Qualifizierung im Sport Prävention sexualisierter Gewalt Schweigen schützt die Falschen VIBSS-Infopapier (Stand 2010) Impressum Qualifizierung im Sport VIBSS VEREINS- INFORMATIONS- BERATUNGS- UND SCHULUNGS-SYSTEM VIBSS-ServiceCenter Tel. 0203 7381-777 E-Mail: [email protected] VIBSS-Online www.vibss.de Weitere Informationen unter: www.qualifizierung-im-sport.de Herausgeber: Landessportbund Nordrhein-Westfalen e.V. Friedrich-Alfred-Straße 25, 47055 Duisburg Redaktion: Dorota Sahle Markus Kringe Mitarbeit Renate Janssen Martin Wonik Manfred Probst Willi Geißler Holger Jung Golo Busch Sebastian Gutknecht Christoph Noelke Gestaltung: Sabrina Hemmersbach Stand: ?? 2010 © Landessportbund Nordrhein-Westfalen e.V. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers 2 Inhaltsverzeichnis VORBEMERKUNGEN 2 1. SEXUALISIERTE GEWALT 3 1.1 Sexualisierte Gewalt - Was ist gemeint? 3 1.2 Sexualisierte Gewalt im Sport 5 1.3 Woran kann ich erkennen, ob sexualisierte Gewalt vorliegt? 8 1.4 Betrifft: Mädchen und Jungen als Opfer 8 1.4.1 Betrifft: Mädchen als Opfer 9 1.4.2 Betrifft: Jungen als Opfer 11 1.4.3 Betrifft: Frauen als Opfer 12 1.4.4 Betrifft: Männer als Opfer 12 1.4.5 Betrifft: Menschen mit Behinderung als Opfer 13 1.4.6 Betrifft: Täter und Täterinnen 14 2. PRÄVENTION 17 2.1 Formen der Prävention 17 2.2 Präventionsprogramme 1 3. INTERVENTION 2 3.1 Intervention bei sexualisierter Gewalt 2 3.2 Tipps für den Alltag 2 3.3 Hilfe für Helfende und Bezugspersonen 4 3.4 Rechtliche Aspekte zu konkreten Fragestellungen 4 3.4.1 Ausschluß auffällige Übungsleiter? 4 3.4.2 Strafbar bei Untätigkeit? 5 3.4.3 Ansprechpartner bei Verdacht 6 3.4.4 Warnung vor Täter? 7 3.5 Überblick über Sexualstraftatbestände 8 3 4. HINTERGRUND & HILFEN 10 4.1 VIBSS Ausschreibung 10 4.2 Führungszeugnis 10 4.3 Adressen 13 4.4 Ehrenkodex 14 4.5 Symptome und emotionale Reaktionen 14 4.6 Wirksamkeit und Sportjugendaktivitäten 14 5. LITERATUR 18 6. WEITERE INFORMATIONS-, BERATUNGS- UND SCHULUNGSMÖGLICHKEITEN 20 6.1 Informationsmöglichkeiten 20 6.2 Vereinsberatung 20 6.3 Schulungsmöglichkeiten 22 Vorbemerkungen In den VIBSS-Infopapieren werden Themen und Inhalte, die für die Führung, Organisation und Verwaltung von Sportvereinen wichtig erscheinen, in kurzer und verständlicher Form zusammengefasst. Die Infopapiere sollen die Vereinsmanagerinnen und Vereinsmanager in ihrer täglichen Arbeit unterstützen und allen Teilnehmenden an Qualifizierungsmaßnahmen die wesentlichen Inhalte zum Thema darstellen. Inhaltlich orientieren sich die Materialien an der Fragestellung „Was muss der Vorstand eines Vereins (das Vereinsmanagement) wissen?“. Diese Frage wird in jedem Verein spezifisch unterschiedlich beantwortet werden (müssen), deshalb bieten die Infopapiere allgemeine Grundlagen, die jede(r) auf seinen Verein übertragen kann. Spezifische Vorbemerkungen zum Thema Die Materialien sind speziell für Einsteigerinnen und Einsteiger in das Thema zu empfehlen, denn sie geben vor allem grundlegende Informationen, die sich für die Weitergabe an andere Personen, zum Beispiel den Vorstand oder die Mitglieder, eignen. Hierfür stehen Lehrbeispiele zur Verfügung, in denen einzelne Aspekte aufgearbeitet sind. Je nach Bedarf können die einzelnen Bausteine miteinander verknüpft werden, zum Beispiel für einen Kurzvortrag, für Halbtages- oder Tagesveranstaltungen. Es war uns unter anderem ein Anliegen, mögliche Besonderheiten der Zielgruppe der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte mit in die Zusammenstellung aufzunehmen, deshalb nehmen wir an einigen Stellen dieser Publikation Bezug auf die spezielle Situation von Opfern aus anderen Kulturkreisen. Auch rechtliche Hinweise zu konkreten Fragestellungen, die immer wieder gestellt werden, haben wir berücksichtigt. 2 1. Sexualisierte Gewalt Sexualisierte Gewalt hat keine Grenzen: Sie findet in allen gesellschaftlichen Bereichen statt und beschränkt sich nicht auf einzelne Nischen. Sie wird an Mädchen und Jungen jeden Alters verübt, und überwiegend von Männern, aber auch von Frauen begangen. Erwachsene sind gleichfalls Opfer sexualisierter Gewalt. 1.1 Sexualisierte Gewalt - Was ist gemeint? Der Landessportbund NRW und die Sportjugend NRW verwenden den Begriff „Sexualisierte Gewalt“ als Oberbegriff für verschiedene Formen der Unterwerfung mit dem Mittel der Sexualität. 1 Sexualisierte Gewalt verletzt das Recht auf Intimität, altersgemäßer und sexueller Selbstbestimmung. Dazu zählt die sexuelle Gewalt im engeren und im weiteren Sinne. Im engeren Sinne beziehen wir uns auf das Strafgesetzbuch (Paragraf 177, Absatz 1), das sexuelle Gewalt definiert als Nötigung zu sexuellen Handlungen mit Gewalt, als Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben oder als Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer dem Täter oder der Täterin schutzlos ausgeliefert ist. Darunter fallen Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung und sexuelle Nötigung, bei denen das Opfer gezwungen wird, sexuelle Handlungen des Täters oder der Täterin oder eines Dritten an sich zu dulden oder an dem Täter oder der Täterin oder einem Dritten vorzunehmen. Die Studie "Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland" hat ermittelt, dass nach dieser engen Definition in Deutschland 13 Prozent der Frauen über 16 Jahre sexuelle Gewalt erfahren haben, das ist jede siebte Frau. In 99 Prozent der Fälle üben Männer diese Form 2 3 von Gewalt aus. / Ähnlich umfangreiches Datenmaterial über sexuelle Gewalt gegen Männer ist nicht vorhanden. Die Pilotstudie "Gewalt gegen Männer in Deutschland" 4 ermittelt, dass acht Prozent der befragten Männer über 18 Jahre in ihrer Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erfahren haben. Darunter fällt zum Beispiel, dass sie gegen den eigenen Willen von Älteren sexuell berührt, belästigt oder bedrängt worden sind. Wenn über sexuelle Gewalt im weiteren Sinne gesprochen wird, dann ist damit in der Regel die sexuelle Belästigung gemeint, das heißt geschlechtsbezogene oder sexualisierende Übergriffe durch Worte, Gesten, Bilder oder Handlungen mit oder ohne direkten Körperkontakt. Dazu zählen sexistische Witze, anzügliche Bemerkungen, das Zeigen pornografischer Abbildungen oder unerwünschte Berührungen intimer Körperbereiche. 5 In Deutschland haben 58 Prozent der Frauen über 16 Jahre solche Erfahrungen gemacht. 6 Vergleichbare Zahlen für Männer sind nicht bekannt. Die Diskussion um sexualisierte Gewalt ist nicht neu. Der Umgang mit diesem Thema wird zunehmend transparenter und trägt so zur Enttabuisierung bei. In der Praxis existieren Begrifflichkeiten wie zum Beispiel sexueller Missbrauch, sexuelle Ausbeutung, sexuelle Misshandlung, Inzest, sexueller Übergriff, sexuelle Belästigung oder sexualisierte Gewalt. 7 Diese Begriffe spiegeln die Vielzahl der Formen sexueller Grenzüberschreitungen wider und dienen vor diesem Hintergrund zuallererst dem Zweck, eine Sprache für das Unaussprechliche zu finden. Indem wir in die Lage versetzt werden, möglichst unmissverständlich und frei von manipulativen Absichten über Formen sexualisierter Gewalt zu sprechen, können wir diese auch leichter identifizieren, entlarven und somit bekämpfen. 1 vgl. Rulofs, Bettina (2006), S. 150-162 BMFSFJ (2005a), S. 65 3 Heiliger, A. et al (2005), S. 623 4 vgl. BMFSFJ (2005b) 5 BMFSFJ, 2005a, S. 92 6 BMFSFJ, 2005a, S. 92 7 Im Folgenden beziehen wir uns auf die Ausführungen von „kibs - Kinderschutz und Mutterschutz e.V“ http://www.kibs.de (Abruf vom19.10.06) 2 3 Manchmal ist die Handlung gemäß der Definition ganz offensichtlich ein strafrechtlicher Tatbestand, beispielsweise wenn es um vollzogenen Geschlechtsverkehr durch Erwachsene an Kindern gegen deren Willen geht. Doch der Umgang mit einigen der dargestellten Definitionen lässt immer einen Interpretationsspielraum Dritter durch Abwehr und Unwille zu. Zum Beispiel wenn: das Problem von den Handelnden verharmlost wird („War doch nicht so gemeint.“). die übergriffigen Handlungen von der Umwelt als nicht so schwerwiegend bewertet werden und die Wahrnehmung von übergriffigen und grenzverletzenden Situationen durch Außenstehende verharmlost wird („War doch nicht so schlimm.“, oder „Stell dich nicht so an.“). das Macht-, Erfahrungs- und Altersgefälle zwischen den Personen nicht so groß ist, und die Handlungen als normal in der Phase bezeichnet werden („So etwas machen die, wenn sie groß werden.“, oder „Das gehört dazu.“). eine grundsätzliche Verneinung, dass so was im eigenen Umfeld passieren kann („So etwas passiert doch bei uns nicht!“, „Doch nicht der XY, der ist doch so ein lieber Kerl!“). Sexualisierte Gewalt wird entweder über physische Gewaltanwendung oder über psychischen Druck erzwungen. Ist ein Kind das Opfer, so ist es aufgrund seines Entwicklungsalters und des Abhängigkeitsverhältnisses, in dem es sich normalerweise befindet, oftmals nicht in der Lage, die Situation angemessen zu beurteilen. Bei erwachsenen Opfern muss davon ausgegangen werden, dass Gewalt ausgeübt und die Tat durch Einschüchterung erzwungen worden ist. Sexualisierte Gewalt ruft sehr unterschiedliche Gefühle hervor: Abwehr. Ekel, Mitgefühl, Angst oder die Sorge um eigene Angehörige. Sexualisierte Gewalt impliziert die Absicht des Täters oder der Täterin, ein Mädchen oder einen Jungen, eine Frau oder einen Mann für die eigenen sexuellen Wünsche zu benutzen. Das Strafgesetzbuch leistet einen wesentlichen Beitrag zur Begriffsklärung. Es stellt sexuelle Handlungen an Kindern unter 14 Jahren (sowie in bestimmten Fällen an Jugendlichen unter 16 beziehungsweise 18 Jahren) unter Strafe. Der dreizehnte Abschnitt des Strafgesetzbuches, Paragraf 174 bis 184c, definiert sexuelle Handlungen an Kindern als Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Mit Ausnahme des Exhibitionismus im Paragraf 183 und der Verführung, Paragraf 182, sind alle Taten sogenannte Offizialdelikte. Das heißt, die Polizei oder Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, solche Delikte zu verfolgen, sobald sie davon Kenntnis hat – unabhängig davon, ob die oder der Betroffene damit einverstanden ist oder nicht. Zur Einordnung der rechtlichen Konsequenzen wird in der Regel nach der Art des Körperkontaktes unterschieden. Hierbei gibt es diverse Kriterien zur Beurteilung der Übergriffe über die Art des 8 Körperkontaktes. Diese Kriterien sind: Sexueller Gewalt ohne Körperkontakt (Pornos, Exhibitionismus, beim Baden beobachten) Sexueller Gewalt mit „geringem“ Körperkontakt (Zungenküsse, Brust anfassen, Versuch die Genitalien zu berühren) Sexueller Gewalt mit intensivem Körperkontakt (Masturbation von Täter oder Täterin vor dem Opfer; Anfassen lassen der Genitalien) Sexueller Gewalt mit sehr intensivem Körperkontakt (anale, orale oder genitale Vergewaltigung) Sexualisierte Gewalt gegen Mädchen und Jungen ist nicht die Ausnahme, sondern Alltag in Deutschland. Bei einer jährlichen Zahl von circa 20.000 Opfern muss mit einer zehn- bis fünfzehn 9 Mal höheren Dunkelziffer gerechnet werden. 8 9 ebd. vgl. Dunkelziffer, http://www.dunkelziffer.de/de/aufklaerung_1_2.html (Zugriff vom 19.10.06) 4 1.2 Sexualisierte Gewalt im Sport Die Formen sexualisierter Gewalt im Sport unterscheiden sich nicht von den Formen in anderen Bereichen. 10 Im Sport gibt es jedoch Faktoren, die sexualisierte Gewalt begünstigen können: Sportliche Aktivitäten sind sehr körperzentriert, oftmals ist Körperkontakt nötig, die spezifische Sportkleidung, die "Umziehsituationen", die Rahmenbedingungen, zum Beispiel Fahrten zu Wettkämpfen mit Übernachtungen etc. Das Besondere an Sportvereinen ist darüber hinaus die Tatsache, dass es oft abgeschirmte Situationen gibt, in denen zum Beispiel Trainer und Sportlerinnen alleine sind, beispielsweise nach dem Spiel in der Halle oder bei zusätzlichem Einzeltraining. Durch diese abgeschirmten Situationen ohne Zeugen kann der Täter die Handlung einfach leugnen oder die „Schuld“ dem Opfer zuweisen. Macht und sexualisierte Gewalt Die Beziehungsstrukturen im Sport, wie die zwischen Trainer/ Trainerin und Athlet/ Athletin sowie die Tatsache, dass viele der sportlich Aktiven, Kinder oder Jugendliche sind, implizieren darüber hinaus Hierarchien und Machtverhältnisse. Dies begünstigt besondere Aspekte der sexualisierten Gewalt, die verbunden sind mit Machtausübung, Unterwerfung oder Demütigung mit dem Mittel der Sexualität. Hier steht nicht die gewalttätige Sexualität im Vordergrund, sondern die Ausübung von Macht durch sexuelle Handlungen oder sexualisierende Bemerkungen, Berührungen und Gesten. Erscheinungsformen sexualisierter Gewalt im Sport sind: 11 Verbale und gestische Übergriffe Grenzverletzung bei Kontrolle der Sportkleidung Übergriffe exhibitionistischer Art Übergriffe bei der Hilfestellung Verletzungen der Intimsphäre durch Eindringen in Umkleiden und Duschen bis hin zu direkten Formen sexueller Gewalt wie Vergewaltigung Blickpunkt: Sportvereine Täter und Täterinnen suchen gezielt Situationen, in denen sie auf leichte und unkomplizierte Weise (körperliche) Kontakte mit Kindern und Jugendlichen eingehen und aufbauen können. Es besteht also die Gefahr, dass sich Täter und Täterinnen genau mit dieser Intention in Sportvereine begeben. Wichtig ist deshalb eine hohe Sensibilität und Wachsamkeit gegenüber jeglichen Vorkommnissen, die auf mögliche sexualisierte Grenzüberschreitungen schließen lassen. Hilflosigkeit und Überforderung sind oftmals die Gründe dafür, dass Beschwerden oder Verstöße innerhalb des Vereins nicht bearbeitet und manchmal sogar abgeblockt werden. Doch dies erleichtert Tätern und Täterinnen den Zugang zu den Kindern und Jugendlichen. Was begünstigt diesen Faktor? 10 11 12 12 Die in der Institution arbeitenden Personen sind in ihrer persönlichen Identität stark an den Verein gebunden. Sie übernehmen oft ungeliebte, aber unverzichtbare Aufgaben, die gering honoriert werden oder ehrenamtlich sind. Diese Bedingungen erschweren die Aufdeckung eines Missbrauchs („Nestbeschmutzer-Problem“). Ein Missbrauch im Rahmen der Verletzung der Aufsichtspflicht ist in der Regel schwer aufzudecken, da die Verantwortlichen in so einem Fall häufig die Vorkommnisse decken. Informationen hierfür in: Palzkill, Birgit/ Klein, Michael (1998), S. 55-59 ebd, S.55 ebd, S.57 5 Grund ist die Angst vor negativer Publicity, wenn ein solcher Fall öffentlich gemacht wird. („In den Verein lass’ ich mein Kind nicht mehr rein, wenn da so was geschieht“). Es bestehen persönliche Beziehungen und Freundschaften, wo jede und jeder viel über die anderen weiß. Viele glauben dann nur was sie sehen und können oder wollen sich nicht vorstellen, dass diese gute Bekanntschaft Täter oder Täterin sein soll. Eine typische Reaktion ist dann: „Der XY doch nicht, den kenne ich!“. Oftmals fehlt es an Sensibilität für die Thematik in den Vorständen und im Gesamtverein. Des Weiteren 13 : Bestimmte Organisationsstrukturen und -kulturen erleichtern es den Tätern und Täterinnen, langsam und unmerklich die Grenzen von angemessener und professioneller Nähe und Distanz zu verschieben. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn sexistische Anzüglichkeiten gepaart mit männlicher Kumpanei „zum guten Ton“ gehören und diejenigen Frauen und Männer, die sich gegen eine solche Kultur wenden, Gefahr laufen, als verklemmt und humorlos sanktioniert zu werden. In Organisationen mit unklaren Entscheidungswegen und wenig Transparenz ist das Aufdecken sexualisierter Gewalt besonders schwierig. Das Gleiche gilt für Strukturen, in denen Themen wie Sexualität, Gewalt und Macht tabuisiert sind, so dass es den Opfern und Mitwissern besonders schwer fällt, ihr Schweigen zu brechen. Was können Sportvereine tun? „Nicht die Tatsache, dass es in der eigenen Organisation zu Übergriffen kommen kann, diskreditiert eine soziale Einrichtung oder den Sportverein, sondern allenfalls ein unprofessioneller 14 Umgang damit“. Es sind bestimmte Handlungsvorgaben innerhalb einer Organisation nötig, um Verantwortliche zu befähigen, auf Übergriffe und Verdachtsmomente zügig und in der gebotenen Sachlichkeit und Fachlichkeit reagieren zu können: 15 Leitungskräfte und Vorstände müssen dafür Sorge tragen, dass entsprechende Verdachtsmomente zu ihrer Kenntnis gelangen und Täter nicht aus falsch verstandener Kollegialität gedeckt werden. Jeder Verdachtsmoment muss ernst genommen und sachlich überprüft werden. Ein entsprechendes Beschwerdemanagement mit Handlungsleitlinien und klar geregelte Zuständigkeiten ermöglichen es der Organisation, im Bedarfsfall alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Verdachtsmomenten nachzugehen. Nur so können sie die Betroffenen vor weiteren möglichen Übergriffen schützen. Diese sachliche Herangehensweise minimiert gleichzeitig das Risiko, dass Verdachtsmomente in Falschverdächtigungen, Überreaktionen und blinden Aktionismus münden. Dabei ist zu beachten: 16 Es stellt noch keine Vorverurteilung eines Tatverdächtigen dar, wenn man Verdachtsmomente ernst nimmt, überprüft oder zur Überprüfung die Ermittlungsbehörden einschaltet. Es ist nicht die Aufgabe und Kompetenz des Vorstands oder einer Geschäftsführung, “Tatermittlungen" durchzuführen, um am Ende über Schuld und Unschuld des Täters zu entscheiden. Dies ist Sache der Justiz. Soziale Organisationen und Sportvereine müssen und können nur dafür Sorge tragen, dass es innerhalb ihrer Strukturen keinen Raum für Erniedrigung und Gewalt gibt. Sportvereine können Strukturen schaffen In Sportvereinen ist es schwierig, eine fachliche Aufsicht auszuüben, weil sie größtenteils aus ehrenamtlichem Engagement ihrer Mitglieder getragen werden. Doch Sportvereine können vieles tun. Sie können 13 Vgl. Zinsmeister, Julia (2007), S. 34 ebd, S. 34 15 vgl. Zinsmeister, Julia (2007) 16 ebd, S. 34 14 6 Qualifizierungen und Seminare für die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anbieten. Im Rahmen dieser Seminare kann ein Handlungsleitfaden für den eigenen Sportverein zum Umgang mit Verdachtsmomenten entwickelt werden. eine Vertrauensperson einsetzen, die auf diese Aufgabe gezielt vorbereitet wird. für Mädchen und Jungen Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungsangebote einrichten. Ombudsleute einsetzen oder Besucherkommissionen unabhängiger Fachleute einrichten. Letztere können Trainingseinheiten besuchen oder eine externe Beschwerdestelle einrichten, an die sich Mitglieder richten können. Insgesamt gilt: Wenn der Verein als Gruppe sich mit dem Thema auseinandersetzt, dann sind die Chancen besser als wenn eine Einzelperson aktiv wird. Denn dann heißt es schnell: „Der oder die macht nur Probleme“. Auch zeigen die Erfahrungen, dass eine Bearbeitung mit externen Fachkräften leichter ist. Wichtig ist für die Vereine, nicht erst zu handeln, wenn es einen konkreten Verdacht gibt, sondern im Vorfeld Strukturen zu schaffen. Zunächst einmal sollten sie die Beratungseinrichtungen kennenlernen, die über die Fachkompetenz im Umgang mit dem Thema verfügen. Hier gibt es zahlreiche Möglichkeiten: In die Vorstandsitzung können Fachkräfte aus Beratungseinrichtungen eingeladen werden, die einen Einstieg in das Thema sexualisierte Gewalt geben. Da es sich bei dem Verdacht um sexualisierte Gewalt meist um Minderjährige handelt, ist es wichtig, Kontakte zur Jugendhilfe herzustellen. Es können mit Beratungsstellen Kooperationsvereinbarungen getroffen werden. Das Jugendamt kann einen Infoabend darüber machen, welche Aufgaben im Falle eines Verdachtes erwachsen und wie gehandelt werden muss, wenn ein Verdacht geäußert wird. Wichtig ist auch, die Fachkräfte kennenzulernen, die im Bereich Migration und Integration tätig sind, zum Beispiel die örtlichen RAAs, die Regionalen Arbeitsstellen zur Förderung von Kindern aus Zuwandererfamilien. Interkulturelle Kompetenzen aneignen Kinder und Jugendliche, die die Angebote der Sportvereine in Anspruch nehmen, kommen aus allen sozialen Schichten, haben unterschiedliche ethnische Herkünfte und leben in unterschiedlichen Wertesystemen. Dieses bringen sie mit. Es ist wichtig, dass Sportvereine sich damit auseinandersetzen. Viele Sportvereine streben es heute an, zunehmend Mädchen und Jungen mit Zuwanderungsgeschichte für ihre Angebote zu gewinnen. Deshalb empfiehlt sich die Beschäftigung mit ihren kulturellen Hintergründen und die Aneignung interkultureller Kompetenzen. Zu den interkulturellen Kompetenzen gehört auch das Wissen über die Haltung der jeweiligen Herkunftskultur zur Sexualität und zum Umgang mit Körperlichkeit. Dies ist insbesondere wichtig bei der Beschäftigung mit dem Thema sexuelle Gewalt. Eines ist jedoch in allen Kulturen gleich: Sexuelle Gewalt an Mädchen und Jungen ist ein Tabu und wird geächtet. In westlichen Kulturen gehört die möglichst frühe Sexualaufklärung zum Standard in der Erziehung. In anderen Kulturen gibt es die Auffassung, dass Sexualität nur ein Thema für Erwachsene ist und Kinder nicht über Wissen hierzu verfügen müssen. In Migrantenfamilien- insbesondere mit islamischem Hintergrund kann es die Einstellung geben, dass das offene Umgehen mit dem Thema Sexualität sexuelle Gewalt begünstigt. Hier wird von den Mädchen Zurückhaltung und Anpassung verlangt und Nein-Sagen gegenüber Erwachsenen kann im Widerspruch zum anerzogenen Respekt vor dem Alter stehen. Auch die Familienehre und das Ansehen in der jeweiligen Community können eine wichtige Rolle spielen. Sexuelle Unberührtheit und die Jungfräulichkeit der Mädchen ist ein hoher Wert. In diesem Zusammenhang können im Sportverein Signale falsch gedeutet werden. Wenn beispielsweise ein Mädchen, das in die Pubertät kommt, auf einmal nur noch weite Sportkleidung tragen will, muss dies nicht ein Hinweis auf sexuellen Missbrauch sein. In diesem Zusammenhang ist immer auch ein kultursensibles Hinsehen und Handeln sowohl in der Präventionsarbeit als auch in der Intervention notwendig. 7 1.3 Woran kann ich erkennen, ob sexualisierte Gewalt vorliegt? Mädchen und Jungen senden ebenso wie Frauen und Männer entsprechend des persönlichen Entwicklungsstandes Hilferufe aus, wenn sie in Not sind. Diese Verhaltensweisen sind für die Kinder lebensnotwendige Überlebensstrategien und werden von ihrer Umgebung oftmals als Verhaltensauffälligkeit wahrgenommen. Es ist die Aufgabe der Erwachsenen, diese Zeichen ernst zu nehmen und Hilfe anzubieten oder auch selbst zu suchen. Grundsätzlich sollten Äußerungen und Verhaltensweisen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die einen Verdacht aufkommen lassen, immer ernst genommen werden. Es gibt keine spezifischen Symptome, die eindeutige Hinweise geben. Die unverfälschte Erinnerung und die darauf basierende Aussage des Kindes ist das wichtigste Beweismittel. Bei plötzlich auftretenden Auffälligkeiten oder Veränderungen im Verhalten eines Kindes oder Jugendlichen gilt es diese zunächst wahrzunehmen und sexualisierte Gewalt als eine potenzielle Ursache in Betracht zu ziehen. Es muss jedoch auch immer klar sein, dass die Interpretation der Symptome nicht eindeutig sein kann und dass eventuell ganz andere Gründe vorliegen, wie Liebeskummer oder die Scheidung der Eltern etc. Auswirkung von sexuellem Missbrauch auf Körper und Bewegung: 17 Es gibt verschiedene Anzeichen, die auf sexualisierte Gewalt hinweisen können. Dies sind Reduktion der Körperwahrnehmung: Der Widerspruch, von einer vertrauten Person missbraucht worden zu sein und etwas wahrzunehmen, was eigentlich nicht wahr sein kann, führt zu einem Misstrauen gegenüber der eigenen Körperwahrnehmung. Das Opfer verdrängt diese Erfahrung und blendet somit die eigene Körperwahrnehmung aus. Negativbewertung und Ablehnung des eigenen Körpers: Den eigenen Körper zu bedecken und nicht spüren zu wollen, führt möglicher Weise zu einer Einschränkung des Bewegungsverhaltens. Entwicklung eines falschen Körperbilds: Das Mädchen oder der Junge hat unrealistische Vorstellungen von den eigenen Körperformen. Auffällig ist vor allem eine falsche Einschätzung der eigenen Körperkraft. Der Grund dafür: Missbrauch wird als völlige Ohnmachtsituation erlebt. Angst vor Körperkontakt: Das Opfer vermeidet Körperkontakt in jeder Form. In den Materialien finden Sie eine Übersicht über mögliche Symptome und emotionale Reaktionen bei Opfern. 1.4 Betrifft: Mädchen und Jungen als Opfer Etwa jedes vierte bis fünfte Mädchen und jeder neunte bis zwölfte Junge macht mindestens einmal vor dem 18. Lebensjahr eine sexuelle Gewalterfahrung, die der Gesetzgeber als sexuellen Missbrauch, exhibitionistische Handlung, Missbrauch von Schutzbefohlenen, sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung unter Strafe stellt. 18 Forschungsergebnisse belegen, dass die am häufigsten betroffene Altersgruppe die Kinder im Alter zwischen 7 und 13 Jahren sind. 19 Die Missbrauchsfälle von sehr jungen Kindern oder Säuglingen sind in vielen Studien unterrepräsentiert, da diese Fälle nur dann aufgedeckt werden, wenn Erwachsene Anzeige erstatten. Kinder in diesem Alter kennen noch keine Worte und Begriffe für das, was ihnen widerfahren ist und können aufgrund des fehlenden Sprachvermögens nicht selbst zu Wort kommen. Es wird jedoch deutlich, dass der Großteil der betroffenen Kinder unter 12 Jahre alt ist. Nach Bange/Enders stellen die 0 bis 5-Jährigen die zweitgrößte gefährdete Gruppe dar: Bei über 20 Prozent der Kinder hat die sexuelle Gewalt bereits vor dem 5. Lebensjahr begonnen. Demnach sind Kinder im Grundschulalter besonders gefährdet, Opfer sexueller Gewalt 17 Palzkill, Birgit (1991), S. 62-74 Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes NRW (2003), S. 4 19 hierzu im Folgenden Bange, Dirk/ Enders, Ursula (1995), S.74f. 18 8 zu werden, und nicht, wie häufig angenommen, Kinder, die sich in der Pubertät befinden. Deshalb müssen Menschen in sozialen Berufen, insbesondere Erzieherinnen und Erzieher oder Lehrerinnen und Lehrer ihrem präventiven Handlungsauftrag, das Kindeswohl zu schützen, besonders nachkommen. Das Geschlecht der Opfer birgt besondere spezifische Merkmale. Hier ist eine gesonderte Betrachtung sinnvoll: Mädchen als Opfer Etwa drei Viertel der Opfer sexueller Gewalt sind Mädchen. Gerade Mädchen, die sich sehr brav 20 verhalten, sind gefährdet. Sie erscheinen als "bequeme Opfer", weil sie keine Widerworte geben, weil sie gelernt haben, leise, freundlich und fügsam zu sein. Sie haben es nicht gelernt, für sich selbst einzutreten oder “Nein“ zu sagen, sich zu wehren oder "eine Szene" zu machen. Der hohe Anteil weiblicher Opfer erklärt sich auch dadurch, dass Grenzüberschreitungen, die zumeist Männer bei Mädchen und Frauen begehen, noch heute häufig akzeptiert werden. Die Gewaltfrage wird in der Öffentlichkeit als Summe individueller Fehlverhalten von Männern diskutiert, nicht als ein gesellschaftliches Problem der Diskriminierung von Weiblichkeit. Eine Entwicklung gesellschaftlicher Strategien gegen (sexualisierte) Gewalt gibt es bislang jedoch noch nicht. Diese Sichtweise macht sexualisierte Gewalt zu einem persönlichen Problem der einzelnen Mädchen und Frauen und führt zu individuellen Bewältigungsstrategien. Eine Diskussion und Auseinandersetzung mit der Frage, wieso Gewalt gegen Mädchen und Frauen so selbstverständlich von der Gesellschaft hingenommen wird, findet nicht statt und damit auch keine 21 Veränderung. Jungen als Opfer Jungen als Opfer werden leider noch viel zu oft verkannt. 22 Ein Junge, der Opfer von sexueller Gewalt wird, passt nicht in das Bild des starken, selbstbewussten Jungen. Der sexuelle Missbrauch von Jungen ist daher immer noch ein gesellschaftliches Tabu. Für betroffene Jungen, die den Mut finden, sich zu äußern, bedeutet dies oftmals, nicht verstanden zu werden. Auch für die Jungen selbst ist es schwieriger, Übergriffe als solche zu erkennen und zu benennen. Insbesondere wenn der Täter gleichgeschlechtlich ist, entsteht bei Jungen die Angst vor Homosexualität, ein weiterer Faktor, der das Reden über das Erlebte erschwert. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die Interaktion zwischen Frauen und Kindern sowie Männern und Kindern je nach Geschlecht unterschiedlich bewertet werden kann. So schildert Bange 23 einen Fall, in dem eine Mutter von ihrem Sohn erzählt: „Ich weiß gar nicht, der ist so empfindlich, dabei ist er erst in der zweiten Klasse. Wenn die Lehrerin nach dem Sport in die Dusche kommt, um ihn zur Beeilung anzutreiben, tut der jedes Mal so schamig. Das ist doch nicht normal, oder?“ Wie würde die Situation aber aussehen, wenn es sich um ein Mädchen und einen Lehrer handeln würde? Die Wahrscheinlichkeit ist wohl sehr hoch, dass dies – fraglos zu Recht – als ‚nicht in Ordnung’ angesehen wird. Unsere Sensibilität gegenüber Männern, als „Grenzüberschreiter", ist oftmals höher als gegenüber Frauen. 1.4.1 Betrifft: Mädchen als Opfer Mädchen werden zu etwa einem Drittel von Tätern und Täterinnen aus der Familie missbraucht, zum Beispiel von (Stief-)Vätern, Brüdern, Müttern oder im Haushalt lebenden Großvätern. Der größte Teil der Täter oder Täterinnen kommt aus dem außerfamilialen Nahraum, dies sind zum Beispiel Bekannte, Pädagogen, männliche Jugendliche oder Babysitter. 24 20 hierzu im Folgenden Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend unter www.hinsehen-handelnhelfen.de/mutigfragen/maedchen.aspx (vom 31.10.06) 21 Quelle: Lobby für Mädchenarbeit Mädchenhaus Köln e.V. Jahresbericht 2006 22 hierzu im Folgenden Bange, Dirk (2002) 23 ebd. 24 Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes NRW (2003), S. 4 9 In der heutigen Gesellschaft werden an Mädchen andere normative Erwartungen als an Jungen gerichtet. Von ihnen erwartet man Fürsorglichkeit, Einfühlungsvermögen und Nachgiebigkeit, sie gelten als gefühlvoll, eher unlogisch und passiv. Auch wenn sich die Sozialisation und Lebensplanung zwischen den Geschlechtern immer mehr angleicht, sind wir von einer Egalität weit entfernt. 25 Mädchen werden im sozialen Bereich stärker gefordert als Jungen; bekommen weniger Lernangebote, um sich durchzusetzen; haben häufiger ein niedrigeres Selbstwertgefühl als Jungen; reagieren oftmals stärker psychosomatisch auf Alltagsstress als Jungen; haben negative Attribuierungsmuster. Weibliche Idealbilder werden insbesondere von der Werbung gezeichnet, sexualisierte Äußerlichkeiten haben hier eine große Wirkungsmacht. Der weibliche Körper wird häufig auf das Klischee der sexuellen Attraktivität reduziert. Auch das Familienbild ist in den Medien nach wie vor ein traditionelles: Die Frau erscheint als die fürsorgliche Mutter, die für das Wohl der Familie zuständig ist. Selbstbestimmte Weiblichkeitsformen jenseits der Geschlechterklischees sind noch immer nicht alltäglich. Mädchen und Frauen wachsen mit sexualisierter Gewalt auf. Diese Aussage trifft nicht nur auf Einzelne zu, sondern durchzieht die Biografie von vielen Mädchen und Frauen und ist ein strukturelles Problem ihrer Sozialisation. Gewalt hat nicht nur Auswirkungen auf die Frauen und Mädchen, die unmittelbar zum Opfer von sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung werden, sondern auf alle Mädchen und Frauen, unabhängig von Alter, Aussehen oder sozialer Schicht. Alltägliche Verhaltensweisen und Äußerungen, die Frauen abwerten, zum Beispiel obszöne Gesten oder verbale Anzüglichkeiten, Grenzverletzungen, massive Übergriffe, aber auch in den Medien transportierte Frauenbilder, zeigen, direkt oder indirekt, wie Frauen Opfer von sexueller Gewalt werden. Mädchen machen die Erfahrung, dass Mutter, Schwester, Tante und Freundin nur ungern oder gar nicht in der Dunkelheit ohne Begleitung von Männern auf die Straße gehen. Schon von vornherein wirkt die Welt draußen gefährlich für Mädchen und Frauen. Um einer drohenden Gefahr aus dem Weg zu gehen, schränken sie ihre Bewegungsfreiheit ein. Sexuelle Gewalt ist für Mädchen und Frauen so alltäglich, dass sie alle Lebensbereiche erfasst und gar nicht immer bewusst wird. Schon die frühere Bewegungssozialisation von Mädchen wird durch die Angst der Erwachsenen 26 vor sexuellen Übergriffen auf das Kind beeinflusst. Diese Angst führt dazu, dass Mädchen stärker beaufsichtigt werden und ihre Bewegungsfreiheit weitgehend auf den Wohnbereich und die unmittelbare Umgebung beschränkt bleibt. Ihnen wird aus Sorge eine geringe räumliche Entfernung von ihren Bezugspersonen zugestanden. Untersuchungen zum Spiel- und Raumverhalten, die nach Geschlecht differenzieren, kommen zu dem Ergebnis, dass der Erkundungsraum von Mädchen anders und vor allen Dingen begrenzter ist, als der von Jungen. Mädchen spielen bis zum Alter von etwa zwölf Jahren noch überwiegend auf Höfen und Spielplätzen in unmittelbarer Wohnungsnähe. Die Spielaktivitäten ermöglichen Mädchen deutlich begrenzte und eingeschränkte Bewegungs- und Körpererfahrungen. Der Umgang der Geschlechter miteinander ist nach wie vor durch ein Macht- und Definitionsgefälle bestimmt. Die dazugehörigen Normen und Werte, wie ein anständiges Mädchen oder eine anständige Frau zu sein hat, sind ebenso fest in den Köpfen verankert. Das fällt erst dann auf, wenn sie sich „mal“ nicht so benehmen, wie es von ihnen erwartet wird. 25 26 vgl. Shell-Studien 2008, 2009 vgl. Palzkill, Birgit/ Klein, Michael (1998) 10 Erziehungsbedingt lernen die meisten Mädchen und Frauen auch heute noch andere wichtiger zu nehmen als sich selbst, eigene Bedürfnisse und Gefühle zu ignorieren, bei Auseinandersetzungen nachzugeben, Harmonie und Frieden wiederherzustellen, still und zurückhaltend zu sein, nicht zu toben und keine Wut zu zeigen. Das Ergebnis: Mädchen und Frauen verlassen sich oftmals nicht auf ihre Gefühle. Sie werden in ihrer Erziehung eher dazu angehalten, harmonisch im Umgang mit anderen zu sein und Konflikte zu vermeiden. Oftmals weichen sie einer offenen Konfrontation mit Macht und Gewalt so lange wie möglich aus. Dies führt dazu, dass sie unsicher sind und Schwierigkeiten haben, Entscheidungen für sich selbst zu treffen. Ebenfalls unterschätzen sie dabei ihre physischen und psychischen Stärken. Sie haben Angst, sich wehzutun und noch mehr Angst, anderen wehzutun. 1.4.2 Betrifft: Jungen als Opfer 27 Jungen werden meist Opfer von Bezugspersonen aus dem außerfamilialen Nahbereich, zum Beispiel von Bekannten, Pädagogen, älteren Jungen, Trainern oder aber von Fremden. 10 - 20 Prozent der Täter und Täterinnen kommen aus der unmittelbaren Familie. 28 Werden Jungen zum Opfer, so erschüttert dies ihr Identitätsgefühl als Junge und damit auch ihr Selbstbewusstsein schwer. Sie befürchten, kein "ganzer Junge" zu sein. Im Dilemma zwischen Männer- und Opferrolle neigen sie zur Identifikation mit dem Aggressor. Sie möchten so stark sein wie der Täter und wollen sich keinesfalls als Schwächling oder Homosexueller sehen. In ihrem Kampf um Respekt vor sich selbst und anderen eifern sie ihrem Ideal eines richtigen Jungen nach. Dabei treten sie oft übertrieben aggressiv oder „machohaft“ auf. Die Umwelt sieht oft nur den nach außen hin kompensatorisch besonders männlich auftretenden Jungen – als Opfer wird er umso seltener wahrgenommen. Die Meinung ist verbreitet, dass Jungen sich wehren können, wenn sie nur wollen. Typisch für sexuell missbrauchte Jungen ist die Angst, homosexuell zu sein oder als "schwul" zu gelten. Wenn Jungen von einem Mann missbraucht werden, liegt für sie der Schluss nahe, dass sie nicht "normal" sind. Dabei verkennen die Jungen, dass es hier nicht um einvernehmliche Sexualität geht. Die Vergewaltigung eines Mädchens hat ebenso wenig mit Heterosexualität zu tun, wie die Vergewaltigung eines Jungen mit Homosexualität. Beides ist schlicht und einfach eine Form sexualisierter Gewalt und nicht Ausdruck einer sexuellen Orientierung. Für sehr viele sexuell missbrauchte Jungen wird diese Situation zusätzlich dadurch verkompliziert, dass sie durch die sexuellen Handlungen selbst sexuell erregt werden. Sie glauben deshalb, sie hätten den Missbrauch selbst gewollt oder wären zumindest aktiv beteiligt gewesen. Die Täter verstärken die dadurch entstehenden Schuldgefühle häufig durch Äußerungen wie: „Siehst du, das macht dir doch auch Spaß.“ Jungen, die missbraucht wurden, fühlen sich hilflos und in der Situation gefangen. Eine solche Hilflosigkeit und Ohnmacht passt ebenfalls nicht zur Jungenrolle. Jungen lernen, dass ein „richtiger“ Mann sich in jeder Lebenslage behaupten kann. Jungen schämen sich deshalb und befürchten, dass sie als „Schlappschwanz“ verhöhnt werden. Die daraus resultierende Verunsicherung hinsichtlich der Geschlechtsrollenidentität ist eines der zentralen Probleme männlicher Missbrauchsopfer. Um diese Hilflosigkeit zu überwinden, ihre Identität als Jungen und die verlorene Kontrolle über ihr Leben wiederzugewinnen, treten sie häufig übertrieben männlich auf. Sexuell missbrauchte Jungen entwickeln des Weiteren Wut und Hassgefühle. Die Geschlechtsrolle legt es Jungen nahe, diese Gefühle aktiv und nach außen gerichtet aus zu leben. Viele missbrauchte Jungen erzählen scheinbar unberührt und cool ihre Geschichte. Häufig versuchen sie durch einen solchen Erzählstil, ihren Worten die beängstigende Wirkung zu nehmen, 27 28 Grundlegende Literatur für dieses Kapitel: Boehme, Ulfert (2002) und Bange, Dirk (2002) Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes NRW (2003), S. 4 11 und so, den Zuhörer oder die Zuhörerin auf Distanz und ihre eigenen Gefühle unter Kontrolle zu halten. Nicht wenige Jungen bagatellisieren den sexuellen Missbrauch auch. Eine herunterspielende Erzählweise ist der Versuch das verletzte Selbst zu schützen. Ungefähr ein Drittel der befragten männlichen Opfer gab an, von anderen Kindern oder Jugendlichen missbraucht worden zu sein. Sexuelle Handlungen unter Kindern und Jugendlichen sind daher aufmerksam und differenziert zu betrachten. Sexuelle Handlungen unter Kindern und Jugendlichen, bei denen deutliche Altersunterschiede bestehen, die einseitig initiiert werden oder irgendeine Form des Zwangs beinhalten, dürfen nicht bagatellisiert und als Form der sexualisierten Gewalt übersehen werden. 1.4.3 Betrifft: Frauen als Opfer Im Zuge der Studie „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“ wurde ermittelt, dass nach der engen Definition in Deutschland 13 Prozent der über 16-jährigen Frauen sexuelle Gewalt erfahren haben, das ist jede siebte Frau. In 99 Prozent der Fälle üben Männer diese Form von Gewalt aus. 29 / 30 Außerdem haben in Deutschland 58 Prozent der Frauen über 16 Jahre sexuelle Gewalt im weiteren Sinne erfahren. Frauen erleben unterschiedliche Erscheinungsformen von Gewalt: subtile Formen der Erniedrigung, Demütigung und Diffamierung (psychische Gewalt), die Kontrolle über die Finanzen und über das soziale Umfeld, die körperliche und sexualisierte Gewalt. Frauen sind durch häusliche Gewalt mehr bedroht als durch andere Gewaltdelikte wie Körperverletzung. Sexuelle Gewalt ist im Leben von Frauen allgegenwärtig und unabhängig von Alter, sozialer Schicht oder Aussehen. Viele Frauen haben sich an sexuelle Belästigung in der Öffentlichkeit, also auf der Straße, in Bussen und Bahnen oder Lokalen gewöhnt und versuchen, diese zu ignorieren. Der Aktionsrahmen von Frauen wird durch drohende sexuelle Belästigung in der Öffentlichkeit stark eingeschränkt. Weitgehend tabuisiert war bis vor Kurzem noch die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Dort erleben Frauen anzügliche Bemerkungen über ihre Figur, sie erhalten unerwünschte Einladungen mit eindeutiger Absicht und ungewollte Berührungen. Manche Täter drohen ihnen sogar mit 31 beruflichen Nachteilen, wenn sie sexuelle Handlungen verweigern. 1.4.4 Betrifft: Männer als Opfer Es ist aktuell nicht möglich, zuverlässige Daten über sexuelle Gewalt gegen Männer (nach unserer engen Definition) zu finden. Fakt ist jedoch: Männer sind auch sexuellen Angriffen ausgesetzt. Und: Selten liegt hier eine spezifisch homosexuelle Orientierung zugrunde 32 , sondern es handelt sich häufig um eine gewalttätige patriarchale Machtdemonstration. Dabei dreht es sich insbesondere um die Frage, wer wen (anal) penetriert. Einem gedemütigten männlichen Opfer wird zumeist eine Mitschuld unterstellt: Es hätte sich ja wehren können und vielleicht ist er ein (verkappter) Schwuler, der sich nur ziert, sind nicht selten die Kommentare der Öffentlichkeit. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass erst mit der geschlechtsneutralen Formulierung des Paragrafen 178 STGB im Jahre 1997 die anale oder orale 29 BMFSFJ (2005a), S. 65 30 Heiliger, A. et al (2005), S. 623 vgl. Landessportbund NRW (2003) 32 Informationen im Folgenden aus Lenz, Hans Joachim (2002) 31 12 Penetration eines Mannes juristisch überhaupt als Vergewaltigung gesehen wird. Bis dahin galten Männer als nicht "vergewaltigbar", da eine Vergewaltigung ausschließlich über die genital-vaginale Penetration bestimmt wurde. Die Pilotstudie „Gewalt gegen Männer in Deutschland“ 33 , ermittelt, dass acht Prozent der befragten Männer über 18 Jahre in ihrer Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erfahren haben, darunter fällt, gemäß der Studie, zum Beispiel gegen den eigenen Willen von Älteren sexuell berührt, belästigt oder bedrängt worden zu sein. Sehr auffällig ist, dass Männer meist im Rückblick über Missbrauch reden. Bei sexualisierter Gewalt im Erwachsenenleben scheinen Männer die größten Schwierigkeiten zu haben, über entsprechende Vorfälle zu berichten. Hier fehlt es vor allem an entsprechenden Sprach- und Bildmöglichkeiten. Aber auch der Mechanismus der „Scham der Unmännlichkeit“ wirkt als großes Hindernis. Sexualisierte Gewalt gegen Männer in der Öffentlichkeit und Freizeit existiert in einer Bandbreite von sexueller Belästigung über Nötigung bis hin zu Vergewaltigung. Von eindeutiger sexualisierter Gewalt in der Kindheit und Jugend berichtet laut der Pilotstudie etwa jeder Zwölfte der befragten Männer. Darüber hinaus geben viele der Befragten an, bereits sexuell belästigt worden zu sein. 1.4.5 Betrifft: Menschen mit Behinderung als Opfer Menschen mit Behinderungen sind aufgrund ihrer besonderen Lebensumstände verstärkt Grenzüberschreitungen bis hin zu Gewalt und sexuellen Übergriffen ausgesetzt. 34 Um ihren Alltag zu organisieren, sind sie in der Regel auf Assistenz angewiesen, sowohl in Heimen als auch in ihrer Familie. Sie scheinen wehrlos und werden leicht Opfer von Gewalt, weil Täterinnen oder Täter das Betreuungsverhältnis ausnutzen. Gleichzeitig verhindert ihre Abhängigkeit von Hilfen, dass Gewalttaten aufgedeckt werden. Auf der anderen Seite werden Menschen mit Behinderungen von Menschen ohne Behinderungen häufig als geschlechtslose Personen angesehen. Man kann nur spekulieren, wie häufig sexueller Missbrauch an Kindern mit Behinderung vorkommt. Die Daten hierzu sind unzureichend und es gibt eine hohe Dunkelziffer. Das vorhandene Datenmaterial lässt dennoch vermuten, dass sexuelle Gewalt an Kindern mit Behinderungen in Einrichtungen der Behindertenhilfe und auch in Familien keine Seltenheit ist. Im Bereich des sexuellen Kindesmissbrauchs kommen unterschiedliche Studien zu dem Ergebnis, dass Kinder, die in ihrer geistigen oder emotionalen Entwicklung beeinträchtigt sind, in weitaus 35 höherem Maße Opfer von Übergriffen werden. Jüngere Dunkelfeldstudien belegen, dass das Risiko von Mädchen und Frauen mit Behinderungen, Opfer einer Sexualstraftat zu werden, höher ist als das ihrer nicht behinderten Vergleichsgruppe. Wie bei Mädchen und Frauen ohne Behinderung, werden die Taten überwiegend von männlichen Tätern verübt. Diese Männer sind den Mädchen und Frauen meist bekannt. In einer weiteren Untersuchung wurde festgestellt, dass auch Jungen und Männer mit Behinderungen im Vergleich zu nicht behinderten Jungen und Männern häufiger von sexueller Gewalt betroffen sind. 36 In Bezug auf die Formen der sexuellen Gewalt gibt es keine Unterschiede zwischen Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung. Mit wenigen Ausnahmen: So wird zum Beispiel einigen Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen bei medizinischen Untersuchungen und sexuell übergriffiger Pflege sexuelle Gewalt zugefügt. 33 BMFSFJ (2005b) Vgl. hierzu Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen (2004) 35 Zinsmeister (2007) führt diverse Studien an, die hier auszugsweise wiedergegeben werden. 36 Innenministerium des Landes NRW/ Landessportbund NRW (2007) 34 13 Mädchen und Jungen mit Behinderung haben ein erhöhtes Risiko, Opfer sexuellen Missbrauchs zu werden. Manche Täter oder Täterinnen knüpfen gezielt Kontakte zu Kindern und Jugendlichen mit Behinderung. Für Menschen mit einer geistigen oder schweren körperlichen Behinderung erhöht sich das Risiko, Opfer einer Sexualstraftat zu werden, erheblich: 37 Grund sind spezifische Gefährdungsfaktoren: Sie leben in vielen Fällen in besonderen, hierarchisch geordneten, Abhängigkeitsverhältnissen. Das Machtgefälle zwischen Eltern und Kind, sowie zwischen den behinderten und den betreuenden Personen löst sich auch im Erwachsenenalter nicht auf. Durch die Notwendigkeit von Betreuung und Pflege ist das Abhängigkeitsverhältnis extremer als bei nicht behinderten Menschen. Menschen mit geistiger Behinderung haben eingeschränkte Möglichkeiten zu begreifen, sich zu wehren und sich Unterstützung zu holen. Menschen mit einer geistigen Behinderung werden als weniger glaubwürdig eingestuft. Menschen mit einer geistigen Behinderung besitzen ein geringeres Wissen über Sexualität. Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderung unterliegt einem dreifachen Tabu: Behinderung, Sexualität und Gewalt. Allein diese strukturellen Bedingungen machen deutlich, wie schwierig es für die Betroffenen ist, Hilfe zu erhalten. Der Prozess, sexualisierte Gewalt gegen Menschen mit Behinderung überhaupt wahrzunehmen und entsprechende Beratungs- und Hilfsangeboten sowie Präventionsmodellen zu 38 entwickeln, steht noch am Anfang. 1.4.6 Betrifft: Täter und Täterinnen Es gibt keine "äußeren Erscheinungsmerkmale", an denen Menschen erkannt werden können, die andere Menschen sexuell missbrauchen. 39 In 80 bis 90 Prozent der Fälle werden Missbrauchshandlungen an Kindern durch männliche Täter begangen. Aber auch Frauen üben sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen aus, allerdings seltener. Sexualisierte Gewalt wird von Männern und Frauen aller sozialen Schichten, aller Nationalitäten und aller Altersstufen verübt. Diese Gewalt betrifft alle Altersgruppen der Mädchen und Jungen, jedoch verstärkt vom Vorschulalter bis zur Pubertät. Der Täter oder die Täterin nutzt die Machtund Autoritätsposition aus, um die eigenen Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen. In der Regel handelt es sich um eine Person, zu der das Kind auch eine gute und vertrauensvolle Beziehung hat oder zumindest hatte. Daher übernimmt es in Identifikation mit dieser unbewusst auch deren Schuldhaftigkeit. So glaubt es oft, dass es aufgrund seiner eigenen Schlechtigkeit missbraucht wird, dass es die Tat gewissermaßen selbst zu verantworten hat. Es ist ihm deshalb kaum möglich, anderen sein Geheimnis mitzuteilen und sie um Hilfe zu bitten. Jugendliche Täter und Täterinnen Erkennbar wird auch, dass die Gewalt nicht nur von erwachsenen Männern und Frauen ausgeht, sondern vielfach auch von Jugendlichen. Am häufigsten waren Jugendliche bei sexueller Nötigung nach Paragraf 177 Absatz 1 und 5 StGB und bei sexuellem Missbrauch von Kindern vertreten. Ein Drittel aller Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Mädchen und Jungen wird von 40 vorwiegend männlichen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren verübt. 37 Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen (2004) ebd. 39 Grundlage für die folgenden Ausführungen:Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend unter www.hinsehen-handeln-helfen.de/mutigfragen/maedchen.aspx (vom 31.10.06) 40 Hierzu und zu folgenden Informationen: Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes NRW (2003), S. 46-48 38 14 Die Opfer sexuell übergriffiger Jungen sind überwiegend junge Kinder im Grundschulalter. Etwa 75 Prozent der Opfer junger männlicher Täter sind Mädchen – wobei allerdings unter den jüngeren Opfern im Vor- und Grundschulalter etwa 50 Prozent Jungen sind. Männliche Jugendliche im Allgemeinen und als Täter im Speziellen orientieren sich in ihrer Vorstellung von Männlichkeit an dem gesellschaftlich vorherrschenden Leitbild des „erfolgreichen Mannes“, der mit Stärke, Distanziertheit und ohne fremde Hilfe „seinen Weg macht“. Doch die Realität vieler Jungen und Männer sieht anders aus. Gemessen am Leitbild des stets erfolgreichen Mannes stehen sie auf der Seite der Verlierer. Um diesen Widerspruch aufzulösen beziehungsweise zu kaschieren, greifen Jungen auf Verhaltensweisen zurück, die ihnen das traditionelle patriarchale Rollenbild anbieten. Viele von ihnen wollen durch ihre Gewalthandlungen oder ihr übergriffiges Verhalten eine vermeintliche Überlegenheit gegenüber Mädchen, schwächeren Jungen und Frauen demonstrieren. In Gruppen wird zwischen Jungen oft eine starke Hierarchisierung beobachtet, die im Zweifelsfall 41 mit körperlicher oder sexueller Gewalt aufrecht gehalten wird. Nicht selten fühlen sich die Jungen aufgrund der starken Ritualisierung und Normierung in den Cliquen einsam und unwohl und sind auch mit sexuell gewalttätigen Aufnahmeritualen, sexistischem Gerede und abschätzigem Verhalten gegenüber schwächeren Jungen, Mädchen und Frauen nicht immer einverstanden. Doch Jungen, die nicht mitmachen wollen oder sich ängstigen, werden als „unmännlich“ abgestempelt und geraten leicht in eine Außenseiterrolle. Die wenigsten Jungen trauen sich, offen gegen den von der Clique ausgeübten Sexismus bis hin zu massiven Übergriffen Stellung zu beziehen. Strategie der Täter und Täterinnen Langsame Annäherung – gezielte Planung 42 Sexuelle Gewalt an Kindern geschieht selten spontan, sondern ist meistens „von langer Hand geplant“. In der Regel knüpft der Täter oder die Täterin schon im Vorfeld ein immer engeres Beziehungsgeflecht, in das er/sie sein/ihr zukünftiges Opfer verstrickt. Er/Sie sucht beispielsweise Kontakt zu den Eltern des Opfers und seiner Familie und versucht so, Vertrauen zu gewinnen und dadurch dem Kind nahe zu kommen. Die Täterinnen und Täter wissen, dass es ihr bester Schutz ist, wenn niemand sich vorstellen kann, dass gerade dieser sympathische Mann – oder diese nette Frau – zu „so etwas“fähig sein soll. Falls das Kind dann doch etwas erzählen sollte, ist die Chance, dass ihm geglaubt wird, besonders gering. Die Täterinnen und die Täter tun stets ihr Bestes, um ein positives Bild von sich aufzubauen. Manche arbeiten in sozialen, medizinischen, kirchlichen oder betreuenden Einrichtungen und nutzen ihre berufliche Machtstellung und den dadurch bedingten Vertrauensvorschuss der Eltern aus. 43 Schrittweise Annäherung Ein Täter oder eine Täterin sucht gezielt nach Möglichkeiten, viel Zeit mit Kindern zu verbringen. Er oder sie studiert deren Vorlieben, Verhaltensweisen und Probleme sehr genau. So kann er oder sie geschickt das wegen des Altersunterschieds sowieso bestehende Machtgefälle zwischen sich und dem Kind weiter vergrößern und vielfältige Abhängigkeiten schaffen – zum Beispiel durch Geschenke, emotionale Zuwendung, besondere Bevorzugung, kleine gemeinsame Geheimnisse. Die Täterinnen und Täter überschreiten die Grenzen des Kindes Schritt für Schritt, zum Beispiel mit kleinen Tests, und beobachtet die Reaktion. So können sie herausfinden, welches Kind sich am wenigsten wehrt. Häufig bemühen sich die Täter/Täterinnen auch, im Umfeld einen „guten Eindruck“ zu machen (beispielsweise als besonders engagierter Trainer, als verständnisvoller Freund der Eltern, als 44 innovativer Pädagoge), um hinter dieser „Maske“ relativ gefahrlos sexuell ausbeuten zu können. 41 siehe hierzu und zu Folgendem: Bange, Dirk (2002) folgende Informationen aus: Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend unter www.hinsehenhandeln-helfen.de/mutigfragen/maedchen.aspx (Zugriff vom 31.10.06) 43 ebd. 44 vgl. Bange, Dirk (2002) 42 15 Die Opfer sollen schweigen 45 Wesentlicher Teil der Täterstrategie ist es, dass das Opfer schweigt. Um dies sicherzustellen, wenden viele Täter oder Täterinnen mannigfaltige Erpressungsmethoden an. Dabei spekulieren sie auf die besondere Abhängigkeit des Kindes von seinen Eltern und die Angst davor, diese zu verlieren oder von ihnen bestraft zu werden. Sie vermitteln den Kindern Schuldgefühle und schieben ihnen die Verantwortung für den Missbrauch zu. Aus diesen Verstrickungen können besonders kindliche Opfer schwer ausbrechen. Auf diese Weise erzielen viele Täter und Täterinnen das Schweigen ihrer Opfer. Gründe für ein Schweigen der Mädchen und Jungen können sein: 46 Offene Drohungen des Täters oder der Täterin mit Gewalt oder anderen schlimmen Folgen für ihn oder sie, für das Kind und die gesamte Familie, wenn der Missbrauch bekannt werden sollte. Das Kind wird so zu Loyalität mit dem Täter/ der Täterin oder den anderen Familienmitgliedern verpflichtet und selbst zum Schuldigen gemacht. Durch Drohungen, wie „Wenn du was erzählst, halten dich alle für schwul“, „...dann kommst du ins Heim“ oder „ich töte deine Eltern...“, verpflichten einige Täter das Kind zusätzlich zur Geheimhaltung; Angst des Kindes, nach Aufdeckung und Beendigung des Missbrauchs auch die Zärtlichkeiten und die Zuwendung des Missbrauchers und die eventuell damit verbundenen Privilegien, wie Geschenke oder Belohnungen für die Duldung, zu verlieren; Angst, dass niemand dem Kind glaubt und es als Lügner abgestempelt wird; Scham wegen der Teilnahme an den verbotenen Handlungen und auch wegen eventueller lustvoller Anteile; Schuldgefühle gegenüber der Mutter beziehungsweise der Wunsch, die Mutter vor Gewalttätigkeiten des Vaters zu schützen; Verinnerlichung des Tabus, über Sexualität zu reden; Emotionale Abhängigkeit durch die Bemühungen des Täters, sein Opfer von Anfang an systematisch zu isolieren. Insbesondere bei jüngeren Kindern können als Ursachen für das Schweigen noch hinzukommen, dass es in hohem Maße verwirrt ist und gar nicht benennen kann, was ihm widerfährt; nicht weiß, dass es ein Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper hat oder haben sollte; die Absichten des Erwachsenen nicht als sexuelle erkennt und sich folglich nicht wehren kann. 45 ebd. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport unter www. Senbjs.berlin.de/familie/sexueller_missbruach/sexmiss3.asp#07 (Zugriff 1.April 2006) 46 16 2. Prävention Zur Prävention gehören alle Maßnahmen, die ein Klima für sexualisierte Gewalt gar nicht erst entstehen lassen. Maßnahmen, die Frauen und Mädchen, Männer und Jungen stärken, damit sie lernen, sich zu wehren, und die dafür sorgen, dass bestehende Gewaltverhältnisse aufgedeckt und beendet werden. 2.1 Formen der Prävention 47 Primäre Prävention: Sexuelle Gewalt unmöglich machen Bei der primären Prävention geht es um die Aufklärung und um die Vermittlung von Handlungsstrategien, um sexueller Gewalt gegen Mädchen und Jungen, Frauen und Männer vorzubeugen. Vorrangiges Ziel ist es, über sexualisierte Gewalt aufzuklären und den Opfern Handlungskompetenzen zu vermitteln, wie sie sich wehren oder Hilfe organisieren können. Das übergreifende Ziel ist jedoch, langfristig darauf hinzuwirken, dass gesellschaftliche Strukturen, die sexuelle Gewalt begünstigen, grundlegend verändert werden. Sekundäre Prävention: Damit sexuelle Gewalt aufhört Sekundäre Prävention umfasst die Beratung und Krisenintervention, um bestehende Übergriffe und Grenzverletzungen an Mädchen zu beenden. Ziel und zugleich zentrale Aufgabe ist die Beratung und die Vorbereitung von Maßnahmen zur Krisenintervention. Es muss ein differenziertes Beratungsangebot für betroffene Mädchen und Jungen, die Mütter und Väter beziehungsweise die unterstützenden Familienmitglieder sowie die professionellen Vertrauens- und Kontaktpersonen zur Verfügung stehen. Tertiäre Prävention: Schutz und Hilfe für Betroffene Schutz und Zuflucht sowie Hilfen zur Aufarbeitung sind die Aufgaben der tertiären Prävention. Es gilt, den Schutz der Betroffenen sicherzustellen und Unterstützung bei der Aufarbeitung sexualisierter Gewalterfahrungen zu leisten. So können weitere Opfererfahrungen verhindert werden. Es gibt zwei Aufgabenfelder der tertiären Prävention: Zum einen die konkreten Maßnahmen der Krisenintervention, wie zum Beispiel eine kurzfristige auswärtige Unterbringung, zum anderen weiterführende Maßnahmen, damit Betroffene langfristig Schutz und Hilfe zur Aufarbeitung finden können. Merkmale von Präventionsarbeit Präventionsarbeit benötigt sowohl einen langen Atem als auch eine zielstimmige Kooperation. Vor allem darf Präventionsarbeit die Kinder nicht überfordern. Je nach ihrem Entwicklungsstand haben Kinder und Jugendliche Schwierigkeiten, 47 Beziehungssituationen eindeutig zu erkennen und einzuschätzen; sich dem Sachverhalt entsprechend auszudrücken und mitzuteilen; sich bei hierarchischen Machtstrukturen selbst zu behaupten und zur Wehr zu setzen. Grundlegende Literatur: Sportjugend NRW (1999), S. 14-17 17 Wer glaubwürdig präventiv arbeitet, 48 ermutigt Mädchen und Jungen, eigene Interessen zu vertreten und sowohl zu fordern als auch zu verweigern: nimmt Gefühlsäußerungen von Mädchen und Jungen ernst und ist auch bereit, eigene Gefühle zu äußern: ist entschlossen, für Mädchen und Jungen Partei zu ergreifen, ihnen unvoreingenommen zu glauben und ihr Vertrauen nicht zu enttäuschen; ist in der Lage, sich auf die Mentalität und Sprache von Mädchen und Jungen ihrem Entwicklungsstand entsprechend einzustellen; bemüht sich ernsthaft, auch Geschichten von Mädchen und Jungen zu verstehen, die der eigenen Erfahrungswelt fremd sind. Prävention fordert Eltern und Bezugspersonen auf, Kindern und Jugendlichen zuzuhören, mit ihnen zu empfinden, für sie Partei zu ergreifen, sich schützend vor sie zu stellen, zu glauben. 2.2 Präventionsprogramme Sexualisierter Gewalt vorzubeugen bedeutet nicht nur Gefahren abzuwehren, sondern Schutz durch Stärkung zu geben. Ziel einer sinnvollen Präventionsarbeit ist es, das Vertrauen in die eigenen Gefühle zu stärken. Grundvoraussetzung dafür, dass Mädchen und Jungen ihre eigene Wahrnehmung verbessern und ihre Lebensfreude erhöhen, ist eine Erziehungshaltung, die auf Selbstbestimmung zielt. Präventionsprogramme zielen dabei vor allem auf den Aufbau von Widerstandsfähigkeit. Der in den folgenden Präventionsbausteinen genannte Grundgedanke gilt auch für die Zielgruppe der Frauen und Männer. Präventionsbausteine: 49 Bestimmungsrecht über den eigenen Körper: Kinder haben ein Recht, darüber zu bestimmen, wer sie wann und wie anfasst. Gleichzeitig sollen sie erfahren, dass ihnen ihr Körper ganz alleine gehört. Wahrnehmung von Gefühlen und Vertrauen auf die eigene Intuition: Kinder sollen ihre eigenen Gefühle wahrnehmen lernen und auf ihre Intuition vertrauen. Im Umgang mit Menschen ist das Vertrauen in die eigenen Gefühle ein grundlegender Selbstschutz. Unterscheidung zwischen ‚guten‘, ‚schlechten‘ und ‚komischen‘ Berührungen: Insbesondere bei innerfamiliärem Missbrauch spielen die ‚komischen‘, verwirrenden Berührungen eine große Rolle. Sexuelle Berührungen sollen also als solche erkannt werden. Nein-Sagen: Kinder haben das Recht, nein zu sagen, wenn sie jemand auf eine Art berührt, die ihnen nicht gefällt. Neuere Präventionskonzepte nehmen auch den Aspekt des selbstbewussten Zustimmens auf, das Ja-Sagen wird ebenso berücksichtigt. Umgang mit Geheimnissen: Kinder müssen wissen, dass es Geheimnisse geben kann, über die sie sprechen dürfen, auch wenn es ihnen ausdrücklich verboten wird. Deshalb sollen Kinder lernen, dass es ‚gute‘ und ‚schlechte‘ Geheimnisse gibt. Hilfe holen: Kinder benötigen Hilfe von Gleichaltrigen und Erwachsenen. Jedes Kind hat ein Recht, sich Hilfe zu holen, wenn es sich ängstigt oder sich über eine Situation ungewiss ist. Neben diesen sechs Präventionsbausteinen ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Prävention eine offene Sexualerziehung. Das Wissen um die eigene Sexualität kann Mädchen und Jungen vor unerwünschten und zugemuteten sexuellen Übergriffen und körperlichen Berührungen schützen. 48 49 siehe Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (1998) Siehe www.schulische-praevention.de/Praeventionsbaustein.143.0.html (Zugriff 31.10.06) Unwissende Kinder sind gefährdete Kinder, weil Täter und Täterinnen dadurch die Möglichkeit gewinnen, einem Kind ihr Handeln als etwas Normales zu erklären. Diese vorbeugenden Maßnahmen richten sich hauptsächlich an die Kinder, die als potenzielle Opfer gesehen werden. Ein wichtiger Aspekt der Präventionsarbeit besteht allerdings in der Verantwortung der Erwachsenen für den Schutz der Kinder, das heißt, Prävention muss sich verstärkt an Erwachsene wenden. Präventionsarbeit mit Erwachsenen 50 Die präventive Arbeit mit Erwachsenen hat ebenfalls einen hohen Stellenwert. Prävention mit Erwachsenen hat absolute Priorität, weil es ausschließlich von ihnen abhängt, ob Mädchen und Jungen sexuell missbraucht werden; nur sie die strukturellen Bedingungen, wie beispielsweise das hierarchische Machtgefälle, ändern können, die sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Jungen begünstigen; sie als Eltern und Bezugspersonen durch ihr Verhalten Mädchen und Jungen Vorbild sein können, damit sie sich selbstbestimmt entwickeln. Zur Prävention mit Erwachsenen gehört ein umfassendes Angebot an Sachinformationen über Erscheinungsformen, Ursachen und Folgen von sexueller Gewalt und Kindesmissbrauch. Im Rahmen einer professionellen Präventionsarbeit sollten Erwachsene sich eingehend damit auseinandersetzen, in wie weit es ihnen bei zwischenmenschlichen Beziehungen und insbesondere bei Beziehungen zu Mädchen und Jungen gelingt, Grenzen zu erkennen, zu setzen und zu respektieren; wie viel Gehorsam sie von Mädchen und Jungen fordern und wie viel Freiheit sie ihnen zugestehen; wie sie mit ihrem Verhältnis zu Macht und Ohnmacht Mädchen und Jungen gegenüber umgehen; welche Einstellung sie zu Zärtlichkeit und Sexualität haben und ob diese Haltung Mädchen und Jungen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung positiv beeinflussen kann; wie weit sie in der Lage sind, Gefühle zu zeigen, wahrzunehmen und wertzuschätzen; ob sie sich als Eltern und Bezugspersonen der Verantwortung bewusst sind, die sie für die Entwicklung einer selbstbestimmten Sexualität ihrer Töchter und Söhne haben. Wie verhalte ich mich, wenn ich Übergriffe vermute? Wer in der Jugendarbeit tätig ist, braucht Sicherheit im Umgang mit sexualisierter Gewalt. In der Praxis jedoch herrscht viel Unsicherheit – vor allem persönliche. Jede und jeder muss für sich sorgen und folgende Fragen für sich selbst klären? Wie komme ich in Aufdeckungssituationen mit dem eigenen Gefühlschaos klar? Wie kann ich Jungen und Mädchen unterstützen und weitere Hilfen vermitteln, zum Beispiel in den Bereichen der Prävention und Intervention? Wie kann ich Strategien zum Umgang mit Tätern und Täterinnen entwickeln? Wenn eine Übungsleiterin oder ein Übungsleiter etwas beobachtet und als sexuelle Belästigung interpretiert, dann hat sie oder er die Pflicht ganz genau hinzuschauen, auch wenn das vermeintliche Opfer sich nicht als solches sieht! 50 Sportjugend NRW (1999), S. 17 2 Bei Verdacht: handeln Eine Auflistung von Handlungsweisen kann hilfreich sein, um den Ablauf transparent und klar zu machen. Diese Checkliste sollte folgende Aspekte beinhalten: Auch wenn es schwer fällt, die oberste Regel ist: Ruhe bewahren. Jedes übereilte Handeln schadet den Betroffenen. Das eigene Handeln sollte immer vom Wohl der Betroffenen und niemals von den eigenen Bedürfnissen bestimmt sein. Es ist ratsam, Kontakt zu einer Fachberatungsstelle aufzunehmen. In allen Großstädten, aber auch in vielen kleineren Städten, Gemeinden und Landkreisen gibt es mittlerweile Anlauf- und Beratungsstellen, die sich auf das Problem spezialisiert haben. Die meisten Einrichtungen arbeiten vertraulich und auf Wunsch auch anonym. Nicht zu vergessen sind die persönlichen Gefühle. Wenn anhand von Symptomen der Verdacht auf sexualisierter Gewalt entsteht, sollte sich jeder und jede die eigenen Gefühle angesichts dieser Situation bewusst machen. Unsicherheit und Ängste übertragen sich auf Betroffene. Eine Liste für die Handlungsweisen sind als Tipps für den Alltag (Kapitel 3.2) aufgelistet. Um die persönlichen Gefühle in den Blick zu nehmen, lassen sich folgende Fragen persönlich überprüfen: Bestehen bei mir persönlich Gefühle von... 51 Angst, jemanden zu Unrecht zu beschuldigen? Hilflosigkeit, weil mir nicht klar ist, wie ich den Verdacht bestätigen kann? Unsicherheit im künftigen Umgang mit den Mädchen und Jungen? Ekel, Angst und Abscheu beim Gedanken an die Missbrauchshandlungen? Starke Wut auf den Täter oder die Täterin? Abwehr gegen den Missbrauchsverdacht, weil Handlungsdruck und Verantwortung für mich zu groß sind? Wut auf das Opfer, weil ich mich nun hilflos fühle? Angst, weil ich die Konsequenzen einer möglichen Aufdeckung mittragen müsste? Besteht der Verdacht auf sexuelle Gewalt bei einem Mädchen oder Jungen aus einem anderen Kulturkreis, dann kommt zu den bereits beschriebenen Verunsicherungen, das Gefühl der kulturellen Fremdheit hinzu. Es sind Fragen zu klären wie: Was wissen wir von dem jeweiligen Kulturkreis? Was passiert, wenn die Eltern eines muslimischen Mädchens erfahren, dass es den Verdacht gibt, dass ein Trainer übergriffig war? Was hat das Mädchen zu erwarten? Was hat der verdächtigte Trainer zu erwarten? Was ist bei dem Verdacht auf sexuellem Missbrauch im familiären Umfeld zu erwarten? Wie können wir Kontakt zu den Eltern aufnehmen? Grundsätzlich gelten bei Mädchen und Jungen mit Zuwanderungsgeschichte die gleichen Vorgehensweisen wie bei Mädchen und Jungen mit deutscher Herkunft. An oberster Stelle steht immer der Schutz des Opfers. Dies betrifft sowohl den Schutz des Mädchens oder Jungen vor dem Täter, als auch den Schutz vor möglichen Reaktionen seitens des Umfelds. Wie dieser Schutz am besten zu gewährleisten ist, hängt unter anderem davon ab, wie sich der Kontakt zur Familie bisher gestaltet hat. Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, sich Fachkräfte an die Seite zu holen, die über kulturspezifische Kenntnisse verfügen. 51 aus: Angela May (1997) 3. Intervention Zu Intervention gehören alle Maßnahmen, die bei einem Verdacht auf sexualisierte Gewalt genauso wie bei aufgedeckter sexualisierter Gewalt angewandt werden. Dabei sind einige Maßnahmen zur Intervention gleichermaßen auch Maßnahmen zur Prävention und umgekehrt. Hierzu gehören auch die Kenntnisse über die zugrunde liegenden gesetzlichen Rahmenbedingungen. 3.1 Intervention bei sexualisierter Gewalt 52 Jede Intervention bei sexualisierter Gewalt muss gründlich geplant und vorbereitet werden, denn es ist wichtig, weiteren Schaden vom Opfer abzuwenden. Dabei ist Aktionismus natürlich fehl am Platze. Intervention bedeutet ebenso wenig, dass bei einem Verdacht sofort eingeschritten wird. Es gilt zunächst, sich selbst Unterstützung zu suchen und über die eigenen Beobachtungen zu berichten. Auch ist es wichtig, mit dem Opfer zu sprechen, um einen Verdacht näher zu ergründen und eine Vertrauensbasis zum Opfer zu schaffen. Wer ein Vertrauensverhältnis mit einem Opfer – sei es Mädchen, Junge, Frau oder Mann – herstellen und erhalten will, darf keinen Druck ausüben und muss das weitere Vorgehen mit dem Kind absprechen. Ein Patentrezept für die „ideale Intervention“ gibt es nicht. Welche Hilfen im Einzelfall die richtigen sind, hängt vom Alter des Opfers, von der Dauer und der Schwere des Missbrauchs, von der Beziehung des Opfers zum Täter/zur Täterin und von den übrigen Lebensumständen des Opfers ab. Auch die Reaktion aus dem Umfeld des Opfers hat Einfluss auf die Intervention. Bei Interventionsstrategien muss unterschieden werden nach Verdacht und konkreter Mitteilung von Seiten des Mädchens oder Jungen, der Frau oder des Mannes oder aber nach einer vermuteten Täter-/innenschaft, zum Beispiel im eigenen Verein. Alle Maßnahmen der Intervention müssen das Ziel verfolgen, den Schutz des Mädchens oder des Jungen, der Frau oder des Mannes sicherzustellen. Eine genaue Dokumentation aller Beobachtungen, Informationen und Äußerungen des Opfers ist dabei die Grundlage professionellen Handelns. Darin muss deutlich zwischen objektiven Informationen und persönlichen Einschätzungen und Bewertungen differenziert werden. 3.2 Tipps für den Alltag 1. Verdacht 52 Ruhe bewahren. Sich fragen, woher der Verdacht kommt. Anhaltspunkte für den Verdacht aufschreiben (Verdachtstagebuch). Gefühle, die durch den Verdacht ausgelöst werden, erkennen und benennen. Wo kann ich mir Unterstützung holen? Gegebenenfalls sich dem Kind als Gesprächspartnerin oder -partner zur Verfügung stellen, allgemein und offen, ohne unabgestimmte Aufdeckung gegenüber Dritter. Verbündete suchen, zum Beispiel bei Kolleginnen und Kollegen. Auf keinen Fall sofort die Familie informieren. Das weitere Vorgehen mit der oder dem Geschädigten abstimmen. Auf keinen Fall den vermuteten Täter oder die vermutete Täterin informieren. Sich professionelle Hilfestellung suchen. Eigene Grenzen und Möglichkeiten erkennen und akzeptieren. Grundlegende Literatur: Sportjugend NRW (1999), S. 18-21 2 2. Konkrete Mitteilung/ Information Ruhe bewahren. Dem Kind zuhören, Glauben schenken, es ermutigen. Eigene Gefühle klären. Nicht überstürzt handeln und nichts versprechen, was man anschließend nicht halten kann. Aussagen und Situationen protokollieren. Beim weiteren Vorgehen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Entwicklung oder Kultur berücksichtigen. Keine Entscheidung über den Kopf des Kindes oder Jugendlichen hinweg fällen, beispielsweise durch eine Strafanzeige aus eigener Motivation. Das wäre weitere Gewalt. Keine Informationen an den Täter oder die Täterin. Professionelle Hilfe suchen. Verbindliche Absprachen bei Kontakten mit Kindern über das weitere Vorgehen treffen. 3. Vermutete Täter- und Täterinnenschaft Ruhe bewahren. Sich fragen, woher der Verdacht kommt. Professionelle Hilfe suchen. Beobachtungen genau dokumentieren. Wenn möglich, Gruppenstärkung bei vertrauten Kolleginnen und Kollegen suchen, ohne es vorschnell öffentlich zu machen. Auf keinen Fall vorzeitig den Verdächtigen oder die Verdächtige informieren. Auf keinen Fall vorzeitig die Polizei informieren. Mit verantwortlichen Personen, zum Beispiel aus dem Vorstand, reden, Verdachtsmomente benennen und gemeinsam weiteres Vorgehen abstimmen. Anwältin oder Anwalt zurate ziehen. Unterstützungsangebote vergleichen und den Geschädigten anbieten. Vorrangiges Ziel: Übergriffe beenden. Das Problem bleibt: Es besteht die Gefahr, dass der oder die Beschuldigte sich einen neuen Wirkungskreis suchen kann, wenn die Sanktionen nicht weitreichend genug sind. Hilfe für Helfende und Bezugspersonen 53 Wer Vorfälle sexualisierter Gewalt beobachtet oder davon erfährt, gerät oftmals in eine Zwickmühle: Zum einen möchte die Person das Opfer schützen, zum anderen möchte sie den Täter oder die Täterin nicht ohne Beweise anprangern. Ein Dilemma, das für Sportorganisationen zum Problem wird: In dem Moment, wo Übungsleiterinnen oder -leiter, beziehungsweise andere Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter über Vorfälle sexualisierter Gewalt informiert werden, werden sie zum Beobachter des Geschehens. Einer Anklage oder einem Verdacht nachzugehen, bedeutet auch, ein bekanntes Mitglied des eigenen Verbandes oder Vereins zu überprüfen, zu ermahnen und gegebenenfalls. sogar anzuklagen und auszuschließen. Dies ist ein schwieriger Prozess, der oftmals dazu führt, dass Verdachtsäußerungen und Beschwerden im Sande verlaufen. Neben der Hilfe für die betroffenen Kinder selbst, spielt auch die beraterische Unterstützung weiterer Personen, zum Beispiel der Eltern oder Bezugspersonen, eine wichtige Rolle. 54 Das folgende Beispiel zeigt, dass auch hier das Geschlecht des Opfers eine wichtige Rolle spielt: Erwachsene Bezugspersonen von männlichen Opfern sexueller Gewalt haben oftmals Ängste und Unsicherheiten, die den Ängsten der männlichen Opfer entsprechen, denn sie liegen ebenfalls in den vorherrschenden Männlichkeitsbildern begründet. Auch die Eltern oder Bezugspersonen missbrauchter Jungen fragen sich häufig, ob ihr Sohn noch ein „richtiger“ Junge ist, ob er durch den Missbrauch homosexuell oder zum Täter wird, ob und warum er sich nicht gewehrt hat usw. Hier ist ein spezialisiertes Beratungsangebot wichtig, das über mädchen- und jungenspezifische Reaktionen aufklärt und angemessene Unterstützungsmöglichkeiten bietet. 53 54 vgl. Rulofs, B./ Hartmann-Tews, I. (2006) Siehe hierzu Boehme, Ulfert (2002) 3 3.3 Hilfe für Helfende und Bezugspersonen 55 Werden Vorfälle sexualisierter Gewalt beobachtet, so geraten diejenigen, die diese Vorfälle beobachten (oder davon erfahren), oftmals in eine Zwickmühle: Zum einen möchten sie das Opfer schützen, zum anderen möchten sie den Täter oder die Täterin nicht anprangern. Dieses Dilemma wird für Sportorganisationen zum Problem: In dem Moment, wo Übungsleiter/innen oder andere Mitarbeiter/innen über Vorfälle sexualisierter Gewalt informiert werden, werden sie zum Beobachter oder zur Beobachterin des Geschehens. Einer Anklage oder einem Verdacht nachzugehen, bedeutet ein bekanntes Mitglied des eigenen Verbandes oder Vereins zu überprüfen, zu ermahnen ggf. sogar anzuklagen und auszuschließen. Dies ist ein schwieriger Prozess, der oftmals dazu führt, dass Verdachtsäußerungen und Beschwerden im Sande verlaufen. Neben der Hilfe für die betroffenen Kinder selbst, spielt auch die beraterische Unterstützung weiterer Personen (z.B. Eltern/Bezugspersonen) eine wichtige Rolle. 3.4 Rechtliche Aspekte zu konkreten Fragestellungen 3.4.1 Ausschluß auffällige Übungsleiter? Welche Handhabe habe ich als Vorstand, um beispielsweise einen auffälligen Übungsleiter oder eine Trainerin aus dem Verein auszuschließen? Grundsätzlich regelt die Satzung eines Vereins den Ausschluss von Vereinsmitgliedern. Wenn bestimmte Ausschlussgründe und ein bestimmtes Ausschlussverfahren geregelt sind, kann der Vorstand oder die Mitgliederversammlung (je nach Regelung in der Satzung) gegen das Mitglied entsprechend vorgehen. Beinhaltet die Satzung ein Ausschlussrecht, so ist anerkannt, dass der Verein ein Mitglied bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ausschließen kann. Hierfür muss ein Ereignis eingetreten sein, das eine Fortführung der Mitgliedschaft im Verein unzumutbar macht. Der Verein muss den Ausschlussgrund konkret bezeichnen, der der gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Ein Verschulden ist nicht erforderlich. Wenn die Satzung kein Ausschlussrecht vorsieht, kann der Vorstand diese Aktion nicht ausüben und der Ausschluss ist im Zweifel von der Mitgliederversammlung vorzunehmen. Es greift dann die Regelung des Paragrafen 32 BGB: Im Zweifel entscheidet die Mitgliederversammlung mit der Mehrheit der erschienenen Mitglieder. Nach diesen Grundsätzen dürfte – falls nicht die jeweilige Vereinssatzung etwas anderes regelt oder zulässt – bei hinreichendem Verdacht auf sexuelle Gewalt, ein Ausschluss mit entsprechender Begründung möglich sein, wenn das zerstörte Vertrauen zum auffälligen Mitglied eine weitere Zusammenarbeit im Verein unzumutbar macht. Bei Vereinsausschlüssen handelt es sich immer um Einzelfälle. Verallgemeinerungen sind kaum möglich und nicht empfehlenswert, da es eben auch immer auf den Einzelfall und die konkreten Umstände ankommt, was „zumutbar“ ist und was nicht. Allerdings muss der verdächtigten Person immer die faire Möglichkeit zur Einsicht und Stellungnahme gegeben werden. Das Recht auf Gehör ist gesetzlich zwar nicht konkretisiert, jedoch eine Art prozessuales Grundrecht und sollte in jedem Verfahren berücksichtigt sein. Immer enthalten sein sollte Folgendes: 55 dem Mitglied muss mitgeteilt werden, welche Vorwürfe konkret erhoben werden. Allgemeine Mutmaßungen sind nicht ausreichend. Entlastende Anhaltspunkte dürfen nicht verschwiegen werden. Werden Zeugen aufgeführt oder vernommen, so muss auch das beschuldigte Mitglied die Möglichkeit zu einer Befragung der Zeugen erhalten. Das Mitglied muss hinreichend Möglichkeit zu einer Stellungnahme erhalten. Das Mitglied darf sich rechtlichen Beistand einholen, entlastende Indizien oder Beweise sind zu berücksichtigen. vgl. Rulofs, B./ Hartmann-Tews, I. (2006 4 3.4.2 Strafbar bei Untätigkeit? Mache ich mich strafbar, wenn ich bei einem Verdacht sexueller Gewalt im Verein nichts unternehme? Es besteht keine allgemeine Pflicht, den bekannt gewordenen Verdacht von sexueller Gewalt im Verein bei den Strafverfolgungsbehörden, wie Polizei oder Staatsanwaltschaft anzuzeigen. Dies gilt auch für Vereinsvorstände, Abteilungsleiter und Übungsleiter. Allerdings liegt es grundsätzlich im Interesse des Vereins, akute Missstände, wie die sexuelle Übergriffigkeit zulasten von Jungen oder Mädchen, nicht zu verschleiern, sondern offensiv aufzudecken. Ohne die Gewährung von Hilfe sind die Opfer sexueller Gewalt meist schutzlos den Tätern ausgeliefert. Das bewusste „Schweigen“ zu sexuellen Übergriffen führt grundsätzlich zu einer psychologischen Stärkung des Täters. Schlimmer noch, er kann sein strafbares Handeln innerhalb des Vereins weiter fortsetzen, ohne spürbare Konsequenzen fürchten zu müssen. Nur wenn die Strafverfolgungsbehörden von einem solchen Vorfall Kenntnis erlangen, kann Anklage gegen den Täter erhoben und dieser in einem Strafverfahren zur Verantwortung gezogen werden. In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich, im Verein ein Anzeigen- oder Beschwerdemanagement einzurichten. Sollten kleinere Vereine mangels ausreichender personeller Ressourcen dazu nicht in der Lage sein, so kann dies auch der übergeordnete Fachverband oder der Landessportbund übernehmen. Denn eine einzelne Person, die einen sexuellen Übergriff beobachtet oder von einem solchen erfährt, befindet sich oftmals in einem Dilemma: Sie will einerseits dem Opfer helfen, anderseits kennt sie den Täter, der in der Regel ein Vereinsmitglied ist, persönlich und möchte ihn nicht anprangern. Dies gilt vor allem, wenn sie von einem solchen sexuellen Übergriff lediglich „vom Hörensagen“ erfährt und deshalb aus eigener Anschauung mitunter nur sehr schwer beurteilen kann, ob dieser – schwerwiegende – Vorwurf zutreffend ist oder nicht. Aber: Werden dem Vereinsvorstand, Abteilungsleiter oder Übungsleiter sexuelle Übergriffe innerhalb des Vereins bekannt und unternehmen sie daraufhin nichts, kann diese Untätigkeit eine strafbare „Handlung“ sein und strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Denn sie sind verpflichtet, die ihnen anvertrauten Jungen und Mädchen im Vereinsbetrieb vor Schaden zu bewahren. Daher ist es gerade für diesen Personenkreis äußerst wichtig zu erfahren, wenn ein strafbares Sexualdelikt vorliegt, das ein Einschreiten des Vereinsvorstandes, des Abteilungsleiters oder des Übungsleiters erfordert. Nur dann können sie weitere sexuelle Übergriffe verhindern. Zentraler Begriff der Sexualstraftaten nach dem Strafgesetzbuch ist das Vorliegen einer „sexuellen Handlung“. Diese setzt eine Handlung von erheblichem Gewicht voraus, die nach dem äußeren Erscheinungsbild für das allgemeine Verständnis eine Sexualbezogenheit erkennen lässt. Es gibt auch äußerlich mehrdeutige Handlungen, die beispielsweise denkbar sind, wenn eine Person, zum Beispiel der Trainer, einem Mädchen oder Jungen bei einer Sportübung „Hilfestellung“ leistet und es deshalb zwischen ihnen zu körperlichen Berührungen kommt. Hier ist eine Sexualbezogenheit nur dann gegeben, wenn die äußeren Umstände eine entsprechende sexualbezogene Absicht des Täters erkennen lassen, zum Beispiel. beim Griff an die Geschlechtsteile des Jungen oder des Mädchens bei der „Hilfestellung“. Bei Vorliegen einer sexualbezogenen Handlung muss diese überdies erheblich, das heißt von einigem Gewicht sein. Die Abgrenzung zwischen einer „erheblichen“ und „unerheblichen“ sexuellen Handlung ist für den neutralen Beobachter in der Regel leicht zu erkennen. In Einzelfällen kann es allerdings durchaus fraglich sein, ob die sexualbezogene Handlung die Schwelle der Erheblichkeit bereits erreicht hat. Als Faustformel kann man in diesem Zusammenhang festhalten, dass lediglich leichte oder flüchtige körperliche Berührungen des Mädchens oder des Jungen, auch wenn sie dessen Genitalbereich oder die weibliche Brust betreffen, das Merkmal der sexuellen Handlung nicht erfüllen. Anders sind selbstverständlich intensive körperliche Berührungen zu beurteilen. Zugleich ist ein körperlicher Kontakt mit dem Jungen oder dem Mädchen nicht immer Voraussetzung für eine erhebliche sexualbezogene Handlung, zum Beispiel bei einer sexuellen Selbstbefriedigung vor dem Jungen oder dem Mädchen. 5 3.4.3 Ansprechpartner bei Verdacht An wen wende ich mich im Verdachtsmoment? Vereinsintern ist zunächst die Berichterstattung an den Vorsitzenden oder die Vereinsvorsitzende der richtige Weg. Dieser muss von bedeutsamen Vorfällen in „seinem“ Verein Kenntnis erlangen, um die erforderlichen weiteren Schritte „im Namen des Vereins“ einzuleiten. Dabei sollten die folgenden Gesichtspunkte berücksichtigt werden: Wichtig ist zunächst, die weiteren Schritte gemeinsam mit dem Opfer zu gehen. Es ist häufig eher schädlich, unmittelbar die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten, ohne das Tatopfer vorher einzubeziehen. Eine unvorhergesehene Konfrontation mit der Polizei kann aufgrund empfundener Scham zu einer Verweigerungshaltung des Jungen oder des Mädchens führen. Vor diesem Hintergrund sollte zunächst eine Kontaktaufnahme des Vereins mit den Erziehungsberechtigten des betroffenen Mädchens oder Jungen aufgenommen werden. Alle weiteren Schritte, insbesondere die Strafanzeige bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft, sollte mit diesen abgestimmt werden. Jedoch auch hier gilt: Die Einbeziehung der Erziehungsberechtigten erfolgt ebenfalls erst nach dem Einverständnis des Opfers. Wichtig ist immer, nie über den Kopf des Opfers hinweg zu entscheiden (siehe „Tipps für den Alltag“). Regionale Beratungseinrichtungen können hilfreich zur Seite stehen. Hier können Beteiligte sich informieren und beraten lassen. Auch dazu sollte man sich das Einverständnis des Opfers einholen. Hier ist es wichtig deutlich zu machen, dass sie als Ansprechperson des Opfers ebenfalls Hilfe benötigen, jedoch zunächst den Namen des Opfers nicht nennen müssen. Erfahrungsgemäß gibt das Opfer dazu durchaus seine Zustimmung. Die zuständigen Fachverbände und der Landessportbund NRW können den Vereinen beratend zu Seite stehen. Oftmals hat das Tatopfer, aber auch seine Erziehungsberechtigten, große Scheu vor einer Strafanzeige bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft. Um ihnen diese zu nehmen, sollten sie auf staatliche Hilfestellungen, die einem Opfer von Sexualstraftaten angeboten werden, hingewiesen werden. In den einzelnen Polizeipräsidien sind Kriminalkommissariate eingerichtet, die für die Verfolgung von Sexualstraftaten zuständig sind. In diesen Kommissariaten arbeiten speziell geschulte Polizeibeamtinnen und -beamte, die in sehr einfühlsamer Weise die Befragung des Tatopfers vornehmen. Die Polizei weist das Opfer und seine Erziehungsberechtigten auch auf die ihnen zustehenden Rechte hin, die dem von einer Sexualstraftat betroffenen Jungen oder Mädchen spürbare Erleichterungen verschafft. Opfer und ihre Angehörigen können sich an Opferhilfeeinrichtungen, zum Beispiel an den „Weißen Ring“, wenden. Zu den Hilfeleistungen dieser Opferhilfeeinrichtungen gehören beispielsweise die persönliche Betreuung des Opfers, die Hilfestellung im Umgang mit den Behörden einschließlich der Geltendmachung von Sozialleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz, die stützende Begleitung zu den Gerichtsterminen, die Vermittlung eines speziell geschulten Opferanwaltes, die Vermittlung einer häufig erforderlichen medizinisch-psychologischen Fachberatung des durch die erlittene sexuelle Gewalt oftmals traumatisierten Tatopfers, die Vermittlung von Erholungsmaßnahmen finanzielle Zuwendungen bei bedürftigen Opfern. Dieses Angebot an Hilfestellungen zeigt, dass ein Opfer sexueller Gewalt auch im Ermittlungs- und Strafverfahren sowie in der Folgezeit keineswegs auf sich alleine gestellt ist. Wenn ein Verein diese Überlegungen und Vorgehensweisen im Vorfeld transparent gemacht hat, dann erhöht dies das Vertrauen der Erziehungsberechtigten in den Verein. Denn damit wird deutlich, dass der Verein nichts vertuschen möchte. 6 3.4.4 Warnung vor Täter? Warnung vor dem Täter: rechtens oder nicht? Darf ein Verein vor einem ehemaligen Mitglied warnen, das aufgrund eines Vorfalls sexueller Gewalt ausgeschlossen wurde und nun bei einem anderen Verein aktiv wird? Ein öffentlicher Hinweis, das heißt ein Hinweis, der für jedermann zugänglich ist, zum Beispiel auf der Vereinshomepage im Internet, ist unzulässig. Laut Rechtsprechung wird mit einem öffentlichen Hinweis das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzt. Hier tritt das Informationsinteresse des Vereins in den Hintergrund. Der Grund dafür: Ein öffentlicher Hinweis auf eine bestimmte Person kann sehr schnell zu deren Stigmatisierung und sozialer Isolierung führen. Zudem würde dies bei Strafgefangenen, also bei denjenigen, die aufgrund einer Straftat eine Haftstrafe zu verbüßen haben, dem Ziel der Resozialisierung zuwiderlaufen. Rechtlich bedenkenfrei wäre jedoch die Warnung eines Vereins vor einem ehemaligen Mitglied in einem konkreten Einzelfall. Vorausgesetzt, ein solcher Hinweis wird von Verein zu Verein vertraulich behandelt und dringt nicht an die Öffentlichkeit. Wichtig ist hier, dass die Grundlage einer solchen Warnung immer eine erwiesene Sexualstraftat sein muss und nicht auf einem Gerücht oder einem im Raume stehenden bloßen Verdacht basieren darf. Denn sonst könnte sich der Betroffene gegen die gegen ihn erhobenen Verdächtigungen mit guten Erfolgsaussichten zur Wehr setzen, wenn er von der Warnung erfährt. Der Verein, der die Warnung ausgesprochen hat, müsste dem Betroffenen die Begehung der Sexualstraftat nachweisen, was häufig – zumal nach längerem Zeitablauf – nur sehr schwierig möglich ist. Wenn allerdings der Betroffene wegen der Begehung einer Sexualstraftat von einem Strafgericht rechtskräftig verurteilt wurde, ist ein entsprechender Nachweis nicht mehr nötig, denn hier genügt die strafgerichtliche Verurteilung als Wahrheitsbeweis. Auch vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass auch Fälle sexueller Gewalt im Sport bei den Strafverfolgungsbehörden zur Anzeige gebracht werden, denn nur so können weitere sexuelle Übergriffe des Täters im eigenen oder in einem anderen Verein verhindert werden. Sollte der Vorwurf sexueller Gewalt gerichtlich jedoch nicht geklärt worden sein, so gilt Folgendes: Eine Strafbarkeit wegen übler Nachrede gemäß Paragraf 186 StGB kommt in Betracht, wenn über jemand anderen eine Tatsache verbreitet wird, die „denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist“ und die nicht erwiesenermaßen wahr ist. Mit „Tatsache“ sind dabei Wahrheitsbehauptungen gemeint, die nachprüfbar sind. Keine Tatsachen in diesem Sinne sind bloße Werturteile, wie zum Beispiel: „Wie der schon die Mädels anglotzt, der vergreift sich bestimmt gerne mal an ihnen“. Im Zweifel muss derjenige, der eine Tatsache behauptet, ihre Wahrheit beweisen. Behauptungen, eine Person sei in einem Sportverein durch sexuelle Gewalt aufgefallen, sind fast immer zur Ehrverletzung oder Herabwürdigung gemäß Paragraf 186 StGB geeignet. Dagegen liegt eine Verleumdung gemäß Paragraf 187 StGB vor, wenn absichtlich über jemand anderen eine unwahre Tatsache behauptet wird, die ehrverletzend oder herabwürdigend ist. Der Unterschied zur üblen Nachrede besteht darin, dass hier bewusst die Unwahrheit gesagt wird, um jemand anderen zu schädigen. Daher sieht Paragraf 187 StGB auch einen höheren Strafrahmen vor als Paragraf 186 StGB. Folglich muss bei Warnungen vor einem ehemaligen Vereinsmitglied genau überprüft werden, ob der behauptete Vorwurf wahr ist und bewiesen werden kann. Dies ist vom Einzelfall abhängig und sollte zur Sicherheit von einem Rechtsanwalt überprüft werden. Es muss klar sein, dass jeder unbegründete Vorwurf auch zivilrechtliche Schadensersatzforderungen nach sich ziehen kann. Jedoch sollte dies keinesfalls abschreckend wirken, wenn der Vorwurf sexueller Gewalt beweisbar und offenkundig ist. Wer hier schweigt, schützt die Falschen. 7 3.5 Überblick über Sexualstraftatbestände Überblick über die in Betracht kommenden Sexualstraftatbestände aus dem Strafgesetzbuch Paragraf 174 StGB (Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen) Abs. 1 lautet: „Wer sexuelle Handlungen 1. an einer Person unter 16 Jahren, die ihm (…) zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist, 2. (…) 3. (…) vornimmt oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen lässt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Abs. 2 lautet: „Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 (…) 1. sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt oder 2. den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt, um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Grundlage dieses Sexualstraftatbestandes ist das Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem Täter oder der Täterin und dem Opfer. Es ist anerkanntes Recht, dass ein solches Abhängigkeitsverhältnis auch zwischen einem Trainer und der ihm anvertrauten Schüler- oder Jugendmannschaft gegeben ist. Es liegt also ein sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen vor, wenn der Trainer oder die Trainerin an einem dieser Mannschaft angehörenden Jungen oder Mädchen sexuelle Handlungen vornimmt oder an sich von diesem vornehmen lässt. Paragraf 176 StGB (Sexueller Missbrauch von Kindern) und Paragraf 176a StGB (Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern) Der Straftatbestand des Paragrafen 176 StGB ist recht unübersichtlich und die unter Strafe gestellten Tathandlungen sehr verästelt. Wichtig ist, dass grundsätzlich jede sexualbezogene, erhebliche Handlung zwischen dem Täter und einer Person unter 14 Jahren (= Kind) sowohl mit unmittelbarem Körperkontakt als auch ohne körperliche Berührung unter Strafe stellt (vgl. Paragraf 176 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1. StGB). Weiterhin handelt auch derjenige tatbestandsmäßig, der ein Kind dazu bestimmt, sexuelle Handlungen mit einem Dritten oder an sich selbst vorzunehmen (vgl. Paragraf 176 Abs. 2 und Abs. 4 Nr. 2. StGB). Auch die sexualbezogene Einwirkung des Täters auf ein Kind, zum Beispiel durch Vorlage einer pornografischen Darstellung, ist strafbar (vgl. Paragraf 176 Abs. 4 Nummern 3. und 4. StGB). Weitere Voraussetzungen enthält der Tatbestand des Paragrafen 176 StGB nicht, sodass hier – anders als bei Paragraf 174 StGB – ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Täter und Opfer nicht bestehen muss. Paragraf 176a StGB legt unter bestimmten strafschärfenden Voraussetzungen bei Vorliegen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern ein höheres Strafmaß fest. Insbesondere liegt ein schwerer sexueller Missbrauch im Sinne des Paragrafen 176a StGB bei dem Vollzug des Beischlafes oder sonstigen sexuellen Handlungen mit einem Kind, die mit dem Eindringen in den Körper verbunden sind, vor. Paragraf 177 StGB (Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung) Dieser Straftatbestand ist dadurch gekennzeichnet, dass der Täter gegen den Willen des Opfers zur Vornahme oder Duldung einer sexuellen Handlung insbesondere durch Gewalt oder Drohungen gezwungen wird. Demgegenüber sind die vorstehend dargestellten Tatbestände (Paragrafen 174, 176, 176a StGB) sowie der nachfolgend erläuterte Tatbestand (Paragraf 180 StGB) auch dann erfüllt, wenn die sexuellen Handlungen mit dem Einverständnis des Jungen oder des Mädchens erfolgen. 8 Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung im Sinne des Paragraf 177 StGB ist im Bereich des Sportbetriebes beispielsweise zum Nachteil junger Frauen oder Männer über 16 Jahre vorstellbar. Ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Täter und Opfer ist wiederum nicht erforderlich. Von Vergewaltigung spricht man regelmäßig dann, wenn die sexuellen Handlungen mit dem Eindringen in den Körper verbunden sind. Paragraf 180 StGB (Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger) Im Verhältnis zwischen dem Übungsleiter und der minderjährigen Athletin oder dem minderjährigen Athleten kann die Strafnorm des Paragrafen 180 Abs. 3 StGB zum Tragen kommen. Diese lautet: „Wer eine Person unter 18 Jahren, die ihm (...) zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut (...) ist, unter Missbrauch einer mit dem (...) Betreuungsverhältnis (...) verbundenen Abhängigkeit bestimmt, sexuelle Handlungen an oder vor einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Wie bei der Strafnorm des Paragrafen 174 StGB (s.o.) ist das Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Täter und dem minderjährigen Opfer „zur Betreuung in der Lebensführung“ erforderlich. Ein solches Abhängigkeitsverhältnis ist zwischen dem Trainer einer Mannschaft oder einer Sportgruppe und dem minderjährigen Mitglied dieser Mannschaft oder Sportgruppe regelmäßig gegeben. Paragraf 180 Abs. 1 StGB stellt allgemein, das heißt ohne dass es eines Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Täter und Opfer bedürfte, die Förderung sexueller Handlungen zum Nachteil einer Person unter 16 Jahren unter Strafe. Hierunter fällt zum Beispiel die Vermittlung eines Bordellbesuchs eines Jungen unter 16 Jahren oder das Zurverfügungstellen von Räumen zum Zwecke der Vornahme sexueller Handlungen zwischen einem Mädchen oder Jungen und einem Dritten. Dieser kurze Abriss ist keine abschließende Darstellung der Sexualstraftatbestände, sondern soll aufzeigen, dass sexuelle Gewaltausübung auch anlässlich des Sportbetriebes sehr vielfältig sein kann. Wichtig ist, ein entsprechendes Problembewusstsein zu schärfen. Konkret heißt dies: Wer Kenntnis von sexuellen Handlungen zum Nachteil einer Athletin oder eines Athleten erlangt, sollte nicht aus Verunsicherung untätig bleiben, sondern dem Opfer wirksam helfen. 9 4. Hintergrund & Hilfen 4.1 VIBSS Ausschreibung Vereinsberatung vor Ort bei Ihnen in Ihrem Verein VIBSS, das Vereins-Informations-, Beratungs- und Schulungs-System des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen und seiner Partner, hält für Vereins- und Jugendvorstände, die noch in diesem Jahr aktiv werden, ein ganz besonderes Angebot parat. Vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert wird das Angebot, Vereinsberatung zu besonders günstigen Konditionen in Anspruch zu nehmen. Es besteht die Möglichkeit einen Tagesworkshop durchzuführen, in dem Impulse gegeben werden als auch die Situation im eigenen Verein bearbeitet wird. Im Folgenden ist eine beispielhafte Ausschreibung aufgeführt und ein möglicher Tagesablauf. Jeder Verein kann jedoch auch einen Vortrag anfordern, der passend zu einer Versammlung vor Ort durch einen externen Referenten/ eine externe Referentin gehalten wird. Beispiel für eine Tagesveranstaltung: Qualifizierung für Übungsleiterinnen und Übungsleiter zum Thema "Prävention sexualisierter Gewalt im Sport" Anmeldeunterlagen und weitere Informationen erhalten Sie bei Ihrem Stadt- bzw. Kreissportbund, bei Ihrem Fachverband oder direkt beim Landessportbund NRW: Organisation Ulrike Stiewe Tel. 02 03 73 81-657 Fax: 02 03 / 73 81-825 Email: [email protected] 4.2 Führungszeugnis Erweitertes polizeiliches Führungszeugnis für „kinder- und jugendnahe Tätigkeiten“ Bereits am 14. Mai 2009 hatte der Bundestag (BT) Änderungen im Bundeszentralregistergesetz (BZRG) beschlossen, die bereits am 16. Juli 2009 als „Fünftes Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes“ (BZRG) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurden. Diese sind am 1. Mai 2010 in Kraft getreten. Mit der Änderung ist ein sog. erweitertes Führungszeugnis für kinder- und jugendnahe Tätigkeiten eingeführt worden. Sinn ist es, Arbeit- und Dienstgebern in einem höheren als dem bisherigen Umfange zu ermöglichen zu eruieren, ob Stellenbewerber bzw. Mitarbeiter wegen bestimmter Sexualdelikte an Kindern und Jugendlichen vorbestraft sind. Damit werden Vorgaben des Bundesjustizministeriums umgesetzt: Bundeskanzlerin und Regierungschefs der Länder hatten bereits am 12. Juni 2008 einen Beschluss vorbereitet, der diese Neuregelung als wichtigen Teil eines wirksamen Schutzes der Kinder und Jugendlichen vorsah. Der Wortlaut des neuen § 30a des Gesetzes über das Zentralregister und das Erziehungsregister (Bundeszentralregistergesetz - BZRG) lautet wie folgt: § 30a Antrag auf ein erweitertes Führungszeugnis 10 (1) Einer Person wird auf Antrag ein erweitertes Führungszeugnis erteilt, 1. wenn die Erteilung in gesetzlichen Bestimmungen unter Bezugnahme auf diese Vorschrift vorgesehen ist oder 2. wenn dieses Führungszeugnis benötigt wird für a) die Prüfung der persönlichen Eignung nach § 72a des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe –, b) eine sonstige berufliche oder ehrenamtliche Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger oder c) eine Tätigkeit, die in einer Buchstabe b vergleichbaren Weise geeignet ist, Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen. (2) Wer einen Antrag auf Erteilung eines erweiterten Führungszeugnisses stellt, hat eine schriftliche Aufforderung vorzulegen, in der die Person, die das erweiterte Führungszeugnis vom Antragsteller verlangt, bestätigt, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen. Im Übrigen gilt § 30 entsprechend. I. Was ist Inhalt eines solchen „erweiterten Führungszeugnisses“? Grundsätzlich werden Erstverurteilungen nur dann in ein polizeiliches Führungszeugnis übernommen, wenn das Strafmaß 90 Tagessätze oder drei Monate Freiheitsstrafe übersteigt. Abweichend davon wurden jedoch auch schon bislang strafmaßunabhängig bei bestimmten Delikten sämtliche Verurteilungen aufgenommen, und zwar bzgl. der Sexualstraftaten nach den §§ 174-180, 182 des Strafgesetzbuches (StGB) Für das erweiterte Führungszeugnis wird dieser strafmaßunabhängige Katalog nunmehr erweitert um kinder- und jugendschutzrelevante Verurteilungen wegen Straftaten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB. Beispiel: Jemand wird wegen der Verbreitung von Kinderpornographie zu 50 Tagessätzen verurteilt. Bislang wäre eine solche Verurteilung nicht im Führungszeugnis enthalten gewesen, nunmehr ist dies anders. Der potentielle Arbeitgeber erhält jetzt auch bzgl. dieser Verurteilung Kenntnis. II. Um wen geht es? Das neue „erweiterte Führungszeugnis“ wird nach dem neuen § 30a Bundeszentralregistergesetz (BZRG) erteilt, 1. demjenigen, der eine Tätigkeit ausüben will, die geeignet ist, Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen, wie die berufliche oder ehrenamtliche Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger. Das sind: a. Pädagogisches Personal bzw. Erzieher in aa. Kindergärten, bb. Kinderheimen cc. Jugendheimen, b. Pflegepersonen für die Kindertages- und Vollzeitpflege, c. Jugendsporttrainer/innen, d. Leiter/-innen von Kinder- und Jugendfreizeitgruppen, aber auch e. Schulbusfahrer/innen, f. Bademeister in Schwimmbädern, g. usw. Für die Kinder- und Jugendhilfe ist durch § 72a des achten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VIII) geregelt, welcher Personenkreis verpflichtet ist, ein Führungszeugnis vorzulegen. Arbeitgeber sind gehalten, sich von (potentiellen und bereits eingestellten) Mitarbeitern/-innen, die kinder- und jugendnahe Tätigkeiten ausüben, ein entsprechendes Führungszeugnis vorlegen zu lassen, um sich deren Eignung für eine solche Tätigkeit zu vergewissern. 11 2. wenn dies in einem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Beispiele: Die praktisch bedeutsamste Vorschrift ist § 72a des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinderund Jugendhilfe - (SGB VIII). Sie richtet sich an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die für die Wahrnehmung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe keine Person beschäftigen oder vermitteln dürfen, die rechtskräftig wegen einer bestimmten Straftat verurteilt worden ist (in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung: Straftaten nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184f oder den §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB). Ein vergleichbares Beschäftigungsverbot enthält auch § 25 Jugendarbeitsschutzgesetz für Personen, die Lehrlinge ausbilden; III. Was gilt für die Antragstellung? Für alle Träger / Arbeitgeber gilt, dass derjenige, der einen Antrag auf Erteilung eines erweiterten Führungszeugnisses stellt, diesem eine Bestätigung beizufügen hat über das Vorliegen der in § 30a BZRG genannten Voraussetzungen. IV. Gibt es weitere wichtige Punkte? 1. Wichtig ist, dass Vereine nicht zwingend verpflichtet sind, bzgl. sämtlicher Mitarbeiter(inne)n, die in der Kinder- und Jugendarbeit ehrenamtlich eingesetzt sind, ein solches erweitertes Führungszeugnis zu verlangen und ggf. sogar die Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses hiervon abhängig zu machen. Denn für die Vereins- und Verbandsarbeit ist dies kein Muss. Der neue § 30a Abs.1 BZRG eröffnet folgende Möglichkeiten: Ein staatliche Stelle (Bsp.: das Jugendamt) kann einen Verein oder Verband z.B. durch Vertrag oder auch im Rahmen einer Auflage in einem Zuwendungsbescheid o.ä. verpflichten, die Mitarbeiter nach § 72a SGB VIII zu überprüfen. Außerdem kann selbstverständlich jeder Verein von sich aus entscheiden, sein eigenes Personal (in regelmäßigen Intervallen) zu überprüfen. 2. Zu beachten ist des Weiteren, dass für rein ehrenamtliche Mitarbeiter die Entscheidung zur Überprüfung ebenfalls beim Verein bzw. Verband liegt. Aus § 72a SGB VIII bzw. den Gesetzesmaterialien lässt sich entnehmen, dass es zunächst um die Prüfung der Eignung des hauptamtlichen Personals durch das erweiterte Führungszeugnis geht. Für rein ehrenamtliche Mitarbeiter ist dies aus dem Gesetz nicht zwingend abzuleiten, sodass hier die Entscheidung beim Verein liegt. V. Wie verhält man sich in Verdachtsfällen bzw. bei Vorwürfen? In Verdachtsfällen ist der Verein bzw. Verband selbstverständlich bereits im Interesse des Opferschutzes, der Vermeidung von Wiederholungsfällen usw. gehalten Aufklärungsarbeit zu leisten und zu reagieren. Jedoch ist Vorsicht geboten, was nachfolgende Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. vom 19. Mai 2010, Az.: 1 U 49/09, zeigt: Das OLG Frankfurt am Main hat nämlich einem Sozialpädagogen Schadensersatz zugesprochen, weil dieser - u.a. gegenüber dem Arbeitgeber - zu Unrecht (bzw. zumindest nicht beweisbar) wegen Kindesmissbrauchs verdächtigt worden war. Es stelle lt. OLG eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, wenn ein unnötig großer Personenkreis über einen derartigen Verdacht unterrichtet werde. 1. Der Sachverhalt Der Kläger nahm erfolgreich die Beklagte auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen betreffend den sexuellen Missbrauch eines Kindes und auf Schadensersatz in Anspruch. Er hatte das betroffene Kind im Rahmen eines Schülerprojekts und als Fußballtrainer betreut. Die beklagte Psychotherapeutin gelangte im Rahmen einer therapeutischen Behandlung des Kindes zu der Einschätzung, es bestehe der Verdacht, dass der Kläger das Kind in den Jahren 12 2004 und 2005 sexuell missbraucht habe. Hierüber sprach sie nach Ende der Behandlung mit verschiedenen Personen, u.a. auch mit dem Arbeitgeber des Klägers, einem gemeinnützigen Verein. Der Kläger verlor seine dortige Arbeitsstelle und gab seine Tätigkeit als Pädagoge und Fußballtrainer auf. Der Kläger führt all dies auf die Verdächtigungen der Beklagten zurück. Ein gegen ihn eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. Das LG wies die Klage mit der Begründung ab, die Beklagte habe den Kläger nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht rechtswidrig verletzt. Die Unterrichtung des gemeinnützigen Vereins, für den der Kläger gearbeitet habe, sei zum Schutz des Kindes erforderlich gewesen. Auf die Berufung des Klägers hob das OLG das Urteil auf und gab der Klage statt. Die Revision wurde nicht zugelassen. 2. Die Gründe: Die Beklagte hat die mit der Klage angegriffenen Äußerungen zu unterlassen. Der Kläger hat Anspruch auf eine Entschädigung von 2.000 € und auf die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch ihre Äußerungen entstanden ist. Die Beklagte hat den Kläger rechtswidrig und schuldhaft in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, indem sie einen unnötig großen Personenkreis über ihren Verdacht unterrichtete. Sie hätte sich darauf beschränken müssen, ihren Verdacht gegenüber den für die Aufklärung zuständigen Behörden - städtische Stellen für Kinderschutz, Polizei und Staatsanwaltschaft - zu äußern. Die Unterrichtung des Arbeitgebers des Klägers sowie anderer Personen hätte sie damals jedoch unterlassen müssen. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, sie habe dies zum Schutz des Kindes für erforderlich gehalten, hätte es genügt, die zuständigen Behörden auf diese Einschätzung hinzuweisen. Bei der Bemessung der Entschädigung war zu berücksichtigen, dass der Verdacht der Beklagten zusätzlich als unberechtigt behandelt werden muss. Da das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger eingestellt wurde, gilt für diesen die Unschuldsvermutung. RA Golo Busch, Fachreferent Recht des LSB NRW RA Christoph Noelke, BPG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Münster 4.3 Adressen Kinderschutzbund 0202 / 74 76 588-0, [email protected] Kontaktdaten der Orts- und Kreisverbände unter www.kinderschutzbund-nrw.de Kinder- und Jugendtelefone (Nummer gegen Kummer e.V.) Tel.: (0800) 1 11 03 33 (Montags bis Freitags von 15:00 bis 19:00 Uhr bundesweit besetzt) Telefonseelsorge evangelisch (0800) 1 11 01 11 Telefonseelsorge katholisch: (0800) 1 11 02 22 Jugendschutzstelle für Jungen und Mädchen (0228) 38 63 02 30 oder (0228) 38 63 02 55, http://www.bke-jugendberatung.de (anonyme Internetberatung) Jugendämter der Stadt Lokale Beratungsstellen der Umgebung 13 Wildwasser e.V. Hilfe und Info für von sexuellem Missbrauch Betroffene, Angehörige und Freunde. Telefonnummern der regionalen Ansprechstellen unter www.wildwasser.de Kommissariat Vorbeugung Hotline „N.I.N.A.“ Die Hotline "N.I.N.A." bietet für Eltern, Verwandte, Pädagogen sowie Mitarbeiter der Kinder- und Jugendhilfe unter der Rufnummer 01805-123465 schnelle Hilfe und unbürokratische Auskünfte zum Thema sexuelle Mißhandlung, sagte eine Sprecherin. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter http://www.nina-info.de 4.4 Ehrenkodex Im Sommer 2004 haben der Vorstand der Sportjugend NRW und das Präsidium des Landessportbundes NRW den Ehrenkodex für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sport verabschiedet, die Mädchen und Jungen sowie junge Frauen und junge Männer betreuen oder qualifizieren oder zukünftig betreuen oder qualifizieren wollen. Den Ehrenkodex finden Sie zum Download unter folgendem Link: http://p104497.typo3server.info/uploads/media/Ehrenkodex.pdf Wir bitten Sie, den Ehrenkodex an die Übungsleiterinnen und Übungsleiter Ihres Vereins weiterzuleiten, damit diese ihn unterzeichnen können. In diesem Ehrenkodex gibt es einen konkreten Punkt, der das Thema „sexualisierte Gewalt“ aufgreift und präventive Wirkung haben soll. 4.5 Symptome und emotionale Reaktionen Welche Symptome gibt es, um sexuellen Missbrauch zu erkennen? Es gibt keine spezifischen Symptome, die eindeutige Hinweise auf sexuellen Missbrauch geben. Die unverfälschte Erinnerung und die darauf basierende Aussage des Kindes sind die wichtigsten Beweismittel. Bei plötzlich auftretenden Verhaltensauffälligkeiten beziehungsweise -veränderungen ist es besonders wichtig, diese wahrzunehmen und als eine potenzielle Ursache sexualisierter Gewalt in Betracht zu ziehen. Jedoch lassen sich keine Symptome eindeutig interpretieren und es können auch ganz andere Gründe vorliegen, wie zum Beispiel Liebeskummer oder die Scheidung der Eltern. Das Handwörterbuch Sexueller Missbrauch von Bange und Körner ist diesbezüglich zu empfehlen. 4.6 Wirksamkeit und Sportjugendaktivitäten Maßnahmen, Empfehlungen und Notwendigkeiten zur Prävention sexualisierter Gewalt im Sport aus der Sicht des Landessportbundes NRW/ der Sportjugend NRW 56 JL/ÜL Aus- und Fortbildungen Für die Ausbildung zum Übungsleiter beziehungsweise zur Übungsleiterin hat der Landessportbund NRW ein Lehrmodul gestaltet, das sich mit allgemeinen Fragen der geschlechtsbezogenen Pädagogik befasst. Durch dieses Modul besteht die Chance, dass Übungsleiterinnen und -leiter grundsätzlich für die ungleichen Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern im Sport sensibilisiert werden. Das Ausbildungsmodul befasst sich jedoch nur 56 Auszug aus: Rulofs, Bettina (2007), S. 24 - 28 14 peripher mit Fragen der sexuellen Gewalt und ist darüber hinaus nur optional, also nicht verpflichtend in der Ausbildung einzusetzen. Um sicherzustellen, dass jeder angehende Übungsleiter und jede angehende Übungsleiterin für dieses Thema sensibilisiert wird, ist es notwendig, dass ein Lehrmodul mit dem Fokus auf sexuelle Gewalt zum festen Bestandteil der Ausbildung wird. Das Gleiche gilt für die Ausbildung von Trainern und Trainerinnen. Hier sind die Fachverbände gefragt, ein entsprechendes zu ihrer Sportart passendes Lehrmodul zu entwickeln. Sonderlizenzausbildung zur Übungsleiterin für Selbstbehauptung und Selbstverteidigung Der Landessportbund NRW hat mit finanzieller Unterstützung des Frauenministeriums NRW eine spezielle Ausbildung zur Übungsleiterin für Selbstbehauptung und Selbstverteidigung eingerichtet. Seit 1998 werden Frauen aus den Vereinen und Verbänden ausgebildet, die durch den Lehrgang in die Lage versetzt werden, in ihren Heimatvereinen Mädchen in ihrer Selbstbehauptung zu stärken. Des Weiteren hat sich gezeigt, dass die ehemaligen Teilnehmerinnen der Ausbildung zu aufmerksamen Beobachterinnen für Probleme sexualisierter Gewalt im Sport werden. Bei konkreten Problemen sind sie es, die sich in ihren Vereinen um Klärung bemühen. Würde es gelingen, weitere Frauen als Teilnehmerinnen für diese Ausbildung zu gewinnen, so könnte die Sensibilität für sexuelle Gewalt im Sport wesentlich gestärkt werden. Die bis dato ausgebildeten 130 Frauen ergeben bei den insgesamt 20.000 Sportvereinen in NRW derzeit nur einen geringen Durchwirkungsfaktor. Um deutlich mehr Sportvereine mit entsprechenden Mitarbeiterinnen zu versorgen, ist eine Fortführung und Forcierung der Ausbildung geboten. Fortbildungen in den Vereinen In den letzten Jahren wurden nur vereinzelt Vereine durch eine Referentin des Landessportbundes zum Thema Gewalt gegen Mädchen und Frauen fortgebildet. Diese Fortbildungen richten sich in der Regel an alle im Übungsbetrieb Tätigen sowie Funktionäre und Funktionärinnen des Vereins. Der Vorteil einer solchen Fortbildung ist, dass diejenigen sensibilisiert werden, die auch im Alltag als Gruppe zusammenarbeiten und möglicherweise mit Problemen sexualisierter Gewalt konfrontiert werden. Es besteht bei einer solchen Fortbildung die Chance, dass der Verein als Gesamtes zur Selbstkontrolle befähigt wird. Wünschenswert wäre die vielfache Nutzung dieses Angebotes über die Vereinsberatung VIBBS im Landessportbund NRW. Personal Im Rahmen der Prävention von Gewalt stellt die Auswahl von Personal durch Bewerbungsverfahren und die anschließende Einstellung ein besonders brisantes Thema dar. Folgt man der internationalen Forschung, insbesondere den Studien aus Großbritannien, Skandinavien, USA und Kanada, so sind hier Qualitätsstandards zu setzen, von denen der organisierte Sport in Deutschland zum Teil noch weit entfernt ist. Es geht dabei insbesondere darum, direkt bei der Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für eine gewaltfreie Atmosphäre und ein respektvolles Miteinander einzutreten und potenziellen Gewalttätern den Zugang zum Sport zu versagen. Zu diesen Qualitätsstandards aus internationalen Studien zählen: Die öffentliche Ausschreibung jeder neu zu besetzenden Stelle insbesondere im Übungs- und Trainingsbetrieb, aber auch auf Organisations- und Verwaltungsebenen des Sports. Die Durchführung von Bewerbungsgesprächen. Die Einforderung eines an der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes orientierten Trainingsstils schon in der Stellenanzeige sowie die Überprüfung der diesbezüglichen Qualifikation im Bewerbungsgespräch. 15 Die Sicherstellung eines lückenlosen vollständigen Lebenslaufes ohne kurzfristige Beschäftigungswechsel. Ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis. Einwandfreie Referenzen von anderen Vereinen oder Institutionen des Sports. Die Einarbeitung durch einen Mentor oder eine Mentorin. Regelmäßige Supervision. Im Gesamten betrachtet sind diese Qualitätsstandards nichts Besonderes. Sie gehören vielmehr zu den gängigen Kriterien eines professionellen Personalmanagements. Es geht aber auch bei Maßnahmen der Gewaltprävention nicht darum, etwas völlig Neues zu finden, sondern vielmehr darum, die Bekämpfung von sexueller Gewalt als integrativen Bestandteil eines fürsorglichen Personalmanagements zu betrachten. Für den breitensportlichen Bereich wissen wir definitiv, dass die dort tätigen Übungsleiter und leiterinnen nicht nach solchen Gütekriterien ausgewählt werden. Gängig ist hier eher, dass Personen aus den eigenen Reihen rekrutiert werden, dass keine Bewerbungsgespräche geführt werden, dass man zum Teil froh ist, überhaupt jemanden zu finden, der das Training der Kinder und Jugendlichen übernimmt. Nicht selten wird dann beispielsweise ein engagierter Vater überredet, das Training zu übernehmen, ohne dass überhaupt eine Lizenz dafür vorliegt. Fakt ist auch, dass die Tätigkeit der Übungsleiter und -leiterinnen nur geringfügig honoriert wird, sodass es schwierig erscheint, die harten Qualitätsmerkmale von ehrenamtlich Tätigen einzufordern. Nichts desto trotz: Wer an der Unversehrtheit der Kinder und Jugendlichen im Sport ernsthaft interessiert ist, muss sich mit solchen Qualitätsstandards beschäftigen, auch auf der Übungsleiterebene. Es scheint hier zukünftig angesagt, nach Möglichkeiten der Etablierung von Gütekriterien zu suchen, um schon bei der Auswahl von Übungsleiterinnen und Übungsleitern ein gewaltfreies Klima zu begünstigen. Informationsmaterial Der Landessportbund NRW hat in Kooperation mit der Landesregierung verschiedene Informationsmaterialien entworfen, die darauf zielen, eine gewaltfreie Atmosphäre und ein respektvolles Miteinander in Verbänden und Vereinen herzustellen. Die Handreichung für Übungsleiterinnen und Übungsleiter informiert fundiert und anschaulich über das Thema und wird genauso wie die Broschüre für Mädchen und die Broschüre für Jungen von den Vereinen und Verbänden in NRW sehr positiv aufgenommen. Die Plakate erhalten ein positives Feedback und ermöglichen plakativ auf das Thema aufmerksam zu machen beziehungsweise zu dokumentieren „in unserem Verein tun wir etwas…!“ Ehrenkodex Die Erstellung eines Ehrenkodex durch den Landessportbund NRW und Sportjugend mit der Aufnahme eines speziellen Passus zur Prävention sexueller Gewalt, bildet einen weiteren wichtigen Schritt im Rahmen der Prävention von Gewalt. Der Ehrenkodex macht deutlich, dass die Unversehrtheit der Kinder und Jugendlichen ein zentraler Wert des sportlichen Miteinanders ist und sexuelle Gewalt nicht geduldet wird. Die Veröffentlichung eines solchen Ehrenkodex allein reicht jedoch nicht aus, wesentlich ist, wie damit umgegangen wird und wie der Ehrenkodex von den Mitgliedern der Organisation angenommen wird. Zurzeit ist die Unterschrift dieses Kodex freiwillig. Die Vereine haben die Möglichkeit, ihr Einverständnis mit dem Kodex zu dokumentieren, indem sie den unterschriebenen Ehrenkodex an den Landessportbund NRW zurücksenden. Diese Möglichkeit wird zurzeit auch rege genutzt und das ist ein gutes Zeichen. 16 Eine verbindliche Unterschrift durch alle im Sport Tätigen, wie es auch in anderen Ländern, zum Beispiel in Großbritannien, Australien oder Kanada, üblich ist, erscheint dennoch angemessen, um dem Kodex mehr Gewicht zu verleihen. Die vorherrschende Meinung vieler, dass die Vermeidung von sexueller Gewalt doch wohl selbstverständlich sei und man nicht extra darauf hinweisen sollte und dass in ihrem speziellen Verband oder Verein per se ein besonders fairer Umgang miteinander gepflegt würde, sodass ein Ehrenkodex überflüssig sei, macht deutlich, dass eine Tabuisierung von sexueller Gewalt nach wie vor gegeben ist. Umso wichtiger ist es, dass sich der Landessportbund NRW mit diesem Ehrenkodex deutlich positioniert hat. Es wird zukünftig aber auch darum gehen müssen, Überzeugungsarbeit für diesen Ehrenkodex zu leisten. 17 5. Literatur Arbeitskreis „Das misshandelte Kind (Hrsg.) (ohne Jahr): Die eigenen Schritte planen - überlegt handeln. Leitfaden für Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen und in Schulen zum Umgang mit der Vermutung des sexuellen Missbrauchs an Mädchen und Jungen“ Bange, Dirk (2002): Sexuelle Gewalt an Jungen. In: Heinrich-Böll-Stiftung. Mann oder Opfer? Berlin, S. 100-120 Bange, Dirk/ Enders, Ursula (1995): Auch Indianer kennen Schmerz, Kiepenheuer und Witsch, Köln Bange, Dirk/ Körner, Wilhelm (2002): Handwörterbuch Sexueller Missbrauch, Hogrefe-Verlag, Göttingen BMFSFJ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) (2005a): Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland, Berlin Boehme, Ulfert (2002): Jungen als Opfer. In: Bange, Dirk/ Körner, Wilhelm (2002): Handwörterbuch Sexueller Missbrauch, Hogrefe-Verlag, Göttingen, S. 245-252 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2005): Gewalt gegen Männer. Personale Gewaltwiderfahrnisse von Männern in Deutschland, Berlin Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (1998): Begleitbuch zum Medienverbundprogramm „Sexueller Kindesmissbrauch – vorbeugen und helfen“, Berlin DLRG und DLRG Jugend (2000) Dokumentation zur Tagung Sexueller Missbrauch an Mädchen und Jungen in der DLRG und der DLRG Jugend, Bad Nenndorf Heiliger, A., Goldberg, B., Schröttle, M., Hermann, D. (2005): Gewalthandlungen und Gewaltbetroffenheit von Frauen und Männern. In: W. Cornelißen (Hg.): 1. Datenreport zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesrepublik Deutschland. Innenministerium des Landes NRW/ Landessportbund NRW (2007): Schweigen schützt die Falschen. Sexualisierte Gewalt im Sport – Situationsanalyse und Handlungsmöglichkeiten, Düsseldorf Landessportbund NRW/ Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport NRW (2003): „Sexuelle Gewalt an Frauen im Sport“ Handreichung für Übungsleiterinnen und Übungsleiter, Duisburg Lenz, Hans Joachim (2002): Mann oder Opfer? Kritische Männerforschung zwischen Verstrickung in herrschende Verhältnisse und einer neuen Erkenntnisperspektive. In Heinrich-Böll-Stiftung. Mann oder Opfer?, S. 24-60 May, Angela (1997): Nein ist nicht genug. Prävention und Prophylaxe. Inhalte, Methoden und Materialien zum Fachgebiet Sexueller Missbrauch, Mebes & Noack, Köln Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes NRW (2003): Ratgeber gegen sexuellen Missbrauch, Düsseldorf Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen (2004): Gewalt gegen Frauen und sexueller Missbrauch von Kindern. 3. Bericht zum Handlungskonzept der Landesregierung, Düsseldorf Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes NRW (2003): Ratgeber gegen sexuellen Missbrauch, Düsseldorf, S. 46-48 18 Palzkill, Birgit/ Klein, Michael (1998): Gewalt gegen Mädchen und Frauen im Sport. Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit (Hg.), Düsseldorf Palzkill, Birgit (1991): Was hat sexuelle Gewalt mit Sport(abstinenz) zu tun? Körper- und Bewegungsentwicklung in Gewaltverhältnissen. In Palzkill, Birgit/Scheffel, Heidi/Sobiech, Gabriele (Hg.): Bewegungs(t)räume. Frauen Körper Sport, Frauenoffensive, München, S. 62-74 Rulofs, Bettina (2006): Gewalt im Sport aus Perspektive der Geschlechterforschung. In HartmannTews, Ilse/ Rulofs, Bettina (Hg.): Handbuch Sport und Geschlecht, Köln, S. 150-162 Rulofs, Bettina (2007): Prävention von sexualisierter Gewalt im Sport - eine Analyse der bisherigen Maßnahmen in NRW. In: Schweigen schützt die Falschen. Sexualisierte Gewalt im Sport Situationsanalyse und Handlungsmöglichkeiten; Düsseldorf, S. 19-30 Rulofs, Bettina/ Hartmann-Tews, Ilse (2005): Gewalt gegen Mädchen und Frauen im Sport. Bilanz der bisherigen Maßnahmen - mögliche Perspektiven. Beitrag zur Fachtagung "Schweigen schützt die Falschen" am 15.04.2005, Staatskanzlei Düsseldorf. Unveröffentlichtes Manuskript. Sportjugend NRW (1999): Wir können auch anders. Duisburg (S. 18-21) Zinsmeister, Julia (2007): Sexuelle Gewalt gegen behinderte Mädchen und Frauen. In: Schweigen schützt die Falschen. Sexualisierte Gewalt im Sport - Situationsanalyse und Handlungsmöglichkeiten, Düsseldorf, S. 31-46 Lobby für Mädchenarbeit Mädchenhaus Köln e.V. Jahresbericht 2006 Webseiten www.schulische-praevention.de www.kibs.de www.dunkelziffer.de www.hinsehen-handeln-helfen.de www.sportjugend-nrw.de www.donnavita.de www.ajs.nrw.de 19 6. Weitere Informations-, Beratungs- und Schulungsmöglichkeiten 6.1 Informationsmöglichkeiten Broschüren CDs Downloads Literatur (immer mit Autor: Titel, ggf. Verlag, Erscheinungsort und –datum) immer: VIBSS-ServiceCenter des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen, Postfach 10 15 06, 47015 Duisburg; Tel. 0203 7381-777; E-Mail: [email protected] VIBSS-Online, Internet-Informationssystem des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen, http://www.vibss.de VIBSS-Infopapiere mit Bezug zum Thema VIBSS-Infomappe „Basiswissen Vereinsmanagement“ (VIBSS-Infopapiere, Broschüren und Formulare zum Vereinsmanagement); Dietmar Fischer u. a.; Landessportbund NRW, SPURT GmbH, Tel.: 0203 7381-795, Fax: 0203 7381-794, E-Mail: [email protected], Internet: http://www.lsb-shop.de 6.2 Vereinsberatung Immer mehr Vereine erkennen, dass die kritische Diskussion aktueller Vereinsstrukturen und -angebote eine zentrale Aufgabe der Vereinsführung ist. Dabei stellen sich z. B. Fragen nach der richtigen Aufgabenverteilung im Verein, der attraktiven Angebotsgestaltung, der zeitgemäßen Beitragsstruktur und –höhe, der Mitarbeiter/innen-Gewinnung und der Teamentwicklung oder der Konfliktlösung. Im Rahmen von VIBSS, dem Vereins- Informations- Beratungs- und SchulungsSystem des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen, möchten wir Ihnen daher ein interessantes Angebot machen: Informationsgespräch oder Fachberatung oder Vorstandsklausur für den Vereinsvorstand/Jugendvorstand Hierfür hat der Landessportbund Nordrhein-Westfalen ein Team von fachkompetenten, qualifizierten und autorisierten Beratern/innen und Moderatoren/innen ausgebildet. In einem Informationsgespräch vermitteln wie Ihnen einerseits allgemeine Grundlageninformationen aus einem Themenbereich des Vereinsmanagements (z. B. Vereinsentwicklung, Kinder- und Jugendarbeit, Sporträume, Steuern, Recht). Andererseits erhalten Sie eine übergreifende Orientierung zu weiteren Informations-, Beratungs- und Schulungsmöglichkeiten. Zu speziellen Fragestellungen (außer zu den Themen Steuern und Recht) kann ein/e Berater/in mit Ihrem geschäftsführenden Vorstand eine individuelle und intensive Fachberatung durchführen. 20 Darüber hinaus haben Sie die Möglichkeit, im Rahmen einer Vorstandsklausur mit dem erweiterten Vorstand (= Gesamtvorstand) abseits des Vereinsalltags unter der Leitung eines/einer externen Moderators/Moderatorin zukunftsfähige Konzepte für Ihren Verein zu entwickeln. Sie können bisherige Abläufe und Strukturen kritisch überprüfen und Schritte für eine Weiterentwicklung Ihres Vereins einleiten. Nutzen Sie diese Chance auch zur Stärkung des Teamgeists in Ihrem Vorstand/Jugendvorstand. Weitere Beratungsleistungen werden nach Absprache (mit Eigenbeteiligung des Vereins) gefördert. Für diese Angebote gelten folgende Rahmenbedingungen: Kosten: Eine Veranstaltung ist pro Verein und Kalenderjahr i. d. R. kostenfrei (die Kosten für Verpflegung und Räumlichkeiten sind ggf. vom Verein selbst zu tragen). Dauer: - Infogespräche, Fachberatungen: - Vorstandsklausuren: 2 – 3 Std., abends in der Woche oder samstags samstags i. d. R. von 9:00 bis 18:00 Uhr Leitung: Berater/in bzw. Moderator/in aus dem VIBSS-Team des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen Themen: - Stärken-/Schwächenanalyse Ihres Vereins (bei Vorstandsklausuren) und z. B. - Zielfindung/Leitbildentwicklung - Erarbeitung eines Konzeptes zur Mitarbeiter/innen-Entwicklung - Begleitung bei Problemlösungsprozessen (Konfliktmanagement) - Sportraumentwicklung - Erarbeitung eines Marketingkonzeptes - Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung - Erarbeitung eines Konzeptes für eine neue Beitragsgestaltung - andere Themen Ihrer Wahl Hinweise zur Organisation: Die Fachberatungen werden i. d. R. mit dem geschäftsführenden Vorstand durchgeführt. Die Zahl der Teilnehmer/innen soll jedoch 3 nicht unter- und 10 nicht überschreiten. Die Vorstandsklausuren werden i. d. R. mit dem erweiterten Vorstand (= Gesamtvorstand) durchgeführt. Die Zahl der Teilnehmer/innen soll jedoch 10 nicht unter- und 20 nicht überschreiten. Bei Informationsgesprächen wird der Teilnehmerkreis direkt mit dem/der Berater/in abgestimmt. Informationsgespräch, Fachberatung und Vorstandsklausur sind drei voneinander unabhängige Angebote. Die Veranstaltungen können in Kooperation mit Ihrer örtlichen Volksbank, Raiffeisenbank oder Spar- und Darlehnskasse durchgeführt werden. Der Kontakt zur Partnerbank wird durch Ihren SSB/KSB oder SSV/GSV hergestellt. Die Partnerbank stellt u. U. Ihre Räumlichkeiten für die Durchführung der Veranstaltung zur Verfügung und/oder übernimmt bei Vorstandsklausuren evtl. die Kosten für Getränke und Verpflegung. Im Gegenzug sollten Sie unsere Partnerbanken mit einer guten Öffentlichkeitsarbeit unterstützen (z. B. Bericht über die Veranstaltung im lokalen Sportteil Ihrer Zeitung). Für eine optimale Berater/innen- bzw. Moderator/innen-Auswahl und für die genaue inhaltliche Planung der Veranstaltung wird der von Ihnen ausgefüllte Vereinsfragebogen benötigt (siehe Anlage). Nach Eingang der Anmeldung und des Vereinsfragebogens wird Ihnen der/die Berater/in bzw. Moderator/in benannt. Bitte vereinbaren Sie dann - nach Rücksprache mit Ihrem Vorstand - direkt mit dem/der Berater/in bzw. Moderator/in einen Termin. Bitte teilen Sie uns den vereinbarten Termin spätestens ca. zwei Wochen vor der Durchführung der Veranstaltung mit, damit wir dem/der Berater/in bzw. Moderator/in noch die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen können. Wichtig: Nur bei vorheriger Bekanntgabe des Veranstaltungstermins werden das Honorar und die Fahrtkosten des Beraters/Moderators vom Landessportbund übernommen. 21 6.3 Schulungsmöglichkeiten KURZ UND GUT – Seminare; 4 Lerneinheiten, i. d. R. werktags 18:00 bis 22:00 Uhr; verschiedene Themen des Vereinsmanagements, u. a. auch „Finanzen und Steuern im Sportverein“ sowie „Grundlagen der Buchführung im Sportverein“; durchgeführt von den Stadt- und Kreissportbünden, Informationen bei den SSB/KSB oder im Internet unter http:www.qualifizierungimsport.de/Angebote/Vereinsmangement/KURZ UND GUT: http://www.qualifizierungimsport.de/angebote.php?cat=1&hauptbereich=Vereinsmanagement&bere ich=KURZ+UND+GUT+Kompaktseminare Tagesseminare; 4 bis 8 Lerneinheiten, i. d. R. samstags; verschiedene Themen des Vereinsmanagements; durchgeführt von den regionalen Qualifizierungszentren; Informationen über die SSB/KSB oder im Internet unter http://www.qualifizierung-im-sport.de Wochenendlehrgänge; 15 Lerneinheiten, i. d. R. freitags 18:00 Uhr bis sonntags 12:00 Uhr; verschiedene Themen des Vereinsmanagements, u. a. auch „Kostenrechnung und Controlling im Sportverein“; durchgeführt vom Landessportbund Nordrhein-Westfalen und von den regionalen Qualifizierungszentren; Infos beim Landessportbund NRW (Tel. 02 03 / 73 81 - 747) bzw. über die SSB/KSB oder im Internet unter http://www.qualifizierung-im-sport.de oder. 22