Ebene 2D- Koordinatentransformationen Örtliche Koordinaten müssen in Landeskoordinaten überführt werden, in der grafischen Datenverarbeitung werden Karten in das Koordinatensystem eingepasst. Das geschieht mit Hilfe von Transformationsverfahren. Ziel dieser Abhandlung soll es sein, die Begriffe 4-Parameter- und 6Parametertransformation zu erläutern. Rechenverfahren sollen nicht abgeleitet, sondern transparent gemacht werden. Die eigentliche Berechnung erfolgt immer mit Rechenprogrammen (z.B. KAVDI, KIVID oä.) Bei einer Transformation müssen für alle Punkte Koordinaten im Quellsystem (= Altes System) und zusätzlich für mindestens zwei dieser Punkte Koordinaten im Zielsystem (= Neues System) gegeben sein. Diese beiden Punkte werden als identische Punkte (= Stützpunkte) bezeichnet. In der Praxis liegen mehr als zwei identische Punkte vor. In diesen Fällen ist die Transformation überbestimmt. Eine überbestimmte Umformung ist wegen der Nachbarschaftstreue und der Kontrolle immer anzustreben (siehe auch die Prinzipskizze). Vereinfacht kann man sich die überbestimmte Transformation so vorstellen: Aus den Koordinaten der identischen Punkte wird in jedem System der Schwerpunkt PS bzw. PS berechnet. Schwerpunkt im Quellsystem: ys = y/n ; x s = x/n Schwerpunkt im Zielsystem Y s = Y/n ; X s = X/n n = Anzahl der identischen Punkte Der Nullpunkt des Quellsystems wird parallel zu den Achsen des neuen Systems so verschoben, dass die Schwerpunkte zur Deckung kommen (Parameter a und b). Die Parameter a und b sind dann die Koordinaten des Koordinatennullpunktes O im Zielssystem. Siehe hierzu Excel-Tabelle bis Zeile 14!!!. Anschließend werden alle Punkte des Quellsystems im Schwerpunkt PS um den Winkel gedreht (Parameter ). Alle Punkte des Quellsystems (auch der Koordinatennullpunkt) machen diese Verschiebung und Drehung mit. Im Rahmen der Punktgenauigkeit sind decken sich jetzt die identischen Punkte in beiden Systemen, Siehe dazu auch eine Powerpoint-Präsentation. Aus dem Vergleich der Strecken der identischen Punkte zu den Schwerpunkten im Quell- und Zielsystem lässt sich ein Maßstabsfaktor m berechnen (Parameter m). Berechnung des Drehwinkels und des Maßstabsfaktors m In beiden Koordinatensystemen werden vom jeweiligen Schwerpunkt zu den identischen Punkten die Richtungswinkel T bzw. t und die Strecken salt und sneu berechnet. Daraus lassen sich dann mehrfach berechnen: = t - T m = sneu / salt Parameter und m Siehe Excel-Tabelle, Zeile 24, Spalten D und G!!! Die bei den mehrfach berechneten Werten und m auftretenden Differenzen werden nach den Regeln der Ausgleichungsrechnung verteilt (oder wie hier vereinfacht gemittelt). Siehe Excel-Tabelle!! Berechnung der Punktkoordinaten im Zielsystem Im Quellsystem werden vom Schwerpunkt PS aus zu den umzuformenden Punkten die Richtungswinkel Ti und die Strecken si berechnet. Die noch unbekannten Richtungswinkel ti im Zielsystem lassen sich dann wie folgt berechnen: ti = Ti + Mit den Schwerpunktkoordinaten polar berechnet: Ys und Xs werden die Koordinaten der Punkte im Zielsystem Yi = YS + m * si * sin ti Xi = XS + m * si * cos ti Siehe dazu auch Aufgabe 9 !!!. Nach dem gleichen Verfahren lassen sich die Koordinaten der identischen Punkte im Zielsystem (Y, X - Koordinaten) durch polares Anhängen erneut berechnen. Die auftretenden Differenzen zu den gegebenen Koordinaten im Zielsystem werden als Restklaffen bezeichnet. Die so beschriebene Transformation wird als 4-Parameter Transformation oder HelmertTransformation (nach dem Geodäten Helmert) bezeichnet. Wird auf die Berücksichtigung des Maßstabsfaktors verzichtet, spricht man von einer 3-Parameter-Transformation. Affine Transformation Werden für die Y- und X - Achsen getrennte Drehwinkel und und getrennte Maßstabsfaktoren my und mx berechnet, so spricht man von einer affinen Transformation oder 6 – Parameter Transformation ( Parameter a, b, , , my und mx ). Notwendig für die Berechnung der 6 Parameter sind 3 Koordinatenpaare, also drei identische Punkte. Bei mehr als 3 identischen Punkten liegt eine überbestimmte Transformation vor. Es treten Restklaffen auf, die wiederum verteilt werden müssen. Weil die Differenz der Drehwinkel selten 100 Gon und die Maßstabsfaktoren m y und mx selten gleich sein werden, wird durch die Transformation die Geometrie geändert. Aus einem Rechteck wird nach der Umformung ein Parallelogramm. Wahl des Umformungsverfahrens Liegen nur wenige identische Punkte vor, so sollte die 4-Parameter Transformation bevorzugt werden. Bei einem wenig überbestimmten System fällt ein Fehler in einem Anschlusspunkt nicht auf, er wird gleichmäßig auf die übrigen identischen Punkte verteilt. Es sollte immer zuerst eine 4Parameter-Transformation durchgeführt werden. Nur sie liefert eine Kontrolle über die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der identischen Punkte. Im Anschluss daran kann ggflls. eine affine Transformation durchgeführt werden. Lage der Passpunkte Die Passpunkte sollten gleichmäßig über das gesamte Umformungsgebiet verteilt sein. Kein umzuformender Punkt sollte außerhalb des Umformungsgebietes liegen (siehe Anlage). Restklaffenbeitigung Nach der Transformation der identischen Punkte vom alten (Startsystem) in das neue System (Zielsystem) treten gegenüber den gegebenen Koordinaten des neuen System Koordinatendifferenzen auf. Diese Koordinatendifferenzen werden als Restklaffen bezeichnet. Da die Koordinaten der identischen Punkte im neuen System in der Regel Sollkoordinaten sind, müssen die Restklaffen um die benachbarten Neupunkte so verteilt werden, dass die Nachbarschaftstreue zu den identischen Punkten erhalten bleibt. In der Praxis haben sich folgende Verfahren der Restklaffenbeseitigung bewährt: Verteilung nach Abstandsgewichten (Gewichte = 1/s oder 1/s² usw.) Verteilung mit Hilfe der Multiquadratischen Interpolation Diese beiden Methoden finden sich durchgängig in allen Rechenprogrammen und CAD-Programmen. Die Multiquadratische Interpolation sollte bevorzugt verwendet werden. Aufgaben: 1. Wann spricht man von einer überbestimmten Transformation? 2. Wie viele identischen Punkte sind mindestens notwendig bei einer a) 4 – Parameter-Transformation b) 6 – Parameter-Transformation ? 3. Wie werden die Transformationsverfahren nach Aufgabe 2 auch benannt. 4. Benennen Sie die Parameter bei einer a) 4 – Parameter-Transformation b) 6 – Parameter-Transformation 5. Was sind Restklaffen? 6. Benennen Sie 2 Methoden der Restklaffenverteilung in den Programmen KAVDI und Geograf! 7. Wo werden in der Praxis überbestimmte Transformationsverfahren benötigt (zwei Fälle)? 8. Bei einer Gebäudeeinmessung (siehe Fortführungsriss) wurden örtlich die Koordinaten der Punkte 100 –103 und 500 – 505 mit einer Totalstation gemessen. Für die Grenzpunkte 100 - 103 liegen Gauß-Krüger Koordinaten vor: Koordinaten der identischen Punkte: Örtliche Koordinaten (Quellsystem) Pkt y x 100 2,000 3,217 101 4,342 23,891 102 24,335 22,792 103 22,083 2,735 Pkt 100 101 102 103 Gauß-Krüger Koordinaten (Zielsystem) Rechts (Y) Hoch(X) 3416430,080 5799451,800 3416447,000 5799439,800 3416436,440 5799422,860 3416419,950 5799434,490 Koordinaten der umzuformenden Punkte Örtliche Koordinaten (Quellsystem) Pkt y x 500 7,506 7,404 501 8,642 17,339 502 15,597 16,544 503 15,369 14,557 504 20,337 13,989 505 19,429 6,041 a) Berechnen Sie mit Hilfe von KAVDI die Gauß-Krüger Koordinaten der Punkte 500-505. Benutzen Sie für die Restklaffenverteilung die angegebenen Methoden und nehmen Sie einen Vergleich vor. b) In nur schwach überbestimmten Stützpunktsystem können grobe Fehler in einer Stützpunktkoordinate unentdeckt bleiben. Der Fehler wird durch Verteilung auf die anderen Stützpunkte verschmiert. Also nicht blind den Genauigkeitsangaben des Programms trauen. Die Beurteilung erfordert den Sachverstand des Auswerters. Prüfen Sie den Verschmierungseffekt, indem Sie die Koordinaten eines Stützpunktes um 10cm ändern und die Transformation erneut starten. c) Überprüfen Sie ob überall ein Grenzabstand von 3,00 m eingehalten wurde. 9. In der beigefügten Exceltabelle sind die Schwerpunktkoordinaten in beiden Systemen und der bereits berechnet. Vervollständigen Sie die Tabelle durch nachfolgende Berechnungen. Berechnen Sie: Den mittleren Drehwinkel mittel und den mittleren Maßstabsfaktor m mittel Für die identischen Punkte 100 - 103 mit Hilfe von mittel und mmittel die Koordinaten yneu und xneu.(Gauß-Krüger Koordinaten) Für die Punkte 100- 103 die Restklaffen Die Gauß-Krüger Koordinaten der Punkte 500-505 Vergleichen Sie die Koordinaten mit den von KAVDI ermittelten Koordinaten. Starten Sie dazu die KAVDI-Transformation erneut ohne Restklaffenbeseitigung. Gez. Nospickel / September 2004