Probleme trotz Klauenpflege durch den Profi?

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MANAGEMENT
Probleme trotz Klauenpflege
durch den Profi?
Was tun, wenn die Klauenpflege
zu massiven Klauenproblemen führt?
Tierärztin Dr. Andrea Fiedler,
München, gibt Rat.
M
ilchviehhalter Karl P. ist verzweifelt: Nach dem Klauenschnitt
durch einen Profi gehen knapp
80 Kühe seiner Herde lahm, die schwersten Fälle landeten sogar bereits bei der
Tierkörperbeseitigung.
Karl P. konfrontiert den Klauenpfleger
mit diesem Vorwurf erst knapp einen Monat nach seinem Einsatz in der Herde.
Der Klauenpfleger hat sich zum Ortstermin zur Verstärkung einen Berufskollegen mitgebracht, gemeinsam treiben sie
zur Begutachtung jetzt zehn Tiere in den
Klauenstand. Der Klauenpfleger bittet
den Tierbesitzer, Fotos von den Klauen
machen zu dürfen. Er fragt nach Vorbehandlungen, der Tierarzt wird hinzugebeten. Über die Schuldfrage entspinnt sich
eine hitzige Diskussion. Es bleibt unklar,
ob die erkrankten Kühe überhaupt beschnitten wurden, da ein Protokoll fehlt.
So oder ähnlich werden in den letzten
Jahren immer wieder Probleme nach dem
Klauenschnitt beschrieben. Beide Parteien
weisen sich gegenseitig Versäumnisse zu.
In den meisten Fällen entstehen dabei beträchtliche wirtschaftliche Verluste, weil
oft die gesamte Milchviehherde einen
Leistungseinbruch erleidet und einzelne
Tiere gar abgehen.
In der Folge müssen oft Anwälte eingeschaltet und Gutachter beauftragt werden. Im vorliegenden Fall geht bald darauf ein Schreiben vom Anwalt des Landwirtes beim Klauenpfleger ein. Er soll zu
den erhobenen Vorwürfen Stellung nehmen. Eine Stallbegehung mit einem bestellten Gutachter erbringt durch den
zeitlichen Abstand zum Pflegetermin keine Klarheit, eine inzwischen in einer Tierklinik behandelte Kuh weist laut Krankenbericht unabhängig von der Klauenpflege Wandgeschwüre auf.
Weitere Gutachten werden angefordert. Die Sache muss letztlich vor Gericht
entschieden werden – immerhin geht es
im Zuge verminderter Milchleistung,
R24 top agrar 7/2007
Phlegmone bei
einer festliegenden Kuh fünf
Tage nach der
Klauenpflege. Die
Sohlenflächen
waren zu stark
abgetragen, die
Lederhaut lag
bloß und war
hochgradig
entzündet.
durch verendete bzw. getötete Tiere und
anfallende Behandlungskosten um die
stolze Summe von 10 000 E!
Wie können Sie sich
absichern?
Zu einem solch großen Schaden hätte
es aber nicht kommen müssen, wenn im
Vorfeld einige Dinge erfüllt bzw. abgeklärt gewesen wären. Mit folgenden Maßnahmen können Sie sich absichern:
Schließen Sie mit dem Klauenpfleger einen (Dienst-)Vertrag ab. Darin wird z. B. vereinbart, dass der
professionelle Klauenpfleger bei Gesundheitsproblemen nach der Klauenpflege innerhalb einer vereinbarten Zeit (längstens
sieben Tage) informiert wird und Gelegenheit erhält, die Klauen der entsprechenden
Tiere erneut zu pflegen.
1.
Bei der Klauenpflege sollte unbedingt Protokoll geführt werden. In
den bekannten Fällen gab es vor allem deshalb große Probleme, weil nicht
mehr nachzulesen war, welche Tiere mit
welchem Befund beschnitten wurden.
Am wichtigsten ist, die OhrmarkenNummer der geschnittenen Tiere zu dokumentieren sowie die Befunde und eingeleitete bzw. angeratene Therapiemaßnahmen
(z. B. Verbandswechsel in fünf Tagen, Überweisung an Tierarzt, etc.).
Hier sind die Dokumentationsblätter,
die vom DLG Ausschuss Klauenpflege
und -hygiene erstellt wurden, zu empfehlen. Der Tierhalter bzw. ein Beauftragter
muss während der gesamten Klauenpflege anwesend sein. Dies bedeutet z. B.
auch, dass der Landwirt am Ende des Tages dieses Protokoll unterschreibt, evtl.
mit dem Zusatz: „gelesen und bestätigt“.
2.
Tritt der Fall ein, dass kurz nach der
Klauenpflege (1 bis 7 Tage) nachweislich gepflegte Tiere klauenkrank werden, wird der Landwirt normalerweise umgehend um Hilfe bitten und
den Klauenpfleger informieren.
Das gilt aber auch umgekehrt, um eine
vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Tierbesitzer und Klauenpfleger zu
erhalten.
Dennoch kommt es bereits hier
manchmal schon zu Problemen. Der
Klauenpfleger fährt dann, im Zweifelsfalle evtl. mit einem fachkundigen Zeugen,
zum Betrieb und kann die Kuh im Klauenstand untersuchen. Das Protokoll der
letzten Klauenpflege kann Hinweise auf
die Lahmheitsursache geben. Sind „Nachbesserungen“ möglich, tut er dies nur mit
(eventuell sogar mit schriftlichem) Einverständnis des Landwirtes.
Die Überweisung an einen Tierarzt ist
kein Eingeständnis von Schuld, sondern
häufig eine sinnvolle Schadensbegrenzung, noch dazu, wenn das Vertrauensverhältnis dadurch gefestigt werden kann.
Empfehlenswert wären Fotos, möglichst
mit Datum und Uhrzeit versehen.
Verendet das Tier oder muss es eingeschläfert werden, ist eine Sektion
nötig, um die genaue Todesursache
festzustellen. Die Gliedmaßen (es reicht
der Fuß ab Vorderfußwurzel-/Sprunggelenk) sollten von einem Experten für
Klauenkrankheiten untersucht werden. In
Süddeutschland steht Dr. Martin Müller,
Fachtierarzt Pathologie, Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Erlangen, zur Verfügung, für
den Norden ist das Institut für Pathologie
an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, (Ansprechpartner: Dr. W. Kehler).
Achten Sie auf die Ausbildung Ihres Klauenpflegers: Grundsätzlich
muss er natürlich nach bestem Wissen und Gewissen sorgfältige und fachgerechte Arbeit leisten. Kommt es vor, dass
Fehler bei der Klauenpflege passieren,
muss er umgehend reagieren und Gegenmaßnahmen ergreifen. Der Pfleger sollte
regelmäßig Fortbildungen zu besuchen.
Die fundierte Ausbildung, der Nachweis
von Fortbildungen und die angelaufene
Registrierung aller professioneller Klauenpfleger ist eine Gütezeichen und erleichtert dem Tierhalter die Auswahl des
geeigneten Klauenpflegers!
Im Schadensfall ist es wichtig, fachkundige Hilfe zu erhalten. Es gibt
immer mehr Tierärzte, die sich auf
dem Gebiet der Klauenpflege und -behandlung fortbilden und als Ansprechpartner dienen können. Einige Tierärzte
können auch als Gutachter vor Gericht
angefordert werden. Eine Liste dieser
Tierärzte erhalten Sie im Internet unter
www.topagrar.com/Leserservice Rind
3.
Hier wurde die Klauenspitze fälschlich im rechten Winkel zur Wandfläche gekürzt, die
Lederhaut freigelegt, sodass eine folgenschwere Entzündung und Nekrose entstand.
90 °
Die Klauenspitze darf nach
korrektem
Abmessen nur
im rechten
Winkel zur
Sohlenfläche
gekappt werden.
Fotos: Fiedler
(2), M. Müller (2)
4.
5.
6.
Hier wurde mit der Flex die Sohlenfläche zu stark bearbeitet und der Hornschuh
verletzt.
top agrar 7/2007
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