Rudolf Bultmann: Leben und Werk

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Joachim Stiller
Rudolf Bultmann:
Leben und Werk
Materialien zu Leben und
Werk von Rudolf Bultmann
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Wiki: Rudolf Bultmann
Rudolf Karl Bultmann (* 20. August 1884 in Wiefelstede; † 30. Juli 1976 in Marburg) war
ein deutscher evangelischer Theologe und Professor für Neues Testament. Bekannt wurde er
durch sein Programm der Entmythologisierung der neutestamentlichen Verkündigung. Seine
Auffassungen wurden von der Systematischen Theologie und der Philosophie aufgegriffen.
Inhaltsverzeichnis
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1 Leben
2 Theologisches Werk
o 2.1 Formkritik des Neuen Testaments
o 2.2 Übergang von der liberalen zur dialektischen Theologie
o 2.3 Entmythologisierung des Neuen Testaments
3 Wirkung: Die Bultmannschule
4 Literarisches Werk
5 Ehrungen post mortem
6 Bekannte Zitate
7 Werke (Auswahl)
8 Literatur
9 Weblinks
10 Quellen
Leben
Bultmann war ein Sohn des evangelischen Pfarrers Arthur Kennedy Bultmann und dessen
Ehefrau Helene Bultmann. Während der Vater sich der liberalen Theologie zuwandte, behielt
seine Mutter zeitlebens eine pietistische Einstellung bei. Von 1895 bis 1903 besuchte
Bultmann das humanistische Gymnasium in Oldenburg und war während dieser Zeit Mitglied
der Schülerverbindung Camera obscura Oldenburgensis. Nach dem Abitur studierte er
Evangelische Theologie und Philosophie zunächst in Tübingen, wo er mit besonderem
Interesse der Vorlesung Karl Müllers über Kirchengeschichte folgte. In Tübingen wurde
Bultmann darüber hinaus Mitglied der Akademischen Verbindung Igel. Nach drei Semestern
wechselte er 1904 nach Berlin, wo er unter anderem bei Adolf von Harnack und Hermann
Gunkel studierte. Schon im Sommer 1905 zog Bultmann nach Marburg, wo er sich
zunehmend auf sein späteres Spezialgebiet konzentrierte, das Neue Testament. Einflussreiche
Lehrer dieser Zeit waren Adolf Jülicher, Johannes Weiß und Wilhelm Herrmann.
Nachdem er 1907 das erste theologische Examen abgelegt hatte, erlangte Bultmann 1910 in
Marburg mit einer Arbeit über den Stil der paulinischen Predigt die Doktorwürde. Zwei Jahre
später habilitierte er sich mit einer Untersuchung über die Exegese des Theodor von
Mopsuestia, ebenfalls in Marburg. Der Titel seiner Antrittsvorlesung lautete: Was läßt die
Spruchquelle über die Urgemeinde erkennen? Bultmann lehrte zunächst als Privatdozent.
1916 erhielt er einen Ruf nach Breslau, im Jahr darauf heiratete er Helene Feldmann. 1920
folgte Bultmann einem Ruf nach Gießen, kehrte als Nachfolger von Wilhelm Heitmüller
jedoch schon 1921 nach Marburg zurück. Dort setzte er sich intensiv mit der Philosophie
Martin Heideggers auseinander, der 1923 bis 1928 eine außerordentliche Professur in
Marburg innehatte.
In der Zeit des Nationalsozialismus schloss Bultmann sich der Bekennenden Kirche und dem
Pfarrernotbund an. Er wies in Predigten auf Widersprüche zwischen nationalsozialistischer
Ideologie und christlichem Glauben hin, übte jedoch keinen offenen Widerstand und blieb
daher bis zu seiner Emeritierung 1951 im Amt. Im Herbst 1944 nahm Bultmann bis zum
Kriegsende die spätere Theologieprofessorin Uta Ranke-Heinemann in seinen Haushalt auf,[1]
eine Tochter Hilda Heinemanns, die 1926 bei ihm ihr theologisches Staatsexamen abgelegt
hatte.
Bultmanns bedeutender Vortrag über Neues Testament und Mythologie (1941) fällt in die Zeit
des Zweiten Weltkriegs. Die mit diesem Vortrag begonnene Entmythologisierungsdebatte
wurde nach dem Krieg kontrovers geführt und führte auf der Flensburger Synode der
Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands 1952 zu einer bischöflichen
Erklärung, die sich gegen Bultmanns Ansatz der Entmythologisierung des Neuen Testaments
richtete. Es handelte sich jedoch nicht um eine Lehrverurteilung und der Landesbischof
Eduard Lohse drückte Bultmann einige Jahre vor dessen Tod das Bedauern der EvangelischLutherischen Landeskirche Hannovers über die zwanzig Jahre zuvor abgegebene Erklärung
aus.
Das Grab Helene und Rudolf Bultmanns befindet sich auf dem Marburger Stadtfriedhof.
Bultmann war Vater der Philosophin Antje Bultmann Lemke, der Flötistin Gesine
Diesselhorst und der Cellistin Heike Bultmann und Großvater des Cellisten Jan Diesselhorst
der Berliner Philharmoniker.[2]
Theologisches Werk
Formkritik des Neuen Testaments
1921 veröffentlicht Bultmann seine Geschichte der synoptischen Tradition, die bis heute als
Standardwerk zur Exegese des Neuen Testaments gilt. Er liefert darin eine gründliche
formgeschichtliche Analyse der synoptischen Evangelien, in der er versucht, einzelne Quellen
zu identifizieren, die Eingang in die Evangelien gefunden haben. Ähnlich wie Martin Dibelius
vertritt er dabei die Ansicht, dass auch die ältesten Schriftquellen, die auf diese Art
rekonstruiert werden, aus einer vorliterarischen Überlieferungsphase hervorgegangen sind.
Sie dürften daher nicht als objektive historische Berichte betrachtet werden, sondern seien
bereits vom Glauben der Urgemeinde geprägt. Bultmann war der Ansicht, Paulus (und
Johannes) hätten sich nicht für den Menschen Jesus bzw. für sein Erdenleben interessiert,
sondern nur noch für den geglaubten Christus, was er primär mit 2. Kor 5,16 „..auch wenn wir
Christus gekannt haben nach dem Fleisch, so kennen wir [ihn] doch nun nicht mehr [auf diese
Weise]“ begründete.[3][4] Bultmanns Sicht gilt in der historischen Jesusforschung als überholt.
Bultmann zufolge stehen bereits die frühen christliche Dokumente im Dienst des Glaubens
sowie des Kults, und werden erst dann richtig verstanden, wenn ihr „Sitz im Leben“ der
Urgemeinde berücksichtigt wird.
Übergang von der liberalen zur dialektischen Theologie
In seinem Aufsatz Die liberale Theologie und die jüngste theologische Bewegung wendet sich
Bultmann 1924 von der liberalen Theologie ab. Als Verdienste der liberalen Theologie
erkennt er an, dass sie zum Verständnis geschichtlicher Zusammenhänge beigetragen und ihre
Schüler durch ihren radikalen Wahrheitsanspruch zur Kritik erzogen habe. Bultmann wendet
sich auch weiterhin nicht gegen die historische Methode als Forschungszweig innerhalb der
Theologie, weist jedoch darauf hin, dass sie in der liberalen Theologie eine unangemessene
Stellung erhalten habe: Ihre historischen Erkenntnisse seien als Grundlage des christlichen
Glaubens untauglich. Bultmann stimmt mit Vertretern der dialektischen Theologie, wie etwa
Karl Barth und Friedrich Gogarten, darin überein, dass der Mensch Gott nicht aus eigener
Kraft erkennen könne – auch nicht durch theologische Studien. Vielmehr könne Gott sich
dem Menschen nur aus seiner Gnade heraus in der Offenbarung zu erkennen geben.
In dem Buch Jesus präsentiert Bultmann 1926 einen konstruktiven Gegenentwurf zur
liberalen Theologie: Es geht ihm darin ausdrücklich nicht darum, Jesus als historische Figur
zu untersuchen, sondern den Anspruch seiner Verkündigung zu erfassen. Bultmann zufolge
richtet sich der christliche Glaube nicht auf Jesus als Person, sondern auf das durch ihn
verkörperte Kerygma. Damit steht Bultmann in offenem Gegensatz zu zeitgenössischen
Theologen wie Emanuel Hirsch und Wilhelm Herrmann.
Im Aufsatz Kirche und Lehre im Neuen Testament (1929) entfaltet Bultmann sein Verständnis
der christlichen Verkündigung genauer: Er fasst sie weder als theoretische Belehrung noch als
Annahme unverständlicher Dogmen auf, sondern sieht in ihr eine Ansprache des Menschen,
die diesem ein existenzielles Sich-Verstehen ermögliche. Die Situation des Menschen zeichne
sich dadurch aus, dass er nicht eigenmächtig über sein Leben verfügt, sich letztlich keine
Sicherheit schaffen kann. Der Mensch dürfe aber im Vertrauen darauf leben, dass Gott ihm in
Liebe begegnet, ihm seine Sünden vergibt und sein Dasein rechtfertigt. Für diese Haltung
könne man sich jedoch nicht ein für alle Mal entscheiden, sondern sie müsse sich in konkreten
Lebenssituationen jeweils neu bewähren. Diese Position wurde als Existentiale Interpretation
des Neuen Testaments bekannt.
Entmythologisierung des Neuen Testaments
Seit den 1940er Jahren konzentriert sich Bultmanns theologisches Werk auf die Frage, wie
seine existentiale Interpretation der Bibel einem breiten Publikum verständlich gemacht und
zu einer Basis des Glaubens werden könne. Zu diesem Zweck entwickelt er ein Programm zur
Entmythologisierung der neutestamentlichen Verkündigung, das er 1941 in seiner Schrift
Neues Testament und Mythologie vorstellt. Darin setzt er die These, dass das Neue Testament
aus einem mythologischen Weltbild heraus geschrieben wurde, das inzwischen von einem
wissenschaftlichen Weltbild abgelöst worden sei. Um eine überholte Gedankenwelt nicht zur
Voraussetzung des Glaubens werden zu lassen, sei es Aufgabe der Theologie, den vom
mythologischen Weltbild unabhängigen Kern der christlichen Verkündigung
herauszuarbeiten:
„Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne
medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und
Wunderwelt des Neuen Testaments glauben. Und wer meint, es für seine Person tun zu
können, muß sich klar machen, daß er, wenn er das für die Haltung des christlichen Glaubens
erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich
macht.“
– Rudolf Bultmann: Neues Testament und Mythologie. 1941, 18
Als ersten Schritt der Entmythologisierung entfaltet Bultmann das christliche
Seinsverständnis. Von neutestamentlichen Begriffen ausgehend unterscheidet er zwischen
dem „Sein außerhalb des Glaubens“ und dem „Sein im Glauben“. Das Sein außerhalb des
Glaubens umfasst die sicht- und verfügbare materielle Welt mit ihrer Vergänglichkeit, mit der
Sünde, dem Fleisch und den Sorgen. Das Sein im Glauben hingegen zeichne sich durch ein
Leben aus dem Unsichtbaren und Unverfügbaren aus, der Preisgabe selbstgeschaffener
Sicherheit zugunsten eines Glaubens an die Gnade Gottes. Daraus folge eine Entweltlichung
und Wegwendung des Menschen von sich selbst, die ihn zu neuer Freiheit führe.
Bultmann sieht das so entwickelte Seinsverständnis auch in der modernen Philosophie korrekt
erfasst, etwa bei Wilhelm Dilthey und Martin Heidegger. Allerdings stelle die Philosophie
darauf ab, dass es genüge, den Menschen auf seine Natur hinzuweisen, um ihm ein Leben im
Einklang mit seiner Natur zu ermöglichen. Die Theologie betrachte dagegen stets noch eine
Tat Gottes als dazu notwendig, den Menschen mit seiner Natur zu vereinigen. Außerdem sei
die Philosophie nicht völlig selbstständig zu ihrem zutreffenden Verständnis des
menschlichen Seins gelangt, sondern habe direkt und indirekt Quellen wie das Neue
Testament, Martin Luther und Søren Kierkegaard rezipiert.
Bultmann gesteht der Philosophie ihrerseits zu, ein Vorverständnis des Seins und eine
Begrifflichkeit zur Verfügung zu stellen, die theologisches Nachdenken überhaupt erst
möglich machten. Die Aussagen und Schlüsse der Theologie gründeten jedoch nicht auf der
Philosophie, sondern auf der göttlichen Verkündigung und im Christentum insbesondere dem
Kreuzesgeschehen. Der Glaube an die Sündenvergebung und die Erlösung durch die Liebe
Gottes sei nur aufgrund des Osterereignisses mehr als Wunschdenken. Die Auferstehung Jesu
Christi müsse also mehr sein als mythologische Rede. Da die historisch-kritische Forschung
das leere Grab und die leibliche Auferstehung Jesu nicht als historisch gesichert erscheinen
lasse, sei vielmehr die Entstehung des Osterglaubens unter den Jüngern als historischer Kern
zu betrachten. Dieser gelte dem Historiker als visionäres Erlebnis ungeklärter Herkunft, dem
glaubenden Christen dagegen als Offenbarung Gottes, dass Jesu Kreuzigung als Heilsereignis
zu verstehen sei. Christlicher Glaube bestehe darin, diese Verkündigung als legitimes
Gotteswort zu betrachten und sein Leben von diesem her zu verstehen.
Exemplarisch setzt Bultmann sich mit zwei weiteren Aspekten christlicher Mythologie
auseinander, der Präexistenz Christi und der Jungfrauengeburt Jesu. Bei beiden Punkten gehe
es nicht darum, Jesu historische Herkunft zu klären, sondern seine Bedeutung für den Glauben
zu verdeutlichen. Schließlich weist Bultmann darauf hin, dass seine Entmythologisierung
nicht als restlos gelten kann, wenn man nicht nur die Geister- und Wunderwelt des Neuen
Testaments, sondern bereits die Rede vom Wirken Gottes als Mythos auffasst.
„Keineswegs will er, wie der Begriff ‘Entmythologisierung’ anzeigen könnte und wie man ihn
oft mißverstanden hat, den Mythos eliminieren; der Mythos müsse vielmehr interpretiert, also
verstanden, der biblische Mythos also auf die in ihm intendierten Glaubensgedanken hin
verstanden werden.“
– Walter Schmithals[5]
Wirkung: Die Bultmannschule
Bultmann forderte seine Schüler auf, seinen Denkansatz zu prüfen, zu korrigieren und zu
variieren, wo immer das nötig sei. Als bedeutsame Schüler und Nachfolger Bultmanns sind zu
nennen: Ernst Käsemann, Ernst Fuchs, Günther Bornkamm, Herbert Braun, Hans
Conzelmann, Willi Marxsen, Gerhard Ebeling, Walter Schmithals, Heinrich Schlier, Uta
Ranke-Heinemann, Manfred Mezger, Günter Klein sowie Helmut Koester.
Aufgrund der Autorität Bultmanns galt es in der deutschen Theologie lange Zeit als
unmöglich, Aussagen über den historischen Jesus zu machen. Erst der ehemalige
Bultmannschüler Ernst Käsemann und später auch andere Neutestamentler vertraten die
Auffassung, dass der Graben zwischen historischem Jesus und ersten Christen doch weit
schmäler sei als von Bultmann angenommen. Auch näherte sich Bultmann nach Meinung
vieler zu sehr dem liberalen Rationalismus und Skeptizismus. Alle Bultmannschüler hielten
allerdings daran fest, dass ein „Glaube“ auf Grund historischer Fakten die Existenz eines
Menschen durchaus noch nicht berühren müsse, also im strengen Sinn noch gar kein rechter
Glaube sei.
Auch in Wechselwirkung mit nichtkonfessioneller und katholischer Bibelwissenschaft (École
biblique) gelangten viele Bultmannschüler zur Auffassung, dass die Jünger und Augenzeugen
Jesu teilweise (oder doch zumindest deren Überlieferungen in einigermaßen verlässlicher
Form) im Neuen Testament Niederschlag gefunden hätten. Neutestamentler entwickelten nun
Kriterien, die sie Suche nach zuverlässigen Überlieferungen und Informationen über den
historischen Jesus anleiten könnten. Die sogenannte „Neue Frage nach dem historischen
Jesus“ hält jedoch an Bultmanns Ansicht fest, dass ein christlicher Glaube nicht auf
historischen Fakten basieren könne, sondern allein auf der existentialen Berührung. Denn
viele evangelische und katholische Theologen sind heute davon überzeugt, dass die meisten
Berichte in den Evangelien nicht als zuverlässige „Zeugenaussagen“ betrachtet werden
können.
Karl Barth wollte die christliche Glaubenslehre entschlossen als „Theologe“, also von Gott
und seinem in die Welt gesandten „Wort“ her entwerfen. Er warf Bultmann vor, zunächst bei
der Anthropologie anzusetzen, die Glaubenslehre also vom Menschen her zu entwerfen.
Bultmann wollte das menschliche „Verständnis“ und „Vorverständnis“ ernst nehmen und auf
dem Weg der frühen Kirchengeschichte erforschen, wie dieses „Vorverständnis“ in der
damaligen Religionswelt die christliche Aussage geprägt habe. Barth hielt das für ein
geradezu lästerliches Unternehmen, das ihm so sehr nach „Anpassung Gottes an den
Menschen“ roch, dass er sich ab 1933 konsequent von allen „Anthropologen“ absetzte. Die
Ereignisse des „Dritten Reichs“ schienen ihm zuerst recht zu geben. Heute wird aber der
Barthsche Weg teilweise als einseitig empfunden. Viele Anliegen Barths wurden ohnehin von
der Bultmannschule aufgenommen und weiterverarbeitet.
Bultmanns Anliegen war es, die Botschaft des Neuen Testaments an Menschen mit
wissenschaftlichem Weltbild zu vermitteln.
Literarisches Werk
Neben seinen theologischen Schriften finden sich in Bultmanns umfangreichem Nachlass, der
unter der Signatur Mn 2 in der Tübinger Universitätsbibliothek aufbewahrt wird, auch
Gedichte und Märchen. So ist seine erste gedruckte Veröffentlichung ein unter dem Titel
Inselkirchhof in den Oldenburger Nachrichten für Stadt und Land am 11. Juli 1903
erschienenes Poem, das mit folgender Zeile beginnt: „Still vom Mond beschienen / Ruht der
ernste Raum / Drüber schwebt’s wie Frieden / Wie ein sel’ger Traum.“
In den Jahren 1916 und 1917 schrieb Bultmann für seine spätere Ehefrau Helene Feldmann
vier Märchen mit einigen autobiographischen Zügen, die er Briefen an sie beilegte.
Ehrungen post mortem
In Oldenburg erinnert eine Bronzebüste in der Grünanlage am Theaterwall an seine Herkunft
aus dieser Stadt.[6]
Bekannte Zitate
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„Wie kann meine Schuld durch den Tod eines Schuldlosen (wenn man von einem
solchen überhaupt reden darf) gesühnt werden? Welche primitiven Begriffe von
Schuld und Gerechtigkeit liegen solcher Vorstellung zugrunde? Welch primitiver
Gottesbegriff? Soll die Anschauung vom sündentilgenden Tode Christi aus der
Opfervorstellung verstanden werden: welch primitive Mythologie, daß ein Mensch
gewordenes Gotteswesen durch sein Blut die Sünden der Menschen sühnt!“ (Neues
Testament und Mythologie, 1941, 20)
„Der eigentliche Sinn des Mythos ist nicht der, ein objektives Weltbild zu geben;
vielmehr spricht sich in ihm aus, wie sich der Mensch selbst in seiner Welt versteht;
der Mythos will nicht kosmologisch, sondern anthropologisch – besser: existential
interpretiert werden.“ (Neues Testament und Mythologie, 1941, S. 22)
„Voraussetzungslose Exegese kann es nicht geben. … Unabdingliche Voraussetzung
aber ist die historische Methode in der Befragung der Texte. Exegese ist ja als
Interpretation historischer Texte ein Stück Geschichtswissenschaft.“ (Ist
voraussetzungslose Exegese möglich?, 1957, S. 410)
„Die historische Methode schließt die Voraussetzung ein, daß die Geschichte eine
Einheit ist im Sinne eines geschlossenen Wirkungs-Zusammenhangs, in dem die
einzelnen Ereignisse durch die Folge von Ursache und Wirkung verknüpft sind. …
Diese Geschlossenheit bedeutet, daß der Zusammenhang des geschichtlichen
Geschehens nicht durch das Eingreifen übernatürlicher, jenseitiger Mächte zerrissen
werden kann, dass es also kein 'Wunder' in diesem Sinne gibt. … Während z.B. die
alttestamentliche Geschichtserzählung vom handelnden Eingreifen Gottes in die
Geschichte redet, kann die historische Wissenschaft nicht ein Handeln Gottes
konstatieren, sondern nimmt nur den Glauben an Gott und sein Handeln wahr. Als
historische Wissenschaft darf sie freilich nicht behaupten, daß solcher Glaube eine
Illusion sei, und daß es kein Handeln Gottes in der Geschichte gäbe. Aber sie selbst
kann das als Wissenschaft nicht wahrnehmen und damit rechnen; sie kann es nur
jedermann freistellen, ob er in einem geschichtlichen Ereignis, das sich selbst aus
seinen innergeschichtlichen Ursachen versteht, ein Handeln Gottes sehen will.“ (Ist
voraussetzungslose Exegese möglich?, 1957, S. 411f.)
Werke (Auswahl)
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Die Geschichte der synoptischen Tradition. FRLANT 29. Vandenhoeck & Ruprecht,
Göttingen
1921.
2.
neubearbeitete
Aufl.
[1931
http://archive.org/stream/MN41445ucmf_1#page/n3/mode/2up Digitalisierte Version]
Die Geschichte der synoptischen Tradition. FRLANT 29. Vandenhoeck & Ruprecht,
Göttingen 1921. (10. Aufl. 1995) (begründete zusammen mit K.L. Schmidt und M.
Dibelius die Formgeschichte).
Welchen Sinn hat es, von Gott zu reden? (1925), in: ders., Glauben und Verstehen.
Gesammelte Aufsätze. Band 1, Tübingen 1933, 26-37. (auch in: Neues Testament und
christliche Existenz, 2002 [s.u.], 1–12) (Man könne nicht „über“ Gott reden, weil Gott
die „Alles bestimmende Wirklichkeit“ sei. Man könne nur „von“ Gott reden, nämlich
existenzial, d.h. die eigene Existenz einbeziehend.).
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Das Problem einer theologischen Exegese des Neuen Testaments, in: Zwischen den
Zeiten 3, 1925, (Seiten 334–357).
Jesus. Berlin 1926. (3. Aufl., Mohr: Tübingen 1951; 4. Aufl. München 1970).
Offenbarung und Heilsgeschehen. Göttingen 1941.
Das Evangelium des Johannes. KEK 2. Göttingen 1941. (10. Aufl. 1978).
Die drei Johannesbriefe . KEK 14. Göttingen 1967.
Der zweite Brief an die Korinther. KEK Sonderband. Göttingen 1976.
Neues Testament und Mythologie. Das Problem der Entmythologisierung der
neutestamentlichen Verkündigung (1941), in: H.-W. Bartsch (Hg.): Kerygma und
Mythos, Band 1. 1948. 4. Aufl. Reich, Hamburg, 1960, 15–48. (programmatischer
Aufsatz der Entmythologisierung).
Zum Problem der Entmythologisierung, Kerygma und Mythos II, 1952, 177–208.
Das Urchristentum im Rahmen der antiken Religionen. Zürich 1949.
Theologie des Neuen Testaments (1948–1953). UTB 630. 7. durchges. Aufl. hg. v.
Otto Merk. Mohr (Siebeck), Tübingen 1977 (über mehrere Jahrzehnte Standardwerk
der ev. Theologie).
Ist voraussetzungslose Exegese möglich?. Theologische Zeitschrift 13 (1957), 409–
417. (auch in: Neues Testament und christliche Existenz [s.u.], 2002, 258–266).
Das Verhältnis der urchristlichen Christusbotschaft zum historischen Jesus,
SHAW.PH 1960/3 (197/5), 5–27.
Geschichte und Eschatologie. Tübingen 1958. (2. Aufl. 1964).
Glauben und Verstehen (abgekürzt: GuV). 4 Bde. UTB 1760–1763. (alle Bände 1993
in 9./6./4./5. Aufl.) (Aufsatzsammlung).
Karl Barth - Rudolf Bultmann, Briefwechsel 1911–1966, hg. v. Bernd Jaspert, 2., rev.
u. erw. Aufl., Zürich 1994.
Neues Testament und christliche Existenz. Theologische Aufsätze. Ausgewählt, eingel.
und hrsg. v. Andreas Lindemann. UTB 2316. Mohr Siebeck, Tübingen 2002. ISBN
9783825223168 Google Books.
Wachen und Träumen. Märchen. (Hrsg. von Werner Zager). Berlin 2005, ISBN 388981-171-X.
Theologische Enzyklopädie, Hrsg. von Eberhard Jüngel u. Klaus W. Müller 1984, X
ISBN 978-3-16-144736-5.
Literatur
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Konrad Hammann: Rudolf Bultmann. Eine Biographie. Mohr Siebeck, Tübingen 2009,
ISBN 978-3-16-148526-8.
Werner Raupp: Bultmann, Rudolf (Karl). In: Biographisch-Bibliographisches
Kirchenlexikon (BBKL). Band 21, Bautz, Nordhausen 2003, ISBN 3-88309-110-3,
Sp. 174–233. (mit kompakter Einleitung und ausführlicher Bibliographie)
Walter Schmithals: Art. Bultmann, Rudolf. In: Theologische Realenzyklopädie 7
(1981), 387–396.
Walter Schmithals: Die Theologie Rudolf Bultmanns. 2. Aufl. Tübingen 1967.
Günther Bornkamm: Die Theologie Rudolf Bultmanns in der neueren Diskussion.
Theologische Rundschau 29 (1963), 33–141.
Bernd Jaspert (Hrsg.): Rudolf Bultmanns Werk und Wirkung. Darmstadt 1984
Bernd Jaspert: Sackgassen im Streit mit Rudolf Bultmann. Hermeneutische Probleme
der Bultmannrezeption in Theologie und Kirche. St. Ottilien 1985.
Martin Evang: Rudolf Bultmann in seiner Frühzeit. Tübingen 1988 (BHTh 74).
Ernst Baasland: Theologie und Methode. Eine historiographische Analyse der
Frühschriften Rudolf Bultmanns. Brockhaus, Wuppertal 1992.
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Bernd Jaspert: Sachgemässe Exegese. Die Protokolle aus Rudolf Bultmanns
Neutestamentlichen Seminaren 1921–1951. Marburg 1996.
Lothar Gassmann: Dietrich Bonhoeffer, Karl Barth, Rudolf Bultmann, Paul Tillich.
Die einflussreichsten evangelischen Theologen der Neuzeit und ihre Lehren auf dem
Prüfstand. Fromm-Verlag 2011, ISBN 978-3841601643.
Wolfhart Pannenberg: Problemgeschichte der neueren evangelischen Theologie in
Deutschland. Von Schleiermacher bis zu Barth und Tillich. UTB 1979. Vandenhoeck
& Ruprecht, Göttingen 1997. ISBN 3-8252-1979-8 (S. 205–232 zu Bultmann)
Ulrich H. J. Körtner (Hrsg.): Glauben und Verstehen. Perspektiven Hermeneutischer
Theologie. Neukirchen-Vluyn 2000. ISBN 3-7887-1788-2.
Ulrich H. J. Körtner (Hrsg.): Jesus im 21. Jahrhundert. Bultmanns Jesusbuch und die
heutige Jesusforschung. Neukirchener Verl., Neukirchen-Vluyn 2002. ISBN 3-78871898-6.
Ulrich H. J. Körtner: Rudolf Bultmann. In: Michael Klöcker/ Udo Tworuschka (Hrsg.):
Handbuch der Religionen. Kirchen und andere Glaubensgemeinschaften in
Deutschland, Landsberg/München 1997ff. (I-14.9.11), 37. Ergänzungslieferung 2013,
S.1-22.
Werner Zager: Liberale Exegese des Neuen Testaments. David Friedrich Strauss William Wrede - Albert Schweitzer - Rudolf Bultmann. Neukirchener Verl.,
Neukirchen-Vluyn 2004. ISBN 3-7887-2040-9.
Hermann Dembowski: Barth Bultmann Bonhoeffer. Eine Einführung in ihr
Lebenswerk und ihre Bedeutung für die gegenwärtige Theologie. 2. Aufl. CMZ,
Rheinbach-Merzbach 2004. ISBN 3-87062-064-1.
Karsten Jung: Homiletische Hermeneutik. Rudolf Bultmanns Beitrag für ein fröhliches
Christentum, Spenner: Waltrop 2004
Heinrich Fries, Bultmann-Barth and Catholic theology (Memento vom 20. Februar
2009 im Internet Archive); übersetzt von Leonard Swidler; (=Duquesne Studies,
Theological Series 8); o.O. 1967 (engl., Zuverlässigkeit ungeklärt)
Matthias Dreher: Rudolf Bultmann als Kritiker in seinen Rezensionen und
Forschungsberichten. Kommentierende Auswertung. Münster, Lit, 2005 (Beiträge zum
Verstehen der Bibel; 11), ISBN 3-8258-8545-3.
Friederike Nüssel: Rudolf Bultmann. Entmythologisierung und existentiale
Interpretation des neutestamentlichen Kerygma. In: Peter Neuner und Gunther Wenz
(Hrsg.): Theologen des 20. Jahrhunderts. Wissenschaftliche Buchgesellschaft,
Darmstadt 2002. S. 70–89.
Eberhard Martin Pausch: Wahrheit zwischen Erschlossenheit und Verantwortung: Die
Rezeption und Transformation der Wahrheitskonzeption Martin Heideggers in der
Theologie Rudolf Bultmanns. (TBT 64) Berlin/New York 1995.
Weblinks
Wikiquote: Rudolf Bultmann – Zitate
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Literatur von und über Rudolf Bultmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Werke von und über Rudolf Bultmann in der Deutschen Digitalen Bibliothek
Rudolf-Bultmann-Gesellschaft für Hermeneutische Theologie e.V. (mit Bibliographie)
Rudolf Bultmann im Kulturportal Nordwest
Joachim Stiller
Münster, 2015
Ende
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