Prof. Dr. Gerhard Berendt SS 2005 Mathematische Grundlagen der Codierung / Endliche Strukturen Tutorial 3: Konstruktion eines endlichen Körpers / S. 1 von 4 Konstruktion eines Erweiterungskörpers. Im folgenden soll der Körper K16 mit 2 4 = 16 Elementen als Erweiterung des BOOLschen Körpers K2 explizit konstruiert werden. Grundlage der Konstruktion ist der Satz 4.5 aus Arbeitsblatt 4. Der zu konstruierende Körper muß nach Satz 4.5 (15) = 8 primitive Elemente, ferner noch (5) = 4 Elemente der Ordnung 5, (3) = 2 Elemente der Ordnung 3 und natürlich (1) = 1 Element der Ordnung 1 (die 1) enthalten. Ausgehend vom Körper K2 wollen wir daher ein primitives Element adjungieren. Aus Satz 4.5 folgt, dass dann alle Körperelemente von K16 aus 0 und den Potenzen j (j = 0 .. 14) bestehen ( 15 = 1 !). Die übrigen primitiven Elemente sind die Potenzen r , für die r teilerfremd zu 15 ist, die Elemente niedrigerer Ordnung sind die Potenzen r mit ggT(r,15) > 1. Damit ist die Multiplikationstabelle von K16 bereits komplett; was noch völlig fehlt, ist die Tabelle für die Addition der 16 Elemente. Wir betrachten nun das Element . Es ist Wurzel eines eindeutigen normierten über K2 irreduziblen Polynoms f. Der durch die Adjunktion von erhaltene Körper ist eine Erweiterung von K2 vom Grad d = grad(f ) und hat daher die Ordnung 2d. Da ein primitives Element von K16 ist, folgt d = 4. Das Polynom f muß also vom Grade 4 sein und die Eigenschaft besitzen, dass es Teiler von X 15 – 1 ist, nicht aber Teiler von X r – 1 für r < 15 . Ein solches Polynom heißt auch primitiv vom Grad 4. Die Untersuchung der irreduziblen Polynome vom Grad 4 über K2 ergibt, dass zwei solcher primitiven Polynome existieren: f1 X 4 X 1 und f2 X 4 X 3 1 Jedes dieser beiden Polynome besitzt als Wurzeln jeweils 4 der 8 primitiven Elemente aus K16. Sei nun z.B. eine Wurzel von f1 = 0. Dann folgt:1 1 = , Die erforderlichen Polynom-Multiplikationen modulo f1 können bequem mittels Schieberegistern ausgeführt werden Prof. Dr. Gerhard Berendt SS 2005 Mathematische Grundlagen der Codierung / Endliche Strukturen Tutorial 3: Konstruktion eines endlichen Körpers / S. 2 von 4 2 = 2 , 3 = 3 , 4 = + 1, 5 = 4 = 2 + , 6 = 5 = 3 + 2 , 7 = 6 = 3 + + 1 , 8 = 7 = 2 + 1 , 9 = 8 = 3 + , 10 = 9 = 2 + + 1 , 11 = 10 = 3 + 2 + , 12 = 11 = 3 + 2 + + 1 , 13 = 12 = 3 + 2 + 1 , 14 = 13 = 3 + 1 , 15 = 14 =1. Die 3 weiteren Wurzeln von f1 = 0 sind – wie die Tabelle zeigt – die Potenzen 2, 4 und 8. Die noch verbleibenden 4 primitiven Elemente 7, 11, 13 und 14 sind hingegen Wurzeln des Polynoms f2 . Damit ist der konstruierte Körper komplett definiert Als Erweiterungskörper von K2 ist K16 ein (vierdimensionaler) Vektorraum V über K2 , dessen Elemente als geordnete Quadrupel der Zahlen 0 und 1 (mit kanonisch definierter Addition und Multiplikation mit den Skalaren 0 und 1) geschrieben werden können. Wie man sieht, sind die Potenzen i (i = 0, 1, 2, 3) linear unabhängig und bilden eine (die kanonische) Basis (0,0,0,1), (0,0,1,0), (0,1,0,0) und (1,0,0,0). Alle Vektoren in V können dann über die Zuordnung der Basisvektoren und der in V kanonisch definierten Addition unmittelbar gebildet werden: (0,0,0,0) = 0 , (1,0,0,0) = 1 = 15 , (0,1,0,0) = = 1 , (1,1,0,0) = + 1 = 4 , (0,0,1,0) = 2 = 2 , (1,0,1,0) = 2 + 1 = 8 , , Prof. Dr. Gerhard Berendt SS 2005 Mathematische Grundlagen der Codierung / Endliche Strukturen Tutorial 3: Konstruktion eines endlichen Körpers / S. 3 von 4 (0,1,1,0) = 2 + = 5 , (1,1,10) = 2 + + 1 = 10 , (0,0,0,1) = 3 = 3 , (1,0,0,1) = 3 + 1 = 14 , (0,1,0,1) = 3 + = 9 , (1,1,0,1) = 3 + + 1 = 7 , (0,0,1,1) = 3 + 2 = 6 , (1,0,1,1) = 3 + 2 + 1 = 13 , (0,1,1,1) = 3 + 2 + = 11 , (1,1,1,1) = 3 + 2 + + 1 = 12 . Die Darstellung des Erweiterungskörpers als kanonischer Vektorraum über K2 kann nutzbringend in der Codierungstheorie verwendet werden, wenn die 0/1-Tupel als Bitfolgen in Codes interpretiert werden. Zusätzliche Bemerkungen: Ein Polynom f3 höchstens 4. Grades aus dem Polynomring über K2, das zwar irreduzibel, nicht jedoch primitiv ist, ist also Teiler von X r – 1 mit r als einer ganzen Zahl < 15, die selbst Teiler von 15 ist. Die Wahl einer Nullstelle eines solchen Polynoms als neues Element des zu konstruierenden Körpers liefert daher auch kein primitives Element von K16 , sondern nur eins der (r) der Ordnung r und damit einen kleineren Erweiterungskörper von K2 . Nach Satz 4.5 aus Arbeitsblatt 4 existieren zu jedem Körper der Ordnung q = 2 r (q-1) primitive Elemente. Da ein Polynom vom Grad r über diesem Körper r Wurzeln hat, und die Wurzeln eines primitiven Polynoms sämtlich die Multiplizität 1 besitzen, muß es mithin (2r-1) / r primitive Polynome über Kq geben, eine mit r schnell wachsende Zahl (r): r 1 2 3 4 8 16 24 q = 2r 2 4 8 16 256 65536 16.777.216 4.294.967.296 (r) 1 1 2 2 16 2048 276.480 32 67.108.864 Die praktische Bestimmung der Körperelemente entlang des hier gezeigten Weges kann daher naturgemäß nur für nicht zu große Werte von p erfolgen. Die erforderlichen Multiplikationen der vorkommenden Polynome modulo eines Prof. Dr. Gerhard Berendt SS 2005 Mathematische Grundlagen der Codierung / Endliche Strukturen Tutorial 3: Konstruktion eines endlichen Körpers / S. 4 von 4 gefundenen primitiven Polynoms kann jedoch mit Hilfe von Schieberegistern automatisiert werden.