„Projekt Sozialwort" der 14 christlichen Kirchen im Ökumenischen Rat in Österreich Stellungnahme des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu den Kapiteln „Bildung" und „Kinder und junge Menschen" 1. Einleitung Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur begrüßt das Engagement des ökumenischen Rates der 14 christlichen Kirchen in Österreich, die sich mit den wesentlichen sozialen Bereichen der zivilen Gesellschaft beschäftigen. Verantwortliche Bildungspolitik gehört neben der Wirtschafts- und Sozialpolitik zu den Grundpfeilern bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Dieser Herausforderung trägt auch das Regierungsprogramm vom Februar 2000 Rechnung. Neben materiellen Zuwendungen ist der Armut und der sozialen Ausgrenzung mit einem qualifizierten Schul- und Berufsausbildungssystem zu begegnen. Wesentliche Qualitätsmerkmale des österreichischen Bildungssystems sind freier Zugang, allgemeine Schulpflicht, Schulgeldfreiheit in öffentlichen Schulen, Differenziertheit in den Ausbildungsgängen mit qualifizierten Abschlüssen sowie Programme zur spezifischen Förderung der Mädchen und Frauen im gesamten Bildungsbereich, Programme zu lebenslangem Lernen, die Integration Behinderter im gesamten Bereich der Pflichtschulen, Maßnahmen für sozial Benachteiligte und Migrant/innen, zur Durchlässigkeit sowie soziale Förder- und Unterstützungsmaßnahmen bis hin zur besonderen Förderung von Begabungen und Begabten.. Die öffentlichen Schulen in Österreich sind allgemein ohne Unterschied der Geburt, des Geschlechtes, der Rasse, des Standes, der Klasse, der Sprache und des Bekenntnisses zugänglich (Recht auf Bildung). Seit 1975 sind die Schulklassen grundsätzlich koedukativ zu führen, der Besuch der öffentlichen Schule ist unentgeltlich. Das österreichische Schul- und Ausbildungssystem ist differenziert und durchlässig (Übertrittsregelungen) und ermöglicht daher größtmögliche Chancengerechtigkeit in der Bildung. Im Pflichtschulbereich ist der gemeinsame Unterricht nicht behinderter und behinderter Schuler/innen von der 1. bis zur 8. Schulstufe gesetzlich geregelt, was als wesentlicher Beitrag zur sozialen Integration behinderter Menschen angesehen werden kann. Die Einbeziehung der Polytechnischen Schule in dieses Integrationssystem ist als nächster Schritt geplant, damit ist die Integration behinderter Schüler im gesamten Pflichtschulwesen abgeschlossen. Für autochthone Minderheiten im Burgenland und in Kärnten gelten spezifische Schulgesetze, die der Förderung der jeweiligen Volksgruppensprache (Slowenisch, Kroatisch und Ungarisch) dienen. Berufsorientierung, Berufsvorbereitung, Angebote der Erwachsenenbildung gemeinsam mit qualitätsvoller, zielgruppengerechter und unentgeltlicher Bildungsinformation und -beratung in allen Schul- und Ausbildungsformen sind präventive Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut und sozialen Ausgrenzung. Geschlechtsspezifische Aspekte in den Lehrplänen wurden durch Einführung des Unterrichtsprinzips "Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern" in allen Lehrplanen berücksichtigt. Schulen aller Schularten bieten in sehr unterschiedlichen Organisationsformen „Soziales Lernen" für Schüler/innen an und unterstützen die Persönlichkeitsentwicklung. Diese individuelle Dimension der Erziehung wird durch den Auftrag zur „Gemeinschaftserziehung" als wesentliches Ziel sozialen Lernens in besonderer Weise im § 2 des Schulorganisationsgesetzes angesprochen und stellt somit die grundsätzliche Ausrichtung von Bildung und Erziehung auf ein friedvolles Zusammenleben aller Bürger/innen dar. 2. Stellungnahme zu einzelnen Kritikpunkten im Sozialbericht Im Kapitel „Kinder und Jugendliche" ist beim Thema „Schule" auf Seite 105 in der Einleitung von „enormen Einsparungen der Bundesregierung" die Rede. Bezogen wird diese Aussage auf 264 Nennungen, die meinen, dass der soziale Konfliktherd verschärft wird, nämlich durch Einsparungen bei Schulbüchern, Kürzungen von Lehrerposten, Freigegenständen und Klassenvorstandstätigkeit. Diese pauschalierende Klassifizierung trifft nicht zu. Vielmehr wurde das Bildungsbudget ausgeweitet. Im Jahr 2002 hat das Bildungsbudget mit 8 Milliarden Euro den höchsten Anteil an den Ausgaben aller Ministerien erreicht, den es je gegeben hat. Für Studienförderung stehen zusätzliche Mittel in der Höhe von etwa 33 Millionen Euro zur Verfügung. Die Stunden für den Unterricht in den Schulen werden nach dem gleichen System und im gleichen Umfang wie in den vergangenen Jahren zur Verfügung stehen. Zusätzlich wird durch die Computermilliarde im Bereich der Informationstechnik an Schulen, z.B. für ein Aufrüstungsprogramm in der Computerausstattung, für eine Intensivierung der Lehrerfortbildung und für eine bessere Ausbildung in diesen zukunftsweisenden Technologien gesorgt. Die Bundesregierung hat damit einen eindeutigen Schwerpunkt für die Zukunft gesetzt. Die durch die Budgetbegleitgesetze beschlossenen Maßnahmen verändern zwar die Form der Abgeltung für Klassenvorstandstätigkeiten und Kustodiate, ermöglichen aber so einen gezielten Ressourceneinsatz unter Beachtung der pädagogischen Aufgaben dieser Tätigkeit. Bei den Schulbüchern, deren Finanzierung vom BMSG aus Mitteln des Familienlastenausgleichsfonds erfolgt, blieb der Höchstbetrag pro Schuler/in die letzten vier Jahre gleich, wurde aber für das Schuljahr 2002/2003 für Schuler/innen der 1- bis 8. Schulstufe um 4 % erhöht. Kritisiert wird ebenfalls auf Seite 105, dass Schul-Sozialarbeit nicht etabliert ist und dies obwohl Österreich das achtreichste Land ist. Dem stehen eine Reihe von gleichartigen Stützmaßnahmen wie Beratungslehrer/innen, Begleitlehrer/innen, Schülerberater/innen oder Schulpsycholog/innen gegenüber, die funktionell im Sinne von „Schulsozialarbeit" tätig sind. Im übrigen wären „Sozialarbeiter/innen" als nicht lehrendes Personal von Schulerhaltern (dazu gehören auch die Kirchen) bereitzustellen. Die Aussage „Österreich hat damit als achtreichstes Land bei weitem nicht den Standard von anderen europäischen Ländern", lässt jede Kenntnis einer vergleichenden Pädagogik oder internationaler bench-marks vermissen, weil Österreich - was die Ausgaben für das Bildungssystem anbelangt (Anteil am BIP) weltweit zu den Spitzenreitern zählt. 3. Stellungnahmen zum Inhalt des Sozialberichtes 3.1. „Lebenslanges Lernen" Die Behauptung auf Seite 48, die Schule verliere ihren Vorbereitungscharakter ist vor dem Hintergrund lebenslangen Lernens keinesfalls schlüssig. Die Überlegung, lebensbegleitendes Lernen müsse das „Fehlende einer schulischen Ausbildung" ersetzen, kann schon deswegen nicht zielführend sein, weil nach erfolgter schulischer Ausbildung - bedingt durch den Arbeitsmarkt - so starke Mobilitätsfaktoren wirken, dass im Sinne des Wohlfahrtsstaates Österreich notwendige Steuerungen und Förderungen gesetzt werden müssen. Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer betont immer wieder: „Bildung ist mehr als `Beschäftigungsfähigkeit`, denn sie muss die Entwicklung der gesamthaften Persönlichkeit als Zielsetzung haben. Zu dieser gesamthaften Persönlichkeitsbildung gehören grundlegendes Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen, aber auch musisch-kreative Bildung, gesundheitliche und sportliche Erziehung sowie Wertevermittlung". Die Förderungen im Rahmen der allgemeinen Erwachsenenbildung des BMBWK verfolgen daher unter anderem auch jene allgemeinen Ziele, die der „Sozialbericht" für wesentlich erachtet: die Förderung der kommunikativen Fähigkeiten, das Verstehen von Zusammenhängen, den kritischen Umgang mit Informationen und die politische Bildung. Die Förderungen des BMBWK berücksichtigen auch weiterhin in erster Linie die allgemeine Erwachsenenbildung; unter anderem auch deshalb, da berufsbildende Inhalte von anderen Ressorts (BMWA, BMLFUW, BMSG) beziehungsweise vom AMS unterstützt werden. Nicht zuletzt aus diesem Grunde wird das „Forum katholischer Erwachsenenbildung" mit einem der höchsten Beträge für strukturbildende Maßnahmen von über € 1.000.000,00 durch das BMBWK gefördert. Die Weiterbildung der - häufig ehrenamtlich tätigen - Mitarbeiterinnen der Erwachsenenbildung ist daher gleichfalls ein wichtiges Anliegen des BMBWK. Der vom BMBWK geförderte und gemeinsam vom Bundesinstitut für Erwachsenenbildung mit den KEBÖ- Verbänden konzipierte Lehrgang „Eb-profi" unterstützt dieses Anliegen, indem nicht nur die Vermittlung fachlicher Qualifikationen im Vordergrund steht, sondern auch die Arbeit in und mit sozialen Systemen sowie die Analyse der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen einen Schwerpunkt der Qualifizierung bilden. Auch der Lehrgang universitären Charakters „Bildungsmanagement" verfolgt eine ähnliche Zielsetzung, wobei auch in diesem Fall eine gute Zusammenarbeit des Bundesinstituts für Erwachsenenbildung mit einzelnen KEBÖ- Verbänden etabliert werden konnte. Eine Beteiligung der kirchlichen Einrichtungen der Erwachsenenbildung auch an dieser Arbeitsgemeinschaft würde durch das BMBWK ausdrücklich begrüßt werden. Vor allem wird das Engagement der kirchlichen Einrichtungen der Erwachsenenbildung für benachteiligte Gruppen begrüßt. Auch das BMBWK berücksichtigt diese Anliegen bei seinen Förderprogrammen. So wird im Rahmen des 2. Bildungswegs seitens des BMBWK das Nachholen des Hauptschulabschlusses gefördert, um die gesellschaftliche Integration und die Beschäftigungsfähigkeit von Personen mit abgebrochener schulischer Ausbildung zu unterstützen. Im „Österreichischen Länderbericht" zum „Memorandum über lebenslanges Lernen" der Europäischen Kommission wurde dazu als genereller strategischer Ansatz festgehalten: „Zielgruppen, die besonderer öffentlicher Förderung hinsichtlich der Weiterbildungsbeteiligung bedürfen (über 45-Jahrige, periphere Regionen, niedrige Qualifikation u.a.) sollen vermehrt gefördert werden, wobei auch Menschen mit Behinderungen oder sonstigen Benachteiligungen einzubeziehen und entsprechende Maßnahmen für diese vorzusehen sind." Auch Fragen des multikulturellen Zusammenlebens sind davon berührt, indem ein hoher Prozentsatz der Teilnehmer/innen dieser Maßnahmen ausländischer Abstammung ist. Für Migrantinnen und Migranten sowie benachteiligte Gruppen wurden daher zusätzliche spezifische Maßnahmen entwickelt, die den besonderen Bedürfnissen angepasst sind. So wurden etwa spezielle Deutschkurse für Migrant/innen durchgeführt: Für die insgesamt 1084 Teilnehmer/innen dieser Maßnahmen im Jahr 2001 wurden € 166.350,00 an Fördermitteln aufgewendet. Darüber hinaus fördert das Bildungsressort aber auch in breitem Ausmaß das Absolvieren der Studienberechtigungs- und der Berufsreifeprüfung, um Bildungsbenachteiligungen, Aufstiegsbenachteiligungen und berufliche Benachteiligungen abzubauen. Förderungen für das Nachholen des Hauptschulabschlusses, aber auch für die Berufsreifeprüfung und Studienberechtigungsprüfung, berücksichtigen außerdem, dass die geförderten Einrichtungen besonders benachteiligten Gruppen Ermäßigungen, in Einzelfällen die kostenlose Teilnahme, ermöglichen können. In diesem Zusammenhang wird auch der Ansatz des „Sozialberichts" begrüßt, über Bildungsmaßnahmen eine Stärkung der Stellung der Frauen anzustreben. Ein wesentliches Ziel der Erwachsenenbildungspolitik des BMBWK liegt darin, Frauen, die keine oder geringe Erfahrungen mit den neuen Medien und mit neuen Lernformen haben, einen niederschwelligen Zugang zu Computer, Internet und Lernsoftware zu ermöglichen. Als gezielte Maßnahme kann in diesem Zusammenhang der IT-Frauenschwerpunkt 2002 genannt werden, der jährliche Fördermittel in der Höhe von € 760.000,00 vorsieht: Im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative EQUAL wird 2002-2005 Know-how zum Aufbau von offenen Lernsystemen für Frauen erarbeitet, eine frauenadäquate Didaktik und Methodik für Qualifizierungsmaßnahmen im IKTBereich entwickelt sowie ein Curriculum zur Aus- und Weiterbildung von Tutorinnen weiterentwickelt. Zusätzlich werden Qualitätskriterien für IKTBildungsprogramme für Frauen formuliert, die zu einem Zertifikat führen sollen. Budgetär sind für diese Maßnahmen über den Zeitraum von drei Jahren € 2,03 Mio. veranschlagt. Weiters kann auf die laufenden Bemühungen des BMBWK hingewiesen werden, durch eine verbesserte Zusammenarbeit mit anderen, mit der Programmatik des lebenslangen Lernens gleichfalls befassten Ressort, wie z.B. BMSG, innovative und effektive Maßnahmen zur Förderung des lebenslangen Lernens umzusetzen. Da sich die Zielsetzungen des Ökumenischen Rates im „Sozialbericht" und die bildungspolitischen Zielsetzungen des BMBWK in zentralen Bereichen decken, erscheinen Ausbau und Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen den kirchlichen Bildungseinrichtungen sowie dem BMBWK wünschenswert, zumal die Verwirklichung der „Wissensgesellschaft" und insbesondere einer Gesellschaft mit sozialen Zielen der gemeinsamen Anstrengung aller gesellschaftlichen Kräfte bedarf 3.2. Das Verständnis von Politischer Bildung Das Verständnis von Politischer Bildung im Sozialbericht unterscheidet sich wesentlich von der Definition im Grundsatzerlass zum Unterrichtsprinzip „Politische Bildung". Der Begriff "Politische Bildung" (Seite 50) wird sehr undifferenziert verwendet; scheinbar steht er lediglich als Synonym für "Erwachsenenbildung" bzw. "berufliche Weiterqualifikation von Erwachsenen". Dieses Verständnis von Politischer Bildung, die jeden Menschen, der hier wohnt, dazu befähigen soll, an politischen Prozessen in einer demokratisch orientierten Gesellschaft teilzunehmen, greift zu kurz. Dem entsprechend vage und allgemein sind auch die Vorstellungen und Überlegungen, was angeboten werden soll. Vielfach zeigt sich aber, dass die wesentlichen Kenntnisse über Grundlagen (Institutionen, Regeln, Prozesse) sowie das nötigste an Handlungskompetenzen einfach nur Fertigkeiten (woher bekomme ich welche Informationen über Politik; welche Rechtsgrundlagen regeln was; wie kann ich dadurch meine Rechte verfolgen; oder noch simpler: wie leite ich Sitzungen) in der Schule fächerübergreifend zu vermitteln sind. „Politische Bildung zielt auf das Verhalten in einer demokratischen Gesellschaft ab. In Lehrvorhaben zur Politischen Bildung sollen daher die dafür nötigen Kompetenzen vermittelt werden: Sachkompetenz, mit dem Wissen Ober Institutionen, Verfassung, Gesetze, Regelungen, etc.; Methodenkompetenz, wodurch Analysefähigkeit, Kritikfähigkeit, Urteilsfähigkeit vermittelt werden sollen, sowie Handlungskompetenz, also die Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten, aktiv an politischen Prozessen teilzunehmen (Soziale Kompetenz; Fertigkeiten, wie Leiten von Sitzungen, Erstellen von Statuten oder Regelungen; Produktion von Medien, etc.). Im Bereich der Schulen existiert in allen Oberstufenschultypen ein Pflichtgegenstand, in dem auch Politische Bildung mit den oben genannten Inhalten vermittelt werden sollen. In der Erwachsenenbildung gibt es zahlreiche Einrichtungen, Initiativen und Vorhaben, die Politische Bildung im genannten Sinne anzubieten." 3.3. Gewalt in der Schule und Friedenserziehung - soziale Kompetenz Den Aussagen im Sozialbericht zum Thema „Gewalt in der Schule" ist grundsätzlich zuzustimmen. Selbstverständlich ist auch die Einübung und Anwendung gewaltfreier Strategien der Konfliktlösung ein bereits längerfristiges Anliegen im Bildungsbereich. Auf der Ebene der Lehrerbildung gibt es qualifizierte Schulungsangebote (z.B. Fachseminare), auf der Klassen- bzw. Schulebene haben sich Modelle wie PeerMediation, Streitschlichterprogramme und insbesondere soziales Kompetenztraining (z.B. Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit und Konfliktfähigkeit) bewährt. Die Schulen werden in ihrem Bemühen um den richtigen Umgang mit Aggression und Gewalt weiters durch eine Initiative zur Erhöhung der sozialen Kompetenz im Umgang mit kritischen Situationen an Schulen (Bedrohung durch Fremdaggression eines bewaffneten Schülers, suizidale Krise einer Schülerin als Modellfälle für ein videostimuliertes Probeverhalten in kritischen Situationen) sowie durch eine Handreichung mit vielen Impulsen zur Deeskalation bzw. zum rechtzeitigen Erkennen und präventiven Behandeln kritischer Entwicklungen an der Schule unterstützt. In ganz Österreich wurden Kriseninterventionsnetze eingerichtet und Krisenpläne erarbeitet. Die Möglichkeit Verhaltensvereinbarungen zwischen den Schulpartnern einvernehmlich zu entwickeln und abzuschließen unterstützt das positive Miteinander aller Beteiligten in den Schulen. 3.4. Zukunft der Bildung Das BMBWK stimmt mit der Feststellung auf Seite 52 überein, dass der kalkulierbare Ausweg aus der Armutsfalle ganz wesentlich über den Schlüssel der Bildung und Begleitung junger Menschen führt. Die Sicherstellung des „freien Zugangs zu Bildungsangeboten für alle, die sozial-politische Funktion von Bildung im gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Weiterentwicklung der interkulturellen Perspektive" sind unter den bestehenden Rahmenbedingungen, die in der Einleitung aufgeführt sind, auch für die Zukunft gewährleistet. Der Forderung nach „Bildungsmaßnahmen in leistbaren Angeboten zur Weiter- und Fortbildung" (Seite 53) ist uneingeschränkt zuzustimmen: die kirchlichen Institutionen beschreiten hier seit jeher einen beispielgebenden Weg, der auch von staatlichen Institutionen vielfach mitgetragen wird. Der Erkenntnis, dass Bildungsideale auch Grenzen haben, wird unter international anerkannter Programmatik der sozialen Integration - besonders im Schulwesen - Rechnung getragen. Die Feststellung, dass eine Betonung der „defizitorientierten Sichtweise" zu Ungunsten individueller Maßstäbe breiter Raum eingeräumt wird, ist eine unzulässige Pauschalierung. Sich um Mitmenschen zu kümmern, die in irgendeiner Form benachteiligt sind, hat unter anderem zum Ziel, Immigrant/innen den Zugang zur neuen „Heimat" nachhaltig positiv zu ermöglichen. Die Arbeit in den Schulen zeigt, dass gerade frühzeitige Integrationsbemühungen Vorurteile abbauen und Feindbildern entgegen wirken. Die Integration behinderter Schüler/innen ist von der 1. bis 8. Schulstufe bereits gesetzlich geregelt. Durch die Schulversuche an Polytechnischen Schulen sind die Integrationsmöglichkeiten bis zum Ende der Pflichtschulzeit sichergestellt. Nach dem Abschluss der schulischen Förderung in allgemein bildenden Schulen ist die Eingliederung in das Arbeitsleben eine der wichtigsten Aufgaben für eine Teilhabe behinderter Menschen am Leben der Gesellschaft. Die Maßnahmen im Zusammenhang mit der „Behindertenmilliarde" bieten zusätzliche Hilfestellungen für die berufliche Eingliederung. 4. Stellungnahme zu den einzelnen Positionen im Sozialbericht Der Sozialbericht fordert berechtigt die Intensivierung nicht nur des kognitiven Wissens, sondern betont auf Seite 52 die mindestens ebenso wichtige Förderung der Herzensbildung bzw. Persönlichkeitsbildung. Gerade in der Vergangenheit haben Schulen besonderes Engagement dann gezeigt, wenn es galt, durch Katastrophen in Not geratene Menschen zu unterstützen. Die Forderung nach Einführung der Friedenserziehung in Schulen als Unterrichtsprinzip (Seite 105) ist nicht nur aus der Perspektive der christlichen Kirchen verständlich, sondern ist in seiner Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die gesellschaftliche Weiterentwicklung von gesamtstaatlichem bzw. gesamteuropäischen Interesse. Der wichtige Bereich Friedenserziehung findet sich schon in den Unterrichtsprinzipien Interkulturelles Lernen und Politische Bildung wieder. Nachdem auch im vorliegenden Sozialbericht davon gesprochen wird (Seite 51), dass soziale Kompetenz etwas Übergreifendes darstellt, wäre kritisch zu fragen, ob die Einführung eines eigenen Pflichtgegenstandes „Soziale Kompetenz" im Sinne einer möglicherweise damit verbundenen Verschulungstendenz kontraproduktiv sein könnte. Derartige Kompetenzen sind anhand konkreter Inhalte durch einübendes Handeln nicht nur im Rahmen des bestehenden Gegenstandskatalogs erwerbbar sondern darüber hinaus im alltäglichen Umgang der Schülerinnen und Schüler miteinander und mit den anderen Schulpartnern erfahrbar zu machen. Die Anregung, neue Schultypen mit sozialen Schwerpunkten (Seite 52) im Schulsystem zu verankern, ist durch die spezifische Bevölkerungsstruktur eine notwendige und wertvolle Anregung, die weiterverfolgt wird. Demnach muss festgehalten werden, dass diesbezüglich bereits sowohl in der Polytechnischen Schule als auch im berufsbildenden Schulwesen in den jeweiligen Lehrplänen wichtige soziale Berufsfelder und diesbezügliche Kompetenzen vermittelt werden. Der Vorschlag nach Errichtung von Elternschulen (Seite 104) wurde mittlerweile vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generation in Zusammenarbeit mit dem BMBWK umgesetzt. Auf Seite 108 wird die Forderung erhoben, dass „per Gesetz jeder Jugendliche, ganz gleich ob In- oder Ausländer, einen Beruf erlernen dürfen muss", die Ausbildung wäre vom Staat zu bezahlen. Diese Bezugnahme auf die Berufsausbildungssituation berücksichtigt zu wenig die Tatsache, dass durch das Berufsausbildungsrecht und die begleitenden Regelungen bezüglich des dualen Ausbildungssystems (Berufsschulpflicht) diese prinzipielle Forderung auf Gesetzesebene eingelöst ist.