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2.Vorlesung
Wiederholung Film Brownsche Bewegung in Milch (Fettröpfchen in
Wasser)
P.F.: Man weiß heute, dass das Brownsche Teilchen ein Perpetuum
mobile zweiter Art ist, und dass sein Vorhandensein den zweiten
Hauptsatz der ... Wärmelehre „widerlegt“.
Physikalischer Hintergrund:
2. Hauptsatz der Wärmelehre = Entropiesatz:
sagt, in welche Richtung thermodynamische
Zustandsänderungen laufen
Viele äquivalente Formulierungen:
- Entropie S nimmt nie ab in abgeschlossenem System: dS  0,
S strebt zu Maximalwert S -->Smax
Nach Boltzmann ist der Grund: ein abgeschlossenes System
strebt dem wahrscheinlichsten Zustand zu.
- Es ist unmöglich, eine periodisch arbeitende Maschine zu
bauen, die nichts anderes bewirkt als Erzeugung
mechanischer Arbeit durch Abkühlung eines
Wärmespeichers.
- Wärme kann nie spontan (=ohne äußere Einwirkung) von
einem kälteren auf einen wärmeren Köper übergehen.
- Existenz eines perpetuum mobile „zweiter Art“ ist unmöglich.
P.F.: Hätte die Beziehung zwischen Brownscher Bewegung und 2.
Hauptsatz direkt widerlegt? Werden können“
P.F.: Nein!
Um nämlich zu zeigen, dass das Brownsche Teilchen den 2.
Hauptsatz verletzt, muss man zeigen, dass seine Bewegung auf
einem ständigen Wärmeaustausch mit der Umgebung beruht:
dass Wärme in Bewegung und diese wieder in Wärme verwandelt
wird.
Dies aber ist nicht möglich: prinzipiell und praktisch.
1
Neue Betrachtungsweise stammte schließlich von Einstein
auf Boltzmanns Schultern: Einsatz der kinetischen Gastheorie.
Hintergrund-Info Einstein (Doktorarbeit, andere Arbeiten 1905)
Was machte Einstein: Diffusionsgleichung, Lösung = Gauß-Kurve,
Breite = „Streuung“, „betrunkener Wanderer“.
2
P.F. meint, dass bei Einsteins Anwendung von Boltzmanns
kinetischer Gastheorie
die „Konsistenzbedingung
durch den Einbau der phänomenologischen Theorie der Wämelehre
in den größeren Rahmen der
statistische Physik = statistische Mechanik verletzt wurde.“
Ich würde das nicht so ausdrücken, meine eher,
dass das Bild der klassischen Wärmelehre (Thermodynamik)
durch ihre Verquickung mit der Mechanik
erweitert wurde.
Aber das ist möglicherweise fast Semantik
und charakterisiert die unterschiedlichen Redeweisen
von Feyerabend und praktischen Naturwissenschaftlern.
Physikalischer Hintergrund für 2. Hauptsatz der Wärmelehre:
„Mikroskopische“ „Erklärung“ des 2. Hauptsatzes durch
Maxwell-Boltzmann-Statistik:
Makrozustand besteht aus vielen Mikrozuständen, die einer
Verteilungsfunktion gehorchen.
Boltzmann: S = kB lnW
(kB heißt Boltzmannkonstante, W = Wahrscheinlichkeit für
Realisierung eines Makrozustandes.).
Der wahrscheinlichste Zustand ist das Endziel.
2.Hauptsatz ist also jetzt ein Gesetz der Statistik.
Abweichungen durch Fluktuationen sind möglich, können
aber nicht zur Herstellung eines perpetuum mobile 2.Art
genützt werden.
„Grund“: Information über Fluktuationen fehlt, sie sind
zufällig.
3
Harte Tatsache bleibt:
Boltzmann erklärte ca. 1880 die Gasgesetze (Druck, Volumen,
Temperatur-Zusammenhang) durch Bewegung der Moleküle,
Einstein erklärte 1905 die Brownsche Bewegung über Fluktuation
dieser Bewegungen. Messen!
War das nun ein Abweichen von Feyerabends
Konsistenzbedingung?
M.E. ist das ANSICHTSSACHE.
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Prognose von Einsteinmessen!
Experimentalphysik ist die Königin der Naturwissenschaften.
Also messen, was sich tatsächlich tut!
Viele seit Brown:
1900 Felix Exner Geschwindigkeiten der Teilchen. Geht nicht!
Ab 1906 versuchten viele Experimental-Forscher Einsteins
Vorschlag zu folgen, die mittlere Verschiebung zu messen.
Schließlich erfolgreichste Gruppe um Perrin
 Nobelpreis Physik 1926
Neue Ansicht hatte sich also durchgesetzt.
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4
Beispiel der Brownschen Bewegung als Lehrbeispiel . P.F.s Thesen
P.F.:
Dieses Beispiel scheint mir charakteristisch zu sein für die
Beziehung zwischen allgemeinen Theorien oder Auffassungen und
den „Tatsachen“.
Sowohl die Relevanz als auch die widerlegende Kraft
entscheidender Tatsachen lässt sich nur mit Hilfe anderer Theorien
gewinnen, die zwar den Tatsachen entsprechen, die aber nicht mit
der zu prüfenden Auffassung übereinstimmen.
Aber wenn das so ist, dann muss sowohl die Erfindung als auch die
Artikulation von Alternativen der Produktion widerlegender
Tatsachen vorausgehen.
Vogl:????
Der Empirismus verlangt jedenfalls...., dass der empirische Gehalt
aller unserer Erkenntnisse möglich groß gemacht werden soll.
Erfindung von Alternativen!
Konsistenzbedingung widerspricht dieser Forderung.......(S.47)
5
Feyerabends allgemeine („wissenschaftssoziologische“)
Folgerungen aus diesem Beispiel:
Angenommen, eine Gruppe von Wissenschaftlern hält eine
bestimmte Auffassung für die einzig richtige,
widmet sich ihrem Ausbau
und weigert sich, andere Ansätze in Betracht zu ziehen.
Anfänglich hat ein solches Verfahren einiges für sich:
Schließlich kann ja ein Mensch und eine einflussreiche Gruppe
nicht beliebig viel auf einmal tun,
und es ist besser, wenn man sich mit einer Sicht der Natur
(„Theorie“) beschäftigt, für die man sich interessiert,
als mit einer, die man langweilig findet.
Wenn diese Auffassung Erfolge bringt,
Erklärung bisher unerklärlicher Eigenschaften
 man begegnet Alternativen mit geringerer Toleranz.
Da (nach P.F.) aber viele Tatsachen nur mit Hilfe von Alternativen
zugänglich sind, führt deren Nichtbeachtung auch zur
Nichtbeachtung (P.F.: „Ausschaltung“) möglicher widerlegender
Tatsachen, daher sieht die Auffassung (P.F.: „Theorie“) tadellos aus
und es scheint, dass alle Daten mit unerbittlicher Eindeutigkeit in
die Richtung weisen,....
Häufig sind widerlegende Tatsachen lange bekannt,
bevor Einbau in / Umbau der „Theorie“ versucht.
Bsp.: Brownsche Bewegung 18281905
Elektronen in Festkörpern 1905 1920 (Bethe & Sommerfeld)
Photoeffekt 1886 (Hallwachs) 1905 (Einstein)
Aber alle Beobachtungen, exp. Ergebnisse werden „mühsam“
in „alte“ Auffassung eingebaut „Theorie“ wird immer komplexer.
Öffentliche Bekanntheit  populärwissenschaftl. Schriften
In Lehrpläne eingebaut
„Orthodoxe“ bekommen Geld, „Revolutionäre“ nix.
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P.F. (wie häufig provokant): Es liegt aber auf der Hand, dass dieser
Schein des Erfolgs nicht im geringsten als Zeichen der Wahrheit
und der Übereinstimmung mit der Natur gelten kann.
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