- Katholische Sozialakademie Österreichs

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„Projekt Sozialwort" der 14 christlichen Kirchen im
Ökumenischen Rat in Österreich
Stellungnahme des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und
Kultur zu den Kapiteln „Bildung" und „Kinder und junge Menschen"
1. Einleitung
Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur begrüßt das
Engagement des ökumenischen Rates der 14 christlichen Kirchen in Österreich, die
sich mit den wesentlichen sozialen Bereichen der zivilen Gesellschaft
beschäftigen.
Verantwortliche Bildungspolitik gehört neben der Wirtschafts- und Sozialpolitik
zu den Grundpfeilern bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung.
Dieser Herausforderung trägt auch das Regierungsprogramm vom Februar 2000
Rechnung.
Neben materiellen Zuwendungen ist der Armut und der sozialen Ausgrenzung mit
einem qualifizierten Schul- und Berufsausbildungssystem zu begegnen. Wesentliche
Qualitätsmerkmale des österreichischen Bildungssystems sind freier Zugang,
allgemeine Schulpflicht, Schulgeldfreiheit in öffentlichen Schulen,
Differenziertheit in den Ausbildungsgängen mit qualifizierten Abschlüssen sowie
Programme zur spezifischen Förderung der Mädchen und Frauen im gesamten
Bildungsbereich, Programme zu lebenslangem Lernen, die Integration Behinderter
im gesamten Bereich der Pflichtschulen, Maßnahmen für sozial Benachteiligte und
Migrant/innen, zur Durchlässigkeit sowie soziale Förder- und
Unterstützungsmaßnahmen bis hin zur besonderen Förderung von Begabungen und
Begabten..
Die öffentlichen Schulen in Österreich sind allgemein ohne Unterschied der
Geburt, des Geschlechtes, der Rasse, des Standes, der Klasse, der Sprache und
des Bekenntnisses zugänglich (Recht auf Bildung).
Seit 1975 sind die Schulklassen grundsätzlich koedukativ zu führen, der Besuch
der öffentlichen Schule ist unentgeltlich.
Das österreichische Schul- und Ausbildungssystem ist differenziert und
durchlässig (Übertrittsregelungen) und ermöglicht daher größtmögliche
Chancengerechtigkeit in der Bildung.
Im Pflichtschulbereich ist der gemeinsame Unterricht nicht behinderter und
behinderter Schuler/innen von der 1. bis zur 8. Schulstufe gesetzlich geregelt,
was als wesentlicher Beitrag zur sozialen Integration behinderter Menschen
angesehen werden kann. Die Einbeziehung der Polytechnischen Schule in dieses
Integrationssystem ist als nächster Schritt geplant, damit ist die Integration
behinderter Schüler im gesamten Pflichtschulwesen abgeschlossen.
Für autochthone Minderheiten im Burgenland und in Kärnten gelten spezifische
Schulgesetze, die der Förderung der jeweiligen Volksgruppensprache (Slowenisch,
Kroatisch und Ungarisch) dienen.
Berufsorientierung, Berufsvorbereitung, Angebote der Erwachsenenbildung
gemeinsam mit
qualitätsvoller, zielgruppengerechter und unentgeltlicher Bildungsinformation
und -beratung in allen Schul- und Ausbildungsformen sind präventive Maßnahmen
zur Bekämpfung der Armut und sozialen Ausgrenzung.
Geschlechtsspezifische Aspekte in den Lehrplänen wurden durch Einführung des
Unterrichtsprinzips "Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern" in
allen Lehrplanen berücksichtigt.
Schulen aller Schularten bieten in sehr unterschiedlichen Organisationsformen
„Soziales Lernen" für Schüler/innen an und unterstützen die
Persönlichkeitsentwicklung.
Diese individuelle Dimension der Erziehung wird durch den Auftrag zur
„Gemeinschaftserziehung" als wesentliches Ziel sozialen Lernens in besonderer
Weise im § 2 des Schulorganisationsgesetzes angesprochen und stellt somit die
grundsätzliche Ausrichtung von Bildung und Erziehung auf ein friedvolles
Zusammenleben aller Bürger/innen dar.
2. Stellungnahme zu einzelnen Kritikpunkten im Sozialbericht
Im Kapitel „Kinder und Jugendliche" ist beim Thema „Schule" auf Seite 105 in der
Einleitung von „enormen Einsparungen der Bundesregierung" die Rede. Bezogen wird
diese Aussage auf 264 Nennungen, die meinen, dass der soziale Konfliktherd
verschärft wird, nämlich durch Einsparungen bei Schulbüchern, Kürzungen von
Lehrerposten, Freigegenständen und Klassenvorstandstätigkeit. Diese
pauschalierende Klassifizierung trifft nicht zu.
Vielmehr wurde das Bildungsbudget ausgeweitet. Im Jahr 2002 hat das
Bildungsbudget mit 8 Milliarden Euro den höchsten Anteil an den Ausgaben aller
Ministerien erreicht, den es je gegeben hat.
Für Studienförderung stehen zusätzliche Mittel in der Höhe von etwa 33 Millionen
Euro zur Verfügung.
Die Stunden für den Unterricht in den Schulen werden nach dem gleichen System
und im gleichen Umfang wie in den vergangenen Jahren zur Verfügung stehen.
Zusätzlich wird durch die Computermilliarde im Bereich der Informationstechnik
an Schulen, z.B. für ein Aufrüstungsprogramm in der Computerausstattung, für
eine Intensivierung der Lehrerfortbildung und für eine bessere Ausbildung in
diesen zukunftsweisenden Technologien gesorgt. Die Bundesregierung hat damit
einen eindeutigen Schwerpunkt für die Zukunft gesetzt.
Die durch die Budgetbegleitgesetze beschlossenen Maßnahmen verändern zwar die
Form der Abgeltung für Klassenvorstandstätigkeiten und Kustodiate, ermöglichen
aber so einen gezielten Ressourceneinsatz unter Beachtung der pädagogischen
Aufgaben dieser Tätigkeit.
Bei den Schulbüchern, deren Finanzierung vom BMSG aus Mitteln des
Familienlastenausgleichsfonds erfolgt, blieb der Höchstbetrag pro Schuler/in die
letzten vier Jahre gleich, wurde aber für das Schuljahr 2002/2003 für
Schuler/innen der 1- bis 8. Schulstufe um 4 % erhöht.
Kritisiert wird ebenfalls auf Seite 105, dass Schul-Sozialarbeit nicht etabliert
ist und dies obwohl Österreich das achtreichste Land ist.
Dem stehen eine Reihe von gleichartigen Stützmaßnahmen wie
Beratungslehrer/innen, Begleitlehrer/innen, Schülerberater/innen oder
Schulpsycholog/innen gegenüber, die funktionell im Sinne von „Schulsozialarbeit"
tätig sind. Im übrigen wären „Sozialarbeiter/innen" als nicht lehrendes Personal
von Schulerhaltern (dazu gehören auch die Kirchen) bereitzustellen.
Die Aussage „Österreich hat damit als achtreichstes Land bei weitem nicht den
Standard von anderen europäischen Ländern", lässt jede Kenntnis einer
vergleichenden Pädagogik oder internationaler bench-marks vermissen, weil
Österreich - was die Ausgaben für das Bildungssystem anbelangt (Anteil am BIP) weltweit zu den Spitzenreitern zählt.
3. Stellungnahmen zum Inhalt des Sozialberichtes
3.1. „Lebenslanges Lernen"
Die Behauptung auf Seite 48, die Schule verliere ihren Vorbereitungscharakter
ist vor dem Hintergrund lebenslangen Lernens keinesfalls schlüssig. Die
Überlegung, lebensbegleitendes Lernen müsse das „Fehlende einer schulischen
Ausbildung" ersetzen, kann schon deswegen nicht zielführend sein, weil nach
erfolgter schulischer Ausbildung - bedingt durch den Arbeitsmarkt - so starke
Mobilitätsfaktoren wirken, dass im Sinne des Wohlfahrtsstaates Österreich
notwendige Steuerungen und Förderungen gesetzt werden müssen.
Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer betont immer wieder: „Bildung ist mehr
als `Beschäftigungsfähigkeit`, denn sie muss die Entwicklung der gesamthaften
Persönlichkeit als Zielsetzung haben. Zu dieser gesamthaften
Persönlichkeitsbildung gehören grundlegendes Wissen, Fähigkeiten und
Kompetenzen, aber auch musisch-kreative Bildung, gesundheitliche und sportliche
Erziehung sowie Wertevermittlung".
Die Förderungen im Rahmen der allgemeinen Erwachsenenbildung des BMBWK verfolgen
daher unter anderem auch jene allgemeinen Ziele, die der „Sozialbericht" für
wesentlich erachtet: die Förderung der kommunikativen Fähigkeiten, das Verstehen
von Zusammenhängen, den kritischen Umgang mit Informationen und die politische
Bildung.
Die Förderungen des BMBWK berücksichtigen auch weiterhin in erster Linie die
allgemeine Erwachsenenbildung; unter anderem auch deshalb, da berufsbildende
Inhalte von anderen Ressorts (BMWA, BMLFUW, BMSG) beziehungsweise vom AMS
unterstützt werden. Nicht zuletzt aus diesem Grunde wird das „Forum katholischer
Erwachsenenbildung" mit einem der höchsten Beträge für strukturbildende
Maßnahmen von über € 1.000.000,00 durch das BMBWK gefördert.
Die Weiterbildung der - häufig ehrenamtlich tätigen - Mitarbeiterinnen der
Erwachsenenbildung ist daher gleichfalls ein wichtiges Anliegen des BMBWK. Der
vom BMBWK geförderte und gemeinsam vom Bundesinstitut für Erwachsenenbildung mit
den KEBÖ- Verbänden konzipierte Lehrgang „Eb-profi" unterstützt dieses Anliegen,
indem nicht nur die Vermittlung fachlicher Qualifikationen im Vordergrund steht,
sondern auch die Arbeit in und mit sozialen Systemen sowie die Analyse der
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen einen Schwerpunkt der Qualifizierung
bilden.
Auch der Lehrgang universitären Charakters „Bildungsmanagement" verfolgt eine
ähnliche Zielsetzung, wobei auch in diesem Fall eine gute Zusammenarbeit des
Bundesinstituts für Erwachsenenbildung mit einzelnen KEBÖ- Verbänden etabliert
werden konnte. Eine Beteiligung der kirchlichen Einrichtungen der
Erwachsenenbildung auch an dieser Arbeitsgemeinschaft würde durch das BMBWK
ausdrücklich begrüßt werden.
Vor allem wird das Engagement der kirchlichen Einrichtungen der
Erwachsenenbildung für benachteiligte Gruppen begrüßt. Auch das BMBWK
berücksichtigt diese Anliegen bei seinen Förderprogrammen. So wird im Rahmen des
2. Bildungswegs seitens des BMBWK das Nachholen des Hauptschulabschlusses
gefördert, um die gesellschaftliche Integration und die Beschäftigungsfähigkeit
von Personen mit abgebrochener schulischer Ausbildung zu unterstützen.
Im „Österreichischen Länderbericht" zum „Memorandum über lebenslanges Lernen"
der Europäischen Kommission wurde dazu als genereller strategischer Ansatz
festgehalten: „Zielgruppen, die besonderer öffentlicher Förderung hinsichtlich
der Weiterbildungsbeteiligung bedürfen (über 45-Jahrige, periphere Regionen,
niedrige Qualifikation u.a.) sollen vermehrt gefördert werden, wobei auch
Menschen mit Behinderungen oder sonstigen Benachteiligungen einzubeziehen und
entsprechende Maßnahmen für diese vorzusehen sind."
Auch Fragen des multikulturellen Zusammenlebens sind davon berührt, indem ein
hoher Prozentsatz der Teilnehmer/innen dieser Maßnahmen ausländischer Abstammung
ist. Für Migrantinnen und Migranten sowie benachteiligte Gruppen wurden daher
zusätzliche spezifische Maßnahmen entwickelt, die den besonderen Bedürfnissen
angepasst sind. So wurden etwa spezielle Deutschkurse für Migrant/innen
durchgeführt: Für die insgesamt 1084 Teilnehmer/innen dieser Maßnahmen im Jahr
2001 wurden € 166.350,00 an Fördermitteln aufgewendet.
Darüber hinaus fördert das Bildungsressort aber auch in breitem Ausmaß das
Absolvieren der Studienberechtigungs- und der Berufsreifeprüfung, um
Bildungsbenachteiligungen, Aufstiegsbenachteiligungen und berufliche
Benachteiligungen abzubauen.
Förderungen für das Nachholen des Hauptschulabschlusses, aber auch für die
Berufsreifeprüfung und Studienberechtigungsprüfung, berücksichtigen außerdem,
dass die geförderten Einrichtungen besonders benachteiligten Gruppen
Ermäßigungen, in Einzelfällen die kostenlose Teilnahme, ermöglichen können.
In diesem Zusammenhang wird auch der Ansatz des „Sozialberichts" begrüßt, über
Bildungsmaßnahmen eine Stärkung der Stellung der Frauen anzustreben.
Ein wesentliches Ziel der Erwachsenenbildungspolitik des BMBWK liegt darin,
Frauen, die keine oder geringe Erfahrungen mit den neuen Medien und mit neuen
Lernformen haben, einen niederschwelligen Zugang zu Computer, Internet und
Lernsoftware zu ermöglichen. Als gezielte Maßnahme kann in diesem Zusammenhang
der IT-Frauenschwerpunkt 2002 genannt werden, der jährliche Fördermittel in der
Höhe von € 760.000,00 vorsieht: Im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative EQUAL wird
2002-2005 Know-how zum Aufbau von offenen Lernsystemen für Frauen erarbeitet,
eine frauenadäquate Didaktik und Methodik für Qualifizierungsmaßnahmen im IKTBereich entwickelt sowie ein Curriculum zur Aus- und Weiterbildung von
Tutorinnen weiterentwickelt. Zusätzlich werden Qualitätskriterien für IKTBildungsprogramme für Frauen formuliert, die zu einem Zertifikat führen sollen.
Budgetär sind für diese Maßnahmen über den Zeitraum von drei Jahren € 2,03 Mio.
veranschlagt.
Weiters kann auf die laufenden Bemühungen des BMBWK hingewiesen werden, durch
eine verbesserte Zusammenarbeit mit anderen, mit der Programmatik des
lebenslangen Lernens gleichfalls befassten Ressort, wie z.B. BMSG, innovative
und effektive Maßnahmen zur Förderung des lebenslangen Lernens umzusetzen.
Da sich die Zielsetzungen des Ökumenischen Rates im „Sozialbericht" und die
bildungspolitischen Zielsetzungen des BMBWK in zentralen Bereichen decken,
erscheinen Ausbau und Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen den kirchlichen
Bildungseinrichtungen sowie dem BMBWK wünschenswert, zumal die Verwirklichung
der „Wissensgesellschaft" und insbesondere einer Gesellschaft mit sozialen
Zielen der gemeinsamen Anstrengung aller gesellschaftlichen Kräfte bedarf
3.2. Das Verständnis von Politischer Bildung
Das Verständnis von Politischer Bildung im Sozialbericht unterscheidet sich
wesentlich von der Definition im Grundsatzerlass zum Unterrichtsprinzip
„Politische Bildung".
Der Begriff "Politische Bildung" (Seite 50) wird sehr undifferenziert verwendet;
scheinbar steht er lediglich als Synonym für "Erwachsenenbildung" bzw.
"berufliche Weiterqualifikation von Erwachsenen".
Dieses Verständnis von Politischer Bildung, die jeden Menschen, der hier wohnt,
dazu befähigen soll, an politischen Prozessen in einer demokratisch orientierten
Gesellschaft teilzunehmen, greift zu kurz. Dem entsprechend vage und allgemein
sind auch die Vorstellungen und Überlegungen, was angeboten werden soll.
Vielfach zeigt sich aber, dass die wesentlichen Kenntnisse über Grundlagen
(Institutionen, Regeln, Prozesse) sowie das nötigste an Handlungskompetenzen einfach nur Fertigkeiten (woher bekomme ich welche Informationen über Politik;
welche Rechtsgrundlagen regeln was; wie kann ich dadurch meine Rechte verfolgen;
oder noch simpler: wie leite ich Sitzungen) in der Schule fächerübergreifend zu
vermitteln sind.
„Politische Bildung zielt auf das Verhalten in einer demokratischen Gesellschaft
ab.
In Lehrvorhaben zur Politischen Bildung sollen daher die dafür nötigen
Kompetenzen vermittelt werden: Sachkompetenz, mit dem Wissen Ober Institutionen,
Verfassung, Gesetze, Regelungen, etc.; Methodenkompetenz, wodurch
Analysefähigkeit, Kritikfähigkeit, Urteilsfähigkeit vermittelt werden sollen,
sowie Handlungskompetenz, also die Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten,
aktiv an politischen Prozessen teilzunehmen (Soziale Kompetenz; Fertigkeiten,
wie Leiten von Sitzungen, Erstellen von Statuten oder Regelungen; Produktion von
Medien, etc.).
Im Bereich der Schulen existiert in allen Oberstufenschultypen ein
Pflichtgegenstand, in dem auch Politische Bildung mit den oben genannten
Inhalten vermittelt werden sollen. In der Erwachsenenbildung gibt es zahlreiche
Einrichtungen, Initiativen und Vorhaben, die Politische Bildung im genannten
Sinne anzubieten."
3.3. Gewalt in der Schule und Friedenserziehung - soziale Kompetenz
Den Aussagen im Sozialbericht zum Thema „Gewalt in der Schule" ist grundsätzlich
zuzustimmen. Selbstverständlich ist auch die Einübung und Anwendung gewaltfreier
Strategien der Konfliktlösung ein bereits längerfristiges Anliegen im
Bildungsbereich.
Auf der Ebene der Lehrerbildung gibt es qualifizierte Schulungsangebote (z.B.
Fachseminare), auf der Klassen- bzw. Schulebene haben sich Modelle wie PeerMediation, Streitschlichterprogramme und insbesondere soziales Kompetenztraining
(z.B. Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit und Konfliktfähigkeit)
bewährt.
Die Schulen werden in ihrem Bemühen um den richtigen Umgang mit Aggression und
Gewalt weiters durch eine Initiative zur Erhöhung der sozialen Kompetenz im
Umgang mit kritischen Situationen an Schulen (Bedrohung durch Fremdaggression
eines bewaffneten Schülers, suizidale Krise einer Schülerin als Modellfälle für
ein videostimuliertes Probeverhalten in kritischen Situationen) sowie durch eine
Handreichung mit vielen Impulsen zur Deeskalation bzw. zum rechtzeitigen
Erkennen und präventiven Behandeln kritischer Entwicklungen an der Schule
unterstützt. In ganz Österreich wurden Kriseninterventionsnetze eingerichtet und
Krisenpläne erarbeitet.
Die Möglichkeit Verhaltensvereinbarungen zwischen den Schulpartnern
einvernehmlich zu entwickeln und abzuschließen unterstützt das positive
Miteinander aller Beteiligten in den Schulen.
3.4. Zukunft der Bildung
Das BMBWK stimmt mit der Feststellung auf Seite 52 überein, dass der
kalkulierbare Ausweg aus der Armutsfalle ganz wesentlich über den Schlüssel der
Bildung und Begleitung junger Menschen führt. Die Sicherstellung des „freien
Zugangs zu Bildungsangeboten für alle, die sozial-politische Funktion von
Bildung im gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Weiterentwicklung der
interkulturellen Perspektive" sind unter den bestehenden Rahmenbedingungen, die
in der Einleitung aufgeführt sind, auch für die Zukunft gewährleistet.
Der Forderung nach „Bildungsmaßnahmen in leistbaren Angeboten zur Weiter- und
Fortbildung" (Seite 53) ist uneingeschränkt zuzustimmen: die kirchlichen
Institutionen beschreiten hier seit jeher einen beispielgebenden Weg, der auch
von staatlichen Institutionen vielfach mitgetragen wird. Der Erkenntnis, dass
Bildungsideale auch Grenzen haben, wird unter international anerkannter
Programmatik der sozialen Integration - besonders im Schulwesen - Rechnung
getragen. Die Feststellung, dass eine Betonung der „defizitorientierten
Sichtweise" zu Ungunsten individueller Maßstäbe breiter Raum eingeräumt wird,
ist eine unzulässige Pauschalierung.
Sich um Mitmenschen zu kümmern, die in irgendeiner Form benachteiligt sind, hat
unter anderem zum Ziel, Immigrant/innen den Zugang zur neuen „Heimat" nachhaltig
positiv zu ermöglichen. Die Arbeit in den Schulen zeigt, dass gerade frühzeitige
Integrationsbemühungen Vorurteile abbauen und Feindbildern entgegen wirken.
Die Integration behinderter Schüler/innen ist von der 1. bis 8. Schulstufe
bereits gesetzlich geregelt. Durch die Schulversuche an Polytechnischen Schulen
sind die Integrationsmöglichkeiten bis zum Ende der Pflichtschulzeit
sichergestellt.
Nach dem Abschluss der schulischen Förderung in allgemein bildenden Schulen ist
die Eingliederung in das Arbeitsleben eine der wichtigsten Aufgaben für eine
Teilhabe behinderter Menschen am Leben der Gesellschaft.
Die Maßnahmen im Zusammenhang mit der „Behindertenmilliarde" bieten zusätzliche
Hilfestellungen für die berufliche Eingliederung.
4. Stellungnahme zu den einzelnen Positionen im Sozialbericht
Der Sozialbericht fordert berechtigt die Intensivierung nicht nur des kognitiven
Wissens, sondern betont auf Seite 52 die mindestens ebenso wichtige Förderung
der Herzensbildung bzw. Persönlichkeitsbildung. Gerade in der Vergangenheit
haben Schulen besonderes Engagement dann gezeigt, wenn es galt, durch
Katastrophen in Not geratene Menschen zu unterstützen.
Die Forderung nach Einführung der Friedenserziehung in Schulen als
Unterrichtsprinzip (Seite 105) ist nicht nur aus der Perspektive der
christlichen Kirchen verständlich, sondern ist in seiner Bedeutung für den
gesellschaftlichen Zusammenhalt und die gesellschaftliche Weiterentwicklung von
gesamtstaatlichem bzw. gesamteuropäischen Interesse.
Der wichtige Bereich Friedenserziehung findet sich schon in den
Unterrichtsprinzipien Interkulturelles Lernen und Politische Bildung wieder.
Nachdem auch im vorliegenden Sozialbericht davon gesprochen wird (Seite 51),
dass soziale Kompetenz etwas Übergreifendes darstellt, wäre kritisch zu fragen,
ob die Einführung eines eigenen Pflichtgegenstandes „Soziale Kompetenz" im Sinne
einer möglicherweise damit verbundenen Verschulungstendenz kontraproduktiv sein
könnte. Derartige Kompetenzen sind anhand konkreter Inhalte durch einübendes
Handeln nicht nur im Rahmen des bestehenden Gegenstandskatalogs erwerbbar
sondern darüber hinaus im alltäglichen Umgang der Schülerinnen und Schüler
miteinander und mit den anderen Schulpartnern erfahrbar zu machen.
Die Anregung, neue Schultypen mit sozialen Schwerpunkten (Seite 52) im
Schulsystem zu verankern, ist durch die spezifische Bevölkerungsstruktur eine
notwendige und wertvolle Anregung, die weiterverfolgt wird. Demnach muss
festgehalten werden, dass diesbezüglich bereits sowohl in der Polytechnischen
Schule als auch im berufsbildenden Schulwesen in den jeweiligen Lehrplänen
wichtige soziale Berufsfelder und diesbezügliche Kompetenzen vermittelt werden.
Der Vorschlag nach Errichtung von Elternschulen (Seite 104) wurde mittlerweile
vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generation in Zusammenarbeit
mit dem BMBWK umgesetzt.
Auf Seite 108 wird die Forderung erhoben, dass „per Gesetz jeder Jugendliche,
ganz gleich ob In- oder Ausländer, einen Beruf erlernen dürfen muss", die
Ausbildung wäre vom Staat zu bezahlen. Diese Bezugnahme auf die
Berufsausbildungssituation berücksichtigt zu wenig die Tatsache, dass durch das
Berufsausbildungsrecht und die begleitenden Regelungen bezüglich des dualen
Ausbildungssystems (Berufsschulpflicht) diese prinzipielle Forderung auf
Gesetzesebene eingelöst ist.
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