Neue Medien im Informatik-Studium - white board Systeme

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Neue Medien im Informatik-Studium –
Einsatz von white board Systemen
z.B. in Mathematik und Rechner-Architekturen
Prof. Dr. Thomas Risse
Institut für Informatik und Automation,
Fachbereich Elektrotechnik & Informatik, Hochschule Bremen
Neustadtswall 30, D-28199 BREMEN, Germany
[email protected], http://www.weblearn.hs-bremen.de/risse
Key words: Tele-teaching, Tele-learning, Mathematik, Rechner-Architekturen,
Informatik, white board Systeme, online, on demand
Abstract:
Probleme in der Lehre von Mathematik oder Rechner-Architekturen (nicht nur) an
Fachhochschulen sind notorisch. In dieser Hinsicht wird das Potential der Computerunterstützten Lehre, gerade diese Probleme anzugehen, abgeschätzt, sowohl für traditionelle,
online wie auch für Veranstaltungen on demand. Kriterien sind aufzustellen, um tools
bewerten zu können. Diese Kriterien werden verwendet, um zwei exemplarische white board
Systeme zu bewerten. Erfahrung im Umgang mit diesen Systemen werden skizziert;
pädagogische, technische und organisatorische Konsequenzen werden diskutiert.
1 Einführung und Abgrenzung
Das Nachdenken über Wissensvermittlung, über Lehren und Lernen ist so alt wie die
Wissenschaft selbst. Schon vor hundert Jahren hat der Didaktiker Diesterweg Forderungen
aufgestellt, die auch heute noch Bestand haben -- vielleicht mehr denn je insofern, als
inzwischen edutainment und infotainment die Erwartungshaltung von Studienanfängern in
fragwürdiger Weise prägen. Angesichts der aktuellen Möglichkeiten, Aus-, Fort- und
Weiterbildung mit informationstechnischen Mitteln zu unterstützen, scheint eine Bewertung
dieser Mittel im Licht alter Forderungen sinnvoll. Um sich nicht falschen Illusionen
hinzugeben, sind zunächst Ziele zu identifizieren sowie Probleme und Defizite auszumachen,
um das Potential der Computer-Unterstützung in Lehrveranstaltungen abschätzen zu können.
Erst dann können neue Techniken und tools anhand hier zu entwickelnder Kriterien bewerten
werden. Erfahrungen beim Einsatz einiger, weniger Produkte zeigen, daß alle Aussagen für
jede der unterschiedlichen Zielgruppen getrennt gemacht werden müssen.
Alle Ausführungen im Folgenden beziehen sich im wesentlichen auf Lehrveranstaltungen im
Grundlagenstudium an Fachhochschulen wie vor allem Mathematik oder Physik, wie wir sie
für Studierende der Technischen Informatik, Medien-Informatik etc. anbieten. Zugleich sind
sie naturgemäß stark subjektiv eingefärbt, ist doch Lehre als eine Form von Kommunikation
letztendlich wesentlich durch die Person des Lehrers und die Personen der Schüler bestimmt.
2 Ziele
Ziel ist, Studierende zu befähigen, die den Verfahren der Informatik zugrunde liegende
Mathematik zu verstehen (z.B. Rolle der diskreten Cosinus-Transformation in der JPEGKompression) und mathematische Methoden und Verfahren zur Lösung von Problemen der
Praxis einzusetzen (z.B. Matrix-Transformationen für die geometrische Modellierung in der
generativen Computer-Graphik).
Darstellung und Untersuchung von Rechner-Strukturen aus der Sicht des System-Entwurfes
enthüllt die Abhängigkeiten zwischen Befehlssatz, Prozessor-Architektur, cache- und
Speicher-Organisation auf der Suche nach Systemen mit maximaler Leistung bei gegebener
Technologie. Studierende lernen nicht nur die Hardware/Software-Schnittstelle diverser
Prozessoren kennen, sondern auch Code zu optimieren, benchmarks aufzusetzen und zu
interpretieren und Angaben der Hersteller zur Leistung etwa ihrer Prozessoren einzuschätzen.
Studierende sollen diese Fähigkeiten möglichst Interessen-geleitet und selbstbestimmt
erwerben und dabei auch noch Spaß haben.
Fast natürlich ergibt sich eine Abfolge von drei Zielen:
1. Vermitteln von Sach-Wissen, von Methoden und Zusammenhängen, von den
Studierenden zu rezipieren: Das gewonnene Verständnis erzeugt Erklärungskompetenz.
2. Aneignen und Verknüpfen durch Einüben: Aufgabe der Studierenden ist, den Lehrstoff
mit schon bekanntem Wissen abzugleichen und zu vernetzen und sich so anzueignen,
indem sie übungsweise das neuerworbene Wissen auf vorgegebene Probleme anwenden.
Die Verankerung und Verzahnung (etwa der Mathematik mit der Physik) erzeugt
theoretische Problemlösekompetenz.
3. Entwicklung und Einsatz von Methoden und Lösungsstrategien bei Problemen
unbekannten Typs: Anwendung in weniger naheliegenden, gar in interdisziplinären
Zusammenhängen erzeugt praktische Problemlösekompetenz
Den drei Zielen entsprechen nun vereinfachend drei Lehr- und Lern-Formen.
2.1
Drei Lehr- und Lern-Formen
Unterscheiden wir nur Vorlesung (an Fachhochschulen seminaristischer Unterricht), Tutorium
(mit studentischen Tutoren und vom Hochschullehrer vorgegebenen Inhalten) und Projekt
(von Studierenden mit eigenem, studentischen Projekt-Management durchgeführt).
Diese drei Formen weisen charakteristische Merkmale in den Kategorien Situation, Zeit,
Arbeitsformen, Sozialkomponenten und Kognition auf [Voss], die etwas zugespitzt plakativ
und Stichwort-artig aufgelistet seien.
Situation
Fokus
Kommunikation
Studierende
Interaktion
Sprache
Vorlesung
Dozent /Thema
Einseitig
passiv
pauschale Anweisungen
Fachsprache
Tutorium
Student/Lücken
Wechselseitig
Aktiv
Individuelle Hilfen
Fach-&Alltagssprache
Projekt
Gruppe/Projekt-Ziel
vielseitig, interdisziplinär
aktiv, entscheidend
Gegenseitige Hilfen
Sprache der Praxis/Anwendung
Rückmeldung
Fragen
wenig
wenig
Via Tutoren
Üblich
via Projekt-Fortschritt
Notwendig (Anwendungskontext)
Zeit
Zeit-Druck
Tempo
Zeit-Horizont
Vorlesung
Stoffdruck
einheitlich vorgegeben
Vorlesungsblock
Tutorium
Aufgabendruck
individuell
Übungsaufgabe
Projekt
Problem-Druck
Gruppen-spezifisch
Projekt-Etappe
Arbeitsformen
Wissen ...
Art
Aktivität
Vorkenntnisse,
Eigenleistung
Vorlesung
rezipieren
einseitig
zuhören, mitschreiben
kein Einbringen
Tutorium
Verarbeiten
Vielfältig
Üben, vertiefen
Einbringen
Projekt
anwenden
vielseitig, wechselnd
planen, umsetzen,....
Einbringen ist konstitutiv
Projekt-Ergebnis
Sozialkomponente
Bestimmung
Abhängigkeit
Vereinzelung
Verantwortung
Kenntnisstand
Vorlesung
durch Dozent
Dozent von Mitarbeit
Einzelkämpfer
Gleichgültig
Polarisierung (Schere)
Tutorium
durch Tutor/Gruppe
Tutor von Mitarbeit
Kleingruppe
Mitverantwortung
Homogenisierung
(Brücke)
Projekt
i.W. selbstbestimmt
Professor von Mitarbeit
Projektgruppe
Mitverantwortung
Homogenisierung
Affekte
Abstand
Fördert
Vorlesung
Distanz
Minderwertigkeitsgefühle
Tutorium
Nähe
Selbstvertrauen
Projekt
Nähe, Teamgeist
Selbstvertrauen und Selbstwert
Kognition
Schwerpunkt
Gegenstand
Erkenntnis als
Denkweise von
Blockaden, Verständnisprobleme
Vorlesung
Inhaltliches Wissen
abstrakte Darstellung
Produkt
Experten
werden
nicht
wahrgenommen
Tutorium
Verständnis, Methode
Konkrete Anwendung
Prozeß
Novizen
werden angegangen
Projekt
Handlungsorientierung
reale, konkrete Anwendung
Zielgerichteter Prozeß
Experten und Novizen
müssen beseitigt werden
für
Grundsätzlich. sind die drei Lehr- und Lernformen durch ein zunehmendes Maß an (Selbst-)
Verantwortung, an Fähigkeit zur adäquaten (Selbst-) Einschätzung, zur Kommunikation und
Kooperation (Teamfähigkeit) gekennzeichnet. Gerade die Mathematik zeigt jedoch, daß jede
Form ihre Funktion und damit Daseinsberechtigung hat und daß Präsenz-Hochschulen am
besten fahren, wenn sie alle drei Formen in geeigneter Abstimmung und Kombination
anbieten. Es bleibt jedoch die Frage, inwieweit und um welchen Preis Informations- und
Kommunikationstechnologien Möglichkeiten bieten, Defizite individueller Veranstaltungen
oder sogar immanente Schwächen der einzelnen Formen auszugleichen.
Teleteaching/telelearning stellt nun eine neue Art zu lehren und zu lernen dar - mit den
sattsam bekannten, immer wieder beschworenen Vorteilen der Unabhängigkeit von Ort und
Zeit, des individuellen Lern-Tempos, von Multi- und Hypermedia, der Möglichkeiten der
Integration beliebiger Enzyklopädien und des Zugriffs auf Hilfe-Systeme und Datenbanken
und insbesondere mit dem Vorteil der möglichen, höheren Interaktivität dar.
Erneut sind verschiedene Formen zu unterscheiden.
2.2
Szenarien
Es gibt mindestens drei Szenarien: das traditionelle Präsenz-Szenario, das online Szenario
(Teilnahme an Veranstaltung zur selben Zeit anderswo) und das on demand Szenario
(Verfolgen der Veranstaltung später anderswo mit asynchroner Interaktion).
Wir gehen davon aus, daß in allen online Szenarien die remote teilnehmenden Studierenden
mindestens eine Audio/Video-Verbindung zur traditionellen Lehrveranstaltung haben.
Wichtigster Unterschied von online Szenarien ist der Grad der möglichen Interaktion:
angefangen beim einfachsten Fall, daß alle Teilnehmer für jede Wortmeldung Mikrophone
benützen müssen, über beispielsweise zusätzliche Kameras und Projektionsflächen für jeweils
die sich zu Wort meldenden Teilnehmer bis hin zu Digitalisier-Tabletts für jene Teilnehmer,
die einen schriftlichen/graphischen Beitrag leisten wollen.
Lern-Programme für das Begleit- oder Selbststudium gibt es schon seit den 60er Jahren.
Computer-Unterstützung der Mathematik besteht beispielsweise in elektronischen
Tafelwerken, z.B. [4], in Computer-Algebra-Systemen, z.B. [16] oder in courseware z.B. für
Geometrie [7] oder Fourier-Reihen [13], diejenige für Rechner-Strukturen beispielsweise in
Emulationen von pipeline-Prozessoren wie [8] oder [15]. Mit Autoren-Systemen wie
authorware, director oder toolbook lassen sich ganze tutorielle Systeme entwickeln.
Weitere Systeme machen Präsenz-Veranstaltungen auch zu einem späteren Zeitpunkt
verfügbar.
Für das on demand Szenario ist konstitutiv, daß jede Veranstaltung aufzuzeichnen ist. Neben
dem unterschiedlichen Grad möglicher Interaktion (e-mail, chat, videoconferencing, o.ä.)
besteht hier der wesentlichste Unterschied darin, ob die Veranstaltung so aufgezeichnet und
zur Verfügung gestellt wird, wie sie stattgefunden hat (authoring on the fly, vgl. etwa [2]),
wie weitgehend die Aufzeichnung überarbeitet wird oder ob die Veranstaltung sozusagen im
Studio aufgezeichnet wird, im weitreichendsten Fall ohne 'störende' Teilnehmer.
2.3
(alte) Probleme und Defizite
Die im folgenden geschilderten Eindrücke an einer typischen Fachhochschule sind
naturgemäß subjektiv gefärbt und überspitzt dargestellt.

Vorlesung (auch seminaristischer Unterricht): Aktivierende Lehr-Formen kommen nicht
gut an. Die Studierenden zeigen kaum Neugierde und empfinden Anwendungsbezüge
wegen der notwendigen Darstellung etwa des physikalischen Hintergrundes nur als
Zusatzlast. Abstraktion in Mathematik (aber auch in object oriented analysis and design)
und die Entwurfssicht in Rechner-Strukturen scheinen ungewohnt, anspruchsvoll und
(über-) fordernd. Dies kann darin begründet liegen, daß Gymnasien und Fachoberschulen
die Studierenden zu reinen Rezipienten/Konsumenten erzogen zu haben - eine Haltung,
die nur sehr schwer abzubauen ist - oder daß aufgrund der hohen Stundenbelastung durch
die anderen Fächer oder aufgrund von Nebenjobs zuwenig Zeit zum Üben, zur Reflexion
bleibt.

Tutorien: Leider fühlen sich die eher schwachen Studierenden von angebotenen Tutorien
nicht angesprochen. Der Fokus ist häufig zu stark auf den 'Schein-Erwerb' beschränkt.
Mangels Nachfrage lohnen freiwillige Übungen nicht. Und für ein straff organisiertes
System von Tutorien mit obligatorischen, benoteten und korrigierten Übungsaufgaben
fehlt es den Fachhochschulen an Geld und am Mittelbau.
Aufgezeichnete Veranstaltungen können als Referenz/Bezugsquelle von Vorteil sein.

Projekte (z.B. auch als Wahlpflichtveranstaltungen Computer-Algebra oder Numerik): zu
kleingliedrige Arbeitsaufteilung durch die Studenten selbst (Taylorisierung) kann das
gemeinsame Ziel des gesamten Projekts in den Hintergrund drängen. Guru's wie auch
Trittbrettfahrer können für reichlich Gruppendynamik sorgen.
Computer-Unterstützung ist sicher für Projekt-Planung, brain storming (aufgezeichnet
z.B. durch ein white board-System), Unterstützung des workflow, Dokumentation
(Informations- und Kommunikationsserver, z.B. http://www.weblearn.hs-bremen.de
(Hyperwave)) sinnvoll.
3 Unterstützung durch CAx-Technologien
Wir wollen den Lernerfolg bei gleicher extrinsischer Motivation (Schein, Note etc.) durch
Steigerung der intrinsischen Motivation steigern. Wir unterstellen, daß wir dazu Attraktivität,
Eingängigkeit und Anschaulichkeit einer Präsenz-Veranstaltung steigern und die
Studierenden zu Neugierde und zu Fragen, eben zur aktiven Auseinandersetzung mit dem
Gegenstand anregen müssen.
Einige Möglichkeiten, dies zu leisten, sind schnell aufgelistet:






Attraktivität: Anwendungsbezug herstellen und dadurch die Sinnfrage beantworten,
Erfolgserlebnisse ermöglichen, Materialien wie Skript, Übungsaufgaben, alte KlausurAufgaben, Beispiel-Programme bis hin zum Übungssystem zur Verfügung stellen
(Informationsserver, Hilfe- und Übungssysteme),
Eingängigkeit und damit Eindringlichkeit und Nachhaltigkeit: (bildhafte) Beispiele,
Merksätze, Faustregeln, Alltagsbeispiele anbieten,
Anschaulichkeit: Animationen und Visualisierungen (Systeme für Animation und
Visualisierung),
Aktive Auseinandersetzung: Neugierde wecken (modellierende/simulierende BeispielProgramme zum Ausprobieren und Erforschen),
Interaktivität: auf Klärungsbedarf, Kritik, Vorschläge, Anregungen und Wünsche
eingehen,
Flexibilität: Querverbindungen herstellen und verfolgen.
Beispielsweise der Umfang des feedbacks von den Studierenden oder die Qualität von
(bildhaften) Beispielen sind sicher stärker vom pädagogisch/fachlichen Geschick als von der
eingesetzten Technik abhängig.
Unter unserer Fragestellung fallen CAx-Technologien nun in zwei Kategorien:
Zur ersten Kategorie dedizierter Systeme zählen wir solche, die bestimmte Aspekte bedienen,
so wie Informationsserver Lehr- und Lern-Material vorhalten, Graphik-Programme
Visualisierungen und Animationen erzeugen oder Autoren-Systeme ganze Lerneinheiten zu
entwickeln gestatten. [5] bewertet derartige tools durch Vergleich ihrer technischen features.
Muß man derartige Systeme aber nicht eher daran bewerten, inwieweit sie den Lernerfolg
steigern helfen?
Zur zweiten Kategorie generischer Systeme gehören Systeme, die eine Lehrveranstaltung als
ganzes unterstützen, so wie whiteboard, video conferencing oder Komplett-Systeme wie etwa
das set der mbone tools [6].
Es liegt auf der Hand, daß Attraktivität, Eingängigkeit, Anschaulichkeit, Förderung der
aktiven Auseinandersetzung mit dem Gegenstand, daß Interaktivität und Flexibilität die
Motivation der Studierenden und damit den Lernerfolg steigern. Ausgehend von dieser
Hypothese müssen wir jede CAx-Technologie daran messen, wie gut sie Attraktivität,
Eingängigkeit, Anschaulichkeit usw. bis hin zu Flexibilität fördert.
3.1
exemplarische Bewertung zweier white board Systeme
Wir wollen unsere Kriterien exemplarisch auf die beiden white board Systeme WebLearner
von Tegrity [12] und ActiveBoard von Promethean [9] anwenden. WebLearner verwendet
eine Video-Kamera, um das mit einem üblichen Marker-Stift beschriebene white board auf
Wunsch einzulesen. ActiveBoard verwendet Digitalisier-Tabletts, auf die man mit einem
nicht markierenden Stift schreibt. Schon dieser Unterschied in der Aufnahme-Technik hat
grundlegende Folgen beim Einsatz der beiden Systeme, die hier grob dargestellt seien.

Attraktivität: beide Systeme erlauben, white board Inhalte aufzuzeichnen. Vorgefertigte
wie aufgezeichnete modifizierte oder neue Tegrity white board Inhalte sind PowerPoint
basiert. WebLearner zeichnet diese und sogar die laser pointer Trajektorien zusammen mit
breitem Audio-Kanal und schmalem Video-Kanal für das Bild des Dozenten in
komprimierten Dateien auf. ActiveBoard zeichnet dagegen nur den white board Inhalt auf.

Interaktivität: WebLearner speichert Annotationen auf dem white board in einem eigenen
Vorgang, was etwa bei Großprojektion des white board Inhaltes zu unerwünschten
Unterbrechungen des Diskurses führt. ActiveBoard dagegen digitalisiert jeden Schriftzug
zur Darstellung, so daß hier System-bedingt keine Unterbrechungen auftreten können. Mit
WebLearner kann man i.W. nur ganze Zeilen löschen und so in PowerPoint korrigieren,
während ActiveBoard jeden einzelnen Schriftzug zu löschen erlaubt (undo/redo). Die
Aufzeichnung durch eine Kamera bedingt Weblearner's sehr begrenzte Farbtreue,
während ActiveBoard-Benutzer aus Paletten mit 8, 16 oder 64 Farben auswählen können.

Anschaulichkeit: WebLearner‘s white board Inhalte sind ausschließlich PowerPoint
basiert ActiveBoard dagegen erlaubt den Einsatz beliebiger Windows-Anwendungen: das
white board ist der desktop. Mit ActiveBoard kann man also Animations- oder
Simulationssysteme unter Windows betreiben, Ergebnisse annotieren, in flip charts
integrieren, speichern und wiederverwenden.

Flexibilität: Im Gegensatz zu WebLearner's Beschränkung auf PowerPoint kann man mit
ActiveBoard beliebige Windows-Anwendungen einsetzen und damit Vorlagen in
beliebigen Formaten verwenden. Zur Annotation bietet ActiveBoard ein WORD-ähnliches
Graphik-System, Symbol-Bibliotheken usw. WebLearner erfordert also zu blättern,
während man im ActiveBoard auch scrollen kann.
Schon diese wenigen Eigenschaften lassen erkennen, daß WebLearner authoring on the fly
bestens unterstützt (white board, audio, video, Vorlagen und laser pointer), daß diese
Funktionalität aber mit Beschränkungen eínhergeht, die ActiveBoard nicht kennt.
ActiveBoard überzeugt dagegen durch Integration und Annotation beliebiger WindowsAnwendungen.
3.2
(neue) Probleme und Defizite
Unabhängig von den eingesetzten CAx-Technologien verändert ihr Einsatz dedizierter und
erst recht generische Systeme die Lehr- und Lernsituation tiefgreifend und erzeugt - vor allem
im Fall des authoring on the fly - unerwünschte Nebenwirkungen, die hier stellvertetend
anhand von white board Systemen illustriert seien:




Ablenkung: der zusätzliche Technik-Einsatz selbst absorbiert einen Teil der
Aufmerksamkeit sowohl von Dozent als auch von Studierenden. Dieser Effekt wird sich
mit zunehmender Gewöhnung aller Beteiligten an neue Techniken verlieren.
Handhabungsverluste: ähnlich dem Tafel-Wischen brauchen normale Handhabung, mehr
noch Korrekturen und erst recht System-Abstürze der zunehmend komplexeren Systeme
unproduktive Zeit. So braucht WebLearner ca. 3 sec, um eine white board Seite
aufzuzeichnen.
Reduktion des feedback: Die lästige Pflicht, sich bei Wortmeldungen eines Mikrofons zu
bedienen, mindert die Bereitschaft, sich zu äußern. Klarstellungen, Ausräumen kleiner
Mißverständnisse oder schnelle Kontrolle des Lernerfolgs durch geschwindes Nachfragen
gerät unversehens zu unverhältnismäßig aufwendigen Vorhaben. Zudem wollen sich
manche Studierende überhaupt nicht mehr äußern, wenn sie Gefahr laufen, sich vor der
Masse unbekannter on demand-Teilnehmer zu blamieren.
Für die online Interaktion zwischen Dozent und Studenten gibt es zumindest halbwegs
brauchbare technische Lösungen. Die Interaktion on demand dagegen muß sich i.W. auf
e-mail, chat und newsgroups beschränken, will der Dozent nicht virtuelle Sprechstunden
per Video-Konfenrenz anbieten.
4 Erfahrungen und Konsequenzen
Generell gilt, daß sich erst in der alltäglichen Praxis, also im Routinebetrieb alle Stärken und
Schwächen zeigen, wie wir es beim Einsatz beispielsweise von white board Systemen erlebt
haben.
Der Aufwand, on the fly aufgezeichnete Veranstaltungen für die on demand Teilnehmer
nachzubearbeiten, steht in keinem Verhältnis zum möglichen Nutzen für unsere Studierende.
Ohne authoring on the fly schränkt Weblearner im Vergleich zu ActiveBoard zu stark ein.
Praktischen Erfahrungen zum Einsatz von Weblearner für gemeinsame Veranstaltungen
(remote) gibt es mit der Universität Bremen; solche mit unserem Kooperationspartner, der
South Bank University London, stehen allerdings noch aus. Nach unseren Erfahrungen
können solche Veranstaltungen nicht ohne qualitativ hochstehende Audio-Ausrüstung
gelingen. Grundsätzlich gilt aber sicherlich, daß Interaktivität und Flexibilität nur bei
souveränem Einsatz etwa von whiteboard Systemen gegeben sein kann.
An inhaltlichen und technische Konsequenzen sind zu nennen die Homogenisierung des Lehrund Lern-Materials (Stil, Formate, etc.) auf unserem Informationsserver (Hyperwave), die
Homogenisierung der GUI für die schon existierenden Beispiel-Anwendungen, die
Entwicklung weiterer Beispiel-Anwendungen sowie Integration von Mathematik und Physík
wie auch Integration von Rechner-Strukturen und Mikrocomputer-/Digital-Technik
(wenigstens durch Hyperlinks in Skripten und Quellen)
Unter organisatorische Konsequenzen sind vor allem Evaluation der telelearning/teleteaching
ebenso wie der traditionellen Veranstaltungen [1], Hochschul-didaktische workshops in
Fortsetzung und Verbreiterung der schon erfolgten gegenseitigen Hospitation zu nennen.
Das unbestreitbar hohe Potential dedizierter und generischer Multimedia-Anwendungen kann
den Lehr- und Lernprozeß sinnvoll unterstützen. Allerdings sind die Herstellungskosten für
derartige Anwendungen unverhältnismäßig hoch, zumal eigentlich jedes setting,, nämlich
Präsenz-, online oder on demand Veranstaltung ganz spezifische Computer-Unterstützung
braucht. Dies impliziert auch, daß ein authoring on the fly ohne Nachbearbeitung keine
überzeugenden Ergebnisse versprechen kann.. M.E. kann die Entwicklung solcher
Anwendungen nur durch eine open source Strategie auf so viele Schultern verteilt werden,
daß sich der hohe Aufwand durch viele Nutzer rechtfertigt
References:
[1] Aleamoni, L.M.: Typical Faculty Concerns About Student Evaluation of Teaching; New Directions
for Teaching and Learning 31 (1987), p25-31
[2] Authoring on the Fly, Universität Freiburg, http://ad.informatik.uni-freiburg.de/mmgroup.aof/
[3] Bremen Briteline GmbH: Telelearning - Lernform der Zukunft (mit Übersicht der TelelearningProjekte im Land Bremen); http://www.lbn.bremen.de/
[4] Bronstein, I.N., Semendjajew, K.A., Musiol, G., Mühlig, H.: Taschenbuch der Mathematik; Harri
Deutsch Verlag, Frankfurt a. M. 1999 mit CD-ROM
[5] Bruce Landon (Douglas College), Randy Bruce, (Kwantlen University College), Amanda Harby,
(Centre for Curriculum, Transfer and Technology): a web tool for comparative analysis of online
delivery software; http://www.ctt.bc.ca/landonline/
[6] Mbone, http://www.mbone.de, mbone tools (wie etwa SDR, VIC, RAT, WBD, NTE etc.)
[7]
http://bzvd.urz.tu-dresden.de/mbone/software.html
Neidhardt, W., Oetterer, Th.: GEONET ... und die Geometrie lebt!; C.C. Buchners Verlag,
Bamberg 2000, CD-ROM, http://did.mat.uni-bayreuth.de/geonet/
[8] Patterson, D.A., Hennessy, J.L.: Computer Organization and Design – the Hardware-Software
Interface; Morgan Kaufman Publishers, 1997, ftp://ftp.cs.wisc.edu/pub/spim/
[9] Promethean Ltd.: ActiveBoard etc.; http://www.promethean.co.uk
[10] Risse, Th.: Material zu Mathematik; http://www.weblearn.hs-bremen.de/risse/mai, Material zu
Rechner-Strukturen; http://www.weblearn.hs-bremen.de/risse/rst
[11] Risse, Th.: Exkurs zur Kryptographie; (downloaded oder auch im streaming mode browsable)
http://www.weblearn.hs-bremen.de/weblearn/WorkSpaces/Teleteaching2000/homepage
[12] Tegrity Ltd.: WebLearner etc.; http://www.tegrity.com
[13] Wagner, E., Hammer, S., Iakimtchouk, V.: Multimediale Lernumgebung Grundlagen der
Elektrotechnik – Konzeption, Beispiele, Probleme. 2.Workshop Multimedia für Bildung und
Wirtschaft, Technische Universität Ilmenau, 25.9.1998 mit Beispiel-Lehrprogramm Fourier-Reihe
http://www.weblearn.hs-bremen.de/weblearn/lernmaterial/Medieninformatik/Four
[14] Voss, Hans-Peter: Hat die Vorlesung ausgedient?; Arbeitsgemeinschaft für Hochschuldidaktik
(AHD), Karlsruhe 1996
[15] WinDLX – Emulation of the pipeline prozessor DLX; Vienna Institute of Technology see e.g.
http://www.cc.ndsu.nodak.edu/instruct/tareski/ee774f96/notes/windlx/wdlxtut.htm
[16] Wolfram Research Inc.: Mathematica; http://www.wolfram.com
[17] Zentrum
für
Multimedia
in
http://www.zmml.uni-bremen.de/
der
Lehre
(ZMML)
der
Universität
Bremen,
Screenshot Weblearner
Screenshot ActiveBoard
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