Pflanze BAUERNBLATT | 26. November 2016 ■ Kohlhernie nimmt seit Jahren deutlich zu Feldhygiene ist das A und O Der Erreger der Kohlhernie gewinnt im deutschen Rapsanbau an Bedeutung, und mittlerweile werden immer häufiger stark betroffene Flächen nachgewiesen, besonders auch in Schleswig-Holstein. Auf den infizierten Wurzeln entwickeln sich Gallen mit der Folge, dass die Wasser- und Nährstoffaufnahme gestört wird. Dies führt zu Welke, Verkümmerungen und vorzeitiger Reifung der oberirdischen Organe. Bei schwerer Infektion können an den Kulturpflanzen erhebliche Ertrags- und Qualitätsverluste von bis 80 und 90 % auftreten. praktisch nicht wieder wegzubekommen. Der betroffene Landwirt muss sich mit dem Befall arrangieren. Den größten Bekämpfungserfolg auf Raps-Befallsflächen bietet die Kombination mehrerer Maßnahmen wie der Anbau resistenter Sorten, die Aufkalkung des Bodens und ein später Saattermin. Auf gefährdeten Böden oder Befallsflächen sollten Ausfallraps und auch kreuzblütige Unkräuter wie Ackersenf, Hede­ rich, Hirtentäschel und so weiter, die als Wirtspflanzen dienen könnten, möglichst schnell und intensiv bekämpft beziehungsweise beseitigt werden. Diese Grund für die KrankheitsPflanzen können stark zur entwicklung sind mehrere Vermehrung des Erregers Faktoren, die sich gegenim Boden beitragen, da sie seitig beeinflussen (Tabelin der Phase höchster Bole). Kohlhernie ist eine typi- Der Erreger dringt in die Wurzelhaare und später in die Wurzelrinde von Kohlgewächsen ein dentemperaturen im Juli/ sche Fruchtfolgekrankheit, und verursacht Gewebewucherungen. Die Folge sind hohe Ertragsverluste. August auflaufen. Kommt Foto: Dr. Nazanin Zamani Noor dann noch leichter Regen die durch den bodenbür- tigen Erreger Plasmodiohinzu, kann es sehr schnell phora brassicae verursacht wird. beitungsgang werden die befal- men sind deshalb besonders wich- zu Infektionen und Bildung neuer Der Pilz lebt im Boden und bildet lenen Bodenpartikel auf der Flä- tig. Im Vordergrund stehen dabei Dauersporen kommen. Dauersporen, die bis zu 20 Jahre che weiterverteilt. Mit Maschinen die Feldhygiene, ein Fruchtwechüberdauern können. Enggestell- wird der Erreger von einem Schlag sel, die Erhöhung des pH-Wertes JKI-Kohlherniete Fruchtfolgen mit Kreuzblütler- zum nächsten getragen. Aber auch des Bodens, die Vermeidung von Studie gewächsen und günstige Vegeta- über Tiere und Menschen, die die Kruziferen-Zwischenfrüchten sotionsbedingungen für den Erreger kleinen Bodenpartikel aufnehmen wie die Bekämpfung von kreuzIn einer dreijährigen Kohlhersowie warme und feuchte Boden- und weitertransportieren, findet blütigen Unkräutern und des Aus- niestudie am Julius-Kühn-Instiverhältnisse im Sommer und Herbst eine Ausbreitung des Befalls statt. fallrapses. tut (JKI) wurden seit 2012 Landfördern intensiv die Infektion der Eine direkte Kohlhernie-BeWenn sich die Kohlhernie erst wirte, Rapszüchter und landwirtPflanzen. Gefährdet sind vor allem kämpfung ist nicht möglich, da in einmal auf einem Schlag bemerk- schaftliche Berater gebeten, infiStandorte mit einem niedrigen pH- Deutschland keine chemischen Be- bar gemacht hat, ist sie von dort zierte Wurzeln und Bodenproben Wert und zur Vernässung neigen- kämpfungsmittel zur Verfügung de Böden. Mit jedem Bodenbear- stehen. Vorbeugende Maßnah- Abbildung 1: Anzahl von Kohlhernie betroffene Felder/­ Anzahl betroffene Felder Hessen Brandenburg Baden-Württemberg Thüringen Rheinland-Pfalz Sachsen-Anhalt nasse Jahre und niedrige pH-Werte im Boden ver­ stärken das Auftreten von Kohlhernie, keine Nutzung von Sortenresistenz Mittelwert Befallshäufigkeit (%) 0 Mittelwert Befallshäufigkeit (%) 20 Nordrhein-Westfalen keine Kontrollen 40 Bayern keine Maßnahmen zur Ackerhygiene 60 Sachsen Raps alle 2 Jahre oder häufiger in der Fruchtfolge 80 Mecklenburg -Vorpommern hoch 100 Niedersachsen Raps alle 2 – 3 Jahre weite Fruchtfolge, in der Fruchtfolge Raps nicht häufiger als einmal in 4 Jahren enige Maßnahmen regelmäßige Acker­ zur Ackerhygiene hygiene, keine Kruciferen als Unkraut Kontrollen nur regelmäßige Kontrolle ab und zu des Rapses auf Krank­ heitssymptome Trockene Jahre und Nutzung hohe pH-Werte können resistenter Sorten Trockene Jahre/Standorte das Auftreten der Krank­ heit reduzieren. 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Schleswig-Holstein Wichtig Gewichtung der Risikofaktoren Risikofaktor niedrig Bundesland Anzahl von betroffenen Feldern Tabelle: Die Befallsrisikofaktoren für die Ausbreitung der Kohlhernie Sehr wichtig 32 EET1 1/2016 Innovationen! Überall Innovationen! Aber welche Innovation wendet das Blatt wirklich zu Ihren Gunsten? Finden Sie es heraus unter: www.elatus-era.de * *Zulassung wird erwartet ® Pflanzenschutzmittel vorsichtig verwenden. Vor Verwendung stets Etikett und Produktinformationen lesen. www.syngenta.de BeratungsCenter 0800/32 40 275 (gebührenfrei) Pflanze BAUERNBLATT | 26. November 2016 ■ aus mit Kohlhernie befallenen Feldern verschiedener Bundesländer Deutschlands dem JKI zuzusenden. In der Regel wurden infizierte Wurzeln in einer Plastiktüte verpackt an unser Labor für die Pathotyp-Identifikation gesendet. Die Befallshäufigkeit (BH) für Kohlhernie wurde in dem befallenem Feld ermittelt, indem von 50 zufällig ausgewählten Pflanzen der Befall geschätzt wurde. Das Vorhandensein einer Schwellung oder Gallenbildung an der Wurzel wurde als Beweis für eine P.-brassicae-Infektion genommen. 68 neu befallene Felder wurden während der dreijährigen JKI-Kohlhernie-Studie in zwölf Bundesländern identifiziert. In diesen Feldern variiert die Befallshäufigkeit (BH) mit Kohlhernie zwischen Häufigkeit (%) Abbildung 2: Rapsanteil in der Fruchtfolge Je mehr Raps, desto mehr Befall? 60 Die Häufigkeit des Rapsanbaus in der Rotation korreliert signifikant mit der Häufigkeit des Kohlhernie-Befalls (p=0,03, rs=-0,3). Die höchste Befallshäufigkeit (DI ≥ 70%) wurde in den Feldern mit einer engen Rapsrotation beobachtet. In weiteren Studien konnte gezeigt werden, dass der Boden-pH die Prävalenz von P. brassicae beeinflusste. In allen Bodenproben aus infizierten Feldern lag der pH-Wert zwischen 5,1 und 8,6. Die Häufigkeitsverteilung des Boden-pH-Wertes zeigte, dass 55 % der Bodenproben mit einem pHWert von 6,1 bis 6,5 assoziiert waren. Die Häufigkeit verringerte sich auf 16 % und 12 %, wenn der Boden-pH-Wert zwischen 5,6 und 40 20 2 >3 3 Rapsanbaujahr Abbildung 3: Der Einfluss des Boden-pH-Wertes auf das Pathogenauftreten Häufigkeitsverteilung (%) 22 % und 92 %. Der BH-Mittelwert (%) für jedes Bundesland ist in Abbildung 1 zu sehen. Die aus den Felddaten ermittelten Informationen zeigten, dass Raps in der Rotation jedes zweite bis fünfte Jahr angebaut wurde. Auf 63 % der Felder wurde der Raps jedes dritte Jahr angebaut, auf 23 % jedes zweite, und auf 14 % wurde Raps nach einer Anbaupause von mehr als drei Jahren angebaut (Abbildung 2) 80 0 60 50 40 20 10 <5 5-5,5 5,6-6 6,1-6,5 6,6-7 7,1-7,5 7,6-8 >8 Boden-pH-Werte Abbildung 4: Vorkommen von Plasmodiophora-brassicae-­ Pathotypen in Deutschland virulent 60 virulent auf Mendel 50 40 30 20 10 0 6,0 oder 6,6 und 7,0 lag. Oberhalb eines pH-Wertes von 7,0 lag die Häufigkeit bei 6 %; unterhalb eines pH-Wertes von 5,5 lag sie bei 10 % (Abbildung 3). Darüber hinaus besteht eine schwache negative Korrelation zwischen Boden-pH und der Prävalenz von P. brassicae in infizierten Feldern (p=0,04, rs=-0.106). Deshalb können die sauren Böden am meisten gefährdet sein. Die untersuchten Isolate wurden jeweils in vier Pathotypen nach dem Differenzialsortiment von Somé (1996) eingestuft. P1 und P3 sind die am weitesten verbreiteten Pathotypen der P.-brassicae-Isolate in Deutschland. Die meisten Populationen waren hochvirulent auf den Brassica-napus-Wirtspflanzen. Unter ihnen waren zusätzlich 15 Isolate auf der resistenten Rapssorte ,cv. Mendel’ virulent. Die aggressivsten Feldisolate wurden in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Sachsen, Rheinland-Pfalz und auch in Thüringen nachgewiesen. Dr. Nazanin Zamani Noor Tel.: 05 31-299-45 30 Nazanin.zamani-noor @julius-kuehn.de Julius-Kühn-Institut Braunschweig FAZIT 30 0 Häufigkeitsverteilung (%) 34 P1 P2 P3 P4 P5 P6 Plasmodiophora brassicae Pathotypen P7 P8 Kohlhernie hat sich zu einer der mit einer mindestens vierjähribedeutendsten Winter­raps­ gen Anbaupause zwischen krankheiten in vielen Regionen Kreuzblüterpflanzen wie Chinavon Deutschland entwickelt. kohl, Brokkoli, Blumenkohl, RetVerschiedene Faktoren beein- tich, Ölrettich, Weißkohl, Rotflussen das Auftreten der Krank- kohl und Kohlrabi, aber auch heit. Vor allem durch enge Raps- Raps und Senf ist nötig, um das fruchtfolgen oder zusätzlichen Krankheitsrisiko zu reduzieren. Anbau von Kreuzblütlern wird Später Saattermin die Vermehrung des Erregers auf Da der Kohlhernie-Erreger sein der Fläche begünstigt. Optimum bei einer Temperatur Vorbeugende Maßnahmen zur von 15 bis 20 °C hat, können späVermeidung einer Kohlhernie-­ tere Saattermine vorteilhaft sein. Infektion verdienen im Rapsan- Kalkung bau allerhöchste Priorität: Durch eine Kalkung (pH-Wert-­ Feldhygiene Anhebung) kann der KohlherKein verseuchter Boden bezie- niebefall reduziert werden, da hungsweise keine befallenen der Erreger in seiner EntwickPflanzenreste dürfen von einem lung gestört wird. betroffenen Schlag auf andere Resistente Sorten Schläge gebracht werden. Eine Auf Kohlhernie-Befallsflächen kohlhernieresistente gründliche Reinigung der Ar- sollten beitsgeräte ist zwingend not- Rapssorten angebaut werden. wendig. Ausfallraps und auch Um eine Durchbrechung der kreuzblütige Unkräuter mög- Sortenresistenz zu vermeiden, lichst früh beseitigen. sollten nur auf befallenen Flächen resistente Sorten angeFruchtfolge Eine weitgestellte Fruchtfolge baut werden.