Rs C-295/90, Parlament gegen Rat (Studentenmobilität) (2) Rechtsgrundlage dieser Richtlinie ist Artikel 235 EWG-Vertrag, während die Kommission vorgeschlagen hatte, sie gemäß Artikel 7 Absatz 2 zu erlassen. (3) Zur Begründung seiner Klage macht das Parlament drei Klagegründe geltend. (4) In erster Linie vertritt es die Ansicht, der Rat habe dadurch, daß er nicht die richtige Rechtsgrundlage, nämlich Artikel 7 Absatz 2 EWG-Vertrag, gewählt habe, die Befugnisse des Parlaments im Gesetzgebungsverfahren missachtet, denn nach der genannten Vorschrift gelte für die Beteiligung des Parlaments das Verfahren der Zusammenarbeit, während in Artikel 235 nur seine Anhörung vorgesehen sei. Zur Rechtsgrundlage (11) Wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, ergibt sich aus dem Wortlaut von Artikel 235 selbst, daß der Rückgriff auf diesen Artikel als Rechtsgrundlage eines Rechtsakts nur gerechtfertigt ist, wenn keine andere Vertragsbestimmung den Gemeinschaftsorganen die zum Erlaß dieses Rechtsakts erforderliche Befugnis verleiht (...). (12) Es ist also zu prüfen, ob der Rat die streitige Richtlinie auf der Grundlage von Artikel 7 Absatz 2 hätte erlassen können, wie Parlament und Kommission annehmen, und wie es in der mündlichen Verhandlung auch die Regierung des Vereinigten Königreichs für richtig gehalten hat (...). (13) Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung muß sich im Rahmen des Zuständigkeitssystems der Gemeinschaft die Wahl der Rechtsgrundlage eines Rechtsakts auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen. Zu diesen Umständen gehören insbesondere das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts (vgl. insbesondere Urteil vom 11. Juni 1991 in der Rechtssache C-300/89, Kommission/Rat, Slg. 1991, I-2867, Randnr. 10). (14) Zweck der beanstandeten Richtlinie ist es, für Studenten, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, sowie ihre Ehegatten und unterhaltsberechtigten Kinder ein auf die Dauer der Ausbildung beschränktes Aufenthaltsrecht zu verankern und auszugestalten. Die Begünstigten brauchen nur mit jedem geeigneten Mittel nachzuweisen, daß sie bei einer anerkannten Lehranstalt zum Erwerb einer beruflichen Bildung als Hauptzweck eingeschrieben sind, daß sie einen Krankenversicherungsschutz genießen und daß sie nicht der Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedstaats zur Last fallen werden. Sie erhalten vom Aufnahmestaat eine Aufenthaltserlaubnis, die für höchstens ein Jahr gilt, aber verlängert werden kann. Von den Bestimmungen der Richtlinie kann nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Sicherheit oder der Volksgesundheit abgewichen werden. Ein Anspruch der Begünstigten auf Unterhaltsbeihilfen von seiten des Aufnahmemitgliedstaats wird durch die Richtlinie nicht begründet. (15) Wie der Gerichtshof in Randnummer 34 des Urteils Raulin hervorgehoben hat, erfasst das Recht auf Gleichbehandlung bezüglich der für den Zugang zur beruflichen Bildung geltenden Bedingungen nicht nur die von der betreffenden Lehranstalt festgelegten Anforderungen, wie die Einschreibegebühren, sondern auch alle anderen Maßnahmen, die die Ausübung des Rechts behindern können. Es ist offenkundig, daß es für einen zur beruflichen Bildung zugelassenen Studenten unmöglich wäre, die Lehrveranstaltungen zu besuchen, wenn er in dem Mitgliedstaat, in dem sie stattfinden, kein Aufenthaltsrecht hätte. Folglich schließt es das aus den Artikeln 7 und 128 EWG-Vertrag abzuleitende Verbot der Diskriminierung bei den für den Zugang zur beruflichen Bildung geltenden Bedingungen ein, daß ein Angehöriger eines Mitgliedstaats, der in einem anderen Mitgliedstaat zur beruflichen Bildung zugelassen worden ist, insoweit auch für die Dauer der Ausbildung ein Aufenthaltsrecht hat. (16) Daraus folgt, daß die streitige Richtlinie in einem Bereich, in dem der Vertrag Anwendung findet, nämlich im Bereich der von Artikel 128 erfassten beruflichen Bildung, eine Regelung geschaffen hat, die, wie es Artikel 7 Absatz 2 vorsieht, Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit untersagt. (17) In der mündlichen Verhandlung haben der Rat und die niederländische Regierung jedoch geltend gemacht, die streitige Richtlinie begründe für Studenten ein Recht auf Freizügigkeit, das dem der Wanderarbeitnehmer entspreche und über ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der beruflichen Bildung hinausgehe. Zweck und Inhalt der Richtlinie gingen also über den Rahmen des Artikels 7 EWG-Vertrag hinaus und hätten es daher erfordert, Artikel 235 als Rechtsgrundlage heranzuziehen. (18) Hierzu ist darauf hinzuweisen, daß der allgemeine Grundsatz des Artikels 7 Absatz 1 nur vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen des Vertrags gelten kann (...) und daß es der Zweck von Artikel 7 Absatz 2 ist, dem Rat nach Maßgabe der betroffenen Rechte und Interessen den Erlaß der zur wirksamen Beseitigung von Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit notwendigen Vorschriften auf Gebieten zu ermöglichen, auf denen seine Zuständigkeit keine Grundlage in einer der besonderen Vorschriften findet, die die verschiedenen Bereiche regeln, in denen der Vertrag Anwendung findet. Die nach Artikel 7 Absatz 2 EWG-Vertrag erlassenen Rechtsakte haben sich aber nicht unbedingt auf die Regelung der sich aus Artikel 7 Absatz 1 ergebenden Rechte zu beschränken, sie können sich vielmehr auch auf Gesichtspunkte beziehen, deren Regelung notwendig erscheint, damit diese Rechte wirksam ausgeübt werden können. (19) Ferner ist festzustellen, daß die verschiedenen Elemente der streitigen Richtlinie mit der wirksamen Ausübung des den Studenten für die berufliche Bildung zustehenden Aufenthaltsrechts verbunden sind. So erscheint insbesondere das dem Ehegatten und den unterhaltsberechtigten Kindern eingeräumte Aufenthaltsrecht für die wirksame Ausübung des dem Studenten zustehenden Aufenthaltsrechts unerläßlich (...). (20) Nach alledem war der Rat befugt, die streitige Richtlinie auf der Grundlage von Artikel 7 Absatz 2 EWG-Vertrag zu erlassen, und durfte daher nicht auf Artikel 235 zurückgreifen. (21) Die beanstandete Richtlinie ist folglich (...) für nichtig zu erklären.