Klausur zur Vorlesung Humangenetik für Mediziner im Sommersemester 2004 1. Der Karyotyp 47,XX,+21 beschreibt: a) b) c) d) e) ein Trisomie 21 -Mosaik bei einer weiblichen Patientin. eine freie Trisomie 21 bei einem männlichen Patienten. eine freie Trisomie 21 bei einer weiblichen Patientin. eine Translokations-Trisomie 21 einen Chromosomensatz der trisom für das Chromosom 21 und tetrasom für das X- 2. Welche Aussage zur Chromosomenanalyse trifft nicht zu? Chromosom ist a) b) c) d) Zytogenetisch erkennbare Anomalien können auch bei klinisch unauffälligen Personen gefunden werden. Eine Chromosomenanalyse kann grundsätzlich an teilungsfähigen Zellen erfolgen. Die Zuordnung der Chromosomen erfolgt nach Größe, Form und Färbeverhalten. Mit geeigneten Färbemethoden kann in der Chromosomenanalyse der Verlust eines einzelnen größeren Gens dargestellt werden. e) Die Chromosomenanalyse ist ein wichtiges Werkzeug in der Abklärung geistiger Behinderungen oder angeborener Fehlbildungen. 3. Welche Aussage zu numerischen Chromosomenaberrationen trifft nicht zu? a) b) Trisomien anderer Chromosomen als 13, 18 und 21 können in Mosaikform lebensfähig sein. Die Trisomie 21 ist die häufigste autosomale Trisomie, weil die Fehlverteilung dieses Chromosoms in der Zellteilung weit häufiger vorkommt als bei anderen Chromosomen. c) Sie entstehen in der Regel durch eine Chromosomenfehlverteilung in der Meiose. d) Autosomale Monosomien sind nicht mit dem Leben vereinbar. e) Numerische Aberrationen der Geschlechtschromsomen können mit relativ milden klinischen Erscheinungen einhergehen. 4. Welche Aussage zur X-Inaktivierung trifft zu? a) b) c) Das X-Inaktivierungsmuster wird bereits bei der Befruchtung festgelegt. Im weiblichen Geschlecht sind sämtliche Gene jeweils eines X-Chromsoms in jeder Aufgrund der X-Inaktivierung entsteht bei Frauen mit X-chromosomalen Gendefekten ein funktionelles Mosaik. Bei Konduktorinnen für X-gebundene Erkrankungen ist immer das X-Chromosom, welches das krankheitsverursachende Allel trägt, inaktiviert. Bei jeder Zellteilung wird das X-Inaktivierungsverhalten der Tochterzellen neu determiniert. d) e) 5. Ein Ehepaar hat zwei gesunde Söhne im Alter von 12 und 10 Jahren sowie einen 4-jährigen Sohn mit Muskeidystrophie Duchenne. Die Familienanamnese ist unauffällig. Es besteht weiterer Kinderwunsch. Welche Aussage ist richtig? a) e) Mit einer Wahrscheinlichkeit von 60% kann die krankheitsverursachende Veränderung im DMD-Gen bei dem Betroffenen mittels Deletionsscreening festgestellt werden. Wenn bei der Mutter keine heterozygote DMD-Deletion nachgewiesen werden kann, ist das Wiederholungsrisiko nicht erhöht. Da die Familienanamnese negativ ist und bereits zwei gesunde Söhne existieren, ist bei dem Betroffenen eine Neumutation anzunehmen und das Wiederholungsrisiko vernachlässigbar gering. Die klinisch gesunden Söhne sollten durch CK-Bestimmung und EMG auf das Vorliegen von Minimalsymptomen einer Muskeldystrophie untersucht werden. Eine Pränataldiagnostik mittels Kopplungsanalyse wäre möglich. 6. Welcher Begriff beschreibt eine zytogenetisch balancierte Anomalie? b) c) d) Zelle inaktiviert. a) Inversion b) Deletion c) Duplikation Seite 1 von 4 d) partielle Monosomie e) partielle Tetrasomie 7. Welche Aussage zu Mikrodeletionssyndromen trifft zu? a) b) Die Deletionsbruchpunkte sind zufällig verteilt. In der Regel ist die Mikrodeletion bereits bei einem Elternteil des Betroffenen nachweisbar. Die pathogenetische Grundlage ist ein Dosisüberschuss eines oder mehrer Gene im betreffenden Chromosomenabschnitt. Der Nachweis erfordert eine gezielte Untersuchung z.B. mittels Fluoreszenz-in-situ Hybridisierung (FISH). Die Diagnose kann auch durch die Sequenzierung eines Gens im Deletionsbereich gesichert werden. c) d) e) 8. Ihnen wird ein 8-jähriges Mädchen vorgestellt, bei dem seit Geburt eine supravalvuläre Aortenstenose bekannt ist. Das Mädchen hat sich etwas verzögert entwickelt, hat aber altersgerechte sprachliche Fähigkeiten und ein sehr freundliches Wesen. Das Kind besucht eine Schule für Lernbehinderte. Die Körperhöhe liegt knapp unter der 3. Perzentile. Sie registrieren etwas auffällige Gesichtszüge mit vollen Lippen und Wangen. Was veranlassen Sie um Ihre Verdachtsdiagnose zu sichern? a) Sequenzierung des Elastin-Gens. b) Chromosomenanalyse mit FISH der Region 7q1 1.2 (WBS-Region). c) Chromosomenanalyse mit FISH der Region 22q1 1.2 (DGS1 -Region). d) Heteroduplexanalyse. e) Methylierungstest. 9. a) b) c) d) e) Welche Aussage trifft nicht zu? Die autosomal-dominat erbliche Zystenieren-Krankheit führt in der 2. Lebenshälfte häufig zur Niereninsuffizienz. In einer Familie kosegregiert die Krankheit mit einem eng gekoppelten Marker-Lokus auf Chromosom 16. Person II/3 trägt auf beiden Chromosomen das Normal-Allei. In der Familie kosegregiert das Zystennieren-Gen mit dem Marker-Allel 1 In der Familie ist zwischen dem Zystennieren-Gen und dem Marker-Lokus keine Rekombination erkennbar. Person II/4 trägt das Zystenieren-Gen. Person II/5 trägt das Zystennieren-Gen. 10. a) b) c) d) e) Welche Aussage zum Fragilen-X-Syndrom ist nicht richtig In den meisten Fällen ist die Diagnose Fragiles-X-Syndrom schon im Kindesalter anhand der spezifischen äußerlichen Merkmale klinisch zu stellen. Es handelt sich um eine der häufigsten Ursachen für eine genetisch bedingte geistige Behinderung vor allem im männlichen Geschlecht. Auch weibliche Trägerinnen einer Vollmutation können zu etwa 50% eine Intelligenzminderung aufweisen. Söhne von männlichen Prämutationsträgern haben kein erhöhtes Risiko für ein Fragiles-X-Syndrom. Die Wahrscheinlichkeit einer Expansion zur Vollmutation hängt von der Größe der Seite 2 von 4 Prämutation ab. 11. Bei Ihnen stellt sich eine 29-Jährige vor, bei deren Vater kürzlich im Alter von 65 Jahren die Diagnose einer Chorea Huntington gestellt wurde. Sie ist Mutter von zwei Kindern (4 und 2 Jahre) und will sich über Ihr eigenes Risiko und das ihrer Kinder informieren. Welche Aussage trifft zu? a) Eine prädiktive Diagnostik bei der Ratsuchenden als einsichtsfähige Erwachsene sollte sofort veranlasst werden. Da die Chorea Huntington X-gebunden vererbt wird, besteht für die Ratsuchende und deren Kinder kein Risiko. Die Ratsuchende hat zwar ein Risiko von 50%, jedoch ist davon auszugehen, dass es sich in der Familie offenbar um eine spät manifestierende, milde Form der Chorea Huntington handelt. Bei den Kindern ist eine prädiktive Diagnostik nach Beratung und mindestens 4 wöchiger Wartezeit möglich. Die Diagnose Chorea Huntington lässt sich in über 95% der Fälle molekulargenetsich sichern. b) c) d) e) 12. Welche Aussage trifft zu? Antizipation bei genetisch bedingten Erkrankungen ... a) beschreibt das gehäufte Vorkommen chromosomaler Veränderungen bei Kindern eines Trägers einer unbalancierten Translokation. b) beschreibt die Zunahme der Schwere eines Krankheitsbildes in der Geschwisterfolge. c) hat als pathogenetische Grundlage instabile Trinukleotid-Repeats. d) wird vor allem bei nicht-progressiven, genetischen Erkrankungen des Nervensystems beobachtet. e) spielt in der praktischen genetischen Beratung keine Rolle. 13. Eine 38-jährige Schwangere, deren Bruder an einer Mukoviszidose verstorben ist stellt sich bei Ihnen mit dem Wunsch nach einer Pränataldiagnostik vor. Die Familienanamnese auf der Seite des Ehemannes ist unauffällig. Welche Aussage trifft zu? a) b) c) d) e) 14. Unter Lodscore versteht man a) b) c) d) e) Physikalischer Abstand zweier Marker Statistisches Maß für die Kopplung zweier Merkmale Maß für die Rakombinationsfrequenz zweier Marker Genetischer Abstand zweier Marker Wahrscheinlichkeit für ein ungleiches Crossing-Over a) b) c) d) e) Welche Aussage zum genomischen Imprinting trifft nicht zu? Epigenetische Modifikation Nur ein elterliches Aliel wird exprimiert Elternspezifische Methylierung der DNA Maternale Deletion 15q 12 führt zum Prader-Willi-Syndrom Häufige Ursachen von Mikrodeletions-Syndromen 15. 16. Eine Chromosomenanalyse ist aus Fruchtwasserzellen möglich, molekulargenetische Tests erfordern aber eine Chorionzottenbiopsie. Da das Risiko für eine Mukoviszidose des Kindes 25% beträgt, ist eine frühestmögliche Pränataldiagnostik mittels Chorionzottenbiopsie zu empfehlen. Neben einem erhöhten Risiko für die Mukoviszidose sollte die Pränataldiagnostik auch dem erhöhten Trisomie-Risiko Rechnung tragen. Da die Anlageträgerschaft für die Mukoviszidose bei der Schwangeren sicher anzunehmen ist, sollte zunächst der Ehemann auf Heterozygotie für eine CFTR Mutation untersucht werden. Wenn der verstorbene Bruder nicht molekulargenetisch untersucht wurde, ist keine Pränataldiagnostik möglich. Unter den Erwachsenen einer Bevölkerung finden sich 20% heterozygote Träger eines autosomalen Gens, das im homozygoten Zustand letal ist (Tod im Seite 3 von 4 frühen Kindesalter). Wie häufig wird Homozygotie für dieses Gen bei Neugeborenen in etwa erwartet? a) b) c) d) e) 1% 0,02% 0,2% 5% 25% 17. Ein 6-Monate alter Säugling wird wegen mehrerer Cafö-au-lait Flecken vorgestellt. Weiche Aussage trifft zu? a) Die Diagnose Neurofibromatose kann als gesichert betrachtet werden, wenn bei einem Elternteil eine Neurofibromatose vorliegt. b) Die Cafö-au-lait Flecken sind wahrscheinlich auf unsachgemäße Hautpflege zurückzuführen. c) Wenn beide Eltern unauffällig sind ist von einer rezessiven Form der Neurofibromatose auzugehen. d) Das Auftreten von einem progredienten Strabismus ist wahrscheinlich auf das Vorhandensein von Lisch-Knötchen zurückzuführen. e) Plexiforme Neurofibrome haben kein malignes Entartungsrisiko 18. Welche Aussage zum Retinoblastom ist falsch? a) Sporadische und familiäre Formen des Retinoblastoms werden durch Mutationen im gleichen Gen verursacht. b) Retionoblastom wird durch gain-of function Mutationen im RET1 -Gen verursacht. c) Auch bei einem Kind mit unilateraler Manifestation ist die Genanalyse zum Nachweis/Ausschluss einer Keimbahnmutation indiziert. d) d) Wenn ein Kind und deren Mutter in der Familie an Retinoblastom erkrankt sind, beträgt das Wiederholungsrisiko für weitere Kinder mit Retinoblastom bis zu 50%. e) Das Retinoblastomgen ist ein klassisches Tumorsupressorgen 19. Der Wildtyp eines Allels lautet "MAX HOL MIR EIN EIS". Bei der Sequenz "MAX HOL AMI REI NEI S" handelt es sich um: a) b) c) d) e) 20. Eine Basensubstitution Eine Insertion mit Leserasterverschiebung Eine Stoppmutation Eine Missensemutation Eine instabile Trinukleotidamplifikation Welche Aussage trifft nicht zu? Die folgenden Krankheitsbilder werden überwiegend multifaktoriell verursacht: a) Pylorusstenose b) Klumpfuß c) Osteogenesis imperfecta d) Lippen-Kiefer-Gaumenspalte e) Spina bifida Seite 4 von 4