Foto: Hauke Dressler MAN forum 0 4 / 2 0 0 8 37 chancen KOMPETENZ AUF HOHER SEE Der weltweite Energiehunger führt dazu, dass immer mehr unterseeische Erdöl- und Erdgasfelder erschlossen werden. Doch an diese Quellen gelangt man nur mit hoch entwickelter Technik und ausgefeilter Logistik. Regelmäßig pendelt das Versorgungsschiff zwischen Plattform und Land. 38 >>> Es ist gerade einmal 150 Jahre her, dass die großtechnische Erdölförderung begann. Damals waren die Bohrungen oft nur 20 bis 50 Meter tief. Die große Nachfrage nach Öl führt dazu, dass inzwischen immer unzugänglichere Ölfelder ausgebeutet werden. Die hohen Kosten werden durch den steigenden Ölpreis mehr als aufgewogen. So verlagert sich die Ölförderung immer mehr von flachen Gewässern in Küstennähe in Richtung Hochsee. Hier setzen die Erdölkonzerne Spezialschiffe aller Art ein. Diese Schiffe bauen Bohrinseln auf und ab, verlegen Pipelines, orten Gas- und Ölvorkommen, verankern Bohrinseln und Bohrschiffe oder pendeln als Versorgungsschiffe zwischen Bohrplattform und Land. Zuletzt haben amerikanische, kanadische und russische Unternehmen sogar arktistaugliche Bohrschiffe in Auftrag gegeben. Ob in der Nordsee oder im Golf von Mexiko, in Indonesien oder vor der Westküste Afrikas: Je höher der Ölpreis, desto tiefer wird gebohrt. Die Suche nach neuen Ölfeldern ähnelt besonders unter Wasser oft einer Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Auf Ölfelder an Land geben Satellitenbilder erste Hinweise, die dann durch Analysen vor Ort präzisiert werden können. Auf hoher See helfen Satellitenbilder nicht weiter. Da Probebohrungen ein sehr kostspieliges Unterfangen sind, setzen die Förderunternehmen reflexionsseismische Messungen ein. Im Prinzip wird das Verfahren schon lange an Land angewandt: Geophysiker erzeugen Schallwellen – früher durch unterirdische Sprengungen, heute mit großen Vibratoren – die von den Gesteinsschichten unterschiedlich reflektiert werden. Die Reflexionen lassen sich an der Oberfläche messen. Seit einigen Jahren kommt die Technik auch auf See zum Einsatz. Spezielle Suchschiffe ziehen eine Batterie von Luftdruckkanonen hinter sich her, die alle paar Sekunden im Gleichtakt Pressluftblasen ins Wasser schießen und so den Meeresboden erschüt- 01 02 01. In über 60 Meter Höhe steuert ein Kranführer den Container auf das Deck des Versorgungsschiffes. 02. Der Frachter beliefert Ölplattformen mit Verpflegung und Werkzeugen. tern. Über Tausende Wassermikrofone, die die Schiffe an kilometerlangen Kabeln hinter sich herziehen, werden die Reflexionen aufgenommen. Da die Schiffe für diese Messungen nicht verankert sein müssen, sondern sich an der Oberfläche bewegen, können Geologen aus den Daten dreidimensionale Darstellungen des Untergrunds generieren. Das Ölunternehmen BP hat errechnet, dass Bohrungen früher nur jedes elfte Mal Öl fanden, die jetzige Methode aber bei jedem sechsten Mal einen Treffer landet. Unternehmen wie die zu Schlumberger gehörende WesternGeco sind auf dem Gebiet der seismischen Ortung gefragte Dienstleister. Mit den immer größeren Meerestiefen haben sich auch die Bohrinseln verändert. Während in Küstengebieten Hubinseln und Bohrplattformen zum Einsatz kommen, die auf Stahloder Betonstelzen stehen, werden sogenannte Halbtaucher von Schwimmkörpern getragen und durch Ankerseile stabilisiert – wie auch die Bohrschiffe. Allein das Verankern ist ein aufwendiger Vorgang, der ebenfalls von spezialisierten Schiffen – sogenannten AnchorHandlers – aus erledigt wird. ZUKUNFTSFELD OFFSHORE MAN Diesel erkannte das Geschäftsfeld und gründete im Jahr 2004 eine eigene Offshore- MAN forum 0 4 / 2 0 0 8 39 Fotos: Christoph Otto/Agentur Focus, Michael Jostmeier/mauritius-images, MAN chancen abteilung im dänischen Frederikshavn. War sie zunächst in die Marine Division von MAN Diesel integriert, ist sie inzwischen unter der Bezeichnung „Offshore, Propulsion and GenSets“ eine eigenständige Abteilung. „MAN hat zwar schon vorher Geschäfte im Offshorebereich gemacht, doch konnten wir nun die Ressourcen bündeln“, berichtet Steve Birdsall, Vice President der Offshoreabteilung. Weltweit ist sie an allen wichtigen Standorten der Ölindustrie mit eigenen Mitarbeitern präsent: in Korea, Singapur, Norwegen, Indien, China, Brasilien und in Texas. Die Bündelung zahlt sich aus. „Vor drei Jahren betrug unser Marktanteil zwischen 1 und 1,5 Prozent; im Januar 2008 lag er bereits bei 38 Prozent“, erklärt Birdsall. Die Abteilung liefert die Dieselmotoren für Spezialschiffe vom AnchorHandler über Versorgungsschiffe bis hin zu den seismischen Schiffen. Selbst auf fest verankerten Bohrinseln, die im Gegensatz zu einem Bohrschiff keinen Antrieb benötigen, ist der Energiebedarf enorm. Bohrinseln fördern heute Öl in Meerestiefen zwischen 3 000 und 4 000 Metern. Vom Meeresgrund aus reichen die Bohrungen dann noch einmal bis zu 20 000 Meter in die Erdkruste. „Um den Bohrkopf zu wechseln, ist die gesamte Bohrwelle wieder an Deck zu ziehen. Sie wird Stück für Stück gehoben und auseinandergenommen“, sagt Birdsall. Muss ein Bohrer mit einer Gesamtlänge von 24 000 Metern auf einmal angehoben werden, entstehen dabei enorme Verbrauchsspitzen von 40 000 bis 50 000 Kilowatt. Noch vor wenigen Jahren hätte sich der gigantische Aufwand der Offshoreförderung nicht gelohnt. Hinzu kam, dass die Technik damals an ihre Grenzen stieß. „Ein Problem war beispielsweise, dass man Bohrschiffe bei einer Meerestiefe von 4 000 Metern nicht fixieren konnte“, erinnert sich Birdsall. Doch seitdem hat die Fördertechnologie unter dem Druck der weltweit wachsenden Ölnachfrage große Fortschritte gemacht. Die Ölvorkommen nahe der Erdoberfläche wie in der Nordsee und der Golfregion gelten als praktisch komplett erschlossen. „Die einzigen Orte, an denen noch Öl gefunden werden kann, sind die tiefen Regionen“, sagt Birdsall und ergänzt: „Erst im letzten Jahr wurde vor der brasilianischen Küste ein riesiges Ölfeld entdeckt. Es wird das Land zum fünftgrößten Förderer auf der Welt machen.“ KOMPRESSOREN UNTER WASSER Nicht nur die Ölgewinnung wird immer aufwendiger, sondern auch das Erschließen und Fördern von Erdgas. „Noch kann man weltweit rund 4 000 kleinere Gasfelder nicht ausbeuten“, erklärt Uwe Lauber, Vice President Engineering & Testing Compressors bei MAN Turbo in Zürich. Doch das soll sich bald ändern. Gemeinsam mit dem norwegischen Kunden StatoilHydro testet MAN Turbo derzeit Unterwasserkompressoren (Subsea), die auf dem Meeresgrund Gas fördern sollen – und das zu wesentlich niedrigeren Kosten als herkömmliche Förderinseln. „Eine Offshoreplattform zur Gasgewinnung kostet um die vier Milliarden Dollar. Eine Subsea-Station hingegen wird nur um die 300 bis 500 Millionen kosten“, sagt Lauber. Die erste derartige Anlage soll 2012/2013 in Betrieb gehen. Subsea-Stationen werden mithilfe von Robotern und Kameras fest auf dem Meeresgrund verankert. Das Gas wird in gasförmiger Form gefördert und über Leitungen zu einer sehr einfachen Plattform an der Meeresoberfläche gebracht. „Im Prinzip braucht man nur einen Zwischenbehälter, etwa einen alten Gas- oder Öltanker“, erklärt Lauber. Dort wird das Gas dann verflüssigt oder zwischengelagert und später per Schiff abgeholt oder via Pipeline an Land gepumpt. Die übliche Förderplattform benötigt deutlich mehr < Energie als diese Kompressoren. > SUBSEA Sanfte Erdgasförderung mit Turbokompressoren Wie ein gewaltiger Krake schwimmt der Tanker über dem Abbaugebiet. Leitungen führen von dem Erdgasschiff zu den Stahlkonstruktionen in der Tiefe, wo das Erdgas gefördert wird: Kompressoren von MAN Turbo pumpen den Bodenschatz aus den direkt unter dem Meeresgrund liegenden Gasfeldern zur schwimmenden Zwischenstation hinauf. Zuvor pressen die Verdichter das Erdgas zusammen, sodass es transportfähig ist. Im Tanker wird der Brennstoff wiederum zum Transport verflüssigt. In Norwegen wird dieses Szenario bereits getestet, mit Verdichtern des Typs HOFIM Sealed. Das Pumpen des Gases erledigen Kompressoren auf dem Meeresboden.