EUROPÄISCHES PARLAMENT 2009 - 2014 Entwicklungsausschuss 2012/0229(NLE) 30.4.2013 ENTWURF EINER STELLUNGNAHME des Entwicklungsausschusses für den Fischereiausschuss Vorschlag für eine Verordnung des Rates über den Abschluss des Protokolls zwischen der Europäischen Union und der Republik Kiribati zur Festlegung der Fangmöglichkeiten und der finanziellen Gegenleistung nach dem partnerschaftlichen Fischereiabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Republik Kiribati andererseits (13331/2012 – C7-0036/2013 – 2012/0229(NLE)) Verfasser der Stellungnahme: Norbert Neuser PA\934581DE.doc DE PE510.580v01-00 In Vielfalt geeint DE PA_Leg_Consent PE510.580v01-00 DE 2/5 PA\934581DE.doc KURZE BEGRÜNDUNG Kiribati ist eine weit abgelegene pazifische Nation, die aus 33 verstreut liegenden Inseln besteht (21 sind unbewohnt). Während das gesamte Territorium nur 726 km2 umfasst, ist die diesbezügliche ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) die größte AWZ der pazifischen Inselstaaten. Kiribati ist eine demokratische Republik; seine Volkswirtschaft sieht sich wie alle anderen Inselatoll-Staaten erheblichen Engpässen ausgesetzt. Sein BIP wächst um schätzungsweise 23% pro Jahr. Das Pro-Kopf-BIP ist mit 1047 Euro eines der niedrigsten der Unterzeichnerstaaten des Nauru-Abkommens (PNA), und Kiribati wird als ein am wenigsten entwickelter AKP-Staat eingestuft. Zu den Herausforderungen für die wirtschaftliche Entwicklung gehören Größe, Abgelegenheit und geographische Zersplitterung, unfruchtbare Böden, begrenzte nutzbare Ressourcen und eine wachsende Bevölkerung. Der Entwicklungsplan Kiribatis 2008-2011 konzentrierte sich auf die Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf den äußeren Inseln, die Verstärkung des Zugangs zu den Gesundheitsdiensten und die Bekämpfung des Klimawandels. Kiribati ist extrem abhängig von Lizenzgebühren der Hochseefischerei betreibenden Nationen, die für 23-30% der Regierungseinnahmen aufkommen, und von Überweisungen seiner im Ausland überwiegend als Seeleute arbeitenden Bürger. Die Fischerei ist auch eine wichtige Subsistenzaktivität, wobei mehr als 80% der Haushalte Fischerei betreiben. Der Fischereisektor trägt rund 10% zum BIP bei. Während Kiribati von regionalen Entwicklungsinitiativen profitiert, bleibt die Fischerei außerhalb des 10. EEF-Länderstrategiepapiers und des Nationalen Richtprogramms für Kiribati. Eine spezifische Unterstützung der Fischerei erfolgt stattdessen über die Komponente sektorbezogener Politik des laufenden partnerschaftlichen Fischereiabkommens. Auch wenn zurzeit kein Handel mit Fischereierzeugnissen zwischen Kiribati und der EU besteht, strebt das Land künftig an, Handel mit frischen Thunfisch-Rückenfilets zu treiben. Prüfung des Vorschlags für ein neues Protokoll Die wichtigsten Merkmale des vorgeschlagenen neuen Protokolls folgen den Grundzügen des ausgelaufenen Protokolls 2007-2012. Die von der Kommission an einen externen Vertragsnehmer vergebene Ex-post-Prüfung zeigt die Stärken und Schwächen des vorherigen Protokolls auf und ist daher nützlich, um den aktuellen Vorschlag zu prüfen. Was die Fischereimöglichkeiten anbelangt, sieht das vorgeschlagene Protokoll 4 Ringwadenund 6 Langleinen-Fanggenehmigungen vor. Der Jahresbetrag für den Zugang zur AWZ Kiribatis wird auf 975 000 EUR entsprechend einer jährlichen Referenzmenge von 15 000 Tonnen festgesetzt. Ein Betrag von 350 000 EUR wird der sektorbezogenen Fischereipolitik zugewiesen. Der von der EU jedes Jahr gezahlte Betrag (ausgenommen sind von den Reedern gezahlte zusätzliche Gebühren) für den Zugang zur AWZ Kiribatis bleibt mit 65 EUR pro Tonne stabil, jedoch verdoppelt sich der Betrag für die sektorbezogene Fischerei nahezu von PA\934581DE.doc 3/5 PE510.580v01-00 DE 62 400 EUR pro Jahr in dem vorherigen Protokoll auf 116 666 pro Jahr in dem vorgeschlagenen Protokoll. Die Ex-post-Prüfung zeigt einige problematische Bereiche des vorherigen Protokolls auf, nämlich: vor 2011 fanden keine Sitzungen des Gemeinsamen Ausschusses statt; die langsamen Zahlungen für die finanzielle Unterstützung der sektorbezogenen Politik in den letzten Jahren; das Versäumnis Kiribatis, den Reedern Kontrollbescheinigungen und Beobachterberichte zu übermitteln; und das Fehlen eines wirklichen Anreizes für gemeinsame Unternehmen oder lokale Anlandungen zur Verarbeitung. Unterzeichnerstaaten des Nauru-Abkommens (PNA) Ihr Berichterstatter ist zutiefst besorgt über die Nichteinhaltung einiger Bestimmungen des PNA durch das vorgeschlagene Protokoll, das ein verbindliches regionales Abkommen darstellt, das von acht pazifischen Inselentwicklungsstaaten, einschließlich Kiribatis, mit dem Hauptziel unterzeichnet wurde, die Bewirtschaftung ihrer Fischereien, von denen sie in großem Ausmaß abhängen, zu koordinieren und zu harmonisieren. Das PNA hat sich auf mehrere Durchführungsprotokolle und Vereinbarungen geeinigt, die vereinbarte Bedingungen festlegen, die für alle ausländischen Fischereifahrzeuge gelten sollen, die in den AWZ der PNA-Mitglieder fischen. Dazu gehören Bedingungen wie Vorschriften über die Einbehaltung der Fänge, Schließungen von Fischsammelvorrichtungen oder die obligatorische Verwendung von Schiffsortungssystemen (AIS), ein von den Unterzeichnerstaaten entwickelter Mechanismus zur Fangaufwandsbeschränkung. AIS ermöglichen Tage des höchstzulässigen Fischereiaufwands, die den PNA-Ländern zugewiesen werden, und es wurde vereinbart, dass eine Mindestgebühr von 5000 US$ pro Fangtag ab 2012 für ausländische Fischereifahrzeuge gelten soll. Die Tatsache, dass das zwischen der EU und Kiribati vereinbarte Protokoll den AIS nicht entspricht, ruft erhebliche Spannungen hervor, sowohl zwischen der EU und einigen pazifischen Inselstaaten als auch zwischen Kiribati und den anderen pazifischen Inselstaaten, wobei letztere Bedenken äußern, die EU würde in böser Absicht handeln und die regionale Solidarität aufbrechen. Ihr Berichterstatter ist der Auffassung, dass die Zusammenarbeit der pazifischen Inselstaaten bei der Bewirtschaftung der in ihren Gewässern stattfindenden Thunfischfischerei gefördert und nicht unterminiert werden muss. Thunfisch ist nahezu die einzige Ressource, von denen die Volkswirtschaften dieser Inseln profitieren. Aus diesem Grund ist die gemeinsame Bewirtschaftung und Erhaltung der Thunfischbestände von zentraler Bedeutung für ihr Überleben. Dies beinhaltet, dass von Drittstatten, einschließlich der EU, mit diesen Ländern unterzeichnete Fischereiabkommen die Bestimmungen regionaler und subregionaler Abkommen und Vereinbarungen lückenlos einhalten sollten. Durch die Unterzeichnung des vorgeschlagenen Protokolls mit der EU würde Kiribati gegen das PNA verstoßen. Gleichzeitig könnte die EU gegen die Grundsätze der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung verstoßen und ihre eigene Glaubwürdigkeit als ein Akteur der Zusammenarbeit in der ganzen Region untergraben, wenn sie nicht gewährleistet, dass ihre Fischereipolitik mit der der Unterzeichnerstaaten des PNA im Einklang steht, und dadurch die PE510.580v01-00 DE 4/5 PA\934581DE.doc regionale Integration unterminiert. Daher schlägt Ihr Berichterstatter vor, dass das Parlament dem Abschluss des Protokolls seine Zustimmung verweigert. Er fordert die Kommission auf, erneut über das Protokoll zu verhandeln und dabei die Bestimmungen aller regionalen und subregionalen Abkommen bzw. Vereinbarungen, die für Kiribati verbindlich sind, einzubeziehen. ****** Der Entwicklungsausschuss ersucht den federführenden Fischereiausschuss, dem Parlament vorzuschlagen, seine Zustimmung zu verweigern. PA\934581DE.doc 5/5 PE510.580v01-00 DE