- Katholische Sozialakademie Österreichs

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Hannes Kreller
Dipl. Volkswirt
Allianz für den freien Sonntag Deutschlands
Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands
[email protected]
10 Jahre Allianz für den freien Sonntag Österreich
Sonntag – ein Geschenk des Himmels
Sehr geehrte Damen und Herren,
eine herzliche Gratulation an die Allianz für den freien Sonntag Österreich für
10 Jahre Engagement für den arbeitsfreien Sonntag. Der Glückwunsch kommt vom
Herzen, denn Euer Netzwerk war die „Blaupause“ für die Gründung der Allianz für
den freien Sonntag in Deutschland. Herzlichen Dank!
Wir stellen fest: Leben ist mehr als Arbeit, Produktion und Geld verdienen. Immer
weniger Menschen können einen freien Sonntag genießen. Denn: Immer stärker
werden wirtschaftliche Interessen und ökonomische Zusammenhänge als
unveränderbar gesetzt. Ihnen werden alle Dimensionen des menschlichen und
gesellschaftlichen Lebens untergeordnet. Sonn- und Feiertage, als Zeiten der
Arbeitsruhe und der „seelischen Erhebung“ standen und stehen in Deutschland unter
massivem Druck.
Dieser Druck wurde in Deutschland im Jahre 2006 nochmals drastisch erhöht. Im
Zuge der Föderalismusreform wurde die Gesetzgebung zum Ladenschluss vom
Bundesparlament auf die Länderparlamente übertragen. In allen Bundesländern
wurden neue und mit vielen Ausnahmen versehene Ladenöffnungsgesetze
kreiert, ausgenommen in Bayern und im Saarland. Es begann ein „Wettlauf der
Besessenen“, der für die Stadt Berlin 10 Sonntagsöffnungen, u.a. an den vier
Adventssonntagen, vorsah.
Gegen dieses Gesetz klagten die Evangelische und Katholische Kirche in
Deutschland vor dem Bundesverfassungsgericht. Am 1.Dezember 2009 entschied
das Bundesverfassungsgericht, dass das Ladenschlussgesetz für das Bundesland
10 Jahre Allianz für den freien Sonntag Österreich, 18.10.2011, Parlament
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Berlin nicht dem Grundgesetz entspricht und entsprechend zu ändern ist. Die
Verfassungsrichter stellen fest: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage
bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt“.
Diesen aus Weimarer Zeit stammenden Artikel unseres Grundgesetzes, den manche
nur noch für Verfassungslyrik hielten, brachten die Verfassungsrichter neu zur
Geltung.
Auf zwei Aspekte des Urteils möchte ich besonders hinweisen:
 Im Sonn- und Feiertagsschutz konkretisieren sich dem Gericht zufolge
verschiedene Grundrechte, wie das der Religionsfreiheit, der körperlichen
Unversehrtheit, des Schutzes von Ehe und Familie oder der
Vereinigungsfreiheit. Darin, dass Sonn- und Feiertage dem ökonomischen
Nutzendenken eine Grenze ziehen und dem Menschen um seiner selbst
willen dienen, sehen die Verfassungsrichter einen Bezug zum höchsten
Verfassungsgut: der Menschenwürde.
 Sonntagsöffnungen im Einzelhandel müssen im öffentlichen Interesse stehen.
Dieses muss umso bedeutsamer sein, je umfangreicher die
Verkaufsveranstaltungen sind. Ein bloßes „Shopping-Interesse“ von Kunden
oder ein wirtschaftliches Interesse von Händlern rechtfertigt dagegen laut
Bundesverfassungsgericht keine verkaufsoffenen Sonntage.
Die Begründungen dieses Urteils vertieften und verstärkten unsere Argumentation für
den arbeitsfreien Sonntag. Derzeit engagieren sich in Bayern, Baden Württemberg,
Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordrhein-Westfahlen, Sachsen und in über achtzig
Kommunen Allianzen für den arbeitsfreien Sonntag. Sie verstehen sich in ihrem
Engagement als politisch unparteilicher Zusammenschluss.
Eure Erfahrungen sind nicht nur in Deutschland auf fruchtbaren Boden gefallen. In
Frankreich, Großbritannien, Südtirol, Polen und der Slowakei haben sich Allianzen
und Initiativen für den freien Sonntag gegründet. Von den Europäischen
Gewerkschaften, den Kirchen und der Europäischen Katholischen Arbeitnehmer
Bewegung wissen wird, dass in vielen anderen europäischen Ländern die Diskussion
für einen arbeitsfreien Sonntag „Fahrt aufnimmt“.
Wir wissen um die besondere Bedeutung von Europa. Globalisierter Wettbewerb der
Güter und Dienstleistungen erfordert auch globalisierte Rahmenbedingungen, um
nicht der Wirtschaft unsere Gesundheit und die Vorzüge eines gemeinschaftlichen
Lebens zu „opfern“. Die Finanzkrise zeigt, dass der freie Markt auch die Lebensqualität vieler Menschen vernichten kann.
Deshalb ist es für Euch und für uns wichtig, die Bedeutung des freien Sonntags in der
europäischen Arbeitszeitrichtlinie zu verankern. Damit dies gelingen kann, haben sich
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über 60 Organisationen aus den Bereichen der Zivilgesellschaft, der Kirchen und der
Gewerkschaften, aus 14 europäischen Ländern, zur Europäischen Sonntagsallianz
zusammengeschlossen. Wesentliche Unterstützung fand diese Initiative durch
COMECE, der Kommission der Bischofskonferenzen in der Europäischen Union, die
Konferenz der Europäischen Kirchen, der Europäischen Gewerkschaft UNI Handel und
den nationalen Allianzen in Österreich und Deutschland.
In der Gründungserklärung wird der arbeitsfreie Sonntag auch im Zusammenhang
mit einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen und menschenwürdigen
Arbeitszeiten gesehen. Dies wird immer bedeutender, wenn die gesundheitlichen
Auswirkungen von Sonntagsarbeit analysiert werden. Emotionale Erschöpfung,
Stress am Arbeitsplatz, psychosomatische gesundheitliche Probleme nehmen durch
die Sonntagsarbeit zu. Die Folgen sind vermehrte Krankheitstage und erhöhte
Unfallgefahr. Signifikant negative Auswirkungen auf die Familien, insbesondere auf
die Entwicklung der Kinder wurden festgestellt. Deshalb ist es notwendig, dass
Europa die Lebenslagen und Bedürfnisse der Menschen stärker in den Blick nimmt,
um den sozialen Zusammenhalt zu stärken.
Unsere Auffassung wird durch die Argumentation des Europäischen Gerichtshofs
gestärkt.
Der Europäische Gerichtshof hat in der Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung, vom
23. November 1993, die Bestimmung über die wöchentliche Mindestruhezeit, die
„grundsätzlich den Sonntag einschließt“, als nichtig erklärt.
Dies hat er mit dem Hinweis verbunden, dass der „Rat es versäumt hat, den Sonntag
als wöchentlichen Ruhetag in engerem Zusammenhang mit der Gesundheit und
Sicherheit der Arbeitnehmer zu begründen.“
Daraus ist zu folgern, dass der Schutz des Sonntags „als solcher“ nicht außerhalb
des Anwendungsbereichs der Richtlinie fällt, sondern dass er nicht ausreichend
begründet wurde. Diese Begründung will die Europäische Sonntagsallianz dem Rat
liefern und wenn erforderlich, mit einem europäischen Bürgerbegehren unterstützen.
Sehr geehrte Damen und Herren, der gemeinsame freie Sonntag ist das Symbol
dafür, dass Leben mehr ist als Arbeit, dass eine menschliche Gesellschaft mehr
bedeutet als erfolgreiche Wirtschaft. Denn, das Leben ist mehr als Arbeit, Produktion
und Geld verdienen. Der Zeittakt der Wirtschaft und die geplante und verplante Zeit
der Arbeit hat eine sinnvolle Grenze: den Sonntag. Der Sonntag ist der einzige Tag
der Woche, der sich ökonomisch nicht rechnen muss. Er ist ein Symbol der Freiheit.
Wir arbeiten, um zu leben, um zu lieben, um unser Leben zu entfalten und unseren
Glauben zu feiern.
Deshalb ist der Sonntag ist ein Geschenk des Himmels.
10 Jahre Allianz für den freien Sonntag Österreich, 18.10.2011, Parlament
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