Dokument herunterladen

Werbung
Herausforderung Globalisierung – Solidaritätsarbeit früher und heute
Von der Anti-Apartheid Bewegung (AAB) zur Koordination Südliches Afrika (KOSA)
Dieter Simon
Die AAB bestand aus zweierlei - einerseits der großen Bewegung aus Kirchen, Gewerkschaften,
und vielen lokalen Gruppen - andererseits aus dem Verein. In der Gründungsversammlung der AAB
von 1974 wurde festgelegt, die “westdeutsche Unterstützung von Rassismus und Ausbeutung im
südlichen Afrika aufzudecken und zu bekämpfen“. In den ersten Jahren galt der Kampf vor allem
der Kampagne gegen die militärisch-nukleare Zusammenarbeit, der Durchsetzung von Sanktionen
auf politischer Ebene und Boykottmaßnahmen auf der Konsumentenebene. Bei Demonstrationen,
Kongressen, Kirchentagen, Seminaren und bei der Lobbyarbeit wurde nicht nur auf die Apartheid in
Südafrika hingewiesen, sondern vor allem auf die Kollaboration von Seiten der Regierung und
namhafter Wirtschaftsunternehmen mit dem Apartheidregime. Herausragend war der Streit mit
Firmen, die Südafrika in ihrem Atomprogramm unterstützten wie Siemens, GHH, STEAG u.a..
Die großen politischen Veränderungen Anfang der 90er Jahre hatten auch Einfluss auf die
politischen Konstellationen im südlichen Afrika. Dies war der Anstoß zur Neuorientierung der
Arbeit und zu intensiverer bundesweiter Kooperation der Gruppen, Initiativen und NROs in
Deutschland, die zum südlichen Afrika arbeiteten. 1992 gründete sich die KOSA als Netzwerk, das
vom Arbeitsbereich Südliches Afrika im Welthaus Bielefeld betreut wurde. 2001 bildeten KOSA
und AAB einen Verein, dem nun auch Ländernetzwerke, entwicklungspolitische Organisationen
und Soligruppen angehören, denn für viele Mitglieder erübrigte sich die Arbeit in der AAB nach
den ersten freien Wahlen 1994. Sie sahen die Ziele der AAB als erfüllt an und traten aus dem
Verein aus. Dem Schrumpfungsprozess konnte durch neue Aufgabenstellungen nicht genügend
Einhalt geboten werden. Durch die enge inhaltliche Übereinstimmung mit KOSA bot sich an,
wesentliche Teile der Aufgaben in einem gemeinsamen Verein fortzusetzen anstatt den Verein ganz
aufzulösen.
Veränderungen und neue Herausforderungen
Im Vergleich zu „früher“ haben sich die Inhalte der Solidaritätsarbeit verändert: Während in den
70er und 80er Jahren die Unterstützung der Befreiungsbewegungen und die damit verbundene
Kampagnen- und Öffentlichkeitsarbeit zu einzelnen Ländern in der Region im Mittelpunkt stand,
wird heute überwiegend Kampagnen- und Öffentlichkeitsarbeit zu wirtschafts- und
entwicklungspolitischen Themen betrieben, die meistens die ganze Region südliches Afrika
betreffen. Die Mittel bzw. Instrumente für die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit sind im
wesentlichen geblieben: Broschüren, Materialien (zunehmend auch für den Unterricht),
Ausstellungen, Konferenzen, Seminare, Diskussionsveranstaltungen.
Die Solidaritätsarbeit wird seit den 90er Jahren mit Veränderungen in den verschiedensten
Bereichen konfrontiert. Manches ist einfacher geworden, manches schwieriger. Hier nur einige
Beispiele aus unserer Arbeit:

Es gibt in der Regel keine klaren Feindbilder mehr – nach dem Motto: „hier die Guten, dort
die Bösen“. Differenzierte Sicht- und Betrachtungsweisen sind angesagt und auch notwendig.
Das macht die Mobilisierung von Menschen oft schwierig.

Gleichzeitig sind Themen wie z.B. WTO, Handelsbeziehungen, Entschuldung etc. sehr viel
komplexer geworden. Oftmals ist detailliertes Fachwissen erforderlich, dass dann wiederum zu
einfachen Aussagen reduziert werden muss, um Menschen für Themen sensibilisieren und
mobilisieren zu können. Das hat auch Auswirkungen auf das Engagement von Ehrenamtlichen,
zumal die „Wissenskluft“ zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen bei deren immer begrenzteren
Zeitressourcen zunehmend größer wird. Es ist schwieriger geworden, Menschen längerfristig für
ein Thema zu interessieren, von jungen Menschen ganz zu schweigen. Engagement fließt heute
oft in zeitlich eng begrenzte Aktivitäten.

Einerseits ist der Zugang zu ParlamentarierInnen und Ausschüssen im Bundestag leichter
geworden, andererseits wird man oft auf mangelnde Einflussmöglichkeiten und die
Notwendigkeit von Kompromissen hingewiesen, da inzwischen gerade im
entwicklungspolitischen Bereich sehr viel auf europäischer Ebene in Brüssel zwischen 25
Mitgliedsstaaten entschieden wird.

Seit der Verfügbarkeit des world wide web (Internet) hat sich die Möglichkeit des schnellen
Informationsaustauschs (gerade auch mit Südpartnern) erheblich verbessert. Im Vergleich zu
früher ist das ein entscheidender Vorteil – auch wenn man manchmal in der Flut von
Informationen zu ertrinken droht.

Politische Lobby- und Pressearbeit benötigt Ausdauer, Kontinuität und damit viel zeitliche
und letztlich finanzielle Ressourcen. Die Rahmenbedingungen hierfür sind sowohl für Süd- als
auch Nord-NROs eher schlecht als recht.
Aus den eigenen Erfahrungen heraus scheinen politische Lobbyarbeit, idealer weise gepaart mit
breit mobilisierender und gut vernetzter Kampagnenarbeit auf deutscher, europäischer und
internationaler Ebene die heute angemessenen Instrumente zu sein, um Öffentlichkeit zu erreichen,
(entwicklungs) politische Diskussionsprozesse zu beeinflussen und damit letztlich auch auf
Entscheidungsprozesse einwirken zu können. Solidaritätsarbeit heute in einem Satz: Kräfte bündeln,
auf Kernthemen konzentrieren, temporäre Zusammenschlüsse bilden, gemeinsam Materialien,
Statements etc. publizieren – und das alles gemeinsam mit Südpartnern, um Veränderungen in Nord
und Süd anzustoßen. Leicht geschrieben, aber sehr voraussetzungsvoll.
Ein gutes Beispiel für solch eine Zusammenarbeit ist die gegenwärtige Internationale StopEPAKampagne. Seit 2004 gibt es auf internationaler, europäischer und deutscher Ebene Netzwerke, die
sich auf den jeweiligen Ebenen koordinieren, über mailing-listen wichtige Dokumente austauschen
und an einzelnen Tagen konzertiert gemeinsame Aktionen durchführen. Nähere Informationen
hierzu gibt es unter www.stopepa.de oder auch unter www.epa2007.de bzw. www.epa2007.org
Herunterladen