Weitere chemische, histochemische und histologische Untersuchungen über Veränderungen in G e w e b e n von Säuglingsmäusen nach Coxsackie-Virus-Infektion* Von WOLFGANG ALBRECHT u n d ROLAND GÄDEKE Aus der Univ.-Kinderklinik Freiburg i. Br. (Dir.: Prof. Dr. W. K e l l e r ) (Z. Naturforsdig. 11 b, 241 247 [1956]; e i n g e g a n g e n am 14. J a n u a r 1956) Nadi Infektion mit Coxsackie Aj-, A.,- oder A 3 -Viren wurden im Skelettmuskel der Säuglingsmaus in morphologisdi beeinträchtigten Muskelfasern außer Fe(III) und Fettstoffen RibosePolynucleotide färberisch darstellbar. UV-spektroskopisch ließ sidi in Extrakten solcher Muskelbereiche gegenüber Normalkontrollen eine Erhöhung sowohl der Extinktion im Bereiche der Gesamt-NS- als auch der Eiweißabsorption nachweisen; dabei waren die Proteine relativ stärker vermehrt. Die quantitative Analyse der Muskulatur ergab dagegen keine signifikante Erhöhung des RNS- und DNS-Gehaltes gegenüber Normaltieren. Auch der Eiweißgehalt zeigte keine Veränderungen. Bei der photometrisch ermittelten NS- und Eiweißvermehrung handelt es sich danach lediglich um eine leichtere Extrahierbarkeit dieser Substanzen aus dem geschädigten Muskel. Der Lipidphosphor und der gesamt-säurelösliche Phosphor ließen keine signifikanten Unterschiede zwischen gesunden Mäusen und infizierten Tieren im Lähmungsstadium erkennen. Das anorganische Phosphat dagegen war im manifest gelähmten Muskel gegenüber den Kontrollen signifikant erhöht. Im Gehirn von Säuglingsmäusen, welche mit Coxsackie B t -Virus infiziert waren, blieben die verschiedenen Phosphorfraktionen unverändert. D ie Abklärung der Frage, welcher Art die Auswirkungen einer Coxsackie-Virus-Infektion seien, ging ursprünglich von histologischen Untersuchungen an der Säuglingsmaus aus. Als feingewebliches Substrat gelten dabei Skelettmuskel-Veränderungen im Sinne einer Z e n k e r sehen Degeneration 1 ; sekundäre, durch den Muskelgewebs-Untergang bedingte Auswirkungen stellen Nierenschäden dar 2 , welche — in ihrer Entstehung zwanglos erklärbar — das histologische Bild einer myoglobinurischen Nephrose bieten. Den Coxsackie-B-Virus-Infektionen der Säuglingsmaus wird vordringlich die morphologisdie Trias: Encephalitis, Myositis, Panniculitis, unterstellt. Die Kenntnisse über stoffliche Reaktionen, welche während einer Coxsackie-Virus-Infektion in den formal und funktionell beeinträditigten Geweben ablaufen, sind lückenhaft. Sie allein aber können letzten Endes Fragen der grundsätzlichen Vorgänge während einer Auseinandersetzung zwisdien dem Virus und dem befallenen Wirt abklären. Im einzelnen ist bekannt, daß nach der Coxsackie-A-Virus-Infektion im Skelettmuskelgewebe der Säuglingsmaus das Virus in erheblichen Mengen nachweisbar wird 3, daß mit zunehmender Infektionsdauer ein Kaliumschwund und Natriumanstieg im Muskel erfolgt 4- 5 , daß eine Verminderung des Muskelkreatinins festgestellt werden kann 5 und daß der Glykogengehalt der gelähmten Muskulatur nach Infektion mit dem Ao-Stamm signifikant erniedrigt wird 6 . Wie Untersuchungen über die Phosphatase-Aktivität im Muskelgewebe ergeben haben 8 " 8 , bestehen signifikante Unterschiede zwischen gesunden Kontrollmäusen und gelähmten Tieren nach Coxsackie-A2-Virus-Infektion; nach Infektion mit dem A1-Stamm konnte in der ge- * Die Untersuchungen wurden durch Mittel der D e u t s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t , der D e u t s c h e n V e r e i n i g u n g zur B e k ä m p f u n g d e r K i n d e r l ä h m u n g e. V. und des B a d i s c h e n Komitees zur B e k ä m p f u n g und Erfors c h u n g d e r s p i n a l e n K i n d e r l ä h m u n g unterstützt. i R. G i f f o r d u. G. D a l l d o r f , Amer. J. Pathol. 27, 1047 [1951]. ^ R. G ä d e k e , Naturwissenschaften 39, 71 [1952]; A.M.A. Arch. Pathol. 54, 276 [1952], 3 J. L. M e 1 n i c k u. G. C. G o d m a n , J. exp. Medicine 93, 247 [1951]. 4 R. G ä d e k e u. H. W a l t e n b e r g e r , Z. Naturforschg. 7 b, 524 [1952]. 5 R. G i f f o r d u. G. D a l l d o r f , Proc. Soc. exp. Biol. Med. 71, 589 [1949]. « W. A l b r e c h t , Z. Naturforschg. 9 b , 583 [1954], " G. A. K a u s c h e , C b . L a n d s c h ü t z u. R. S a u t h o f f , Z. Naturforschg. 6 b, 445 [1951]. 8 W. A 1 b r e c h t u. R. S a u t h o f f , Z. Naturforschg. 9 b, 340 [1954], Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License. Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen. On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage. lähmten Mäusemuskulatur diese Aktivitätssteigerung der alkalischen und sauren Phosphatase nicht gefunden werden. Auch schienen signifikante Unterschiede zwischen anorganischem und Gesamtphosphor nicht zu bestehen 8. Die experimentellen Ergebnisse einer histochemischen Analyse stofflicher Abweichungen in der Muskulatur der mit Coxsaekie-A-Virus infizierten Säuglingsmäuse sind spärlidi. Nachgewiesen sind Anhäufungen von Fettstoffen und Fe(III) in körnigen, perlschnurförmigen basophilen Strukturen in den „hyalingeschwollenen" Muskelfasern 2 ' 9 . Eine gelungene histochemische Darstellung von Calcium wurde mittels der nicht sehr spezifischen Methode von C o s s a durch P e 11 e 10 u. a. 9 mitgeteilt; unsere eigenen Prüfungen mit der Calciumdarstellung nach K r e t i n verliefen negativ; auch die Ergebnisse einer sehr präzisen histologischen Darstellung von A u m o n i e r 1 1 spricht gegen eine Muskelverkalkung im akuten Stadium. Eine Aktivierungssteigerung saurer und alkalischer Phosphatase konnte histochemisch nicht nachgewiesen werden 1 2 . Die Ergebnisse histiospektrographischer Untersuchungen 1:5 lassen den Schluß zu, daß sich im Verlaufe der Infektion mit dem Coxsackie-Ao-Virusstamm im Säuglingsmuskel eiweißund nucleoproteidreiche perinucleäre Verdichtungszonen bilden, die sich rasch über den ganzen Muskelfaser-Querschnitt ausbreiten. Eine Erweiterung und Vertiefung der aufgeführten Ergebnisse waren vorzüglich durch Prüfungen des Verhaltens der Nucleotide sowie deren Spaltprodukte zu erwarten. Zu diesem Zwecke verglichen wir spektrographisch den relativen Nucleinsäure- und Proteingehalt in dem Skelettmuskelgewebe gesunder und mit Coxsackie-A-Virus infizierter Säuglingsmäuse. Ergänzend wurde mittels histochemischer Methoden versucht, die Lokalisation nachweisbarer Nucleotide zu ermitteln. Zur Differenzierung der damit gewinnbaren und nur sehr überschlägigen Aussagen führten wir weiterhin quantitative Untersudiungen über den Gehalt des Muskelgewebes an RNS und DNS durch. Da bei der Methodik der schon zitierten früheren Untersuchungen s über die Phosphatase-Aktivität die Möglichkeit bestanden hatte, daß fermentative Abbauprozesse organischer, labiler Phosphor- Verbindungen die Werte des anorganischen und säurelöslichen Phosphors beeinflussen, wurden entsprechende Untersuchungen mit geänderter Methodik wiederholt und auf Phospholipide ausgedehnt. Zusätzlich wurde neben den Coxsackie-A r und -A2Viren der A 3 -Stamm in diese Untersuchungen einbezogen, da dieser — entsprechend dem Coxsackie-A r Virus — keine Aktivitätsvermehrung der sauren und alkalischen Phosphatase in der gelähmten Muskulatur verursacht 14 . !) G. C. G o d m a n , H. B u n t i n g u. J. L. M e 1 n i c k , Amer. J. Pathol. 28, 583 [1952]. H. P e 11 e , Mschr. Kinderheilkunde 100, 155 [1952], " F. J. A u m o n i e r , J. Rov. Microsc. Soc. Ser. 3, 72, 218 [1953]. R. S a u t h o f f , unveröffentlichte Mitt. 13 G. A. K a u s c h e u. H. H o f f m a n n - B e r l i n g , Z. Naturforschg. 7 b, 518 [1952]. 14 W. A l b r e c h t , unveröffentlichte Mitt. * Methodik nach P i r i n g e r , s. bei R o m e i s , Mikroskopische Technik, München 1948, §§ 1264, 1265. Um die Frage zu klären, ob nach Coxsackie-B r Infektion im Gehirn von Säuglingsmäusen ähnliche Veränderungen wie in der Muskulatur nach Infektion mit den Coxsackie-A-Viren auftreten, wurde das Gehirn erkrankter Säuglingsmäuse nach Verabreichung von Coxsackie-Bj-Virus auf die Aktivität der sauren und alkalischen Phosphatase und auf das Verhalten der schon aufgeführten Phosphorfraktionen untersucht. Material und Methodik T i e r m a t e r i a l u n d V i r u s s t ä m m e : Wir verwendeten ein bis drei Tage alte Albinomäuse. Die Infektion erfolgte s.e. oder i.p. mit ca. 0,01 ccm einer bakterienfreien NaCl-Muskel/Gehirnsuspension von Säuglingsmaus-Passagen der Coxsackie-Virustypen A r A„ oder A.j bzw. B r Insgesamt wurden ca. 450 Mäuse für die Hauptversuche eingesetzt. U n t e r s u c h u n g s g ä n g e : Nach 45—50 Stdn. waren die Mäuse in typischer Weise mit Strecklähmungen der hinteren Extremitäten schwer krank. Zur histochemischen Untersuchung töteten wir einen Teil der Tiere im Äther. Paraffinschnitte unterschiedlidier Skelettmuskelbereiche, in welchen die charakteristischen Läsionen vorlagen, wurden folgenden Färbungen und Reaktionen unterzogen: 1. Übersichtsfärbung mit Hämatoxylin/Alaun-Eosin, 2. Fettfärbung mit Scharlachrot, 3. Eisenreaktionen: a) nach T u r n b u l l [Fe(III)], b) Berlinerblaureaktion [Fe(II)], 4. Methylgrün Pyroninfärbung, 5. F e u 1 g e n sehe Nuklealreaktion, 6. Färbung mit Acetat/Veronal ( M i c h a e l i s ) - gepufferter Methylenblaulösung bei konstantem von 4,9 7. Behandlung der Schnitte mit B i a 1 s Reagenz. Die gleichen Untersuchungen wiederholten wir an Schnitten, welche über 8 Stdn. bei 37° C in einer 0,01- proz. trvpsin-freien Ribonuclease-Lösung gestanden hatten **. Zur Kontrolle des Verhaltens der histologisch erfaßbaren Innenstruktur der Muskelfasern färbten wir in weiteren Schnitten die Myofibrillen mit Eisenhämatoxylin nach Heidenhain. Um Fehlerbreiten durch unterschiedliche Blutverteilungen in der Muskulatur einzuengen, wurden für alle anderen Untersuchungsgänge die Kontrollmäuse und die infizierten Tiere auf Filtrierpapier entblutet. UV- s p e k t r o s k o p i s c h e U n t e r s u c h u n g e n : Von jeweils 3 Säuglingsmäusen zusammen wurde 10 bis 20 mg Skelettmuskelgewebe aus dem Bereiche des Bekkens, der hinteren Extremitäten und der langen Rückenmuskeln präpariert und nach Wägung in 10-proz. NaClLösung über 4 Stdn. kalt extrahiert (— 18° C). Nach Entfernung der Muskelstückchen erfolgte eine 8-stdg. Dialyse des Extraktes im Cellophanschlauch gegen 10-proz. NaCl-Lösung; in Stichproben versicherten wir uns, daß danach die niedermolekularen Bestandteile aus dem Extrakt entfernt waren (Bestimmung des anorganischen und säurelöslichen Phosphors mittels der Molybdänblau-Methode). Die anschließende UV-Absorptionsmessung wurde mit dem Zeißschen Spektralphotometer vorgenommen. Wir bestimmten die Absorption der Extrakte bei den Banden 250—300 mu. Aus dem Verhältnis der Absorption 280 m«/Absoq:>tion 260 m« ermittelten wir Annäherungswerte des relativen Gesamt-Nucleinsäuregehaltes der Extrakte. Wir bedienten uns dabei entsprechend der Angaben von W a r b u r g und C h r i s t i a n 1 5 der in Abb. 1 angefügten Kurve. Die Trennung der RNS von der DNS erfolgte nach S c h m i d t und T h a n n h a u s e n « durch Alkalispaltung (2-n. NaOH) der RNS bei 38° C, anschließend der DNS-Fällung des eiswasser-gekiihlten Muskelextraktes mit HC10 4 und nochmaliger Absorptionsmessung des angesäuerten Extraktes. Die diemischen Untersudiungen wurden nach Homogenisierung der Muskulatur in 6 ccm 7-proz. Trichloressigsäure durchgeführt. In einem Aliquot der aufgewirbelten Suspension wurde nach K j e 1 d a h 1 der GesamtN bestimmt. 3 ccm der jeweiligen Suspension wurde zentrifugiert, das Zentrifugat nach S c h n e i d e r 1 7 mit 10proz. Trichloressigsäure ausgewaschen und in den vereinigten Extrakten der anorganische und gesamt-säurelösliche Phosphor bestimmt. Der Niederschlag wurde nach Suspension in 1 ccm destilliertem Wasser nach Zusatz von 4 ccm 96-proz. Alkohol sowie ein zweites Mal mit 96proz. Alkohol in der Kälte extrahiert; anschließend wurde die Extraktion mit Alkohol-Äther-Gemisch 3 : 1 in der Wärme 3-mal wiederholt. Die Veraschung des säurelöslichen Phosphates und des lipoidgebundenen Phosphors ** Wir erhielten die Ribonuclease durch die CIBA-AG, Wehr/Baden, von der Worthington Biochemical Sales Co., Freehold, New Jersey, USA, zur Verfügung gestellt. Wir danken der CIBA-AG bestens für die Überlassung. 15 O. W a r b u r g u. W. C h r i s t i a n , Biochem. Z. 310, 384 [1941], G. S c h in i d t u. S. J. T h a n n h a u s e r , J. biol. Chemistry 161, 83 [1945], W. C. S c h n e i d e r , J. biol. Chemistry 161, 293 [1945]. wurde (nach Evaporierung des Lösungsmittels) nach K a h a n e w mit 65-proz. HNO., und 60-proz. HC10 4 durchgeführt. Zur Bestimmung der RNS wurde der im Vakuum getrocknete Niederschlag nach T h a n n h a u s e r 1,1 in 2-n. KOH bei 37° gelöst, nach Abkühlung im Eiswasser mit 6 ccm 1-n. HC10 4 versetzt und nach Zentrifugation die Extinktion bei 260 m« im Überstand bestimmt. Die Extraktion der DNS erfolgte entsprechend dem Vorschlag von D a v i d s o n 1 9 nach der modifizierten Methode von O g u r und R o s e n - 0 durch Behandlung des Niederschlages mit 1-n. HClOj bei 80° C über 30 Minuten. Im Überstand wurde die Extinktion bei 260 m« nach Abkühlung in Eiswasser und Zentrifugation bestimmt. Ergebnisse Zu dem gewählten Zeitpunkt der Untersuchung erwiesen sich nach dem histologischen Bild Muskelfaserbezirke als so schwer beeinträchtigt, daß sich lediglich die leeren Sarkolemschläuche in einem zellarmen interstitiellen Ödem darstellten. Soweit die Fasern noch erhalten waren, boten sie das bekannte Bild der „hyalinen Schwellung" mit kettenförmigen basophilen Einlagerungen. D e r Ausfall der histiochemischen ist in Reaktionen der Abb. 2 * und in der Tab. 1 dargestellt. Die Ergebnisse bestätigen, daß in den basophilen Einlagerungen ionisiertes F e ( I I I ) und Fettstoffe vorliegen. Die negative Nuclealreaktion ( F e u l g e n ) weist aus, daß diese Formationen keine D N S enthalten. Die rote Tingierung der Granula und Streifen in der Methylgriin-Pyroninfärbung ist als Effekt lokaler R N S Anreicherungen zu interpretieren-' 1 ; allerdings muß berücksichtigt werden, polymerisation bung bewirken daß mit zunehmender auch DNS-Bruchstücke eine können - 2 . Durch De- Rotfär- Behandlung mit Methylenblaulösung bei pu 4,9 werden die uns interessierenden Granula tief blau angefärbt; nach den Angaben von H a e n e 1 spricht dies dafür, daß sie reichlich Ribose-Polynucleotide enthalten. Die schwache Rötung nach Behandlung mit Bials Reagens läßt wiederum ein Vorhandensein von Thymonuclein- säure vermuten. Alle aufgeführten Reaktionen waren sehr erheblich abgeschwächt oder aufgehoben, wenn die Gewebsschnitte mit Ribonuclease vorbehandelt E. K a h a n e , Bull. Soc. Chim. biol. 14, 284 [1932], J. N. D a v i d s o n , The Biochemistry of the nucleic acids, II. Aufl., London, New York 1953, S. 74 ft. 20 M. O g u r u. G. R o s e n , Arch. Biochemistry 25, 262 [1950], * Abb. 2 u. 3 s. Tafel S. 272 d u. e. 21 J. B r ä c h e t , C. R. Seances Soc. Biol. Filiales 1, 88 [1940], N. K u r n i c k , J. gen. Physiol. 33, 243 [1950]. 23 U. H a e n e l , Helv. med. Acta 17, 627 [1950], 1!) 5500 E 5000 1500 1000 3500 % Nucleinsäure — Abb. 1. Funktion von Absorptionsquotient Protein/Nueleinsäure zu prozentualem Nueleinsäuregehalt einer Misehung beider Stoffgruppen (nach O. W a r b u r g und W. C h r i s t i a n , Biochem. Z. 310, 384 [1941]). 2500 2000 250 260 270 280 290 300 Wellenlänge in rn.fi — ° Wellenlänge in m/i Abb. 4 a. Abb. 4. UV-Absorptionskurven wässeriger Muskelgewebsextrakte von Säuglingsmäusen, a) Normalkontrollen. b) 45—50 Stdn. nadi Coxsackie-Ai-Virus-Infektion. c) 45—50 Stdn. nach Coxsackie-A«Virus-Infektion. d) 45—50 Stdn. nach Coxsackie-As-Virus-Infektion. I. Gesamtextrakte (Protein und Gesamt-NS enthaltend). II. Extrakte nach Alkali-Säure-Behandlung (RNS-Bruchstiieke enthaltend). 3000 E 2500 2000 290 300 250 Wellenlänge in mfi Abb. 4 b. 260 —»- worden waren. Die parallel laufende Darstellung der Myofibrillen ließ im Stadium der hyalinen Sdiwellung eine Verklumpung der normalen Innenstruktur der Muskelfasern mit nadifolgender Auflösung erkennen (Abb. 3). Ein Vergleich der UV-Absorptionskurven von Muskelextrakten gesunder Säuglingsmäuse und von Tieren, die mit Coxsackie-A1,A2,A3-Viren infiziert waren, ließ im Bereich der 260—280-m//-Banden eine Erhöhung der Extinktionswerte erkennen; der Gehalt der Extrakte an Gesamt-NS oder deren Bruchstücke scheint danach ebenso wie der Eiweißgehalt vermehrt zu sein (Abb. 4 a, b, c, d I). Nadi Alkali/'Säurebehandlung sprachen — verglidien mit Normalkontrollen — die Absorptionsmeßwerte von Muskelextrakten von Säuglingsmäusen, die mit Coxsackie-A-Virus infiziert waren, gegen Vermehrungen von RNS-Bruchstücken (Abb. 4 a, b c, d l l ) . Berücksichtigt man die Funktion (Abb. 1) zwischen dem Quotienten von Absorption 280 m/r Absorption 260 mfi und dem GesamtNS-Gehalt ( W a r b ü r g und C h r i s t i a n ) , so kann in unseren Meßergebnissen nach Coxsackie-A-Virus-Infektion eine leichtere Extrahierbarkeit der Proteine im Verhältnis zu den Nucleinsäuren festgestellt werden (Tab. 2), als sie bei den Normaltieren ermittelt wurde. Bei der quantitativen chemischen Analyse wurden die Werte für Phosphor auf den Gesamt-N bezogen und als Quotient mg P : mg Gesamt-N ausgedrückt. Der Nueleinsäuregehalt ist in mg NS angegeben; als Testsubstanz diente reinste Ribo-Nucleinsäure ( B a y e r ) . Auch hier wurde auf den Gesamt-N bezogen. Außerdem wurde das Frischgewicht als Bezugssystem gewählt, doch lag die mittlere Fehlerbreite hier deutlich über dem Stickstoffwert. Wie aus Tab. 1 hervorgeht, waren die Werte für anorganischen und gesamt-säurelöslichen Phosphor bei den Kontrollen niedriger als bei den gelähmten Tieren. Besonders deutlidi beobachteten wir dies bei anorganischem P, während bei gesamt-säurelöslichem Phos- phor die Werte innerhalb der Fehlersehwankungs-Breiten lagen. Nach Infektion mit dem Aj-Stamm war der anorganische P nur mäßig erhöht, dagegen lagen die Werte bei Infektion mit den CoxsackieA 2 - und A 3 -Viren erheblich höher; die Vermehrung des anorganischen Phosphats erwies sich in der gelähmten Muskulatur für alle drei Stämme signifikant. Der Lipoidphosphor verhielt sich bei den Kontrollen und den erkrankten Tieren gleich. Nach Infektion mit dem Coxsackie-Bj-Virus entsprachen die Werte der einzelnen Phosphatfraktionen im Gehirn denen der gleichaltrigen Kontrollen (Tab. 3). Die Aktivität der alkalischen und sauren Phosphatase des Gehirngewebes entsprach derjenigen der Altersklasse. Die Untersuchung des Nucleinsäuregehaltes ergab, daß durch Infektion mit Coxsackie-A-Viren keine signifikanten quantitativen Veränderungen in der gelähmten Muskulatur geschaffen werden. Wie Tab. 1 zeigt, blieb der DNS-Gehalt durch die Virusinfektion völlig unverändert. Die RNS wies gewisse Schwankungen auf, welche aber nicht als signifikant anzusprechen sind. Bei Infektion mit den Coxsackie-Viren Aj und A3 war ein leichtes Ansteigen der RNS zu beobachten, nach A 2 -Infektion lag der RNS-Wert etwas unterhalb der Norm. Nach Coxsackie-B r Virus-Infektion entsprachen die ermittelten Nucleinsäurewerte des Gehirns denen der Normalkontrollen. Besprechung der Ergebnisse Der Widerspruch, den die Ergebnisse unserer Untersuchungen auf den ersten Blick in sich zu tragen scheinen, löst sich bei einer sinnvollen Zuordnung der Befunde auf. Nach der Coxsackie-A-Virus- 1000 E - M § n 260 270 280 Wellenlänge in mfi - 290 i 250 i i i i 260 210 280 290 Wellenlänge in m^i 300 Abb. 4 c. 3000 2500 2000 250 260 210 280 290 300 Wellenlänge in m/u. - 500 i i 250 Abb. 4 d. n 260 270 280 Wellenlänge in m/n i i 290 i i 300 CoxsaekieAa-Stamm CoxsackieAi-Stamm CoxsackieA:j-Stamm Kontrollen Histoehemische Reaktionen unterschiedliche kleine Fetttröpfehen in den Muskelfasern grobe Streifen und Granula negativ rötliche Streifen und Granula in den Muskelfasern negativ kräftig blaue Streifen und Granula in den Muskelfasern feine rötliche und wenige blaßgrüne Granula in den Muskelfasern + + + + Turnbullblaureaktion [Fe(III)] Berlinerblaureaktion [Fe(II)] Methvlgrün-Pyroninfärbung + + Feulgensche Nuklealreaktion Acetat-Veronal-gepuffertes Methylenblau von pu 4,9 Bials Reagens 1+ Fettfärbung mit Scharlachrot keine basophilen Strukturen + I + + + Kräftige basophile Streifen und Granula + Übersichtsfärbung mit H.E. 0.058 ± 0,007 0.068 + 0,012 0,068x0,011 0,044 + 0,005 0,090 ± 0 , 0 1 6 0,096 + 0,015 0,090 + 0,011 0,080 + 0,006 0,027 + 0,004 0,025 + 0,004 0,026 + 0,002 0,027 + 0,004 0,35 ± 0,06 0,31 + 0,06 0,39 :r 0,05 0,32 0,22 0,22 0,22 x 0,03 0,19 + 0,02 560 + 50 350 + 40 500 + 80 320 + 50 Ergebnisse der chemischen Analyse: anorgan. P Gesamt-N gesamtsäurelösliches P mg Gesamt-N Lipid-P " 1 § Gesamt-N RNS m g Gesamt-N DNS mg Gesamt-N mg°/ 0 RNS mg°/o DNS mg & ,, -0,03 520 + 70 350 + 50 +0,03 450+100 300 + 50 +0,04 Tab. 1. Ergebnisse histoehemiseher und chemischer Untersuchungen an Muskelgewebe von mit Coxsackie-A-Virus infizierten Mäusen. wie bei Ai, — negativ. * Z a h l der V e r s u c h e zwischen 20 und 30 für j e d e n W e r t . F ü r die B e r e c h n u n g des M i t t e l w e r t e s w u r d e nach S . K o l l e r ( G r a p h i s c h e T a f e l n zur B e u r t e i l u n g statistischer Z a h l e n . V e r l a g T h . SteinkopfF, D r e s d e n u. L e i p z i g 1943) das f - f a c h e des m i t t l e r e n F e h l e r s g e w ä h l t . Bei Coxsackie-Ai -Infektion Coxsackie-A,-Infektion Coxsackie-A 3 -Infektion Kontrollen so d a ß mit e i n e r W a h r s c h e i n l i c h k e i t von 99.73% d e r M i t t e l w e r t inn e r h a l b der a n g e g e b e n e n G r e n z e n liegt. * * Z a h l der Versuche für j e d e n W e r t zwischen 30 und 40. M i t t e l w e r t b e r e c h n u n g wie o b e n . Nucleinsäure im extrahierten ProteinNS-Gemisch [%] 2,32 2,79 3,4 4,24 + 0,44 + 0,87 +0,25 + 0,93 Tab. 2. Prozentualer Anteil der Gesamt-NS im wäßrigen Muskelextrakt von Säuglingsmäusen, 45—50 h nach Coxsackie-A-Virus-Infektion. Ermittlung der Werte durch Berechnung des Quotienten der UV-Absorption der Extrakte bei 280 m « / 2 6 0 m « ; den daraus entnommenen prozentualen NS-Werten sind die Angaben von W a r b u r g und C h r i s t i a n (s. Abb. 1) zugrunde gelegt. Zahl der Versuche für jeden Wert zwischen 8 und 11; jeder Versuch stellt wiederum einen Poolwert von 3 Tieren dar. m g m g m g anorgan.P Gesamt-N ges. säurelösl. P Gesamt-N Lipid-P Gesamt-N Kontrollen 2 — 3 Tage alt Coxsackie-Infektion, Stamm B,, Tiere 2 — 3 Tage alt 0,022 — 0,003 0,020 + 0,001 0,065 + 0,006 0,062 + 0,003 0,055 + 0,007 0,056 + 0,004 0,40 + 0 , 0 2 0,44 ± 0,04 RNS Gesamt-N 0,27 + 0 , 0 1 0,27 + 0 , 0 4 DNS m g Gesamt-N Tab. 3. Ergebnisse der chemischen Untersuchungen an Gehirngewebe von mit Coxsackie-Bi-Virus infizierten Säuglingsmäusen. Zahl der Versuche für jeden Wert zwischen 30 und 40. Mittel Wertberechnung wie in Tab. 1. m g Infektion werden in den strukturell geschädigten MäuseMuskelfasern mittels histochemischer Methoden Ribose-Polynueleotide erfaßbar; sie treten in Form körniger und streifiger Strukturen in der Längsachse der Muskelfasern auf. Bei gesunden Tieren können sie nicht nachgewiesen werden. Im wäßrigen Muskelextrakt von mit Coxsackie-A-Virus infizierten Mäusen ist UV-photometrisch nach der Virusinfektion eine Erhöhung der Extinktionswerte sowohl in dem Absorptionsbereich der Gesamt-Nucleinsäuren als auch der Eiweißstoffe nachweisbar; allerdings ist hierbei, verglichen mit den Normalkontrollen, der Quotient von Proteinen : Nucleinsäuren zugunsten eines relativ höheren Gehaltes an Eiweißstoffen verschoben. Schon hieraus kann vermutet werden, daß die histochemische Darstellbarkeit kein Ausweis für eine echte Nucleinsäure-Vermehrung ist; vielmehr ist daraus zu entnehmen, daß bei den im Gefolge der Virusinfektion einsetzenden Störungen der Faserinnenstruktur, wie sie auch in der Myofibrillenfärbung sichtbar wird, lediglich lokale Ribose-Polynucleotid-Kondensationen, also eine Art „Phanerose", eintreten. Die Überhöhung der Extinktionen sowohl der NS- als auch noch stärker der eiweiß-absorbierenden Banden sind zwanglos durch die Erleichterung der Extraktion dieser Substanzen aus dem geschädigten Muskelgewebe zu erklären, wobei ein relativ vermehrter Proteinübertritt in den Extrakt statthat. Eine echte Eiweißvermehrung ist auszuschließen, da das Verhältnis Muskelgewicht : Gesamt-N bei gesunden und gelähmten Tieren gleichbleibt. Die ungefähr gleiche Absorption von alkali-/säure-behandelten Muskelextrakten infizierter und normaler Mäuse zeigt, daß die Extinktionserhöhungen im NS-Bandenbereich bei Messung des Gesamt-NS-Extraktes vorzüglich durch den DNS-Anteil bedingt sein dürfte; dieser muß, wenn man sich auf die histochemischen Untersuchungsergebnisse bezieht, im wesentlichen der Nuklearsubstanz des Muskelgewebes entstammen. Auch die quantitativen Untersuchungen von RNS und DNS ergeben im Verhältnis zu Gesamt-N und Gewicht keine signifikanten Unterschiede zwischen gesunden und gelähmten Tieren. Über die qualitativen Zusammensetzungen der NS — also auch evtl. Umbau von Muskel-NS zu Virus-NS — ist in diesen Untersuchungen nichts auszusagen. Im Gegensatz zu zurückliegenden Untersuchungen wurde in dieser Studie eine Vermehrung des anorganischen Phosphates im gelähmten Muskel gefunden; der säurelösliche Phosphor und die Phospholipide ließen keine signifikanten Unterschiede zwischen dem Muskelgewebe gelähmter Tiere und Normalkontrollen erkennen. Es fällt auf, daß die Vermehrung des anorganischen Phosphates am geringsten nach Aj-Infektion ausgeprägt ist. Wir nehmen an, daß diese Zunahme im geschädigten Muskel mit einer Störung des kontinuierlichen Aufbaues der muskeleigenen, labilen, phosphorhaltigen Energieträger zusammenhängt. Die Befunde sprechen dafür, daß bei der Hemmung dieser Vorgänge im Gefolge einer Coxsackie-A-Virus-Infektion ein Zeitfaktor eine Rolle spielt, da bei Kontrolluntersuchungen von Tieren 24 Stdn. nach Infektion die Vermehrung von anorganischem Phosphat noch nicht nachweisbar war. Damit sind auch die negativen Ergebnisse früherer Untersuchungen 8 erklärt, da diese zu einem Zeitpunkt vor Einsetzen schwerer Muskelschäden und manifester Lähmungen gemacht worden waren. Für technische Assistenz haben wir Frl. G. L i p s und Frl. Ch. P e r n e r zu danken.