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Wechselstrom und Zeigerdiagramme
ohne Ballast
von
Wolfgang Bengfort – ET-Akademie.de / ET-Tutorials.de
Elektrotechnik verstehen durch VIDEO-Tutorials
Rechtlicher Hinweis:
Alle Rechte vorbehalten.
Dieses Buch darf ohne Genehmigung des Autors in keiner Form, auch nicht teilweise, vervielfältig
werden.
Texte und Bilder Copyright ©2014
Impressum
Wolfgang Bengfort
Kinderhauser Straße 91
48147 Münster
Vorwort
Zu den wichtigsten Signalformen in der Elektrotechnik gehören sinusförmige Wechselgrößen.
Elektrische Energie wird größtenteils mit Wechselstrom übertragen. Wechselspannungen bilden die
Basis für die Nachrichtentechnik und Regelungstechnik.
Schüler und Studenten der Elektrotechnik werden daher häufig bereits zur Beginn dem Thema
Wechselstrom konfrontiert.
Dieses Buch bietet eine erste Einführung in das Thema Wechselstrom und die Berechnung von
Wechselstromnetzen mit Hilfe von Zeigerdiagrammen.
Ziel dieses Buches ist es, den Studierenden bei der Erarbeitung des Themas punktgenau zu
unterstützen – ohne Ballast.
Bewusst wird auf höhere Mathematik verzichtet. Vorausgesetzt werden lediglich Kenntnisse der
Schulmathematik bis Klasse 10.
Erst in weiteren Bänden der Reihe werden tiefergehende Konzepte, wie die komplexen Zahlen, bzw.
die Laplace- und Fourier-Transformation behandelt.
Das vorliegende Buch Wechselstrom und Zeigerdiagramme erläutert zunächst mit Hilfe vieler
Graphiken die Beschreibung sinusförmiger Signale im Zeitbereich und die Umwandlung in
Zeigerdiagramme.
Anschließend wird mit einfachen Beispielschaltungen die Anwendung von Zeigerdiagrammen gezeigt,
von der Berechnung von Spannungen, Stromstärken und Impedanzen bis zum Thema
Blindleistungskompensation.
Einzelne Aspekte werden in speziellen Online-Videos für die Leser dieses Buches veranschaulicht.
Münster, Dezember 2014
Wolfgang Bengfort
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Wechselgrößen im Liniendiagramm
Bogenmaß
Konstruktion des Liniendiagramms
Winkelgeschwindigkeit
Phasenverschiebung
Phasenverschiebung in der Funktionsgleichung
Effektivwert einer Sinusspannung / eines Sinusstroms
Wechselspannung und Wechselstrom an R, L und C
Ohmscher Widerstand im Wechselstromkreis
Kapazität im Wechselstromkreis
Induktivität im Wechselstromkreis
Zeigerdarstellung
Anwendung der Zeigerdarstellung von Wechselgrößen
Zeigerdiagramme für Impedanzen
Zeigerdiagramm für den induktiven Wechselstromwiderstand
Zeigerdiagramm für den kapazitiven Wechselstromwiderstand
Beispiel: Reihenschaltung von Widerständen in einem Wechselstromnetz
Darstellung elektrischer Leistungen im Zeigerdiagramm
Wirkleistung im Zeigerdiagramm
Induktive Blindleistung im Zeigerdiagramm
Kapazitive Blindleistung im Zeigerdiagramm
Scheinleistung
Zusammenfassung: Der Winkel φ im Linien- und Zeigerdiagramm
Beispiel: Strom, Spannung und Leistung an einem Wechselstrommotor
Blindleistungskompensation für einen Wechselstrommotor
Wechselgrößen im Liniendiagramm
Wechselgrößen, also Wechselspannungen und Wechselströme, sind zeitabhängig. Der Wert der
Größe ist also nicht immer gleich sondern ändert sich.
Von besonderer Bedeutung sind sinusförmige Wechselgrößen, die sich in der Form

u(t )  u sin( t )
beschreiben lassen.
Das Liniendiagramm dieser Funktion sieht wie folgt aus.
Wesentliche Kenngrößen sind hierbei
û: die Amplitude (der Scheitelwert) der Funktion.
T: Die Periodendauer
f: die Frequenz (die Anzahl Perioden pro Zeiteinheit), f= 1/T
ω= die Kreisfrequenz, ω =2πf
Bogenmaß
Für die Darstellung der Kreisfrequenz wird der Winkel in Bogenmaß angegeben. Bei der Darstellung
im Bogenmaß wird der Winkel nicht im Gradmaß, also zwischen 0° und 360° angegeben, sondern als
Teil eines Kreises, wie man folgender Darstellung am Einheitskreis entnehmen kann.
Ein Einheitskreis hat einen Radius der Länge r=1.
Somit ist der Umfang
U  2  r  2 1  2
Der Winkel wird nun nicht im Gradmaß angegeben, sondern im Bogenmaß mit der Länge der Strecke,
des Kreisbogens, der bei einem gegebenen Winkel am Einheitskreis abgelesen werden kann.
Ein Winkel von 360° im Gradmaß entspricht also im Bogenmaß 2π (ein vollständiger Kreis).
Ein Winkel von 90° entspricht im Bogenmaß 2π/4 = π/2 (ein Viertelkreis)
Die Umrechnung eines Winkels vom Gradmaß in Bogenmaß erfolgt also mit



360
 2
In folgendem Video wird der Zusammenhang zwischen Bogenmaß und Gradmaß noch einmal
erläutert.
Konstruktion des Liniendiagramms
Dem Begriff „sinus“ begegnet man im Allgemeinen zuerst bei der Berechnung von Dreiecken.
Zur Wiederholung:
In einem rechtwinkligen Dreieck ist der Sinus eines Winkels gleich dem Verhältnis der Gegenkathete
zur Hypotenuse.
sin  
a
c
Zur Konstruktion des Liniendiagramms für die Sinusfunktion betrachtet man wieder den Einheitskreis
und lässt einen Zeiger mit der Länge r=1 im mathematisch positiven Sinn rotieren.
Im Einheitskreis erkennt man das Dreieck mir der Hypotenuse r=1. Der Sinus des Winkels α ist
demnach
sin  
a a
 a
r 1
Der Sinus des Winkels α lasst sich also an der Strecke a ablesen.
Eine punktweise Projektion (für alle Winkel a) ergibt somit die gewünschte Sinuslinie.
Winkelgeschwindigkeit
Die Winkelgeschwindigkeit ω eines rotierenden Zeigers ist der durchschrittene Winkel pro
Zeiteinheit. Da in der Periodendauer T eine komplette Umdrehung 2π durchschritten wird, gilt

2
T
bzw.
  2  f
In der Beschreibung der Wechselspannung

u(t )  u sin( t )
wird ω als Kreisfrequenz bezeichnet.
Phasenverschiebung
Spannungen und Ströme gleicher Frequenz können zeitlich verschoben sein. Weil diese zeitliche
Verschiebung im Allgemeinen nicht durch den zeitlichen Unterschied sondern durch den jeweiligen
Phasenwinkel angegeben wird, spricht man von einer Phasenverschiebung.
Die Phasenverschiebung kann im Bogenmaß oder Gradmaß angegeben werden.
Ein Beispiel
In dem angegebenen Liniendiagramm sind zwei Spannungen u1(t) und u2(t) gegeben.
Der Nulldurchgang von u1(t) erfolgt zum Winkel 0° (das entspricht dem Zeitpunkt t=0).
Der Nulldurchgang von u2(t) erfolgt später. Und zwar zum Zeitpunkt t=0,125 s. Dies entspricht dem
Winkel 45° (bzw. π/4 im Bogenmaß).
Da der Nulldurchgang der Spannung später erfolgt, eilt u2(t) der Spannung u1(t) nach.
Umgekehrt gilt natürlich: Die Spannung u1(t) eilt der Spannung u2(t) um 45° vor.
Phasenverschiebung in der Funktionsgleichung
Die Phasenverschiebung muss auch in der Funktionsgleichung berücksichtigt werden. Dies soll am
folgenden Beispiel erläutert werden.
Im Liniendiagramm erkennt man zwei Spannungen u1(t) und u2(t).
u1(t) eilt einer Spannung, die ihren Nulldurchgang zum Zeitpunkt t=0 hat um 45° (bzw. π/8) vor.
u2(t) eilt einer Spannung, die ihren Nulldurchgang zum Zeitpunkt t=0 hat um 45° (bzw. π/8) nach.
Die Phasenverschiebung wird nun folgendermaßen in der Funktionsgleichung berücksichtigt.

u1 (t )  u sin( t 


8
)

u2 (t )  u sin( t  )
8
Wichtig dabei ist, dass der Phasenwinkel der Spannung ( +π/8 bzw. – π/8) wie auch der andere Teil
des Arguments ωt auch im Bogenmaß angegeben wird, denn nur gleiche Einheiten können addiert
werden.
Im folgenden Video wird das Thema Phasenverschiebung noch einmal erläutert.
Effektivwert einer Sinusspannung / eines Sinusstroms
Eine wichtige Größe zur Beschreibung einer sinusförmigen Wechselgröße ist der Effektivwert.
Der Effektivwert einer Spannung ist der Wert, der an einem Widerstand die gleiche Leistung
umsetzt wie die entsprechende Gleichspannung.
Beispiel: Der Effektivwert der Spannung in den europäischen Haushalten beträgt U=230V. Die
Wechselspannung, die an der Steckdose anliegt setzt an einem ohmschen Widerstand also die
gleiche Leistung um wie eine Gleichspannung mit dem Wert U=230V.
Die Leistung, die durch eine Wechselspannung an einem ohmschen Widerstand umgesetzt wird, lässt
sich berechnen aus
p (t )  u( t )  i( t )  u( t ) 
u( t )
R

u 2(t )
R
Im Liniendiagramm sieht das dann folgendermaßen aus:
Die Leistung ist dann maximal, wenn die Sinusspannung den Maximalwert û erreicht. Der
Maximalwert der Leistung ist dann
pmax 
û2
R
Der Mittelwert dieser Leistung beträgt û²/2. Das erkennt man, wenn man auf halber Höhe eine
Gerade parallel zur Zeitachse zieht. Der abgeschnittene obere Teil passt dann genau in den fehlenden
Teil unterhalb der Geraden.
Eine Gleichspannung U setzt also mit U²/R die gleiche (konstante) Leistung an einem Widerstand R
um wie die gegebene Wechselspannung eine mittlere Leistung mit û²/2R.
Das Gleichsetzen der Werte
U 2 û2

R
2R
ergibt für U:
U
û2
û

2R
2
U bezeichnet man als Effektivwert der sinusförmigen Wechselspannung mit der Amplitude û.
Wie oben bereits erwähnt, ist der Effektivwert einer Wechselspannung der Wert, der an einem
Widerstand die gleiche Leistung umsetzt wie die entsprechende Gleichspannung.
Im folgenden Video wird die graphische Herleitung des Effektivwertes noch einmal gezeigt.
Wechselspannung und Wechselstrom an R, L und C
In der Elektrotechnik gibt es drei Arten von passiven Bauelementen. Dies sind ohmsche
Widerstände, Induktivitäten und Kapazitäten.
Diese drei Bauelemente zeigen ein unterschiedliches Verhalten in Wechselstromkreisen.
Ohmscher Widerstand im Wechselstromkreis
Durch einen ohmschen Widerstand fließt ein Strom i(t), der zu jedem Zeitpunkt proportional zur
Spannung ist.
i(t ) 
u (t )
R
Wie bereits weiter oben bei der Definition des Effektivwertes gesehen, ist die am ohmschen
Widerstand umgesetzte Leistung ist immer positiv.
Entweder sind sowohl Spannung und Strom positiv oder beide Werte sind negativ. In beiden Fällen
ist die Multiplikation von Strom und Spannung positiv, denn die beiden negativen Vorzeichen heben
sich bei der Multiplikation auf.
Folgende Darstellung zeigt noch einmal diesen Sachverhalt:
Die stets positive Leistung wird Wirkleistung genannt und in der Einheit Watt angegeben.
Für die Effektivwerte von Spannung und Strom gilt hier wie im Gleichstromkreis:
U  RI
Kapazität im Wechselstromkreis
Eine sinusförmige Wechselspannung u(t) an einer Kapazität führt zu einem sinusförmigen Strom i(t),
der jedoch der Spannung um einen Winkel von 90° voreilt.
Merksatz: Am Kondensator eilt der Strom vor!
Die Leistung an einer Kapazität ist abwechselnd positiv und negativ.
Zu den Zeiten, in denen Spannungen und Stromstärken die gleichen Vorzeichen haben, ist die
Leistung positiv. Haben Spannung und Strom interschiedliche Vorzeichen ist die Leistung negativ.
Folgende Darstellung zeigt dieses Verhalten.
Positive Werte der Leistung bedeutet: Die Kapazität nimmt Leistung auf.
Negative Werte bedeutet: Die Kapazität gibt die Leistung ab.
Die während der Leistungsaufnahme aufgenommene Energie wird in dem elektrischen Feld zwischen
den Kondensatorplatten gespeichert.
An einer Kapazität wird keine Leistung in Wärme umgesetzt. Wie man an obenstehendem Diagramm
erkennt, wird die aufgenommene Leistung sofort wieder abgegeben. Diese Leistung wird als
(kapazitive) Blindleistung bezeichnet und in der Einheit var angegeben.
Das Verhältnis aus Spannung und Strom an einer Kapazität ist abhängig von der Frequenz f und der
Kapazität C und beträgt
XC 
1
1

2f  C C
Für die Effektivwerte von Spannung und Strom gilt.
U  X CI
Im folgenden Video wird das Verhalten einer Kapazität im Wechselstromkreis mit Hilfe einer PSpiceSimulation gezeigt.
Induktivität im Wechselstromkreis
Eine sinusförmige Wechselspannung u(t) an einer Induktivität führt zu einem sinusförmigen Strom i(t),
der jedoch der Spannung um 90° nacheilt.
Merksatz: An Induktivitäten die Ströme sich verspäten!
Die Leistung an einer Induktivität ist abwechselnd positiv und negativ. Zu den Zeiten, in denen
Spannungen und Stromstärken die gleichen Vorzeichen haben, ist die Leistung positiv. Haben
Spannung und Strom interschiedliche Vorzeichen ist die Leistung negativ.
Folgende Darstellung zeigt dieses Verhalten.
Positive Werte der Leistungen bedeuten auch hier: Die Induktivität nimmt Leistung auf. Negative
Werte bedeuten, die Induktivität gibt Leistung ab. Die während der Leistungsaufnahme
aufgenommene Energie wird in dem magnetischen Feld der Induktivität gespeichert.
Auch an einer Induktivität wird keine Leistung in Wärme umgesetzt. Auch hier wird die
aufgenommene Leistung sofort wieder abgegeben. Diese Leistung wird als (induktive) Blindleistung
bezeichnet und wie die kapazitive Blindleistung in der Einheit var angegeben.
Das Verhältnis aus Spannung und Strom an einer Induktivität ist abhängig von der Frequenz f und der
Induktivität L und beträgt
X L  2f  L  L
Für die Effektivwerte von Spannung und Strom gilt.
U  X LI
Im folgenden Video wird das Verhalten einer Kapazität im Wechselstromkreis mit Hilfe einer PSpiceSimulation gezeigt.
Zeigerdarstellung
Um mit Wechselspannungen rechnen zu können nutzt man die Zeigerdarstellung. In dieser
Zeigerdarstellung sind zwei Informationen einer Wechselgröße enthalten.
1. Der Effektivwert der Wechselgröße (die Länge des Zeigers)
2. Der Phasenwinkel (den Winkel bzgl. der horizontalen Achse)
Ein Beispiel
Da die Länge des Zeigers dem Effektivwert der Wechselgröße entspricht, verwendet man zur
Bezeichnung einen Großbuchstaben. Um zu verdeutlichen, dass der Zeiger nicht nur die Information
über den Betrag der Wechselgröße (dem Effektivwert) enthält, sondern zusätzlich den Winkel angibt,
wird der Buchstabe unterstrichen.
Also beispielsweise U oder I.
Ein Zeiger der Länge 10V (umgerechnet in die entsprechende Länge, also beispielsweise 1 Volt pro
Zentimeter) und dem Winkel ϕ=30° entspricht einer Spannung mit
û  10V  2  14,14V
und einem Phasenwinkel ϕ = 30°.
Hinweis: Auch wenn man die Amplitude als Zeigerlänge verwenden könnte, ist es üblich den
Effektivwert zu nehmen.
So wie sich die Darstellung eines Zeigers in das entsprechende Liniendiagramm umformen lässt, so
lässt sich auch ein gegebenes Liniendiagramm in die entsprechende Zeigerdarstellung umrechnen.
Anwendung der Zeigerdarstellung von Wechselgrößen
Eine wichtige Anwendung von Zeigern in der Wechselstromtechnik ist die Addition von
Wechselgrößen.
In dem im folgenden Diagramm gezeigten Knoten ergibt sich der Strom i3(t) aus der Summe von i1(t)
und i2(t).
Sind i1(t) und i2(t) phasenverschoben ist die Addition im Liniendiagramm sehr aufwändig.
Zum Beispiel:
Zur Addition von
I1(t) = 4A sin(ωt)
und
I2(t) = 3A sin(ωt-π/2)
müssen im Liniendiagramm die Stromstärken zu jedem Zeitpunkt graphisch addiert werden, um den
Strom i3(t) zu erhalten.
Mit Zeigerdiagrammen geht das viel einfacher.
Statt für jeden Zeitpunkt die einzelnen Stromstärken zu addieren, addiert man zunächst geometrisch
die Zeiger I1 und I2 und erhält den Zeiger I3.
I3 = I1 + I2
Die Addition kann wie in diesem Beispiel graphisch oder aber auch mit Hilfe des Satz des Pythagoras
und den trigonometrischen Funktionen erfolgen.
In diesem Beispiel wäre das:
Der Betrag von I3:
I 3  I1  I 2  (4 A) 2  (3 A) 2  5 A
2
  arctan
2
I2
3A
 arctan
 arctan 0,75  36,9
I3
4A
Die Umwandlung des Zeigers in das Liniendiagramm ergibt mit
î3  2  I 3  2  5 A  7,07 A
das gleiche Ergebnis wie bei der Addition der Liniendiagramme für i1(t) und i2(t).
Zeigerdiagramme für Impedanzen
Nicht nur Wechselspannungen und Wechselströme können mit entsprechenden Zeigerdiagrammen
dargestellt werden. Auch der Umgang mit Wechselstromwiderständen, durch Induktivitäten und
Kapazitäten, kann durch Zeigerdiagramme erheblich erleichtert werden.
Zeigerdiagramm für den induktiven Wechselstromwiderstand
Der induktive Wechselstromwiderstand XL sorgt für einen Phasenwinkel zwischen Spannung und
Strom. Der Strom eilt der Spannung um 90° nach.
Für die Zeigerdarstellung wird das Gesetz
U  XL I
durch die Berücksichtigung des Winkels erweitert.
Es ergibt sich U  X L  I mit X L  X L 90
Der Winkel des induktiven Wechselstromwiderstands (90°) wird hierbei zum Winkel der Stromstärke
addiert.
Beispiel:
Durch einen induktiven Wechselstromwiderstand
X L  10090 fließt eine Stromstärke I  2A40
Die Spannung, die an diesem induktiven Wechselstromwiderstand abfällt, ergibt sich aus:
U  X L  I  10090  2 A40  20V130
Bei der Multiplikation der Zeiger werden die Beträge multipliziert, die Winkel addiert.
Eine Probe ergibt, dass der Strom der Spannung wie erwartet um 90° nacheilt (130°- 40°=90°).
Im Zeigerdiagramm zeigt der induktive Widerstand also immer nach „oben“.
Zeigerdiagramm für den kapazitiven Wechselstromwiderstand
Der kapazitive Wechselstromwiderstand XC sorgt für einen Phasenwinkel zwischen Spannung und
Strom. Der Strom eilt der Spannung um 90° vor.
Für die Zeigerdarstellung wird das Gesetz
U  XC  I
auch hier durch die Berücksichtigung des Winkels erweitert.
Es ergibt sich
U  XC I
mit
X C  X C   90
Der Winkel des kapazitiven Wechselstromwiderstands wird auch zum Winkel der Stromstärke
addiert. Da der Winkel jedoch negativ ist (-90°) läuft die Addition auf eine Subtraktion hinaus.
Beispiel:
Durch einen kapazitiven Wechselstromwiderstand
X C  100  90
fließt ein Strom
I  2A40
Die Spannung, die an diesem kapazitiven Wechselstromwiderstand abfällt, ergibt sich aus:
U  X C  I  100  90  2 A40  20V  50
Eine Probe ergibt, dass der Strom der Spannung wie erwartet um 90° voreilt (40°-(-50°)=90°).
Im Zeigerdiagramm zeigt der induktive Widerstand also immer nach „unten“.
Beispiel: Reihenschaltung von Widerständen in einem
Wechselstromnetz
Die Darstellung von Wechselstromwiderständen durch Zeigerdiagramme ermöglicht das
Vereinfachen von Schaltungen, ähnlich wie bei Gleichstromschaltungen.
Eine Reichenschaltung eines ohmschen Widerstandes mit einer Induktivität lässt sich hiermit zu
einem Ersatzwiderstand zusammenfassen.
Beispiel:
Eine Reihenschaltung aus R=4Ω und XL=3Ω ergibt folgendes Zeigerbild:
Der Gesamtwiderstand (die Gesamtimpedanz Z) ergibt sich aus
Z  R 2  X L  (4) 2  (3) 2  5
2
Der Winkel von Z beträgt
  arctan
XL
3
 arctan
 36,9
R
4
Zusammengefasst:
Z  536,9
Fließt durch diese Reihenschaltung aus R und L ein Strom IGes=1A, fällt eine Gesamtspannung ab, die
sich folgendermaßen berechnen lässt:
U Ges  Z  I  536,9 1A0  5V36,9
Probe:
Zur Probe werden die einzelnen Spannungen UR und UL berechnet und dann addiert.
U R  R  I  40 1A0  4V0
U L  X L  I  390 1A0  3V90
Es ergibt sich folgendes Zeigerdiagramm:
U Ges  U R  U L  (4V ) 2  (3V ) 2  5V
2
  arctan
2
UL
4V
 arctan
 36,9
UR
3V
Darstellung elektrischer Leistungen im Zeigerdiagramm
Auch Leistungen können in Zeigerdiagrammen dargestellt werden. Die Länge des Zeigers entspricht
hierbei dem Betrag der Leistung.
Der Winkel der Leistung ist als Winkel zwischen dem Spannungszeiger und dem Stromzeiger
definiert.
P  U  I
Wirkleistung im Zeigerdiagramm
Da Spannung und Strom phasengleich sind, ist der Winkel der Wirkleistung am ohmschen
Widerstand ist Null.
Beispiel:
Spannung und Strom sind phasengleich. Die Zeiger haben beide den Winkel ϕ=45°. Somit ist der
Winkel der Leistung
P  U  I  45   45   0
Induktive Blindleistung im Zeigerdiagramm
An einer Induktivität eilt der Strom der Spannung um 90° nach. Der Winkel der induktiven
Blindleistung ist also immer +90°.
Beispiel
In dem Beispiel ist der Winkel der Spannung 120°, der Winkel des Stroms 30°
Der Winkel der (induktiven Blind-) Leistung ist demnach
QL  U  I  120  30  90
Der Zeiger der induktiven Blindleistung zeigt also immer nach „oben“.
Kapazitive Blindleistung im Zeigerdiagramm
An einer Kapazität eilt der Strom der Spannung um 90° vor. Der Winkel der kapazitiven Blindleistung
ist also immer -90°.
Beispiel
In dem Beispiel ist der Winkel der Spannung -20°, der Winkel des Stroms 70°. Der Strom eilt der
Spannung um 90° vor.
Der Winkel der Leistung ist demnach
QC  U  I  20  70  90
Der Zeiger der kapazitiven Blindleistung zeigt also immer nach „unten“.
Scheinleistung
Im Allgemeinen findet man bei Verbrauchern sowohl Blindleistung als auch Wirkleistung. Die
geometrische Addition der Zeiger ergibt die Scheinleistung.
Im obigen Zeigerdiagramm ist das Leistungsdiagramm einer realen Spule dargestellt, die aus
Induktivität und ohmschen Widerstand besteht. Das Ersatzschaltschaltbild besteht aus einer
Reihenschaltung aus ohmschen Widerstand und Induktivität.
Am ohmschen Anteil wird Wirkleistung umgesetzt, an der Induktivität Blindleistung.
Die Scheinleistung ergibt sich aus der (geometrischen) Addition der beiden Anteile, wobei der Betrag
sich mit Hilfe des Satz des Pythagoras, der Winkel über die Winkelfunktion Tangens berechnen lässt.
S=P+QL
Wie die Wirkleistung und die Blindleistung lässt sich auch die Scheinleistung aus dem Produkt aus
Strom und Spannung berechnen.
S U I
Der Winkel der Scheinleistung ist gleich dem Winkel, dem der Strom der Spannung nacheilt.
S   U   I
Für den Winkel der Leistung ist also für jede Form der Leistung, ob Scheinleistung Wirkleistung oder
Blindleistung, gleich dem Winkel, dem der Strom der Spannung nacheilt.
Und somit gleich dem Winkel des entsprechenden Wechselstromwiderstandes Z ( bzw. R oder XL/XC).
Die Einheit der Scheinleistung lautet VA.
Leistungsfaktor
Das Verhältnis aus Wirkleistung und Scheinleistung lasst sich über den Winkel ϕ berechnen.
cos  
P
S
Der Wert cos ϕ wird als Leistungsfaktor bezeichnet und gibt an, um welchen Faktor die Wirkleistung
kleiner ist als die Scheinleistung.
Der Zusammenhang zwischen Wirk-, Blind und Scheinleistung werden im folgenden Video noch
einmal gezeigt.
Zusammenfassung: Der Winkel φ im Linien- und Zeigerdiagramm
Im Folgenden wird der Zusammenhang der Wechselgrößen noch einmal zusammengefasst. Vor allem
das Auftreten des Phasenwinkels soll noch einmal deutlich gemacht werden.
Im Allgemeinen (bei nicht rein ohmschen Widerständen) tritt zwischen Spannung und Strom eine
Phasenverschiebung ϕ auf.
Im Zeigerdiagramm von Spannung und Strom tritt dieser Phasenwinkel als Winkel zwischen den
Zeigern auf.
Die Ursache für das Auftreten der Phasenverschiebung ϕ liegt in dem induktiven bzw. kapazitiven
Anteil der Impedanz Z, an dem diese Phasenverschiebung auftritt.
Der Winkel dieser Impedanz ist ebenfalls der gleiche Winkel ϕ. Für einen ohmsch-induktiven
Widerstand sieht das Zeigerdiagramm der Impedanz entsprechend wie folgt aus.
Der Winkel zwischen den Leistungen, also Wirkleistung P, Blindleitung Q und Scheinleistung S ist
ebenfalls der gleiche Winkel ϕ.
Man sieht, dass der Winkel ϕ an mehreren Stellen auftritt.
Beispiel: Strom, Spannung und Leistung an einem Wechselstrommotor
Am Beispiel eines Wechselstrommotors sollen die Zusammenhänge noch einmal verdeutlicht
werden.
Ein Wechselstrommotor besteht im Wesentlichen aus einer Spule, in der durch einen elektrischen
Strom ein Magnetfeld erzeugt wird.
Das Ersatzschaltbild dieser Spule, einer Reihenschaltung aus einem ohmschen
Widerstand und einer Induktivität, beschreibt die elektrischen Eigenschaften
eines Motors hinreichend gut.
In diesem Beispiel seien für den Wechselstrommotor bei einer Spannung von
U=230V/50Hz die elektrische Leistung und der Leistungsfaktor bekannt.
P = 1000W
cos ϕ = 0,8
Aus diesen Werten lassen sich die fehlenden elektrischen Größen berechnen.
Über die Scheinleistung S
S
P
1000W

 1250VA
cos 
0,8
lässt sich die Stromstärke
I
S 1250W

 5,43 A
U
230V
berechnen.
Der Strom eilt der Spannung um den Winkel ϕ nach.
Mit
ϕ = arccos 0,8 = 36,87°
ist der Zeiger für I:
I  5,43 A36,87
Die Impedanz
Z
U 230V

 42,35
I 5,43 A
hat ebenfalls den gleichen Winkel ϕ. Es gilt also
Z  45,3536,87
Aus der Impedanz lassen sich die Werte der einzelnen
Bauelemente berechnen.
Denn es gilt:
R  Z  cos  42,35  0,8  33,88
und
X L  Z  sin   42,35  0,6  25,41
Probe
Z  R 2  X 2 L  (33,88) 2  (25,41) 2  42,35
Mit XL=25,41Ω und einer gegebenen Frequenz von 50 Hz lässt sich auch L berechnen.
X L  L  L 
XL
 135mH
2  f
Im folgenden Video wird die Rechnung noch einmal dargestellt.
Blindleistungskompensation für einen Wechselstrommotor
Der betrachtete Wechselstrommotor verbraucht nicht nur Wirkleistung, sondern auch Blindleistung.
Die Blindleistung
Q  S  sin   1250VA  sin 36,87  750 var
(Probe: S 
P 2  Q 2  (1000W ) 2  (750 var) 2  1250VA )
wird nicht vom Motor umgesetzt, sondern wird wie oben beschrieben zwischen Motor und
Generator hin und her bewegt.
Das hat zwei Nachteile:
1. Der Generator muss diese Blindleistung zur Verfügung stellen
2. Durch den Transport der für die Blindleistung nötigen Stromstärke entsteht auf der
Übertragungsleistung eine Verlustleistung
Um diese Nachteile zu vermeiden wird daher ab einer gewissen Größenordnung eine sogenannte
Blindleistungskompensation durchgeführt.
Hierzu schaltet man einen Kondensator parallel zum Motor, so dass sich folgende Schaltung ergibt:
Die Idee der Blindleistungskompensation besteht nun darin, die Blindleistung nicht vom Generator
liefern zu lassen, sondern vom Kondensator, der direkt an den Motor angeschlossen wird.
So muss der Strom für die Blindleistungskompensation des Motors nicht über die
Übertragungsleitungen transportiert werden.
Um die Blindleistung des vorhin betrachteten Motors zu vollständig kompensieren, also vom
Kondensator bereitzustellen, muss der Kondensator die oben berechnete Blindleistung
Q= 750 var
zur Verfügung stellen.
Die Blindleistung, die eine Kapazität liefert, lässt sich berechnen aus
QC  UC  IC
Mit
IC 
UC
XC
folgt, da der Kondensator wie der Motor an 230 V angeschlossen ist,
QC  U C  I C  U C 
UC
U 2 C (230V ) 2
 XC 

 70,5
XC
QC
750 var
Aus
XC 
1
C
folgt dann
C
1
1

 45,2F
  X C 2  50 Hz  70,5
Ein zum Motor parallel geschalteter Kondensator mit einer Kapazität C=45,2µF sorgt also für eine
vollständige Kompensation der vom Motor benötigten Blindleistung.
Probe
Eine Betrachtung der Stromstärken zeigt, dass die Kombination Motor/Kondensator nur Wirkleistung
aufnimmt.
Der Strom durch den Kondensator beträgt
IC 
U
230V

 3,26 A
X C 70,75
Dieser Strom hat einen Winkel von +90° (bei angenommenem Winkel der Spannung von 0°)
Denn: Am Kondensator eilt der Strom vor.
Der Strom, der von der Kombination Motor / Kondensator aufgenommen wird, ergibt sich aus der
(geometrischen) Addition des Motorstroms und des Kondensatorstroms. (In das Zeigerdiagramm ist
zusätzlich die Spannung mit einem Winkel von 0° eingetragen.)
Man erkennt, dass der Gesamtstrom den gleichen Winkel wie die Spannung hat. Somit wird nur
Wirkleistung aufgenommen. Die Blindleistung wurde vollständig kompensiert.
Im folgenden Video ist die Rechnung zur Blindleistungskompensation noch einmal zu sehen.
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