http://knol.google.com/k/sch%C3%B6nheit-kommt-von-innen-die-neue-kommunikationskultur-eines-enterprise-2-0?hl=en# Schönheit kommt von innen – Die neue Kommunikationskultur eines Enterprise 2.0 Aus dem Buch: Enterprise 2.0 - die Kunst loszulassen In diesem Artikel geht es um die Evolution des Marketing durch Web 2.0. Weniger durch die Technologien sondern vielmehr geprägt durch die Muster des Internets wie Offenheit und Transparenz. Dies verändert die Kernfunktion des Marketings und der Marketingverantwortlichen. 1. Neue Kommunikationskultur erzeugt Offenheit und Transparenz Bereits in den 1980er Jahren beschrieb der Medienphilosoph Vilem Flusser die gesellschaftlichen Konsequenzen der Mediengesellschaft, die er „telematische Gesellschaft“ nannte. Er wies auf die Gefahr hin, die Chancen zu verpassen, die sich durch die Neuen Medien ergeben. Flusser erkannte in der Überwindung räumlicher Distanzen durch Neue Medien den Zugang zu einer neuen Freiheit. In seinem Gesellschaftsbild werden ständig neue Informationen erzeugt, die auf ungebremsten Dialogen über digitale Medien basieren. Die alten Autoritäten für Meinung und Information lösen sich auf und werden durch eine vernetzte Struktur ersetzt, die sich selbst kybernetisch lenkt. Heute ist die Wirkung der Vernetzung, das Herzstück der Vision von Flusser, für jeden erlebbar. So stehen Mobiltelefone für die Entwicklung einer Schwarmkultur, in der sich Gruppen in kürzester Zeit formieren und organisieren können. Absprachen und Zielplanungen sind kurzfristig, da ein Abgleich mit Dritten zu fast jeder Zeit von jedem beliebigen Ort aus erfolgen kann. Notwendig ist die Fähigkeit und Bereitschaft zum schnellen Wechsel, die rasche Orientierung an neue Wettbewerbsbedingungen und wirtschaftliche Veränderungsprozesse. Alle Mitglieder des Schwarms verfügen stets über den aktuellen Informationsstand, verfolgen die Nachrichtenlage und richten das eigene Verhalten danach aus. Interessiert an einem Beispiel aus der Web-2.0-Welt? Twittern Sie schon? Twitter kann man als Microblogging beschreiben – mit dem Ziel, in Texthäppchen eine Frage zu beantworten: „What are you doing?“. Diese Texthäppchen bestehen aus maximal 140 Zeichen und können z.B. via SMS von anderen Nutzern empfangen werden. Jeder Nutzer entscheidet, von wem er die Kurztexte empfangen und an wen er die eigenen senden möchte. Es entsteht eine Mischung aus Informationsaustausch, sozialer Vernetzung und Unterhaltung.1 Die neu gewonnene Bewegungsfreiheit forciert das Tempo; der hohe Vernetzungsgrad schafft Flexibilität und gibt dem Schwarm eine neue Richtung. Diese Phänomene der Kommunikation gelten auch für das Internet. Nicht zuletzt deshalb ist die Internetnutzung seit 1996 von 9 auf 72 Minuten pro Tag angestiegen – nicht verändert hat sich dagegen die Verweildauer, die für TV, Radio und Zeitung aufgewendet wird. Der Computer dient als Telefon, Fotoalbum, DVD-Player, Spielplatz, Mitmach-, Flirt- und Begegnungsbörse. Er animiert zu Interaktion und Partizipation, zur eigenen Inszenierung auf der Bühne des Internets, auf den Profilen von MySpace oder Facebook, mit den eigenen Videos auf Youtube, auf weiteren Communities, Blogs und Foren. Jeder ist mit jedem vernetzt. Alles, was digital geht, wird digital. Alles, was direkt geht, wird direkt. Alles, was dezentral geht, wird dezentral. Das Netz macht Märkte und Unternehmen transparenter und ein Stück demokratischer. Die Wahlmöglichkeiten, aber auch die Wirkungen der Internetnutzer sind immens. Stirbt die Hypothese: „Wer nicht wirbt, stirbt!“? Auf jeden Fall verändern sich radikal Zweck und Methodik des Marketings durch die steigende Vernetzung und Transparenz. Web 2.0 ist der Leitbegriff dieses Paradigmenwechsels. Welche Bedeutung hat die zunehmende Transparenz für das Marketing? Ist „die Kunst loszulassen“ eine Alternative für Marketingmanager in einer Zeit, in der Untersuchungen immer wieder betonen, dass sich der Wert von Unternehmen zu 30 bis 90 Prozent auf Kommunikation zurückführen lässt? 2. Enterprise 2.0 – Neue Herausforderungen für das Marketing 2.1 Märkte werden (wieder) Gespräche „Märkte sind Gespräche“, sagen die Autoren Levine, Locke, Searls & Weinberger im Cluetrain-Manifest bereits 1999, als die erste Internetwelle als New Economy die Welt für ein paar Jahre in einen Fortschrittstaumel taucht. Mit dem Internet ist ein neues Forum für Gespräche entstanden; es setzt die persönliche Begegnung fast ungebremst im Netz fort. Hier können Gemeinschaften in rasender Geschwindigkeit miteinander kommunizieren, diskutieren und Meinungen bilden. Ihre Gespräche führen sie unabhängig von Zeit und Raum. Die neuen Medientechnologien ändern die Aufgaben, denn sie erzeugen ein bislang ungekanntes Maß an Beschleunigung und Tempo, multiplizieren Interaktionen und erhöhen den Grad der Vernetzung - damit verändern sie auch die Kultur der Zusammenarbeit. Denn das Internet ermöglicht die technische Abbildung, Dokumentation und Strukturierung komplexer Dialog- und Diskussionsprozesse. Es etabliert Netze für eine Kommunikation, die kulturelle Regeln technisch integriert. So verschwimmen zusehends die Grenzen zwischen internen Mitarbeitern, externen Kooperationspartnern und Kunden. Unabhängig von den Organisationsstrukturen arbeiten verschiedene Partner in wechselnden Rollen an den Projekten zusammen – und dies über Ländergrenzen und Zeitzonen hinweg. Gleichzeitig erfordern verkürzte Produktlebenszyklen schnelle und flexible Reaktionen und Entscheidungsprozesse, um neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt zu platzieren. Schnell lernende Unternehmen sind innovativer. Starre, hierarchische Kommunikations- und Organisationsstrukturen erscheinen in diesem Umfeld langfristig kaum überlebensfähig. Das Web 2.0 markiert eine neue Stufe des nachhaltigen Wandels von Wirtschaft und Gesellschaft durch digitale Medientechnologien. Die Internetgeneration findet in den netzgestützten Unternehmen der Zukunft zu neuen Formen der Zusammenarbeit. Wichtigstes Asset dieses neuen Unternehmenstyps sind digitale Medientechnologien, deren flexible Kommunikations- und Organisationsstrukturen Mitarbeiter, Kunden und Partner miteinander vernetzen. Andrew McAfee, Associate Professor der Harvard Business School, prägte für diesen neuen Typ von Unternehmen den Begriff „Enterprise 2.0“. Das Enterprise 2.0 stellt Mitarbeitern Web-2.0-Technologien zur Verfügung, mit denen sie direkt und unmittelbar mit ihren Kollegen, aber auch mit Geschäftspartnern und Kunden kommunizieren und kollaborieren können. In dieser neuen Welt lösen sich die Grenzen zwischen innen und außen auf. Das Web 2.0 ermöglicht jedem einzelnen Mitarbeiter einen direkten Kontakt mit der Außenwelt. 2.2. Umfrageergebnisse zum Marketing im Enterprise 2.0 In deutschen Unternehmen steckt das Thema Web 2.0 noch in den Kinderschuhen. Zu diesem Ergebnis gelangte eine Studie, die CoreMedia bei der Berlecon Research3 in Auftrag gegeben hat. Der Studie zufolge hat das Thema seine größten Fürsprecher in den Marketingabteilungen: 56 Prozent aller Marketingverantwortlichen sind davon überzeugt, dass Web-2.0-Anwendungen in einigen Jahren zum Unternehmensalltag gehören werden. Dem steht gegenüber, dass sich heute nur ein Viertel aller Marketing-Verantwortlichen ausreichend von ITK-Technologien unterstützt fühlt. Besonders das Marketing wird – neben der Geschäftsleitung und der IT-Abteilung – von 48 Prozent der Befragten in großen Unternehmen als die treibende Kraft für die Einführung von Web-2.0-Anwendungen gesehen. Können wir im Marketing dieser Rolle als Treiber dieses Paradigmenwechsels gerecht werden? 2.3 Die Evolution des Marketings In Anknüpfung an diese empirischen Befunde stellt sich die Frage, welchen Einfluss die zunehmende Vernetzung des Enterprise 2.0 auf das Marketing hat. Ein Blick zurück in die 150-jährige Marketinggeschichte hilft weiter: Kommunikationsmaßnahmen haben ihren Ursprung im offenen Dialog auf Märkten. Bis zum 19. Jahrhundert war der Markt Handelsplatz und gleichzeitig Rahmen für offene Dialoge zwischen Produzenten und Konsumenten. Verkaufsargumente wurden lautstark herausgeschrieen und vom Kunden in einer persönlichen Beziehung zum Verkäufer geklärt. Um die Jahrhundertwende rangen die ersten Markenartikel in den Regalen des Handels um Aufmerksamkeit. Mit der Herausbildung von Massenmärkten und Massenproduktion verloren die Produzenten den direkten Draht zum Kunden, der Wettbewerb nahm erheblich zu. Das Marketing übernahm die Rolle als stummer Verkäufer. Gleichzeitig geht das direkte Feedback des Käufers verloren. Spätestens mit dem Wirtschaftsboom der Nachkriegszeit etabliert sich Marketing weltweit als Unternehmensfunktion für die Außenkommunikation nach dem One-to-many-Prinzip: Die frühen Marketeers penetrieren mit einfachen Botschaften einen abstrakten Massenmarkt. Ein Einziger spricht von oben herab zu den vielen Konsumenten (One-to-many). Auf das Überangebot in den Käufermärkten der Konsumgesellschaft reagierte das Marketing mit einem hohen Grad der Segmentierung bis hin zur persönlichen Ansprache einzelner Verbraucher (One-to-one-Marketing). Schnell zeigten sich die Vorteile des Internets für das Marketing: die personalisierte Ansprache – mit technischer Unterstützung und damit noch genauer, schneller, kostengünstiger und interaktiver. Doch im Prinzip änderte sich nichts an dem Ansatz, dass der Absender ein monolithisches Unternehmen blieb, der eine Einheitsbotschaft in die Konsumentenmasse presste – nun eben gezielter und direkter durch eine individuelle Ansprache. Bis heute wird Marketing als integrierende, damit auch kontrollierende Funktion verstanden, die die Botschaften des Unternehmens formuliert und „autorisiert“ in den Markt penetriert, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. In der Geschäftskultur der digitalen Wirtschaft wird auch das Marketing komplexer. Die Marketingverantwortlichen haben die Autorität über die Medienkanäle verloren – der Entwicklung der Medienindustrie vergleichbar. Nutzer gewinnen zunehmend die Oberhand und selektieren gnadenlos, was sie sehen und lesen wollen. Wie David Weinberger richtig formuliert: „respect the conversation - it belongs to your customers“.4 Deshalb müssen Anbieter die Erwartungen der Nutzer erkennen und sie in Interaktionen involvieren. Klassische Marketingbotschaften werden schnell als Manipulation durchschaut und verfehlen ihre Wirkung – zuweilen lösen sie sogar das Gegenteil einer gut gemeinten Botschaft aus. Dieser Fall tritt z. B. ein, wenn Blogs im Internet von Autoren inszeniert werden, die in Wirklichkeit in der Werbeagentur des Unternehmens beschäftigt sind. Auch das Beispiel eines Bloggers zeigt, der vermeintlich sichere Fahrradschlösser der Firma Kryptonite mit einem Kugelschreiber öffnen und diesen Mangel mit einem Video belegen konnte, wie sehr sich Unternehmen über die unmittelbare Wirkung der neuen Kommunikationsplattformen täuschen können. Die Kommunikationsabteilung des Unternehmens versuchte noch einige Tage das Problem herunterzuspielen. Es war jedoch vergebene Liebesmüh, wie sich sehr schnell zeigen sollte. Die Folge war ein Schaden in Höhe von fast 40 Prozent des Umsatzes und ein erheblicher Imageverlust.5 „Im Web 2.0 können Firmen nicht mehr lügen. Die Mitmachkultur des neuen Internet führt dazu, dass jede kleine Inkorrektheit über kurz oder lang aufgedeckt wird. Wer sich zum Schummeln hinreissen lässt, muss mit gravierenden Konsequenzen und einem Totalschaden seiner Reputation rechnen.“6 Und diese Aussage gilt wohl ebenfalls für die unternehmensinterne Kommunikation, wie Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit wie Siemens, Volkswagen oder Deutsche Telekom zeigen. 2.4. Herausforderungen des Marketings im Enterprise 2.0 Aus Unternehmen und Marken, die als anonyme, abstrakte Institutionen mit dem Kunden sprechen, werden Communities von Mitarbeitern, Partnern und Kunden, in denen dem Marketing die Rolle eines Matchmakers zwischen Mitarbeitern und Außenwelt zukommt. Damit kehrt das Marketing zurück zu den Ursprüngen des Geschäftslebens: dem direkten Kontakt zwischen Anbieter und Kunden, ein Many-to-many-Marketing. Deshalb benötigt ein Enterprise 2.0 ein schnelles und anpassungsfähiges Marketing, das den engen Kontakt des Unternehmens mit seinem Publikum fördert, Dialoge belebt und Impulse von außen aktiv nach innen kommuniziert. Das Marketing soll die Prinzipien Offenheit und Transparenz nutzen und nicht verhindern. Vor welchen Herausforderungen steht also das Marketing im Enterprise 2.0? 1. Herkömmliche Marketingprozesse (Briefing, Texten, Autorisieren etc.) sind für viele Märkte zu langsam. Wie kann Marketing so schnell werden wie der Markt? Gibt es ein Marketing in Echtzeit? 2. Viele klassische Marketingbotschaften verfehlen ihre Wirkung, denn sie wirken künstlich und wenig authentisch – Unternehmensrhetorik über den eigenen Mehrwert. Häufig stehen nicht einmal die eigenen Mitarbeiter hinter der Selbstdarstellung des Marketings. Wer kennt ihn nicht, den Vertriebmitarbeiter, der sagt: „Ja, ja, so steht‘s in der Marketingbroschüre“. Wie kann Marketing so authentisch werden, dass seine Botschaften akzeptiert werden? 3. Von keiner Generation wurde auf so vielen unterschiedlichen Kanälen so viel kommuniziert wie von der Internetgeneration. Wie können diese Kräfte vom Marketing für das Unternehmen genutzt werden? Wie kann der fehlende Rückkanal aus dem Markt wieder hergestellt werden? 3. Menschen machen Marketing Der stärkste Trieb in der menschlichen Natur ist der Wunsch, bedeutend zu sein. Die Diskrepanz zwischen Interesse und Glaube an die Möglichkeiten des Web 2.0 und die unzureichende Unterstützung durch die ITK lässt ahnen, dass es beim Enterprise 2.0 um weitaus mehr geht als nur um Technik. Entscheidend sind die Mitarbeiter, die Menschen, denn sie bestimmen über den Nutzen der Technik und prägen die Kultur des Unternehmens. Bislang haben wir wenig im Blick, das die sogenannten Digital Natives, Kids, die eine Welt ohne das Internet nicht kennen, jetzt als Highpotentials ins Berufsleben eintreten. Diese neuen Mitarbeiter sind gewohnt, schrankenfrei über das Netz zu kommunizieren. Sie schicken Instant Messages, installieren Software und registrieren sich für Onlineservices. In den Unternehmen treffen sie auf Arbeitsplätze, an denen die Beschaffung eines Passworts Tage dauert, E-Mail-Accounts auf 5 MB limitiert sind und auf Arbeitgeber, die sie gar nicht erst ins Internet lassen. Unternehmen mit solchen Richtlinien werden keine Highpotential-Kandidaten anziehen, sie werden ihr Wachstum nicht beschleunigen, sondern aussterben, denn Beschleunigung und Vernetzung prägen die Wirtschaft der Mediengesellschaft. Wer schneller lernt als andere, sichert sich einen Vorsprung im Wettbewerb. Jack Welch, ehemaliger Manager der General Electric von 1981-2001, hat diese Notwendigkeit früh erkannt: „Die Fähigkeit einer Organisation zu lernen und das Gelernte schnell in Taten umzusetzen ist der ultimative Wettbewerbsvorteil.“ Nicht nur aus diesem Grund sind wir darauf angewiesen, unseren Mitarbeitern genau die gleichen Freiräume im Umgang mit der Technik anzubieten, die sie aus ihrem Privatleben längst gewohnt sind. Leitbild unserer kulturellen Evolution ist das Enterprise 2.0 – ein kommunikatives Unternehmen, das gut zuhört, schnell lernt und kreativ umsetzt. Dieses Leitbild bedeutet Selbstorganisation, Teamarbeit, Projekte, Innovationen - viel Bewegung, wenig Kontrolle, zuweilen auch Verwirrung und Unruhe. Das Internet ist eine große Bühne, viele Menschen aus der Internetgeneration ringen heute um Anerkennung durch die Öffentlichkeit. Marketing im Enterprise 2.0 wirkt nach innen und nutzt und fördert die Lust der Mitarbeiter auf Bedeutsamkeit. Das Marketing im Enterprise 2.0 motiviert alle Mitarbeiter, ungefiltert über ihre Arbeit, ihre Erkenntnisse und Errungenschaften zu sprechen und zu schreiben. Als ersten Schritt wagen viele Unternehmen einen CEO-Blog wie von Jonathan Schwartz7 (President & CEO von Sun Microsystems) oder von Bob Lutz8 (Vice Chairman General Motors). Anfang 2006 geriet GM in eine Krise und kündigte Werksschließungen und den Abbau von 30.000 Arbeitsplätzen an. Gleichzeitig bat Lutz in seinem Blog offen um Mithilfe: „We need to our non-traditional communications and word of mouth, and get our message directly to the people on a grass roots level. […] What do you think?” Bis dato gab es in ca. 350 Antworten direktes Kunden- und Mitarbeiterfeedback zu Themen wie längere Garantien, Produktportfolio etc. Der BMW-Konzern zeichnet spontane Interviews mit Mitarbeitern auf und stellt diese online. Mal ist es der Chef der Motorenentwicklung, mal der Projektleiter Telematik. So wurden Videobeiträge des Chefs der BMW-Motorenentwicklung 2,5 Mio. Mal betrachtet. Bei Produktionskosten von 40.000 € für 37 Filme.9 Etwas schüchtern, aber sehr persönlich bloggt Daimler mit seinen Mitarbeitern unter http://blog.daimler.de/. Dort wird zu Themen wie Karriere, Gesellschaft, Unternehmen, Innovationen, Nachhaltigkeit und Produkten gebloggt. Auszug: „Am Mittwoch, den 5. Dezember 2007 nahm ich am Projekt ’Mitmachen Ehrensache‘, arbeiten für einen guten Zweck, teil. Meine Mama arbeitet in der DaimlerChrysler Bank in Stuttgart als (kenne leider nur den englischen Begriff) Information Technology Management Secretary.“ Weitere Beispiele finden sich als Produktblog bei Schweppes10, als Kundendienst-Blog bei FroSTA11 oder als Krisenblog bei Dell zum Thema brennende Akkus12. Partizipation schafft Motivation. Deshalb sollen Mitarbeiter die Chance haben, sich jederzeit in laufende Prozesse einzubringen, Ideen zu entwickeln und voranzutreiben. Sie können sich offen, aber auch kritisch äußern. Offene Diskussionsprozesse bereiten Entscheidungen vor und schaffen Vertrauen. Die partizipative Unternehmenskultur ermöglicht jedem Mitarbeiter, sich persönlich weiterzuentickeln und Wissen zu teilen. Wie werden nun aus diesen talentierten Mitarbeitern innovative Communities? 4. Das soziale Netzwerk des Unternehmens Soziale Communities sind en vogue im Internet. Egal ob Business Commuities wie Xing oder LinkedIn, Studenten-Communities wie StudiVZ oder Facebook. Oder Communities für Hobbyfussballer (Fussball.de), Architekten (Designerpages.com) oder Weinliebhaber (mycellar.de). Unter Ning oder Wirsind.de lassen sich mittlerweile eigene Communities leicht einrichten. Welche Bedeutung haben Communities für Unternehmen? Unternehmenscommunities schaffen Strong Ties (explizite Verbindungen) und Weak Ties (Gruppenzugehörigkeiten)13 zwischen Mitarbeitern, ermöglichen Kontakte zwischen Abteilungen und weltweit verteilte Betriebsstandorte sowie die Identifikation von Experten. Ein Beispiel für den Startpunkt einer internen Community zeigt IBM Bluepages – der Ausbau des internen Directory Services. Eine Vision, wie sich dieser Service weiterentwickeln kann, schaffte Steve mit Fringe, einer Applikation, die die internen Beziehungen sichtbar macht, mit Funktionen wie Person Tagging, Testimonials und Group Lists.14 Unternehmen haben Zeit und Raum vollständig voneinander getrennt. Nicht mehr Standorte, Abteilungen und Unternehmenszugehörigkeit bestimmen die Zusammenarbeit, sondern die Orientierung an gemeinsamen Interessen und Werten. Der Erfolg des Enterprise 2.0 basiert nicht allein auf einer technischen Infrastruktur, sondern besonders auf der Fähigkeit, das informelle Netzwerk zwischen den Mitarbeitern, Partnern und Kunden, das bei jedem Unternehmen existiert, explizit zu nutzen. Das Enterprise 2.0 macht keinen trennscharfen Unterschied mehr zwischen Mitarbeitern, Partnern und Kunden. Wie managt man Kommunikation, wenn vieles ständig im Fluss ist? Wie kommt man mit extrem kurzen Planungsvorläufen zurecht? Wie kommuniziert man Themen, die sich stetig weiterentwickeln? CoreMedia setzt beispielsweise auf persönliche Beziehungen zwischen Mitarbeitern und Kunden, Partnern und Anwendern. Deshalb konzentriert sich unser Marketing auf die Inszenierung von Erlebnissen, die persönliche Begegnungen herstellen, Gespräche initiieren und beleben. CoreMedias soziales Netzwerk wächst dabei von innen nach außen: vom sozial kompetenten Individuum über das Mitarbeiterteam zum interdisziplinären Mitarbeiter-Partner-KundenTeam. Das Ziel ist ein soziales Netzwerk von Kunden, Partnern und Mitarbeitern, die in Gruppen Kontakte knüpfen, Beziehungen pflegen, Ideen und Wissen austauschen: Wir nennen es CoreMunity. Das Marketing versteht sich als Plattformmanager der CoreMunity. Zentrales Element des unternehmensübergreifenden Dialogs sind neben Events unsere Communityplattform CoCo. 5. Die Enterprise-Community-Plattform CoCo – erste Erfahrungen Erst kommt der Mensch, dann kommt die Technik. Technologien, die das Wissens- und Innovationsmanagement in Unternehmen unterstützen, waren in der Vergangenheit häufig mit dem Problem verbunden, dass sie von den Anwendern in Unternehmen nicht in ausreichendem Umfang akzeptiert und damit nicht voll genutzt wurden. Diese breite Nutzerund Nutzungsbasis ist allerdings eine zentrale Voraussetzung für den effizienten Einsatz von Wissensmanagement- und Kollaborationslösungen. CoreMedia entwickelt schrittweise eine Enterprise-2.0-Plattform und hat dabei die Bedeutung der Unternehmenskultur für eine Einführung zunächst an sich selbst erprobt. Herzstück der CoreMedia-Infrastruktur ist die Onlineplattform CoCo, auf deren Blogforen Mitarbeiter mit Kunden und Partnern einen kontinuierlichen Dialog führen. Gespräche, die aus persönlichen Begegnungen entstehen, finden online ihre Fortsetzung. Veranstaltungen werden hier dokumentiert, Diskussionen initiiert und fortgesetzt. In den offenen und geschlossenen Communities von CoCo diskutieren Partner und IT-Manager mit CoreMediaSpezialisten über Deployment, Betrieb und Tuner, Redakteure über Prozesse und Usability und Entscheider über Chancen und Risiken von Enterprise_2.0. Im steten Austausch von Anforderungen und technischen Möglichkeiten entstehen Ideen und Wissen für Innovationen. Entscheidend hierbei ist die Geschwindigkeit des direkten Feedbacks. Diese schnellen Rückkoppelungen ermöglichen einerseits das Zueinanderfinden der Experten und gleichzeitig ein beschleunigtes Lernen des Unternehmens. Jeder Autor der Plattform entscheidet selbst, wer seine Beiträge lesen darf. Jedem einzelnen Beitrag können Publikationsrechte („Level of Privacy“) zugewiesen werden, die darüber entscheiden, ob ein Beitrag nur von anderen Mitarbeitern, von Mitgliedern einer geschlossenen Nutzergruppe (z.B. Kunden oder Partnern) oder von allen Besuchern der Onlineplattform CoCo gelesen werden können. Die einzige Regel, die ich etabliert habe, lautet: „Don’t write anything stupid“. Für die Verstärkung und Vernetzung sind die folgenden technischen Anforderungen an Enterprise-2.0-Software empfehlenswert: •Rich User Profiles •Single-Sign on (via z. B. OpenID, Facebook) •Communityfunktionen für Intra-, Extra- und Internet, wie z. B. Blogs, Diskussionsforen und Wiki-Funktionalität •Content-Management, gemeinsame Workspaces und Dokumente •Audio und Video, z. B. Corporate TV, Podcasts •Social Tags und Social Bookmarks •direktes Feedback (Empfehlungen, Kommentare, Bewertungen) •Alerting, E-Mail-Integration und Workflows (z.B. für externe Freigaben) •Content Feeds und RSS Syndication •Voting und Collaborative Filtering •Mitarbeiter- und Volltextsuche •Expertensuche und Reputationsmanagement •Analyse und Reporting •sicherheitsrelevante Funktionen wie rollenbasierte Zugangskontrolle und inhaltebasierte Verschlüsselung. Die Vorteile der Onlineplattform zeigen sich auf mehreren Ebenen: •Die einzelnen Bereiche des Unternehmens werden in aktuellen Fragen automatisch synchronisiert. Interessierte und Betroffene finden sich schneller und treten in einen direkten Austausch. Kreativität und Qualität entsteht. •Experten können sich direkt zu ihren Fachthemen melden, offene Fragen werden schneller geklärt und Information sind allen Nutzern zugänglich. Internes Wissen wird transparenter. •Erkenntnisse und damit Innovationen werden so unternehmensweit schneller umgesetzt. Das Unternehmen beschleunigt sich und steigert seine Wettbewerbsfähigkeit •Alle Mitarbeiter, die Fachbereiche, treten in einen synchronen Rhythmus mit der direkten Umwelt des Unternehmens ein. Markt- und Kundennähe werden gesteigert. Schön und gut, aber welche Rolle nimmt das Marketing für den Fall ein, wenn ein Großteil der täglichen Kommunikationsarbeit bereits von Mitarbeitern geleistet wird? Nun, es beginnt wie so häufig am Kopf – bei der Marketingführung. 6. Vom Marketingmanagement zum Coaching Funktional-technokratische Kommunikationsprozesse können die Kräfte des Enterprise 2.0 nicht zur Entfaltung bringen – entscheidend ist die Beziehungsebene zwischen den Menschen und ihre Fähigkeit, kurzfristige Veränderungen flexibel aufzugreifen. Das Marketing im Enterprise 2.0 verzichtet dazu auf hierarchische, stark strukturierte Organisationsmodelle und konzentriert sich darauf, weiche Faktoren zur vollen Entfaltung zu bringen: Kreativität, soziale Kompetenz, Flexibilität. Im Enterprise 2.0 reduziert das Management die fachlichen Anweisungen. Denn die einsame Entscheidung einer einzelnen Führungskraft kann die Komplexität und die Geschwindigkeit des neuen Marketings nicht mehr ausreichend erfassen. Erst die Zusammenarbeit von Experten verschiedener Disziplinen im Team ermöglicht Entscheidungen, die allen inhaltlichen, gestalterischen und technischen Anforderungen gerecht werden. Das Marketingmanagement wirkt nach innen, setzt Themen und Termine für die Außenkommunikation und fördert den direkten Dialog mit ihren Zielgruppen wie Kunden, Partnern und Mitarbeitern, aber auch mit Analysten und Journalisten. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachleute erfordert ein Führungsverhalten, das Teamentscheidungen ermöglicht und ein gegenseitiges Vertrauen stiftet. Daher konzentriert sich das Marketingmanagement bei CoreMedia auf die Aufgabe, die Sozialkompetenz, die Teamarbeit und das Empowerment der Mitarbeiter zu fördern. Externe Mitarbeiter wie Konzeptioner, PR-Berater, Texter und Designer sind umfassend in das Marketingteam integriert. Sie liefern eigene Impulse und bringen ihre spezifische Kompetenz in den Teamprozess ein. Die Verzahnung externer Experten und interner Mitarbeiter hat die Marketingprozesse flexibilisiert und beschleunigt. Das Marketingteam von CoreMedia gleicht heute eher einer innovativen Agentur für Technologiemarketing als einer klassischen Marketingabteilung. Nur in Ausnahmefällen greift das Führungsteam aktiv in Inhalte und Timings der laufenden Marketingarbeit ein. Im Zentrum der Führungsarbeit steht die Unterstützung der Fachteams durch Coaching und Feedback. Das Management fördert Talente und Selbstvertrauen der Mitglieder des Teams, moderiert Konflikte und gibt Feedback zu Ergebnissen, Verhalten und Prioritäten. Ist das die Kunst loszulassen? 7. Von Kontrollverlust zu Control-Gewinn Die Konzentration auf ein technisch gestütztes One-to-one-Marketing hat die Erfolgskontrolle leicht gemacht: Noch nie konnten wir schneller reagieren und steuern. Wenn unsere These stimmt, dass eine optimale Vernetzung Unternehmen an die Spitze des Wettbewerbs beschleunigt, dann ist im nächsten Schritt die Erkenntnis wichtig, welcher Grad der Vernetzung optimal ist und wie man sie am besten steuert. Zeigt sich hier bereits die Zukunft eines neuen Marketingcontrollings? In der Soziologie beschreibt die Netzwerkdichte eine Messgröße, die beschreibt, wie sich im sozialen Netzwerk die tatsächlichen Kontakte zu allen denkbaren Kontakten von Personen untereinander verhalten. Seit Elizabeth Bott wird angenommen, dass in einem dichteren Netz auch die wechselseitige Sozialkontrolle zunimmt. Das bedeutet: Je dichter das Netzwerk, desto wirksamer entfaltet sich die Selbstorganisation und Selbstverantwortung. Der argentinische Netzwerkforscher Bernardo Huberman15, Abteilungsleiter bei Hewlett Packard und Autor des Buchs „The Laws of the Web“, hat das HP-interne Netzwerk durch EMail-Spektroskopie sichtbar gemacht. Hubermans Team fütterte den Rechner mit dem EMail-Verkehr von knapp 500 Kollegen. Der Administrator hatte die Adressaten und Absender zwei Monate lang protokolliert. Nach ein paar Stunden Rechenzeit kannte Hubermans Computer die informellen Netzwerke bei HP. Er identifizierte Informationshubs, die häufig angemailt wurden, sowie Communities of Practice – Gruppen, die viel kommunizieren, aber nicht unbedingt derselben Abteilung angehören. „Mit der E-Mail-Spektroskopie können wir Teams und Führungspersönlichkeiten automatisch erkennen“, stellt Huberman fest. Unternehmen mit mehreren tausend Mitarbeitern könnten so herausfinden, ob ihr Organigramm noch mit den tatsächlichen Arbeitsbeziehungen übereinstimmt. Was für ein Traum für Controller! Wie können diese Erkenntnisse für die Entwicklung eines Enterprise 2.0 genutzt werden? Und was passiert, wenn Unternehmen ihren Vernetzungsgrad wissenschaftlich tatsächlich ermitteln, um die Vernetzung aller Unternehmensmitarbeiter untereinander und mit der Außenwelt zu messen? Haben dann Kennzahlen wie Kontakte in Xing oder Facebook, Blogbeiträge und Kommentare auf einmal einen direkten Einfluss auf die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens?16 8. Fazit: Schönheit kommt von innen Die neuen Medien verändern radikal Geschwindigkeit, Vernetzungsgrad und Wirkung der Kommunikation. Sie erfordern ein Marketing, das der Wirkung des Internets auf Transparenz Rechnung trägt, dabei Mitarbeiter, Kunden und Partner involviert und auf Kontrolle verzichtet. Marketing wirkt nach innen und motiviert Mitarbeiter zu Dialogen mit der Außenwelt. Mit anderen Worten: Sie erfordern die Kunst loszulassen – ein Weniger an Kontrolle und ein Mehr an Vertrauen. Es gilt, die Kontrollillusion des Marketings auf Märkten aufzulösen und Mitarbeiter dazu zu ermutigen, direkt in den Kontakt mit dem Markt zu treten. Die oben zitierte Untersuchung von Berlecon und CoreMedia hat die Verantwortung der Marketingverantwortlichen deutlich gemacht – sie müssen die Treiber dieser Entwicklung sein. Medien sind nicht länger passiv, sondern Werkzeuge für Interaktion, für die Produktion eigener Inhalte – nicht nur im Privatleben, sondern auch am Arbeitsplatz im Unternehmen. Anstatt die Marke über Einheitsbotschaften zu präsentieren, soll das Marketing die Mitarbeiter ermutigen, kreative und authentische Aussagen direkt zu publizieren. Das Marketing soll dabei mehr nach innen als nach außen kommunizieren und die Mitarbeiter, Partner und Kunden als Botschafter des Unternehmens positionieren. Und natürlich – in einer vernetzten und damit transparenten Welt dringen mehr Wahrheiten an die Öffentlichkeit. Lügen haben kürzere Beine. Das Unternehmen steht nahezu „nackt“ in der Öffentlichkeit, wenn die Marketinghüllen fallen. Im Englischen klingt das so: „If you’re naked you’d better be in shape“17 Oder auf Deutsch: „Schönheit kommt von innen.“ Dazu stellt das Marketing in einem Enterprise 2.0 dem sozialen Netzwerk eines Unternehmens eine Infrastruktur zur Verfügung, die das Unternehmen und seine Außenwelt vernetzt, Transparenz erzeugt und in einen gemeinsamen Rhythmus bringt. Sind diese Gedanken nur Utopie oder doch eine realistische Vision? Ebenfalls stellt sich die Frage, ob diese Art der vernetzten Kommunikation vielleicht nur in einem relativ kleinen Unternehmen wie CoreMedia funktioniert, aber nicht in Großunternehmen. Natürlich gilt es, bei diesen Ansätzen bestehende Richtlinien wie Aktiengesetz, Mitbestimmungsgesetz oder Mitarbeiterverträge zu beachten. Selbstverständlich dürfen die Risiken nicht unterschätzt werden, wenn alle Mitarbeiter damit beginnen, der Öffentlichkeit in Blogs technische, organisatorische und möglicherweise sogar personelle Details mitzuteilen, die vertrauliche Inhalte des Unternehmens berühren. Andererseits – wenn ein frustrierter Mitarbeiter das eigene Unternehmen wirklich denunzieren will, so wird er auch andere Mittel und Wege finden. Und die Ursache ist dann nicht eine Blogplattform, sondern wahrscheinlich der frustrierende Umgang mit dem Mitarbeiter in der Vergangenheit. Meine Erfahrung ist: Die Veränderung dieses Paradigmenwechsels beginnt im Kopf – und in den Köpfen vieler junger Mitarbeiter hat sie schon lange stattgefunden. Vielleicht startet man mit einigen kommunikationsbegabten Mitarbeitern, führt vielleicht zu Beginn sogar Freigabeprozesse ein und schafft so eine schrittweise Öffnung des Unternehmens. Kein Unternehmen wird in Zukunft darauf verzichten können, die Energie der Mitarbeiter in Form von persönlichen Empfehlungen und Meinungen bestmöglich zu nutzen. Ein authentischer Beitrag in einem Blog kann so viel wirksamer sein als eine Pressemeldung oder eine klassische Werbekampagne. Die persönliche Meinung regt zu Diskussionen und Feedback an – und vermag die Welt zu verändern.