Borrelioseerkrankung zeigt ein sehr vielseitiges Erscheinungsbild. Neben der Haut, können Nervensystem, Bewegungsapparat und Herz betroffen sein. Man unterscheidet drei Krankheitsstadien. Stadium I und zugleich häufigstes Krankheitszeichen ist eine örtliche Entzündung der Haut - das Erythema migrans oder Wanderröte. An der Stichstelle entsteht - meist nach 5 bis 10 Tagen eine Rötung, die sich zirkulär ausdehnt und den Charakter eines blassen gezackten Rings bekommt. Seltener können gleichzeitig auch grippeartige Symptome vorhanden sein. Dieses erste Krankheitsstadium heilt meist von alleine innerhalb Tagen bis Wochen aus. Trotzdem ist eine Behandlung mit Antibiotika angezeigt, um eine Ausbreitung des Erregers auf andere Organe zu verhindern. Bei einem Teil der Patienten kommt es nach Wochen bis Monaten durch Befall weiterer Organe zum Stadium II der Borrelieninfektion. Dabei werden das Nervensystem (Hirnhaut, Gehirn, Gesichtsnerven), die Gelenke (vor allem die Kniegelenke) und selten das Herz (Herzrhythmusstörungen) betroffen. Bei Kindern am häufigsten tritt eine halbseitige Lähmung der Gesichtsnerven (Fazialislähmung) auf: Ähnlich einem Schlaganfallpatienten hängt der Mundwinkel, Stirnrunzeln und Augenschluss sind einseitig blockiert. Unter Infusionsbehandlung mit einem speziellen Antibiotikum ist die Prognose gut, jedoch kann die Rückbildung der Lähmung bis zu einem Jahr andauern. Werden Borrelienerkrankungen nicht rechtzeitig erkannt und mit Antibiotika behandelt, kann es zum chronischen Stadium III mit der Entwicklung von Gelenkarthrosen, Hautatrophien und Persönlichkeitsveränderungen fortschreiten. Diagnostik Die Diagnose der Borreliose wird im Allgemeinen klinisch gestellt – d.h. das charakteristische Bild der Wanderröte erlaubt dem Arzt eine sichere Diagnose ohne Zuhilfenahme von Labortests. Die Tücken der Labordiagnostik liegen auf mehreren Ebenen: Zum einen sind Labortests sind im ersten Krankheitsstadium oft noch nicht positiv geworden. Zum anderen liefern einfache Antikörperbestimmungen wegen Kreuzreaktionen mit natürlichen Bewohnern unserer Mundhöhle (sog. Spirochaeten) nicht selten falsch positive Ergebnisse. Aussagekräftiger, aber aufwändig und teuer, sind sogenannte PCR- oder Western-Blot-Untersuchungen, auf die im Einzelfall zur Klärung der Diagnose zurückgegriffen werden kann. Wie können Sie Ihr Kind vor Zeckenstichen schützen? Auch gut abschließende Kleidung und die Anwendung von Schutzmitteln (Repellentien) gegen Zecken können keinen hundertprozentigen Schutz bieten - man kann Kinder weder ganzjährig hochgeschlossen anziehen noch durchgängig mit Schutzmitteln einreiben. Da die schmerzlosen Zeckenstiche häufig nicht bemerkt werden, bleibt nur das Absuchen der Haut, am besten im Rahmen der abendlichen Toilette. Zecken bevorzugen warme, feuchte und dünne Hautpartien, wie Kniekehlen, die Innenseiten der Oberschenkel, den Hals- und Nackenbereich, die Achselhöhlen, manchmal auch den behaarten Kopf. Impfung gegen FSME Das Gesundheitsministerium empfiehlt die Zeckenschutzimpfung allen bayerischen Bürgern. Der Impfstoff ist ab dem 1. Geburtstag zugelassen, es kann ganzjährig geimpft werden. Für eine vollständige Impfung sind drei Impfdosen notwendig. Zwei Dosen werden im Abstand von einem Monat gegeben – damit beträgt der erreichte Impfschutz bereits mehr als 90% - und eine dritte Impfung komplettiert die Grundbehandlung nach sechs bis zwölf Monaten. Danach ist eine Auffrischimpfung alle drei bis 5 Jahre empfohlen. Die Verträglichkeit des Impfstoffes ist nach den langjährigen Erfahrungen in unserer Praxis bei Kindern sehr gut und bei Erwachsenen gut. Die Impfung kann leichtere, vorübergehende Nebenwirkungen, wie Schmerzen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen, Fieber oder Muskelschmerzen verursachen; ernsthaftere Komplikationen sind sehr sehr selten. Die Kosten der Impfung werden von den Krankenkassen in Bayern grundsätzlich übernommen. Was macht man bei einem Zeckenstich? Zecken sollten möglichst rasch entfernt werden falls Sie die Zecke abends entdecken, sollten Sie nicht bis zum nächsten Morgen zuwarten. Es gibt eine Vielzahl an Instrumenten zur Zeckenentfernung (Zangen, Schlingen, Karten). Ich persönlich habe gute Erfahrungen mit handelsüblichen Zeckenzangen aus Kunststoff gemacht. Am besten lässt man sich die Technik einmal beim „Profi“ zeigen. Anschließend ist die Stichstelle zu desinfizieren (z.B. Octenisept ®). Beobachten Sie die Bissstelle über einen Zeitraum von 3 Wochen ob sich eine Wanderröte entwickelt. Ein tastbares Knötchen unmittelbar an der Bissstelle stellt nur eine unspezifische Reizung auf den Biss dar, kann bis zu einer Woche bestehen und deutet NICHT auf eine zeckenübertragene Erkrankung hin. Soll man die entfernte Zecke zur Analyse ins Labor versenden? Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie gibt folgenden Rat: „Eine vorbeugende antibiotische Behandlung nach einem Zeckenstich, ohne dass Symptome bestehen, ist nicht angezeigt. Diese Zurückhaltung gilt auch für den Fall, dass in einer entfernten Zecke Borre- lien mittels PCR-Untersuchung nachgewiesen wurden. Aus diesem Grund ist die Laboruntersuchung einer Zecke weder sinnvoll noch notwendig.“ Die Kosten der Laboruntersuchung betragen 25.- bis 40.- Euro und werden nicht von der Kasse übernommen. Eine allzeit zeckenfreie Freizeit wünschen Ihnen Dr. W. Landendörfer und das Praxisteam