Reflexion zu Schulz von Thuns Miteinander Reden 1

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Meiner Reflexion zu Schulz von Thuns „Miteinander reden: 1. Störungen und
Klärungen“ möchte ich einen kleinen Ausschnitt aus Jonathan Swifts Satire
„Gulliver’s Travels“ (1726) voranstellen. Der Protagonist dieses Romans unternimmt
mehrere Reisen in fiktive Länder, eine davon führt ihn auf die Laputa-Inseln. Bei
einem Besuch der dortigen „Fakultät für Sprachen“ wird er mit einem
bemerkenswerten „Rationalisierungsprojekt“ konfrontiert:
„Darauf gingen wir in die Fakultät für Sprachen, wo drei Professoren darüber
berieten, die Sprache ihres eigenen Landes zu verbessern.
Sie hatten einen Plan zur völligen Abschaffung der Wörter überhaupt, und man
machte geltend, dass das außerordentlich gesundheitsfördernd und zeitsparend
wäre. Denn es ist klar, dass jedes Wort, das wir sprechen, in gewissem Maße eine
Verkleinerung unserer Lungen durch Abnutzung bedeutet und folglich zur
Verkürzung unseres Lebens beiträgt. Es wurde deshalb folgender Ausweg
vorgeschlagen: da Wörter nur Bezeichnungen für Dinge sind, sei es zweckdienlicher,
wenn alle Menschen die Dinge bei sich führten, die zur Beschreibung der
besonderen Angelegenheit, über die sie sich unterhalten wollen, notwendig seien.
Viele der Gelehrtesten und Weisesten sind Anhänger des neuen Projekts, sich
mittels Dingen zu äußern; das bringt nur die eine Unbequemlichkeit mit sich, dass
jemand, dessen Angelegenheiten sehr umfangreich und von verschiedener Art sind,
ein entsprechend größeres Bündel von Dingen auf dem Rücken tragen muss, falls er
es sich nicht leisten kann, dass ein oder zwei starke Diener ihn begleiten. Ich habe
oft gesehen, wie zwei dieser Weisen unter der Last ihrer Bündel fast
zusammenbrachen, wie bei uns die Hausierer. Wenn sie sich auf der Straße
begegneten, legten sie ihre Lasten nieder, öffneten ihre Säcke und unterhielten sich
eine Stunde lang; dann packten sie ihre Utensilien wieder ein, halfen einander, ihre
Bürden wieder auf den Rücken zu nehmen, und verabschiedeten sich.“
Nun, dieser Ausschnitt macht klar, wie mühsam und schwer (im wahrsten Sinne des
Wortes!) Kommunikation in der menschlichen Gesellschaft vor sich ginge, hätten wir
keine Sprache. Ein Gespräch über abstrakte oder weit entfernte Gegenstände wäre
zum Beispiel überhaupt nicht möglich und jede Interaktion von Sprecher (Sender)
und Hörer (Empfänger) wäre ein Hort von Missverständnissen (Störungen). Wir
können froh sein, dass wir die Sprache als Kommunikationsmittel haben, auch wenn
wir uns manchmal darüber beklagen, dass diese unverständlich sei. Hierin lässt sich
nun eine Verbindung zu Schulz von Thun sehen: „Miteinander reden 1: Störungen
und Klärungen“ versucht klarzumachen, wie Informationen verständlich vermittelt
werden können. Einfachheit (in der sprachlichen Formulierung), Gliederung/Ordnung
(im Aufbau des Textes), Kürze/Prägnanz und Zusätzliche Stimulanz (anregende
Stilmittel) sind für Schulz von Thun die vier wesentlichen Säulen der Verständlichkeit.
Soviel zu Kürze und Prägnanz!
Reflexion zur Lektüre:
Sind Ihnen die Inhalte des Buches bereits bekannt gewesen oder haben Sie es zum
ersten Mal gelesen?
Das von F. Schulz von Thun entwickelte Modell zur zwischenmenschlichen
Kommunikation (4 Seiten einer Nachricht) begleitet mich bereits seit meinem
Germanistik-Studium an der Uni Graz. In meiner Arbeit als Deutschlehrer erläutere
ich meinen Schüler/innen der ersten Jahrgänge der Handelsakademie bzw. der
ersten Klassen der Handelsschule anhand dieses Modells die Voraussetzungen für
eine "geglückte Kommunikation".
Wie haben Sie es persönlich angenommen?
Als Deutsch- und Spanischlehrer bin ich sozusagen ständig mit Kommunikation und
der damit verbundenen Theorie in Berührung. Ich musste mich während meines
Studiums im Rahmen von sprachwissenschaftlichen Seminaren mit allen gängigen
Zeichen- und Kommunikationsmodellen (de Saussure, Bloomfield, Bühler etc.)
auseinandersetzen. Modell bleibt aber Modell, reale Interaktion zwischen Menschen
verläuft meist anders! Schulz von Thuns entwickelt ebenfalls ein Modell, mit dem
kleinen Unterschied, dass er in vielen praktischen Beispielen zu erläutern versucht,
wie Kommunikation wirklich „glücken“ kann, vorausgesetzt, man folgt seinen
Überlegungen.
Fanden Sie es bereichernd?
Als Lehrer muss ich meinen Schüler/innen und Student/innen kontinuierlich zu ihren
Arbeiten und Leistungen Feedback geben: „(...) es soll beschreibend und nicht
wertend, ferner möglichst konkret sein, unmittelbar erfolgen und vor allem in der IchForm gegeben werden.“ Das ist wahrlich keine einfache Aufgabe und erfordert viel
Übung. Erfrischend finde ich in diesem Kontext Schulz von Thuns „Nachwort für
Psychologen und für all die, die mit Psychologie in Berührung kommen“, v. a. die
Satire „Bleiben Se Mensch, Herr Psychologe!“, aus der obiges Zitat stammt.
Können Sie sich vorstellen, dass die Lektüre ihre zukünftige Kommunikation
verändern wird oder tut sie das bereits?
Man lernt nie aus! Übung macht den/die Meister/in! Dies gilt besonders für das Lösen
schwieriger Kommunikationssituationen.
Gefällt Ihnen das Lernprogramm „Mosaik“? Halten Sie es für eine gute Umsetzung
des Buches?
Diese Frage erinnert mich ein wenig an die Thematik Buch/Film. Da meine
Kolleg/innen „Mosaik“ sehr unterschiedlich aufgenommen haben, hoffe ich, dass ich
es morgen noch schaffe hineinzuschnuppern. Prinzipiell bin ich jedoch ein
Bücherfreund, die Videosequenzen, von denen Andrea Dobida gesprochen hat,
haben mich aber doch ein wenig neugierig gemacht.
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