Stara Matka

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TRAUMZEIT
REALITÄT
Gedichte
Joerg Ingo Krause
Das Staunen
nicht loswerden können
über immer Neues
altbekannter Dinge
Zukünftige Erinnerung
sinkt ins Laub
vergangener Jahre
Vorsichtige Schritte und doch
zeichnet die Spur Veränderungen
hinter mir
Das scheint mir das Wesentliche: Leben, die
ständige Veränderung um mich und in mir wahrzunehmen. Darin liegt Reiz und Anlaß es festzuhalten,
für mich selber zuerst, und dann vielleicht auch für
das Du: Dieses immer wieder neu wahrnehmen, immer wieder neu erleben, erkennen, manchmal sogar
verstehen.
Joerg Ingo Krause, geboren 1943 in Barlinek (Berlinchen/Nm), eine
Zeit lang Kriegswaise, Heimatvertriebener, "Ostzonenflüchtling",
APO-Veteran, Gewerkschafter, Politiker, Starverkäufer, baubiologischer Berater, Arbeitsloser, alleinerziehender Vater, Texter und
Manager einer Rockgruppe, informaler Sozialarbeiter und therapeut, Geschäftsführer eines Mathematiklehrer-Vereines; Stationen eines Lebens. Hier ein paar Notizen daraus.
© Joerg Ingo Krause, Hohe Str. 38, 48249 Dülmen – e-Mail; [email protected],
http://www.jik.kulturserver-nrw.de.
Stand: 14. Mai 2016
Traumzeitrealität - Seite 2
Inhalt
Komm mit
a rose is a rose
Die Bank
später tag
Momentaufnahme
Du
In der Allee
Weil ich Dich liebe
CROMAGNON
Rondo
Dein Lächeln
Bedecke dich mit deinem Regenwolkenkleid
Dein schattenriss
Du – die Welt, die Welt – ich
possessivpronomen
Gilgamesch
Wanderer (Nô)
Vom Stein
wir werden
Wir haben uns
Lange Zeit später
deines denkens stimme
Herbstwind
Philemon ./. Baucis
Brief an eine ferne Geliebte
An einen Küchentisch und zwei Stühle
Es war wie erinnern
ode
gebrochener stab reim
Du brauchtest viele Worte
Eine kaputte
Alice
Arme Mamma - eine endlose Geschichte
Et iss ja Weinach
M.
Hab mich verirrt im Himmel - was tun?
Endstation Wartesaal
Glasrosen klagen nicht
„Was aber schön ist
Für Meggi
Der Bettler
Der Alte
Am Ende der Zeit
Späte Einsicht
Schlaflied
- Warten am Straßenrand Weihnachten '90
Diesseits von eden
Im Krieg geboren
Gedanken vor dem Golfkrieg
einfache Rechnung
GELD
Nix verstehn?
L´ Evocation
Barlinek
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past now future
geklaut:
Welche Art Hoffnung ?
Grenzen
Heilige Nächte (..., 1993, ...,)
homopoly
Da man muss doch was tun
Der Fremden Heimkehr
In mir lebt erinnerung
Dachau oder anderswo
A. Z.
knospe bricht auf
Noch dunkelt der Tag
Damals meine Brombeerhecke
Morgensonne im Herbst
Häuser verlieren Licht
winterreise
bruder fels
Bergen an Zee
Der Tetraeder in Bottrop
cogito ergo sum!
Transformationen
Heraklit an Hölderlin
Das Staunen
Epitaph für einen Lebenden
Der Traum des Dschuang Tse
TRIALOG
An Sarah K.
Lebenshilfe
Der Zauberer
P.C.
Der Fluß Njemen
Der warme Sand unter meinen Füßen als Kind
Australopithecus 1967
Letter to an autist
Der Tag
Die Zeit krümmt sich
ich-inseln
Wiedergeburt
innisfree
Rheinbrücke
Powrót (Heimkehr)
Prélude
Bewußtsein
Still am Ufer
Die heiligen drei Könige
Zukunftshoffnung
Das wars
Traumzeitreise
Es träumt mich viele Träume
Egozentrisch meine Verse?
Denen sag:
Eigentlich
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Komm mit
Komm gib mir deine Hand
wir steigen auf den Zeitberg
betrachten uns wandelndes Land
wir fliegen mit dem Drachen
dahin wo das Ende verschwand
und hinter dem Anfang das Vorher beginnt
wir schwimmen durchs Meer vergessen
zur Insel die Zukunft heißt
tauchen am Rande des Lebens
in Denken das andershin weist
sehen durch den Spiegel
tief hinter Raum und Zeit
der dunkle Vogel Erkenntnis
trägt uns ein kurzes Stück
er setzt uns am Fuße des Berges ab
da findest du leicht zurück
Traumzeitrealität - Seite 5
a rose is a rose
ein
ein teil
ein teil ist
ein teil ist ein
ein teil ist ein ganzes
ein teil ist ein ganzes ist
ein teil ist ein ganzes ist ein
ein teil ist ein ganzes ist ein teil
teil ist ein ganzes ist ein teil
ist ein ganzes ist ein teil
ein ganzes ist ein teil
a
ganzes ist ein teil
rose
ist ein teil
is
ein teil
a
teil
rose is a rose – to gertrude stein
a
teil
is
ein teil
rose
ist ein teil
a
ganzes ist ein teil
ein ganzes ist ein teil
ist ein ganzes ist ein teil
teil ist ein ganzes ist ein teil
ein teil ist ein ganzes ist ein teil
ein teil ist ein ganzes ist ein
ein teil ist ein ganzes ist
ein teil ist ein ganzes
ein teil ist ein
ein teil ist
ein teil
ein
Traumzeitrealität - Seite 6
Die Bank
im Park
erinnert mich
an einen alten Mann
Er hat oft
dort gesessen
Hände überm Stock gekreuzt
um nicht zu
vergessen
was niemand mehr weiß
Traumzeitrealität - Seite 7
später tag
zieht
blasses blau
hecke im park
liebt
nymphe und faun
tiefe schwalbe
ruft
morgen kommt
regen
Traumzeitrealität - Seite 8
Momentaufnahme
Du und ich
schleichendes Bewusstwerden
unbewusster Annäherung
Wiedererkennen im Spiegel
der Gegenseitigkeit
Wie weit ist der Rahmen
innerhalb dessen wir uns bewegen
vor dem Ende momentaner
Übereinstimmung
Traumzeitrealität - Seite 9
Du
reichst mir
dein lächeln
herüber
gläserne brücke
wie der
regenbogen
hinter dir
MORGEN
werde ich
morgen über
diese brücke
gehen?
Traumzeitrealität - Seite 10
In der Allee
Kastanienblüten
unterm Mond
Du bist Elfenkönigin
die auf der Wiese
mit mir tanzt
bis unsre Schatten
sich vereinen
Graselfen tanzen
mit uns
durch die Nacht
Traumzeitrealität - Seite 11
Weil ich Dich liebe
schenke ich Dir
eine Hand voll Luft
aus meinem Traum
ein Sieb voll Wasser
aus meinem Redefluss
ein leeres Blatt
von meinem Lebensbaum
Traumzeitrealität - Seite 12
CROMAGNON
wenn mond rot aufgeht
über dächer
gehe ich zu Dir
lange wege gehe ich
mit leeren händen
voller zärtlichkeit
wenn sonne aufstieg
über dächer
gehe ich von Dir
lange wege gehe ich
mit leeren händen
voller zärtlichkeit
Traumzeitrealität - Seite 13
Rondo
Ich liebe deine Kleider
sie sind sehr schön
doch am schönsten sind sie
zerstreut in meinem Zimmer
Ich liebe dein Lächeln
es ist sehr schön
doch am schönsten ist es
wenn es in meinem Mund versinkt
Ich liebe deinen Körper
er ist sehr schön
doch am schönsten ist er
wenn ihn meine Hände sehen
Ich liebe deine Stimme
sie klingt sehr schön
doch am schönsten klingt sie
wenn ihr der Atem vergeht
Ich liebe Dich
Du bist sehr schön
Doch am schönsten bist du
Wenn die Kleider im
Zimmer verstreut sind
dein Lächeln in meinem
Mund versank
meine Hände
die Augen ersetzen
und deiner Stimme
der Atem vergeht
Ich liebe deine Kleider
sie sind sehr schön
doch am schönsten sind sie
verstreut in meinem Zimmer
Traumzeitrealität - Seite 14
Dein Lächeln
Gleitet in meine Hände
Schmiegt sich in meinen Arm
Und meine Fingerspitzen fühlen
Schmetterlinge
In Brust und Bauch von dir
Traumzeitrealität - Seite 15
Bedecke dich mit deinem Regenwolkenkleid
und komm herab zu mir
Nicht immer strahlend mag ich dich
doch warm und feucht mit Haut dich spüren
So wird was wächst
so wächst was wird
und wir mit ihm als Teil der Zeit
Durstig bin ich
Erde
ausgetrocknet, schroff
von Staub bedeckt
Doch wenn du kommst in deinem Wolkenkleid
wäscht dein Lächeln ab den Staub
macht mich weich, öffnet mich
zu neuer Fruchtbarkeit
Zärtlich streicheln deine Hände
den ausgedörrten Leib
Und mein Gesang
erhebt sich über jeden Sturm
Traumzeitrealität - Seite 16
Dein schattenriss
im fenster
umfasst mit
weichem arm
wo unter ruhe
nachhall schwingt
Dein blick
durch dunkel
erreicht mich
tiefer
als ein wort
Hinter glas
quietschen
bremsen zug
hält schnelle füße
klappern heim
STILLE
Nacht
setzt fort den
traum bis schlaf
beginnt
Ein falter im
garten schiebt
mauer und wolke
beiseit
Traumzeitrealität - Seite 17
Du – die Welt, die Welt – ich
Nebelwintersonntagmorgen
Du erwachst
reibst die Augen
siehst aus dem Fenster
– Ih, was ein fieses Wetter –
kommst näher zu mir
Und meine Hände ...
Meine Hände
sind schwer zu
überzeugen nicht
Zartes mit Zärtlichkeit
zu bedecken
kuschelst dich
ganz nahe
kriechst in mich hinein
Je näher du
so weiter weg die Welt
Und meine Hände ...
Meine Hände
bereit
Sanftes mit Sanftheit
zu bedecken
Die Welt verschwindet im Schlaf
Traumzeitrealität - Seite 18
possessivpronomen
mit weichen lippen
knabberst du an
meinem ich
und schüttest
hände voll von zärtlichkeit
auf meinen bauch
bis ich dankbar nehme
was Du willst
doch nachher
fehlt mir was
Traumzeitrealität - Seite 19
Gilgamesch
weit ging ich
über steppe durch wald
über nebligen berg
wo pfad nicht ist
kreuzte meere
ohne boot
vor viele mauern kam ich
ugarak und ninive
und wartete auf dich
ich sah sie fallen
sand des vergessens
über schutt und
asche wehen
weiter ging ich
durch der zeiten felder
hin zu städten
die noch niemand kennt
überall suchte ich dich
an mauern
vor toren die verschlossen
jetzt da du
mit sanften händen
meine narben salbst
weiß ich
dass du nicht warst
was ich suchte
Traumzeitrealität - Seite 20
Wanderer (Nô)
Der Fremde ist am einsamsten
daheim
Und doch gehen
die Wandelsterne des Lebens
nie über die Brücke
ohne auch glücklich zu sein
Mag auch der Spiegel
im Teich
scheinbar klar sein
mehr noch
gibt der flüchtige Blick
durch Gitterstäbe
das Starren auf Mauern
Sicht frei auf
unendliche Weiten
deren Wirken verborgen bleibt
jenen Vordergründigen
die bleiben wollen
Darum verstehen sie nicht
den der fragt und
es bleibt
Der Fremde ...
Traumzeitrealität - Seite 21
Wortlose morgen
Ich versteckt sich hinter
zeitunglesen
warum dieses schuldgefühl
Ich hört
nicht
Du hört
nicht
warum dann
dieses schuldgefühl
Auf der reise ins
eigene ich
oder auch
ganz weit weg
außen dicht gemacht
Ist denn liebe
Immer offen sein für Du
immer sehen
immer hören
immer Deine wünsche lesen
Stirbt liebe
die sich ich in sich selbst
verliert
ist das nicht erlaubt
darum?
Wer hat uns
gelehrt
daß wir sein heißt
zwei ich so
völlig zu verschmelzen
daß nichts mehr bleibt
von dem was war
Ist dies ein dogma
dem man
nicht entrinnen kann
Ich will vom baum
den apfel
nehmen
Traumzeitrealität - Seite 22
will ihn teilen
meine hälfte essen
mich vielleicht
dann selbst erkennen
auf die reise gehen
ins eigene ich
durch zeiten
die vergangen sind
Auch wenn ich liebe
lebe ich
mit meiner
vergangenheit
Traumzeitrealität - Seite 23
Traumzeitrealität - Seite 24
Vom Stein
der innen tanzt
Du gleitest
mit Händen über
was Du für mich
nimmst ergreifst
begreifst nicht
Spürst
wie ich mich erwärme
nimmst dies zufrieden
als Dein Werk
Traumzeitrealität - Seite 25
wir werden
uns trennen
wir werden
aus ein an
zwischen
der
glei
räume
legen und
zwischen zeiten
villeicht auch
böse träumen
um erinnrung
zu vermeiden
Traumzeitrealität - Seite 26
ten
Wir haben uns
gesehen
nicht erkannt
gehört
nicht verstanden
berührt
nicht gefühlt
miteinander
geschlafen
Als wir erwachten
war es
zu spät
Traumzeitrealität - Seite 27
Lange Zeit später
Du
hast den
stein
geworfen in den
teich
bei windstille
am morgen
Traumzeitrealität - Seite 28
e
i
g
e
n
t
l
ich
nicht
für dich ist was
ich mache wenn ich
deines denkens stimme
versuche zu verstehen
meine zärtlichkeit
will antwort
Traumzeitrealität - Seite 29
Herbstwind
hinterm Fenster
graue Wolken
Im sommer noch
gingen wir
den mond zu sehen
wie er zum bad
ins wasser steigt
mit händen voller
zärtlichkeit
Herbstwind
hinterm Fenster
Das Feuer erlosch
Im Traum tanzen
Gespenster
Traumzeitrealität - Seite 30
Philemon ./. Baucis
fast noch kinder damals
lachend
hand in hand
versuchten wir
über unsere schatten
zu springen
Manchmal
höre ich
dein lachen noch
als es ertrank
unter
schattenringen
Traumzeitrealität - Seite 31
Brief an eine ferne Geliebte
Es ist Herbst
geworden hier
Die Nacht macht
weiße Dächer
Und im Vollmond
tanzen Staubfeen
durch mein Zimmer
Sie lachen und
kichern
und wirbeln wild
um mich herum
Und ich wische sie auf
weg
fort
doch sie kommen wieder
immer wieder
bei Vollmond
ich weiß nicht
warum
Dann leg ich mich hin
und sehe Gesichter
auch Deines
Es lächelt
ganz offen und lieb
und dann schlaf ich ein
Traumzeitrealität - Seite 32
Stara Matka
Dein Lächeln, das der Göttin Perlengürtel glich
Zeigt des Alters gelbe Spur
Der Jugend Blüte Pracht verblich
Von deiner Schönheit blieb Erinn’rung nur
Du trugst die Frucht gabst neues Leben
Bist verblüht im Gange der Natur
Hast Vertrauen Liebe Kraft gegeben
Von all dem blieb Erinn’rung nur
Ist auch die Hülle welk nach langem Leben
Aus ihrem Innern strahlt noch immer sanft die Kraft
des Lichts
Das einst als Liebe ich erfuhr
Bleibt eines Tages auch Erinn’rung nur
Du hast so viel gegeben
Ich liebe dich
Traumzeitrealität - Seite 33
An einen Küchentisch und zwei Stühle
Gegenüber der Stuhl
ist lange schon verwaist
trägt nur noch Bilder des Erinnerns
an jene die dort saßen
Lächeln auf Lippen
Sehnsucht zwischen Beinen
bei Kaffe und Kuchen
beim Diner
mit Kerzenschein
Weggeräumt der Kerzenhalter
leer der Stuhl
Nur Bilder des Erinnerns
sitzen noch auf ihm
Traumzeitrealität - Seite 34
Es war wie erinnern
an ein Gefühl
Jahrzehnte zurück
Es war wie erinnern
– an eine die ich kannte –
der fast schüchterne Blick
Es war wie erinnern
Diese Stimme
so sanft
Es war wie erinnern
Das Fließen von Lächeln
durch Schulter, Arm, Hand
Ist es erinnern
das einen Narren macht
aus einem alten Mann?
Traumzeitrealität - Seite 35
ode
an
MARTIN HEIDEGGER
es ist... des seins ist nicht
wo die seienden sind
für
werdende
Traumzeitrealität - Seite 36
gebrochener stab reim
Sie saß
Fuß an Fuß
Knie an Knie
Hand hielt Hand
Finger hielt Finger
Knie und Knöchel
weiß wie Wachs
so saß sie
Fraglose Augen
wichen jeder Antwort aus
schmale Lippen schiefes Lächeln
Skepsis Schild ohne Schutz
So sieht man viel in Straßen
Sie gehen schnell müssen
immer irgendwohin
Manchmal haben sie
kleine Kinder an
der Hand die
ziehen sie
mit sich
Traumzeitrealität - Seite 37
Du brauchtest viele Worte
um dich zu verschweigen
Was du sagtest
weiß ich nicht
Ich hörte mit Augen
wie
unsicher dein Blick
wie hilflos deine Gesten
und dein Lachen
war
wie Zähne fletschen
Traumzeitrealität - Seite 38
Eine kaputte
Marionette
lag am Ufer
einäugig mit
abgerissenen
Fäden
Später
schwamm sie
im Fluss
einäugig
blickte
ausdruckslos
zum Ufer
Traumzeitrealität - Seite 39
Alice
Durch den Spiegel gegangen
In unheimliches Land
Das größer wird und kleiner
Wie im Fieber
Die Königin spielt
Krocket mit Gefühlen
Ihr Lachen dabei
Kopf ab
Wegsperren
Ihr Schrei durchdringt
Deine Flucht
Traumzeitrealität - Seite 40
Arme Mamma - eine endlose Geschichte
Was sieht er goldig aus!
Da-da, du-du daita?
Nein! Nein! - Heiß! Aua-aua!
Igittigitt, Du altes Ferkel!
Hör auf zu brüllen
Was ist denn nun schon wieder?
Laß mich doch in Ruhe! Ich kann jetzt nicht!
Du siehst doch, daß ich beschäftigt bin!
Kannst Du denn nicht einmal lieb sein?
Mach, daß Du raus kommst! - Was willst Du denn?
Ich hab Dir doch schon hundertmal gesagt:
Putz Dir die Nase!
Putz Dir die Schuhe ab!
Wie sagt man, wenn man rein kommt?
Gib das rechte Händchen!
Wasch Dir erst mal die Hände!
Laß die Finger davon!
Schmatz nicht so beim Essen!
Sei nicht so frech!
Jetzt reicht's mir aber, gleich knallt´s!
Ab ins Bett mit Dir!
Was machst Du denn da?
Kannst Du denn nicht aufpassen?
Muss ich denn immer hinter Dir her....?
Kannst Du nicht einmal was richtig machen?
Laß mich das machen, Du kannst das ja doch nicht!
Kannst Du Dich nicht einmal wie ein normaler Mensch benehmen?
Nichts als Ärger hat man mit Dir!
Ach wissen Sie, Herr Lehrer, ich hab nur Kummer mit dem Bengel.
Dabei hab ich mir soviel Mühe gegeben.
Nehmen Sie ihn doch mal richtig ran. Auf mich hört er ja doch nicht.
Und mein Mann - ach Sie wissen ja, wie das ist.
Guten Morgen Frau Meier, na, mit dem Kleinen unterwegs?
Was sieht er goldig aus!
Da-Da, Du-du-daita?
Traumzeitrealität - Seite 41
Et iss ja Weinach
Da, dat iss für Dich
dat schenk' ich Dir
Nu nimm schon
weil
heute iss ja Weinach
Un ich spiel
dat Spiel mit
un bin ganz ruhich
weil
heut` iss ja Weinach
Un der Tannnenbaum
na gut hab ich gesacht
iss auch okay
weil
et iss ja Weinach
Et iss für die Kinder
hasse gesacht
un ich, na gut
weil
et iss ja Weinach
Sag den Blagen
die soll'n ruhig sein
ich will meine Ruhe
auch
an Weinach
Un wehe wenne morgen
wieder meckerst
mit mir
Weiß´ja
Morg´n iss Weinach vorbei
Traumzeitrealität - Seite 42
M.
Es sind die
Dinge des Lebens
die von ferne her und nah
uns berühren
schwer auf uns lasten
die wir nicht spüren
wie Schlag von harter Hand
wie Streicheln das dich traf
sind Stern und Berg
und Baum und Wort
Straße Haus
und Schrank und Bett
Die Nähe schreit
wenn sie zu nah
die Ferne singt
wenn fern genug
Doch manchmal
kehrt sich alles um
dann schreit Vergangenheit so laut
dass Gegenwart vergessen wird
Dann ist nicht Stern noch Berg
noch Baum noch Wort
nicht Straße Haus
noch Schrank noch Bett
nur Schmerz und Angst
Gewalt und Hass
zerstören wollen
Flucht
Doch alles stirbt einmal
auch dies
Ein Lächeln wird geboren
dann gibt es wieder
Stern und Berg
und Baum und Wort
Straße Haus
und Schrank und Bett
Traumzeitrealität - Seite 43
Hab mich verirrt im Himmel - was tun?
Der Engel der mich führte
ist verschwunden
Am Kristallweg auf dem Regenbogen
ist ihre Tür
Hier ist der Himmel sagte sie
und nahm mich bei der Hand
und ich ging den Himmel sehen
Sah ihn fühlte was ich nie gefühlt
und er war schön.
Doch sie begann sich aufzulösen.
Weiter ging ich mit ihrer Hand,
merkte spät, dass ich alleine war,
erst als Gespenster schrieen,
allein in Nebelwolken,
woraus gespensterhaft Gesichter blickten
gezeichnet von Vergangenheit.
Die Kristalle in mir brennen,
die das Leben in mich rieb
drängen mich zum Regenbogen
„Der Himmel ist kein Ziel!“
Traumzeitrealität - Seite 44
Endstation Wartesaal
Abgeschoben
aufs falsche Gleis
gestellt
warte
was passiert
ausgestiegen und
sitzen geblieben
der Zug fährt weiter
ohne dich
siehst keinen
Fahrplan
weißt nicht
wie's weitergeht
alle warten
reden irgendwas
du
verstehst nicht
was sie sagen
durchs Fenster
siehst du Züge fahren
siehst immer wieder
wie andere ihrem
Ziel näherkommen
Traumzeitrealität - Seite 45
Glasrosen klagen nicht
sie war einsam
die Glasrose
als sie
zerbrach
zu spät
erst über Scherben
Ja, warum hat sie denn
nie etwas gesagt?
Traumzeitrealität - Seite 46
„Was aber schön ist1
Selig scheint es in sich selber”
Schweißperlen der Erde
ausgeweint im Feuer
unter Druck
Gold
Tränen der Götter
verborgen im Tiefen
der Erde
Diamant
Entrissen
der Geborgenheit
im Dunkel
Gehämmert, gepresst, geschliffen
mit Gewalt zu Glanz
in schöne Form gebracht
In sich selber selig?
Aber schön
1
Zum Vortrag in der Galerie Grosche in Castrop-Rauxel, einem Schmuckgeschäft
Traumzeitrealität - Seite 47
Für Meggi
Ich käme nie auf die Idee
mehr zu wollen als dich sehen
dich zu umarmen, wenn du kommst
und wieder, wenn du gehst
und mit dir reden stundenlang
Wir sind zwei Suchende
die sich begegnen
der Spur des Lebens folgend
die endlos immer weiter sich verzweigt
manchmal treffen wir einander
senden fragend einen Blick
und reden, was wir nicht gefunden.
Traumzeitrealität - Seite 48
Was machst Du
wenn Du feststellst
Du bist ein Deckel
und passt auf keinen Topf
Scheißgefühl
schmeiß Dich am besten selber weg
Kannst Dich auch ins
Museum hängen
Schildchen dran
Ich bin der Deckel der nicht passt
Na und?
Kuck mal rum
Lauter Deckel mit Macken
Kaum einer richtig dicht
Traumzeitrealität - Seite 49
Der Bettler
Mein Platz ist auf der Brücke am Wall
wo die Leute zum Bahnhof gehen
und vom Bahnhof in die Stadt.
Ein guter Platz
Meistens reicht ´s am Abend
Einmal – da war
gutes Wetter nach trüber Zeit
da gibt's immer etwas mehr
da kam einer
der sah mich an
nicht wie die anderen
rechts und links an mir vorbei
nein, richtig an – mitten in die Augen
und der lächelte
als wollte er was sagen:
Ich gab ihm sein Lächeln zurück
davon kann ich mir nichts kaufen
Er ging vorbei und lächelte mich an
nicht mal ´n Groschen hat er mir gegeben
bloß dieses Lächeln
Davon kann ich mir nichts kaufen!
Aber manchmal
wenn wieder so ´n Wetter ist
dann warte ich
dass er wiederkommt
mit seinem Lächeln
Vielleicht hat er ja noch eines für mich
Traumzeitrealität - Seite 50
Der Alte
Damals als Großhändler
das waren Zeiten
Nichts war groß genug
Nichts zu teuer zum Verkaufen
überall hin
Grenzen gab es nur
zu überwinden
Nur eines war wichtig:
Das Ergebnis hat zu stimmen
Wortgewaltig und
geschickt
immer zu gewinnen
Heute ist anders
Alles Große
legt sich mit der Zeit
Die Hand
die früher große Summen schrieb
ist steif
Keine große Gesten
die Worte unterstreichen
Keine Worte mehr
nur noch kleine Zeichen
Und manchmal
wenn wahrgenommen
ein Gefühl von Dankbarkeit
Traumzeitrealität - Seite 51
Am Ende der Zeit
Wenn Odin mit den Riesen kämpft
Und der Wolf den Mond verschlingt
will ich sitzen und sehen
Mit wirren weißen Haaren im Wind
sitzen und sehen
Das Raunen hören der Gezeiten
Und Großvater wird über den Wassern thronen
die Ziehharmonika auf seinen Knien
Am warmen Ofen werde ich stehen
den Rücken warm
die Hosen voll mit weicher Wärme
Viel schöner
als die harten Steine auf der Straße
und spitze Knie auf meiner Brust
Schweigend werde ich die Lieder singen
die schönen alten Lieder
und mein Haupt wird sich wiegen
zu der schönen Melodie
Alles ist so lang vorbei
Und wenn der Wasserhahn
Mit seinem Tropfen wieder
In meine Seele dringen will
Dann stehe ich auf und gehe
Gehe bis ans Ende aller Zeiten
Und wenn die Junge kommt
und packt mich am Arm
und sagt
und macht
Dann lasse ich sie
Warum soll ich noch streiten
was wichtig ist, was schön.
Ich habe ja überlebt
Und sie hört nicht
der Bomben Grollen
Weit weg am Horizont
Traumzeitrealität - Seite 52
Späte Einsicht
Du warst Gast in
meiner Seele
viele Jahre
Ich hab's nicht gemerkt
Du warst da
plötzlich da
ohne selbst
zu wollen
Ich war Dir
kein guter Gastgeber
war noch unterwegs
konnte nicht
viel geben
nahm stattdessen
deine Wärme
Da war noch
nicht das
Wissen später
Jahre
zu groß die Last
der alten
Zeit
um frei
zu sein für
Dich
Dich
willkommen fühlen
lassen jeden
Tag
jetzt
Wo meine Seele
gastgeben möchte
jetzt
bist du unterwegs
Traumzeitrealität - Seite 53
Schlaflied
(ausgehendes 20. Jahrhundert)
Abend will es wieder werden
wenn die Sonne rot versinkt
Alle Kinder auf der Erden
schlafen still und Papa trinkt
Mama schluckt ganz leis Tabletten
die kein Arzt ihr je verschrieb
Ist ja doch nichts mehr zu retten
trotzdem Kind ich hab Dich lieb
Ach wie schön wär dieses Leben
Kindlein mach die Augen zu
will Dir auch Tabletten geben
dann ham wir beide uns're Ruh
Schlafen fest und haben Frieden
bis in alle Ewigkeit
werden nie mehr Prügel kriegen
da ist keiner mehr der schreit
Ach wie schön wär dieses Leben
Kindlein mach die Augen zu
will Dir auch Tabletten geben
dann ham wir endlich uns're Ruh
Wirst dann auch nicht arbeitslos
wie Dein Vater jetzt schon lange
Ich nehm Dich warm auf meinen Schoß
Ich bin ja bei Dir. Sei nicht bange
Ach wie schön wär dieses Leben
Kindlein mach die Augen zu
will Dir auch Tabletten geben
dann ham wir beide endlich Ruh
Traumzeitrealität - Seite 54
- Warten am Straßenrand Ich bin eine Blume
nachts
in der Stadt
und es ist
kalt
Wenig Platz
zwischen Asphalt
und Beton
aber meine
Wurzeln
reichen tief
Nächstes Jahr
vielleicht
werde ich
blühen
Traumzeitrealität - Seite 55
Weihnachten '90
So wie immer?
Zeit der falschen Gefühle
und der großen Prediger
oder war's andersrum?
Ist auch egal
Es heißt, es gibt Krieg
Ich glaub nicht dran
Bestimmt werden die
Soldaten in der Wüste
beten unterm Weihnachtsbaum
"....denn DEIN ist das Reich .."
werden ihre
Kanonen füttern
mit MILKYWAY
ihre Bomber beladen
mit
Zuckerwerk und Marzipan
Und die Iraqi werden jubeln
freudig dies Geschenk
vergelten
und dann wird
Frieden sein
Frieden
sein
unterm Weihnachtsbaum
Oder?
Traumzeitrealität - Seite 56
Dann heißt Freiheit nur Gewalt
oder
Diesseits von eden
Die Objektivierung subjektiver
Wahrnehmungen erfolgt per
Richtstrahler über die Antenne
des erhobenen Zeigefingers.
So wie jedes Kind spätestens im dritten
Jahr seine innere Reife zu beweisen hat,
indem es aufhört zu werden und seine
Fantasie ins Ich-bin-Bewusstsein einmauern lässt, damit seine Sensoren die praktikable Funktionalität! im Rahmen der höhererseits noch höheren Ordnung sozialpolitisch notwendiger Effektivität zur Erlangung
der sozioökonomisch essentiellen Produktivitätsprogression edukativ erreichen können.
Denn erst wenn unsere marktorientierten
Bindungen so fest geknüpft sind dass der
unsichtbare Gott der freiheitlich-liberalen
Grundordnung oder einer seiner vielen
Stellvertreter an ihnen ziehen kann um uns
zu unserem Besten zu lenken, werden uns
die Computer freundlich lächelnd in ihrer
Mitte
aufnehmen.
Traumzeitrealität - Seite 57
Im Krieg geboren
Frieden
nie gefunden
Immer auf den Boden der
Tatsachen
gegangen
manchmal auch darunter
Auch wenn mein Zahnarzt
sagt:
Machen Sie den Mund
mal weiter auf!
Vorsichtig
überlasse ich das anderen
lebe lieber leise
Traumzeitrealität - Seite 58
Gedanken vor dem Golfkrieg
Verzeiht
wenn ich frage.
Dich, der
du betest
für Frieden am Golf
Dich, der Du jetzt
auf die Straße gehst:
Meinst Du nicht,
es ist ziemlich spät?
Wo warst Du
als in Äthiopien, Somalia
Menschen krepierten,
wo, als im Sudan
Soldaten schossen,
wo, als das Volk
von Kambodscha starb?
Ging das Dir weniger nah?
Was ist mit den Menschen
in Mittelamerika
Haiti, Nicaragua?
Oder was mit jenen im
südlichen Afrika?
Und wann, sag,
betest Du für Afghanistan
Wohin ich sehe
ist Krieg
seit immer schon
und hört nicht auf.
Und Du weißt es,
so gut wie ich.
Warum betest Du jetzt,
gehst
auf die Straße,
weißt Du auch
nichts besseres?
Verzeiht mir,
dass ich frage.
Traumzeitrealität - Seite 59
einfache Rechnung
(zur Gleichheitslehre)
Hunger + Überfluss = Gewalt
Überfluss + Gewalt = Hunger
Gewalt + Hunger
=
?
interpretiere: Für Viele heißt Hoffnung: Kalaschnikow; warum?
Traumzeitrealität - Seite 60
GELD
MACHT
ANGST
Traumzeitrealität - Seite 61
Nix verstehn?
Ah, Du Türke?
Asylant!?
Schade,
Ich denken Du Mensch
Traumzeitrealität - Seite 62
L´ Evocation2
Ils ont pris les chevaux, Seigneur
Ils les ont pris
Tu sais, ils vont mourir, Seigneur
Tu le sais
Vois! Je suis vieux, Seigneur
Et ma femme est vieille aussi
Comment tirer la charrue, Seigneur
Sans des chevaux
Dis moi donc pourquoi, Seigneur
Dis moi donc ...
SE
IGNEU
R!
2
Auf ein Bild eines unbekannten Malers aus den Ardennen "L´Evocation", auf dem ein Bauer neben dem
Pflug kniet, während im Hintergrund zwei Soldaten im ersten Weltkrieg seine Pferde fortführen
Traumzeitrealität - Seite 63
Barlinek
Jezioro
Na którego brzegu był kraj rodzinny
Księżyc oświetla
Zaufane miasto
Czas przemijał
Ludzie odchodzili na obczyznę
Ludzie przychodzili z obczyzny
Czas przemijał
Księżyc oświetla
Zaufane miasto
Jezioro
Na którego brzegu jest kraj rodzinny
Barlinek3
Ein See
An dessen Ufer Heimat war
Mond schien
Auf vertraute Stadt
Zeit verging
Menschen gingen in die Fremde
Menschen kamen aus der Fremde
Zeit verging
Mond scheint
Auf vertraute Stadt
Ein See
An dessen Ufer Heimat ist
3
Meine Geburtsstadt, die ich mit 57 Jahren erstmals wieder gesehen habe. Übersetzung ins Polnische:
Karl Grenzler
Traumzeitrealität - Seite 64
past now future
In jenem Land
Wo schwarze Angst
Sich Nachts aufs Brustbein setzt
now past future
In jenem Land
Wo Schrei im Traum
zum nur noch leisen Wimmern wird
future now past
In jenem Land
das tröstet mich
da bin ich nicht allein
Traumzeitrealität - Seite 65
geklaut:
Das Leben der Anderen
Traumzeitrealität - Seite 66
Welche Art Hoffnung ?
Ich bin froh, dass ich überlebt habe
lass mich in Frieden mit Deinen Ideen
haben meine Eltern gesagt
und ihrem Wunsch notfalls
mit Gewalt Nachdruck verliehen
Ich will Frieden
Meine Kinder sollen überleben
habe ich gesagt
und diesem Wunsch notfalls
mit Gewalt Nachdruck verliehen
Ich will überleben
lass mich in Frieden mit Deinen Ideen
sagen meine Kinder
und werden diesem Wunsch notfalls ...?
Jetzt hoffe ich auf meine Enkel.
Sie werden ...?
Traumzeitrealität - Seite 67
Grenzen
Wie Würmer kriechen Gehdanken
ans Ende meiner Welt
nähern sich Erkenntnishorizont
Erkenntnishorizont nähert sich
Tabubereich am Weltenrand
Schilder stehen dort
Sperrgebiet – betreten verboten
Mienen sind gelegt
von der Zentrale im innereren
die Schutz braucht um nicht auszufransen
schützen – schützen dieses starre ich
das bleiben will
und die innere Propaganda sagt
hinter der grenze
ist die ewige Verderbnis
lass deine Gedanken da nicht hin
du zerstörst dich selbst
und doch ziehen einige dahin
die Grenze zu überwinden
manche sterben
werden verstümmelt
umgebracht
eingesperrt
verschwinden
niemand weiß wohin
sie geben keine Nachricht mehr
und die innere Propaganda sagt
hinter der Grenze ist ewige Verderbnis
lass deine Gedanken da nicht hin
Traumzeitrealität - Seite 68
Heilige Nächte (..., 1993, ...,)
In die Zeit der Dunkelheit
Licht gesetzt
gegen lebende Vergangenheit
Unheimliches Erinnern
von Kerzen überstrahlt
und Vergessen
Das Kindlein
wurde Opfer
So wird es bleiben
lange Zeit
Und doch
auch ein Zeichen
dass Anfang sich ans
Ende knüpft
Traumzeitrealität - Seite 69
homopoly
wortgleiter
auf dem glatteis
offensichtlich verdeckten
sprachschatzes
wer einbricht
versinkt
haltlos
im dunkel
fehlender
oberflächlichkeit
Traumzeitrealität - Seite 70
Da man muss doch was tun
da muss man doch was machen
man geht ja auch über die Straße
man tut doch sonst soviel
was kann man denn tun
Warum tut man denn Nichts
was kann man denn tun
man tut doch sonst soviel
man geht ja auch über die Straße
da muss man doch was machen
man muss doch was tun
da muss man doch was machen
man geht ja auch über die Straße
man tut doch sonst soviel
was kann man denn tun
Warum tut man denn Nichts
was kann man denn tun
man tut doch sonst soviel
man geht ja auch über die Straße
da muss man doch was machen
man muss doch was tun
da muss man doch was machen
man geht ja auch über die Straße
man tut doch sonst soviel
was kann man denn tun
Warum tut man denn Nichts
was kann man denn tun
man tut doch sonst soviel
man geht ja auch über die Straße
da muss man doch was machen
man muss doch was tun
da muss man doch was machen
man geht ja auch über die Straße
man tut doch sonst soviel
was kann man denn tun
Warum tut man denn Nichts
was kann man denn tun
man tut doch sonst soviel
man geht ja auch über die Straße
da muss man doch was machen
man muss doch was tun
warum tut man denn da nichts
Traumzeitrealität - Seite 71
Der Fremden Heimkehr
(1945)
Da war eine Frau
schwarz und groß
die hielt meine Hand
und zog
sprach fast nicht
und wenn in einer unbekannten Sprache
Worte die ich nicht verstand
Komm!
Weiter!
Mein Bruder – älter –
auf der anderen Seite
unsichtbar hinter der Schwarzen
– Tante Mutti hatte er gesagt –
wurde auch gezogen
eilig zu unbekanntem Ziel
Wald war da
schwarze Mauer
Feld war da
schwarz wie alles
hinter ihrer Schwärze
Bis das Schwarze alles
überdeckte
auf einknickenden Beinen
Als sie ihr Ziel erreichte
trug sie ein kleines Kind
auf ihrer Schulter
Wie einen Kartoffelsack
sagte man später
Traumzeitrealität - Seite 72
In mir lebt erinnerung
an eine lange straße
endlos weit
durch kahle felder
durch wald
der dunkel droht
Hunger
alles tut weh
müde meine
füße brennen
ich will nicht mehr weiter
nicht mehr laufen
will liegen
schlafen
endlich schlafen
Doch
wieder dies geräusch
krachen knattern
wummern wimmern
mein kopf zerbricht
Frau schreit
weg hier
reißt mich am arm
ich will nicht mehr
zieht mich
erde fällt vom himmel
weg hier
weiter weiter
ich will nicht mehr
komm weiter weiter
weg hier
ich will nicht mehr
lauf doch junge
lauf
will nicht mehr
blätter zweige
alles schlägt nach mir
will nicht
innen brennt etwas
alles wird ganz heiß
will n...
dunkel
schlafen
endlich schlafen
Das ist Vergangenheit Ich habe überlebt
doch noch sind viele Straßen so
wie diese
Und viele liegen ruhen aus
Vom Krieg
Mit seltsam verrenkten Gliedern
Traumzeitrealität - Seite 73
Dachau oder anderswo
Zeugen
der Vergangenheit
reden vergebens
in die Zeit
Inseln der Mahnung
versinken im
Meer Vergessen
das Überleben heißt
Eine Zeit lang
spielen Kinder in Ruinen
Eine Zeit lang bleibt
Erinnerung wach
Dann sind eingeebnet
mahnende Zeichen
und Gärtner streichen
Kiesbeete glatt
Traumzeitrealität - Seite 74
A. Z.4
Es ist Zeit mein Freund
Es ist Zeit
Wir haben das Erbe
Was ist zu tun?
Die Last des Grauens
scheint durch die Klagen
der Täter
Welche Worte gibt es
Zu erinnern?
4
für den polnischen Dichter Andrzej Zaniewski
Traumzeitrealität - Seite 75
knospe bricht auf
blume erblüht
tropfen fällt
welle zieht kreis
jedes ereignis
wird
ohne zu vergehen
Traumzeitrealität - Seite 76
Noch dunkelt der Tag
verwachsen der Nacht
Erwachen kommt später
Inmitten erster Gesänge
geheimnisvoller Schatten
verschwimmt die Welt
Sein oder Nichtsein
ist hier keine Frage
eher ein Irrtum
Bedächtig gehe ich weiter
An Rücken und Füßen
klebt Vergangenheit
Traumzeitrealität - Seite 77
Damals meine Brombeerhecke
Sanftes Flüstern
von Gras
Gesang der Bäume
Käfer grüngoldglänzend
ritten
auf Sonnenstrahlen
Bäume reichten ihre Äste
Der warme Sand des Sommers
Ließ meine Zehen wurzeln
In der Erde
Da war
Geborgenheit
das half
überleben.
Traumzeitrealität - Seite 78
Morgensonne im Herbst
zaubert silbrigen Tau
auf Wiese am Straßenrand
Ins Grün mischt Silbergrau
Ich habe
eine Probe genommen
vom Tau
einem Freund gebracht
Chemiker
der hat
eine Analyse gemacht
vom Tau
Seitdem bete ich
Traumzeitrealität - Seite 79
Häuser verlieren Licht
durch Fenster
Sanfter Wind
nimmt es
trägt es
wer weiß wohin
Schritte
klingen laut
durch leere stille Straßen
Traumzeitrealität - Seite 80
winterreise
blutender schnee
liegt in der kälte
kurz vor nacht
kahler bäume schatten
gleiten aufgelöst
kurz vor nacht
landschaft
selbst ohne krähen
so kurz vor nacht
Traumzeitrealität - Seite 81
Zwei Krähen
im Flug
über
reifbedeckten
Dächern
Traumzeitrealität - Seite 82
bruder fels
unter deiner haut
aus moos
bewegtes leben
nur wer zeit hat
sieht
Traumzeitrealität - Seite 83
Bergen an Zee
Grau das Meer
der Himmel grau
fern am Horizont
ein schmaler Streifen
Sehnsucht
Traumzeitrealität - Seite 84
Der Tetraeder in Bottrop
Die Halde
Stein aus Erde geholt
Auf Suche nach ...?
Durchsichtig die Spitze
Leeres Gestell
Eine Treppe – wohin?
Aufwärts
Durch Luft
Wie Vogel ohne Flügel
Abwärts der Blick
Durch die Treppe
Unten: vierte Dimension
Weil mir Worte fehlen
Geht mein Atem in den Wind
Traumzeitrealität - Seite 85
cogito ergo sum!5
?
ich
ich denke
ich denke also
ich denke also bin
ich denke also bin ich
ich denke also bin ich was
also ich denke ich bin was
ich denke ich bin was
denke ich bin was
ich bin was
bin was
was
¿
sum ergo cogito?
5
Das kann nicht nur entlang der Zeilen gelesen werden, auch quer, am Rand , rechts herum, links
herum, von allen Ecken, von vorn und hinten.
Traumzeitrealität - Seite 86
Transformationen
(Konzertgedanken)
Etwas klingt
Lebt ungerühmt
stirbt
Notenblatt bleibt
Klang steigt auf
Aus Atem durch Röhren
Hämmert, streicht, singt
füllt Raum, Zeit, Sinn
Ein kleiner Junge in kurzen Hosen
Ein Mädchen mit Zöpfen
steht auf Brücke, winkt
War Mensch
Ist nur noch Name, Werk
Lebt vielgerühmt
Tot
Traumzeitrealität - Seite 87
Heraklit an Hölderlin
Brüder sind wir
und wenige
sitzen auf
gipfeln der zeit
dem nachhall
des echos
zu lauschen
selten hören wir
antwort
mund fehlt wort für
was geist in
raum und zeit erfühlt
darum ist was klingt
unverständlich
seltsamer gesang
nur wer tanzt
wissend schwingt
versteht
weiß berg und tal zu sein
und wellenstrom
der rückwärts
fließen kann
Welcher art die
schwingung ist
die resonanz
ist ganz egal
nur die vielheit
macht das bild
nicht ton
noch licht
noch geistige idee
entsteht aus einem
einzelfeld
Traumzeitrealität - Seite 88
Das Staunen
nicht loswerden können
über immer Neues
altbekannter Dinge
Zukünftige Erinnerungen
sinken ins Laub
vergangener Jahre
Vorsichtige Schritte
und doch
zeichnet die Spur
Veränderungen
hinter mir
Traumzeitrealität - Seite 89
Epitaph für einen Lebenden
Bist wie ein Baum
der keine Wurzeln hat
mit Blättern aus Papier
Doch deine Adern leben noch
und sind voll Durst
nach dem was Leben bringt
So trinkst du
trinkst und trinkst
was dich zerfrisst
Dir ist ein früher Herbst
der Blatt für Blatt vergilbt
Deine kahlen Äste schreien:
SEHNSUCHT
Traumzeitrealität - Seite 90
Der Traum des Dschuang Tse
Dschüan Tse träumt, er sei Schmetterling
Dschüan Tse denkt so
bin ich Schmetterling
der träumt
ich sei ich
Dschüan Tse Schmetterling - Schmetterling Dschüan Tse
ich sei ich
der träumt
bin ich Dschüan Tse
Schmetterling denkt so
Schmetterling träumt, er sei Dschüan Tse
Der Traum des Schmetterlings
Traumzeitrealität - Seite 91
Frage an Dschuang Tses Schüler
Mein Herz,
mein Denken,
wandert,
geht DEN WEG
seitdem es besteht
es geht und geht,
als Struktur in einer Struktur in einer Struktur in ...
Warum
Asche werden
erkalten
wo es lebt
und geht?
Ist es weise
zu sterben
vor der Zeit?
Traumzeitrealität - Seite 92
TRIALOG
Du redest und
stößt achtlos einen Stein
streifst eine handvoll Blätter
von einem Strauch
pflückst eine Blume bevor
sie Samen trägt
Bei mir
sagst du
wüsstest du
ich verstünde dich
Bei den anderen
sagst du
wäre das nicht
Sie klagst du
die anderen
verletzten dich
Es sei sagst du
so schön
dass ich dich mag
Du schaust mit
großen Augen in
mein Schweigen
auf mich
den Stein
ein abgerissenes Blatt
die Blüte in deiner Hand
Über uns die Wolke
wir ändern ständig
unsere Form
Du willst
stets die gleiche bleiben
Und doch es ist
der gleiche Wind
der mit uns spielt
Drum schenk ich dir mein Lächeln noch
und lass mich weitertreiben
Traumzeitrealität - Seite 93
An Sarah K.
Du träumst
ein trauriges Lächeln Dir
an den Erkenntnishorizont:
Vögel im blauen Himmel
grüne Wälder weiße Häuser
gegen Menschen die dich
nicht verstehen
springst über Heidekraut
und Regenpfützen
hörst den Vogel im Rohr
siehst tausendmal
den Mond die Sonne
auf- und wieder untergehen
siehst tausendmal
die tausend Farben
die Dir der Himmel zeigt
Und doch ist
Alles Dir Kulisse nur
für den Zustand deiner Seele
Auch ich sprang über Heidekraut
Hörte Vogel singen
Und ließ Rindenstücke Segel setzen
Auf Pfützen die der Regen macht
Sonne Mond sternklare Nacht
Sie schienen ohne mich - ich sah sie nur
So bin ich Spiegel einer Welt
streue Samenworte in den Wind
warte nicht was wachsen wird
Traumzeitrealität - Seite 94
Wolf B.6
Ein alter Mann
steht neben der Zeit
und beweint sein Schicksal
mit alten Liedern
Ihm „gingen die Feinde abhanden“
Sein Teufel fuhr zur Hölle
und dessen Heerscharen
verstecken sich im neuen Himmel
Nun rechtet er mit den Gerechten
der einen Seite
gegen die Gerechten der anderen
ruft auf zum Krieg
gegen den Teufelsersatz
Hat er vergessen
die Geräusche seiner Kindheit
das Grollen der Bomben
sich nähernd
bis das berstende Haus
zum Inferno wurde
Hat er verloren
die zitternde Angst
eines der nicht Hitler war?
6
Wolf Biermann war einmal eines der Symbole des Widerstandes in der DDR
Traumzeitrealität - Seite 95
Lebenshilfe
Ich höre
eure Stimmen
selbstbewusst
laut das Leise
überdecken
sie reden
eure Stimmen
locken
erklären
sagen
so ist das Leben
so musst Du
auch!
leben?
Ich sehe eure Blicke
sicher
fordernd
und auf der Netzhaut
sitzt Angst
Und ich
verschließe
meinen Mund
mit
Ja du hast recht
Ich mag nicht mehr
kämpfen
Stein des
Anstoßes sein
Ich will eine
Wolke werden
die war da
und
verschwand
Traumzeitrealität - Seite 96
Der Zauberer
Sitzend
in der Stadt des Mondes
meist in Gedanken
knüpft er Kausalketten
zu Netzen
Oft sich selbst darin
verstrickend
mit heimlichen Flüchen
sich wieder befreiend
webt er am Netz
webt Sterne hinein und
tiefe schwarze Löcher
weil
Licht ist Hoffnung
und schwarz
die innere Farbe vieler
deren Welten zerfallen
weil Hoffnung erlosch
Manche die ihn um
Antwort fragten
wandten sich ab
von ihren Bildern
die er fand im Netz
weil unverständlich bleibt
den Gefangenen der eigenen
Dunkelheit Wissen und
es füllt mit Angst das
Gleiten über Sterne
und tiefe schwarze Löcher
Und ihm fehlen Worte
zu erklären
Er hat nur Bilder
die er sieht
Traumzeitrealität - Seite 97
P.C.7
worte
wie perlen
gepresst aus
lippen
von stein
asche
von glut
die tief innen
brannte
Der berg zerbrach
aufleuchtend im
meer der zeit
zeichen am fernen
ufer inmitten
unter uns
7
Peter Coryllis, Überlebender, Dichter, lebte 20 Jahre in Dülmen
Traumzeitrealität - Seite 98
Verurteilt
„lebenslänglich „niemec“
zu leben auf beiden seiten des flusses
ausgesperrt hier wie dort
eingesperrt in sich selbst!“
zwei ohren zu hören
– nicht reden können
zwei augen zu sehen
– nicht sagen können
fluch?
urteil?
wofür?
„du bist enstanden
am falschen ort
zur falschen zeit!“
schuld?
sühne?
wofür?
„frag nicht
– gehe!“
das tat ich
– gehen
Traumzeitrealität - Seite 99
hörte
dinge, die andere nicht hören
sah
dinge, die andere nicht sehen
das tat ich
– gehen
zärtlich neigte sich gras
über meine füße
wind sang in bäumen:
hör auf mich, nicht auf sie
das tat ich
– gehen
durch reale welt
und welt der träume
fand mehr als nur
die vierte dimension
lernte fliegen
hielt hände
in ereignisläufe
und bin – alt – noch immer
auf dem weg
Traumzeitrealität - Seite 100
Der Fluß Njemen
ist überall ums Land
Wo-man-nicht-versteht
Seine Oktoberwasser
kalt
löschen meinen Durst
geben Schutz
auf unsichtbaren Inseln
Selten nur
Brücken aus Lächeln
ungesagter Worte
Viele treiben
tot in ihm
die da hinüber wollten
wo nur Flug
auf Träumen weiterführt
und auch der nur voll Gefahr
Traumzeitrealität - Seite 101
Der warme Sand unter meinen Füßen als Kind
war die warme Haut der großen Mutter
die mich trug und nährte
Sie wird sich öffnen für mich
wenn meine Zeit zu Ende geht
Der große alte Baum der mich trug als Kind
war mein Vater der mich lehrte
Gesang mir gab, mich wiegte
Mein Bruder wird singen für mich
wenn meine Zeit zu Ende geht
Der Stein in meiner Hand als Kind
der meiner Wärme Antwort gab
und meine Hand Gewicht zu tragen lehrte
Er wird mir Wärme geben
wenn meine Zeit zu Ende geht
Der Wind der über Dächern sang als Kind
auch durch Bäume über Steine
mir tröstend durch die Haare strich
Er wird mich trösten
wenn meine Zeit zu Ende geht
Traumzeitrealität - Seite 102
Australopithecus 1967
oder: Aus den Gesprächen mit Peter
– ein Gedächtnisprotokoll
„Irjendwo
an´t Ende von mein ick
steht ´n müder Klon
wie´n altet Kind
det stolpert durch
die Welt und
zieht Jrimassen wenn et fällt und
denn lachen se“
Dieses lachen das sie brauchen über ihn
dieses schreckliche lachen tötet ihn
jedes mal ein wenig mehr
Und der Professor sagte
„Betrachten Sie die Physiognomie,
meine Damen und Herren,
Größe Einsachtunddreißig,
Gewicht zweiundvierzig,
Gehirnvolumen Siebenhundertfünfunddreißig,
Alter achtzehn,
IQ unter sechzig.
Unter diesen Bedingungen
sind die Testergebnisse eher erstaunlich,
im positiven Sinne meine ich.“
Manchmal träumt er nachts
riesengroße lachende münder
die ihn verschlingen
riesengroße münder wie
ein schwarzes loch
und davor zähne aus liebe
die ihn zerreißen
bevor er ins bodenlose fällt
Sie sagen liebe und
lachen weil sie
besitz ergreifen
sie sagen liebe und
zerstören
Traumzeitrealität - Seite 103
sie sagen liebe und
denken an sich
so einvernommen vom eigenen SEIN
dass platz nicht hat
was außer ihnen lebt
und werden will
Und diese liebe
schlägt ihn
weil er anders ist
als sie und wandelbar
und endlich werden soll
wie sie
Wenn er dann aufwacht zitternd
augen voll tränen
kommt ihn großes kotzen an
Dies war kein traum
das ist seine welt
die welt in der er leben muss
Diese welt aus ordnung
wo tote träume
hinter leeren augen wohnen
wo DU nur gilt
wenn die schablone paßt
und im mantel alter lehren
angst wie schimmel
wuchern kann
Da muss er leben
mit dieser art von ordnung
die das ICH im keim
zerstört angst sät wo
vertrauen wachsen will
schauspieler erzeugt wo
menschen geboren wurden
Manchmal wächst hass darüber
und er ertappt sich wie er
bomben legen will und amok laufen
um diese ordnung zu zerstören
die zerstört
Dann aber dann hält er inne
ganz still
Traumzeitrealität - Seite 104
sitzt er und weint
weil er nichts ändern kann
mit hass
Weil er aber ändern will
versucht er seine liebe zu geben
dahin wo keine ist
verständnis dem
der nicht versteht
hilfe denen
die nicht helfen lassen
so lange bis er merkt
dass er schon wieder stolpert
von misserfolg zu misserfolg
und diese ordnung
stärker ist als er
Dann - ja
dann haut er ab
schließt seine türen
augen und ohren
nimmt sich selber in den arm
und tröstet sich in
seiner welt aus traum
Da schwebt er dann
weit draußen
betrachtet das ganze
mehrdimensional
und auf einmal
wird alles so unwichtig
so klein und doch
notwendig dass ein lächeln
aufsteigt in ihm
weil er vergaß
dass er verstehen kann
Dieses lächeln
breitet ihm flügel aus
große unsichtbare flügel
mit denen fliegt er
bis hinter das ende der welt
bis seine herkunft
ein winzig kleiner lichtpunkt wird
Traumzeitrealität - Seite 105
Erst im allerletzten moment
bevor er sich selber verliert
kehrt er um
zurück dorthin
woher er kam
faltet die flügel zusammen
versteckt sie
wo sie niemand finden kann
stolpert unbeholfen
durch die gegenwart
verzieht mühsam sein gesicht
und wenn die menschen lachen
weiß er
dass er wieder
zuhause ist
Traumzeitrealität - Seite 106
?
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ihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihrihr
Letter to an autist
Traumzeitrealität - Seite 107
Der Tag
wirft seine Schatten
in die Nacht
Wie Sterne
leuchten Fenster auf
leere Straßen
Die letzten Kinder
stehen vor Türen
und warten dass es
Traumzeit wird
Traumzeitrealität - Seite 108
Die Zeit krümmt sich
zum schmalen Band
der Straße
Darauf geht sie die
alte Frau mit krummen Beinen
Die Stirn, runzlig,
eine Gefängnismauer,
bewacht das Geheimnis
Die Augen, blind,
wollen nicht mehr sehen,
sie sahen schon genug
Die Ohren, taub,
wollen nicht mehr hören,
haben alles schon gehört
Die Zeit krümmt sich
zu schmalem Band
Und sie geht darauf
mit krummen Beinen
Traumzeitrealität - Seite 109
ich-inseln
im sozialmeer
schroff zerklüftet
steile uferfelsen
gedanken
bilden brücken
spinnenfäden gleich
auch der
regenbogen aus
lächeln
manchmal
gleiten träume
über sie
Traumzeitrealität - Seite 110
Wiedergeburt
Ein falscher Sommer
zur falschen Zeit
legt Staub
auf meine Blüten
trocknet
meine Wurzeln aus
Und
ich überlebe
doch!
Traumzeitrealität - Seite 111
innisfree8
Ich will jetzt aufsteh‘n
und geh‘n
auf meine insel
sonnenschein
will die augen schließen
zum sehen und reden
mit mir ganz allein
den lächelnden mund
verschließen auf dass mich
niemand hört
inmitten des lebens genießen
noch bin ich unzerstört
wenn auch die
drachenreiter schaffen
in ihrem tatendrang
bleibt doch
ich lebe so
sehe ich weiter
gehe verworrenen
weg entlang
8
nach W. B. Yeats; The lake isle of innisfree
Traumzeitrealität - Seite 112
Rheinbrücke
Hier bin ich gerne
Brückenrand
freundliche Heimat am
Rande des Lebens hoch
über dem großen Strom
wo die Papierflieger
meiner Träume endlos
lange gleiten bevor
sie versinken
manchmal treibt der
Wind sie zur Mitte
der Brücke und sie
kommen unter die Räder
inmitten dieses fließenden
Lebens wo jedermann
zu wissen scheint wohin
er will
möglichst schnell zum
Ziel
morgens hin abends her
morgens hin abends her
morgens hin abends her
morgens hin abends her
immer ein Ziel vor Augen
Selbst die näher am
Rand zu fuß
sich mühen müssen
morgens hin abends her
morgens hin abends her
wissen wo's langgeht
lachen über den der
abzustürzen droht weil er
Träumen nachsieht die
Entgleiten
Traumzeitrealität - Seite 113
Powrót (Heimkehr)
wo eine dunkle sonne sich
über gelben feldern
westwärts senkt
steigt auf der staub der städte
verkantet sich in wolken
und fern das lied des mittags
fern auch der gang
mondbeschienen
wo arme sich ...
lippen die ...
und liebe hauchten
da nun die hände nicht mehr lange briefe tragen
steigt aus vergessen auf
erinnerung
streicht um denken
wie eine katze um die beine
die flohbesetzt und voller milben ist
doch sanft nach so viel zeit
Traumzeitrealität - Seite 114
Prélude
Früher hab ich oft
davon geträumt:
Mittelpunkt sein,
so wie jetzt.
Alle schauen Dich an
sehen zu Dir auf, hören Dir zu.
Was für ’n Gefühl
Jetzt, wo ich schon bald
alt geworden bin,
sehe ich das anders
Ihr da – unbewegt
ich hier
um euch zu bewegen?
Menschen
Menschen und Mauern
Davor hab ich Angst:
mittendrin sein - eingemauert,
nicht mehr sehen
was draußen ist;
spürst keine Erde,
keinen Wind der streichelt.
Kein Vogel singt.
Nichts was in der Erde wurzelt.
nur Menschen und Mauern
Mauern und Menschen.
Und ich frage mich:
Ist das meine Welt?
Что делать?
Que je fai ici?
What am I doing here?
Traumzeitrealität - Seite 115
Mutador Mutador9
Ich könnte jetzt
die graue Hose anziehen
schwarze Schuhe
weißes Hemd
blauen Blazer drüber
Krawatte sehr dezent
Dann sähe ich aus
wie seinerzeit
Abteilungsleiter Krause
Ich könnte auch
die Jeans anziehen
den lässigen Pullover
Frisur und Bart
ein bisschen anders
und sähe dann aus
wie seinerzeit
intellektuell
würde dann
auf Demos gehen
„Macht kaputt
was Euch kaputt macht“
schreien und
wieder endlos diskutieren
Ich könnt' mir auch
'n Bierbauch saufen
schon Morgens in die Kneipe gehen
über Autos oder Schalke reden
oder ´s letzte Schützenfest und
für alle die mich sehen
ein richtig dufter Kumpel sein
Ich werde aber wohl
bleiben
was und wo ich bin
der nette Mann von
nebenan der ein wenig spinnt
Langsam vor mich hin verbrennen
Unendlichkeiten in Papier verpacken
Von dem niemand lesen will
9
Welches Wort musste Kalif Storch aussprechen?
Traumzeitrealität - Seite 116
lebenslied 2
Wir sind die heimatlosen
kinder der erde
nomaden mit
unsichtbarer herde
wachen über träume
mit händen
wie pflanzen die
blätter strecken in
unbekanntes licht das
sie aus dunkelräumen zog
tanzen den tanz des
toten schmetterlings auf
den bunten feldern der nacht
wohnen in provinzen des lebens
dem mittelpunkt so fern
steigen die schwere treppe
der fremde hinauf
und wieder hinab
sind aus der zeit gefallen
wissen nicht wohin
und düngen die haut
der mutter mit
schmerz und traurigkeit damit
unsre blütenträume
in zukunft prächtig gedeihen
Doch zur zeit der ernte
sind von den vielen
nur wenige am berg
ins blühende tal
zu sehen
Und die müde
vom gegendruck der
heimatlichen liegen
mit gebrochenem rücken
legen den rest
ihrer kraft ins bild
senden es dem der sieht
bevor sie dem weg
von flasche
oder nadel
folgen
Traumzeitrealität - Seite 117
Bewußtsein
taucht in seele
tiefer
als ein ozean
ein meer von
fragen
die wie sterne
immer größer
werden
wenn die nähe
größer wird
spiralnebel
bilden
und kugelhaufen
ganz tief innen
Antwort
verbirgt sich
hinter immer neuen
fragen und
dazwischen
leere
Es braucht
augen für
dunkel
zu
erkennen
Nicht möglich
alles
zu sehen
Traumzeitrealität - Seite 118
Still am Ufer10
Wo sind die heilignüchternen Wasser
Wo, der Schwan,
der unschuldsvoll das Haupt ...
Frag nicht das Alter der Wasser
ihre Spur zurück
bleibt fremd
War Raureif
Schnee
Eis
schmolz
ständig ändernd
dir entgegen fließt
der wandernde Fluss
auf ihm treibend
du
wieder
und wieder
und weiter
Und es breitet seine Flügel,
unschuldsvoll der Schwan
Sein Schrei begleitet dich
10
An Hölderin
Traumzeitrealität - Seite 119
traumzeit-realität
ein
ich saß
in der wüste
malte gedichte
in die sonne
keine lerche
sang über den häusern
der schwarze vogel BIN
kam sein schönstes
lied zu stehlen
über dem tal der sterne
steht schweigend ein lied
mütterherzen reihen sich
in dunkler prozession
deren kinder sonne spielten
der herr des feuers geht vorbei
und wes gesicht sein atem streift
erhebt sich aus dem sand
ich aber wandte sich
den mond zu küssen
und einen augenblick
jubelte seine seele
voll freude am fliegen
an dieser kalten einsamkeit jedoch
erfroren seine lippen
wie roter mohn im schnee
sprachlos geworden
trieb seine seele ab
ins nirgendwo
scheute menschen
suchte haltlos
dachte bilder in die zeit
gedankenfetzen
ungleich worten
bis schließlich
ansatzpunkte
ausdruck wurden
unverständlich noch
und doch ein grund
zu überleben
Traumzeitrealität - Seite 120
Die heiligen drei Könige
Leben ist Veränderung
und
geht im Stillstand vor sich
Dies wissend
machten sie sich
auf die Reise
den Fixpunkt anzubeten
der Erlösung
bringen soll
Ende vom Werden
nur Jetzt – im Sein
Stillstand bei
Lichtgeschwindigkeit
Sie irrten weit umher
auf ihrer Suche
nach dem letzten Ding
dem letzten SEIN
an sich
Und sie fanden
IHN – das ICH
Mittelpunkt des Universums
Dies ist ihr Erbe
Eindimensionale Geometrie
partieller Erkenntnis
Logik aus entweder ... oder
ja oder nein
Trennen des Lebens in
Raum und Zeit
Energie Materie
nicht mehr erkennen
wie jedes ein jedes
bewirkt
Gestalten
ohne Grenzen
unvergänglich und
immer neu im werden
Traumzeitrealität - Seite 121
Zukunftshoffnung
Ich werde gewesen sein
wie ein Blütenblatt das fiel
damit im Sommer Früchte reifen
wenn du mich findest
siehst du nicht mehr
was vom Baum des Lebens fiel
teil eines Ganzen
das sich so sehr verändert
wie ein Tropfen im Meer der einfloss
das Ufer zu erweitern
wenn du mich suchst
findest du nicht
was ins Meer des Lebens fiel
teil eines Ganzen
das sich so sehr verändert
wie ein Fels im Fluss der ausbrach
einen weiten Weg zu gehen
wenn du mich siehst
erkennst du nicht mehr
was in den Fluss des Lebens fiel
teil eines Ganzen
das sich so sehr verändert
Traumzeitrealität - Seite 122
Das wars
Augen
viel gesehen
zu wenig
zu verstehen
Ohren
viel gehört
zu wenig
zu verstehen
Gefühl
viel gespürt
zu wenig
zu verstehen
Verstand
viel gedacht
zu wenig
zu verstehen
Leben
viel geschehen
zu wenig
zu verstehen
Teile
immer nur
Tei
le
wahrgenommen
Traumzeitrealität - Seite 123
Traumzeitreise
durch verdecktes streifen
in Feldern der Zeit
durch ihre Meere gleiten
auf ihre Gipfel steigen
fliegen im Wind
der nicht weht
werden
was nie wird
gewesen sein
was niemals war
den Raum verlassen,
Menschen
das Gitternetz
aus festen Bahngedanken
sitzen im
Wolkenwagen des Sehers
Traumzeitrealität - Seite 124
Es träumt mich viele Träume
Teile eines Traums
Ich sehe dies und sehe das
Und schon entsteht ein Traum in mir
Der lebt und
sich verwebt und
nicht vergeht
Traumzeitrealität - Seite 125
Egozentrisch
meine Verse?
Ich singe vom Ich
weil es ein Du ist!
Denen sag:
Die Dinge des Dichters sind dem Dichter allein
– wie die drei letzten Worte vor dem Verstummen –
wertvoll
Was sagen ist wichtig
in Worte zu fließen
die dem Gedächtnis entgleiten
Nicht gehorchen ist sein
Hören, sehen, denken, verstehen
Nicht dienen dem Zeitgeist der Macht
Traumzeitrealität - Seite 126
Eigentlich
nicht für Andere geschrieben
nur zum Erinnern
Traumzeitrealität - Seite 127
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