presseaussendung - Kinderfreunde Österreich

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PRESSEAUSSENDUNG
Wien, 2. Feber 2006
Wildes Trauerspiel rund um das Österreichische Institut für Familienforschung!
Vorläufig letzter Akt:
Am Ende der Posse nimmt eine geschätzte Geschäftsführerin den Hut. Ein ehemaliger
Sektionschef tut es ihr gleich. Will ein Zeichen setzten und schmeißt das Handtuch noch vor
dem Gong. Ein Verein, der dafür da war, Familienforschung zu betreiben, verzichtet
unfreiwillig auf seine Existenz. Ein sachlich überforderter Günstling, der Sex vor der Ehe
befremdlich findet, bekommt eine GmbH, die niemand braucht und 3,5 Millionen Euro
wandern als edle Gabe von den Händen der Familienpolitik in die Hände der Wiener
Universität. So stellt sich für Gernot Rammer, dem Geschäftsführer der Österreichischen
Kinderfreunde die Kurzfassung des Trauerspiels um das Österreichische Institut für
Familienforschung und die Ministerielle Familien GmbH dar.
Im letzten Akt wird noch gedreht und gewendet, verklärt, gezockt und gezaudert. Aber
letztendlich bleibt es dabei: die Sache stinkt – und bleibt scheinbar vorläufig so wie sie ist...
Fragmente des Stücks:
Die Familienpolitik, genauer gesagt das für Familienpolitik zuständige Ministerium und
damit die Regierung, gibt de facto jede Steuerung der Forschung in ihrem Bereich auf.
Für die nächsten fünf Jahre sollen jene Mittel, die bisher für die Familienforschung
ausgegeben wurden, zur Gänze an die Universität fließen – jährlich 700.000 Euro. Die
Regierung spart sich dadurch vor allem das Nachdenken darüber, welche Probleme die
Familien in Österreich haben. Angesichts der Qualität, mit der in den letzten Jahren
„gesteuert“ wurde, ist die völlige Aufgabe der Steuerung sicher kein all zu großer Verlust,
aber ein unübersehbares Zeichen der Überforderung und der mangelnden Kompetenz
der Regierung. Die Politik verabschiedet sich vom Politischen. Grundlagen und
Erkenntnisse der Wissenschaft stören den laufenden entpolitisierten politischen Betrieb.
Die Universität, die jetzt das ganze Geld bekommt, ist eine Einrichtung, die zweifelsfrei
im Stande ist, interessante Forschungsergebnisse im Familienkontext zu produzieren.
Das hat sie ja bereits bisher in unterschiedlichen, der Familienpolitik nahe stehenden
Disziplinen bewiesen. Familienrelevante Forschung von den Universitäten kommt eben
nicht erst durch die Liquidierung des ÖIF und durch die Umleitung der Mittel in die
Universität mit dieser Materie in Berührung. Vielmehr war bisher das nebeneinander von
universitärer und außeruniversitärer Forschung durchaus als positiver Umstand zu
werten, der zu einer einigermaßen pluralen Landschaft in diesem Bereich beigetragen
hat.
Wenn es darum gegangen wäre, die universitäre Forschung in jenen Gebieten, die für
Familien relevant sind zu verstärken, hätte die Regierung die dafür zuständige Ministerin
Gehrer schon längst mit dieser Schwerpunktsetzung beauftragen können, zusätzlich zum
ÖIF. Dazu wäre es nicht nötig gewesen, das ÖIF zur Selbstaufgabe und in die Knie zu
zwingen.
Geld spielt dabei keine Rolle. Alleine die Übernahme der Kosten, die durch die
Liquidierung des alten ÖIF entstehen und vom Ministerium als zusätzliche Kosten
getragen werden, würde kleineren Forschungseinrichtungen ausreichen, längere Zeit ihre
Forschungstätigkeit abzusichern. Da werden nun Abfertigungen gezahlt, Verträge
vorzeitig aufgelöst, Verluste aus bestehenden Forschungsaufträgen, die aufgrund der
katastrophalen Vorgangsweise nicht erfüllt werden konnten, übernommen sowie
Rechtskosten beglichen. Kosten, dass sich die Balken biegen. Und wofür das alles?
Nicht etwa um Missstände der Vergangenheit, wie etwa das Geheimhalten von
Forschungsergebnissen des ÖIF, die der Regierung nicht in den Kram gepasst haben, zu
verhindern. Das wird vielleicht jetzt wenig besser werden, aber als Grund für den ganzen
Zirkus reicht dieses Argument bei weitem nicht. Würde die Familienpolitik einigermaßen
funktionieren, wäre das bis jetzt bestehende System durchaus geeignet gewesen.
Vorraussetzung wäre gewesen, dass die Politik die entsprechenden Fragestellungen und
Problemanalysen vorlegt, und daraus entsprechende Forschungsaufträge entwickelt.
Dazu bräuchte es fachlich versierte Beamte (die aber weitgehend ausgeschaltet wurden)
und engagierte PolitikerInnen, die wissen wo der Schuh drückt.
Noch eigenartiger ist die gesamte Vorgehensweise rund um die Familien GmbH. Sie ist
so notwendig wie ein Kropf. Die Kosten, die durch diese Konstruktion, einschließlich der
Entschädigung für den Geschäftsführer aufgewendet werden, sind schlicht beim Fenster
hinausgeworfenes Geld der Steuerzahler. Nichts wird durch diese Ausgliederung besser
als es vorher war. Wenn das Ministerium nicht in der Lage ist, die an die GmbH
ausgegliederten Aufgaben wie bisher selbst zu übernehmen, darf die Frage gestellt
werden, wozu diese Regierung überhaupt noch im Stande ist. Hat schon jemand die
Frage gestellt, was jetzt, auf den Punkt gebracht, für die Familien besser laufen soll,
welche bisher offensichtlich unzureichend gelösten Aufgaben besser gelöst werden
sollen, oder wie etwa durch mehr Effizienz bestimmte Aufgaben kostengünstiger
umgesetzt werden können? Hat schon jemand nachgerechnet, ob sich die Kosten der
Ausgliederung und die Kosten, um diese externe Struktur zu finanzieren in den nächsten
Jahren, wenn schon nicht inhaltlich, so zumindest finanziell rechnen werden?
Die GmbH selbst bleibt sicher weiterhin interessanter Beobachtungsgegenstand. Wer
wird als nächstes versorgt? Welche derzeitigen MitarbeiterInnen aus dem Umfeld der
Regierungsparteien werden innerhalb des nächsten Jahres noch auf Gehaltslisten oder
als Projektbeauftragte im Zusammenhang mit der GmbH oder dem neuen ÖIF
auftauchen? Wetten dürfen abgegeben werden.
Es stehen viele ungelöste Probleme im Familienbereich an. Während die rotgrüne
deutsche Regierung ein einigermaßen zeitgemäßes Programm vorbereitet hat, das jetzt
von der großen Koalition umgesetzt wird, bleiben in Österreich die Dinge weiter
unerledigt liegen. Es ist klar, dass das Kindergeld reformiert werden muss. Die Anreize
für mehr Beteiligung der Väter in den Familien fehlen zur Gänze. Die Situation der
Kinderbetreuung ist weiter katastrophal. Angesichts dieser Probleme fällt es schwer zu
verstehen, warum so viel Energie in diese wirre Vorgangsweise gesteckt wird.
Das Chaos ist perfekt. Keiner kennt sich mehr aus. Langsam senkt sich der Vorhang.
Das Spiel ist hoffentlich bald aus.
Gernot Rammer
Bundesgeschäftsführer der Kinderfreunde
Österreichische Kinderfreunde, Rauhensteingasse 5/5, 1010 Wien
 01/5121298, Mail: [email protected], http://www.kinderfreunde.at
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